Verwaltungsrecht

Zur Rüge der Befangenheit eines Prüfers

Aktenzeichen  Au 8 K 19.260

Datum:
4.6.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 12748
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AltPflAPrV § 12, § 14 Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

1 Prüfungsbewertungen sind gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. BVerwG BeckRS 2004, 22860). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Befangenheit eines Prüfers ist objektiv, wenngleich aus Sicht des Prüflings zu beurteilen, d.h. wie ein „verständiger Prüfling“ in der gegebenen Situation das Verhalten des Prüfers verstehen darf. Es reicht nicht die bloße subjektive Besorgnis der Befangenheit, die den Prüfling ohne vernünftigen und objektiv fassbaren Grund überkommen hat. Es müssen vielmehr Tatsachen vorliegen, die ohne Rücksicht auf individuelle Empfindlichkeiten den Schluss rechtfertigen, dass der Prüfer in der Prüfung nicht die notwendige Distanz und sachliche Neutralität aufgebracht hat. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist jedenfalls unbegründet. Die Mitteilung über das Nichtbestehen des praktischen Teils der Abschlussprüfung zum staatlich examinierten Altenpfleger vom 27. September 2017 und der Bescheid vom 5. Oktober 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2019 erweisen sich als rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf fehlerfreie Neubewertung und Neubescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
I.
Es spricht viel dafür, dass die Klage zulässig ist. Zwar beziehen sich die Klage mit dem Klageantrag im Schriftsatz vom 20. Februar 2019 und auch der Widerspruch vom 9. Oktober 2017 ausdrücklich nur auf den „Bescheid der Beklagten vom 27. September 2017“. Es erscheint insoweit fraglich, ob mit dieser Mitteilung bereits ein Verwaltungsakt vorliegt. Dagegen spricht, dass nach § 12 Abs. 5 AltPflAPrV die Note für den praktischen Teil der Prüfung aus der Note der Fachprüferinnen oder Fachprüfer und der Vornote gemäß § 9 Abs. 1 und 2 AltPflAPrV vom vorsitzenden Mitglied des Prüfungsausschusses gebildet wird. Am 27. September 2017 wurde dem Kläger jedoch zum einen nur die Note über die praktische Durchführung ohne Einberechnung der Vornote mitgeteilt und dies zum anderen auch nicht vom vorsitzenden Mitglied des Prüfungsausschusses, sondern „nur“ von den Fachprüfern. Diese Mitteilung erfolgte erst mit Bescheid vom 9. Oktober 2017 (Bl. 37ff der Akte der Beklagten). Erst mit diesem Bescheid wurde dem Kläger die endgültige Note für den praktischen Teil (zusammen mit den bereits festgesetzten Noten für den mündlichen und den schriftlichen Teil) mitgeteilt. Dieses endgültige Ergebnis der praktischen Prüfung ist jedenfalls isoliert anfechtbar, denn es findet keine Ermittlung einer Gesamtnote des mündlichen, schriftlichen und praktischen Teils statt (vgl. dazu Niehues /Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 815 f.). Aus dem weiteren Verfahren und der Begründung des Widerspruchs und vor allem aus dem Widerspruchsbescheid der Regierung … vom 17. Januar 2019 ergibt sich dann aber, dass das endgültige Ergebnis des praktischen Prüfungsteils, so wie im Bescheid vom 9. Oktober 2017 bekanntgegeben, überprüft werden soll und durch Einbeziehung dieses Bescheides im Widerspruchsbescheid auch überprüft worden ist.
II.
