Verwaltungsrecht

Zwangsgeldandrohung, Baueinstellungsverfügung, Zwangsgeldforderung, Androhung des Zwangsgeldes, Weiteres Zwangsgeld, Antragsgegner, Vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung, Verwaltungsgerichte, Verwaltungsakt, Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Aufschiebende Wirkung, Aussetzung der Vollziehung, Vollstreckbarkeit, Bescheidung, Einstweilige Anordnung, Grundverwaltungsakt, Prozeßbevollmächtigter, Interessenabwägung, Anfechtungsklage gegen, Antragstellers

Aktenzeichen  M 29 S 19.4834

Datum:
8.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 40815
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwZVG Art. 29 Abs. 2 Nr. 1
BayVwZVG Art. 31
BayVwZVG Art. 36
BayVwZVG Art. 37
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 123

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 1.000,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen eine wiederholte Zwangsgeldandrohung gerichteten Klage sowie die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der vorangegangenen Zwangsgeldandrohung.
Der Antragsteller ist Eigentümer der Grundstücke mit den Fl.Nrn. 1189, 1193/5 und 1198, … …, … Haus Nr. 2* Das Grundstück mit der Fl.Nr. 1189 ist unter anderem mit zwei Wohnhäusern bebaut.
Im Rahmen einer Baukontrolle am 30. Oktober 2018 stellte der Antragsgegner fest, dass auf dem Grundstück Fl.Nr. 1189 nördlich des neuen Wohnhauses mit der Errichtung einer Betonbodenplatte (5,00 x 6,50 m), die sich in einem Abstand von rund 2,50 m zu diesem Wohnhaus befindet, begonnen worden ist. Eine Baugenehmigung liegt diesbezüglich nicht vor.
Mit Bescheid vom … Oktober 2018 verfügte der Antragsgegner, dass die Bauarbeiten für die Errichtung einer Bodenplatte auf den Grundstücken Fl.Nrn. 1189, 1193/5 und 1198, … …, Haus Nr., … …- … sofort einzustellen sind (Ziffer I. des Bescheides). Falls die Baueinstellung in Ziffer I. nicht befolgt wird, stellte der Antragsgegner ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- Euro zur Zahlung fällig (Ziffer II. des Bescheides). In Ziffer III. des Bescheides wurde die Baueinstellung in Ziffer I. für sofort vollziehbar erklärt. Für den Bescheid wurden Kosten in Höhe von 150,00 Euro (Bescheidgebühr: 100,00 Euro, Gebühr für die Bauüberwachung: 50,00 Euro) und Auslagen in Höhe von 3,68 Euro festgesetzt (Ziffer III. des Bescheides), die der Antragsteller nach Ziffer IV. des Bescheides zu tragen hat.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das begonnene Bauvorhaben genehmigungspflichtig sei. Mit der Bauausführung habe daher erst nach Zugang einer Baugenehmigung begonnen werden dürfen. Eine solche liege aber nicht vor. Da das Bauvorhaben zumindest formell rechtswidrig sei, seien die Voraussetzungen für den Erlass einer Baueinstellung erfüllt. Die Baueinstellung entspreche pflichtgemäßem Ermessen, da die Fortführung rechtswidriger Bauarbeiten und das Schaffen vollendeter Tatsachen verhindert werden solle. Die Baueinstellung bleibe wirksam, bis abschließend geprüft sei, ob die begonnene Anlage genehmigt werden könne oder beseitigt werden müsse. Die Androhung des Zwangsgeldes ergehe, um die Einstellung der Bauarbeiten durchsetzen zu können. Würden die unzulässigen Bauarbeiten trotz Baueinstellung fortgesetzt, so werde die Zwangsgeldforderung fällig. Das Bauen ohne die erforderliche Genehmigung stelle einen Verstoß gegen öffentliches Recht dar. Um eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu sichern, bestehe ein besonderes öffentliches Interesse, ungenehmigte Bauarbeiten und ihre Fortsetzung sofort einzustellen. Andernfalls könnten bei Zuwarten bis zur Bestandskraft der Baueinstellung rechtswidrige Zustände verfestigt werden, die nicht mehr oder nur noch schwer rückgängig gemacht werden könnten. Darüber hinaus sollten Bezugsfälle verhindert werden. Das rechtliche irrelevante Interesse des Bauherrn an der Fortsetzung der zumindest formell rechtswidrigen Bauarbeiten müsse daher zurückstehen.
