Verwaltungsrecht

Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der LMU im Wintersemester 2015/2016

Aktenzeichen  M 3 E L 15.10324

Datum:
4.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayHSchPG BayHSchPG Art. 15 Abs. 1 S. 1
LUFV LUFV § 4 Abs. 1 Nr. 3b, Nr. 6
VwGO VwGO § 123

 

Leitsatz

Ein Antrag auf vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der LMU im Wintersemester 2015/2016 hat keinen Erfolg, weil die durch die Zulassungszahl festgesetzte Kapazität fehlerfrei ermittelt und ausgeschöpft wurde. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragspartei hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 2.500,– € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragspartei begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung letztlich die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im Wintersemester 2015/2016 an der L.-M.-Universität Mü. (LMU) im 1. Fachsemester.
Zur Begründung lässt die Antragspartei vortragen, es seien weitere Kapazitäten vorhanden.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Es sei kein Zulassungsanspruch glaubhaft gemacht worden; die Kapazität im Studiengang Humanmedizin sei bereits ausgelastet bzw. sogar überbucht.
Mit seiner Stellungnahme legte der Antragsgegner die nach der Hochschulzulassungsverordnung – HZV – erstellten Berechnungen für den Berechnungszeitraum 2015/2016 sowie die Immatrikulationsstatistik vom 8. Dezember 2015 vor.
Danach hat die LMU im Studiengang Humanmedizin, 1. Studienabschnitt, in § 1 der Satzung der L.-M.-Universität Mü. über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die im Studienjahr 2015/16 als Studienanfängerinnen und Studienanfänger sowie in höhere Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber (Zulassungszahlsatzung 2015/16) vom 13. Juli 2015 in Verbindung mit der Anlage folgende Zulassungszahlen festgesetzt:
Fachsemester:
1
2
3
4
Wintersemester 2015/16
880
0
833
0
Σ =
1713
Sommersemester 2016
0
856
0
810
Σ =
1666
Tatsächlich sind nach der Studentenstatistik vom 8. Dezember 2015 im Wintersemester 2015/2016 im 1. bis 4. Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin insgesamt 1737 Studierende eingeschrieben, wie folgende Übersicht zeigt:
Fachsemester:
1
2
3
4
Studenten/innen
885
11
831
10
Σ = 1737
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten, insbesondere den vom Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst überprüften Datenerhebungsformularsatz – DEFS – für das Studienjahr 2015/2016, die Stellungnahme der LMU vom 14. Dezember 2015 sowie auf die Immatrikulationsstatistik der LMU (Stand 08.12.2015) Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die Kammer sieht es aufgrund der im Eilverfahren nur möglichen summarischen, aber wegen der Effektivität des Rechtsschutzes notwendigerweise eingehenderen Prüfung der vom Antragsgegner vorgelegten Kapazitätsberechnung für den Studiengang Humanmedizin, 1. Studienabschnitt, im Berechnungszeitraum 2015/2016 als überwiegend wahrscheinlich an, dass jedenfalls 880 Studienplätze kapazitätsdeckend vergeben wurden und dass an der L.-M.-Universität Mü. im Studiengang Humanmedizin, 1. Studienabschnitt, im Wintersemester 2015/2016 im 1. Fachsemester über diese Zahl hinaus keine weiteren freien Studienplätze mehr vorhanden sind.
Die für die Überprüfung maßgeblichen Rechtsvorschriften sind die Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern (Hochschulzulassungsverordnung – HZV -) vom 18. Juni 2007 (GVBl S. 401) und die Verordnung über die Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Universitäten, Kunsthochschulen und Fachhochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung – LUFV -) vom 14. Februar 2007 (GVBl S. 201).
Die Kammer hat die Kapazität für den streitgegenständlichen Studiengang für den Berechnungszeitraum 2015/2016 überprüft. Dabei hat das Gericht im vorliegenden Eilverfahren wegen der Besonderheit des Anspruchs auf Hochschulzulassung, der sich effektiv nur im Eilverfahren durchsetzen lässt (vgl. BVerfG vom 31.3.2004, BayVBl. 2005, 240), eine zwar summarische, gleichwohl eingehendere Überprüfung der Sach- und Rechtslage vorgenommen.
