Verwaltungsrecht

Zweitantrag nach erfolglosem Folgeantragsverfahren in Griechenland

Aktenzeichen  Au 4 K 17.34594

Datum:
18.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 9749
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 71a
VwVfG § 51

 

Leitsatz

Ein in Griechenland im Juli 2014 beantragter und im Juli 2015 abgelehnter Asylfolgeantrag kann Grundlage eines Zweitantragsverfahren gemäß § 71a AsylG sein, da keine zureichenden Anhaltspunkte für systemische Mängel des griechischen Asylsystems in diesem Zeitraum bestehen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom 1. September 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Hinsichtlich der Darstellung der Entscheidungsgründe folgt das Gericht der Begründung des in dieser Sache ergangenen Gerichtsbescheids vom 15. Januar 2018 und nimmt hierauf Bezug (§ 84 Abs. 4 VwGO).
Ergänzend ist zum Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung auszuführen: Nach den in Akten dokumentierten Ermittlungen des Bundesamts (vgl. Schreiben der griechischen Behörden vom 25.7.2017, Bl. 73 Bundesamtsakte; wiedergegeben im streitgegenständlichen Bescheid, S. 2) ist nach wie vor davon auszugehen, dass der Kläger in Griechenland als Drittstaat i.S.d. § 71a Abs. 1 AsylG erfolglos ein Asylverfahren – einschließlich sogar eines Folgeantrags – abgeschlossen hat. Nachdem sich aus der Mitteilung der griechischen Behörden ergibt, dass der Asylfolgeantrag des Klägers im Juli 2014 für zulässig erachtet und anschließend in erster Instanz sowie auf Grund eines Rechtsmittels geprüft und letztlich im Juli 2015 abgelehnt wurde, bestehen auch keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Asylantrag des Klägers wegen in Griechenland bestehender systemischer Mängel des Asylverfahrens nicht als Zweitantrag gem. § 71a AsylG gewertet werden durfte; für den genannten Zeitraum ist von solchen systemischen Mängeln in Griechenland nicht auszugehen (vgl. VG Köln, B.v. 19.2.2018 – 14 L 4188/17.A – juris Rn. 27 ff.).
Die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gem. § 71a Abs. 1 AsylG, § 51 VwVfG liegen nicht vor, so dass der Asylantrag des Klägers gem. § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG zu Recht als unzulässig abgelehnt wurde. Eine Änderung der Sach- oder Rechtslage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist ebenso wenig erkennbar wie das Vorliegen neuer Beweismittel gem. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich die Frage bejaht, ob er in Griechenland zur Begründung seines Asylantrags das Gleiche angegeben habe wie in Deutschland vor dem Bundesamt. Anderes ist auch nicht erklärbar, denn die vom Kläger vorgebrachten Ereignisse in Nigeria sind durchweg vor seiner Ausreise und vor seiner Asylantragstellung in Griechenland erfolgt. Etwas anderes ergibt sich nicht aus den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung betreffend einen Kampf mit Polizisten und die Festnahme sowie den Tod seiner Frau. Insoweit hat sich, selbst wenn das Vorbringen des Klägers zu Grunde gelegt wird, die Sachlage nicht i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG geändert, weil dieses Geschehen ebenfalls bereits vor der Asylantragstellung durch den Kläger in Griechenland stattgefunden hätte. Aus dem gleichen Grund wäre, selbst wenn man das Vorbringen des Klägers als „Beweismittel“ gem. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG wertete, dieses nicht „neu“; denn insoweit kommt es nicht auf die Kenntnis der Behörde, sondern auf den Kläger als Antragsteller an (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 51 Rn. 33). Daneben ist das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung betreffend jedenfalls die Festnahme sowie den Tod seiner Frau unglaubwürdig. An der erforderlichen glaubhaften Darlegung des Verfolgungsschicksals fehlt es insbesondere wenn der Schutzsuchende Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. etwa VGH BW, U.v. 27.8.2013 – A 12 S 2023/11 – juris Rn. 35). So liegen die Dinge hier. Von einer Festnahme und – als deren mittelbarer Folge – einem Tod seiner Frau hat der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung berichtet. Weder seinem Vorbringen bei der Anhörung durch das Bundesamt – obwohl er dort ausdrücklich erklärt hat, ausreichend Gelegenheit gehabt zu haben, seine Gründe für den Asylantrag zu schildern – noch im gesamten gerichtlichen Verfahren vor der Verhandlung lässt sich auch nur ansatzweise die Schilderung eines solchen Geschehens entnehmen. Zudem ist der Kläger bei der Anhörung vor dem Bundesamt ausdrücklich gefragt worden, ob noch weitere Verwandte in seinem Heimatland leben würden. Würde ein Kind von ihm – wie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht – noch in Nigeria leben, ist anzunehmen, dass der Kläger dies dem Bundesamt auf die genannte Frage mitgeteilt hätte. Das Gericht ist daher der Überzeugung, dass sich das vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angegebene Geschehen nicht tatsächlich ereignet hat, sondern dass er dies lediglich nachgeschoben hat, um Wiederaufgreifensgründe gem. § 51 Abs. 1 VwVfG zu konstruieren. Zudem bestätigt dieses Vorgehen des Klägers die bereits im Gerichtsbescheid getroffene Annahme (Rn. 18), dass das Vorbringen des Klägers als unglaubhaft zu werten ist.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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