Letztendlich kann die Frage der Zulässigkeit jedoch dahingestellt bleiben, weil die Klage jedenfalls unbegründet ist. Die Benotung des praktischen Teils der Prüfung (Wiederholungsprüfung September 2017) mit der Note mangelhaft (5) erweist sich als rechtmäßig. Es wird insoweit auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO) und ergänzend ausgeführt:
1. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 AltPflAPrV erhält die Schülerin oder der Schüler vom vorsitzenden Mitglied des Prüfungsausschusses eine schriftliche Mitteilung über das Nichtbestehen der Prüfung zur Altenpflegerin und zum Altenpfleger, in der die Prüfungsnoten anzugeben sind. Bestanden ist die Prüfung nach § 14 Abs. 1 AltPflAPrV, wenn jeder der nach § 5 Abs. 1 AltPflAPrV vorgesehenen Prüfungsteile mindestens mit der Note „ausreichend“ bewertet worden ist. Nach § 5 Abs. 1 AltPflAPrV umfasst die staatliche Prüfung einen schriftlichen, einen mündlichen und einen praktischen Teil. Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche praktische Prüfung ist § 12 Abs. 5 AltPflAPrV, wonach das vorsitzende Mitglied des Prüfungsausschusses die Note für den praktischen Teil der Prüfung aus der Note der Fachprüferinnen oder Fachprüfer und der Vornote gemäß § 9 Abs. 1 und 2 AltPflAPrV bildet. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 AltPflAPrV nehmen mindestens zwei Fachprüferinnen oder Fachprüfer die Prüfung ab und benoten die Leistung. Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 AltPflAPrV besteht die Prüfungsaufgabe aus der schriftlichen Ausarbeitung der Pflegeplanung, aus der Durchführung der Pflege einschließlich Beratung, Betreuung und Begleitung eines alten Menschen und aus einer abschließenden Reflexion.
Am 27. September 2017 wurde dem Kläger mündlich die Note der praktischen Abschlussprüfung mit der Note 5 mitgeteilt (Bl. 1 der Akte der Beklagten). Mit Bescheid vom 5. Oktober 2017 wurde dem Kläger vom vorsitzenden Mitglied des Prüfungsausschusses schriftlich mitgeteilt, dass er mit der Note mangelhaft (5) des praktischen Teils der Prüfung die Prüfung nicht bestanden hat. Dabei wurde die Vornote der praktischen Ausbildung mit 3,0 gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 AltPflAPrV entsprechend einberechnet (Bl. 39 der Akte der Beklagten).
2. Nach dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit müssen für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten. Mit diesem Grundsatz wäre es unvereinbar, wenn einzelne Kandidaten, indem sie eine gerichtliche Überprüfung der Prüfungsbewertungen verfolgen, die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielten. Die gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten ist somit nur erreichbar, wenn den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt wird. Dieser prüfungsrechtliche Bewertungsspielraum erstreckt sich auch auf die Notenvergabe. Die Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Praxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. Daraus folgt, dass die Prüfungsnoten nicht isoliert gesehen werden dürfen, sondern in einem Bezugssystem zu finden sind, das durch die persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird. Da sich die komplexen Erwägungen, die einer Prüfungsentscheidung zugrunde liegen, nicht regelhaft erfassen lassen, würde eine gerichtliche Kontrolle zu einer Verzerrung der Maßstäbe führen (vgl. BVerwG, B.v. 14.5.2004 – 6 B 25/04 – juris Rn. 11). Prüfungsbewertungen sind daher gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Der nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) gebotenen gerichtlichen Überprüfung unterliegt der erhobene Einwand, die Prüfer hätten anzuwendendes Recht verkannt, seien von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, hätten allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die Prüfer ihre Bewertung auf Tatsachen und Feststellungen gestützt haben, die einer sachlichen Überprüfung standhalten, ob sie bei ihrer Bewertung den Zweck, dem die Prüfung dient, verkannt haben, ob die Bewertung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist und ob sie den Anforderungen rationaler Abwägung nicht widerspricht. Prüfungsspezifische Wertungen, die keinen von den Gerichten zu kontrollierenden Verstoß erkennen lassen, bleiben der Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 – BVerfGE 84, 34/50 ff.; B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 1529/84 – BVerfGE 84, 59/77 ff.; BVerwG, B.v. 16.8.2011 – 6 B 18.11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 26.3.2014 – 7 ZB 14.389 – juris Rn. 9).
Fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Prüfling sind der gerichtlichen Kontrolle nicht entzogen (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.1993 – 6 C 35.92 u.a. – NVwZ 1993, 686). Vielmehr hat das Gericht aufgrund hinreichend substantiierter Einwendungen des Prüflings – notfalls mit sachverständiger Hilfe – darüber zu befinden, ob eine vom Prüfer als falsch bewertete Lösung im Gegensatz zu dessen Beurteilung richtig oder zumindest vertretbar ist, sog. Antwortspielraum des Prüflings (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 u.a. – BVerfGE 84, 34/55; BayVGH, U.v. 13.8.2003 – 7 B 02.1652 – juris Rn. 15).
3. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Bewertung nicht zu beanstanden.
a) Weder die Praxisanleiterin noch die Fachprüfer waren befangen. Die Befangenheit eines Prüfers ist objektiv, wenngleich aus Sicht des Prüflings zu beurteilen, d.h. wie ein „verständiger Prüfling“ in der gegebenen Situation das Verhalten des Prüfers verstehen darf. Es reicht nicht die bloße subjektive Besorgnis der Befangenheit, die den Prüfling ohne vernünftigen und objektiv fassbaren Grund überkommen hat. Es müssen vielmehr Tatsachen vorliegen, die ohne Rücksicht auf individuelle Empfindlichkeiten den Schluss rechtfertigen, dass der Prüfer in der Prüfung nicht die notwendige Distanz und sachliche Neutralität aufgebracht hat (BayVGH, U.v. 15.3.1995 – 7 B 93.1159 – juris Rn. 26).
aa) Tatsachen, dass die zur Abnahme und Benotung des praktischen Teils der Prüfung hinzugezogene Praxisanleiterin befangen gewesen sein soll, liegen nicht vor. Nach § 12 Abs. 4 AltPflAPrV kann eine Praxisanleiterin in beratender Funktion hinzugezogen werden. Auch wenn der Praxisanleiter nur beratend teilnimmt, ist nicht ausgeschlossen, dass dieser, gegebenenfalls auch durch Mimik und Gestik, auf die Beratungen der Prüfungsleistungen Einfluss nehmen kann (vgl. dazu VG Augsburg, U.v. 15.10.2013 – Au 3 K 13.1262 – juris Rn. 53 und 54).
Im vorliegenden Fall trägt der Kläger vor, dass die Praxisanleiterin befangen sei, weil sie geäußert habe, dass der Kläger „faul sei und nun die Konsequenzen dafür tragen müsse“. Der in der mündlichen Verhandlung als Zeuge vernommene Fachprüfer hat glaubhaft geschildert, dass er eine derartige Aussage der Praxisanleiterin während der Prüfung nicht gehört habe. Es liegen somit keine Anhaltspunkte vor, dass die nur in beratender Funktion bei der Prüfung anwesende Praxisanleiterin sachwidrig auf die Fachprüfer Einfluss genommen hat.
Im Übrigen könnte der Kläger mit der Rüge der Befangenheit der Fachleiterin auch nicht mehr gehört werden, weil er sie jedenfalls zu spät vorgebracht hat. Aus den das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsätzen der Chancengleichheit und Mitwirkungspflichten des Prüflings folgt, dass er Mängel des Prüfungsverfahrens unverzüglich rügen muss (BayVGH, U.v. 15.3.1995 – 7 B 93.1159 – juris Rn. 26). Nach Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung hat er zwar erst am Prüfungstag erfahren, dass die Praxisanleiterin während der Prüfung anwesend sein wird. Auch wenn der Kläger eventuell schon vor der Prüfung Anlass hatte, die Befangenheit der Praxisanleiterin zu vermuten, wird es ihm wohl zu diesem kritischen Zeitpunkt am Anfang der Prüfung, wenn er sich auf die Durchführung der Prüfung konzentrieren muss, wohl unzumutbar gewesen sein, die Befangenheit sofort zu rügen (vgl. dazu Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, Rn. 349). Zumutbar wäre es ihm jedoch gewesen, die Besorgnis der Befangenheit unmittelbar nach der Prüfung zu rügen. Die Rüge erfolgte jedoch erst mit Widerspruchsbegründung vom 19. Dezember 2017 und damit erst ungefähr zweieinhalb Monate nach der Prüfung. Damit ist die Rüge jedenfalls zu spät vorgebracht.
