Verwaltungsrecht

Zur Anwendbarkeit der bauplanungsrechtlichen Vorschriften zur Veränderungssperre im Naturschutzrecht für die Sicherung eines selbständigen Grünordnungsplans, zur ortsüblichen Bekanntmachung einer diesbezüglichen gemeindlichen Veränderungssperre und eines diesbezüglichen Aufstellungsbeschlusses durch Anschlag.

Aktenzeichen  14 N 20.749

Datum:
13.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 33563
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayNatSchG Art. 4 Abs. 3
BauGB § 14
GO Art. 26, 27

 

Leitsatz

1. Die dynamische Verweisung in Art. 4 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG auf die Vorschriften für Bauleitpläne bei selbständigen Grünordnungsplänen erfasst auch die bauplanungsrechtliche Ermächtigung des § 14 BauGB zum Erlass einer Veränderungssperre (im Anschluss an BayVGH, U.v. 4.3.1997 – 9 N 96.1178 – juris).
2. Durch Anschlag des gesamten bekanntzumachenden Texts wird keine Bekanntmachung durch Niederlegung gemäß Art. 26 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 1 GO bewirkt. Vielmehr verlangt diese Vorschrift, dass der bekanntzumachende Text in der Verwaltung niedergelegt ist und eben diese Niederlegung durch Anschlag an den Gemeindetafeln bekanntgemacht wird (im Anschluss an BayVGH, U.v. 18.7.2000 – 22 N 99.3166 – BayVBl 2000, 695/696).

