Baurecht

Anforderungen an die Ausfertigung von Bebauungsplänen und Befreiung von den Festsetzungen zu überbaubaren Grundstücksflächen für Garagen

Aktenzeichen  1 ZB 20.409

Datum:
25.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 1650
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 2
BayGO Art. 26 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Für den Fall, dass eine Satzung aus einem Textteil und einer oder mehreren Planzeichnungen besteht, müssen diese entweder körperlich untrennbar miteinander verbunden sein oder es sind grundsätzlich alle Teile gesondert auszufertigen. Die Ausfertigung allein des Textteils oder allein der Planzeichnung genügt in einem solchen Fall nur dann, wenn durch eindeutige Angaben oder auf andere Weise jeder Zweifel an der Zugehörigkeit aller Planteile zu der beschlossenen Satzung ausgeschlossen wird.  (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Diese Grundsätze gelten nicht nur im Verhältnis von Planzeichnung und textlichem Festsetzungsteil, sondern allgemein, wenn ein Bebauungsplan als Satzung aus mehreren regelnden Teilen besteht, die nicht auf einem Blatt zusammengefasst sind. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ob eine Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans möglich ist, weil die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Was zum planerischen Grundkonzept zählt, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Planungswillen der Gemeinde. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft (hier Befreiung von den Festsetzungen über überbaubare Grundstücksflächen für Garagen abgelehnt).  (Rn. 10 – 14) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 1 K 18.2496 2020-01-21 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Genehmigung für eine bereits errichtete Garage unter Befreiung von den Festsetzungen über die überbaubaren Grundstückflächen des am 17. Februar 2005 als Satzung beschlossenen und am 3. Januar 2006 bekannt gemachten Bebauungsplans „R* …“ der Beigeladen (nachfolgend „Bebauungsplan“), in dessen Geltungsbereich das Grundstück FlNr. …, Gemarkung S* … (nachfolgend „Baugrundstück“), liegt.
Das Landratsamt genehmigte für das Baugrundstück mit Bescheid vom 28. August 2014 den Neubau eines Einfamilienhauses mit einer Garage, die an der hierfür im Bebauungsplan festgesetzten Stelle im südwestlichen Grundstücksbereich situiert war. Bei einer Ortsbesichtigung am 17. Oktober 2017 stellte das Landratsamt fest, dass die Doppelgarage planabweichend und unter Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans nordwestlich unmittelbar an das Einfamilienhaus angebaut worden war. Zu dem eingereichten Bauantrag und Antrag des Klägers auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans verweigerte die Beigeladene ihr Einvernehmen. Mit Bescheid vom 22. März 2018 erließ das Landratsamt eine Beseitigungsanordnung bezüglich der planwidrig errichteten Garage, die Gegenstand des Zulassungsverfahrens 1 ZB 20.408 ist, und lehnte mit Bescheid vom 15. Mai 2018 die Erteilung der beantragten Baugenehmigung ab. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 21. Januar 2020 abgewiesen. Das planwidrig errichtete Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des wirksamen Bebauungsplans, eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB komme nicht in Betracht, weil das Vorhaben Grundzüge der Planung berühre.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr.3 VwGO) liegen nicht vor oder werden bereits nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838). Das ist nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Bebauungsplan wirksam ist und eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nicht in Betracht kommt, weil das Vorhaben Grundzüge der Planung berührt.
1.1 Die Zulassungsbegründung zeigt keine Umstände auf, die ernstliche Zweifel an der Wirksamkeit des Bebauungsplans rechtfertigen könnten.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass nach den vorliegenden Planaufstellungsakten ungeachtet der unterschiedlichen Datierungen in den beiden ausgefertigten Exemplaren des Bebauungsplans zweifelsfrei erkennbar ist, dass das in Kraft getretene Exemplar des Bebauungsplans, das sich in den Planaufstellungsakten unter „Nr. 17 Inkraftreten“ befindet, das maßgebliche Exemplar und in Bezug auf das Datum der Planfassung unmissverständlich ist. Danach war ausweislich der Präambel Grundlage des Satzungsbeschlusses die Planfassung vom 11. Januar 2005. Die Frage der Bestimmtheit des Bebauungsplans stellt sich daher in diesem Zusammenhang nicht.
