Verwaltungsrecht

Zulassung zum Studium der Humanmedizin im 5. Fachsemester Humanmedizin – 1. klinisches Fachsemester – im Wintersemester 2021/202

Aktenzeichen  7 B 269/21 MD

Datum:
23.3.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Magdeburg 7. Kammer
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:VGMAGDE:2022:0323.7B269.21MD.00
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

Zur Berücksichtigung der Ergebnisse des Endberichtes der Arbeitsgruppe „Ermittlung der patientenbezogenen Kapazität in den Modellstudiengängen der Humanmedizin“ vom 27.03.2021 auf die Berechnungsweise nach § 17 Abs. 1 KapVO LSA

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.
Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des jeweiligen Verfahrens.
Der Streitwert wird jeweils auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Den Anträgen,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, die Antragstellerinnen vorläufig im 1. klinischen Semester (5. Fachsemester) im Studiengang Humanmedizin gemäß der Sach- und Rechtslage des Wintersemesters 2021/2022 zuzulassen,
kann kein Erfolg beschieden werden.
Die Anträge sind zulässig, aber unbegründet.
Die Antragstellerinnen begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin bei der Antragsgegnerin im 1. klinischen Semester (5. Fachsemester) zum Wintersemester 2021/2022. Sie sind jeweils der Auffassung, die tatsächliche Aufnahmekapazität der Antragsgegnerin sei mit der in § 3 der Satzung der Antragsgegnerin über die Festsetzung von Zulassungszahlen und Auffüllgrenzen für den in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengang Humanmedizin im Wintersemester 2021/2022 und im Sommersemester 2022 vom 20.05.2021 auf 189 Studienplätze festgesetzten Zulassungszahl (Auffüllgrenze) für höhere Fachsemester nicht ausgeschöpft.
Im Wintersemester 2021/2022 waren nach der von der Antragsgegnerin vorgelegten Belegungsliste mit Stand vom 25.10.2021, 11.00 Uhr 189 Studienplätze im 1. klinischen Studienjahr, welches das 1. und 2. klinische Semester umfasst, kapazitätswirksam besetzt.
Die Kammer hat keine Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Belegungsliste. Im Übrigen folgt die Kammer der obergerichtlichen Rechtsprechung, wonach es der Vorlage von Immatrikulationslisten unter Angabe von Einschreibedaten, Beurlaubungsdaten und Angaben zur studentischen Vorgeschichte, insbesondere zu bereits erbrachten und anrechenbaren Leistungen, grundsätzlich nicht bedarf. Für die Kapazitätsberechnung kommt es nicht darauf an, welches Lehrangebot von den im jeweiligen Semester Eingeschriebenen tatsächlich in Anspruch genommen wird (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 23.05.2017 – 13 C 10/17 -, juris; BayVGH, Beschl. v. 14.02.2017 – 7 CE 17.10003 u.a. -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 13.08.2015 – OVG 5 NC 6.15 -, alle zitiert nach juris).
Die im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotene summarische Prüfung ergibt, dass im Studiengang Humanmedizin über die in der Satzung der Antragsgegnerin für Studierende im 1. klinischen Studienjahr des Studiengangs Humanmedizin festgesetzte – und nach der Belegungsliste ausgeschöpfte – Zulassungshöchstzahl (Auffüllgrenze) von 189 hinaus keine weiteren Studienplätze vorhanden sind.
Die Antragstellerinnen haben nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Annahme gelangen ließe, dass die bei der Antragsgegnerin vorhandene Kapazität nur unzureichend ausgelastet ist.
Nach der von der Antragsgegnerin vorgelegten Kapazitätsberechnung hat sie für das das Wintersemester 2021/2022 und das Sommersemester 2022 umfassende Studienjahr für den klinischen Studienabschnitt eine Zulassungszahl von 189 ermittelt. Die Antragsgegnerin hatte zunächst unter Berücksichtigung der patientenbezogenen Kapazität eine Aufnahmekapazität von 172 Studienplätzen berechnet. Ausweislich des Kapazitätsberichtes vom 18.03.2021 hat sich die Antragsgegnerin wegen der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Zahl der tagesbelegten Betten und der poliklinischen Neuzugänge abweichend von der Regelung des § 5 Abs. 1 KapVO LSA freiwillig dazu entschieden, einen „Mittelwert“ aus der Zahl der tagesbelegten Betten der letzten drei Jahre zu bilden und so eine Aufnahmekapazität von 189 Studienplätzen ermittelt.