Die Überprüfung der Berechnung im Einzelnen ergibt folgendes:
1. Berechnung aufgrund der personellen Ausstattung
Für die Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität war zunächst in einem ersten Verfahrensschritt von der personellen Ausstattung auszugehen (§ 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HZV), d. h. von den der Lehreinheit Humanmedizin/Vorklinik zuzuordnenden Lehrpersonen (§ 45 Abs. 1 HZV) und deren Lehrdeputaten (§ 46 Abs. 1 HZV).
a) Gesamtlehrdeputat der Lehreinheit Humanmedizin/Vorklinik (unbereinigt)
Der Antragsgegner hat der Lehreinheit Humanmedizin/Vorklinik 121,167 Lehrpersonen zugeordnet und als Gesamtlehrdeputat 886,17 Semesterwochenstunden (SWS) angesetzt (Vorjahr: 120,167 Lehrpersonen, 884,167 SWS).
Im Studiengang Humanmedizin/Vorklinik wurde somit gegenüber dem Vorjahr bei einer um eine Stelle erhöhten Anzahl von Lehrpersonen ein um 2 SWS höheres Gesamtlehrdeputat ausgewiesen.
Dieses (unbereinigte) Gesamtlehrdeputat liegt auch höher als bei der letzten umfassenden Überprüfung der Kapazitätsberechnung durch die Kammer für das Studienjahr 2010/2011, als das Gesamtlehrdeputat (unbereinigt) nach den vom BayVGH in den Beschwerdeverfahren vorgenommenen Korrekturen 877,2045 SWS betrug.
Im Einzelnen ergibt sich folgendes Lehrangebot:
aa) Gruppe der Professoren:
In dieser Stellengruppe beträgt die Anzahl der Stellen insgesamt 33 (Vorjahr 32) mit einem Gesamtdeputat von 297 Stunden. Zusätzlich besteht eine W1-Professur mit 7 SWS (Vorjahr 5 SWS) in der zweiten Phase (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 b LUFV i. V. m. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayHSchPG), so dass sich insgesamt ein Deputat von 304 Stunden ergibt.
Soweit gerügt wurde, sämtliche Professoren des Fachbereichs Anatomie hätten lediglich eine Lehrverpflichtung von 8,8 (statt 9) SWS, ist dies unzutreffend. Tatsache ist, dass von den insgesamt 10 Professoren 9 ein Deputat von 9 SWS haben, bei der übrigen Professur handelt es sich um die o.g. W1-Professur mit 7 SWS. Somit erbringen die Professoren in der Anatomie 9 x 9 = 81 + 7 = 88 SWS, so dass sich das in der Berechnung der LMU angeführte durchschnittliche Deputat von 8,8 SWS ergibt.
Die Deputatsminderung um 2 SWS für den Studiendekan der Medizinischen Fakultät (Prof. … von der Physiologie) begegnet keinen Bedenken.
Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat mit Schreiben vom 26. Oktober 1998 für den Studiendekan der Medizinischen Fakultät gemäß § 7 Abs. 2 LUFV a. F. eine Deputatsermäßigung von 2 SWS gewährt. Nach heutigem Recht gehören Studiendekane sogar zu den ausdrücklich genannten Amtsträgern, denen eine Ermäßigung bis zu 25 v. H. gewährt werden kann (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 LUFV). Weshalb angesichts der Aufgaben des Studiendekans, wie sie nunmehr in Art. 30 BayHSchG niedergelegt sind, die bereits früher gewährte Reduzierung um 2 SWS nicht mehr fortgelten soll, ist nicht ersichtlich (vgl. BayVGH, Beschluss, vom 24. August 2010, Az. 7 CE 10.10210).
In der Biochemie wurden die übrigen Deputatsminderungen von insgesamt 7 SWS bereits im Vorjahr aufgrund drei neuer ARaZ-Stellen kompensiert.
Somit erbringen 34 Professoren ein Deputat von insgesamt 295 Stunden.
bb) Wissenschaftliche Mitarbeiter im Beamtenverhältnis,
Akademische Räte auf Lebenszeit:
In dieser Stellengruppe wurden 26 Stellen (gegenüber dem Vorjahr eine Stelle mehr) berücksichtigt. Für die insgesamt 26 Stellen wurden 260 SWS angesetzt. Eine Verminderung des Deputats um 5 SWS bei der Stelle 88032062 wurde bereits im Vorjahr kompensiert.
Hinsichtlich der Regelung in § 4 Abs. 1 Nr. 6 LUFV, wonach die hiesige Personengruppe (Art. 19 ff BayHSchPG) eine Lehrverpflichtung von „höchstens“ 10 Lehrveranstaltungsstunden hat, schöpft das Deputat dieser Gruppe von – ungeachtet der Verminderung – 260 SWS diese maximal zulässige Lehrverpflichtung voll aus.