Der Bebauungsplan ist nicht aufgrund eines gegen Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO verstoßenden Ausfertigungsmangels unwirksam. Bebauungspläne sind Satzungen (§ 10 Abs. 1 BauGB) und als solche nach Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO auszufertigen. Durch die Ausfertigung wird die Satzung als Originalurkunde hergestellt, die den Willen des Normgebers nach außen wahrnehmbar macht. Zudem wird bestätigt und sichergestellt, dass der Inhalt des als Satzung beschlossenen Bebauungsplans mit dem Willen des Gemeinderats übereinstimmt. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist anerkannt, dass für den hier vorliegenden Fall, dass eine Satzung aus einem Textteil und einer oder mehreren Planzeichnungen besteht, diese entweder körperlich untrennbar miteinander verbunden sein müssen oder grundsätzlich alle Teile gesondert auszufertigen sind. Die Ausfertigung allein des Textteils oder allein der Planzeichnung genügt in einem solchen Fall nur dann, wenn durch eindeutige Angaben oder auf andere Weise jeder Zweifel an der Zugehörigkeit aller Planteile zu der beschlossenen Satzung ausgeschlossen wird (vgl. BayVGH, U.v. 10.10.2019 – 2 N 17.1002 – juris Rn. 26; U.v. 28.4.2017 – 15 N 967 – juris Rn. 34). Diese Grundsätze gelten nicht nur im Verhältnis von Planzeichnung und textlichem Festsetzungsteil, sondern allgemein, wenn ein Bebauungsplan als Satzung aus mehreren regelnden Teilen besteht, die nicht auf einem Blatt zusammengefasst sind. Soweit in diesem Fall nicht alle Teile mit einem Ausfertigungsvermerk versehen werden, genügt der mit Unterschrift versehene Ausfertigungsvermerk lediglich auf einem Teil – also auf einem Einzelblatt – des Bebauungsplans nur dann für eine wirksame Ausfertigung, wenn die einzelnen Blätter des Bebauungsplans entweder körperlich miteinander verbunden sind oder wenn in dem ausgefertigten Teil mit hinreichender Bestimmtheit auf die übrigen Teile bzw. Einzelblätter der Satzung Bezug genommen wird oder auf andere Weise jeder Zweifel an der Zugehörigkeit der nicht gesondert ausgefertigten Teile der Satzung ausgeschlossen ist. Im zuletzt genannten Fall muss mithin die notwendige „gedankliche Schnur“ in diesem Sinn zwischen allen Einzelblättern des Bebauungsplans bestehen (vgl. BayVGH, U.v. 28.4.2017 a.a.O. m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Ausfertigung des Bebauungsplans mit der Unterschrift des 1. Bürgermeisters vom 17. Februar 2005 unter den textlichen Festsetzungen erfolgt ist. Die Frage, ob jeder Zweifel an der Zugehörigkeit des nicht gesondert ausgefertigten Planteils zu den textlichen Festsetzungen ausgeschlossen ist und insoweit eine ausreichende „gedankliche Schnur“ gegeben ist, bejaht das Verwaltungsgericht zu Recht. Denn es hat maßgeblich festgestellt, dass sowohl in den textlichen Festsetzungen als auch im Planteil der Bebauungsplan mit dem Namen „R* …“ bezeichnet und das auch auf dem Plan befindliche Datum „11. Januar 2005“ genannt wurde (UA S. 11). Es kann daher nicht die Rede davon sein, dass der Überprüfung unterschiedliche Versionen zugrunde gelegt wurden. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht insoweit, als das Verwaltungsgericht zur Bezeichnung „Plan in der Fassung vom 12. Oktober 2004“ ausführt, dass dieses Datum dasjenige der Unterschrift des 1. Bürgermeisters für die Planveranlasserin sei. Denn diese Ausführungen beziehen sich erkennbar auf den Planteil, der ungeachtet der Unterschrift des 1. Bürgermeisters mit Datum 12. Oktober 2004 keinen Anlass zu Zweifeln gibt, dass der (unterschriebene und gesiegelte) Planteil zuletzt am 11. Januar 2005 zusammen mit den textlichen Festsetzungen geändert und als Satzung beschlossen wurde. Damit ist sichergestellt, dass alle regelnden Einzelteile des als Satzung beschlossenen Bebauungsplans mit dem Willen des beschließenden Gremiums im Zeitpunkt der Beschlussfassung übereinstimmen. Darauf, ob der Planteil zeitlich vor der Ausfertigung unterschrieben worden ist, kommt es daher nicht entscheidend an, insbesondere liegen die angeführten Widersprüche zwischen dem vermeintlich im ausgefertigten Textteil genannten Plandatum und dem unterschriebenen Planteil aufgrund einer geltend gemachten Unbestimmtheit nicht vor. Dazu, dass eine Verwechslungsgefahr somit ausgeschlossen ist, verhält der Kläger sich nicht.
