Aktenzeichen 15 CS 16.1417
Leitsatz
1. Ein Boardinghouse ist im allgemeinen Wohngebiet nicht gebietsfremd. Ein Boardinghouse stellt eine Übergangsform zwischen einer Wohnnutzung und einem Beherbergungsbetrieb dar, wobei die schwerpunktmäßige Zuordnung von den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls abhängt. (redaktioneller Leitsatz)
2. Beeinträchtigungen durch Schattenwurf sind gerade in dicht bebauten innerstädtischen Bereichen grundsätzlich hinzunehmen. Auch scheidet eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme im Hinblick auf die Belichtung, Belüftung und Besonnung in aller Regel aus, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten werden. (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Grundstücksnachbar hat die Errichtung notwendiger Garagen und Stellplätze (§ 12 Abs. 2 BauNVO) für ein Wohnbauvorhaben und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen Belastungen durch Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs auch nachts grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen. (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Mangel der Bestimmtheit einer Baugenehmigung bewirkt eine Verletzung von Nachbarrechten, wenn aufgrund der Unbestimmtheit der erforderlichen Stellplätze nicht beurteilt werden kann, ob das Vorhaben dem nachbarschützenden Rücksichtnahmegebot entspricht. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RO 7 S 16.814 2016-06-22 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. 662/6 sowie des daran anschließenden, als Garten genutzten Grundstücks FlNr. 662/11 Gemarkung R. Im Südwesten und Nordwesten grenzen an das letztgenannte Grundstück die an der Straße „Am Stadtpark“ gelegenen Grundstücke FlNr. 662, 662/4 und 662/5 der Beigeladenen. Diese Grundstücke liegen im Geltungsbereich des am 4. Februar 2016 bekannt gemachten Bebauungsplans Nr. 6102-78/0 „R. – Am Stadtpark‘“ der Stadt R., gegen den die Antragstellerin beim Verwaltungsgerichtshof Normenkontrollantrag gestellt hat (Az. 15 N 16.1326).
Mit Bescheid vom 22. Februar 2016 erteilte das Landratsamt C. der Beigeladenen eine Baugenehmigung für den Neubau von zwei Arbeitnehmerwohnheimen und Appartmentwohnhäusern mit Altenwohnungen (Haus A und Haus B) auf den Grundstücken FlNr. 662, 662/4 und 662/5 unter Zulassung einer Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu den Baugrenzen für das geringfügige Vortreten der Balkone im Nordwesten der beiden Gebäude nach § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO sowie einer Abweichung für die Errichtung von Stellplätzen auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO. Nach den genehmigten Bauvorlagen sollen auf den Baugrundstücken insgesamt 50 Stellplätze errichtet werden. Von den 30 oberirdisch geplanten Stellplätzen sind 17 Plätze an der Südwestgrenze zum Grundstück FlNr. 662/3, drei vor dem Gebäude Haus B und fünf Plätze unmittelbar an der Nordwestgrenze des Grundstücks FlNr. 662/11 situiert. Fünf weitere Stellplätze befinden sich in zwei Reihen vor der Einfahrt zur Tiefgarage, in der 20 Stellplätze vorgesehen sind.
