Aktenzeichen 10 CE 15.2784
Leitsatz
Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten ist. Erforderlich ist, dass infolge der Abschiebung als solcher – unabhängig vom konkreten Zielstaat – eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes konkret droht. (redaktioneller Leitsatz)
Zur Glaubhaftmachung einer schwerwiegenden seelischen Erkrankung reicht eine Bescheinigung nicht aus, der zufolge sich ein Antragsteller seit längerer Zeit in nervenärztlicher Behandlung befindet. (redaktioneller Leitsatz)
Selbst bei Annahme einer nicht völlig auszuschließenden Suizidgefahr liegt nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor; vielmehr ist die Abschiebung von der Ausländerbehörde ggf. so zu gestalten, dass einer Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
1 E 15.1606 2015-12-16 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250 Euro festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde, mit der der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag weiterverfolgt, den nunmehr passivlegitimierten Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) zu verpflichten, bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren (Au 1 K 15.1605) auf Erteilung einer Duldung an den Antragsteller gemäß § 60a AufenthG keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen durchzuführen und ihm weiterhin eine Duldung zu erteilen, ist unbegründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen weder die Aufhebung noch eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
Der Antragsteller, ein kosovarischer Staatsangehöriger, dessen Asylantrag mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 4. Juli 2013 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, erhielt von der damals zuständigen Stadt A. seit 29. Oktober 2013 im Hinblick auf fehlende Heimreisepapiere eine zuletzt bis 10. März 2015 gültige Duldung. Der am 20. Juni 2015 unter Verweis auf verschiedene ärztliche Atteste, in denen seine Reiseunfähigkeit attestiert wurde, gestellte Antrag auf neuerliche Erteilung einer Duldung wurde mit Bescheid vom 12. Oktober 2015 abgelehnt, weil einer Abschiebung entgegenstehende medizinische Gründe nicht nachvollziehbar belegt seien. Seither erhält der Antragsteller befristete Grenzübertrittsbescheinigungen. Mit Beschluss vom 16. Dezember 2015 lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg den Antrag auf einstweilige Anordnung ab, weil die geltend gemachten gesundheitlichen Probleme nicht zu einer Unmöglichkeit der Abschiebung wegen einer Reiseunfähigkeit des Antragstellers führten und daher kein Anordnungsanspruch vorliege. Im Übrigen spreche vieles dafür, dass es angesichts der nicht beabsichtigten Abschiebung schon an einem Anordnungsgrund fehle.
Der Antragsteller verweist in der Begründung seiner Beschwerde darauf, dass sehr wohl ein Anordnungsgrund vorliege, weil die Abschiebung des Antragstellers lediglich bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zurückgestellt worden sei. Auch ein Anordnungsanspruch liege vor, denn aus dem Schreiben des Gesundheitsamts der Stadt A. vom 2. Juni 2015, das von der dortigen Ausländerbehörde in Auftrag gegeben worden sei, ergebe sich die fehlende Reisefähigkeit des Antragstellers; dort werde die Frage nach der „Freitodgefahr“ bejaht und zugleich ein „fachpsychiatrisches Gutachten zum Ausschluss“ dieser Gefahr verlangt, das von der Ausländerbehörde bis zum heutigen Tage nicht eingeholt worden sei. Der Antragsteller leide wegen seiner Kindheits- und Jugenderlebnisse an starken Depressionen, wie insbesondere aus der ärztlichen Stellungnahme des Diplom-Psychologen T. vom 4. November 2015 hervorgehe. Dieser kenne den Antragsteller seit fast zweieinhalb Jahren und halte eine somatische Chronifizierung und Verelendung im Falle der Rückkehr des Antragstellers in den Kosovo bei dort fehlenden oder nicht erreichbaren psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten für wahrscheinlich. Dieser Situation werde der Antragsteller durch Suizid zuvorkommen. Auch Dr. H. habe eine schwere psychische Erkrankung am 3. März 2015 bestätigt. In seiner Stellungnahme vom 9. April 2015 weise des Weiteren Dr. A. auf eine Verschlechterung der depressiven Erkrankung hin und bestätige die vorliegende Suizidalität. Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Gutachten und Stellungnahmen der drei Ärzte und vor dem Hintergrund einer langjährigen Behandlung sei die Aussage des Verwaltungsgerichts, „eine Behandlung sei nicht ernsthaft eingeleitet“ worden, nicht nachvollziehbar. Letztmals unter dem 16. Januar 2016 bescheinige Dr. H. dem Antragsteller eine „schwere depressive Episode… infolge einer Belastungsreaktion bei dramatisierenden Erlebnissen in seiner Heimat“ sowie Albträume. In Ermangelung von für ihn erreichbaren Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo würde sich der Gesundheitszustand des Antragstellers alsbald nach seiner Rückkehr wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern.
