Verwaltungsrecht

Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für zum Christentum konvertierten ehemaligen Moslem in Afghanistan

Aktenzeichen  W 1 K 18.30632

Datum:
14.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 25613
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RL 2011/95/EU Art. 6 – 10
AufenthG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
AsylG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3a Abs. 1, § 3b Abs. 1 Nr. 2
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

Zum Christentum konvertierte ehemalige Moslems in Afghanistan sind gezwungen, ihren Glauben entweder ganz zu verleugnen oder ihn zumindest auch im privaten Umfeld zu verheimlichen, da anderenfalls schwerwiegende Übergriffe durch staatliche oder nicht-staatliche Akteure nicht ausgeschlossen werden können. Dauerhafter staatlicher Schutz vor derartigen Übergriffen ist derzeit – auch nur in bestimmten Landesteilen oder in den großen Städten – nicht erreichbar. (Rn. 17 – 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Januar 2017 wird aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Klage, über die trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG. Der Ablehnungsbescheid des Bundesamtes vom 11. Januar 2017 ist daher, soweit er noch Gegenstand der Klage ist und der Verpflichtung zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegensteht, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG. Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i.S.d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention – GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Nach § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 6. August 2016 geltenden, durch Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939 ff.) geschaffenen Fassung anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG – wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG – die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) – Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
Gemessen an diesen Maßstäben befindet sich der Kläger aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Religion außerhalb des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Aufgrund seiner Konversion zum christlichen Glauben droht ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan eine Verfolgung im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylG. Für den Kläger besteht auch keine Möglichkeit des internen Schutzes im Sinne des § 3e AsylG.
Eine Verfolgung i.S.d. Art. 9 Abs. 1a QRL, der durch § 3a Abs. 1 AsylG um-gesetzt wurde, kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U.v. 5.9.2012 – Y und Z, C – 71/11 und C – 99/11 – BayVBl 2013, 234, juris Rn. 57 ff.) sowie der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 21 ff.; VGH Baden-Württemberg, U.v. 12.6.2013 – A 11 S 757/13 – juris Rn. 41 ff.; OVG NRW, U.v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 23 ff.) auch in einer schwerwiegenden Verletzung des in Art. 10 Abs. 1 GR-Charta verankerten Rechtes auf Religionsfreiheit liegen, die den Betroffenen erheblich beeinträchtigt. Die „erhebliche Beeinträchtigung“ muss nicht schon eingetreten sein, es genügt bereits, dass ein derartiger Eingriff unmittelbar droht (BVerwG, a.a.O., Rn. 21). Zur Qualifizierung eines Eingriffs in das Recht aus Art. 10 Abs. 1 GR-Charta als „erheblich“ kommt es nicht auf die im Rahmen des Art. 16a Abs. 1 GG sowie des § 51 Abs. 1 AuslG 1990 maßgebliche Unterscheidung an, ob in dem Kernbereich der Religionsfreiheit, das „religiöse Existenzminimum“ (forum internum) eingegriffen wird oder ob die Glaubensbetätigung in der Öffentlichkeit (forum externum) betroffen ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.1.2004 – 1 C 9/03 – BVerwGE 120, 16/20 f., juris Rn. 12 ff. m.w.N.). Vielmehr kann ein gravierender Eingriff in die Freiheit, den Glauben im privaten Bereich zu praktizieren, ebenso zur Annahme einer Verfolgung führen wie ein Eingriff in die Freiheit, diesen Glauben öffentlich zu leben (EuGH, a.a.O. Rn. 62 f.; BVerwG, a.a.O., Rn. 24 ff.; VGH Baden-Württemberg a.a.O. Rn. 43; OVG Nordrhein-Westfalen a.a.O. Rn. 29 ff.). Für die Frage der Erheblichkeit der Beeinträchtigungen ist daher abzustellen auf die Art der Repressionen und deren Folge für den Betroffenen (EuGH, a.a.O., Rn. 65 ff.), mithin auf die Schwere der Maßnahmen und Sanktionen, die dem Ausländer drohen (BVerwG, a.a.O., Rn. 28 ff.; VG Baden-Württemberg, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen a.a.O.). Dieser Rechtsprechung hat sich das erkennende Gericht in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. VG Würzburg, U.v. 24.2.2017 – W 1 K 17.30673 – juris; U.v. 30.9.2016 – W 1 K 16.31087 – juris; U.v. 19.5.2015 – W 1 K 14.30534 – juris).