Die Aufnahmekapazität im klinischen Studienabschnitt des Studiengangs Humanmedizin wird für den Regelstudiengang bei der Antragsgegnerin dergestalt ermittelt, dass zunächst eine Berechnung auf Grund der personellen Ausstattung unter Anwendung von Curricularnormwerten erfolgt, welche anhand der weiteren kapazitätsbestimmenden Kriterien gemäß den Vorschriften der §§ 14 bis 19 KapVO LSA zu überprüfen ist. Für den klinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin ist dieses Berechnungsergebnis insbesondere anhand der patientenbezogenen Einflussfaktoren zu überprüfen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KapVO LSA). Da eine ordnungsgemäße Ausbildung der Studierenden im klinischen Teil von einer ausreichenden Anzahl geeigneter Patienten (§ 14 Abs. 2 Nr. 4 KapVO LSA) abhängig ist und diese die mögliche Zulassungszahl in jedem Fall gemäß § 17 Abs. 2 KapVO LSA limitieren, steht es im Einklang mit den Regelungen der Kapazitätsverordnung, dass die Antragsgegnerin im Ergebnis ihrer Kapazitätsberechnung maßgeblich diese patientenbezogenen Einflussfaktoren zugrunde gelegt hat (vgl. hierzu: BVerwG, Urt. v. 24.11.2021 – 6 C 19.19 -, juris).
Es ist dabei grundsätzlich Sache des Gesetz- und Verordnungsgebers, eine Berechnungsmethode zur Ermittlung der Ausbildungskapazität normativ festzulegen, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an die Beschränkung des aus Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip abgeleiteten Rechts jedes hochschulreifen Bürgers auf Zulassung zu einem Hochschulstudium seiner Wahl zu stellen sind, genügt (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 23.06.2021 – 2 B 43/21.NC –, juris).
Auch vor Hintergrund, dass nach dem Einwand einiger Antragstellerinnen und Antragsteller in anderen Verfahren, der Parameter von 15,5 % der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten des Klinikums für die Ermittlung der patientenbezogenen Kapazität nicht (mehr) sachgerecht sei, ergibt sich im Ergebnis für den hier in Rede stehenden Berechnungszeitraum jedoch keine Erhöhung der Aufnahmekapazität für das 1. Klinische Semester über die 189 bereits vergebenen Plätze hinaus.
Die Kammer geht dabei zunächst davon aus, dass aufgrund neuer empirischer Untersuchungen der Parameter von 15,5, % in § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO LSA mittlerweile als überholt anzusehen ist.
Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich aus dem Gebot der erschöpfenden Kapazitätsauslastung keine konkreten Berechnungsgrundsätze ableiten lassen, die als allein zutreffend gelten könnten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 18.09.2018 – NC 9 S 866/18 -, juris). Mit Blick auf die erforderliche Abwägung widerstreitender Grundrechtspositionen und den Umstand, dass die Eingabegrößen, die den patientenbezogenen Engpass bestimmen, in ihrer Höhe nicht im naturwissenschaftlichen Sinn beweisbar sind, ist ein nicht unerheblicher Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers gegeben. Dementsprechend muss auch nicht jede Veränderung exemplarisch erhobener Daten zur Patientenverfügbarkeit zu einer Anpassung der kapazitätsrechtlichen Parameter führen. Ob Datenveränderungen zu einer Veränderung des Normgefüges Anlass geben, entscheidet der Normgeber in einem abwägenden Prozess (vgl. VG Karlsruhe, Beschl. v. 22.06.2021 – NC 7 K 3761/20 -, juris).
Mit dem nunmehr erschienenen Endbericht der Arbeitsgruppe „Ermittlung der patientenbezogenen Kapazität in den Modellstudiengängen der Humanmedizin“ vom 27.03.2021 (vgl. hierzu ausführlich: OVG Niedersachsen, Beschl. v. 17.12.2021 – 2 NB 3/21 -, juris) liegen jedenfalls neue Erkenntnisse zur patientenbezogenen Kapazität in den im Bundesgebiet angebotenen humanmedizinischen Modellstudiengängen vor. Soweit diese Erkenntnisse – im Hinblick auf die Berechnung der stationären Kapazität – auf in der Vergangenheit erfolgten empirischen Datenerhebungen beruhen, ist der daraus abgeleitete Vorschlag der Arbeitsgruppe grundsätzlich auch für den Regelstudiengang bei der Antragsgegnerin bereits im Rahmen der Berechnungsweise nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO LSA zu berücksichtigen. Soweit die Arbeitsgruppe erstmalig auch eine Einbeziehung der teilstationären Patienten in die Kapazitätsberechnung vorschlägt, liegt dem jedoch eine wertende Entscheidung inne, welche der kapazitätsrechtlichen Berücksichtigung durch den Verordnungsgeber vorbehalten ist. Selbiges gilt im Hinblick auf die von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene Änderung des Berechnungsmodus für die ambulante Kapazität (so auch OVG Niedersachsen, Beschl. v. 17.12.2021, a. a. O.).
Vergleicht man die von der Arbeitsgruppe mit den empirisch erhobenen Werten angestellten Berechnungen mit dem Rechenmodell und den Werten, welche der bisherigen Festsetzung des stationären Faktors von 15,5 % in § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO LSA zugrunde liegen, wird deutlich, dass sich die Kapazitätserhöhung allein aus einem höheren Wert der Eignungswahrscheinlichkeit ergibt. Beruht somit die von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene Erhöhung des stationären Faktors von 15,5 % auf 16,22 % der tagesbelegten Betten allein auf einer bereits im Zeitraum der Feldphase der Neuerhebung im Jahr 2017 feststellbaren Erhöhung der Eignungswahrscheinlichkeit der stationären Patienten, sieht sich die Kammer im Rahmen der vorliegend von ihr vorzunehmenden möglichst genauen Annäherung an die tatsächliche Kapazität gehalten, bei seiner Anlehnung an § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO LSA den dort vorgegebenen stationären Faktor von 15,5 % durch den von der Arbeitsgruppe neu ermittelten stationären Faktor von 16,22 % der tagesbelegten Betten des Klinikums zu ersetzen (so auch OVG Niedersachsen, Beschl. v. 17.12.2021, a. a. O.).
Die hiergegen von der Antragsgegnerin erhobenen Einwände sind im Ergebnis nicht beachtlich. Die Antragsgegnerin führt zur Begründung ihrer Auffassung aus, dass in Sachsen-Anhalt davon auszugehen sei, dass es zu einer Erneuerung der Kapazitätsverordnung kommen werde, wenn dies zur Umsetzung des Masterplans Medizinstudium 2020 sowie im Zuge der Novellierung der Ärztlichen Approbationsordnung erforderlich werde. Im Hinblick auf die nicht abgeschlossene politische Entscheidungsfindung sei es gegenwärtig nicht verfassungsrechtlich geboten, den Parameter des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO LSA unter Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung durch gerichtliche Entscheidung neu zu bestimmen. Vielmehr sei der Verordnungsgeber gehalten, in einem abwägenden Prozess zu entscheiden, ob der inzwischen vorliegende Endbericht Anlass zu einer Veränderung des Normgefüges auch beim Regelstudiengang gebe und wie diese ggf. ausfalle.
Hierzu hatte allerdings das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt im Beschluss vom 23.02.2021 (3 M 290/20, juris) bereits ausgeführt, dass ein Verstoß gegen die Pflicht des Verordnungsgebers zur Beobachtung und Überprüfung sowie ggf. Nachbesserung nur vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt der Entscheidung noch laufenden und noch nicht abgeschlossenen Bestrebungen um eine Neuberechnung der klinischen Kapazitäten in den Modellstudiengängen in der Arbeitsgruppe „Modellstudiengang Medizin“ der Stiftung für Hochschulzulassung noch nicht festgestellt werden könne. Solche Erkenntnisse liegen nunmehr hinsichtlich des Parameters 15,5 % in § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO LSA im Hinblick auf die Eignungswahrscheinlichkeit der stationären Patienten vor. Insofern können die Studienplatzbewerber nicht mehr darauf verwiesen werden, dass im Nachgang zu einer (frühestens) für das Jahr 2025 geplanten Reform der Approbationsordnung für Ärzte auch eine Änderung des Kapazitätsrechts folgen wird. Zudem liegt zur Änderung der Ärztlichen Approbationsordnung bislang nur ein Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit vor (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/A/Referentenentwurf_AEApprO.pdf). Wegen noch offener Finanzierungsfragen ist ein genauer Zeitpunkt des Inkrafttretens der novellierten Approbationsordnung derzeit nicht absehbar (vgl. Deutsches Ärzteblatt, Mehr Studienplätze, weniger Quotierung, Turbo für neue Approbationsordnung, vom 02.11.2021, https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/sw/Approbationsordnung?s=&p=1&n=1&nid=128673, abgerufen am 22.03.2022).
Soweit sich die vorbenannte Arbeitsgruppe auf Grundlage der von ihr diesbezüglich erstmals erhobenen Daten für eine künftige Einbeziehung auch der teilstationären Patienten in die Kapazitätsberechnung ausspricht, liegt dem im Ausgangspunkt allerdings eine wertende Entscheidung zugrunde, welche nach Auffassung der Kammer der kapazitätsrechtlichen Berücksichtigung durch den Verordnungsgeber vorbehalten ist. Die Kammer sieht sich daher gehindert, bereits im Rahmen einer hier vorzunehmenden möglichst genauen Annäherung an die tatsächliche Kapazität nach den Rechtsverhältnissen des vergangenen Berechnungszeitraumes eine Berücksichtigung der teilstationär aufgenommenen Patienten in der Kapazitätsberechnung vorzunehmen. Die neuen Erkenntnisse der Arbeitsgruppe haben zwar grundsätzlich eine Pflicht des Verordnungsgebers zur Prüfung und künftigen Berücksichtigung bei der Festsetzung der Berechnungsmethode für die patientenbezogene Kapazität der Antragsgegnerin ausgelöst. Angesichts dessen, dass der bisherigen Form der Berücksichtigung der teilstationären Patienten in der Kapazitätsermittlung aber eine wertende Entscheidung zu Grunde lag, sieht die Kammer für den in Rede stehenden Berechnungszeitraum von einer rückwirkenden Verpflichtung der Antragsgegnerin zur kapazitätsrechtlichen Berücksichtigung der teilstationären Patienten ab. Insofern liegt eine andere Fallkonstellation als bei der Berücksichtigung der Erhöhung des stationären Faktors vor.
Die von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene Neufassung der ambulanten Kapazitätsberechnung bietet ebenfalls keine Veranlassung, die bisherige Berechnungsweise des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KapVO LSA für das Wintersemester 2021/2022 und das Sommersemester 2022 zu ändern. Die der bisherigen Berechnungsvorgabe für die ambulante patientenbezogene Kapazität zugrundeliegende einrichtungsbestimmte Größe, nämlich der Wert der poliklinischen Neuzugänge, berücksichtigt die Untersuchungshäufigkeit von ambulanten Patienten, also mögliche Folgebehandlungen, nicht. Nach dem von der Arbeitsgruppe entwickelten Vorschlag für eine Neuregelung soll die ambulante Kapazität künftig nach einer Formel errechnet werden, die analog zu den Formeln für den vollstationären sowie für den teilstationären Bereich aufgebaut ist (vgl. Endbericht der Arbeitsgruppe, S. 101 f.). Der Berechnung sollen als einrichtungsbestimmte Größe künftig nicht mehr nur die Erstkontakte, sondern alle täglichen ambulanten Kontakte eines Klinikums zugrunde gelegt werden. Mit dieser Zählung werden künftig auch die Folgetermine von ambulanten Patienten als Wiederholungen bzw. als Konsile erfasst (vgl. Endbericht der Arbeitsgruppe, S. 82). Auf diesem Wege ist die Untersuchungshäufigkeit ambulanter Patienten künftig nicht mehr normativ festgesetzt, sondern kann anhand der Abrechnungsdaten des Klinikums empirisch bestimmt werden (vgl. Endbericht der Arbeitsgruppe, S. 85, 99, 101). Aufgrund der im Auftrag der Arbeitsgruppe erhobenen Werte zur Eignungswahrscheinlichkeit und Belastbarkeit der ambulanten Patienten schlägt die Arbeitsgruppe künftig einen ambulanten Faktor in Höhe von 6,23 % der täglichen ambulanten Kontakte vor. Mit dem Vorschlag der Arbeitsgruppe zur Neubestimmung der ambulanten Kapazität geht somit eine systematische Veränderung der Berechnungsweise einher. Den obigen Ausführungen entsprechend lösen auch derartige grundlegende Berechnungsänderungen zunächst eine Pflicht des Verordnungsgebers zur Umsetzung aus, bevor eine gerichtliche Korrektur einer nach den bisherigen Maßstäben erfolgten Kapazitätsberechnung in Betracht gezogen werden kann (so auch OVG Niedersachsen, Beschl. v. 17.12.2021, a. a. O.).
Selbst wenn man aufgrund der Ergebnisse der Arbeitsgruppe für die Berechnung der stationären Kapazität auch im Regelstudiengang der Antragsgegnerin nicht mehr den in § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO LSA genannten Faktor von 15,5 %, sondern nunmehr einen Anrechnungsfaktor von 16,22 % zugrunde legt, folgt hieraus, dass keine über 189 Studienplätze hinausgehende Ausbildungskapazität zur Verfügung steht.
Die Antragsgegnerin hat zunächst die Gesamtzahl der tagesbelegten Betten in (noch) rechtlich nicht zu beanstandender Weise anhand der sog. Mitternachtszählung bestimmt. Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Zahl der tagesbelegten Betten weiterhin im Wege der sog. Mitternachtszählung erfasst wird (vgl. zuletzt: OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 23.02.2021 – 3 M 273/20 –; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.10.2020 – 13 C 8/20 –, juris; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 24.06.2020 – 3 NB 8/19 –, juris BayVGH, Beschl. v. 16.09.2019 – 7 CE 19.10044 –; OVG Niedersachsen, Urt. v. 25.06.2019 – 2 LC 265/16 –; HessVGH, Beschl. v. 17.06.2019 – 10 B 2741/18.FM.W8 –; SächsOVG, Beschl. v. 07.05.2019 – 2 B 46/19.NC –; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 08.04.2019 – 13 C 19/19 –; a. A. OVG Hamburg, Beschl. v. 21.04.2015 – 3 Nc 121/14 – und Beschl. v. 30.07.2014 – 3 Nc 10/14 -, alle zitiert nach juris). Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der genannten Zahlen liegen nicht vor.
Die Zahl der von der Antragsgegnerin angesetzten tagesbelegten Betten ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung einiger Antragsteller in anderen Verfahren ist es nicht zwingend geboten, unter ausdrücklicher Abweichung vom Stichtagsprinzip des § 5 KapVO LSA die Gesamtzahl der tagesbelegten Betten nach dem Mittelwert der tagesbelegten Betten der letzten drei Jahre zu bemessen. Maßgeblich für die Berechnung der patientenbezogenen Kapazität nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO LSA sind grundsätzlich die Ergebnisse des dem Berechnungszeitraum vorangegangenen Kalenderjahres (hier das Jahr 2020), sofern diese Werte den aktuellen Stand einer kontinuierlichen Entwicklung widerspiegeln; andernfalls ist der Mittelwert der letzten drei Jahre zu bilden. Dies folgt aus § 5 Abs. 1 KapVO LSA, wonach die jährliche Aufnahmekapazität auf der Grundlage der Daten eines Stichtages ermittelt wird, der nicht mehr als neun Monate vor Beginn des Zeitraums liegt, für den die Ermittlung und die Festsetzung gelten (Berechnungszeitraum). Sind dagegen wesentliche Änderungen der Daten vor Beginn des Berechnungszeitraumes oder vor einem Vergabetermin erkennbar, sollen diese berücksichtigt werden (vgl. § 5 Abs. 2 KapVO LSA). Dementsprechend kann die Mittelwertmethode nur dann zur Anwendung kommen, wenn sich feststellen lässt, dass der Wert nicht der aktuellen Entwicklung entspricht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 23.02.2021 – 3 M 273/20 -, juris). Dies ist hier nicht der Fall, da sich bei der Untersuchung der Entwicklung der Zahl der tagesbelegten Betten bei der Antragsgegnerin schon seit einigen Jahren (bis auf „Ausreißer“ in den Jahren 2014 und 2017) ein rückläufiger Trend feststellen lässt. Dies ergibt sich aus der folgenden Übersicht, welche aus den von der Antragsgegnerin in den Vorjahren vorgelegten Kapazitätsunterlagen ermittelt wurde:

 Jahr (Stand jeweils per 31.12.)
 Zahl der tagesbelegten Betten
 2011 
 927,22
 2012 
 902,29
 2013 
 902,26
 2014 
 923,95
 2015 
 901,48
 2016 
 882,20
 2017 
 888,52
 2018 
 878,09
 2019 
 826,61
 2020 
 741,46

Die Antragsgegnerin hat auf Bitten des Gerichts auch vorläufige Zahlen für die Entwicklung im Jahr 2021 (Belegungsdaten zum 30.09.2021) vorgelegt. Hiernach ergibt sich bei Annahme einer gleichbleibenden Belastung im 4. Quartal 2021 ein Rückgang von nochmals 0,8 % gegenüber dem Jahr 2020. Insoweit kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Wert der tagesbelegten Betten im Jahr 2020 in der Tendenz um einen „Ausreißer“ handelt, dem durch die Bildung eines Mittelwertes zu begegnen ist.
