Verwaltungsrecht

Zulassung zum Studium der Zahnmedizin

Aktenzeichen  AN 2 E 18.10085

Datum:
15.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 2867
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 Abs. 1
BayHZG Art. 7 Abs. 1, Abs. 2
HZV § 45, § 46 Abs. 2, § 53
LUFV § 7 Abs. 1 Nr. 5

 

Leitsatz

Bei der Ermittlung der Zahl der Studierenden sind als Schwund systemgerecht nur dauerhafte Abgänge zu berücksichtigen, die zum Freiwerden von Studienplätzen führen, weshalb beurlaubte Studierende nicht aus den Bestandszahlen herausgerechnet werden müssen. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerseite beantragt im Wege einer einstweiligen Anordnung sinngemäß die Verpflichtung des Antragsgegners auf Zulassung im 1. Fachsemester des Studiums der Zahnmedizin an der F.-A.-Universität E.-N. (FAU) ab dem Wintersemester 2018/2019, hilfsweise beschränkt auf einen Teilstudienplatz.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die FAU habe rechtswidrigerweise ihre Kapazität nicht voll ausgeschöpft. Zu den Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Antragsbegründung Bezug genommen.
Die FAU beantragt für den Antragsgegner sinngemäß, den Antrag abzulehnen und teilt dazu unter Bezugnahme auf die vorgelegten Unterlagen zur Kapazitätsberechnung für das Studienjahr 2018/2019 mit Schriftsatz vom 21. November 2018 folgende Kapazitätsauslastung mit:
Fachsemester
Zulassungszahl
Aktiv Studierende
1
57
60
2
55
56
3
55
57
4
53
56
5
53
53
6
51
53
7
51
52
8
50
52
9
50
51
10
48
52
insgesamt
523
542
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen, insbesondere auf die Datenerhebungsformularsätze mit Kapazitätsberechnung Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag gemäß § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig, im Ergebnis mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches aber nicht begründet und deshalb abzulehnen.
Nach eingehender Überprüfung seitens des Gerichts unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsgegnerseite ergibt sich im Ergebnis keine ungenutzte Kapazität an der FAU im 1. Fachsemester des Studiengangs Zahnmedizin im Wintersemester 2018/2019.
Die Ermittlung der Aufnahmekapazität an Hochschulen richtet sich nach dem Gesetz für die Hochschulzulassung in Bayern (BayHZG) und nach der Verordnung über die Hochschulzulassung an den Staatlichen Hochschulen in Bayern (HZV). Ohne Auswirkung bleibt dabei für das aktuelle Vergabeverfahren die vom Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 19. Dezember 2017 (BVerfG 1 BvL 3/14 und 4/14 – juris) festgestellte Unvereinbarkeit von Art. 7 Abs. 1 und Abs. 2 BayHZG mit Art. 12 GG, nachdem nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Vorschriften der für unzulässig befundenen Vorschriften derzeit bis zu einer Neuregelung, längstens bis zum 31. Dezember 2019, fortgelten.
a) Gemäß §§ 45 ff. HZV ist zunächst das durchschnittliche Lehrangebot im Studiengang Zahnmedizin zu ermitteln. Gemäß § 46 Abs. 2 HZV ist hier für die Verordnung über die Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Universitäten, Kunstschulen und Fachhochschulen (LUFV) maßgebend. Das Lehrangebot ist nach Auffassung des Gerichts wie folgt zu Grunde zu legen:
Anzahl
Art der Stelle
Semesterwochenstunden (SWS)
Gesamtzahl der SWS
3
W3
9
27
1
W3
7
7
4
W2
9
