Europarecht

Amtliche Feststellung einer Salmonelleninfektion

Aktenzeichen  M 18 K 16.3174

Datum:
31.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 150261
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Geflügel-Salmonellen-Verordnung
VO (EG) Nr. 2160/2003
VO (EG) Nr. 517/2011
GflSalmV § 22, § 23, § 24 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Die Anordnungen nach § 23 S. 1 GflSalmV stehen nicht im Ermessen der Behörde. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2 § 22 GflSalmV enthält keine Legaldefinition der amtlichen Untersuchung. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid des Beklagten vom 14. Juli 2016 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 14. Juli 2016 ist rechtswidrig.
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit ist angesichts der Dauerverwaltungsaktqualität des Bescheids der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Gerichts (vgl. BayVGH, Beschluss vom 9. Juli 2013, Az: 20 CS 13.1145 – juris Rn. 18). Ein Dauerverwaltungsakt liegt sowohl angesichts der Feststellung einer Salmonelleninfektion als auch bezüglich der dauerhaften Sperre des Betriebes für das Verbringen von Eiern und Hühnern außer zu bestimmten Zwecken vor, da sich diese amtliche Feststellung/Verpflichtung jeden Tag aktualisiert (vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 18. Auflage, § 113 Rn. 43 erster Spiegelstrich).
Die Voraussetzungen für den Erlass des Bescheides vom 14. Juli 2016 lagen zunächst vor, insbesondere konnte die jährliche Routinekontrolle der Behörde des Beklagten nach Maßgabe der Nummer 2.1 S. 4 a des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 für die Feststellung einer Salmonelleninfektion nach § 23 GflSalmV ausreichen (a). Wegen der erst ab 7. Juli 2016 erfolgten epidemiologischen Trennung der Tierbestände in der Betriebspraxis des Klägers muss die Feststellung der Salmonelleninfektion für den gesamten Tierbestand des Klägers gelten (b). Jedoch gilt entgegen der Ansicht des Beklagten ein amtlich festgestellter Salmonelleninfekt nach § 24 Abs. 1 GflSalmV nicht nur nach Durchführung der Maßnahmen des § 24 Abs. 2 GflSalmV als erloschen, sondern auch dann, wenn eine Untersuchung nach Maßgabe des Anhangs II Buchstabe D Nr. 4b) der VO (EG) Nr. 2160/2003 (im Folgenden: Verifizierungsuntersuchung) stattgefunden hat, die zu einem negativem Befund führte (c). Im vorliegenden Fall führt das negative Probenergebnis der am 13. Juli 2016 gezogenen Verifizierungsuntersuchung, dazu, dass die Infektion mit Salmonellen gemäß § 24 Abs. 2 GflSalmV i.V.m. dem Anhang II Buchstabe D Nr. 4 der VO (EG) Nr. 2160/2003 ab dem 18. Juli 2016 als erloschen galt (d).
a) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 23 S. 1, 2 GflSalmV sind, dass Salmonellen der Kategorie 1 tatsächlich gefunden werden (aa) anlässlich einer Untersuchung nach Nummer 2.1 S. 4 des Anhangs der VO (EG) 517/2011 (bb) und dieser Befund dann amtlich festgestellt wird (cc). Als Rechtsfolge müssen die Anordnungen nach § 23 S.1 GflSalmV ergehen. Der Behörde ist hierbei kein Ermessen eingeräumt. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung ist sowohl die Feststellung der Infektion als auch die Anordnung der Maßnahmen zeitnah zum Probenentnahmeergebnis zu treffen.
aa) Ein positiver Befund ergab sich aus einer der beiden Proben des Landratsamtes A… vom 28. Juni 2016. Mit endgültigem Befund am 7. Juli 2016 wurde bei einer Probe ein tatsächlicher Salmonellenbefall als gegeben angesehen. Es handelt sich um Salmonella Enteritidis, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 GflSalmV Salmonellen der Kategorie 1 darstellen.
bb) Eine Untersuchung nach § 23 S.1, 2 GflSalmV fand in der am 28. Juni 2016 gezogenen Beprobung der Veterinäre des Beklagten statt.
Nach Maßgabe des § 23 S. 2 GflSalmV gilt Satz 1 des gleichen Paragrafen entsprechend, wenn eine Untersuchung nach Nummer 2.1 S. 4 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011 vorgenommen wurde. Die Untersuchung vom 28. Juni 2016 war eine jährliche Routineuntersuchung nach Nummer 2.1 S. 4 a des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011.
cc) Eine amtliche Feststellung einer Salmonelleninfektion nach § 23 S.1, 2 i.V.m. § 1 Abs. 2 GflSalmV durfte auf Grundlage der Untersuchung vom 28. Juni 2016 erfolgen.
Entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten des Klägers führt eine positive Beprobung in der anlassunabhängigen Routinekontrolle nach Nummer 2.1 4 a des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011 zu einer amtlichen Feststellung einer Salmonelleninfektion. Eine Salmonelleninfektion kann nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 GflSalmV nur durch eine „amtliche Untersuchung“ festgestellt werden, was im Hinblick auf § 24 GflSalmV zu einem erheblichen Unterschied bezüglich der Anforderungen an die Aufhebung der nach § 23 GflSalmV angeordneten Maßnahmen führt.
Eine Legaldefinition der amtlichen Untersuchung findet in § 22 GflSalmV entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten des Klägers nicht statt. In § 22 GflSalmV steht zwar als Überschrift „amtliche Untersuchung“ und sind Rechtsgrundlagen für anlassbezogene, also verdachtsabhängige, Untersuchungen für die Behörde gegeben. Jedoch ist, entgegen der üblichen Handhabung des Gesetzgebers bei Legaldefinitionen, der definierte Begriff nicht in Klammern hinter einer Definition angezeigt. Dem Wortlaut naheliegend ist mit einer „amtlichen Untersuchung“ eine Untersuchung durch ein Amt, das heißt auf Veranlassung einer Behörde und von der Behörde durchgeführt, gemeint. Dagegen steht die Formulierung „betriebseigene Kontrollen“, die in der GflSalmV in den §§ 20, 1 Abs. 2 Nr. 2 festgehalten ist, der nach dem Wortlaut eine Untersuchung auf Veranlassung des Betriebsinhabers oder in dessen Auftrag darstellt. Im Übrigen sind die Begriffsbestimmungen in § 1 GflSalmV festgehalten, sodass diese eingeführten Begrifflichkeiten dem Wortlaut von amtlichen Überschriften vorgehen.
Auch nach systematischer Auslegung des Begriffs „amtliche Untersuchung“ ist festzustellen, dass hierzu nicht nur die Untersuchungen nach § 22 GflSalmV zu zählen sind, sondern lediglich Untersuchungen, die durch das Amt angeordnet und durchgeführt werden. Der Bevollmächtigten des Klägers ist zuzugeben, dass die Untersuchung nach Nummer 2.1 S. 4 a des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011 nicht als „amtliche Untersuchung“ in der GflSalmV explizit aufgeführt ist, sodass man angesichts der Überschrift des § 22 GflSalmV und der Forderung nach einer „amtlichen Untersuchung“ in § 1 Abs. 2 Nr. 1 GflSalmV davon ausgehen könnte, dass nur eine Untersuchung nach § 22 GflSalmV zu einer amtlichen Feststellung der Infektion nach § 23 S.1, 1 Abs. 2 Nr. 1 GflSalmV führen könnte. So ist im Text von Nummer 2.1 S. 4 a des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011 nur von einer „Beprobung durch die zuständige Behörde“ die Rede. Jedoch ist dem entgegenzuhalten, dass in § 23 S. 1 GflSalmV lediglich eine „Untersuchung nach § 22 GflSalmV“ gefordert wird, die dann zu einer amtlichen Feststellung der Salmonelleninfektion führt. Dieser gleichgestellt ist in Satz 2 die Untersuchungen nach Maßgabe der Nummer 2.1 S. 4 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011. Dass der Verordnungsgeber hier die Regelungstechnik von Satz 1 und Satz 2 gewählt hat, ist nach Erachten des Gerichts nicht darauf zurückzuführen, dass er eine Untersuchung nach Satz 2 nicht als amtliche Untersuchung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 sehen wollte. Ein gewollter systematischer Unterschied zwischen einer Untersuchung nach Satz 1 und Satz 2 kann nicht darin gesehen werden, dass die Untersuchung nach Satz 2 nicht in Satz 1 integriert wurde. Eine ausdrückliche Gleichstellung beider Untersuchungsmethoden bezüglich der Rechtsfolge des § 23 S. 1 GflSalmV wurde durch die Verordnung normiert. Der Verordnungsgeber hat ausdrücklich auf alle Untersuchungen nach Nummer 2.1 S. 4 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011 verwiesen und sich nicht auf bestimmte Untersuchungen beschränkt, wie er es z.B. in § 22 am Ende GflSalmV getan hat.
Zudem ist auf die Regelungstechnik des § 1 Abs. 2 GflSalmV Rücksicht zu nehmen, die lediglich eine Zweiteilung aufweist: In Nr. 1 werden die Folgen von amtlichen Untersuchungen, in Nr. 2 die Folgen von betrieblichen Untersuchungen festgehalten. Eine Einordnung der Untersuchung nach Nummer 2.1 S. 4 a des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011 als eine „betriebliche Untersuchung“ ist hierbei nach Ansicht des Gerichts nicht möglich. Auch § 20 Absatz 1 S. 2 GflSalmV bzw. Nummer 2.1 S. 5 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011 führt zu keinem anderen Ergebnis. Zweck dieser Regelung ist es, die Pflicht der Betriebsinhaber derart einzuschränken, dass möglichst eine Doppelbeprobung wegen der jährlichen Routinekontrollen nach Nummer 2.1 S. 4a des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011 verhindert wird. Dies ist eine reine Kosten- und Arbeitsvermeidung und kann entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten des Klägers nicht dazu führen, dass eine jährlich durch das Amt veranlasste Kontrolle nach Nummer 2.1 S. 4a des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011 als eine „betriebliche Kontrolle“ nach den §§ 20 Absatz 1 S. 1, 1 Abs. 2 Nr. 2 GflSalmV anzusehen ist.
Teleologisch gesehen ist die Differenzierung in § 1 Abs. 2 GflSalmV darauf zurückzuführen, dass einer betrieblichen Untersuchung weniger Aussagegehalt zugeordnet wird als einer von der Behörde angeordneten und durchgeführten Untersuchung. Die Behörde als Überwachungsorgan hat, im Gegensatz zu den Betriebsinhabern, als alleinige Aufgabe die Überwachung der Tierbestände in ihrem Zuständigkeitsgebiet. Betriebsinhaber haben zunächst eine Vielzahl von Aufgaben mit der Führung eines Betriebes, sodass sie die ihnen auferlegten Untersuchungspflichten eventuell nachlässiger angehen. Des Weiteren drohen ihnen bei einem positiven Befund als Sanktionen wahrgenommene Verfügungen und erhebliche finanzielle Verluste, sodass Betriebsinhaber wegen der Beprobungspflicht gegenläufigen Interessen ausgesetzt sind. Zudem wird bei den Behörden wegen der Aufgabenkonzentration auf die Überwachung grundsätzlich von einem höheren Sachverstand ausgegangen. Die Amtsveterinäre sind vom Staat ausgesucht und daher von ihrer Qualifikation her diesem bekannt. Dahingegen sind freie Tierärzte oder sonstige Personen, die im Auftrag des Betriebsinhabers Proben nehmen, weder in ihrer Qualifikation noch in ihrer Ausführung der Probenentnahme vom Staat so engmaschig durch Richtlinien und Verwaltungsvorschriften geführt wie die Amtsveterinäre. Nach diesen Überlegungen ist auch zur Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe des Staates und zum Schutz vor Betriebsinhaber bzw. freien Tierärzten, die ihren Pflichten nicht ausreichend nachkommen, die jährliche Routinekontrolle in Nummer 2.1 S. 4 a des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011 angeordnet. Eine generell gleiche Wertigkeit der jährlichen Routinekontrolle mit den als „amtliche Untersuchung“ überschriebenen Kontrollen des § 22 GflSalmV ist somit festzustellen, wohingegen die Wertigkeit der betrieblichen Kontrolle niedriger liegt.
dd) Als Rechtsfolge konnte die Behörde des Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid die Infektion mit Salmonellen nach der Untersuchung vom 28. Juni 2016 amtlich feststellen (Ziffer 1 des Bescheids) und Maßnahmen nach § 23 S. 2 i.V.m. S. 1 GflSalmV anordnen (Ziffer 2 des Bescheids). Der Bescheid ist bei Erlass also rechtmäßig gewesen.
b) Die Maßnahmen des streitgegenständlichen Bescheids beziehen sich zu Recht auf den gesamten Tierbestand des Antragstellers. Die Vermischung der zwei Paar Sockentupferproben, die am 28. Juni 2016 entnommen wurden, war verfahrensfehlerfrei.
Zwar bestand schon vor der Durchführung der epidemiologischen Trennung der Herden 1 und 2 bzw. 3 und 4 am 7. Juli 2016 die bauliche Möglichkeit, aus dem Gesamttierbestand (vier eingestallte Populationen, von denen sich je zwei den Luftraum teilen) zwei epidemiologisch getrennt zu betrachtende Tierbestände nach Art. 2 Nr. 3a der Verordnung (EG) 2160/2003 zu schaffen. Jedoch wurde nach der Betriebspraxis, laut Aktenvermerk des Beklagten vom 7. Juli 2016 über die Betriebsbegehung am 7. Juli 2016, die zwei Herden nach Art. 2 Nr. 3b der Verordnung (EG) 2160/2003 immer als ein Tierbestand (epidemiologische Einheit nach Art. 2 Nr. 3a der Verordnung (EG) 2160/2003) geführt und auch so beprobt. Beim Betriebsbesuch am 7. Juli 2016 wurde festgestellt, dass zwar eine Trennung möglich sei und in Zukunft bei Berücksichtigung im Betriebsmanagement auch durchgeführt werde, jedoch ist bis zur diesbezüglichen Besprechung am 7. Juli 2016 eine Trennung faktisch nicht strikt durchgeführt worden. Dies ergibt sich unter anderem aus Angaben des Klägers selbst während der Besprechung vom 7. Juli 2016, sowie aktenkundigen Beobachtungen der Behördenmitarbeiter. So hatte der Kläger mit der gleicher Bekleidung und den gleichen Straßenschuhen beide baulich voneinander abgetrennte Ställe betreten. So kann vor der Besprechung vom 7. Juli 2016 aus faktischen Gründen keine Trennung der Tiere in zwei unterschiedliche epidemiologische Einheiten/Bestände angenommen werden, da in den Betriebsabläufen eine solche Trennung nicht praktiziert wurde. Somit ist auch irrelevant, aus welchem Stall genau am 28. Juni 2016 die Sockentupferprobe, die positiv getestet wurde, entnommen wurde.
c) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist eine Aufhebung der Maßnahmen nach § 23 S. 1 GflSalmV nicht nur nach Durchführung der Maßnahmen des § 24 Abs. 2 GflSalmV möglich, sondern auch nach Durchführung einer Verifizierungsuntersuchung, die einen negativen Befund bezüglich der vorher festgestellten Salmonellen ergibt.
Eine abschließende Regelung stellt § 24 Abs. 2 GflSalmV nicht dar. Vielmehr muss § 24 Abs. 1 und 2 GflSalmV europarechtskonform dahingehend ausgelegt werden, dass zu Gunsten der Betriebsinhaber die Möglichkeiten der direkt anwendbaren EU-Verordnungen, hier insbesondere einer Verifizierungsuntersuchung, zum Nachweis eines Erlöschens der Infektion anwendbar sein müssen.
Die GflSalmV stellt das auf Grundlage des Art. 5 Absätze 1 und 3 der VO (EG) Nr. 2160/2003 normierte nationale Bekämpfungsprogramm der Bundesrepublik Deutschland dar. Dies führt dazu, dass neben der GflSalmV die Regelungen der VO (EG) Nr. 2160/2003 direkt anzuwenden sind, soweit sie keinen Niederschlag im nationalen Recht finden. Eine teilweise Umsetzung in nationales Recht fand vor allem in den §§ 22, 23 GflSalmV statt (vgl. BR-Drs. 81/09 S. 6 Nr. 8). Dabei hatte der Bundesrat offensichtlich die Konstellation im Auge, dass eine betriebliche Prüfung einen Salmonellenverdacht hervorrief. Der Erlass der Maßnahmen nach Anhang II Buchstabe D Nr. 2 Unterabsatz 2 der VO (EG) Nr. 2160/2003 wurde zweigeteilt in den §§ 21 und 23 GflSalmV umgesetzt, aufgeteilt in die Phase des Verdachts auf eine Infektion und nach Feststellung einer Infektion. Eine gleiche Zweiteilung hat in § 24 GflSalmV stattgefunden, bezüglich der Aufhebbarkeit der Maßnahmen, differenziert nach einem bestehenden Verdacht einer Infektion oder der amtlichen Feststellung einer Infektion. Jedoch fand eine Umsetzung der erst später in die Verordnung eingefügte Nummer 4 in § 24 GflSalmV nicht statt.
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Verifizierungsuntersuchung nicht nur beim Verdacht auf eine Salmonelleninfektion nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 GflSalmV anzuwenden. Vielmehr verweist Anhang II Buchstabe B Nr. 4 des Anhang II Buchstabe D der VO (EG) Nr. 2160/2003 auf Anhang II Buchstabe D Nr. 2 der VO (EG) Nr. 2160/2003 und statuiert, dass die Behörden zur Vermeidung falsch-positiver Testergebnisse die Maßnahmen des Anhang II Buchstabe D Nr. 2 der VO (EG) Nr. 2160/2003 aufheben können. Diese Nr. 2 lautet wie folgt:
„Eier, die aus Herden mit unbekanntem Gesundheitsstatus stammen, bei denen der Verdacht besteht, dass sie infiziert sind, oder die mit Salmonella-Serotypen infiziert sind, für die ein Reduktionsziel festgelegt wurde, oder die als Infektionsquelle in einem spezifischen lebensmittelbedingten Ausbruch beim Menschen ermittelt wurden, werden (…)“
Nr. 2 regelt die Anordnung von Maßnahmen nicht nur bei einem Verdacht auf Salmonellen, sondern auf bei infizierten Herden. Eine Differenzierung dahingehend, dass Nr. 4 nur auf die Verdachtsfälle der Nr. 2 angewandt werden können, ist daher nicht möglich. Darauf deutet auch der Wortlaut des Anhang II Buchstabe D Nr. 4 der VO (EG) Nr. 2160/2003 hin, der eine Verifizierungsuntersuchung zum Zweck des „Ausschluss[es] von falsch positiven Erstergebnissen“ beinhaltet. Ein falsch positives Erstergebnis ist auch bei einer amtlichen Beprobung nicht ausgeschlossen. Dem Legehennenhalter kann daher schon aus Gleichstellungsgründen mit anderen Haltern, bei denen in einer betrieblichen Kontrolle ein positives Ergebnis festgestellt wurde, die Möglichkeit einer Nachbeprobung zum Ausschluss eines falsch positiven Erstergebnisses nicht rechtsgrundsätzlich versagt werden.“
d) Die Infektion mit Salmonellen, die am 14. Juli 2016 amtlich feststellt wurde, galt am 18. Juli 2016 mit Erhalt des negativem Probenergebnisses nach § 24 Abs. 1, 2 GflSalmV i.V.m. dem Anhang II Buchstabe D Nr. 4b der VO (EG) Nr. 2160/2003 als erloschen.
Die Anordnung einer Verifizierungsuntersuchung liegt grundsätzlich im Ermessen der Behörde („darf“). Ob aus Gleichstellungsgründen der anlassunabhängigen jährlichen Routinebeprobung nach Nummer 2.1 S. 4 a des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011 mit den anlassbezogenen Untersuchungen nach § 22 GflSalmV grundsätzlich eine Ermessensreduzierung auf Null im Raum steht, sobald eine jährliche Routinebeprobung nach Maßgabe der Nummer 2.1 S. 4a des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 517/2011 ein positives Ergebnis erbringt, das zu einer amtlichen Feststellung einer Salmonelleninfektion führt, kann hier dahinstehen. Aus der Akte des Antragsgegners (Blatt 1-66) ergibt sich, dass eine den Maßgaben einer Verifizierungsuntersuchung genügende Untersuchung am 13. Juli 2016 vorgenommen wurde. Diese umfangreiche Untersuchung führte am 18. Juli 2016 zu einem negativen Untersuchungsergebnis.
e) Abschließend ist daher festzuhalten, dass der Bescheid vom 14. Juli 2016 zwar zum Zeitpunkt des Erlasses rechtmäßig war und daher die Rechte des Klägers nicht verletzte. Mit Erhalt des negativen Probenergebnisses am 18. Juli 2016 galt die Infektion allerdings als erloschen, sodass die Beschränkungen nach § 23 S.1 GflSalmV mit Wirkung zum 18. Juli 2016 nach Maßgabe des § 24 Abs. 1, 2 GflSalmV i.V.m. Anhang II Buchstabe D Nr. 4b der VO (EG) Nr. 2160/2003 aufgehoben hätten werden müssen. Seit diesem Zeitpunkt ist der Bescheid rechtswidrig und greift in die Rechte des Antragstellers ein.
2. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 S. 1 VwGO i.V.m. §§ 708, 711 ZPO.
3. Die Berufung war nach den §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die aufgeworfene Rechtsfrage, ob § 24 Abs. 2 GflSalmV europarechtskonform erweiternd dahingehend auszulegen ist, dass auch bei Vorliegen einer negativen Verifizierungsuntersuchung die Infektion als erloschen gilt, grundsätzliche Bedeutung hat.

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