Das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GR-Charta umfasst auch die sogenannte negative Religionsfreiheit, d.h. die Freiheit, eine bestimmte religiöse Überzeugung nicht zu teilen bzw. nicht an religiösen Handlungen teilzunehmen (Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 2. Aufl. 2013, Art. 10 Rn. 10; Bernsdorff in Meyer, Charta der Grundrechte der EU, 4. Aufl. 2014, Art. 10 Rn. 12), weshalb insoweit dieselben o.g. Maßstäbe gelten wie bei der Beurteilung eines Eingriffs in die positive Religionsfreiheit.
Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung i.S.v. Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) QRL zu erfüllen, hängt von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH, U.v. 5.9.2012 – Y und Z, C – 71/11 und C – 99/11 – juris Rn. 70; BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 28 ff.). Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter wie z.B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere – aber nicht nur – dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei strafrechtsbewehrten Verboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, weil ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, keine erhebliche Verfolgungsgefahr begründet (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 28 m.w.N.). Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH, U.v. 5.9.2012 – Y und Z, C-71/11 und C-99/11 – juris Rn. 70; BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 29; VGH BW, U.v. 12.6.2013 – A 11 S 757/13 – juris Rn. 48; OVG NRW, U.v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 35). Denn der Schutzbereich der Religionsfreiheit er-fasst sowohl die von der Glaubenslehre vorgeschriebenen Verhaltensweisen als auch diejenigen, die der einzelne Gläubige für sich selbst als unverzichtbar empfindet. Dabei kommt es auf die Bedeutung der religiösen Praxis für die Wahrung der religiösen Identität des einzelnen Ausländers an, auch wenn die Befolgung einer solchen religiösen Praxis nicht von zentraler Bedeutung für die betreffende Glaubensgemeinschaft ist (BVerwG, B.v. 9.12.2010 – 10 C 19.09 – BVerwGE 138, 270, juris Rn. 43; VGH BW a.a.O.). Maßgeblich ist dabei, wie der einzelne Gläubige seinen Glauben lebt und ob die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für ihn persönlich nach seinem Glaubensverständnis unverzichtbar ist (BVerwG, U.v. 20.2.2013 a.a.O. Rn. 29). Dieser Maßstab setzt nicht voraus, dass der Betroffene innerlich zerbrechen oder jedenfalls schweren seelischen Schaden nehmen würde, wenn er auf eine entsprechende Praktizierung seines Glaubens verzichten müsste (BVerwG a.a.O. Rn. 30). Jedoch muss die konkrete Glaubenspraxis ein zentrales Element seiner religiösen Identität und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar sein. Demgegenüber reicht nicht aus, dass der Asylbewerber eine enge Verbundenheit mit seinem Glauben hat, wenn er diesen – jedenfalls im Aufnahmemitgliedstaat – nicht in einer Weise lebt, die ihn im Herkunftsstaat der Gefahr der Verfolgung aussetzen würde. Maßgeblich für die Schwere der Verletzung der religiösen Identität ist die Intensität des Drucks auf die Willensentscheidung des Betroffenen, seinen Glauben auszuüben oder hierauf zu verzichten (BVerwG a.a.O.; VGH BW a.a.O. Rn. 49).
Die Tatsache, dass er die unterdrückte religiöse (Nicht-)Betätigung für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, muss der Asylbewerber zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen (BVerwG, U.v. 25.8.2015 – 1 B 40/15 – juris Rn. 13; U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 30; B.v. 9.12.2010 – 10 C 19.09 – BVerwGE 138, 270, juris Rn. 43; OVG NRW, B.v. 11.10.2013 – 13 A 2041/13.A – juris Rn. 7; U.v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 13). Da es sich um eine innere Tatsache handelt, lässt sich die religiöse Identität nur aus dem Vorbringen des Asylbewerbers sowie im Wege des Rückschlusses von äußeren Anhaltspunkten auf die innere Einstellung des Betroffenen aufgrund einer ausführlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung feststellen (BVerwG, B.v. 25.8.2015, a.a.O. Rn. 14; U.v. 20.2.2013, a.a.O. Rn. 31; VGH Baden Württemberg, U.v. 12.6.2013 – A 11 S 757/13 – juris Rn. 50).