36
29
A13zA
5
145
8
A13
9
72
7
A14
9
63
2
A14
0
0
4
A15
9
36
2
A16
9
18
1
E14 / BAT II. a
9
9
1
E15 / BAT I. a
9
9
62
422
Das Lehrangebot an der FAU ist damit im Vergleich zum Vorjahr in der Summe und auch was die SWS pro Stelle betrifft, gleich geblieben. Die von der Kammer mit Beschlüssen vom 7. Februar 2018 (AN 2 E 17.10162 u.a.) nicht anerkannten Deputatsreduzierungen je einer A 16- und einer A 14-Stelle von 9 SWS auf 8 SWS finden sich in der aktuellen Stellenauflistung nicht mehr.
Nicht zu beanstanden ist nach Ansicht des Gerichts aber weiterhin die Nichteinbeziehung von zwei A-14-Stellen in die Kapazitätsberechnung. Nach der weiter geltenden Begründung für die Vorjahre (vgl. insbesondere VG Ansbach, B.v. 2.2.2006, AN 16 E 05.10459 – juris) handelt es sich dabei um Personal, dem keine dienstrechtliche Lehrverpflichtung obliegt, sondern um Mitarbeiter mit ausschließlicher Forschungstätigkeit bzw. Labortätigkeit. Die Nichtberücksichtigung im Rahmen der Kapazitätsberechnung begegnet damit keinen Bedenken. Ebenso wenig stellt die Reduzierung einer W3- Professorenstelle von 9 auf 7 SWS ein Problem dar. Die Reduzierung entspricht § 7 Abs. 1 Nr. 5 LUFV und ist durch die Tätigkeit als Studienfachberater begründet. Weitere Reduzierungen bei den Professorenstellen wurden vom Antragsgegner entgegen des Vortrags einzelner Antragsteller nicht vorgenommen.
Nach alledem errechnet sich das durchschnittliche Lehrdeputat an der FAU für das Studienjahr 2018/2019 damit wie folgt:
Gesamtlehrdeputat von 422 SWS : 62 Stellen = 6,8065 SWS
b) Im Weiteren ist der Krankenversorgungsabzug zu berechnen. Nach § 46 Abs. 3 Nr. 3b HZV ist dabei ein Abzug von einer Stelle je 7,2 tagesbelegter Betten zu berücksichtigen und gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 3c HZV ein pauschaler Abzug von 30% der verminderten Gesamtstellenzahl vorzunehmen. Damit ergibt sich Folgendes:
Bei der Berechnung des Gesamtpersonals für die Krankenversorgung ist von einem Wert von 20,36 tagesbelegter, nicht privat genutzter Betten auszugehen. Dieser Wert ist im Vergleich zum Vorjahr um 1,7 niedriger, was sich prinzipiell kapazitätserhöhend auswirkt.
Damit ergibt sich folgende Berechnung:
Stationäre Krankenversorgung:
20,36 tagesbelegte Betten: 7,2 = 2,8283 Stellen
Ambulante Krankenversorgung:
Berechnung:
62,00 Stellen + 2,00 Stellen (= Stellen, die = 64,00 Stellen ausschließlich der Krankenversorgung gewidmet sind)
64,00 Stellen – 2,8283 Stellen = 61,1717 Stellen
61,1717 Stellen x 30% 18,3515 Stellen
21,1798 Stellen,
bei Reduzierung um die 2,0 Stellen, die ausschließlich der Krankenversorgung gewidmet sind:
19,1798 Stellen.
Das Lehrangebot beträgt damit: 62,0000 Stellen
– 19,1798 Stellen
42,8202 Stellen
c) Unter Multiplikation mit der sich errechnenden durchschnittlichen Lehrverpflichtung (6,8065 SWS) mit dieser Stellenanzahl ergibt sich damit ein Umfang von 291,4557 SWS.
Hierzu sind die Lehrauftragsstunden in Höhe von 11,50 SWS zu addieren.
Es ergibt sich somit ein bereinigtes Lehrangebot in Höhe von 302,9557 SWS.