Insoweit geht auch der Einwand fehl, diese Gruppe habe gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 7 LUFV ein Lehrdeputat von 13-18 SWS, da dies nur bei Lehrkräften für besondere Aufgaben zutrifft.
cc ) Oberassistenten C2 (AORaZ):
Die Zahl der Oberassistenten-Stellen beträgt wie im Vorjahr 6 Stellen.
Somit ist vom Ansatz von 6 x 7 SWS (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 LUFV) = 42 SWS auszugehen.
dd ) Wissenschaftliche Assistenten C1:
In der Gruppe der C1-Stellen beträgt die Stellenanzahl wie im Vorjahr 48,5.
Die Lehrleistung der zu berücksichtigenden 48,5 wissenschaftlichen Assistenten abzüglich der Deputatsminderung um 3 SWS, die bereits im Vorjahr kompensiert wurde, entspricht mit 48,5 x 5 – 3 SWS = 239,5 der Vorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 5 LUFV.
ee) Wissenschaftliche Angestellte:
Die Anzahl der wissenschaftlichen Angestellten ist um eine Stelle auf 6,667 gesunken, die ein Deputat von 37,67 (Vorjahr: 45,67 SWS) erbringen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden, da die weggefallene Stelle in der Physiologie (Stellennummer …) umgewandelt wurde in eine Beamtenstelle (Akademischer Rat auf Lebenszeit, Stellennummer …), wobei das Deputat ebenso wie bei der weggefallenen Stelle auf 8 SWS festgesetzt wurde.
Der Einwand, bei dieser Gruppe handele es sich um wissenschaftliche Mitarbeiter gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 6 LUFV mit einer Lehrverpflichtung bis zu 10 LVS, geht fehl, da diese Gruppe von § 4 Abs. 1 Nr. 8 LUFV erfasst wird und nach den dortigen Regelungen unter lit. a) bis d) zu behandeln ist.
ff) Das unbereinigte Gesamtlehrdeputat der Lehreinheit Humanmedizin/Vorklinik
beträgt deshalb 869,167 SWS:
Professoren: 33 x 9 SWS + 1 x 7 – 9 SWS = 295 SWS
Akademische Räte auf Lebenszeit: 255 SWS
Oberassistenten (C2, AORaZ): 6 x 7 SWS =42 SWS
Wissenschaftliche Assistenten, C 1: 48,5 x 5 SWS – 3 = 239,5 SWS
Wissenschaftliche Angestellte: = 37,67 SWS
ergibt 869,17 SWS
b) Lehrauftragsstunden:
Hinzuzurechnen sind gemäß § 47 HZV in Verbindung mit der Formel 1 der Anlage 5 zur HZV 6,75 Lehrauftragsstunden. Substantiierte Einwände gegen den Rückgang der Lehrauftragsstunden wurden von der Antragspartei nicht erhoben. Das Gericht hatte daher keinen Anlass zu einer Überprüfung im Einzelnen, ob die weggefallenen Lehrauftragsstunden tatsächlich verpflichtend kapazitätserhöhend zu berücksichtigen waren bzw. ob ihr Wegfall überhaupt der LMU zugerechnet werden kann und ob aus den im Vorjahr geschaffenen neuen Stellen noch ein nicht verbrauchtes Deputat zur etwaigen Kompensation zur Verfügung stand (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 1.7.2009 – 7 CE 09.10044 – juris Rn. 7). Das Lehrangebot der Lehreinheit Humanmedizin/Vorklinik beträgt somit nach Einbeziehung dieser Stundenzahl (Symbol „S“ i. S. d. Formel 1 der Anlage 5 zur HZV) 869,17 + 6,75 = 875,92 Deputatsstunden je Semester.
c) bereinigtes Lehrangebot (Sb)
Gemäß § 48 HZV i. V. m. den Formeln 2 und 3 der Anlage 5 zur HZV ist dieses Lehrangebot durch Abzug derjenigen Dienstleistungen zu „bereinigen“, die die Lehreinheit Humanmedizin/Vorklinik für die ihr nicht zugeordneten Studiengänge erbringt.
Die Humanmedizin/Vorklinik erbringt Dienstleistungen für die Lehreinheit Zahnmedizin. Der dabei zugrunde zu legende Curricularanteil wurde vom BayVGH auf 0,7939 berechnet (BayVGH, Beschluss vom 29. Juli 2010, Az. 7 CE 10.10211 u. a.).