Tenor

I. Die Satzung der Antragsgegnerin vom 25. Februar 2019 über die Veränderungssperre für den Grünordnungsplan „N …er Au“, bekannt gemacht am 8. April 2019, und die diesbezügliche Verlängerungssatzung vom 9. Februar 2021, bekannt gemacht am 10. Februar 2021, sind unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Da der Normenkontrollantrag zulässig (1.) und begründet ist (2.), sind die Satzung der Antragsgegnerin vom 25. Februar 2019 über die Veränderungssperre für den Grünordnungsplan „N. Au“, bekannt gemacht am 8. April 2019, und die Verlängerungssatzung vom 9. Februar 2021, bekannt gemacht am 10. Februar 2021, für unwirksam zu erklären.
1. Der Normenkontrollantrag, der sich in prozessual zulässiger Weise gegen die materielle und prozessuale Einheit (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 19.2.2004 – 4 CN 16.03 – BVerwGE 120, 138 Rn. 16) aus ursprünglicher Veränderungssperre und deren erstmaliger Verlängerung um ein Jahr (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB) richtet, ist zulässig. Insbesondere besteht für den Normenkontrollantrag der Antragstellerin, die Eigentümerin zahlreicher Grundstücke im Geltungsbereich der Veränderungssperre ist, entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ein Rechtsschutzbedürfnis. Der Antrag ist nicht etwa deshalb eindeutig nutzlos (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.2004 – 3 C 25.03 – BVerwGE 121, 1 Rn. 19), weil dem Sand- und Kiesabbauvorhaben der Antragstellerin unabhängig von der streitgegenständlichen Veränderungssperre wasserrechtliche Gründe entgegenstehen. Die Berechtigung der von der Antragsgegnerin vorgetragenen Einwände gegen den wasserrechtlichen, auf Sand- und Kiesabbau zielenden Antrag der Antragstellerin liegt keineswegs auf der Hand, zumal diese wasserrechtlichen Fragen nicht im vorliegenden naturschutzrechtlichen Normenkontrollverfahren, sondern in einem gesonderten wasserrechtlichen Verfahren zu klären sind (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.2004 – 3 C 25.03 – BVerwGE 121, 1 Rn. 20).
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet, weil die Satzung der Antragsgegnerin vom 25. Februar 2019 über die Veränderungssperre für den Grünordnungsplan „N. Au“ mangels ordnungsgemäßer ortsüblicher Bekanntmachung dieser Veränderungssperre unwirksam ist (2.1.). Unabhängig davon ist der Normenkontrollantrag auch deshalb begründet, weil der am 25. Februar 2019 gefasste Aufstellungsbeschluss für den Grünordnungsplan nicht ordnungsgemäß ortsüblich bekanntgemacht worden ist. Deshalb fehlt es auch an dieser materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Veränderungssperre, die auch deshalb unwirksam ist (2.2.). Da die Veränderungssperre und die hierzu am 10. Februar 2021 bekannt gemachte Verlängerungssatzung vom 9. Februar 2021 eine materielle Einheit (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2004 – 4 CN 16.03 – BVerwGE 120, 138 Rn. 16) bilden, folgt aus der Unwirksamkeit der Veränderungssperre auch die Unwirksamkeit Verlängerungssatzung. Mit dieser Verlängerungssatzung wurde die Satzung über die Veränderungssperre schon deshalb nicht geheilt, weil die Antragsgegnerin auch die Verlängerungssatzung nicht ordnungsgemäß ortsüblich bekanntgemacht hat (siehe 3.).
2.1. Die Satzung über die Veränderungssperre vom 25. Februar 2019 ist nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden. Zwar kann die Antragsgegnerin vorliegend an sich auf das Sicherungsinstrument der Veränderungssperre nach § 14 BauGB zurückgreifen (siehe 2.2.2.) und hat demnach gemäß § 16 Abs. 2 BauGB die Wahl, ob sie entweder den Text der Veränderungssperrensatzung ortsüblich bekannt macht (Satz 1) oder ob sie lediglich (Satz 2) ortsüblich bekannt macht, dass eine Veränderungssperre beschlossen worden ist (vgl. nur BVerwG, B.v. 8.7.1992 – 4 NB 20.92 – NVwZ-RR 1993, 262). Die Antragsgegnerin hat aber keiner dieser beiden durch § 16 Abs. 2 BauGB eröffneten Möglichkeiten zur ortsüblichen Bekanntmachung der Veränderungssperrensatzung genügt, weshalb die Satzung vom 25. Februar 2019 unwirksam ist.
2.1.1. Die nach § 16 Abs. 2 Satz 1 BauGB bestehende Möglichkeit, den gesamten Text der Veränderungssperrensatzung bekanntzumachen, hat die Antragsgegnerin nicht auf „ortsübliche“ Art und Weise i.S.v. § 16 Abs. 2 Satz 1 BauGB vorgenommen, wobei sich die „Ortsüblichkeit“ der Bekanntmachung i.S.v. § 16 Abs. 2 BauGB allein landesrechtlich beurteilt (vgl. nur BVerwG, B.v. 8.7.1992 – 4 NB 20.92 – NVwZ-RR 1993, 262/263).
