Arbeitsrecht

Entschädigungsansprüche wegen Altersdiskriminierung

Aktenzeichen  7 Sa 683/17

Datum:
23.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 44199
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 51, § 52
AGG § 15 Abs. 2

 

Leitsatz

Das Verhalten der Klägerin in einer Vielzahl von Verfahren hat die Vermutung nahegelegt, dass sie prozessunfähig ist. Ein vom LAG Hamburg eingeholtes medizinisches Gutachten kam zum Ergebnis, dass begründete Zweifel bestehen, dass die Klägerin in der Lage ist, Klagen nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz im Zusammenhang mit abgelehnten Bewerbungen adäquat wahrzunehmen. Diese Zweifel hat die Klägerin nicht auszuräumen vermocht, zumal sie auch eine Mitwirkung bei der Erstellung des Gutachtens abgelehnt hat. Die Zweifel wurden weiter verstärkt durch das Verhalten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung. Wegen der nicht feststellbaren Prozessfähigkeit der Klägerin war das von ihr eingeleitete Restitutionsverfahren gegen ein bereits rechtskräftiges Urteil erfolglos. (Rn. 36 – 58)

Verfahrensgang

4 Ca 9172/17 2017-09-20 Endurteil ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 20.09.2017 – 4 Ca 9172/17 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Zunächst gilt, dass die Kammer entgegen der Auffassung im Beschluss vom 19.12.2017, mit dem der Klägerin für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, zu einer Entscheidung in der Sache über das Urteil des Arbeitsgerichts befugt ist und dass das Verfahren nicht nach einer eventuellen Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts an die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts abzugeben wäre, denn diese hat mit ihrem Urteil vom 25.10.2016 keine Sachentscheidung vorgenommen, da es die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen hat. Damit war für das von der Klägerin eingeleitete Restitutionsverfahren auch gem. § 584 Abs. 1 ZPO das Arbeitsgericht das ausschließlich zuständige Gericht, denn das Berufungsgericht ist für ein Restitutionsverfahren nur dann zuständig, wenn es sachlich entschieden hat (Baumbach ZPO-Kmt. 75. Aufl. § 584 Rn 4; Zöller ZPO 32. Aufl. § 584 Rn 2b).
II.
Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klage hat schon deswegen keinen Erfolg, weil sie unzulässig ist. Die Prozessfähigkeit der Klägerin und damit eine wesentliche Prozessvoraussetzung kann nicht festgestellt werden. Daher ist die Berufung der Klägerin unabhängig von der Frage der Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nicht nur unbegründet, sondern auch unzulässig und zu verwerfen.
1. Die Prozessfähigkeit gemäß §§ 51 Abs. 1, 52 ZPO ist zwingende Prozessvoraus setzung. Sind konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben, dass Prozessunfähigkeit einer Partei vorliegen könnte, so hat das Gericht wegen dieser Frage, da es um eine Prozessvoraussetzung geht, von Amts wegen Beweise zu erheben, wobei es nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden ist, weil der Grundsatz des Freibeweises gilt.
Verbleiben nach Erschöpfung aller erschließbaren Erkenntnisquellen hinreichende Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit, so gehen etwa noch vorhandene Zweifel zu Lasten der betroffenen Partei (vgl. BGH, 08.12. 2009 – VI ZR 284/08; BAG 05.06.2014 – 6 AZN 267/14).
a) Zwar sind nach der Lebenserfahrung Störungen der Geistestätigkeit als Ausnahmeerscheinungen anzusehen, so dass im allgemeinen von der Prozessfähigkeit einer Partei auszugehen ist; dies kann allerdings dann nicht gelten, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass Prozessunfähigkeit vorliegen könnte. Ist letzteres der Fall und lässt sich die Prozessfähigkeit der Klagepartei nicht feststellen, so gehen verbleibende Zweifel zu ihren Lasten (vgl. BAG, 20.01.2000 – 2 AZR 733/98).
b) Für die Prozessfähigkeit ist maßgeblich, ob eine Person sich durch Verträge verpflichten kann (§ 52 ZPO). Prozessunfähig, weil geschäftsunfähig, sind deshalb Volljährige unter den Voraussetzungen des § 104 Nr. 2 BGB. Danach ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden, dauerhaften Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Ein solcher Zustand ist gegeben, wenn jemand nicht im Stande ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von einer vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Das kann auch der Fall sein, wenn lediglich eine Geistesschwäche vorliegt. Abzustellen ist allein darauf, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil infolge der Geistesstörung Einflüsse dritter Personen den Willen übermäßig beherrschen (vgl. BAG, 20.01.2000 – 2 AZR 733/98).
c) Es ist allgemein anerkannt, dass die Geschäftsfähigkeit und damit die Prozessfähigkeit wegen einer geistigen Störung (§ 104 Nr. 2 BGB iVm. § 52 ZPO) nur für einen beschränkten Kreis von Angelegenheiten – etwa die mit einem bestimmten Streitkomplex zusammenhängenden Verfahren – ausgeschlossen sein kann (vgl. BGH, 04.11.1999 – III ZR 306/98).
2. An der Prozessfähigkeit der Klägerin bestehen nach Nutzung der der Kammer zur Verfügung stehenden Aufklärungsmittel so erhebliche Zweifel, dass das Vorliegen dieser Prozessvoraussetzung nicht festgestellt werden kann.
Die Klägerin hatte die Möglichkeit die Zweifel an ihrer Prozessfähigkeit auszuräumen durch Erstellung eines Gegengutachtens oder durch Mitwirkung bei der Erstellung des vorliegenden Gutachtens, indem sie sich untersuchen lässt. Eine Verpflichtung dazu bestand nicht, aber da sie diese Möglichkeiten nicht genutzt hat, verbleibt als einzige Grundlage für die Prüfung der Prozessfähigkeit der Klägerin das über sie auf Grundlage der von ihr gezeigten Verhaltensweisen in Verfahren vor der Hamburger Arbeitsgerichtsbarkeit erstellte nervenärztliche Gutachten des G. und der Eindruck, den die Kammer in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin gewonnen hat.
a) Soweit die Klägerin die Kompetenz der Gutachterin Frau Dr. Y.. in Frage stellt, überzeugt dies nicht. Die Gutachterin Dr. Y.. ist Ärztin für Neurologie und Psychiatrie. Bei dieser Berufskompetenz geht die Kammer grundsätzlich davon aus, dass Frau Dr. Y. über das nötige medizinische Wissen verfügt und verantwortungsvoll und sachkompetent auf Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen das vorliegende Gutachten erstellt hat. Zu den Angriffen der Klägerin gegen die Sachkompetenz der Gutachterin und ihrer Kritik am Inhalt des Gutachtens ist der Klägerin entgegenzuhalten, dass sie ihre Kritik nicht mit medizinischem Sachwissen vorbringen kann, auch wenn sie medizinische Fachausdrücke heranzieht und zur Untermauerung ihrer Ansicht eine grundsätzliche Negativbewertung des Gutachtens erstellt, da sie eine medizinische Laiin, insbesondere für den psychiatrischen Bereich, ist. Dass die Gutachterin nach den Ausführungen der Klägerin zwischenzeitlich aus dem G. ausgeschieden ist, ist für sich allein, kein Anlass inhaltliche Mängel an dem Gutachten zu begründen. Und soweit die Klägerin mit Schriftsatz 22.03.2019 auf einen Schriftsatz der Kanzlei Z. vom 02.03.2017 verweist, liegt dies neben der Sache, denn dieser Schriftsatz setzt sich mit einem Gutachten eines Herrn R. auseinander und dieses ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
b) Ein Anlass die Fundamentalkritik der Klägerin an dem von Frau Dr. Y. erstellten Gutachten aufzugreifen, hätte dann bestanden, wenn die Klägerin ein nervenärztliches Gegengutachten vorgelegt hätte, das konkret eine Fehlerhaftigkeit des Gutachtens der Frau Dr. Y. aufgezeigt hätte. Zumindest hätte die Klägerin für die Erstellung eines Gegengutachtens ihre Bereitschaft bekunden müssen, bei der Erstellung eines solchen Gutachtens in der Form mitzuwirken, sich untersuchen zu lassen. Bei dem vorliegenden Sachverhalt bestand für die Kammer jedenfalls keine Veranlassung, quasi ins Blaue hinein, ein weiteres Gutachten ohne Einbindung der Klägerin in die Erstellung einzuholen, denn wenn erhebliche Zweifel an der Prozessfähigkeit einer Partei vorliegen, gehen diese Zweifel zu Lasten der Partei und es obliegt somit der Partei, diese Zweifel auszuräumen.
3. In dem Gutachten kommt die Gutachterin Frau Dr. Y. zu dem Ergebnis, dass vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Klägerin nicht untersucht werden konnte und auch medizinische Befunde nicht vorliegen, lediglich „der Verdacht auf das Vorliegen einer sonstigen wahnhaften Störung DD einer paranoiden (querulatorischen) Persönlichkeitsstörung, DDänderung geäußert werden kann“. Somit liegen aber konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der Klägerin eine wahnhafte Entwicklung im Sinne eines sog. Querulantenwahns vorliegt, aufgrund derer sie sich hinsichtlich der Führung von Rechtsstreitigkeiten wegen vermeintlicher Diskriminierung dauerhaft in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet.
a) Von ausgeprägtem Querulantenwahn kann ausgegangen werden, wenn die Vorstellungen einer klagenden Partei von einer eindeutigen Beeinträchtigung eigener Rechte sich weiter intensivieren und Zweifel an der Rechtmäßigkeit der eigenen Position nicht mehr zugelassen werden, absolute Uneinsichtigkeit und Selbstgerechtigkeit sich mit einer Ausweitung des Kampfes vom ursprünglichen Gegner auf andere Menschen und Instanzen verbindet und die Partei nicht mehr in der Lage ist, die verfahrensmäßige Behandlung ihrer Ansprüche durch die Gerichte nachzuvollziehen (LAG Hamburg, 18.04.2018 – 6 Sa 13/15; 09.08. 2017, 3 Sa 50/16).
b) Es gibt konkrete Anhaltspunkte, dass sich die Klägerin einem die freie Willensbildung ausschließenden Wahn befindet.
aa) Die Klägerin führte bzw. führt am Arbeitsgericht und am Landesarbeitsgericht Hamburg seit 2010 mehrere hundert Verfahren und Rechtsmittelverfahren bzw. Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, ganz überwiegend ohne Erfolg. Eine ähnliche Prozessflut, wenn auch nicht in dreistelliger Höhe, besteht für Verfahren der Klägerin vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht München. Gegenstand der Verfahren sind immer wieder von der Klägerin angenommene Diskriminierungen in Einstellungsverfahren, wegen derer die Klägerin Schadensersatz und/oder Entschädigung von Arbeitgebern verlangt und nunmehr auch in rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren Wiederaufnahmeverfahren mit dem gleichen Klageziel betreibt. Zwar ist die Anzahl der von der Klägerin geführten Verfahren für sich genommen nicht geeignet, Zweifel an der Steuerungsfähigkeit und damit an der Prozessfähigkeit der Klägerin zu begründen. Doch ergeben sich solche Zweifel aus den wirtschaftlichen Folgen, die sie mit diesen Verfahren für sich selbst auslöst und aus der Art und Weise, wie sie die Verfahren führt.
bb) Für einen Ausschluss der Steuerungsfähigkeit spricht, dass die Klägerin mit der großen Zahl der ohne Aussicht auf Erfolg geführten Verfahren Gerichts- und Anwaltskosten gegen sich in einer Höhe verursacht, die ihre wirtschaftliche Existenz auf Dauer jedenfalls erheblich bedrohen. Mit ihrem Verhalten schädigt die Klägerin sich daher massiv selbst. Sie hat allein gegenüber der Gerichtskasse Hamburg mit Stand vom 3. April 2018 Verbindlichkeiten von € 000.000,00. Die Verbindlichkeiten gegenüber der Gerichtskasse München bewegen sich nach Schätzung der Kostenbeamtin ebenfalls in einem sechsstelligen Bereich. Hinzu kommen die Kostenerstattungsverpflichtungen gegenüber den von der Klägerin zu Unrecht in Anspruch genommenen Arbeitgebern, die den vorgenannten Betrag deutlich übersteigen dürften, sowie Gebührenforderungen eigener Prozessbevollmächtigter, die ohne Prozesskostenhilfebewilligung für die Klägerin tätig geworden sind. Schon bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat die Klägerin Kosten für erfolglose Prozesse verursacht, von denen nicht anzunehmen ist, dass sie sie jemals wird begleichen können. Und sie läuft auch Gefahr in diesem Zusammenhang eine von ihr genutzte Wohnung zu verlieren. Die Klägerin handelt damit in einem Maße auch gegen eigene Interessen, das darauf hindeutet, dass sie sich nicht mehr vernunftgerecht steuern kann, sondern an einer wahnhaften Störung leidet und von dieser beherrscht wird.