Daraus errechnet sich ein Dienstleistungsexport in Höhe von 0,7939 (= CAq) x 63,5 (= A.q/2) = 50,4127 SWS (= Wert „E“). Das bereinigte Lehrangebot Sb beträgt danach 875,92 SWS – 50,4127 SWS = 825,5073 SWS.
d) Curricularanteil und Aufnahmekapazität
Aus diesem bereinigten Lehrangebot errechnet sich mit Hilfe des Curriculareigenanteils (CAp) gemäß den Formeln 4 und 5 der Anlage 5 zur HZV die jährliche Aufnahmekapazität (Ap).
Der CAp war dabei gemäß § 50 Abs. 4 Satz 1 HZV dergestalt zu bilden, dass der durch § 50 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. der Anlage 7 zur HZV auf 2,42 festgesetzte Curricularnormwert (CNW) auf die am Lehrangebot für den Studiengang Humanmedizin/Vorklinik beteiligten Lehreinheiten aufzuteilen war. Der der Berechnung zugrunde zu legende Curriculareigenanteil der Medizin Vorklinik wurde vom BayVGH mit 1,9541 errechnet (BayVGH, Beschluss vom 26. August 2010, Az. 7 CE 10. 10241 u. a.)
Damit liegt die jährliche Aufnahmekapazität (Ap) aufgrund der personellen Ausstattung bei 825,5073 x 2 : 1,9541 = 844,8977 Studienplätzen.
2. Überprüfungstatbestände
Die gerichtliche Überprüfung der Ermittlung der maßgeblichen Schwundquote beschränkt sich aufgrund der damit verbundenen Prognose darauf, ob die zuständige Behörde von zutreffenden Abgrenzungen und Daten ausgegangen ist und sich einer wissenschaftlich vertretbaren Methode bei der Schwundberechnung bedient hat mit der hieraus abgeleiteten Verpflichtung der Eliminierung „schwundfremder Einflussfaktoren“ (vgl. Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. Köln 2003, § 16 KapVO Rn. 6 m. w. N.).
Für die Ermittlung des Schwundausgleichsfaktors nach § 51 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. § 53 HZV ist allgemein zu fordern, dass die verwendeten Bestandszahlen sich auf einen ausreichend langen Zeitraum beziehen, dass sie an einheitlichen und für die statistische Erhebung geeigneten Stichtagen erhoben werden und dass der Berechnung ein mathematisch geeignetes Modell, z. B. das sog. „Hamburger Modell“, zugrunde liegt (BayVGH vom 17.11.1998 Az. 7 CE 98.10022).
Gegen die vorliegende Berechnung nach dem sog. „Hamburger Modell“ bestehen keine rechtlichen Bedenken (BayVGH vom 23.4.1993 Az. 7 CE 92.10103 u. a.).
Bedenken gegen die Berechnung des Schwundfaktors (Wert von 0,9600) wurden nicht erhoben, korrekturbdürftige, atypische Semesterübergänge sind nicht vorhanden.
Der Berechnung wurden die Bestandszahlen für die am Berechnungsstichtag zurückliegenden fünf Semester vom WS 2012/2013 bis einschließlich den Zahlen des WS 2014/2015) zugrunde gelegt. Ein Zeitraum von fünf Semestern ist ausreichend lang, um eine verlässliche Prognose über das künftige Studierverhalten abgeben zu können (BayVGH vom 31.5.2006, Az. 7 CE 06.10198, und vom 31.3.1999, Az. 7 ZE 99.10005). Demgegenüber würde die Ermittlung der Schwundquote aus einem Zeitraum von sechs oder mehr Semestern soweit in die Vergangenheit zurückgreifen, dass sie das aktuelle Studierverhalten nicht mehr hinreichend verlässlich abbilden und zu einer sachlich unrichtigen Berechnung der Schwundquote führen würde (BayVGH vom 31.3.1999, a. a. O.). Die Berechnung auf der Grundlage von zehn Semestern stellt daher eine Möglichkeit dar, Besonderheiten des Studierverhaltens in fünf Bestandssemestern, die zu einer Verzerrung des allein auf dieser Grundlage berechneten Schwundfaktors führen würden, Rechnung zu tragen, indem diese Besonderheiten allein durch die Berücksichtigung eines längeren Zeitraums an Relevanz verlieren und das zu erwartende Studierverhalten wirklichkeitsnäher abgebildet werden kann. Wenn jedoch derartige Besonderheiten im Studierverhalten gerade in den weiter als fünf Semestern zurückliegenden Semestern gegeben sind, also eine Berechnung über zehn Semester mehr Korrekturen erfordern würde als eine Berechnung über fünf Semester, besteht kein Anlass, von der Errechnung des Schwundfaktors unter Einbezug der grundsätzlich als ausreichend anzusehenden Anzahl von (nur) fünf Semestern abzusehen. Keinesfalls verlangt der in § 51 Abs. 3 Nr. 3 HZV vorgesehene Überprüfungstatbestand der Schwundquote eine vergleichende, korrigierte Berechnung über fünf und über zehn Semester mit der Folge, dass dann bei der Kapazitätsberechnung von der für die Studienbewerber günstigeren, niedrigeren Schwundquote auszugehen wäre.