Gegen den Bescheid hat die Antragstellerin am 18. März 2016 beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 22. Juni 2016 abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Antragstellerin würde nach summarischer Prüfung durch die Baugenehmigung nicht in ihren Rechten verletzt. Zwar bestünden Zweifel hinsichtlich der Bestimmtheit der genehmigten Nutzungen, die durch die Bezeichnungen „Arbeitnehmerwohnheime“,„Appartmentwohnhäuser“ und „Altenwohnungen“ sowie den hierzu erstellten Plan „Wohnungszuordnungen“ konkretisiert seien. Denn die Darstellung in den Plänen stimme nicht mit dem allgemeinen Verständnis dieser Wohnkategorien überein. So seien etwa für die Altenwohnheime keine Gemeinschaftseinrichtungen und in den Altenwohnungen Kinderzimmer vorgesehen. Da die Baugenehmigung aber auch eine Nutzung als „normale“ Wohnungen decke, werde die Antragstellerin hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt. Mangels Erheblichkeit für eine Rechtsverletzung der Antragstellerin komme es auch nicht darauf an, ob der Bebauungsplan wirksam sei. Insbesondere sei nicht entscheidungserheblich, ob die festgesetzte Verkürzung der Abstandsflächen wirksam sei, weil das Bauvorhaben zum nächstgelegenen Grundstück FlNr. 662/11 die volle Abstandsfläche einhalte. Ebenso wenig seien Rechte der Antragstellerin durch die Überschreitung der Baugrenzen verletzt. Soweit eine Überschreitung der Baugrenzen durch die zugelassenen Stellplätze gegeben sei, scheitere eine Rechtsverletzung daran, dass die Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche nicht dem Nachbarschutz dienten. Das Gebot der Rücksichtnahme sei durch die Anordnung der Stellplätze ebenfalls nicht verletzt. Die aus der bestimmungsgemäßen Nutzung von nach § 12 Abs. 2 BauNVO zulässigen Stellplätzen und Garagen hervorgerufenen Lärmbelastungen seien regelmäßig als sozialadäquat hinzunehmen. Eine ausnahmsweise unzumutbare Beeinträchtigung für die Nachbarschaft läge nicht vor. Zwar fänden sich fünf Stellplätze nahe an der Grenze des Grundstücks FlNr. 662/11. Auch könnten die 17 Stellplätze an der Grenze des Grundstücks FlNr. 662/3 Wirkungen auf den Gartenbereich ihres Wohngrundstücks haben. Es handle sich aber nicht um eine Konzentration der Stellplätze in diesem Bereich. Zudem belege eine auf der Basis der Parkplatzlärmstudie erstellte Lärmprognose, dass das Maß des Zumutbaren nicht überschritten werde. Die zu erwartende Überschreitung der Richtwerte bei kurzeitigen Geräuschspitzen durch Türenschlagen sei unerheblich. Ob im Hinblick auf die Unbestimmtheit der Baugenehmigung die vorgesehenen Stellplätze ausreichend seien, müsse ebenfalls nicht geklärt werden, weil die Vorschrift über die Verpflichtung zur Errichtung der notwendigen Stellplätze nach Art. 47 BayBO nicht nachbarschützend sei. Eine Ausnahme bestehe nur dann, wenn es aufgrund des Mangels an Stellplätzen zu einem für den Nachbarn unzumutbaren Park- und Parksuchverkehr komme. Das sei nicht der Fall. Von einem Suchverkehr auf öffentlichen Straßen sei die Antragstellerin aufgrund der Entfernung nicht betroffen. Von einem Parksuchverkehr auf dem Baugrundstück, insbesondere anlässlich einer Umfahrung der Stellplätze vor der Tiefgarageneinfahrt, wäre sie zwar betroffen. Die Beigeladene habe aber erklärt, dass die Stellplätze auf dem Baugrundstück fest vermieten werden sollen und ein Befahren des Grundstücks durch Mieter ohne Stellplatz unterbunden werde. Zwar könnten derartige Beschränkungen der Betriebsbeschreibung in den Bauantragsunterlagen nicht entnommen werden. Es sei aber davon auszugehen, dass die Beigeladene entsprechende Regelungen zur Vermeidung von Konflikten unter den Mietern treffen werde. Auch sei eine entsprechende Ergänzung der Baugenehmigung im Hauptsacheverfahren möglich, so dass bezüglich des Fahrverkehrs auf dem Baugrundstück noch keine vollendeten Tatsachen geschaffen seien. Nach Angaben der Beigeladenen sei mit einer Nutzung der Stellplätze erst in der zweiten Jahreshälfte 2017 zur rechnen. Infolge dessen seien die Erfolgsaussichten der Klage offen. Die Interessenabwägung ergebe ein Überwiegen der Interessen der Beigeladenen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde. Sie beantragt,
unter Aufhebung, hilfsweise Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 22. Juni 2016 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts C. vom 22. Februar 2016 anzuordnen.