bb) Auch der Fachprüfer K., der als Zeuge in der mündlichen Verhandlung vernommen worden ist, war nicht befangen. Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung geäußert hat, dass der Prüfer ihn nach der Prüfung angeschrien habe, grob und unhöflich zu ihm gewesen sei und ihn sogar einmal beim Blutdruckmessen geschubst habe, hat der Zeuge auf Vorhalt dieses Vorwurfs glaubhaft ausgeführt, dass dies nicht der Fall gewesen ist. Er habe den Kläger nicht berührt und lediglich noch einmal den Blutdruck der Bewohnerin nachgemessen. Er habe den Kläger auch nicht während oder nach der Prüfung angeschrien, im Gegenteil seien die Prüfer vom Kläger beleidigt worden. Insoweit liegen bereits keine Anhaltspunkte für die Besorgnis der Befangenheit vor. Im Übrigen wäre die Rüge auch hier zu spät vorgebracht worden.
cc) Auch aus dem Verhalten der Prüfer nach der Prüfung lassen sich keine Tatsachen entnehmen, die den Schluss rechtfertigen, dass die Prüfer in der Prüfung nicht neutral gewesen seien. Aufgrund der Reaktion des Klägers auf die Mitteilung über das Prüfungsergebnis haben die Prüfer die Polizei verständigt. Die Polizei hat daraufhin den Kläger in seiner Wohnung aufgesucht und ihn nach Angaben des Klägers in das Bezirkskrankenhaus … einliefern lassen. Grundsätzlich ist es zwar denkbar, dass eine Äußerung oder ein Verhalten der Prüfer nach der Prüfung rückwirkend auf eine anfängliche Befangenheit der Prüfer schließen lässt. Aus der Verständigung der Polizei im vorliegenden Verfahren folgt jedoch keineswegs, dass die Prüfer nicht in der Lage oder willens gewesen sind, die Leistungen des Prüflings objektiv zu beurteilen. Im Hinblick auf das Verhalten des Klägers auf die mündliche Mitteilung des Prüfungsergebnisses ist die Reaktion der Prüfer nachvollziehbar. Nach übereinstimmender Stellungnahme der beiden Fachprüfer und auch der Praxisanleiterin (vgl. jeweils die Stellungnahmen vom 10.10.2017, Bl. 47 ff. der Behördenakte) hat der Kläger hoch emotional und aggressiv reagiert und die Prüfer als „Bastarde“ bezeichnet. Da alle drei Beteiligten diesen Vorfall so schildern, ist dies glaubhaft, auch wenn der Kläger die Äußerung bestreitet. Der Zeuge hat dies in der mündlichen Verhandlung noch einmal glaubhaft bestätigt. Der Kläger hat nach der Prüfung das Prüfungsergebnis nicht unterschrieben, den Zettel über den Tisch geworfen und den Raum verlassen. Im Hinblick auf ein kurz zuvor im Schulkollegium stattgefundenes Beratungsgespräch durch die Polizei zum Thema Umgang mit auffälligem Verhalten von Schülern waren die Fachprüfer offensichtlich besonders sensibilisiert (vgl. Klageerwiderung vom 25.3.2019). Ihr Verhalten ist somit nachvollziehbar. Zudem steht die Benachrichtigung der Polizei auch in keinem Zusammenhang mit der Prüfung. Es erfolgte insoweit beispielsweise auch keine Äußerung der Prüfer hinsichtlich der fachlichen Leistung des Klägers, sondern nur hinsichtlich seines Gesundheitszustands. Im Übrigen ist auch insoweit die Rüge als verspätet ausgeschlossen.
b) Soweit der Kläger Bewertungsfehler aus einer mangelnden Ausbildung ableiten will, ist er mit dieser Rüge ebenfalls ausgeschlossen. Er hat insoweit seine sich aus dem Prüfungsverhältnis ergebende Rügeobliegenheit verletzt. Vielmehr hat er sich rügelos auf die praktische Prüfung eingelassen und erstmals nach Abschluss der Prüfung die Verfahrensrüge geltend gemacht. Es ist auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, warum ihm eine frühere Erhebung dieser Rügen unzumutbar gewesen sein sollte. Ausbildungsmängel im Allgemeinen führen nicht zur Rechtswidrigkeit der – sie nicht beachtenden – Prüfungsentscheidung, sondern eröffnen lediglich den Weg zu einer hinreichenden Verlängerung der Ausbildung. Nur wenn in besonderen Fällen die Ausbildung oder Unterrichtung nach der Konzeption des betreffenden Bildungs- oder Studiengangs integrierter Bestandteil des Prüfungsvorgangs, insbesondere der Leistungsbewertung, ist, ist dies nach Lage der Dinge anders zu beurteilen. In der Rechtsprechung ist dabei geklärt, dass Ausbildungsmängel vor Beginn der Prüfung und im unmittelbarem Zusammenhang mit dieser geltend gemacht werden müssen und dass es einem Prüfling, der sich wegen dieser seiner Meinung nach unzureichenden Ausbildung der Prüfung nicht gewachsen sieht, zuzumuten ist, die Prüfung ausdrücklich unter dem Vorbehalt abzulegen, dass er seine rechtzeitig erhobenen Einwendungen dem Prüfungsergebnis gegebenenfalls als Rechtsmangel entgegengehalten werde (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 2.8.2017 – OVG 5 N 30.16 – juris Rn. 8, 9). Die (angeblichen) Ausbildungsmängel wurden erstmals mit Klageschriftsatz vom 20. Februar 2019 und damit zu spät geltend gemacht.
c) Bewertungsfehler hinsichtlich der schriftlichen Ausarbeitung des Pflegeprozesses sind nicht ersichtlich. Soweit der Kläger vorträgt, dass die Bewertung willkürlich erfolgt sei und er den Pflegeprozess ausführlich ausgearbeitet habe, handelt es sich bereits nicht um einen substantiierten Vortrag. Das Gericht sucht Bewertungsfehler nicht von Amts wegen, sondern nur dann, wenn der Prüfling wirkungsvolle Hinweise gibt und entsprechend belegt (VG Dresden, B.v. 16.8.2007 – 5 K 1311/07 – juris Rn. 54; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, Rn. 853 ff.). Die Fachprüfer haben die schriftliche Ausarbeitung der Pflegeplanung mit entsprechenden Anmerkungen versehen und sind in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 10. Oktober 2017 auch noch einmal auf die Kriterien für ihre Bewertung eingegangen. Dagegen hat der Kläger nichts eingewandt. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Bewertung liegen insoweit nicht vor.
d) Es liegen auch keine Anhaltspunkte vor, dass die praktische Prüfung fehlerhaft bewertet worden ist.
Der Kläger bezieht sich in seiner Klagebegründung auf die Stellungnahmen der beiden Fachprüfer und wendet insoweit im Wesentlichen ein, dass die Darlegungen der Fachprüfer nicht zutreffend seien und bestritten würden. Auch insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Einwendungen substantiiert geltend zu machen sind.
Im Zusammenhang mit dem Vorgespräch bemängeln die Fachprüfer beispielsweise, dass der Prüfling biografische Fragen, Fragen über das aktuelle Befinden der Bewohnerin und Gründe für den Aufenthalt auf der beschützenden Abteilung überwiegend nicht beantworten habe können. Der Kläger beschränkt sich insoweit alleine darauf, einzuwenden, dass dies nicht zutreffe und bestritten werde.
Insgesamt hat der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge unter Bezugnahme auf seine schriftliche Stellungnahme seine Bewertungen und Aussagen nochmals ausdrücklich und glaubhaft bestätigt. Die Gelegenheit, konkrete Vorhaltungen dem Zeugen gegenüber zu machen und die Bewertung substantiiert zu hinterfragen, nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht wahr.
Gleiches gilt hinsichtlich der Fragen nach der Blutzuckerkontrolle, nach der Diagnose der Demenz und der Kenntnisse über bestimmte Medikamente, z.B. hinsichtlich der Nüchterngabe. Sämtliche Kritikpunkte wurden von den Prüfern durch Anmerkungen in den Bewertungsbogen dokumentiert und in den schriftlichen Stellungnahmen noch einmal bestätigt. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Hinsichtlich der angeblich falsch zitierten Aussage des Klägers auf Nachfrage zur Grundpflege ist darauf hinzuweisen, dass dies in den Stellungnahmen der Fachprüfer nicht zitiert ist. Dokumentiert ist auch, dass der Kläger nach Auffassung der Prüfer im Befehlston gegenüber der Bewohnerin gesprochen und diese auch geduzt habe. Dies ist sowohl in beiden Bewertungsbögen der Fachprüfer vermerkt, als auch nochmal in der Stellungnahme vom 10. Oktober 2017 so bestätigt. Ebenso hat der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge dies unter Bezugnahme auf seine Stellungnahme noch einmal bekräftigt. Aus der Stellungnahme lässt sich auch ein Beispiel für diese Einschätzung („Lydia, dreh‘ um“) entnehmen. Dieses lässt die Einschätzung der Prüfer plausibel erscheinen. Konkrete Einwendungen dagegen hat der Kläger nicht vorgetragen.
Soweit der Kläger vorträgt, er habe der Bewohnerin tatsächlich Wasser angeboten und verabreicht, ist dies auch nicht strittig, vorgeworfen wird dem Kläger jedoch, dass er ihr zu spät und erst auf Hinweis Wasser verabreicht habe.
Negativ bewertet wurde von den Fachprüfern vor allem auch, dass der Kläger das Medikament Pantoprazol mit den weiteren Medikamenten gleichzeitig verabreicht hat. Glaubhaft hat der Zeuge in der mündlichen Verhandlung verneint, die Prüfer hätten den Kläger dazu gedrängt, das Medikament zu verabreichen. Das deckt sich auch mit den schriftlichen Stellungnahmen. Insoweit war es für die Prüfer nicht ausschlaggebend, wer letztendlich bei der Pflegefachkraft nachgefragt hat, ob das Medikament schon verabreicht worden sei. So wurde dies auch in den Bewertungsbogen dokumentiert. Nachdem das Medikament Pantoprazol unstrittig mindestens eine halbe Stunde vor den anderen Medikamenten gegeben werden muss, damit sich der Magenschutz entwickeln kann, ist die negative Bewertung der gleichzeitigen Gabe der Medikamente auch gerichtlich nicht zu beanstanden.
Ebenso widerspricht der Einwand, der Kläger habe nicht gesagt, dass „er nur sein Ding durchgezogen habe“, den Wahrnehmungen der Fachprüfer. So ist dies in beiden Bewertungsbogen festgehalten und auch in den schriftlichen Stellungnahmen nochmals dokumentiert und bestätigt worden.
III.
Nach alldem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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