Gemessen an diesen Grundsätzen liegen im Falle des Klägers die erforderliche objektive (1.) und subjektive (2.) Schwere der ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan drohenden Verletzung seiner Religionsfreiheit vor. Ihm droht deshalb aufgrund eines anzuerkennenden subjektiven Nachfluchtgrundes mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine flüchtlingsrelevante Verfolgung im Sinne des §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3a Abs. 1 und 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG.
1. Nach der Überzeugung des Gerichtes sind zum Christentum konvertierte ehemalige Moslems in Afghanistan gezwungen, ihren Glauben entweder ganz zu verleugnen oder ihn zumindest auch im privaten Umfeld zu verheimlichen, da anderenfalls schwerwiegende Übergriffe durch staatliche oder nicht-staatliche Akteure nicht ausgeschlossen werden können. Dauerhafter staatlicher Schutz vor derartigen Übergriffen ist derzeit – auch nur in bestimmten Landesteilen – nicht erreichbar (OVG NRW, U.v. 19.6.2008 – 20 A 3886/05.A – juris Rn. 25 ff.; VG Würzburg, U.v. 23.4.2018 – W 1 K 18.30052; U.v. 21.2.2018 – W 1 K 16.32723; U.v. 9.1.2018 – W 1 K 16.32453; U.v. 24.2.2017 – W 1 K 16.30673; U.v. 27.8.2013 – W 1 K 12.30200 – juris Rn. 25; U.v. 24.9.2012 – W 2 K 11.30303 – UA S. 11 ff.; U.v. 16.2.2012 – W 2 K 11.30264 – UA S. 8 ff.; VG Augsburg, U.v. 8.4.2013 – Au 6 K 13.30004 – juris Rn. 24 ff.; U.v. 9.6.2010 – Au 6 K 10.30098 – juris Rn. 39 ff.; VG Saarland, U.v. 21.3.2012 – 5 K 1037/10 – juris Rn. 33 ff.). Dies ergibt sich aus Folgendem:
Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan erklärt den Islam zur Staatsreligion Afghanistans. Zwar ist die Religionsfreiheit in der afghanischen Verfassung verankert. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind jedoch allesamt im Lichte des generellen Scharia-Vorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen. Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionswahl beinhaltet, gilt daher de facto in Afghanistan nur eingeschränkt. Die Abkehr vom Islam (Apostasie) wird nach der Scharia als Verbrechen betrachtet, auf das die Todesstrafe steht. Allerdings sind in jüngerer Zeit keine Fälle bekannt, in denen die Todesstrafe aufgrund von Apostasie verhängt wurde. Gefahr bis hin zur Ermordung droht Konvertiten hingegen oft aus dem familiären oder nachbarschaftlichen Umfeld. Neben der drohenden strafrechtlichen Verfolgung werden Konvertiten in der Gesellschaft ausgegrenzt und zum Teil angegriffen. Allein der Verdacht, jemand könnte zum Christentum konvertiert sein, kann dazu führen, dass diese Person bedroht oder angegriffen wird. Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens, wobei diese selbst dort aus Sicherheitsgründen meist nicht eingeladen werden (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 31.5.2018, S. 10 f.; Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Hamburg v. 22.12.2004 Az.: 508-516.80/43288; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update – Die aktuelle Sicherheitslage, September 2012, S. 18; UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, zusammenfassende Übersetzung vom 24.3.2011, S. 6; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update – Die aktuelle Sicherheitslage, Oktober 2014, S. 17; Internationale Gesellschaft für Menschenrechte – IGFM, Situation christlicher Konvertiten in Afghanistan – Stellungnahme v. 27.2.2008, S. 1, 8 ff.; Dr. M. D., Gutachten v. 13.5.2004 an das VG Braunschweig, S. 1 ff.). Nach den in Afghanistan vorherrschenden (sunnitischen und schiitischen) Rechtsschulen muss ein vom Islam Abgefallener zur Reue aufgefordert werden. Der Betroffene hat dann drei Tage Bedenkzeit. Widerruft er bis dahin seinen Glaubenswechsel nicht, so ist sein Leben nach islamischer Rechtsauffassung verwirkt (IGFM, Stellungnahme vom 27.2.2008, S. 8; UNHCR-Richtlinien 2011, S. 6). Aus diesen Gründen sind in Afghanistan zum Christentum konvertierte ehemalige Moslems gezwungen, ihren Glauben zu verheimlichen. Es ist ihnen nicht möglich, an