Durch den Anschlag des gesamten bekanntzumachenden Texts der Veränderungssperre von 8. April 2019 bis 8. Mai 2019 an die Gemeindetafel wird nach den vorliegend einschlägigen Bekanntmachungsvorschriften der bayerischen Gemeindeordnung (Art. 26 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 1 GO) nicht die dort vorgesehene Bekanntmachung durch Niederlegung bewirkt, weswegen darin auch keine „ortsübliche“ Bekanntmachung i.S.v. § 16 Abs. 2 Satz 1 BauGB liegt.
Zwar stand der Antragsgegnerin der Bekanntmachungsweg des Art. 26 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 1 GO als solcher zur Verfügung, weil weder sie selbst noch die Verwaltungsgemeinschaft, der sie angehört, ein Amtsblatt haben. Sie war aber auch verpflichtet, diese Form der Bekanntmachung so vorzunehmen, wie das Gesetz es vorschreibt.
Haben Gemeinden oder Verwaltungsgemeinschaften, denen sie angehören, kein eigenes Amtsblatt i.S.d. Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO, sind für solche Gemeinden andere als die in Art. 26 Abs. 2 Satz 2 GO vorgesehenen, eventuell zweckmäßig erscheinende Bekanntmachungsarten nicht zulässig (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2000 – 22 N 99.3166 – BayVBl 2000, 695/696; U.v. 10.12.1982 – 23 N 81 A.1479 – BayVBl 1983, 755/756; B.v. 16.7.1976 – Nr. 232 I 72 – BayVBl 1977, 464; siehe allgemein auch Huber in Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO, LKrO und BezO, Art. 26 GO Anm. 2.2.; Bauer/Böhle/Ecker/Kuhne, Bayerische Kommunalgesetze, Stand Juni 2021, Art. 26 GO Rn. 12; Glaser in Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand Februar 2021, Art. 26 Rn. 8; Dietlein/Knierim in BeckOK, Kommunalrecht Bayern, Stand 1.8.2021, Art. 26 GO Rn. 16).
Jedoch hat die Antragsgegnerin mit dem Anschlag des gesamten Satzungstexts keine nach Art. 26 Abs. 2 Satz 2 GO vorgesehene Bekanntmachungsalternative gewählt. Diese Art und Weise der Bekanntmachung der Veränderungssperre ist unwirksam, weil sie gegen Art. 26 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 1 GO verstößt. Durch Anschlag des gesamten bekanntzumachenden Texts wird keine Bekanntmachung durch Niederlegung gemäß Art. 26 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 1 GO bewirkt. Vielmehr verlangt diese Vorschrift, dass der bekanntzumachende Text in der Verwaltung niedergelegt ist und eben diese Niederlegung durch Anschlag an den Gemeindetafeln bekannt gemacht wird (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2000 – 22 N 99.3166 – BayVBl 2000, 695/696; ebenso Huber in Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO, LKrO und BezO, Art. 26 GO Anm. 2.4.; Bauer/Böhle/Ecker/Kuhne, Bayerische Kommunalgesetze, Art. 26 GO Rn. 14; Dietlein/Knierim in BeckOK, Kommunalrecht Bayern, Art. 26 GO Rn. 22). Dagegen widerspricht der Anschlag eines vollständigen Satzungstextes an die Gemeindetafeln nicht nur dem klaren Wortlaut des Art. 26 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 1 GO, sondern stellt für den Bürger auch ein unnötig beschwerliches und damit unzumutbares Angebot der Kenntnisnahme dar (BayVGH, U.v. 18.7.2000 a.a.O.) und genügt deshalb Art. 26 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 1 GO nicht.
2.1.2. Es liegt auch keine ordnungsgemäße ortsübliche Bekanntmachung i.S.d. § 16 Abs. 2 Satz 2 BauGB vor. Diesen Bekanntmachungsweg hat die Antragsgegnerin gerade nicht gewählt, sondern vielmehr den gesamten Text der Veränderungssperre angeschlagen. Damit hat sie nicht i.S.v. § 10 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 BauGB in der Bekanntmachung darauf hingewiesen, wo der gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 3 Satz 2 BauGB in der Verwaltung zu jedermanns Einsicht bereitzuhaltende Satzungstext in der Verwaltung eingesehen werden kann.
2.2. Unabhängig von der formellen Unwirksamkeit der Veränderungssperre mangels ordnungsgemäßer ortsüblicher Bekanntmachung ist der Normenkontrollantrag auch deshalb begründet, weil auch der am 25. Februar 2019 gefasste Aufstellungsbeschluss für den Grünordnungsplan nicht ordnungsgemäß ortsüblich bekanntgemacht worden ist. Deshalb fehlt es auch an dieser materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Veränderungssperre. Sie ist auch deshalb unwirksam.
2.2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die ordnungsgemäße ortsübliche Bekanntmachung eines Planaufstellungsbeschlusses i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass einer Veränderungssperre nach § 14 BauGB (vgl. nur BVerwG, B.v. 15.4.1988 – 4 N 4.87 – BVerwGE 79, 200/205; B.v. 9.2.1988 – 4 B 236.88 – NVwZ 1989, 661/662; B.v. 6.8.1992 – 4 N 1.92 – NVwZ 1993, 471).