Es ergibt sich somit eine jährliche Aufnahmekapazität von 844,8977 : 0,9600 = 880,1018, gerundet 880 Studienplätzen.
Damit ergeben sich für das erste Studienjahr 880 Studienplätze, welche die LMU mit derzeit 885 immatrikulierten Studenten im ersten Fachsemester, welches hier wegen der Einführung des Studienjahres relevant ist, im Wintersemester 2015/2016 (vgl. Studentenstatistik der LMU, Stand: 08.12.2015) mehr als ausschöpft.
Laut Erklärung des Antragsgegners vom 14. Dezember 2015 sind im Studiengang Humanmedizin im 1. Fachsemester des 1. Studienabschnitts zum Wintersemester 2015/16 insgesamt 885 Studierende immatrikuliert. Von diesen 885 Personen sind zehn beurlaubt, von denen fünf schon länger als ein Semester beurlaubt sind.
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 21.05.2013 Az. 7 CE 13.10024), der sich das Gericht anschließt, muss „der Studienplatz eines beurlaubten Studenten nicht aus der Zahl der tatsächlich vergebenen Studienplätze herausgerechnet werden, da durch Beurlaubungen keine vollständigen Studienplätze frei werden, sondern allenfalls Kapazitäten in einzelnen Semestern“. Dies gilt allerdings nur für die Beurlaubungen, die nach der Immatrikulation bereits im ersten Fachsemester erfolgen. „Etwas anderes gilt jedoch, wenn sich Studierende … bereits im Vorsemester (im ersten Fachsemester) immatrikuliert haben und beurlauben ließen. Denn diese Studierenden … werden von der LMU (lediglich) aus verwaltungstechnischen Gründen (erneut) zum Bestand dieses (streitgegenständlichen) ersten Fachsemesters gerechnet. Eine solche Mehrfachzählung von Studierenden als Studienanfänger im ersten Fachsemester ist mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der erschöpfenden Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazitäten jedoch unvereinbar, da sie zur Folge hätte, dass diese Studierenden ohne sachlichen Grund wiederholt die für Studienanfänger vorgesehenen und neu zu vergebenden Studienplätze im ersten Fachsemester blockieren würden“ (so wörtlich BayVGH vom 21.10.2013 a. a. O.). Daraus folgt, dass vorliegend fünf Studienplätze nicht kapazitätsdeckend berücksichtigt werden dürften.
Selbst wenn man diese fünf Studienplätze unter Bezugnahme auf den Beschluss des BayVGH aus der aktuellen Erstsemesterkohorte herausrechnet, führt dies jedoch nicht zum Erfolg des Antrags, da nach der Immatrikulationsstatistik der LMU vom 8. Dezember 2015 tatsächlich 885 Studienanfängerinnen bzw. Studienanfänger im 1. Fachsemester immatrikuliert wurden. Damit wurden die nach der errechneten Kapazität zu vergebenden 880 Studienplätze mit 880 Studierenden (ohne Berücksichtigung der 5 mehrfach im 1. FS beurlaubten Studierenden) erfüllt. Freie noch zu vergebende Studienplätze sind damit nicht mehr vorhanden.
Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 45 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes – GKG – i. V. m. Ziffern 18.1, 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Dabei blieb unberücksichtigt, ob der Studienplatz im Wege der innerkapazitären Zulassung, durch Aufdeckung und Vergabe eines weiteren Platzes außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl oder auf beiden Wegen beantragt wurde, weil es für das Interesse des Antragstellers ohne Belang ist, auf welche Weise sich der begehrte Studienplatz ergibt; wirtschaftlich sind die Ansprüche identisch.


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