Verwaltungsrecht

Genehmigung für den Verkehr mit Mietwagen

Aktenzeichen  11 CE 19.750

Datum:
29.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7305
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
PBefG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, § 9 Abs. 1 Nr. 5, § 15 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, § 17, § 46 Abs. 2 Nr. 3, § 49 Abs. 4
BayVwVfG Art. 42a Abs. 3
VwGO § 123

 

Leitsatz

1 Es erschiene unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens und einer unzulässigen Rechtsausübung treuwidrig, wenn sich die Antragstellerin trotz ihres Wunschs, das Verfahren zunächst offen zu halten, und des Ausbleibens der von ihr angekündigten Äußerung auf den Ablauf der Frist für den Eintritt der Genehmigungsfiktion gemäß § 15 Abs. 1 S. 5 PBefG, Art. 42a Abs. 1 S. 1 BayVwVfG berufen könnte. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Genehmigungsfiktion tritt unabhängig von den materiellrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen ein. Der Gesetzgeber hat den Eintritt der Fiktionswirkung allein vom Ablauf der Entscheidungsfrist nach § 15 Abs. 1 S. 2 und 3 PBefG abhängig gemacht (Anschluss an BVerwG BeckRS 2018, 37378). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3 § 15 Abs. 2 S. 1 PBefG ist jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung dahin auszulegen, dass das Erfordernis der Unanfechtbarkeit der Genehmigung für die Erteilung der Genehmigungsurkunde bei Mietwagengenehmigungen ebenso wie bei Taxengenehmigungen keine Anwendung findet. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 23 E 18.5374 2019-02-27 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 27. Februar 2019 wird aufgehoben.
II. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin den Eintritt der Genehmigungsfiktion für den Mietwagenverkehr mit dem Fahrzeug … schriftlich zu bescheinigen.
III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
IV. Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird auf jeweils 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Nutzung eines zusätzlichen Mietwagens im Gelegenheitsverkehr.
Die Antragstellerin ist Inhaberin mehrerer personenbeförderungsrechtlicher Genehmigungen zum Verkehr mit insgesamt fünf Mietwagen, die bis zum 17. Juli 2019 befristet sind. Mit Schreiben vom 26. September 2017 beantragte sie beim Landratsamt München die Genehmigung für ein weiteres Fahrzeug (amtl. Kennz. … **). Als Nachweis für den benötigten Stellplatz legte sie den Mietvertrag über einen Tiefgaragenstellplatz auf einem ca. 250 m vom Unternehmenssitz entfernten Grundstück vor. Nachdem die Gemeinde G* … dem Landratsamt auf Nachfrage mitgeteilt hatte, der Stellplatz sei baurechtlich den Wohn- und Gewerbeflächen auf dem Grundstück zugeordnet, wies das Landratsamt die Antragstellerin per E-Mail vom 4. Oktober 2017 darauf hin, dass es den Antrag „in dieser Form“ nicht genehmigen könne. Die Antragstellerin werde um Mitteilung gebeten, ob das Landratsamt den Antrag offen halten solle, bis sie einen Stellplatz an ihrem Büro habe, oder ob sie den Antrag zurücknehmen wolle. Die dritte Möglichkeit wäre der Erlass eines Ablehnungsbescheids. Hierzu teilte die Antragstellerin dem Landratsamt per E-Mail am 4. Oktober 2017 mit, der Antrag solle noch offen gehalten werden. Sie werde sich in der kommenden Woche melden, „entweder mit einem neuen Stellplatz oder mit einer Rücknahme des Antrags“. In der Folgezeit hat sich die Antragstellerin gegenüber dem Landratsamt hierzu nicht mehr geäußert.
Mit Schreiben vom 22. Oktober 2018 bat die Antragstellerin das Landratsamt um Übersendung einer „Bescheinigung nach § 42a Abs. 3 VwVfG über den Eintritt der Fiktion“. Da das Landratsamt die beantragte zusätzliche Mietwagengenehmigung für das Fahrzeug … nicht innerhalb von drei Monaten abgelehnt habe, gelte sie gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG als erteilt.
Nachdem das Landratsamt die Antragstellerin mit Schreiben vom 24. Oktober 2018 darauf hingewiesen hatte, sie habe auf die E-Mail vom 4. Oktober 2017 nicht reagiert, beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht München mit Schreiben vom 4. November 2018, den Antragsgegner gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, den Eintritt einer Genehmigungsfiktion für einen zusätzlichen Mietwagen zu bescheinigen, hilfsweise eine zusätzliche Mietwagengenehmigung für das Fahrzeug … zu erteilen. Dem vollständigen und prüffähigen Antrag vom 26. September 2017 seien alle erforderlichen Unterlagen beigefügt gewesen. Das Landratsamt habe weder über den Antrag entschieden noch die Bescheinigung über den Eintritt der Fiktion ausgestellt. Es habe auch zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, dass der Antrag unvollständig sei. Der Antragstellerin würden erhebliche Nachteile drohen, wenn sie darauf verwiesen würde, die Genehmigungsfiktion in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren geltend zu machen. Im Übrigen sei zweifelhaft, ob das Landratsamt berechtigt gewesen sei, für die Erteilung der Mietwagenerlaubnis den Nachweis eines Stellplatzes zu verlangen. Der Mietwagenfahrer könne seiner Rückkehrpflicht zum Betriebssitz auch ohne Stellplatz nachkommen. Er müsse den Betriebssitz zwar anfahren, sein Fahrzeug aber nicht zwingend dort abstellen. Außerdem sei die Ablehnung der Genehmigung ermessensfehlerhaft. Der Sinn und Zweck der Rückkehrverpflichtung werde auch bei einem nur 250 m vom Betriebssitz entfernten Stellplatz erfüllt. Außerdem werde die baurechtlich genehmigte Stellplatzzahl durch die Vermietung des abgesperrten Tiefgaragenstellplatzes an die Antragstellerin nicht reduziert.
Mit Beschluss vom 27. Februar 2019, den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zugestellt am 27. März 2019, hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Eine besondere Eilbedürftigkeit habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Die Geltungsdauer einer fiktiv erteilten Genehmigung beginne erst mit der Erteilung der Genehmigungsurkunde. Gegen die Dringlichkeit spreche auch, dass zwischen dem angeblichen Eintritt der Genehmigungsfiktion und der erstmaligen Geltendmachung gegenüber dem Landratsamt nahezu ein Dreivierteljahr vergangen sei. Zudem fehle auch ein Anordnungsanspruch, da eine Genehmigungsfiktion nicht eingetreten sein dürfte. Die Antragstellerin habe ausdrücklich darum gebeten, das Verfahren offen zu halten, und sich damit zumindest konkludent mit einem Ruhen des Genehmigungsverfahrens einverstanden erklärt bzw. auf den Eintritt einer Genehmigungsfiktion verzichtet. Es sei ihr nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine etwaige Genehmigungsfiktion zu berufen. Auch für den Hilfsantrag fehle ein Anordnungsgrund. Die Antragstellerin verfüge bereits über fünf Mietwagen und habe keine schweren und unzumutbaren Nachteile dargelegt. Ein Obsiegen in der Hauptsache sei nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit zu erwarten.
Zur Begründung der hiergegen eingereichten Beschwerde lässt die Antragstellerin ausführen, sie habe das Fahrzeug angeschafft und als Mietwagen zugelassen, könne es aber wegen der fehlenden Genehmigung nicht nutzen. Dadurch entgingen ihr nicht unerhebliche Einnahmen bei gleichzeitig hohen Kosten. Daraus ergebe sich die besondere Eilbedürftigkeit. Es handele sich bei dem Fahrzeug um einen Minibus. Die Antragstellerin verfüge nur über ein weiteres Fahrzeug in dieser Kategorie. Die spätere Geltendmachung der Fiktion dürfe der zunächst nicht anwaltlich vertretenen Antragstellerin nicht negativ ausgelegt werden. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Geltungsdauer einer fiktiven Genehmigung erst mit der Erteilung der Genehmigungsurkunde beginne. Stelle das Gericht die Fiktion fest, wäre das Landratsamt verpflichtet, sowohl die Fiktionsbescheinigung als auch die Genehmigungsurkunde auszustellen. Die Genehmigungsfiktion sei nach Ablauf der Entscheidungsfrist offensichtlich eingetreten. Die Antragstellerin habe ihren Antrag weder zurückgenommen noch zu erkennen gegeben, auf unabsehbare Zeit auf eine Entscheidung verzichten zu wollen. Im Übrigen habe die Antragstellerin mit ihrem Antrag vom 22. Oktober 2018, spätestens aber mit der Einleitung des Eilverfahrens, zum Ausdruck gebracht, dass sie die zusätzliche Mietwagengenehmigung begehre. Daher sei die Dreimonatsfrist für den Eintritt der Fiktion erneut abgelaufen. Dem Landratsamt sei es verwehrt, sich auf ein konkludentes Ruhen des Antragsverfahrens zu berufen.
Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen und kündigt den Erlass eines Ablehnungsbescheids an, falls die Antragstellerin nicht bis spätestens 30. April 2019 einen Stellplatz nachweise oder den Antrag zurücknehme.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat im Hauptantrag Erfolg.
1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile, Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
Anordnungsgrund und -anspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ist der Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
Hiervon ausgehend hat die Antragstellerin sowohl das Bestehen des Anordnungsanspruchs (a) als auch den Anordnungsgrund (b) glaubhaft gemacht.
a) Die entgeltliche oder geschäftsmäßige Personenbeförderung mit Mietwagen im Gelegenheitsverkehr ist genehmigungspflichtig (§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 46 Abs. 2 Nr. 3, § 49 Abs. 4 des Personenbeförderungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8.8.1990 [BGBl I S. 1690], zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.7.2017 [BGBl I S. 2808]). Beim Gelegenheitsverkehr mit Personenkraftwagen wird die Genehmigung erteilt für die Form des Gelegenheitsverkehrs und den Betrieb mit bestimmten Kraftfahrzeugen unter Angabe ihrer amtlichen Kennzeichen (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG). Die notwendigen Angaben für den Antrag beim Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen ergeben sich aus § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 4, Abs. 2 PBefG. Die Genehmigungsbehörde hat innerhalb von drei Monaten nach Eingang schriftlich über den Antrag zu entscheiden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 PBefG). Kann sie die Prüfung des Antrags in dieser Zeit nicht abschließen, ist die Frist vor ihrem Ablauf in einem dem Antragsteller oder den Antragstellern mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum zu verlängern, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können (§ 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG). Die Fristverlängerung darf höchstens drei Monate betragen (§ 15 Abs. 1 Satz 4 PBefG). Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird (§ 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG, Art. 42a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Die Frist für die Genehmigungsfiktion wird nur in Lauf gesetzt, wenn der Antrag hinreichend bestimmt ist (Art. 42a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) und die Unterlagen vollständig sind (Art. 42a Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Auf Verlangen ist demjenigen, dem der Verwaltungsakt hätte bekannt gegeben werden müssen, der Eintritt der Genehmigungsfiktion schriftlich zu bescheinigen (Art. 42a Abs. 3 BayVwVfG).
Für den Antrag der Antragstellerin auf Genehmigung eines weiteren Mietwagens mit dem amtlichen Kennzeichen … ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Genehmigungsfiktion durch Fristablauf eingetreten und der Antragstellerin zu bescheinigen ist.
aa) Ob die Fiktion bereits nach Ablauf von drei Monaten seit Einreichung des ursprünglichen Antrags vom 26. September 2017 eingetreten ist, erscheint allerdings fraglich.
Nach Eingang des Antrags hat das Landratsamt der Antragstellerin per E-Mail vom 4. Oktober 2017 mitgeteilt, der Antrag könne wegen der Ungeeignetheit des Stellplatzes nicht genehmigt werden. Noch am gleichen Tag teilte die Antragstellerin dem Landratsamt mit, der Antrag solle „noch offen“ gehalten werden und sie werde sich „in der kommenden Woche“ entweder mit einem neuen Stellplatz oder mit einer Rücknahme des Antrags melden. Darin kann eine Vereinbarung zwischen der Antragstellerin und dem Landratsamt über das weitere verfahrensrechtliche Procedere mit dem Inhalt gesehen werden, das Verfahren nicht fortzuführen, bis die Antragstellerin sich wieder äußert (vgl. Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 9 Rn. 203). Da die angekündigte Äußerung der Antragstellerin „in der kommenden Woche“ und auch in den weiteren zwölf Monaten ausgeblieben ist und das Landratsamt das Verfahren auch nicht von Amts wegen wieder aufgenommen hat, spricht viel dafür, eine Unterbrechung des Laufs der Frist für den Eintritt der Genehmigungsfiktion anzunehmen. Es erschiene jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens und einer unzulässigen Rechtsausübung (venire contra factum proprium, vgl. BVerwG, U.v. 18.4.1996 – 4 C 22.94 – BVerwGE 101, 58/62 f.; B.v. 12.1.2004 – 3 B 101.03 – NVwZ-RR 2004, 314 = juris Rn. 3; B.v. 29.8.2018 – 3 B 24.18 – juris Rn. 20) treuwidrig, wenn sich die Antragstellerin trotz ihres Wunschs, das Verfahren zunächst offen zu halten, und des Ausbleibens der von ihr angekündigten Äußerung auf den Ablauf der Frist für den Eintritt der Genehmigungsfiktion berufen könnte.
bb) Letztendlich kann diese Frage jedoch offen bleiben, weil jedenfalls spätestens durch die Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 4. November 2018 und dessen Zustellung an das Landratsamt die Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG neu in Lauf gesetzt wurde und mittlerweile abgelaufen ist.
Die Antragstellerin hat mit diesem Antrag nicht nur, wie zunächst auch gegenüber dem Landratsamt mit Schreiben vom 22. Oktober 2018, eine Bescheinigung über den Eintritt der Genehmigungsfiktion begehrt, sondern darüber hinaus hilfsweise ausdrücklich auch die Erteilung einer zusätzlichen Mietwagengenehmigung für das Fahrzeug … Hierdurch hat sie auch gegenüber dem Landratsamt als für den Antragsgegner erstinstanzlich zuständiger Behörde deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das Verfahren fortgeführt werden soll.
Entgegen der vom Landratsamt in seinem Schreiben vom 24. Oktober 2018 gegenüber der Antragstellerin geäußerten Auffassung war das Verfahren auch noch nicht durch eine Entscheidung über den Antrag abgeschlossen. Über den Antrag ist schriftlich zu entscheiden; die Entscheidung ist dem Antragsteller zuzustellen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 PBefG). Eine solche Entscheidung ist bisher nicht ergangen. Das Landratsamt hat auch keinen Zwischenbescheid nach § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG erlassen, der die Frist um maximal drei Monate verlängert hätte.
Der Antrag auf Erteilung der Genehmigung für ein zusätzliches Fahrzeug war auch hinreichend bestimmt und vollständig (zu diesem Erfordernis vgl. auch BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26.16 – juris Rn. 20-24). Das Landratsamt hat zwar Bedenken hinsichtlich der Anforderungen an den Stellplatz geäußert, aber der Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt, dass die Antragsunterlagen nicht vollständig seien (vgl. hierzu Art. 25 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Spätestens mit dem Eingang des vom Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 16. November 2018 an das Landratsamt versandten Antrags vom 4. November 2018 begann somit die Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG erneut zu laufen. Da sich das Landratsamt hierzu mit Schriftsatz vom 26. November 2018 geäußert hat, ist (spätestens) nach Ablauf von drei Monaten seit diesem Zeitpunkt, also am 26. Februar 2019, die Genehmigungsfiktion gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG eingetreten.
Die Genehmigungsfiktion tritt unabhängig von den materiellrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen ein. Der Gesetzgeber hat den Eintritt der Fiktionswirkung allein vom Ablauf der Entscheidungsfrist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 und 3 PBefG abhängig gemacht (BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26.16 – juris Rn. 26; 36). Auf die Frage, ob von der Antragstellerin im Hinblick auf die Rückkehrpflicht an den Betriebssitz der Nachweis eines Stellplatzes verlangt werden kann (§ 49 Abs. 4 Satz 3 PBefG; zur Verfassungsmäßigkeit vgl. BVerfG, B.v. 14.11.1989 – 1 BvL14/85 und 1 BvR 1276/84 – BverfGE 81, 70 = juris Rn. 45-75; zum Sinn und Zweck des Rückkehrgebots siehe auch BGH, U.v. 30.4.2015 – I ZR 196/13 – NJW-RR 2016, 363 Rn. 22) und ob der angemietete Stellplatz den Anforderungen genügt, kommt es daher nicht an.
Die Antragstellerin kann daher gemäß Art. 42a Abs. 3 BayVwVfG vom Landratsamt die schriftliche Bescheinigung des Eintritts der Genehmigungsfiktion verlangen. Es bedarf somit keiner Entscheidung über den Hilfsantrag. Sollte das Landratsamt – wie im Beschwerdeverfahren angekündigt – nach Ablauf der Äußerungsfrist am 30. April 2019, die es der Antragstellerin gesetzt hat, einen Ablehnungsbescheid erlassen, ginge dieser ins Leere.
b) Entgegen der Auffassung des Ausgangsgerichts hat die Antragstellerin auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Die Antragstellerin hat das Fahrzeug zur Nutzung als Mietwagen angeschafft und bringt hierfür laufende Kosten auf, ohne Einnahmen erzielen zu können. Das ist ihr – jedenfalls über einen längeren Zeitraum nach Eintritt der Genehmigungsfiktion – nicht zuzumuten. Gleiches gilt für den vom Landratsamt im Beschwerdeverfahren angesonnenen Austausch des fraglichen Minibusses gegen ein anderes Fahrzeug (§ 17 Abs. 2 PBefG), das die Antragstellerin dann wiederum nicht nutzen könnte. Ihr kann auch nicht vorgehalten werden, dass sie die Bescheinigung gemäß Art. 42a Abs. 3 BayVwVfG erst im Oktober 2018 beim Landratsamt beantragt hat. Abgesehen davon, dass – wie oben ausgeführt – zu diesem Zeitpunkt die Genehmigungsfiktion noch nicht eingetreten sein dürfte, bleibt es allein der Entscheidung der Antragstellerin überlassen, wann sie den Schwebezustand des offen gehaltenen Genehmigungsverfahrens beenden will. Das Landratsamt hätte das Verfahren im Übrigen auch ohne Äußerung der Antragstellerin jederzeit von Amts wegen fortsetzen und einen Bescheid erlassen können, um eine fortdauernde Ungewissheit hinsichtlich des Antrags zu vermeiden.
Der besonderen Eilbedürftigkeit steht auch nicht – wie das Verwaltungsgericht meint – entgegen, dass die Geltungsdauer der fingierten Genehmigung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG grundsätzlich erst mit der Erteilung der Genehmigungsurkunde (§ 17 PBefG) beginnt. Zwar trifft es zu, dass der Zeitpunkt der Wirksamkeit der Genehmigungsfiktion und des Beginns ihrer Geltungsdauer auseinanderfallen können, weil letztere nicht bereits mit der Wirksamkeit der Genehmigung, sondern erst mit der Erteilung der Genehmigungsurkunde zu laufen beginnt (vgl. BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26.16 – juris Rn. 15). Allerdings kommt das in § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG vorgesehene Unanfechtbarkeitserfordernis bei Mietwagengenehmigungen nicht zur Anwendung (vgl. BVerwG, U.v. 8.11.2018 a.a.O. Rn. 28 ff. für die insoweit vergleichbare Interessenlage bei Taxengenehmigungen). Das Erfordernis der Unanfechtbarkeit hätte zur Folge, dass der Genehmigungsinhaber, solange die Rechtsmittelfristen noch nicht abgelaufen sind oder noch nicht einmal in Lauf gesetzt wurden, keine Genehmigungsurkunde erteilt werden dürfte. Eine Genehmigungsfiktion wird mangels Rechtsbehelfsbelehrung:erst nach einem Jahr unanfechtbar (Art. 42a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO). Die Antragstellerin könnte somit von ihr zunächst trotz Wirksamkeit für längere Zeit keinen Gebrauch machen, ohne sich dem Risiko eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens wegen Verstoßes gegen die Mitführungspflicht der Urkunde (§ 17 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 61 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b PBefG) auszusetzen. Deshalb ist § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung dahin auszulegen, dass das Erfordernis der Unanfechtbarkeit der Genehmigung für die Erteilung der Genehmigungsurkunde bei Mietwagengenehmigungen ebenso wie bei Taxengenehmigungen keine Anwendung findet. Nur so ist gewährleistet, dass der Inhaber die Genehmigung praktisch nutzen kann. Daher kann die Antragstellerin zeitgleich mit der Bescheinigung der Genehmigungsfiktion auch die Ausstellung der Genehmigungsurkunde verlangen (in diesem Sinne auch OVG Hamburg, B.v. 18.11.2010 – 3 Bs 206/10 – GewArch 2011, 120 = juris Rn. 41 f., 56).
Zwar wird durch die zugesprochene Bescheinigung des Eintritts der Genehmigungsfiktion für das zusätzliche Fahrzeug die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen. Nachdem jedoch die der Antragstellerin erteilten Genehmigungen zum Verkehr mit Mietwagen bis zum 17. Juli 2019 befristet sind (§ 16 Abs. 4 PBefG), bedarf es hier ausnahmsweise keiner zeitlichen Beschränkung der auszustellenden Bescheinigung. Über die materiellrechtlichen Voraussetzungen einer Folgegenehmigung wird der Antragsgegner im Rahmen eines etwaigen Antragsverfahrens zu entscheiden haben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 47.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Befugnis zur Änderung des Streitwertbeschlusses in der Rechtsmittelinstanz von Amts wegen, die der geringeren wirtschaftlichen Bedeutung der streitgegenständlichen Genehmigungsfiktion für das weitere Fahrzeug Rechnung trägt, folgt aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.
Nr. 47.5 des Streitwertkatalogs sieht für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bei Mietwagengenehmigungen einen Streitwert von 10.000,- Euro vor. Hiervon ist nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich die Hälfte anzusetzen. Die beantragte Bescheinigung der Genehmigungsfiktion für das streitgegenständliche Fahrzeug hat zwar grundsätzlich eigenständige Bedeutung i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 5 ZPO. Ihre (rechtliche) Verbindung zum Mietwagenverkehr der Antragstellerin mit fünf weiteren Fahrzeugen relativiert diese Einzelbedeutung jedoch nicht unwesentlich. Der Senat hält es deshalb für ermessensgerecht, diesem Umstand durch eine (nochmalige) Halbierung des Werts Rechnung zu tragen (vgl. auch BayVGH, B.v. 18.7.2018 – 11 ZB 18.924 – juris Rn. 19; U.v. 7.5.2018 – 11 B 18.12 – juris Rn. 50 für Genehmigungen für den Taxenverkehr). Daraus ergibt sich für jeden Rechtszug ein Streitwert von 2.500,- Euro.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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