Der Senat hat mit Zwischenverfügung vom 3. Februar 2016 der damals zuständigen Stadt A. aufgegeben, bis zur Entscheidung über die Beschwerde von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen angesichts des noch bestehenden Aufklärungsbedarfs abzusehen. Am 10. August 2016 erstellte Prof. Dr. D. auf Ersuchen des Antragsgegners eine gutachterliche Stellungnahme, die sich auf die vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und die weiteren, im Verwaltungsverfahren angefallenen Schriftstücke stützt; danach würden sich die psychiatrischen Störungen im Rahmen einer Abschiebung in den Kosovo nicht lebensbedrohlich verschlechtern, eine Reiseunfähigkeit liege nicht vor.
1. Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes (§ 123 Abs. 1, 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) ergibt sich – unabhängig davon, ob die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Abschiebung des Antragstellers sei „weder terminiert noch organisiert noch beabsichtigt“, zum Ausschluss eines Anordnungsgrunds vor dem Hintergrund ausreicht, dass die damalige Antragsgegnerin die Abschiebung bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts als nicht „beabsichtigt“ bezeichnet hatte – bereits daraus, dass sie mit Schreiben vom 3. Februar 2016 gegenüber dem Senat mitgeteilt hat, ein konkreter Abschiebetermin sei festgesetzt und kein Grund ersichtlich, hiervon abzusehen.
2. Es ist jedoch kein auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung durch Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG gerichteter Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 1, 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) glaubhaft gemacht. Die gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit (§ 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG) des Antragstellers ist durch die zahlreichen fachärztlichen Bescheinigungen nicht widerlegt.
2.1 Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers so lange auszusetzen, wie sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten ist, so dass die Abschiebungsmaßnahme wegen des nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten grundrechtlichen Schutzes auszusetzen ist. Erforderlich ist dabei, dass infolge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes für den betroffenen Ausländer konkret droht (BayVGH, B. v. 31.5.2016 – 10 CE 16.838 – juris Rn. 7; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2016, A1 § 60a Rn. 57 f.). In Betracht kommen damit nur inlands- und nicht zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote (vgl. VG Augsburg, B. v. 16.12.2015, BA S. 5). Nach dem bestandskräftigen Bescheid des Bundesamts vom 4. Juli 2013 droht dem Antragsteller aber keine individuelle, erhebliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Kosovo. Damit geht auch jeglicher Beschwerdevortrag ins Leere, soweit er sich mit der Situation des Antragstellers nach erfolgter Abschiebung in seine Heimat und der ihn dort erwartenden medizinischen und sonstigen Situation befasst und hieraus ein Abschiebungshindernis ableiten will.
Nach dem mit Wirkung zum 17. März 2016 (Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.3.2016 – BGBl I S. 390 -) eingeführten § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, wenn nicht der Ausländer eine im Rahmen der Abschiebung beachtliche Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Insofern hat der Gesetzgeber im Wesentlichen die obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. u. a. BVerwG, U. v. 11.9.2007 – 10 C 8.07 – BVerwGE 129, 251; U. v. 11.9.2007 – 10 C 17.07 – juris Rn. 15) nachvollzogen, wonach zur Substantiierung des Vorbringens einer Erkrankung (hier: angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes und der vielfältigen Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung) regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes gehört.
2.2 Vor dem so umrissenen rechtlichen Hintergrund geht der Senat davon aus, dass die gemäß der Neuregelung in § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG bestehende gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit des Antragstellers nicht widerlegt ist, so dass ein ernsthaftes Risiko, der Gesundheitszustand des Antragstellers werde sich unmittelbar durch die Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern, nicht vorliegt. Der Zweck der gesetzlichen Vermutung wird in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/7538, zu Art. 2 S. 18) folgendermaßen umschrieben:
Die Geltendmachung von Abschiebungshindernissen in gesundheitlicher Hinsicht stellt die zuständigen Behörden quantitativ und qualitativ vor große Herausforderungen. Oftmals werden Krankheitsbilder angesichts der drohenden Abschiebung vorgetragen, die im vorangegangenen Asylverfahren nicht berücksichtigt worden sind … Nach den Erkenntnissen der Praktiker werden insbesondere schwer diagnostizier- und überprüfbare Erkrankungen psychischer Art (z. B. Posttraumatische Belastungsstörungen [PTBS]) sehr häufig als Abschiebungshindernis (Vollzugshindernis) geltend gemacht, was in der Praxis zwangsläufig zu deutlichen zeitlichen Verzögerungen bei der Abschiebung führt.
Der Gesetzgeber geht nunmehr davon aus, dass lediglich lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, die Abschiebung des Ausländers hindern. Mit dieser Präzisierung wird klargestellt, dass nur äußerst gravierende Erkrankungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben nach Satz 1 darstellen…
Die Abschiebung darf nicht dazu führen, dass sich die schwerwiegende Erkrankung des Ausländers mangels Behandlungsmöglichkeit in einem Ausmaß verschlechtern wird, dass ihm eine individuell konkrete, erhebliche Gefahr an Leib oder Leben droht. Es wird jedoch im Falle einer Erkrankung nicht vorausgesetzt, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsland bzw. im Zielstaat der Abschiebung der Versorgung in Deutschland oder in der Europäischen Union gleichwertig ist….
Die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen legen zwar eine schwerwiegende psychische Erkrankung dar, nicht aber, dass sich diese infolge einer Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Die vorgelegten Atteste zur Reise(un)fähigkeit entsprechen darüber hinaus nicht den Anforderungen, die an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinn von § 60a Abs. 2c Satz 2, 3 AufenthG zu stellen sind. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die in der Beschwerdebegründung in Bezug genommenen ärztlichen Stellungnahmen vom 3. März, 4. und 15. November 2015 sowie 5. Februar 2016 (jeweils Dipl.Psych. T.), vom 9. April 2015 (Dr. A) sowie das ärztliche Attest vom 16. Januar 2016 (Neurologe und Psychiater Dr. H.). Zum Teil thematisieren sie mit keinem Wort die im vorliegenden Fall allein entscheidende Frage der Reisefähigkeit, sondern befassen sich mit den hier nicht maßgeblichen, da zielstaatsbezogenen Voraussetzungen eines langfristigen Behandlungserfolgs im Kosovo. So wird beispielsweise angegeben, dass die vorliegende, mit Schlafstörungen und Panikattacken verbundene Depression bisher medikamentös nur mit mäßigem Erfolg habe bekämpft werden können, im Kosovo jedoch die dringend gebotene psychotherapeutische Behandlung nicht möglich sei, weshalb der Antragsteller dort verelenden und dann seinem Leben eine Ende setzen werde. Die Verantwortung für ihn könne jedoch nicht an der EU-Grenze aufhören. Dieser Vortrag zielt aber ungeachtet der Frage seiner Plausibilität auf ein – über die Beurteilung der Reisefähigkeit hinausgehendes – zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis ab, das in die ausschließliche Entscheidungszuständigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und nicht diejenige des Antragsgegners fällt (vgl. § 42 Satz 1 AsylG).
Des Weiteren lässt auch keine der ärztlichen Bescheinigungen, soweit sie eine Reiseunfähigkeit attestieren, die tatsächlichen Umstände, „auf deren Grundlage die fachliche Beurteilung erfolgte, und die Methode der Tatsachenerhebung“ erkennen (vgl. § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG). Es bestehen bereits – wie auch die Stellungnahme von Prof. D. nahelegt – erhebliche Zweifel daran, ob überhaupt eine schwerwiegende seelische Erkrankung glaubhaft gemacht ist; hierfür reicht nicht aus, dass sich der Antragsteller seit November 2014 in nervenärztlicher Behandlung befindet. Jedenfalls kann aus dem attestierten depressiven Syndrom nicht ohne weitere umfassende Begründung gefolgert werden, der Antragsteller sei reiseunfähig. Eine Reiseunfähigkeit ist schlichtweg nicht glaubhaft gemacht; der Hinweis, von einer Rückführung des Antragstellers in den Kosovo sei wegen der latenten Suizidalität und der Befürchtung einer Verschlechterung seiner seelischen Verfassung abzuraten (Dr. H., Attest v. 16.1.2016), ersetzt nicht die fehlende Darlegung der Diagnoseerstellung.
Der Senat macht sich insoweit die Auffassung des vom Antragsgegner beauftragten Fachpsychiaters Prof.D. in seiner gutachterlichen Äußerung vom 10. August 2016 zu eigen, deren Einholung notwendig geworden war, weil das Gesundheitsamt der Stadt A. auf entsprechende Anfrage der Ausländerbehörde in seiner Äußerung vom 2. Juni 2015 die Erstellung eines fachpsychiatrischen Gutachtens zur Suizidgefahr des Antragstellers für erforderlich gehalten hatte, ohne dass hieraus zunächst Konsequenzen gezogen wurden und ohne dass dieser Vorgang dem Verwaltungsgericht, dem offenbar Teile der Ausländerakte (Blatt 160 a bis 160 d) nicht vorlagen, bekannt war. Die fachpsychiatrische Äußerung vom 10. August 2016 wertet sämtliche bekannten Stellungnahmen und sonstigen schriftlichen Erkenntnisse zusammenfassend aus und kommt zu dem nachvollziehbaren Schluss, dass die seit 2013 vorgelegten medizinischen Äußerungen die Feststellung der Reiseunfähigkeit aufgrund akuter Suizidalität des Antragstellers nicht tragen. Gleichwohl – um „auf der sicheren Seite“ zu sein – werde empfohlen, den Antragsteller im kritischen Zeitraum „während der Ausreise unter entsprechende ärztliche Beobachtung zu stellen“.
Die behauptete wesentliche oder lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Antragstellers (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne) wird durch keines der fachärztlichen Atteste hinreichend belegt. Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 8.2.2012 – 2 M 29/12 – juris Rn. 11 ff.). Aber selbst bei Annahme einer nicht völlig auszuschliessenden Suizidgefahr liegt nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor; vielmehr ist die Abschiebung von der Ausländerbehörde dann ggf.so zu gestalten, dass einer Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann (BayVGH, B. v. 9.4.2003 – 10 CE 03.484 – juris Rn. 9; BVerfG, B. v. 16.4.2002 – 2 BvR 553/02 – juris; B. v. 26.2.1998 – 2 BvR 1985/98 – juris Rn. 4).
Der Kostenausspruch folgt für das Beschwerdeverfahren aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 8.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).