Verwaltungsrecht

Zulassung zum Studium der Humanmedizin

Aktenzeichen  7 CE 16.10304 u. a.

Datum:
7.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayHZV BayHZV § 7 Abs. 3 S. 6, § 10 Abs. 1 S. 4, § 46 Abs. 2, § 48, § 49, § 59

 

Leitsatz

1. Im Wege der Überbuchung vergebene Studienplätze sind nicht mehr „frei“ und stehen daher für eine außerkapazitäre Vergabe nicht zur Verfügung. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die nach § 46 Abs. 2 BayHZV kapazitätsrechtlich zu berücksichtigenden Minderungen der Lehrverpflichtungen sind nach wie vor nicht zu beanstanden. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 7 E 16.20039 2016-07-25 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I.
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerinnen und der Antragsteller tragen jeweils die Kosten der Beschwerdeverfahren.
III.
Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird jeweils auf 2.500,– Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerinnen und der Antragsteller (im Folgenden: Antragsteller) begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin (Vorklinik) im ersten Fachsemester an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (Universität) nach Maßgabe der Rechtsverhältnisse des Sommersemesters 2016. Sie machen geltend, die Universität habe ihre tatsächliche Ausbildungskapazität nicht ausgeschöpft.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg hat die Anträge mit Beschluss vom 25. Juli 2016 abgelehnt.
Mit den Beschwerden verfolgen die Antragsteller ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie machen geltend, das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung unter Verletzung des Gebots des rechtlichen Gehörs getroffen, weil es eine von der Universität zur Erläuterung der Überbuchung der Zulassungszahl übermittelte E-Mail nicht an die Antragsteller weitergeleitet habe. Die Überbuchung dürfe nicht anerkannt werden. Ebenso seien Minderungen der Lehrverpflichtung in Höhe von insgesamt 27 Semesterwochenstunden nicht anzuerkennen. Außerdem sei der Dienstleistungsexport in Höhe von 55,313 Semesterwochenstunden zu überprüfen und festzustellen, ob die im Rahmen des Dienstleistungsexports angesetzten Lehrveranstaltungen tatsächlich stattfinden. Dies sei im Hinblick auf geringe Studierendenzahlen insbesondere in Bezug auf den Bachelorstudiengang Biomedizin und den Masterstudiengang Biomedizin zweifelhaft. Im Übrigen sei der Curricularwert für den Bachelorstudiengang Biomedizin „sehr hoch“. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Bevollmächtigten der Antragsteller vom 24. August 2016 und 12. September 2016 verwiesen.
Der Antragsgegner widersetzt sich den Beschwerden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II. Die Beschwerden haben keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), begründet den geltend gemachten Anordnungsanspruch der Antragsteller nicht. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Universität ihre Ausbildungskapazität im Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) ausgeschöpft hat. Der Senat folgt den Gründen des streitgegenständlichen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Vorbringen der Antragsteller ist lediglich ergänzend folgendes zu bemerken:
a) Es kann offen bleiben, ob das Verwaltungsgericht seine Entscheidung unter Verletzung des Gebots des rechtlichen Gehörs getroffen hat, weil es eine von der Universität zur Erläuterung der Überbuchung der Zulassungszahl übermittelte E-Mail möglicherweise nicht an die Antragsteller weitergeleitet hat. Denn die Antragsteller haben jedenfalls im Beschwerdeverfahren Gelegenheit gehabt, sich zu der ihnen mittlerweile bekannt gegebenen Erläuterung der Überbuchung der Zulassungszahl zu äußern. Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist die über die festgesetzte Zulassungszahl (153 in Studienanfänger) hinausgehende „Überbuchung“ von Studienplätzen (tatsächlich sind im streitgegenständlichen Sommersemester 2016 im ersten Fachsemester 179 Studienanfänger eingeschrieben) als kapazitätsdeckend anzuerkennen. Die vom Antragsgegner erläuterte Überbuchung der Studienplätze hat lediglich bezweckt, die knappe Ausbildungskapazität der Universität möglichst zeitnah auszuschöpfen und beruht auf einer hinreichend bestimmten Rechtsgrundlage (§ 7 Abs. 3 Satz 6, § 10 Abs. 1 Satz 4 HZV). Die im Wege der Überbuchung vergebenen Studienplätze sind nicht mehr „frei“ und stehen daher für eine außerkapazitäre Vergabe auch nicht zur Verfügung (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 17.4.2014 – 7 CE 14.10046 – juris Rn. 9 f.; B. v. 8.5.2013 – 7 CE 13.10021 – juris Rn. 24 m. w. N.).
b) Die von den Antragstellern angesprochenen und kapazitätsrechtlich zu berücksichtigenden Minderungen der Lehrverpflichtungen (§ 46 Abs. 2 der Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern [Hochschulzulassungsverordnung – HZV] vom 18.6.2007 [GVBl S. 401, BayRS 2210-8-2-1-1-K], zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.3.2015 [GVBl S. 74]) sind in der Vergangenheit wiederholt gerichtlich überprüft worden und zu Recht unbeanstandet geblieben (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 12.2.2014 – 7 ZB 13.10357 – juris; B. v. 27.11.2013 – 7 CE 13.10354 – juris; B. v. 22.8.2013 – 7 CE 13.10181 u. a. – juris; B. v. 22.8.2013 – 7 CE 13.10180 – juris). Anlass zu einer Revision des Ergebnisses der bisherigen gerichtlichen Prüfungen besteht nicht.
c) Die Einwände der Antragsteller gegen den Dienstleistungsexport der Lehreinheit Vorklinische Medizin für nicht zugeordnete Studiengänge (§ 48 HZV) in Höhe von 55,313 Semesterwochenstunden greifen im Ergebnis nicht durch. Der Dienstleistungsexport der Lehreinheit hat sich gegenüber dem Vorjahreszeitraum tatsächlich sogar – für den streitgegenständlichen Studiengang kapazitätsgünstig – verringert. Dies gilt – insbesondere wegen verringerter Studienanfängerzahlen – auch für den der Lehreinheit nicht zugeordneten Masterstudiengang Biomedizin. Hingegen gibt es keinen Anlass zur Annahme, dass die für eine ordnungsgemäße Ausbildung der Studierenden in den jeweiligen Studiengängen vorgesehenen und erforderlichen Lehrveranstaltungen tatsächlich nicht stattfinden und entbehrlich seien.
d) Im Hinblick auf den der Lehreinheit Vorklinische Medizin zugeordneten Bachelorstudiengang Biomedizin gibt es ebenfalls keinen Anlass zur gerichtlichen Beanstandung. Zwar ist der Curricularwert für diesen Bachelorstudiengang (§ 59 HZV) gegenüber dem Vorjahreszeitraum deutlich erhöht, die Universität hat diesem Umstand jedoch durch eine entsprechende Verringerung der Anteilquote des Bachelorstudiengangs (§ 49 HZV) Rechnung getragen. Hierdurch hat sich die in der Zulassungszahlsatzung 2015/2016 festgesetzte Studienanfängerzahl für den streitgegenständlichen Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) gegenüber dem Vorjahreszeitraum sogar erhöht.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 und Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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