Der Antragsgegner und der Beigeladene beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die dargelegten Beschwerdegründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren grundsätzlich beschränkt (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung oder Aufhebung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu Recht abgelehnt.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann nicht angenommen werden, dass die Baugenehmigung den baugebietsübergreifenden Gebietsbewahrungsanspruch der Antragstellerin verletzt (vgl. dazu unten 1.). Eine Verletzung ihrer Nachbarrechte wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme erscheint zwar nicht von vorneherein ausgeschlossen (vgl. dazu unten 2.). Die Abwägung der gegenseitigen Interessen fällt jedoch dennoch zugunsten des Antragsgegners und der Beigeladenen aus (vgl. dazu unten 3.).
1. Das Bauvorhaben verletzt aller Wahrscheinlichkeit nach nicht deswegen den baugebietsübergreifenden Gebietserhaltungsanspruch der Antragstellerin, weil aufgrund der Baugenehmigung die genehmigten Wohnungen als „Boardingshouse“ genutzt werden könnten.
Selbst wenn die Beigeladene eine solche Nutzung beabsichtigen würde, würde dies nicht zu einer Verletzung des gebietsübergreifenden Gebietserhaltungsanspruchs führen, der den Nachbarn allenfalls ausnahmsweise vor gebietsfremden Nutzungen im angrenzenden Baugebiet schützen kann (vgl. dazu BayVGH, B. v. 2.5.2016 – 9 ZB 13.2048 u. a. – juris Rn. 14 m. w. N.; VGH BW, B. v. 23.6.2016 – 5 S 634/16 – juris Rn. 4). Wäre der Bebauungsplan unwirksam und läge das Bauvorhaben deswegen im Außenbereich, scheitert ein solcher Anspruch schon daran, dass der Außenbereich (§ 35 BauGB) kein Baugebiet (vgl. § 1 Abs. 2 BauNVO) darstellt. Ist der Bebauungsplan dagegen wirksam, scheidet ein Anspruch jedenfalls deswegen aus, weil ein Boardinghouse im allgemeinen Wohngebiet nicht gebietsfremd ist. Ein Boardinghouse stellt eine Übergangsform zwischen einer Wohnnutzung und einem Beherbergungsbetrieb dar, wobei die schwerpunktmäßige Zuordnung von den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls abhängt (vgl. OVG BW, B. v 6.7.2006 – OVG 2 S 2.06 – BauR 2006, 1711 = juris Leitsatz und Rn. 8 ff.; OVG MV, U. v. 19.2.2014 – 3 L 212/12 – BauR 2015, 81 = juris Rn. 47). Soweit eine solche Nutzung schwerpunktmäßig als Wohnen ohne die für einen Beherbergungsbetrieb typischen Dienstleistungsbereiche, wie etwa Speise- und Aufenthaltsräume mit zugehörigem Personalservice, erfolgen würde, läge dies innerhalb der einer Wohnnutzung eigenen Variationsbreite und wäre nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO im allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig. Ginge die Nutzung darüber hinaus und wäre sie als Beherbergungsbetrieb zu qualifizieren, läge wegen der ausnahmsweise Zulässigkeit von Beherbergungsbetrieben im allgemeinen Wohngebiet (vgl. § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO) ebenfalls keine den Gebietserhaltungsanspruch auslösende gebietsfremde Nutzung vor (vgl. BayVGH, B. v. 25.8.2009 – 1 CS 09.287 – BauR 2010, 120 = juris Rn. 31; B. v. 10.11.2014 – 2 ZB 13.1048 – juris Rn. 6). Zudem wäre eine solche Nutzung von der Baugenehmigung nicht mehr gedeckt, so dass die Antragstellerin auch deswegen nicht in ihren Rechten verletzt sein kann (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gleiches gilt für einen Hotelbetrieb, deren Errichtung die Antragstellerin aufgrund entsprechender Vorhaben der Beigeladenen an anderen Orten befürchtet.
2. Allerdings erscheint es nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass das Bauvorhaben zulasten der Antragstellerin das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verletzt (vgl. dazu BayVGH, B. v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 27 m. w. N.).
a) Soweit die Antragstellerin allerdings geltend macht, das Bauvorhaben verursache eine „enorme Schattenwirkung“ auf ihren Grundstücken, und hierzu die im Bebauungsplanverfahren erstellte Verschattungsstudie vom 27. Oktober 2015 anführt, ist eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht hinreichend substanziiert dargetan. Denn abgesehen davon, dass sich die Studie nur allgemein zu den auf der Grundlage des Bebauungsplans zulässigen Vorhaben, nicht aber zu dem konkreten Bauvorhaben der Beigeladenen verhält, hat die Antragstellerin nicht aufgezeigt, dass die Verschattung ihrer Grundstücke durch das Bauvorhaben unzumutbar sein könnte. Das Gebot der Rücksichtnahme gibt den Grundstückseigentümern nicht das Recht, von jeglicher Schattenwirkung eines Gebäudes auf einem benachbarten Grundstück verschont zu bleiben. Beeinträchtigungen durch Schattenwurf sind gerade in dicht bebauten innerstädtischen Bereichen grundsätzlich hinzunehmen. Auch scheidet eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme im Hinblick auf die Belichtung, Belüftung und Besonnung in aller Regel aus, wenn – wie hier mit 1 H zur Grenze des Grundstücks der Antragstellerin – die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten werden (vgl. BayVGH, B. v. 10.12.2008 – 1 CS 08.2770 – BayVBl 2009, 751 = juris Rn. 24; B. v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 7 m. w. N.; OVG Bremen U. v. 19.3.2015 – 1 B 19/15 – BauR 2015, 1802 = juris Rn. 17 ff.; SächsOVG, B. v. 4.8.2014 – 1 B 56/14 – juris Rn. 19). Besondere Umstände, aufgrund derer das Gebot der Rücksichtnahme ausnahmsweise dennoch verletzt sein könnte, hat die Antragstellerin nicht benannt. Selbst wenn ihre Grundstücke im Winter (Stichtag 21. Dezember) am Nachmittag (15.00 Uhr) durch die Gebäude auf dem Baugrundstück vollständig verschattet würden, wäre dies angesichts der beschränkten Dauer der Beeinträchtigung für sie nicht unzumutbar (vgl. BayVGH, U. v. 18.7.2014 – 1 N 13.2501 – BayVBl 2015, 166 = juris Rn. 26; OVG SA, U. v. 21.10.2015 – 2 K 194/12 – BauR 2016, 626 = juris Leitsatz 10 und Rn. 176; vgl. auch Nr. 4.4 Satz 4 der DIN 5034-1 Teil 1).
b) Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots kann auch nicht wegen einer unzumutbaren Lärmbelastung durch nächtliches Türenschlagen von Kraftfahrzeugen auf den Stellplätzen des Baugrundstücks angenommen werden, wie die Antragstellerin unter Hinweis auf die immissionsschutzfachliche Stellungnahme des Landratsamts – Technischer Umweltschutz – vom 10. Juni 2016 (Blatt 72 ff. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts) meint. Zwar wird in dieser Stellungnahme eine Überschreitung der für allgemeine Wohngebiete geltenden Immissionsrichtwerte der TA Lärm für kurzzeitige Geräuschspitzen von 60 dB(A) nachts an den Grundstücken der Klägerin (IO 1 und IO 3) durch nächtliches Türenschlagen bestätigt. Zugleich wird aber zu Recht darauf hingewiesen, dass das Spitzenpegelkriterium nach Nr. 6.1. Satz 2 TA Lärm bei Lärmbelastungen durch Stellplätze, die aufgrund einer zugelassenen Wohnnutzung erforderlich sind, außer Betracht bleiben muss. Stellplätze und Garagen sind nach § 12 Abs. 2 BauNVO für den durch die zugelassene Nutzung notwendigen Bedarf zulässig. Der Grundstücksnachbar hat deshalb die Errichtung notwendiger Garagen und Stellplätze für ein Wohnbauvorhaben und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen Belastungen durch Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs auch nachts grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen (vgl. BayVGH, B. v. 4.7.2016 – 15 ZB 14.891 – juris Rn. 15 m. w. N.; B. v. 12.7.2007 – 15 ZB 06.3088 – juris Rn. 7; BVerwG, B. v. 20.3.2003 – 4 B 59/02 – NVwZ 2003, 1516 = juris Rn. 6 f.). Die Bestimmungen über Spitzenpegelkriterien finden insoweit keine Anwendung, weil ansonsten in Wohngebieten selbst in größeren Abständen von bis zu 28 m zu Nachbaranwesen Stellplatzanlagen nicht errichtet werden dürften. Hierdurch würde die Wertung des § 12 Abs. 2 BauNVO umgangen, zumal davon auszugehen ist, dass jedenfalls nachts bei jedem einzelnen Zu- bzw. Abfahrtsvorgang der Spitzenpegel überschritten wird (vgl. VGH BW, B. v. 20.7.1995 – 3 S 3538/94 – DVBl 1996, 266 = juris Rn. 8; B. v. 11.12.2013 – 3 S 1964/13 – VBlBW 2014, 275 = juris Rn. 10; BayVGH, B. v. 9.2.2004 – 14 CS 03.2977 – BayVBl 2000, 115 = juris Rn. 16; vgl. auch Tabelle 37 der Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamts für Umwelt, 6. Aufl. 2007). Dass hier aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, geht aus dem Beschwerdevorbringen nicht hervor. Aufgrund möglicher Schallreflexionen von den Gebäudewänden der genehmigten Häuser unzumutbare Lärmbelastungen am Wohnanwesen der Antragstellerin sind nach der ergänzenden Stellungnahme des Landratsamts vom 18. August 2016 (Blatt 50 der Gerichtsakte) gänzlich unwahrscheinlich.
c) Nicht ganz ausgeschlossen erscheint jedoch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots im Hinblick auf die nicht hinreichend geklärte Anzahl der erforderlichen Stellplätze.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, geht aus den genehmigten Bauunterlagen nicht hinreichend bestimmt hervor, welchen Stellplatzbedarf das Bauvorhaben tatsächlich auslösen wird, weil die Bezeichnung der genehmigten Nutzungen („zwei Arbeitnehmerwohnheime und Appartmentwohnhäuser mit Altenwohnungen“) mit den in den mit Genehmigungsvermerk versehenen Grundrissplänen und dem Übersichtsplan „Wohnungszuordnung“ nicht vollständig in Einklang zu bringen ist. Insbesondere erscheint es widersprüchlich, dass in den dargestellten sechs „Altenwohnungen“ Kinderzimmer vorgesehen sind und dass die „Arbeitnehmerwohnheime“ aus 76 Ein-Zimmer-Wohnungen mit Kochzeile und Bad bestehen, die zwischen den Altenwohnungen und Appartmentwohnungen auf alle Geschosse in beiden Gebäude verteilt sind, ohne Gemeinschaftseinrichtungen aufzuweisen (vgl. zur Abgrenzung BayVGH, U. v. 16.2.2015 – 1 B 13.648 – NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 26). Nach dem den Bauantragsunterlagen beigefügten PKW-Stellplatznachweis vom 11. September 2015 wird für sechs Altenwohnungen ein Bedarf von zwei Stellplätzen, für 20 Appartmentwohnungen ein Bedarf von 22 Stellplätzen und für 76 Wohnungen im Arbeitnehmerwohnheim ein Bedarf von 23 Stellplätzen, insgesamt mithin ein Bedarf von 47 Stellplätzen errechnet. Dies entspricht den Vorgaben des Art. 47 Abs. 2 Satz 1 BayBO i.V. mit § 20 und Nr. 1.2, 1.3, 1.8 der Anlage zur Garagen- und Stellplatzverordnung (GaStellV). Würde es sich bei den geplanten Altenwohnungen und den Wohnungen im Arbeitnehmerwohnheim jedoch in Wahrheit um „normale“ Wohnungen in Mehrfamilienhäusern oder um sonstige Gebäude mit Wohnungen im Sinn von Nr. 1.2 GaStellV handeln, wofür nach den Darstellung der Wohnungen in den Eingabeplänen Einiges spricht, würde dies einen erheblich höheren Stellplatzbedarf auslösen. Das könnte wegen der unzureichenden Stellplatzzahl zu einem erheblichen Park- und Parksuchverkehr auf dem Baugrundstück führen mit der Folge einer für die Nachbargrundstücke der Antragstellerin möglicherweise unzumutbaren Lärmbelastung (vgl. BayVGH, B. v. 25.8.2009 – 1 CS 09.287 – BauR 2010, 210 = juris Rn. 39 m. w. N.).
3. Trotz dieses Mangels fällt die Interessenabwägung zugunsten des Antragsgegners und der Beigeladenen aus.
Zwar dürfte der Mangel der Bestimmtheit der Baugenehmigung hier eine Verletzung der Nachbarrechte der Antragstellerin bewirken, weil aufgrund der Unbestimmtheit der erforderlichen Stellplätze nicht beurteilt werden kann, ob das Vorhaben dem nachbarschützenden Rücksichtnahmegebot entspricht (vgl. zur Nachbarrelevanz unbestimmter Baugenehmigungen BayVGH, B. v. 18.7.2016 – 15 ZB 15.12 – juris Rn. 13 m. w. N.). Dies führt aber dennoch nicht zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Baugenehmigung, weil eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zulasten der Antragstellerin ohne Weiteres vermieden werden kann, indem etwa durch eine Ergänzung der genehmigten Bauvorlagen sichergestellt wird, dass bis zur Aufnahme der genehmigten Nutzungen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, die einen für die Antragstellerin unzumutbaren Park- und Parksuchverkehr auf dem Baugrundstück ausschließen. Zu denken wäre dabei etwa, wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, an eine Zuordnung der oberirdischen Stellplätze zu einzelnen Wohnungen und eine Unterbindung des Befahrens des Baugrundstücks durch Kraftfahrzeuge ohne zugewiesenen Stellplatz mittels einer Schranke. Im Hinblick darauf fällt die im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu treffende Interessenabwägung trotz der festgestellten „Nachbesserungsbedürftigkeit“ der Baugenehmigung nicht zugunsten der Antragstellerin aus (vgl. BayVGH, B. v. 26.9.2016 – 15 CS 16.1348 – juris Rn. 45 m. w. N.). Auf die Frage, ob und ggf. wie der Mangel der Bestimmtheit durch eine Umgestaltung der Gebäude im Inneren zur Herstellung der in der Baugenehmigung ausgewiesenen Nutzungen (Altenwohnung, Arbeitnehmerwohnheim) oder durch eine Anpassung des Stellplatznachweises und durch nachträgliche zusätzliche Maßnahmen zur Erfüllung der Stellplatzpflicht (Art. 47 Abs. 3 BayBO) geheilt werden könnte, kommt es im Verhältnis zur Antragstellerin nicht an.
4. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit ihrer Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden für erstattungsfähig erklärt, weil diese einen Antrag gestellt und sich damit dem Risiko ausgesetzt habt, selbst Kosten auferlegt zu bekommen (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung. Für die Bemessung der Höhe des Streitwerts bei einer Nachbarklage gegen eine dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung ist regelmäßig auf den vom Nachbarn geltend gemachten wirtschaftlichen Schaden, mithin regelmäßig auf die Grundstückswertminderung bei Verwirklichung des strittigen Vorhabens abzustellen (vgl. BayVGH, B. v. 5.12.2014 – 15 C 14.1293 – juris Rn. 5 f.). Diese erscheint hier nicht so hoch, dass – wie die Antragstellerin anregt – eine Änderung des vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwerts veranlasst wäre.
5. Durch die Entscheidung über die Beschwerde hat sich der Antrag auf Erlass einer Zwischenverfügung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (sog. „Hänge-beschluss“, vgl. HessVGH, B. v. 7.10.2014 – 8 B 1686/14 – NVwZ 2015, 447 = juris Rn. 16 m. w. N.) erledigt.
6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).