2.2.2. Diese materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer baurechtlichen Veränderungssperre nach § 14 BauGB ist auch im vorliegenden Fall einer Veränderungssperre zur Sicherung eines künftigen selbständigen Grünordnungsplans i.S.d. Art. 4 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG maßgeblich. Auch die in Art. 4 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG enthaltene dynamische Verweisung auf die Geltung der Vorschriften für Bauleitpläne für das Verfahren zur Aufstellung selbständiger Grünordnungspläne ist im Anschluss an die Judikatur des 9. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 4.3.1997 – 9 N 96.1178 – juris) zu Art. 3 Abs. 5 BayNatSchG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Naturschutzgesetzes vom 3. August 1982 (GVBl. S. 500) (kurz: a.F.) so zu verstehen, dass sie die bauplanungsrechtliche Ermächtigung des § 14 BauGB zum Erlass einer Veränderungssperre und damit deren Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen einschließt. Denn diese in Art. 4 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG enthaltene Verweisung stimmt praktisch wortgleich überein mit der Verweisung des Art. 3 Abs. 5 Satz 2 BayNatSchG a.F. auf die Geltung der „Vorschriften für Bauleitpläne“ „für das Verfahren zur Aufstellung und die Genehmigung“, wobei damals in den Sätzen 1 und 3 des Art. 3 Abs. 5 BayNatSchG a.F. jeweils der „Landschaftsplan“ und der „Grünordnungsplan“ erwähnt waren. Für das besagte Verständnis der Verweisung des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG spricht auch, dass nach wie vor dasselbe Sicherungsbedürfnis für selbständige Grünordnungspläne besteht wie für Grünordnungspläne, die Bestandteile von Bebauungsplänen sind (vgl. Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayNatSchG), denen die Sicherungsmöglichkeit der Veränderungssperre nach § 14 BauGB unzweifelhaft zur Verfügung steht. Schließlich spricht nicht zuletzt die damals (Art. 3 Abs. 5 Satz 3 Halbs. 2 BayNatSchG a.F.) wie heute (Art. 4 Abs. 3 Satz 2 BayNatSchG) nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz einheitlich gesehene Rechtswirkung von in die Bauleitplanung integrierten und selbständigen naturschutzrechtlichen Grünordnungsplänen dafür, diese beiden Arten von Grünordnungsplänen auch hinsichtlich der Voraussetzungen für die Möglichkeit ihrer Sicherung durch eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB gleichzustellen.
2.2.3. Die damit auch im vorliegenden Fall maßgebliche materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der ordnungsgemäßen ortsüblichen Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB für eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB ist vorliegend nicht erfüllt. Die Antragsgegnerin hat den Aufstellungsbeschluss vom 25. Februar 2019 nicht in einer von Art. 27 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 26 Abs. 2 GO vorgesehenen Art und Weise bekannt gemacht.
In der Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 18.8.1964 – I C 63.62 – BVerwGE 19, 164/165 f.) ist geklärt, dass die „Ortsüblichkeit“ der Bekanntmachung eines Aufstellungsbeschlusses nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB – wie die „Ortsüblichkeit“ der Bekanntmachung einer Veränderungssperre nach § 16 Abs. 2 BauGB (siehe 2.1.1.) – allein landesrechtlich zu beurteilen ist.
Innerhalb der somit maßgeblichen bayerischen Bekanntmachungsvorschriften ist Art. 26 Abs. 2 GO auf den Aufstellungsbeschluss, der selbst noch keine Satzung ist, wegen Art. 27 Abs. 2 Satz 1 GO anzuwenden, wonach die Gemeinde sonstige Mitteilungen, die auf Grund von Rechtsvorschriften außerhalb dieses Gesetzes ortsüblich bekanntzumachen sind – hierzu zählen Planaufstellungsbeschlüsse nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB (vgl. nur Huber in Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO, LKrO und BezO, Stand April 2021, Art. 27 GO Anm. 4.) und ebenso Aufstellungsbeschlüsse zu Grünordnungsplänen -, wie ihre Satzungen bekanntzumachen hat.
Auch zur Bekanntmachung des streitgegenständlichen Aufstellungsbeschlusses vom 25. Februar 2019 hat die Antragsgegnerin keine nach Art. 26 Abs. 2 Satz 2 GO vorgesehene Bekanntmachungsalternative gewählt. Sie hat den Aufstellungsbeschluss nicht gesondert für sich genommen, sondern allenfalls allein dadurch bekanntgemacht, dass sie ihn in § 1 Satz 1 des vollständigen Satzungstextes der Veränderungssperre vom 25. Februar 2019 erwähnt hat („Der Gemeinderat N. hat in seiner Sitzung am 25.02.2019 beschlossen, für das in § 2 bezeichnete Gebiet,N. Aue‘ den Grünordnungsplan aufzustellen“). Diesen ganzen Satzungstext hat sie – wie bereits dargelegt – an ihrer Amtstafel angeschlagen, was wie gezeigt von Art. 26 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 1 GO nicht vorgesehen ist (siehe 2.1.1.). Aus diesem Grund ist auch die Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses vom 25. Februar 2019 jedenfalls schon deshalb unwirksam, weil sie gegen Art. 26 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 1 GO verstößt.