Auch die Ausfertigung des Textteils des Bebauungsplans ist ordnungsgemäß erfolgt. Zwar trifft es zu, dass die vier Textseiten des Textteils weder Seitenzahlen noch Verweise auf den zugehörigen Bebauungsplan oder den Planungsstand aufweisen. Die Beigelade hat aber, indem sie die obere Ecke der Blätter nach hinten umgeknickt, durch eine Heftklammer verbunden und die umgeknickten Blätter gesiegelt hat, den Anforderungen von Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO genügt. Denn damit wurde entgegen der Auffassung der Kläger eine hinreichende körperliche Verbindung geschaffen, da eine Entnahme oder das Auswechseln von Einzelblättern ohne Substanzzerstörung nicht problemlos möglich wäre. Mit der Unterschrift des 1. Bürgermeisters auf der letzten Seite und der Datumsangabe vom 17. Februar 2005 sowie der Anbringung des Siegels (ohne Datum und nochmalige Unterschrift) ist auch der sogenannten Identitätsfunktion Genüge getan. Es kann daher nicht mit Erfolg in Frage gestellt werden, wann und durch wen die Verbindung hergestellt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Entscheidung vom 28. April 2017 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es bei den Ausfertigungsanforderungen nicht darum geht, den Gemeinden zu unterstellen, diese würden ansonsten im Nachhinein durch vorsätzliches strafbares Handeln Seiten beschlossener Satzungen manipulativ austauschen. Nichts Anderes kann bei der Ausfertigung der vorliegenden Satzung gelten.
1.2 Auch kommt eine Befreiung von den Festsetzungen über überbaubare Grundstücksflächen für Garagen nicht in Betracht, da die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt sind. Ob eine Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans möglich ist, weil die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Was zum planerischen Grundkonzept zählt, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Planungswillen der Gemeinde. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in den mit der Planung gefundenen Interessenausgleich eingreift, desto eher liegt es nahe, dass das Planungskonzept in einem Maße berührt wird, das eine (Um-)Planung erforderlich macht (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2010 – 4 C 10.09 – BVerwGE 138, 166; B.v. 19.5.2004 – 4 B 35.04 – juris Rn. 37; B.v. 5.3.1999 – 4 B 5.99 – NVwZ 1999, 1110).
Die Zulassungsbegründung vermag keine Zweifel an der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts darlegen, dass die Erteilung einer Befreiung von den überbaubaren Grundflächen für die Garage ausscheidet. Die planwidrig unmittelbar an das Hauptgebäude im nordwestlichen Grundstücksbereich errichtete Garage widerspricht der im Planaufstellungsverfahren deutlich gewordenen Planungskonzeption der Beigeladenen. Die Planzeichnung des Bebauungsplans sieht eine einheitliche Anordnung der Flächen für Stellplätze und Garagen, die mit dem Hauptgebäude nicht verbunden sind, in der jeweiligen Bebauungsreihe vor. Die Zufahrten zu diesen Flächen sind überwiegend auf der einen Straßenseite gegenüber den Einfahrten auf der anderen Straßenseite versetzt angeordnet und – jedenfalls im Bereich der Parzellen Nrn. 14 bis 23 – die rückwärtigen Grundstücksbereiche von Bebauung freigehalten. Auch im Bereich der Häuserzeile, in der das Grundstück des Klägers liegt, ist eine gleichförmige Anordnung auch der Garagen (jeweils südwestlich vom Hauptbaukörper und mit diesem nicht verbunden) erkennbar. Sie lässt das städtebauliche Ziel der Beigeladenen erkennen, zur Sicherstellung der Leichtigkeit des Straßenverkehrs beizutragen und – zumindest teilweise – in Gartenbereichen eine Art „Innenhof“ entstehen zu lassen. Die vom Kläger beantragte Bauraumverschiebung in den nordwestlichen Grundstücksteil mit Anbau der Garage unmittelbar an das Wohnhaus lässt sich damit nicht vereinbaren.
Angesichts dieses Planungsziels steht entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht zu befürchten, dass praktisch in keinem Bebauungsplan, in dem für Garagen konkrete Flächen festgesetzt werden, Befreiungen erteilt werden könnten. Auch kann die Sichtweise des Bauausschusses in der Sitzung am 14. Mai 2013, in dem außerhalb eines bauaufsichtlichen Verfahrens und damit außerhalb des Anwendungsbereichs von § 36 BauGB sechs Gemeinderatsmitglieder der Beigeladenen durch eine vom Bebauungsplan abweichende Situierung der Garage (durch den Kläger) Grundzüge der Planung nicht als berührt ansahen, nicht als Indiz für die gegenteilige Auffassung des Klägers herangezogen werden. Denn in dem maßgeblichen Zeitpunkt nach der Stellung eines Bauantrags durch den Kläger hat der Bauausschuss der Beigeladenen in der Sitzung vom 10. Dezember 2013 einstimmig die Grundzüge der Planung als berührt angesehen. Eine weitere Aufklärung durch das Verwaltungsgericht war daher weder erforderlich noch geboten. Die Grundzüge der Planung sind vorliegend auch nicht obsolet geworden, da es sich nach den vorliegenden Unterlagen, insbesondere nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, bei den tatsächlich vorhandenen Abweichungen von den festgesetzten Bauräumen um relativ geringfügige Abweichungen handelt, die sich in einem Rahmen bewegen, der das Grundkonzept des Bebauungsplans unberührt lässt. Die pauschale Behauptung des Klägers, die Abweichungen hätten maßgebliche Auswirkungen auf die Grundzüge der Planung, reicht nicht, um die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Der Vortrag, die Beigeladene habe nunmehr weitere Befreiungen von dem Bauliniengefüge des streitgegenständlichen Bebauungsplans zugelassen, kann nicht berücksichtigt werden, weil der Schriftsatz des Klägers am 8. Dezember 2020 erst (weit) nach Ablauf der gesetzlichen Frist zur Begründung des Zulassungsantrags bei Gericht eingegangen ist.
Schließlich vermag auch der Vortrag des Klägers unter Hinweis auf den „faktisch wort- und inhaltsgleichen“ Bebauungsplan „R* … …“, der am 22. Juni 2010 als Satzung beschlossen wurde und dessen Plangebiet unmittelbar östlich an das Grundstück des Klägers angrenzt, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht festgestellt habe, dass es für diesen Bebauungsplan nicht auf den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses ankomme, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zu begründen. Unabhängig davon, dass die Feststellung dem angegriffenen Urteil nicht entnommen werden kann, ist für die Beurteilung, ob eine Befreiung erteilt werden kann, allein maßgeblich auf die Festsetzungen des Bebauungsplans abzustellen, von dem die Befreiung erteilt werden soll. Insofern hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf verwiesen, dass die Vorstellungen der Gemeinde sich in den Geltungsbereichen angrenzender Bebauungspläne unterschiedlich entwickeln können, auch wenn die Motive für die Planung anfänglich dieselben waren. Im Übrigen bleibt es der Gemeinde unbenommen, in der neueren Planung auf die Besonderheiten der jeweiligen Grundstückszuschnitte Rücksicht zu nehmen.
Auch der Vortrag in der Zulassungsbegründung, es liege eine besondere atypische Situation des Grundstücks vor, rechtfertigt keine Befreiung von der Festsetzung über die überbaubaren Grundstücksflächen. Die Ausführungen des Klägers, durch die Verschiebung der Garage werde keine einheitliche bauliche Situation zerstört, da das Grundstück des Klägers den Abschluss einer Zeile bilde und eine Verschiebung der Garage nicht abweichend ins Gewicht falle, treffen nicht zu. Die Beigeladene hat die Planung der überbaubaren Grundstücksflächen auf dem Grundstück des Klägers in Kenntnis des Grundstückszuschnitts vorgenommen. Damit ist eine Befreiung in aller Regel ausgeschlossen (vgl. Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 31 Rn. 29). Im Übrigen kann angesichts der Grundstückszuschnitte der Parzellen 14/15 und 24/25 nicht die Rede davon sein, dass das Verwaltungsgericht die besondere atypische Situation des Grundstücks des Klägers nicht ausreichend gewürdigt hätte. Denn unabhängig davon, dass es für die Frage des Grundstückzuschnitts nicht darauf ankommt, ob das Grundstück eine „abgeschnittene Fläche“ aufweist, macht auch der Kläger nicht geltend, dass der betroffene südliche Grundstücksteil nicht genutzt werden könnte und er damit in nicht hinnehmbarer Art und Weise beeinträchtigt wäre. Auch trifft es nicht zu, dass eine einheitliche Bauzeile im Bereich des Grundstücks des Klägers nicht mehr hergestellt werden kann. Denn in dieser Bauzeile sind zwei Parzellen noch unbebaut, auf einer weiteren Parzelle befindet sich ein Swimming Pool. Letzterer stünde einer etwaigen späteren Bebauung entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegen.
Da ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen über überbaubare Grundstücksflächen für Garagen ausscheidet, kommt es auf die Frage, ob die Abweichung nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar wäre oder einen Härtefall im Sinn des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB darstellen würde, nicht mehr an.
2. Tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor. Die auftretenden Fragen können anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der hierzu erfolgten Rechtsprechung beantwortet werden. Auf die Rechtsausführungen im Beschluss wird Bezug genommen. Eine Ortseinsicht ist – unabhängig von einer substantiierten Darlegung -nach den vorstehenden Ausführungen nicht erforderlich. Auch einen weiteren Klärungsbedarf zeigt der Kläger in der Zulassungsbegründung nicht auf. Er möchte lediglich die tatsächlichen Verhältnisse anders bewertet wissen.
3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung geklärt werden muss. Der Kläger hält die Frage für entscheidungserheblich, ob umgeknickte, geklammerte und gestempelte Ecken genügen, um eine hinreichen körperliche Verbindung für eine ordnungsgemäße Ausfertigung eines Bebauungsplans zu bieten, wenn nur eine der so verbundenen Seiten ausgefertigt wurde und sonst keine gedankliche Verbindung zwischen den Seiten hergestellt werden kann. Die grundsätzliche Bedeutung leitet er daraus ab, dass es eine Vielzahl von Bebauungsplänen gebe, die lediglich aus losem Blattwerk ohne gedanklichen Bezug bestünden und bei denen lediglich die letzte Seite ausgefertigt worden sei. Dies kann, ungeachtet dessen, dass eine körperliche Verbindung geschaffen wurde, ausweislich der vorstehenden Ausführungen unter Nummer 1.1 anhand der Auslegung des Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO und der oben genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs beantwortet werden.
4. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, da sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da sie sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert hat. (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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