Es ist zwar zutreffend, dass die Zahl der tagesbelegten Betten im Jahr 2020 deutlich niedriger liegt als die des Vorjahres und dies auch nach den Ausführungen der Antragsgegnerin ganz überwiegend auf die durch die im März 2020 aufgekommene Corona-Pandemie bedingte Situation zurückzuführen ist. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, den Rückgang der Patientenzahlen bei der Berechnung der patientenbezogenen Kapazität für den aktuellen Berechnungszeitraum außer Acht zu lassen. Denn es ist angesichts der Entwicklung der Pandemie-Lage seit Herbst 2021, der damit verbundenen Notwendigkeit, noch weit in das Jahr 2022 hinein Krankenhauskapazitäten für die Behandlung von COVID-19-Patienten vorzuhalten und planbare Operationen zu verschieben sowie der anzunehmenden andauernden Zurückhaltung von Patienten bei der Inanspruchnahme von (medizinisch aufschiebbaren) Krankenhausleistungen nichts dafür ersichtlich, dass die tatsächliche durchschnittliche Zahl der täglich stationär aufgenommenen Patienten bei der Antragsgegnerin im Berechnungszeitraum höher sein wird als im Kalenderjahr 2020, die Prognosebasis mithin nicht aussagekräftig ist. Für die zwingende Bildung eines Mittelwertes auf der Basis der Patientenzahlen der Jahre 2018, 2019 und 2020 ist damit kein Raum (so auch VG Düsseldorf, Beschl. v. 07.02.2022 – 15 Nc 76/21 -, juris). Es ist derzeit offen, ob und wann bei der Antragsgegnerin wieder die Belegungszahlen wie im Zeitraum vor März 2020 erreicht werden.
Von den danach zu berücksichtigenden tagesbelegten 741,46 Betten wären entsprechend den obigen Ausführungen gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO LSA in der bisherigen Fassung 15,5 %, also 114,93 als für die patientenbezogene Ausbildung zur Verfügung stehend anzusetzen. Diese Zahl ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KapVO LSA je 1.000 poliklinische Neuzugänge (PNZ) um Eins (Satz 1), höchstens jedoch um 50 v.H. (Satz 2) zu erhöhen, weil davon auszugehen ist, dass das Ergebnis der Berechnung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO LSA niedriger ist als es das Berechnungsergebnis nach § 6 f. KapVO LSA wäre. Die Zahl der PNZ beziffert die Antragsgegnerin auf 121.984, woraus sich ein Erhöhungswert von 121,984 ergäbe. Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 KapVO LSA ist die Erhöhung des Durchschnittswertes auf 50 v.H. der Zahl nach Nummer 1, also (114,93 : 2 =) 57,465 zu begrenzen, so dass sich ein Gesamtwert von (114,93 + 57,47 =) 172,4, abgerundet 172 Studienplätze ergibt.
Ersetzt man den Faktor 15,5 % wie oben ausgeführt durch den Faktor 16,22 % wäre hinsichtlich der Zahl der tagesbelegten Betten ein Wert von 120,26 zu berücksichtigen. Addiert mit dem Wert für die poliklinischen Neuzugänge ergibt dies einen Wert von (120,26 + 60,13 =) 180,39, abgerundet 180 Studienplätzen. Diese sind, wie oben ausgeführt, bereits vollständig belegt.
Den von den Antragstellern in anderen Verfahren vorgetragenen weiteren Einwendungen gegen die Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin ist nicht zu folgen.
Soweit dort die Auffassung vertreten wird, dass die außeruniversitären Krankenanstalten, mit denen die Antragsgegnerin ausschließlich hinsichtlich der Ausbildung im Praktischen Jahr des Studiengangs Humanmedizin zusammenarbeitet, in die klinische Ausbildung mit einbezogen werden müssten, greift dieser Einwand nicht durch. Außeruniversitäre (Lehr-)Krankenhäuser sind nur dann in die Ausbildung und damit nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 KapVO LSA in die Berechnung der patientenbezogenen Kapazität einzubeziehen, wenn die Hochschule mit entsprechend geeigneten Einrichtungen verbindliche und auf Dauer angelegte Vereinbarungen geschlossen hat, welche die Erbringung von Lehrleistungen im Studienabschnitt zwischen dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und dem Beginn des Praktischen Jahres vorsehen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 09.01.2019 – OVG 5 NC 2.18 -, juris m. w. N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 29.10.2013 – 13 C 89.13 -, juris). Denn nur über derartige Vereinbarungen könnte, da der Staat über keine anderen Mittel verfügt, bei Krankenhäusern in unterschiedlicher Trägerschaft Ausbildungsaufgaben einzufordern, die notwendige Lehre gewährleistet werden. Eine Verpflichtung, zur Schaffung weiterer Studienplätze entsprechende Vereinbarungen mit anderen Kliniken abzuschließen bzw. bestehende Kooperationen entsprechend auszugestalten, lässt sich aus dem Kapazitätserschöpfungsgebot nicht ableiten (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 22.06.2015 – 3 M 49/15 u. a. -, juris). Die Antragsgegnerin hat glaubhaft versichert, dass die von ihr mit akademischen Lehrkrankenhäusern geschlossenen Vereinbarungen ausnahmslos den Lehraufwand im Praktischen Jahr betreffen. Auch aus den Internetauftritten der Lehrkrankenhäuser ist nichts Gegenteiliges ersichtlich (vgl. Klinikum C-Stadt: https://www.klinikum-magdeburg.de/karriere/praktisches-jahr-und-famulatur/praktisches-jahr/; Harzklinikum Dorothea Christiane Erxleben (Standorte Quedlinburg, Wernigerode): www.karriere.harzklinikum.com/studierende/pj.html; AMEOS Klinikum St. Salvator Halberstadt: https://live.solique.ch/ameos/job/details/2443197/; AMEOS Klinikum Aschersleben: www.ameos.eu/standorte/ameos-ost/aschersleben/ameos-klinikum-aschersleben/karriere/praktisches-jahr-famulatur/; AMEOS Klinikum Staßfurt: www.ameos.eu/standorte/ameos-ost/stassfurt/ameos-klinikum-stassfurt/karriere/praktisches-jahrfamulatur/; Helios Klinik Jerichower Land in Burg: www.helios-gesundheit.de/kliniken/burg/unser-haus/karriere/ausbildung-von-medizinstudenten/; Helios Klinikum Gifhorn: www.helios-gesundheit.de/kliniken/gifhorn/unser-haus/karriere/ausbildung-von-medizinstudenten/; Johanniter Krankenhaus Genthin-Stendal: //www.johanniter.de/einrichtungen/krankenhaus/genthin-stendal/karriere/praktika/; Helios St. Marienberg Klinik Helmstedt: www.helios-gesundheit.de/kliniken/helmstedt/unser-haus/karriere/ausbildung-medizinstudenten/; Klinikum Pfeiffersche Stiftungen, Standorte C-Stadt und Lostau: www.klinikum-pfeiffer.de/karriere-ausbildung/praktisches-jahr.html; AMEOS Klinikum Schönebeck: www.ameos.eu/standorte/ameos-ost/ameos-klinikum-schoenebeck/ameos-klinikum-schoenebeck/karriere/pj-praktische-jahr/; AMEOS Klinikum Haldensleben: www.ameos.eu/standorte/ameos-ost/haldensleben/ameos-klinikum-haldensleben/, jeweils abgerufen am 22.03.2022).
Eine weitere Erhöhung der patientenbezogenen Kapazität in entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 3 Nr. 1 und 2 KapVO LSA aufgrund einer besonderen Ausstattung mit Personal oder sächlichen Mitteln kommt ebenfalls nicht in Betracht. Soweit einige Antragsteller in anderen Verfahren insofern die Möglichkeiten des Einsatzes didaktischer Ausbildungsmittel wie das e-Learning oder den Einsatz eines Skills Lab auch in der klinischen Ausbildung anführen, vermögen die genannten Unterrichtsformen nichts an dem bei der Antragsgegnerin bestehenden maßgeblichen „Flaschenhals“ der patientenbezogenen Kapazität zu ändern. Ein (dauerhafter) Ersatz der in der Ärztlichen Approbationsordnung vorgeschriebenen Ausbildungsstunden am Patienten durch e-Learning oder den Einsatz eines Skills Lab kommt unter den gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen nicht in Betracht (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 17.12.2021 – 2 NB 3/21 – und v. 30.01.2020 – 2 NB 485/19 –, jeweils zitiert nach juris). Eine Ausbildung im Magdeburger Ausbildungszentrum für Medizinische Basisfertigkeiten – MAMBA Skills Lab -, welche z. B. auch die Ausbildung in der SimArena C-Stadt für die Simulation von notfallmedizinischen Situationen und das VR-Lab umfasst, wo mit Hilfe von Virtual Reality Technologie Kenntnisse zur Anatomie und Pathologien des Herzens vermittelt werden können (https://www.med.uni-magdeburg.de/skillslab.html), findet im Studiengang der Antragsgegnerin zwar statt, stellt aber keinen Unterricht am Krankenbett i. S. d. § 2 Abs. 3 Satz 11 ÄApprO dar. Es war ein wesentliches Anliegen der zum 01.10.2003 in Kraft getretenen Approbationsordnung für Ärzte, die Ausbildung der Studierenden in praktischen Fertigkeiten zu reformieren und die Ausbildung verstärkt praxis- und patientenbezogen durchzuführen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 ÄApprO). Auch die Regelungen in der Ärztlichen Approbationsordnung über die Gruppengröße beim Unterricht am Krankenbett (§ 2 Abs. 3 Satz 9 ÄApprO) sind nach den Vorstellungen des Verordnungsgebers notwendig, um einen hinreichenden Demonstrationseffekt zu erzielen. Voraussetzung hierfür sei die Möglichkeit der eigenen Wahrnehmung durch die Studierenden. Nur durch die eigene Wahrnehmung könne die Lerneffektivität der Studierenden verbessert werden. Die Studierenden müssten dabei sowohl den Arzt als auch den Patienten bei Gespräch und Untersuchung beobachten können. Der Unterricht am Krankenbett sei nicht sinnvoll, wenn die Ausführungen des behandelnden Arztes zwar gehört, seine Tätigkeit aber nicht mehr (aus der Nähe) beobachtet werden könne (vgl. BR-Drucksache 1040/97, S. 90).
Im Weiteren war auch keine Schwundquote anzusetzen. § 16 KapVO LSA regelt ausdrücklich, dass die Studienanfängerzahl zu erhöhen ist, wenn zu erwarten ist, dass wegen Aufgabe des Studiums oder Fachwechsels die Zahl der Abgänge an Studentinnen und Studenten in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge. Damit gilt die so definierte Schwundquote nur für die Studienanfängerzahl.
Ungeachtet dessen wäre die Berücksichtigung eines derartigen Schwundausgleichs für den klinischen Teil der Ausbildung auch mit der Struktur des Schwundausgleichs nicht vereinbar. Für eine (zusätzliche) schwundbezogene Erhöhung der Zulassungszahl ist deshalb kein Raum, weil eine (zusätzliche) schwundbezogene Erhöhung der Zulassungszahl nicht stattfindet, wenn sich die Kapazitätsgrenze der Hochschule aus einem ausstattungsbezogenen Engpass ergibt. § 14 Abs. 3 Nr. 3 KapVO LSA macht die Berücksichtigung des Schwundverhaltens von einer Entlastung des Lehrpersonals abhängig und knüpft damit an die personelle Kapazität der Lehreinheit an. Dies entspricht auch der Grundkonzeption der Schwundkorrektur, die auf der Annahme beruht, dass die wegen Studienabbruch, Fach- oder Hochschulwechsel eingesparten Lehrkapazitäten in höheren Fachsemestern zur Möglichkeit der Zulassung einer erhöhten Zahl von Studienanfängern führt. Grundlage der Schwundkorrektur ist damit die durch tatsächliche Abgänge in höheren Fachsemestern eingetretene Entlastung des Lehrpersonals, die mit der Erhöhung der Zulassungszahlen im 1. Fachsemester genutzt werden soll. Die Idee des Schwundausgleichs beruht also auf der Fiktion der Austauschbarkeit aller im Studienverlauf nachgefragten Lehre. Erst diese Fiktion ermöglicht es, in einen Rechenvorgang einzutreten, der angibt, wie viele Studierende mehr zugelassen sind, weil andere Studierende ihr Studium nicht beenden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.11.1987 – 7 C 103.86 u.a. –, juris). Eine entsprechende Verrechen- oder Austauschbarkeit liegt für die nach dem „Flaschenhalsprinzip“ bestehenden ausstattungsbezogenen Engpässe aber nicht vor, so dass eine Schwundkorrektur hier schon aus strukturellen Gründen ausscheiden muss. Eine derartige Austauschbarkeit der Lehre scheidet aus strukturellen Gründen auch für die patientenbezogene Kapazität aus, da eine beliebige Umverteilung von Patienten in andere Fachsemester erkennbar nicht in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1984 – 7 C 3.83 u. a. -; SächsOVG, Beschl. v. 23.06.2021 – 2 B 71/21.NC -; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 24.06.2020 – 3 NB 8/19 -; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 18.09.2018 – NC 9 S 866/18 -, alle zitiert nach juris).
Die Kostenentscheidung folgt jeweils aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Höhe des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Ziff. 1 GKG. Nach Ziff. 18.1 der Empfehlung des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 ist bei Streitigkeiten, welche die Zulassung zum Hochschulstudium betreffen, die Zugrundelegung des Auffangwertes angemessen. Eine Reduzierung des im Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwerts von 5.000,00 € für das Verfahren nach § 123 VwGO auf vorläufige Zulassung zum Studium ist wegen der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache nicht angezeigt.


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