d) Nach Anlage 5 zu § 43 HZV errechnet sich aus diesem bereinigten Lehrangebot, multipliziert mit 2 (605,9114) und dividiert durch den Curricular-Anteil des Curricular-Normwertes für den Studiengang Zahnmedizin (5,7968) eine jährliche Aufnahmekapazität von 104,5251 Plätzen im Jahresdurchschnitt. Der Curricular-Anteil entspricht dabei dem Wert der Vorjahre (gleichbleibend seit 2012) und übersteigt – und dies ist in rechtlicher Hinsicht maßgeblich (vgl. VGH München, B.v. 31.10.2013 – 7 CE 13.10315 – juris) – nicht den in Anlage 7 unter I festgesetzten Curricular-Normwert von 7,80 für den Studiengang Zahnmedizin, sondern ist von diesem kapazitätsgünstig weit entfernt.
e) Gemäß § 53 HZV ist die Studienanfängerzahl zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen der Aufgabe des Studiums oder Fachrichtungswechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studenten in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge. Die FAU hat die Schwundberechnung anhand des sogenannten Hamburger Modells durchgeführt, was nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH München, B.v. 11.4.2011, 7 CE 11.10004 oder B.v. 21.7.2009, 7 CE 09.10090 – beide juris) grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Bei der Ermittlung der Zahl der Studierenden sind als Schwund systemgerecht nur dauerhafte Abgänge zu berücksichtigen, die zum Freiwerden von Studienplätzen führen (vgl. VGH München, B.v. 11.3.2010, 7 CE 10.10075 – juris), weshalb beurlaubte Studierende nicht aus den Bestandszahlen herausgerechnet werden müssen (vgl. VGH München, B.v. 26. 5. 2015, 7 CE 15.10110 – juris).
Nach der aufgezeigten und nicht zu beanstandenden Berechnung beträgt der angesetzte Schwundausgleichsfaktor 0,9264. Für das Studienjahr 2018/2019 ergeben sich somit 113 Studienplätze (104,5251 Plätze: 0,9264 = 112,8293, gerundet 113 Plätze). Bei einer gleichmäßigen Aufteilung auf das Wintersemester 2018/2019 und das Sommersemester 2019 und bei Berücksichtigung der bisherigen Handhabung der FAU, dass bei ungerader Studienplatzanzahl jeweils im Wintersemester ein Studienplatz mehr vergeben wird, ergeben sich somit für das Wintersemester 2018/2019 57 Anfänger-Studienplätze.
f) Mit 60 zugelassenen Studierenden ist somit die festgesetzte Kapazität im 1. Fachsemester ausgeschöpft. Die geringfügige Überbuchung von drei Studienplätzen begegnet dabei auch keinen grundsätzlichen Bedenken. Insbesondere stellt eine maßvolle Überbuchung keine Benachteiligung der an einem Kapazitätsprozess beteiligter Studienplatzbewerber gegenüber solchen Bewerbern dar, die kein Kapazitätsverfahren durchgeführt haben (vgl. insoweit auch BVerwG, U.v. 23. 3.2011, 6 CN 3.10 – juris). Eine gewisse Überbuchung dient vielmehr dem anerkennenswerten Zweck der erschöpfenden Studienplatzvergabe unter Berücksichtigung der prognostizierten Nichtannahme von Studienplätzen. Vorliegend ergibt sich jedenfalls kein Anhaltspunkt für eine über die Berechnung hinausgehende tatsächlich höhere Kapazität.
Der Antrag war damit im Ergebnis abzulehnen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 52 Abs. 1 GKG. Eine Herabsetzung der Streitwertes ist auch nicht in den Fällen veranlasst, in denen die Antragsteller nur die Durchführung eines Losverfahrens bzw. die Beteiligung an einem solchen und die Zulassung, wenn ein entsprechender Platz an sie verlost wird, beantragt haben. Auch in diesen Fällen wird im Grunde die vorläufige Zulassung zum Studium der Zahnmedizin und die Zuteilung eines entsprechenden Studienplatzes begehrt.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben