Baurecht

Nutzungsuntersagung für eine vermietete Bergehalle

Aktenzeichen  M 11 K 17.3969

Datum:
17.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 38664
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 76 S. 1, S. 2
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 S. 1 Nr. 1, Nr. 4

 

Leitsatz

Die gewerbliche Vermietung einer Bergehalle stellt eine gegenüber einer genehmigten landwirtschaftlichen Nutzung  genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
I.
Die zulässige Klage ist unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid vom rechtmäßig ist und den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Soweit sich die Klage gegen Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids richtet ist sie unbegründet, da die Voraussetzung für die Untersagung der gewerblichen Nutzung der betreffenden Bergehalle nach Art. 76 Satz 2 BayBO vorliegen. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde eine Nutzung untersagen, wenn eine Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt wird. Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagung genügt dabei regelmäßig, dass die zwar genehmigungspflichtige aber ohne baurechtliche Genehmigung betriebene Tätigkeit formell illegal ist. Die Genehmigungsfähigkeit ist demgegenüber lediglich insoweit von Bedeutung, als eine Nutzungsuntersagung bei offensichtlicher Genehmigungsfähigkeit unverhältnismäßig ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.5.2014 – 9 CS 14.451 – juris Rn. 12).
a. Die gewerbliche Vermietung der Bergehalle ist formell illegal, da sie gegenüber der 1992 genehmigten landwirtschaftlichen Nutzung eine gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstellt, dem Kläger aber zu keiner Zeit eine Genehmigung hierfür erteilt wurde. Eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO besteht nicht, da an die gewerbliche Vermietung der Halle an Wohnmobil- und Segelbootinhaber andere öffentlich-rechtliche Anforderungen gestellt werden als an eine privilegierte landwirtschaftliche Nutzung. Aus dem genehmigten Gegenstand einer landwirtschaftlichen Bergehalle folgt, dass mit der nicht-landwirtschaftlichen Nutzung als Abstellplatz die Variationsbreite der Baugenehmigung verlassen wird.
b. Auch ist der Erlass der Nutzungsuntersagung nicht wegen offensichtlicher Genehmigungsfähigkeit der aktuell ausgeübten gewerblichen Nutzung der Bergehalle unverhältnismäßig.
Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ist nach § 35 BauGB zu beurteilen, da das Grundstück im Außenbereich liegt. Eine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit auf Grundlage von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB kommt mangels Privilegierung nicht in Betracht. Zwar bewirtschaftet der Kläger einen landwirtschaftlichen Betrieb in diesem Sinne, jedoch steht die Vermietung der streitgegenständlichen Halle nicht in einer funktional zugeordneten Beziehung zu diesem Betrieb. Vielmehr handelt es sich – auch nach Angaben des AELF – um eine gewerbliche Tätigkeit, die nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb dient.
Auch in Anbetracht der von der Rechtsprechung zu § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB herausgearbeiteten Grundsätze der Zulässigkeit einer sog. „mitgezogenen Betätigung“ nimmt die gewerbliche Vermietung der Lagerfläche an Wohnmobil- und Segelbootinhaber nicht an der Privilegierung der genehmigten landwirtschaftlichen Nutzung teil. Insofern kann der Kläger auch nicht unter Berufung auf die Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Bau und Verkehr und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten „Bauen im Rahmen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe“ vom 20. Dezember 2016 (Az. I1B5-4606-001/13 und A2/Z6-7241-1/7; AllMBl. Nr. 1/2017 S. 5 ff.) mit seiner Einwendung durchdringen, dass die gewerbliche Nutzung eine in Nr. 2.5 i.V.m. Nr. 3.4.3 der Bekanntmachung beispielhaft aufgezählte mitgezogene Betätigung in diesem Sinne darstelle. Unabhängig von der grundsätzlich mangelnden Bindungswirkung normauslegender Verwaltungsvorschriften für die Verwaltungsgerichte ergibt sich aus der Bekanntmachung nichts anderes. Unter Nr. 3.4.3 Satz 6 geht die Bekanntmachung einschränkend unter Ausschluss von Neubauten davon aus, dass bezüglich der Lagerung „sonstiger Gegenstände“ (ohne jeglichen Bezug zur Landwirtschaft) „allenfalls eine Umnutzung leerstehender Gebäude in Betracht“ komme. Im zu entscheidenden Fall dürfte es sich bei der Lagerhalle ohnehin nicht um ein leerstehendes Gebäude im Sinne der Bekanntmachung handeln, da der Kläger die Halle weiterhin ganzjährig zum Teil landwirtschaftlich nutzt. Darüber hinaus sind die Formulierungen in Nr. 3.4.3 der Bekanntmachung zu vage, um hieraus ableiten zu können, wann die betroffenen Staatsministerien tatsächlich bei einem leerstehenden Gebäude von der Möglichkeit einer „mitgezogenen“ allgemeinen Lagernutzung ausgehen. Die Bekanntmachung macht den nachgeordneten Behörden zwar keine strikten Vorgaben gegen eine entsprechende Annahme, überlässt das Ergebnis allerdings in der Sache einer Einzelfallprüfung (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 18.9.2017 – 15 CS 17.1675 – juris Rn. 23).
Für die vorzunehmende Einzelfallprüfung kommt es nach dem insofern für das Gericht allein maßgeblichen gesetzlichen Begriff der Landwirtschaft (§ 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201 BauGB) darauf an, ob ein enger Zusammenhang mit der eigentlichen landwirtschaftlichen Betätigung einschließlich ihrer vielfältigen Formen besteht und das Erscheinungsbild des landwirtschaftlichen Betriebs insgesamt gewahrt bleibt. Landwirtschaftsfremde Nutzungen müssen, um noch als betriebswirtschaftlich zugeordneter („mitgezogener“) Teil eines landwirtschaftlichen Betriebes im vorgenannten Sinn aufgefasst werden zu können, unabhängig von der betrieblichen Unterordnung von den Ergebnissen einer eigenen Bodenertragsnutzung des Betriebs geprägt sein (BVerwG, U.v. 30.11.1984 – 4 C 27.81 – NVwZ 1986, 293 = juris Rn. 14; B.v. 4.10.2006 – 4 B 64.06 – NVwZ 2007, 224 = juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 24.5.2016 – 9 ZB 13.2539 – NVwZ-RR 2016, 861 = juris Rn. 11; B.v. 15.5.2017 – 15 ZB 16.1673 – juris Rn. 27). Eine Betätigung ist umso weniger als bloße Nebensache anzusehen, als zwischen dem landwirtschaftlichen Betrieb und der hinzugenommenen Betätigung ein betrieblicher Zusammenhang kaum oder nur noch entfernt besteht.
Gemessen an diesen Grundsätzen fehlt zwischen der gewerblichen Nutzung der Bergehalle und der landwirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers der erforderliche betriebliche Zusammenhang. Die Nutzung einer zu rein landwirtschaftlichen Zwecken genehmigten Halle als Lagerstätte für eine allgemein gewerbliche landwirtschaftsfremde Betätigung – wie hier als Abstellraum für Wohnmobile und Segelschiffe – hat mit der landwirtschaftlichen Urproduktion nichts zu tun. Die Vermietung dient gerade nicht der Lagerung landwirtschaftlicher, im eigenen Betrieb erzeugter Produkte bzw. verwendeter Betriebsmittel, sondern vielmehr sonstiger, in keinem Bezug zu einer landwirtschaftlichen Tätigkeit stehender, Gegenstände. Damit kann die vorliegende gewerbliche Nutzung nicht dem typischen Erscheinungsbild einer landwirtschaftlichen Bergehalle zugeordnet werden, vielmehr besteht sie als völlig selbstständiger Erwerbszweig daneben. Für die Anerkennung als „mitgezogene Nutzung“ kann jedoch insbesondere allein die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit einer nicht-landwirtschaftlichen Nutzung nicht maßgebend sein (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.2017 – 15 CS 17.1675 – juris Rn. 24, juris; BayVGH, B.v. 15.5.2017 – 15 ZB 16.1673 – juris Rn. 24). Unerheblich für die Beurteilung als nicht privilegiertes Vorhaben ist auch die Art der Versteuerung der Einkünfte aus der Vermietung durch den Kläger. Schließlich ist im Hinblick auf den Umfang der vom Kläger gewerblich durchgeführten Lagerplatzvermietung nicht mehr von einer untergeordneten Nebensache zur Landwirtschaft auszugehen, da der Kläger die Halle entgegen seiner Angaben nicht nur in den Wintermonaten gewerblich vermietet. Nach den bei den Baukontrollen und der Inaugenscheinnahme getroffenen Feststellungen waren sowohl im Mai als auch im Oktober landwirtschaftsfremde Gegenstände wie Wohnmobile und Segelschiffe in der streitgegenständlichen Halle abgestellt. Dabei nimmt laut Stellungnahme des AELF der gewerblich vermietete Teil mit 330 m² mehr als die Hälfte der Gesamtlagerfläche von 625 m² (Bergehalle und Anbau) ein.
Die demnach gemäß § 35 Abs. 2 BauGB als sonstiges Vorhaben zu beurteilende Nutzungsänderung ist unzulässig, weil sie öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt. Dem Vorhaben stehen jedenfalls die Darstellungen des Flächennutzungsplans entgegen (§ 35 Abs. 3 Nr.1 BauGB). Dieser weist das streitgegenständliche Grundstück als Fläche für die Landwirtschaft aus, mit der die gewerbliche Vermietung der Halle als Lagerfläche unvereinbar ist. Es kann offen bleiben, ob weitere öffentliche Belange beeinträchtigt wären. Jedenfalls wäre die Frage einer entsprechenden Beeinträchtigung von öffentlichen Belangen in einem Genehmigungsverfahren eingehend zu prüfen, sodass auch unter diesem Blickwinkel eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit nicht in Betracht kommt.
Schließlich kommt auch eine Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB nicht in Betracht. Der Kläger trägt zwar unter Berufung auf den Bericht der Landesanstalt für Landwirtschaft („Einkommenssicherung und -entwicklung durch Diversifizierung in der Landwirtschaft“) vor, dass er den Rückgang der Einkommen in der Landwirtschaft mittels einer Diversifizierung der Einkommensquellen ausgleiche und so versuche, die Bausubstanz zu erhalten (vgl. (§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BauGB). Auch der Bericht verweist allerdings darauf, dass eine Umnutzung im Außenbereich nur unter den Voraussetzungen des § 35 BauGB möglich sei. Vorliegend fehlt es an einem räumlich-funktionalen Zusammenhang (vgl. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e BauGB) der Bergehalle zur Hofstelle. Dies ist bei Gebäuden, die von der Hofstelle entfernt liegen (z.B. Feldscheunen), regelmäßig so (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 35 Rn. 138).
c. Sonstige Rechtsfehler bestehen nicht.
Das Landratsamt hat das ihm in Art. 76 Satz 2 BayBO eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Nutzungsuntersagung muss die Bauaufsichtsbehörde in aller Regel nicht besonders begründen, weshalb sie von der Eingriffsbefugnis Gebrauch macht (BayVGH, U.v. 16.2.2015 – 1 B 13.648 – NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 35 m.w.N.). Das Ermessen ist im Rahmen des Art. 76 Satz 2 BayBO grundsätzlich in der Weise intendiert, dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Nutzungsuntersagung ergehen soll.
Ausnahmen sind nicht ersichtlich. Insbesondere steht dem bauaufsichtlichen Einschreiten nicht entgegen, dass das Landratsamt bislang von bauaufsichtlichen Maßnahmen aufgrund eines langwierigen bauplanungsrechtlichen Verfahrens abgesehen hat. Unter den gegebenen städtebaulichen Planungsabsichten ist ein Einschreiten nunmehr ermessensgerecht. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass die getroffene Entscheidung hinsichtlich der Nutzungsuntersagung unverhältnismäßig sein könnte und für den Kläger eine besondere Härte darstellt. Es liegt in der Verantwortung des Eigentümers oder Nutzers, für ordnungsgemäße Zustände zu sorgen. Wird eine auch langjährig genutzte landwirtschaftliche Halle für landwirtschaftliche Zwecke nicht mehr benötigt, muss diese in der Regel entweder einer rechtmäßigen Nutzung zugeführt oder aufgegeben und beseitigt werden. Ein Anspruch gegenüber der Behörde auf Duldung illegaler Zustände besteht nicht. Verbleiben in einer landwirtschaftlichen Halle ungenutzte Kapazitäten hinsichtlich des genehmigten landwirtschaftlichen Nutzungszwecks, mag es zudem unter dem Gesichtspunkt der Verhinderung einer Versiegelung und Zersiedelung für die Behörde geboten erscheinen, im Nachhinein die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung mit Blick auf eine gegebenenfalls mögliche Rücknahme (Art. 48 BayVwVfG) zu überprüfen (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.2017 – 15 CS 17.1675 – juris Rn. 29).
2. Unbegründet ist die Klage auch soweit sie sich gegen die in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Beseitigungsanordnung richtet, da auch diese Entscheidung rechtmäßig ist und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage der Beseitigungsanordnung ist Art. 76 Satz 1 BayBO, wonach die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung von Anlagen anordnen kann, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen hier vor, da der streitgegenständliche Anbau formell und materiell rechtswidrig errichtet wurde.
a. Dem Vorhaben fehlt die gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO erforderliche Baugenehmigung. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich auch nicht um ein verfahrensfreies Vorhaben nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO. Voraussetzung für eine Verfahrensfreiheit nach dieser Regelung ist ein freistehendes Gebäude ohne Feuerungsanlagen mit den dort genannten Maßen, das einem land- oder fortwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, § 201 BauGB dient. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weder handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Anbau um ein freistehendes Gebäude, noch dient dieser der landwirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers.
Zwar ist dem Kläger darin beizupflichten, dass der Anbau die in Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO vorgeschriebenen Maße nicht überschreitet. Allerdings handelt es sich nicht um ein freistehendes Gebäude, sondern vielmehr um einen Anbau, der – dem Wortlaut entsprechend – direkt mit der Halle verbunden ist. Darüber hinaus dient der streitgegenständliche Anbau nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Bei der Auslegung des Merkmals Dienen ist der Grundgedanke des § 35 BauGB, dass der Außenbereich grundsätzlich nicht bebaut werden soll, zu beachten; durch ihn wird die Privilegierung eingeschränkt (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.1991 – 4 C 11/89 – NVwZ-RR 1992, 401 = juris Rn. 22). Das Vorhaben muss dem Betrieb funktional zugeordnet und nach seiner Gestaltung und Ausstattung durch den betrieblichen Verwendungszweck erschöpfend geprägt sein. Die bloße Förderlichkeit einerseits und die Unentbehrlichkeit andererseits bilden den äußeren Rahmen für das Merkmal des Dienens. Maßgeblich ist, ob ein vernünftiger Land- bzw. Forstwirt – auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs – das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde (st. Rspr.; vgl. BVerwG, a.a.O. m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze würde ein vernünftiger Landwirt aufgrund des Gebots der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs den Bedarf an Lagerflächen für Brennholz und Maschinen durch die bereits vorhandene großflächige Bergehalle decken, auch wenn dies die Beendigung der gewerblichen Vermietung der Lagerplätze voraussetzt. Hierbei ist insbesondere von Bedeutung, dass der Kläger die zu landwirtschaftlichen Zwecken genehmigte Halle zweckentfremdet hat und die Nutzungsänderung im Hinblick auf eine gewerbliche Vermietung rechtswidrig ist (s.o. unter 1.). Bereits bei Errichtung des Anbaus 2006 war für den Zweck als Unterbringungsmöglichkeit kein weiteres Gebäude erforderlich, da die großzügige Halle (525 m²) hinreichende Lagermöglichkeiten für landwirtschaftliche Utensilien bietet. Ein darüber hinausgehender Bedarf des Klägers an Lagerfläche bestand und besteht nicht. Gemäß dem Schreiben des AELF hat sich der Bedarf des Klägers an landwirtschaftlicher Lagerfläche seit Anfang der 1990er Jahre stark verringert, da der Kläger seinen Viehbetrieb aufgegeben hat. Der Lagerflächenbedarf für landwirtschaftliche Maschinen und Güter machte demnach 2016 lediglich 295 m² aus. Weiter haben die Baukontrollen sowie die Augenscheinnahme ergeben, dass der Kläger teilweise nicht die vollständige Lagerfläche der Halle ausnutzt. Es wäre rechtsmissbräuchlich, wenn sich der Kläger auf eine privilegierte landwirtschaftliche Nutzung des Anbaus beriefe, obwohl er zugleich die umfangreiche Lagerfläche der Bergehalle ihrer bestimmungsgemäßen landwirtschaftlichen Nutzung ungenehmigt entzogen hat. Einen ähnlichen Rechtsgedanken enthält auch § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g BauGB, der – wenn auch in diesem Fall nicht direkt anwendbar – eine Nutzungsänderung landwirtschaftlicher Betriebsgebäude nur unter der Voraussetzung zulässt, dass zugleich eine Verpflichtung übernommen wird, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen (vgl. VG München, U.v. 26.4.2001 – M 11 K 00.6028 – juris Rn. 20). Auch vermag der Kläger mit dem Einwand, dass die Lagerung des Brennholzes und der dazugehörigen Maschinen aus brandschutzrechtlichen Gründen in der Bergehalle nicht möglich sei, nicht durchzudringen. Verglichen mit der derzeitigen Unterbringung von Wohnmobilen, landwirtschaftlichen Maschinen und Segelschiffen (Benzin, Öl, etc.) stellt das abgelagerte Brennholz keine erhöhte Brandgefahr dar. Zweck einer zur landwirtschaftlichen Nutzung genehmigten Halle ist gerade die Lagerung landwirtschaftlicher Utensilien wie Holz, Heu, Stroh, etc. Schließlich verringert sich die etwaige Brandgefahr durch eine Ablagerung direkt neben der „gefährdeten“ Halle nicht erheblich und kann daher nicht als Argument herangezogen werden, warum weiterer Lagerplatz notwendig sei.
b. Das Vorhaben ist auch materiell rechtswidrig, da es öffentliche Belange gemäß § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt und nicht genehmigungsfähig ist. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ist mangels Privilegierungstatbestands nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen, da der streitgegenständliche Anbau nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dient (s.o.).
Dem Bauvorhaben stehen die Darstellungen des Flächennutzungsplanes entgegen, der für das streitgegenständliche Grundstück eine landwirtschaftliche Nutzfläche vorsieht (§ 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB). Zudem beeinträchtigt es die natürliche Eigenart der Landschaft nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, da der Außenbereich von nicht privilegierten Bebauungen grundsätzlich freigehalten werden soll. Die Errichtung einer nicht privilegierten Anlage steht nur dann dem Schutz der natürlichen Eigenart der Landschaft nicht entgegen, wenn sie nur unerhebliche Auswirkungen auf die Umgebung hätte (BayVGH, U.v. 8.4.2014 – 2 B 12.2602 – juris Rn. 29; VG München, U.v. 22.5.2014 – M 11 K 13.3437 – juris Rn. 56). Anhand der Feststellungen im gerichtlichen Augenschein und der Baukontrollen ist nachgewiesen, dass das Vorhaben auf die Umgebung mehr als nur unerhebliche Auswirkungen hat. Mit einer Fläche von ca. 100 m² handelt es sich um einen gut sichtbaren Bau.
c. Sonstige Rechtsfehler bestehen nicht.
Das Landratsamt hat das ihm in Art. 76 Satz 1 BayBO eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß betätigt. Bei der Ermessensentscheidung, ob eine im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtete bauliche Anlage zu beseitigen ist, genügt es regelmäßig, dass die Behörde zum Ausdruck bringt, der beanstandete Zustand müsse wegen seiner Rechtswidrigkeit beseitigt werden (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.1996 – 4 C 22/94 – BVerwGE 101, 58/64; BayVGH, B.v. 18.05.2012 – 1 ZB 11.1210 – juris Rn. 14).
Die Beseitigungsanordnung ist auch nicht unverhältnismäßig. Zwar stellt sie einen intensiven Eingriff dar, weshalb gesteigerte Anforderungen an sie zu stellen sind, wie sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 76 Satz 1 BayBO ergibt („wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände geschaffen werden können“). Da der Anbau aber materiell nicht genehmigungsfähig ist, kommen mildere Mittel, wie etwa die Aufforderung zur Stellung eines Bauantrags oder eine Nutzungsuntersagung (Art. 76 Satz 2 und 3 BayBO), nicht in Betracht.
d. Schließlich führt auch der Einwand des Klägers, dass die bauliche Maßnahme bis dato niemanden gestört habe und deswegen Verjährung eingetreten sei, nicht zu einem anderen Ergebnis. Eine Verjährung bzw. Verwirkung der Befugnis des Landratsamts zur Anordnung der Beseitigung des Anbaus ist nicht gegeben. In der Rechtsprechung ist nahezu einhellig anerkannt, dass die Befugnis einer Bauaufsichtsbehörde, die Beseitigung einer formell und materiell rechtswidrigen Anlage anzuordnen, nicht verwirkt werden kann (BayVGH, B. v. 21.11.1995 – 2 CS 95.3597 – BayVBl 1996, 634; Jäde, Bauaufsichtliche Maßnahmen, Rn. 116 m. w. N.). Verjähren kann sie ohnehin nicht, schon mangels Bestehens einer entsprechenden „Verjährungsfrist“, die es beim Gebrauchmachen von gesetzlichen Befugnisnormen auch in anderen Rechtsgebieten nicht gibt. Einen Anhaltspunkt für eine Duldung des rechtswidrigen Zustands gibt es ebenfalls nicht, insbesondere hat die Bauaufsichtsbehörde nie zu erkennen gegeben, dass der Anbau dauerhaft hingenommen werde.
3. Rechtlich nicht zu beanstanden sind auch die gegen den Kläger in Nr. 3 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids erlassenen Zwangsgeldandrohungen (Art. 31 und 36 VwZVG).
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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