Gottesdiensten teilzunehmen, die ohnehin nur in privaten Häusern abgehalten werden könnten, und sie können ihren Glauben nicht einmal im familiären bzw. nachbarschaftlichen Umfeld ausüben (Auswärtiges Amt, Auskunft v. 22.12.2004, S. 2; UNHCR-Richtlinien 2011, S. 6; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update – Die aktuelle Sicherheitslage, Oktober 2014, S. 17; Dr. M. D. a.a.O., S. 2 f.). Es wäre Christen auch nicht möglich, sich der Teilnahme an muslimischen Riten wie dem fünf Mal täglichen Gebet, dem Moscheebesuch oder islamischen Feierlichkeiten zu entziehen (Dr. M. D. a.a.O., S. 6 f.). Im Februar 2014 wurde durch die Taliban ein Anschlag auf ein „Guesthouse“ verübt, in welchem auch christliche Gottesdienste stattfanden (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update – Die aktuelle Sicherheitslage, Oktober 2014, S. 17/18). Damit sind zum Christentum konvertierte Moslems in Afghanistan für den Fall, dass sie ihren Glauben nicht ablegen bzw. nicht verleugnen wollen, der Gefahr erheblicher Repressalien auch im privaten Umfeld bis hin zu Ehrenmorden ausgesetzt (Auswärtiges Amt, Auskunft v. 22.12.2004, S. 2; UNHCR-Richtlinien 2011, S. 6; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update – Die aktuelle Sicherheitslage, Oktober 2014, S. 17; IGFM a.a.O., S. 1, 5, 8 f.; Dr. M. D. a.a.O., S. 1 f., 3 ff.). Diese Einschätzung wird auch durch die aktuellen Erkenntnismittel bestätigt (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 31.5.2018, S. 10 f.; UNHCR-Richtlinien vom 19.4.2016, S. 53 f.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update – Die aktuelle Sicherheitslage, S. 26; EASO, Country of Origin Information Report – Individuals targeted under societal and legal norms. Dezember 2017, S. 23 ff.).
2. Im Falle des Klägers liegt auch die erforderliche subjektive Schwere der Verletzung der Religionsfreiheit vor, weil es nach Überzeugung des Gerichts ein unverzichtbarer Bestandteil seiner religiösen Identität ist, seinen Glauben nicht zu verheimlichen, sondern ihn offen auszuüben, insbesondere an Gottesdiensten teilzunehmen und auch anderen Menschen in seinem Umfeld vom Christentum zu berichten und sie ebenfalls von dieser Religion zu überzeugen. Überdies ist es zentraler Glaubensbestandteil für den Kläger, täglich zu beten und in der Bibel zu lesen.
Der formale Glaubenswechsel des Klägers ist durch den bereits vollzogenen Akt der Taufe am 26. Dezember 2015 belegt. Darüber hinaus ist jedoch für die Annahme einer Verfolgungsgefahr und damit für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderlich, dass der Glaubenswechsel, insbesondere wenn er erst nach der Ausreise aus dem Herkunftsland durchgeführt wurde, nicht rein aus asyltaktischen Gründen erfolgt, sondern auf einem ernsthaften, dauerhaften religiösen Einstellungswandel beruht und nunmehr die religiöse Identität des Betroffenen prägt (BayVGH, B.v. 20.4.2015 – 14 ZB 13.30257 – juris Rn. 4; B.v. 9.4.2015 – 14 ZB 14.30444 – juris Rn. 7; HessVGH, U.v. 26.7.2007 – 8 UE 3140/05.A – juris Rn. 20 ff.; B.v. 26.6.2007 – 8 ZU 1463/06.A – juris Rn. 12 ff.; OVG NRW, U.v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 37 ff.). Auf eine solche echte Glaubensüberzeugung kommt es nur dann nicht an, wenn im Herkunftsland bereits die Tatsache des formalen Glaubenswechsels genügt, um eine Verfolgungsgefahr zu begründen, selbst wenn der Betroffene seinen Glauben verheimlichen oder gar verleugnen würde (HessVGH a.a.O.; OVG NRW a.a.O.). Letzteres ist in Afghanistan nach der Erkenntnislage und der Rechtsprechung (vgl. z.B. HessVGH a.a.O.; OVG NRW a.a.O.), der sich das erkennende Gericht anschließt, jedoch nicht der Fall.