Aktenzeichen 25 U 4600/16
Leitsatz
Verfahrensgang
10 O 3779/14 Ver 2016-11-11 Urt LGMUENCHENII LG München II
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 11.11.2016, Az. 10 O 3779/14 Ver, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist. Der Senat sieht sich auch nicht im Hinblick auf die Entscheidung des OLG Nürnberg vom 27.05.1993 an einem Vorgehen gemäß § 522 Abs. 2 ZPO gehindert. Die Frage der Erstattungsfähigkeit der Behandlungskosten für die streitgegenständlichen Behandlungen bei ideopathischer Sterilität sind, wie nachfolgend dargelegt wird, durch die zeitlich nachfolgende Rechtsprechung des BGH geklärt.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
1. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (S. 3/4; Bl. 121/122 d.A.) nimmt der Senat Bezug. Die Berufung zeigt keine Gesichtspunkte auf, die zu einer abweichenden Beurteilung führen könnten, insbesondere lassen sich solche nicht aus der zitierten Entscheidung des BGH vom 15.09.2010 (IV ZR 187/07) ableiten. Der BGH hatte die Entscheidung des erkennenden Senats nicht deswegen aufgehoben, weil er dessen Ausgangspunkt, wonach die Unaufklärbarkeit der Frage, ob eine Krankheit in der Person des Klägers (was auch eine Unfruchtbarkeit aus unbekannter Ursache sein kann) gegeben sei, nach den Regeln über die Beweislastverleitung zu Lasten des Klägers gehe, nicht gebilligt hat, sondern weil er diese Voraussetzungen im konkreten Fall als nicht gegeben angesehen hat. Dies ergibt sich aus den Ausführungen unter Rdz. 11 (juris), wonach der Senat den Begriff der Krankheit i.S. von § 1 (2) MB/KK und die Anforderungen an deren Nachweis grundlegend verkannt habe, nachdem (vgl. Rdz. 11, juris) der Kläger seiner Beweislast für das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Krankheit genügt habe. Er habe eine von der Norm deutlich abweichende, die Zeugungsfähigkeit beeinträchtigende Zusammensetzung seines Spermas bewiesen, mithin einen regelwidrigen körperlichen Zustand, der seine Zeugungsfähigkeit einschränke. Dass neben dem Nachweis einer Erkrankung auch die medizinische Notwendigkeit der konkret im Streit stehenden Maßnahme zur Behandlung dieser Krankheit nachgewiesen werden muss, ergibt sich aus den Ausführungen unter Rdz. 19-21, sowie aus dem Hinweis (Rdz. 20) auf die Entscheidung vom 21.09.2005 im Verfahren IV ZR 113/04. Im dortigen Verfahren stand fest, dass der privat krankenversicherte Kläger an einer Kryptozoospermie und einem hochgradigen Oligo-Astheno-Teratozoospermie-Syndrom (OAT-Syndrom), das heißt einer verminderten Spermiendichte bei gleichzeitig verminderter Spermienbeweglichkeit und erhöhter Spermienfehlformenrate litt und deshalb auf natürlichem Wege keine Kinder zeugen konnte (Rdz. 3, juris). Maßgeblich für die bedingungsgemäße Notwendigkeit der IVF/ICSI-Behandlung war nach Beurteilung durch den BGH zunächst – neben der ebenfalls zu prüfenden Erfolgsaussicht (vgl. Rdz.20 ff, juris) -, dass diese Behandlung eine medizinisch anerkannte Methode zur Überwindung der Sterilität des Klägers darstellte ( vgl Rdz. 19, juris). Davon ist im vorliegenden Rechtsstreit nach dem Ergebnis der Begutachtung indessen nicht auszugehen. Es fehlt bereits an einem Nachweis einer organisch bedingten Unfruchtbarkeit der Klägerin. Der Sachverständige ist zu dem eindeutigen Ergebnis gelangt, dass eine ideopatsiche Sterilität vorliegt (S. 9 des Gutachtens vom 20.10.2015; Bl. 56 d.A). Im Rahmen der mündlichen Anhörung im Termin vom 05.10.2016 hat der Sachverständige dies nochmals bestätigt, indem er ausgeführt hat, die Ursache der Kinderlosigkeit sei im vorliegenden Fall nicht genau abklärbar. Bei der Klägerin habe er, außer dem Lebensalter, keine gesundheitlichen Einschränkungen festgestellt, die Ursache für die Kinderlosigkeit sein könnten.
Soweit die Berufung darauf hinweist, dass der Sachverständige eine Indikation für die IVF/ICSI Behandlung gesehen hat (S.4/5 des Gutachtens vom 20.10.2015; Bl. 51/52 d.A. und S. 2/3 des Protokolls vom 05.10.2016; Bl. 111/112 d.A.), ist darauf hinzuweisen, dass der Sachverständige dies vor dem Hintergrund der festgestellten ideopatischen Sterilität bei jahrelang unerfülltem Kinderwunsch getan hat. Die Indikation für eine solche Behandlung bedeutet nicht, dass sich hieraus eine Leistungspflicht der Beklagten ergibt. Eine solche erfordert zusätzlich, dass diese wegen einer nachgewiesenen Erkrankung der versicherten Person erfolgt und auch die medizinische Notwendigkeit der konkret im Streit stehenden Maßnahme zur Behandlung dieser Krankheit nachgewiesen ist. Dies hat das Erstgericht nach dem Ergebnis der Begutachtung zu recht verneint. Soweit die Berufung im Schriftsatz vom 23.02.2017 (S.1/2; Bl. 151/152 d.A.) auf eine Corpus-Luteum-Insuffizienz und eine Hyperprolaktinämie bei der Klägerin sowie eine gestörte Cervix-Mucus-Interaktion innerhalb des Kinderwunschpaares verweist und vorträgt, der Sachverständige habe hierin eine Indikation für die IVF/ICSI behandlung gesehen, findet diese Behauptung im Akteninhalt keinerlei Stütze. Hinsichtlich der Corpus-Luteum-Insuffizienz sowie der gestörte Cervix-Mucus-Interaktion hat der Sachverständige dies sogar explizit verneint (S. 3 des Protokolls vom 05.10.2016; Bl. 112 d.A.).
2. Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme nach Eingang der Berufungsbegründung bei Gericht ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).