An diesem Ergebnis der nicht ordnungsgemäßen ortsüblichen Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses ändert – entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten der Antragsgegnerin – auch § 16 Abs. 2 BauGB nichts, weil diese Bestimmung nach ihrem klaren Wortlaut schon nicht für einen Aufstellungsbeschluss (siehe hierzu § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB), sondern nur für die ortsübliche Bekanntmachung einer Veränderungssperrensatzung gilt. Doch selbst wenn man dies im Sinne ihrer Bevollmächtigten zugunsten der Antragsgegnerin anders sehen wollte, würde dies nichts daran ändern, dass die Antragsgegnerin vorliegend auch hinsichtlich des Aufstellungsbeschlusses den in § 16 Abs. 2 BauGB vorgesehenen Möglichkeiten zur ortsüblichen Bekanntmachung nicht gerecht geworden ist. § 16 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist sie nicht gerecht geworden, weil sie entgegen Art. 26 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 1 GO den gesamten Text der Veränderungssperre angeschlagen hat, in welchem sie den Aufstellungsbeschluss erwähnt hat. Damit hat sie hinsichtlich des Aufstellungsbeschlusses auch nicht den Weg des § 16 Abs. 2 Satz 2 BauGB gewählt, weil sie weder dessen Text in der Verwaltung zu jedermanns Einsicht bereitgehalten (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 2, § 10 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BauGB) noch in einer Bekanntmachung darauf hingewiesen hat, wo dieser Aufstellungsbeschluss eingesehen werden kann (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 2, § 10 Abs. 3 Satz 3 BauGB). Da die Antragsgegnerin somit weder hinsichtlich der Veränderungssperre noch hinsichtlich des Aufstellungsbeschlusses den Weg der ortsüblichen Bekanntmachung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 BauGB gewählt hat, kann sie auch nichts aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. September 1999 – 26 ZS 99.2149 – (BayVBl 2000, 598) für sich herleiten. Denn dieser Beschluss ist zu einer Bekanntmachung (einer Veränderungssperre) nach § 16 Abs. 2 Satz 2 BauGB ergangen, die hier gerade nicht erfolgt ist.
Vor diesem Hintergrund kann vorliegend offenbleiben, ob eine gekoppelte Bekanntmachung von Veränderungssperre und Aufstellungsbeschluss – wie von den Bevollmächtigten der Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf Kommentarliteratur (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand Mai 2021, § 16 Rn. 27) und Rechtsprechung vertreten – bundesrechtlich wegen § 16 Abs. 2 BauGB zulässig ist und ob bei einer wie vorliegend gekoppelten Bekanntmachung von Veränderungssperre und Aufstellungsbeschluss die „Anstoßfunktion“ der ortsüblichen Bekanntmachung eines Aufstellungsbeschlusses nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB erfüllt ist (ablehnend OVG NW, U.v. 24.8.1989 – 7 A 2495/87 – NVwZ 1990, 581/582).
3. Durch die Verlängerungssatzung ist die Veränderungssperrensatzung unabhängig von der Frage, ob eine Heilung hierdurch überhaupt möglich wäre, schon deshalb nicht geheilt worden, weil die Antragsgegnerin bei der Bekanntmachung der Verlängerungssatzung wiederum deren gesamten Text angeschlagen hat, was so – wie gezeigt – weder Art. 26 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 1 GO noch § 16 Abs. 2 BauGB genügt, wobei auch die Verlängerung nach den Regeln des § 16 BauGB in Form einer Satzung erfolgt (BVerwG, U.v. 19.2.2004 – 4 CN 16.03 – BVerwGE 120, 138 Rn. 16).
4. Da die Satzung der Antragsgegnerin vom 25. Februar 2019 über die Veränderungssperre für den Grünordnungsplan „N. Au“, bekannt gemacht am 8. April 2019, und die Verlängerungssatzung vom 9. Februar 2021, bekannt gemacht am 10. Februar 2021, unwirksam sind, ist diese Entscheidung gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO allgemein verbindlich und ist die Entscheidungsformel (Nr. I. des Tenors) von der Antragsgegnerin ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
6. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
7. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.


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