cc) Kennzeichnend für die Verfahrensführung der Klägerin ist vor allem, dass sie gerichtliche Entscheidungen, mit denen ihren Anträgen nicht in vollem Umfang entsprochen wird, nicht zu akzeptieren bereit ist bzw. nicht kann, ohne dass es darauf ankommt, wie diese Entscheidungen begründet sind. Sind keine Rechtsmittel gegen die Entscheidungen eröffnet, wehrt sich die Klägerin weiterhin regelmäßig durch Anhörungsrügen, ohne dass diese Erfolg hätten. Systematisch nimmt die Klägerin ihr nachteilige Entscheidungen zum Anlass, die daran beteiligten Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Auch die Entscheidungen über ihre Befangenheitsgesuche akzeptiert die Klägerin oftmals nicht, sondern lehnt, verbunden mit einer Anhörungsrüge gegen den Beschluss, nunmehr diejenigen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab, die mit der Entscheidung über den Befangenheitsantrag befasst waren. Dass die Klägerin glaubt, sich gegen jede gerichtliche Zurückweisung von Anträgen wehren zu müssen, weist nachhaltig auf einen subjektiv empfundenen Zwang zu einem solchen Handeln hin.
dd) Das gesamte Handeln der Klägerin gegen ihr nachteilige Entscheidungen insbesondere vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht München dient allein dem Zweck, jede nachteilige gerichtliche Entscheidung angreifen zu können. Es spricht viel dafür, dass das Verhalten der Klägerin als wahnhaft zu bewerten ist, weil sie für sich keine Handlungsalternative erkennt. Der Weg, sich von der Argumentation eines Gerichts überzeugen zu lassen oder jedenfalls die Chancenlosigkeit eines Rechtsmittels, eines Prozesskostenhilfeantrags, eines Befangenheitsantrags oder einer Anhörungsrüge zu akzeptieren und eine abweisende gerichtliche Entscheidung im Einzelfall hinzunehmen, ist der Klägerin in ihrer Vorstellungswelt offensichtlich verschlossen. Für ein wahnhaftes Erleben der Realität gerichtlicher Verfahren durch die Klägerin spricht auch, dass die Klägerin an stereotypen Verhaltensweisen und Argumentationsmustern festhält, ohne akzeptieren zu können, dass das jeweilige Vorgehen ungeeignet ist, ihrem Begehren zum Erfolg zu verhelfen. Dies findet seine Untermauerung mit gebetsmühlenhaften Wiederholungen und Zitaten, die passend oder unpassend als Versatzstücke von der Klägerin in ihre Schreiben eingefügt werden. In dieses Bild eines zwanghaften Handelns ohne Einsichtsfähigkeit in die rechtliche Begründung gerichtlicher Entscheidungen, gegen die kein Rechtsmittel gegeben ist, fügt sich insbesondere ein, dass die Klägerin als letztes Mittel, wenn alle weitern rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, zum Mittel von Anhörungsrügen greift regelmäßig verbunden mit Ablehnungsanträgen. Das wahnhafte Verhalten der Klägerin findet weiter seine Bestätigung darin, dass die Klägerin regelmäßig willkürliches bzw. rechtswidriges Verhalten behauptet bzw. unterstellt, wenn ihre Forderungen keinen Erfolg haben. Hierbei schreckt sie auch vor Verschwörungstheorien aber auch ganz persönlichen unsachlichen Anschuldigungen gegenüber einzelnen Personen nicht zurück. Dies verdeutlicht, dass die Klägerin nicht nur gegen die von ihr verklagten Arbeitgeber um ihre vermeintlichen Rechte kämpft. Sie sieht auch die mit ihren Verfahren befassten Richter und Richterinnen häufig als Gegner an, denen sie Böswilligkeit, Schädigungsabsicht und Lügen vorwirft, den Willen zur Rechtsbeugung unterstellt und die Befähigung zur Ausübung des Richteramtes abspricht. (vgl. zum Ganzen Landesarbeitsgericht Hamburg, 18.04.2018 – 6 Sa 13/15).
4. Die sich aus den prozessualen Verhaltensweisen der Klägerin ergebenden ganz erhebliche Zweifel ihrer Prozessfähigkeit finden ihre Bestätigung in der Zusammenfassung in dem nervenärztlichen Gutachten von Frau Dr. Y. Hiernach kommt die Gutachterin zu dem folgenden Schluss:
“Nach Auswertung der Aktenlage bestehen bei der Unterzeichnenden begründete Zweifel daran, dass die Klägerin aktuell und auch bezogen auf den Zeitpunkt September 2015 in der Lage ist/gewesen ist, Klagen nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz im Zusammenhang mit abgelehnten Bewerbungen adäquat wahrzunehmen.“
5. Insbesondere auf der Grundlage der einleuchtenden und nachvollziehbaren Ausführungen in dem gründlichen und umfangreichen nervenärztlichen Gutachten der Frau Dr. Y. sieht die Kammer keine Anhaltspunkte zu Gunsten der Klägerin, die die bei der Klägerin bestehenden erheblichen Zweifel an ihrer Prozessfähigkeit entkräften können.
a) Nach dem Eindruck, den die Kammer von der in der mündlichen Verhandlung per sönlich anwesenden Klägerin gewonnen hat, ist vielmehr das Gegenteil der Fall.
aa) In der mündlichen Verhandlung vermittelte die Klägerin zunächst einen eher schüchternen und zurückhaltenden Eindruck und ihr eher vorsichtiger Vortrag konzentrierte sich darauf, zu erklären, weshalb sie sich im Recht fühlt. Umso verblüffender war aber die auch mit Gestik und Mimik verbundene emotionale Reaktion der Klägerin auf die Bemerkung des Vorsitzenden, dass weitere Bewerbungen der Klägerin bei der Beklagten erfolglos sein könnten. Denn hierauf meinte die Klägerin, dass diese Äußerung diskriminierend sei, wobei die Kammer der Klägerin ihre emotionale Betroffenheit zwar abnimmt, aber gerade diese Reaktion zeigt, wie weit die Klägerin von selbstbestimmten Handeln zwischenzeitlich entfernt ist, wenn sie in dieser Äußerung eine Diskriminierung sieht. Rein objektiv gesehen ist es mehr als naheliegend, dass eine Prozesspartei, die, wie die Beklagte, seit Jahren von der Klägerin in Rechtsstreitigkeiten durch mehrere Instanzen gezogen wird, an einer Bewerbung dieser oder gar Einstellung dieser kein Interesse hat. Daran ändert auch der Hinweis der Klägerin, sie sei vom Arbeitsamt angehalten, sich auf jede offene Stelle zu bewerben, nichts. Dass die Klägerin sich insoweit von der Realität entfernt hat, zeigt ihre Reaktion, wenn sie meint sie werde durch die Bemerkung diskriminiert. Dies verdeutlicht ebenfalls, wie sehr die Klägerin alles, was nicht auf ihrer Linie liegt, als Angriff auf sich versteht und zu einem wahnhaften Verhalten im Zusammenhang mit der Wahrnehmung vermeintlicher Rechte verknüpft. Wie sehr die Klägerin emotional gefangen ist und wie wenig sachlich sie mit einer harmlosen Bemerkung umgehen kann, wenn sie meint, dadurch angegriffen worden zu sein, hat auch ihr erst nach Tagen wegen ua. dieser Äußerung gegen den Vorsitzenden gestellter Befangenheitsantrag gezeigt.
bb) Der Eindruck, dass die Klägerin nicht im Stande ist, ihren Willen frei und unbeeinflusst von einer vorliegenden Geistesstörung – hier Querulantenwahn – bilden zu können und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln, hat sich auch verstärkt durch die Probleme bei der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung. Es war offensichtlich, dass die Klägerin nicht in der Lage und willens war, ihren Prozessbevollmächtigten den Antrag stellen zu lassen, den er schriftlich angekündigt hat und den er zu stellen als sachgerecht angesehen hat. Deshalb musste die Verhandlung für einen nicht unerheblichen Zeitraum wegen der Problematik bei der Antragstellung unterbrochen werden, damit sich die Klägerin mit ihrem Prozessbevollmächtigten austauschen konnte. Das Ergebnis dieser Besprechung war die Ergänzung des Antrages um eine Formulierung in einem Schreiben der Klägerin, die weitgehend sinnentleert und bedeutungslos ist. Diese Verhaltensweise ließ deutliche Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin aufkommen, denn es ist nicht nachvollziehbar aber dem Zustand der Klägerin geschuldet, dass sie einem Prozessbevollmächtigten die zusätzliche Stellung eines Antrags aufdrängt, der inhaltlich überflüssig und sinnlos ist. Auch dies zeigt, wie sehr sich die Klägerin in einen Zustand verfangen hat, der sie offensichtlich befürchten lässt, dass auch der eigene Prozessbevollmächtigte ihre Rechte nicht sachgerecht vertritt, obwohl es für diese Befürchtung keine greifbaren Anhaltspunkte gibt.
b) Die Kammer ist gerade auch wegen des Verhaltens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass ganz erhebliche Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin bestehen, da diese offensichtlich nicht mehr in der Lage ist, ihren Willen frei und unbeeinflusst von einer vorliegenden Geistesstörung zu bilden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.
Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen nach § 72 a ArbGG die Parteien hingewiesen werden, zulassen sollte.

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