Mit Schreiben vom 4. November 2018 teilte der Antragsteller dem Antragsgegner mit, dass er keine Bodenplatte auf dem Grundstück errichtet habe, da Bodenplatten ein Fundament hätten und überbaut würden. Es handle sich um eine Terrassenplatte ohne Bodenfundament; diese werde nicht überbaut, sondern mit Rasen angeglichen. Er könne nicht nachvollziehen, dass er eine Baugenehmigung brauche.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass die Baueinstellung rechtmäßig ergangen sei und nicht ausgesetzt werde. Die Errichtung einer Bodenplatte im Außenbereich sei genehmigungspflichtig, die zukünftige Nutzung der Bodenplatte hierbei nur zweitrangig. Eine nachträgliche Genehmigung könne derzeit nicht in Aussicht gestellt werden. Für die Herstellung rechtmäßiger Zustände verbleibe lediglich die Beseitigung der Betonplatte. Die Möglichkeit zur freiwilligen Beseitigung der baulichen Anlage bis zum 31. März 2019 werde eingeräumt.
Im Rahmen einer weiteren Baukontrolle am 31. Juli 2019 stellte der Antragsgegner fest, dass die Bauarbeiten an der streitgegenständlichen Bodenplatte fortgesetzt worden sind, nämlich die Bodenplatte an der Südseite und an der Ostseite zur Hälfte verkleidet worden ist.
Mit Bescheid vom … August 2019 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass mit Bescheid vom … Oktober 2018 eine Baueinstellung bzgl. der Errichtung einer Bodenplatte verfügt worden sei. Für den Fall, dass die Baueinstellung nicht eingehalten werde, sei unter Ziffer II. dieses Bescheides ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- Euro angedroht worden. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 sei mitgeteilt worden, dass die rechtmäßig ergangene Baueinstellung nicht ausgesetzt werde. Im Rahmen einer Baukontrolle am 31. Juli 2019 sei festgestellt worden, dass die Bodenplatte nun teilweise mit Platten umrandet/verkleidet worden sei. Damit sei der Baueinstellung zuwidergehandelt und das angedrohte Zwangsgeld zur Zahlung fällig. Der Antragsteller werde daher aufgefordert, den fälligen Betrag in Höhe von 1.000,- Euro innerhalb von 14 Tagen an die Kreiskasse beim Landratsamt Fürstenfeldbruck zu überweisen. Sollte der Antragsteller dieser Aufforderung nicht nachkommen, so werde das Zwangsgeld im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben.
Zudem stellte der Antragsgegner ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 2.000,- Euro zur Zahlung fällig, sollte der Baueinstellung aus Ziffer I. des Bescheides des Landratsamtes Fürstenfeldbruck vom 31. Oktober 2018, BV-Nr. S. 2014-0879S1, erneut zuwidergehandelt werden (Ziffer I. des Bescheides). Für den Bescheid erhob der Antragsgegner Gebühren in Höhe von 130,00 Euro (Bescheidgebühr: 100,00 Euro, Gebühr für die Bauüberwachung: 30,00 Euro) und setzte Auslagen in Höhe von 3,68 Euro fest (Ziffer III. des Bescheides), die der Antragsteller nach Ziffer II. des Bescheides zu tragen hat.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die erneute Androhung des Zwangsgeldes zulässig und auch erforderlich sei, da die vorausgegangene Zwangsgeldandrohung erfolglos geblieben sei. Der Antragsgegner müsse dabei nicht abwarten, bis die fällig gewordenen Zwangsgelder beigetrieben seien. Die bisher ausgesprochene Zwangsgeldandrohung habe den Pflichtigen nicht dazu bewegen können, die mit Bescheid vom … Oktober 2018 ausgesprochene Verpflichtung, weitere Bauarbeiten hinsichtlich des oben bezeichneten Vorhabens zu unterlassen, einzuhalten. Zur Durchsetzung dieser Verpflichtung sei deshalb die erneute Androhung erforderlich. Das Zwangsgeld müsse der Höhe nach geeignet sein, unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses einen Druck dergestalt auf den Pflichtigen auszuüben, dass er seiner Verpflichtung freiwillig nachkomme und die Behörde nicht gezwungen sei, die Zwangsgelder wiederholt anzuwenden. Hierzu erscheine das erneut angedrohte Zwangsgeld angemessen.
Laut Zustellnachweis in der Behördenakte (Seite 34) wurde der Bescheid dem Antragsteller am 21. August 2019 zugestellt.
Mit Schreiben vom 23. September 2019, bei Gericht am selben Tage eingegangen, ließ der Antragsteller Anfechtungsklage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München gegen den Bescheid vom … August 2019 sowie Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen den Bescheid vom … Oktober 2018 erheben.
Gleichzeitig ließ er beantragen,
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung sowie die mit Bescheid vom … August 2019 unter Nummer III festgesetzten Gebühren Az.: … … … anzuordnen.
II.
Die Vollstreckung es Zwangsgeldes aus dem Bescheid vom …10.2018 sowie der dort unter Nummer V hierfür aufgeführten Gebühren bis zum Abschluss dieses Verfahrens auszusetzen.
Zur Begründung trug der Bevollmächtigte des Antragstellers im Wesentlichen vor, dass es sich bei … um einen Weiler handle. In Bayern gelte gemäß der Entschließung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 18. Oktober 1950 grundsätzlich jede Ansiedlung mit drei bis neun Wohngebäuden als Weiler. Der Antragsteller habe seinen Hof im Jahr … modernisiert und in diesem Zusammenhang das bestehende Wohnhaus durch einen Neubau ergänzt. Vor dem Wohnzimmer sei ein befestigter Freisitz oder eine befestigte Terrasse angelegt worden. Diese solle von Rasenplatten eingefasst und von Rasenflächen begrünt fertiggestellt werden. Sowohl der Bescheid vom … Oktober 2018 als auch der Bescheid vom … August 2019 seien rechtswidrig. Eine Anhörung vor Erlass der Verfügungen sei unterlassen worden. Die Behörde verkenne, dass sie es mit einem rechtlich nicht bewanderten Bürger zu tun habe. Das öffentliche Bau- und Genehmigungsrecht gehöre zu den komplexesten Rechtsgebieten überhaupt. Der Antragsteller sei Landwirt und in baurechtlichen Angelegenheiten völlig überfordert. Dieser Mangel sei auch nicht durch das Schreiben des Antragstellers vom 4. November 2018 und die Rückantwort geheilt worden. Die Begründung der Baueinstellungsverfügung sei nicht ausreichend und genüge inhaltlich nicht dem allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Begründungserfordernis für Ermessensentscheidungen. Es sei für den Bürger nicht mehr nachvollziehbar, dass er als Landwirt ein Haus mit 152 m² Wohnfläche bauen dürfe, der zugehörige Freisitz mit 9 m² aber einer gesonderten Genehmigung bedürfe, die im Hinblick auf die Lage des Objekts im Außenbereich nicht in Aussicht gestellt werden könne, weil man eine Versiegelung der Landschaft verhindern müsse. Der Hinweis, dass die ungenehmigte Errichtung verboten sei und deshalb eine nachträgliche Genehmigung ausscheide, verfehle ihr Ziel und verdeutliche die pure formale Bescheidung mit Textbausteinen. Dass hier in besonderer Weise Veranlassung bestanden hätte, den Antragsteller anzuhören, ergebe sich schon aus dem Umstand, dass der Antragsteller sich mit dem Bau seines Alterssitzes in ständigem Austausch mit der Behörde befunden habe und es für diese ein Leichtes gewesen wäre, die Terrasse zu prüfen und zu genehmigen. Stattdessen habe man sich auf den Erlass einer Beseitigungsverfügung beschränkt. Der Ansatz von 1.000,- Euro in der ersten Stufe sowie weiteren 2.000,- Euro im konkreten Fall scheine unverhältnismäßig. Es sei eine Freisitzplatte im Übergangsbereich zwischen Hauswand und Straße im Zusammenhang mit dem genehmigten Bauvorhaben gegossen worden. Diese solle nicht überbaut werden. Keinesfalls erwecke die Vorgehensweise der Behörde den Eindruck, dass man dem Gebot des mildesten Mittels folge. Man hätte stattdessen darlegen können, warum die Bodenplatte genehmigungspflichtig sei und was zu tun wäre, um die Genehmigung zu erlangen.
Der Antragsgegner beantragte dagegen,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2019 im Wesentlichen ausgeführt, dass der zu vollstreckende Bescheid vom … Oktober 2018 bestandskräftig geworden und rechtmäßig sei. Hinsichtlich der Androhung des Zwangsgeldes im Bescheid vom … August 2019 seien keine Fehler ersichtlich, infolge welcher eine vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers möglich wäre. Ein förmlicher Rechtsbehelf gegen Maßnahmen der Vollstreckungsbehörde bei der Anwendung eines Zwangsmittels sei nur insoweit zulässig, als geltend gemacht werden könne, dass diese Maßnahmen eine selbständige Rechtsverletzung darstellen würden. Ein Zwangsgeld könne so oft angedroht werden, bis die Verpflichtung erfüllt worden sei, sofern das erste Zwangsgeld vor einer erneuten Androhung erfolglos geblieben sei. Die Höhe des Zwangsgeldes sei nach dem wirtschaftlichen Interesse zu schätzen. Sofern die erste Zwangsgeldandrohung erfolglos geblieben sei, könne die weiterführende Zwangsgeldandrohung in der Höhe angepasst, sprich erhöht, werden. Obwohl die Folgen einer Nichtbeachtung der Baueinstellung im Bescheid vom … Oktober 2018 auch für Laien verständlich erläutert seien, habe sich der Antragsteller gegen die Anordnung widersetzt und habe im Sommer 2019 die Bauarbeiten an der Betonbodenplatte wieder aufgenommen. Das festgesetzte Zwangsgeld sei daher fällig geworden und sei beizutreiben. Die in § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO genannten Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- bzw. die vorgelegten Behördenakten auch im Hauptsacheverfahren (Az.: M 29 K 19.4827) verwiesen.
II.
Die zulässigen Anträge haben in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Androhung eines erneuten Zwangsgeldes in Höhe von 2.000,- Euro in Ziffer I. des Bescheides vom 14. August 2019 hat keinen Erfolg.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO i.V.m. Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 21a Satz 2 BayVwZVG kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 BayVwZVG ganz oder teilweise anordnen. Es trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung dahingehend, ob das öffentliche Vollzugsinteresse des Antragsgegners oder das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Die vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich maßgeblich an den summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs. Die aufschiebende Wirkung ist regelmäßig dann anzuordnen, wenn nach der im vorläufigen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Regelung bestehen.
Die Anfechtungsklage gegen die erneute Zwangsgeldandrohung wird jedoch nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich ohne Erfolg bleiben, da sie rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es besteht daher im Rahmen der vorzunehmenden Interessensabwägung ein überwiegendes Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2019 – 15 CS 18.2459 – juris Rn. 25). Das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage ist deshalb gegenüber dem kraft Gesetzes zugrunde gelegten Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung des Bescheides nachrangig.
a. Die Rechtsgrundlage der erneuten Zwangsgeldandrohung findet sich in Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 BayVwZVG. Danach kann die Vollstreckungsbehörde denjenigen, der eine Pflicht zu einer Unterlassung nicht erfüllt, durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten (Art. 31 Abs. 1 BayVwZVG).
b. Die Zwangsgeldandrohung ist formell rechtmäßig. Der Antragsgegner war zum Erlass der Zwangsgeldandrohung mit Fristsetzung zuständig. Nach Art. 30 Abs. 1 Satz 1 BayVwZVG vollstreckt die Anordnungsbehörde ihre Verwaltungsakte grundsätzlich selbst. Die Androhung ist entsprechend den gesetzlichen Vorschriften schriftlich erfolgt (Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayVwZVG) und dem Antragsteller am 21. August 2019 (vgl. Behördenakte Seite 34) zugestellt worden (Art. 36 Abs. 7 Satz 1 BayVwZVG).
c. Die Zwangsgeldandrohung ist auch materiell rechtmäßig, da die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen.
(1) Ein vollstreckbarer Grundverwaltungsakt liegt in dem bestandskräftigen Bescheid vom 31. Oktober 2018, welcher den Antragsteller zur Baueinstellung einer Bodenplatte auf dem Grundstück Fl.Nr. 1189, … …, verpflichtet. Die Baueinstellung in Ziffer I. dieses Bescheides wurde in dessen Ziffer III. für sofort vollziehbar erklärt, so dass der Bescheid gemäß Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 BayVwZVG vollstreckt werden kann. Im Übrigen hat der Antragsteller auch keine Rechtsmittel gegen den Bescheid eingelegt, so dass dieser auch gemäß Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 BayVwZVG nicht mehr mit einem förmlichen Rechtsbehelf angefochten und damit vollstreckt werden kann. Dieser Verwaltungsakt ist auch nach wie vor wirksam, durchgreifende Anhaltspunkte für seine Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit im Sinne von Art. 44 BayVwVfG liegen nicht vor.
Insbesondere ist der Verwaltungsakt nicht gemäß Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nichtig. Der Verwaltungsakt leidet vorliegend nicht an einen schweren und offensichtlichen Fehler, der zur Nichtigkeit nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG führen würde. Für einen besonders schwerwiegenden Fehler müsste der Verstoß für die Rechtsordnung schlechthin unerträglich sein und die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung in einem so hohen Maße verletzen, dass von niemanden erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, 9. Aufl. 2018, VwVfG, § 44 Rn. 104). Offensichtlichkeit bedeutet, dass die schwere Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne Weiteres ersichtlich ist, sie sich also geradezu aufdrängen muss, oder dass ihm die Fehlerhaftigkeit gewissermaßen auf die Stirn geschrieben ist (BayVGH, U.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – juris Rn. 44). Eine andere Auffassung des Antragstellers zu der Frage, ob sich das streitgegenständliche Grundstück im Innen- oder Außenbereich befindet, sowie eine behauptete, unzureichende Begründung des Verwaltungsakts oder eine mögliche fehlende Anhörung vor dessen Erlass stellen keine offensichtlichen besonders schwerwiegenden Fehler dar.
Die isolierte Zwangsgeldandrohung kann nach Art. 38 Abs. 1 Satz 3 BayVwZVG mit der Anfechtungsklage nur insoweit angegriffen werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird. Einwendungen gegen den unanfechtbaren Grundverwaltungsakt sind ausgeschlossen (BayVerfGH, E.v. 25.1.2007 – Vf.50-VI-05 – juris Rn. 53). Die Rechtmäßigkeit des bestandskräftigen Grundverwaltungsakts ist daher im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nicht mehr zu prüfen.
Der Antragsteller hat grundsätzlich die Möglichkeit, Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Ausgangsverwaltungsakt, die erst nach dessen Erlass entstanden sind, nach Art. 21 BayVwZVG der Anordnungsbehörde gegenüber geltend zu machen und einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung zu stellen. Die Rechtmäßigkeit der isolierten Zwangsgeldandrohung berührt dies zunächst aber nicht.
Solche Einwendungen hat der Antragsteller indes nicht vorgebracht. Seine Einwendungen beziehen sich nur auf die materielle Rechtslage, die der unanfechtbaren Anordnung zur Baueinstellung zugrunde liegt. Der Antragsteller hat auch zwischenzeitlich keine Baugenehmigung für die bestehende Bodenplatte erhalten. Auch musste sich dem Antragsgegner in keiner Weise aufdrängen, dass eine Baueinstellung nunmehr nicht mehr erlassen werden dürfte. Vielmehr ist die der Baueinstellung zugrunde liegende Sach- und Rechtslage unverändert.
Die Verpflichtung zur Baueinstellung ist auch nicht aus sonstigen Gründen unmöglich. Für eine wirtschaftliche Unmöglichkeit gibt es keine Anhaltspunkte.
(2) Auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor.
Die wiederholte Zwangsgeldandrohung kann sich in rechtmäßiger Weise auf Art. 37 Abs. 1, Art. 36, Art. 31 und Art. 19 BayVwZVG stützen. Das Zwangsgeld ist unter Setzung einer Frist vorher schriftlich anzudrohen (Art. 36 Abs. 1 BayVwZVG). Gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG können Zwangsmittel so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Nach Art. 36 Abs. 6 Satz 2 BayVwZVG ist eine erneute Androhung jedoch erst dann zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist. Dies bedeutet nicht, dass ein weiteres Zwangsgeld erst dann angedroht werden darf, wenn das vorher festgesetzte Zwangsgeld beigetrieben bzw. ein Beitreibungsversuch gemacht worden ist. Es ist vielmehr ausreichend, dass das zuvor angedrohte Zwangsgeld fällig geworden und die frühere Androhung ohne Erfolg geblieben ist (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2002 – 20 ZB 02.1265 – juris Rn. 7 m.w.N.). Wie die Lichtbilder vom 31. Juli 2019 in der Behördenakte (Seite 26 ff.) zeigen, wurden an die streitgegenständliche Bodenplatte teilweise Umrandungen bzw. eine Verkleidung angebracht und somit der verfügten Baueinstellung keine Folge geleistet.
Da die Einstellung der Bauarbeiten als Pflicht zu einer Unterlassung im Sinne des Art. 31 Abs. 1 BayVwZVG durchgesetzt werden soll, stellt das Zwangsgeld das richtige und auch mildeste Zwangsmittel dar.
Gegen die Höhe des Zwangsgelds von 2.000,- Euro bestehen keine Bedenken. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes liegt am unteren Rand des zur Verfügung stehenden Rahmens von 15,- bis 50.000,- EUR (Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG) und ist im Hinblick auf das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers und im Hinblick darauf, dass zusammen mit dem Grundverwaltungsakt bereits erfolglos ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- Euro angedroht wurde, angemessen. Jedenfalls geht die Höhe nicht über das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen daran, die Einstellung der streitgegenständlichen Bauarbeiten zu unterlassen, hinaus (Art. 31 Abs. 2 BayVwZVG).
Da die mit streitgegenständlichem Bescheid vom … Oktober 2018 verfügte Baueinstellung eine Pflicht zur Unterlassung darstellt, war für die erneute Androhung des Zwangsgeldes auch nicht das Setzen einer Frist durch den Antragsgegner erforderlich. Der Antragsteller als Verpflichteter war auch rechtlich und tatsächlich in der Lage, die auferlegte Rechtspflicht zu erfüllen.
Die Androhung genügt auch den Bestimmtheitserfordernissen. Mit dem Zwangsgeld ist ein bestimmtes Zwangsmittel angedroht worden, Art. 36 Abs. 3 Satz 1 BayVwZVG. Die Androhung ist in bestimmter Höhe erfolgt, Art. 36 Abs. 5 BayVwZVG. Es ist auch hinreichend deutlich, auf welche Unterlassung sich die Androhung bezieht.
Schließlich sind auch keine Ermessenfehler des Antragsgegners ersichtlich. Der Antragsteller kann nur verlangen, dass die Behörde nachträglich eingetretene Gesichtspunkte im Rahmen ihrer Ermessensausübung bei der Vollstreckung (Art. 19 Abs. 1 BayVwZVG: ”Verwaltungsakte können vollstreckt werden,…”) angemessen berücksichtigt (BayVGH, B.v. 11.09.1998 – 1 ZS/ZE 98.2211 – juris Rn. 3). Dies ist vorliegend geschehen. Insbesondere hat der Antragsteller keinen Bauantrag für die Bodenplatte bei der Behörde eingereicht.
d. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der im Bescheid vom … August 2019 festgesetzten Gebühren in Höhe von 130,00 Euro (Bescheidgebühr: 100,00 Euro, Gebühr für die Bauüberwachung: 30,00 Euro) und Auslagen in Höhe von 3,68 Euro (Ziffer III des Bescheides) gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Hinblick auf den gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO ist bereits unzulässig, da es an dem gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO zwingend durchzuführenden „Vorverfahren“ fehlt.
(1) Zunächst zählt zu den öffentlichen Abgaben und Kosten im Sinne § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO auch die streitgegenständliche Verwaltungsgebühr (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn 31).
(2) Weiter ist nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Ein derartiger Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist weder vom Antragsteller vorgetragen, noch lässt er sich aus den vorgelegten Behördenakten entnehmen. Insoweit ist für das besondere Vorverfahren nach § 80 Abs. 6 VwGO anerkannt, dass dieses nicht durch eine rügelose Einlassung der Verwaltung auf den Antrag oder die erhobene Klage ersetzt werden kann (Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 80 Rn. 180).