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung im Einklang mit seinen Aussagen beim Bundesamt die Hintergründe und Motive seines Glaubenswechsels zur vollen Überzeugung des Gerichts glaubhaft machen können. Das Gericht hat hierbei den Eindruck gewonnen, dass der Kläger sich aus voller innerer Überzeugung von seinem bisherigen Bekenntnis zum islamischen Glauben gelöst und in einem langjährigen Wandlungsprozess dem Christentum zugewandt hat. So hat der Kläger zu seinem diesbezüglichen Werdegang nachvollziehbar dargelegt, dass er in seinem Heimatland und im Iran in einer muslimischen Familie aufgewachsen sei und zunächst keine Alternative zu diesem Glauben gehabt habe. Er habe jedoch im Laufe der Zeit festgestellt, dass viele Aspekte im Islam nicht richtig seien, z.B. die Belohnung des Tötens im Dschihad. Er habe stets nach der Wahrheit und dem richtigen religiösen Weg für sich gesucht. An seiner Arbeitsstelle im Iran sei er dann erstmals mit dem Christentum in Kontakt gekommen, da sein damaliger Chef Christ gewesen sei. Seine Handlungen und der Umgang mit anderen Menschen hätten ihn damals bereits beeindruckt. Vor ca. drei Jahren dann habe er, nachdem er nach Deutschland gekommen sei, in K* … einen Iraner namens H* … kennengelernt. Er sei damals aufgrund der Erlebnisse in Afghanistan und im Iran sehr traurig gewesen und dieser habe ihm gesagt, dass er dem Kläger helfen könne. Der H* … habe ihn dann mit zur Kirche in die Gemeinde B* … genommen. Er habe regelmäßig die dortigen Gottesdienste besucht und habe dabei positiv für sein eigenes Leben festgestellt, dass er hierdurch innerliche Ruhe erfahren habe, weshalb er sich schließlich habe taufen lassen. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang auch glaubhaft dargelegt, wie er trotz der Sprachbarriere die christlichen Glaubensinhalte hat aufnehmen können. Zum einen hat er bereits beim Bundesamt diesbezüglich erklärt, dass in der Gemeinde B* … bei den religiösen Veranstaltungen und Gottesdiensten stets ein Persisch-Dolmetscher zugegen gewesen sei. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger zudem angegeben, dass in seiner neuen Kirchengemeinde in F* … … … ebenfalls eine Dolmetscherin anwesend sei, weshalb er alles gut verstehen könne.
Der Kläger hat darüber hinaus überzeugend darlegen können, dass er sich aus tiefer innerer Überzeugung dem Christentum zugewendet hat. Er hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass dies bei ihm ein längerer Entwicklungsprozess gewesen sei. Er habe im Laufe seines Lebens verschiedene Punkte festgestellt, die ihm am Islam missfallen hätten, so z.B., dass ein Mann vier Frauen heiraten dürfe, dass man sich den Weg ins Paradies erkaufen könne, indem man einem Mullah Geld gebe, damit dieser nach dem Tod für den Einzug ins Paradies bete, oder aber, dass man auch dann ins Paradies komme, wenn man Ungläubige töte. Auch könne er sich nicht damit abfinden, dass in der Scharia viele negative Dinge unabänderlich festgelegt seien. Im Gegensatz zum Islam bringe das Christentum Ruhe, Frieden und – ganz zentral für ihn – die Nächstenliebe in die Welt. Jesus habe stets versucht, die Menschen mit guten Taten und Gesprächen zum Christentum zu bekehren, während Mohammed dies mit dem Schwert und Gewalt getan habe. Besonders bewegt hätten ihn in diesem Zusammenhang die Bibelstellen, wonach dann, wenn jemand etwas Schlechtes tue, dies nicht wiederum mit weiteren schlechten Taten vergolten werden solle, sondern mit guten Werken. Man solle nach dem christlichen Glauben auch seine Feinde lieben und ihnen zu essen und zu trinken geben. In zentralem Widerspruch hierzu werde im Islam in solchen Situationen stets Rache geübt. Er habe diese und andere gute Aspekte im Christentum mit der Zeit immer mehr verinnerlicht und neben der seelischen Ruhe hierin für sich auch die Glaubenswahrheit gefunden, die er stets gesucht habe. Hiervor habe er dann nicht mehr die Augen verschließen können und habe sich taufen lassen. Aufgrund der klägerischen Ausführungen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass dieser im Laufe seines Aufenthalts in Deutschland einen bewussten Prozess des inneren religiösen Einstellungswandels vollzogen hat, der in nachvollziehbarer Weise durch eine Vielzahl neuer Eindrücke, Erfahrungen und Lernprozesse sowie durch die Reflexion seines eigenen lebensgeschichtlichen Hintergrundes unterstützt und gefestigt wurde.
Vor diesem Hintergrund hat der Kläger einen gewissensgeleiteten, durch religiöse Werte und Normen hervorgerufenen längerfristigen Wandlungsprozess der inneren Umkehr glaubhaft geschildert und hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei seiner Hinwendung zum Christentum um eine Gewissensentscheidung handelt, die von einer echten Glaubensüberzeugung und nicht von asyltaktischen Erwägungen geleitet ist. Dies wird aus Sicht des Gerichts auch daran deutlich, dass der Kläger übereinstimmend vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung berichtet hat, dass er seiner Familie von der Konversion berichtet habe. Denn der Kläger musste damit rechnen, dass sich seine Familie aufgrund dieser als sehr schwerwiegende Ehrverletzung einzustufenden Handlung dauerhaft von ihm abwendet, gegebenenfalls sogar an ihm Rache nehmen könnte. Daraus, dass der Kläger sich seiner Familie gleichwohl offenbart hat, wird deutlich, dass der Glaube für den Kläger offensichtlich von sehr großer Bedeutung ist, da er sich ansonsten nicht den genannten Gefahren aussetzen würde und er seiner Familie eine etwaige rein asyltaktische Konversion sicherlich verheimlicht hätte. Tatsächlich hat die Familie auch zunächst mit Ablehnung und einem Kontaktabbruch – abgesehen von zwei Schwestern – reagiert. Sehr langsam bessere sich das Verhältnis nunmehr wieder, allerdings nicht zum streng gläubigen Vater.
Der Kläger machte auf den erkennenden Einzelrichter in der mündlichen Verhandlung einen sehr ehrlichen, ernsthaften und authentischen Eindruck. Seine Antworten auf die Fragen des Gerichts waren stets spontan und ohne Zögern. An keiner Stelle drängte sich dem Gericht der Eindruck auf, dass der Kläger in seinen Aussagen inhaltlich übertrieben, sondern stets in jeder Hinsicht wahrheitsgemäß von tatsächlichen eigenen Überzeugungen und Erlebnissen berichtet hat. Der Kläger erschien dem Gericht daher auch persönlich glaubwürdig.
Der Kläger hat darüber hinaus auch glaubhaft machen können, mit zentralen Inhalten des christlichen Glaubens vertraut zu sein, indem er die meisten der 10 Gebote korrekt darlegen konnte. Dass der Kläger dies vor dem Bundesamt seinerzeit nicht vermocht hat und hinsichtlich bestimmter Fragen eher pauschale Antworten gegeben hat, steht der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen, da entscheidungserheblicher Zeitpunkt die mündlichen Verhandlung ist, § 77 Abs. 1 AsylG, und der Kläger sich zwischenzeitlich ersichtlich weiterhin vertieft mit dem christlichen Glauben beschäftigt hat und in diesem gewachsen ist.
Der Kläger konnte schließlich auch darlegen, dass er seinen neuen Glauben in Deutschland praktiziert und dies auch in Afghanistan würde tun wollen. Er hat diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung glaubhaft erläutert, dass er immer sonntags, manchmal auch samstags in der Gemeinde in F* … … … e.V. den Gottesdienst besuche, wobei er mit dem Zug dorthin fahre. Morgens und abends lese er stets in der Bibel und bete auch täglich. Für ihn sei der Aussagegehalt hinter den einzelnen Bibelstellen entscheidend und was man daraus für sein eigenes Leben lernen könne. Er habe in seiner jetzigen Unterkunft überdies einem anderen afghanischen Mitbewohner viel über das Christentum berichtet und ihn auch dazu gebracht zu konvertieren. Die regelmäßigen Gottesdienstbesuche wurden durch die Gemeinde B* … e.V. mit Schreiben vom 20. April 2016 (für ca. 5 Monate) und mit Schreiben der Gemeinde in F* … … … e.V. mit Schreiben vom 13. August 2018 (seit August 2016) bestätigt, wobei der Kläger zwischenzeitlich zweimal örtlich umverteilt worden ist, was gerade für Asylbewerber regelmäßig mit besonderen Schwierigkeiten beim Einleben und der Neuorientierung – auch hinsichtlich einer anderen Kirchengemeinde – am neuen Aufenthaltsort verbunden ist, zumal diese in aller Regel auch nicht hinreichend mobil sind. Der Kläger hat auch sehr klar und deutlich bekräftigt, dass er auch in Afghanistan seinen christlichen Glauben würde leben wollen. Sein Glaube sei wie ein Licht, das man nicht verstecken dürfe. Er könne sich daher nicht vorstellen, wieder nach islamischen Glaubensregeln zu leben, denn er habe im Christentum für sich die Wahrheit gefunden und könne diese nicht verleugnen; andernfalls würde er sich selbst belügen. Damit hat er glaubhaft gemacht, auch in Afghanistan unter Inkaufnahme von Risiken als Christ leben zu wollen. Es steht somit fest, dass der Kläger sich zur Wahrung seiner religiösen Identität auch in Afghanistan zu seinem Glauben bekennen würde. Es wäre ihm deshalb im Herkunftsland nicht möglich, seine Religion entsprechend seinem religiösen Selbstverständnis auszuüben, ohne der Gefahr einer Verfolgung durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure i.S.d. § 3c Nr. 1 und 3 AsylG ausgesetzt zu sein.
Dem Kläger steht auch keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Die oben geschilderten Gefahren für vom Glauben abgefallene Muslime und Konvertiten drohen in Afghanistan landesweit, auch in den Städten Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif. Zwar mögen insbesondere nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes Repressionen gegen Konvertiten in städtischen Gebieten aufgrund der größeren Anonymität weniger als in Dorfgemeinschaften zu befürchten seien. Selbst dort würde aber ein vom Glauben abgefallener Muslim unweigerlich auffallen und selbst im privaten, familiären Umfeld bedroht sein (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Würzburg vom 13.5.2012 im Verfahren W 2 K 11.30269). Schutz vor Übergriffen ist jedoch in keinem Landesteil Afghanistans dauerhaft zu erreichen (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 22.12.2004, S. 2; Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O., S. 19; IGFM, a.a.O., S. 1). In der Rechtsprechung wird diese Einschätzung teilweise geteilt (z.B. OVG Nord-rhein-Westfalen, U.v. 19.6.2008 – 20 A 3886705.A – InfAuslR 2008, 411, juris Rn. 33 ff., dort auch explizit zu Kabul; VG Würzburg, U.v. 24.2.2017 – W 1 K 16.30673; U.v. 19.5.2015 – W 1 K 14.30534 – juris Rn. 36 m.w.N.; VG Augsburg, U.v. 8.4.2013 – AU 6 K 13.30004 – juris Rn. 27 ff.; U.v. 18.1.2011 – AU 6 K 10.30647 – juris Rn. 46; eine Fluchtalternative in Kabul bejahend VG Augsburg, U.v. 22.6.2012 – AU 6 K 11.30345 – juris Rn. 20 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, B.v. 12.4.2013 – 13 A 2819/11.A – juris Rn. 26). Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof hat diese Frage, soweit ersichtlich, in Bezug auf Konvertiten offen gelassen (vgl. BayVGH, B.v. 16.5.2013 – 13a ZB 12.30297 – juris Rn. 3 f.); in der genannten Entscheidung war dies nicht entscheidungserheblich. Das erkennende Gericht schließt sich im vorliegenden Verfahren aufgrund der Ausführungen in den zitierten Erkenntnismitteln der Auffassung an, wonach eine innerstaatliche Fluchtalternative für glaubhaft vom Islam abgefallene ehemalige Moslems in Afghanistan ausscheidet, wenn sie nicht bereit sind, entgegen ihrer inneren Überzeugung an religiösen Riten und Feierlichkeiten teilzunehmen (vgl. VG Würzburg, U.v. 23.4.2018 – W 1 K 18.30052; U.v. 21.2.2018 – W 1 K 16.32723U.v. 31.1.2018 – W 1 K 16.32648; U.v. 9.1.2018 – W 1 K 16.32453; U.v. 24.2.2017 – W 1 K 16.30673; U.v. 30.9.2016 – W 1 K 16.31087 – juris; U.v. 26.4.2016 – W 1 K 16.30268 – juris; U.v. 19.5.2015 – W 1 K 14.30534 – juris; U.v. 19.12.2014 – W 1 K 12.30183 – juris). Ein derartiges Verhalten wäre dem Kläger nicht zumutbar, da es, wie in der mündlichen Verhandlung deutlich wurde, seine religiöse Identität verletzen würde.
Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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