Nach überwiegender Auffassung normiert § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO eine Zugangsvoraussetzung, die bereits bei Rechtshängigkeit des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens vorliegen muss und – anders als bei sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen – nicht nachholbar ist (Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 80 Rn. 180).
Das Erfordernis eines behördlichen Aussetzungsverfahrens entfällt nach § 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO nur dann, wenn die Behörde über den Aussetzungsantrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder wenn eine Vollstreckung droht. Letzteres, was vorliegend allein in Betracht kommt, ist nicht der Fall. Der Antragsgegner hatte weder den Beginn von Vollstreckungsmaßnahmen für einen unmittelbar bevorstehenden Termin angekündigt noch eine alsbaldige Vollstreckung konkret vorbereitet (vgl. BayVGH, B.v. 18. 2.2010 – 10 CS 09.3204 – juris Rn 11).
(3) Im Übrigen sind, nachdem sich der Bescheid vom 14. August 2019 als voraussichtlich rechtmäßig erweiset, in der Folge auch die entsprechenden Kosten- und Gebührenentscheidungen dieses Bescheides nicht zu beanstanden. Weitergehende Einwendungen wurden insoweit auch von Antragstellerseite nicht vorgetragen. Rechtgrundlagen für die Kostenerhebung sind Art. 1, 2, 5, 6 und 10 KG i.V.m. der Verordnung über den Erlass des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz (Kostenverzeichnis – KVz). Die Höhe der Gebühren bemisst sich gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG nach dem Kostenverzeichnis.
2. Auch der Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Bescheid vom 31. Oktober 2018 bleibt ohne Erfolg. Er ist unbegründet.
Eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach Satz 2 der genannten Vorschrift auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Dabei muss der Antragsteller jedoch eine Gefährdung eines eigenen Individualinteresses (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines Rechtes oder rechtlich geschützten Interesses (Anordnungsanspruch) geltend und die zur Begründung notwendigen Tatsachen glaubhaft machen (§ 123 Abs. 2 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend.
Der Antragsteller hat hier indes weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
a. Es ist schon kein Anordnungsgrund erkennbar. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht hat, dass es unter Berücksichtigung seiner Interessen für ihn nicht zumutbar ist, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Für eine Dringlichkeit in diesem Sinne reicht es nicht aus, dass die Beitreibung des Zwangsgeldes aufgrund seiner Höhe wirtschaftliche Auswirkungen beim Antragsteller hat (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2001 – 2 CE 01.2339 – juris Rn. 9). Vielmehr wäre ein nicht wieder gut zu machender Schaden, etwa in Gestalt einer Existenzgefährdung darzulegen, der im Fall des Abwartens der Entscheidung im Hauptsacheverfahren eintreten würde. Für den finanziellen Ausgleich im Fall einer rechtswidrigen Vollstreckung ist er auf die Möglichkeit der Beseitigung der Vollstreckungsfolgen gem. Art. 39 BayVwZVG nach der Entscheidung über die Hauptsache zu verweisen.
b. Ein Anordnungsanspruch ist ebenfalls nicht ersichtlich. Ein solcher ergibt sich nicht daraus, dass die verfügte Baueinstellung rechtswidrig wäre. Wie bereits vorstehend ausgeführt, ist Voraussetzung für die Vollstreckung lediglich ein nach Art. 19 Abs. 1 BayVwZVG vollstreckbarer und damit rechtswirksamer, nicht aber ein rechtmäßiger Grundverwaltungsakt.
c. Dasselbe gilt für die in Ziffer III. des Bescheides vom 31. Oktober 2018 festgesetzten Kosten in Höhe von 150,00 Euro (Bescheidgebühr: 100,00 Euro, Gebühr für die Bauüberwachung: 50,00 Euro) und Auslagen in Höhe von 3,68 Euro (Ziffer III. des Bescheides). Auch für diese ist weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch erkennbar. Die Gebühren und Auslagen sind bestandskräftig festgesetzt.
3. Nach alledem waren die Anträge mit der Kostenfolge gemäß § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Festsetzung der Streitwerte beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 1.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen