Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Werdender Wohnungseigentümer bei Erwerbsvertrag nach Invollzugsetzung – Anfechtung wegen Ladungsmangels und Stimmverbot

Aktenzeichen  1 S 2806/18 WEG

Datum:
10.10.2018
Fundstelle:
LSK – 2018, 42024
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG § 10, § 25, § 43 Nr. 4
ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 2

 

Leitsatz

1. Die Grundsätze der werdenden Eigentümergemeinschaft können auf den Ersterwerber auch dann anwendbar sein, wenn der Erwerbsvertrag nach Invollzugsetzung der Gemeinschaft geschlossen wurde. (Rn. 14 – 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist ein Erwerbsvertrag mit dem teilenden Eigentümer nach Invollzugsetzung der Eigentümergemeinschaft geschlossen worden und hängt die Eigentumsumschreibung nur noch von einer allein vom Erwerber abzugebenden Erklärung ab, so ist sein Recht nahezu vollständig zu Eigentum erstarkt und er als werdender Eigentümer allein Träger der Mitwirkungsrechte und -pflichten. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Stimmrechtsverbot stellt – anders als der Ausschluss von einer Versammlung – keinen per se und ohne Kausalitätserfordernis zur Aufhebung eines Eigentümerbeschlusses führenden Eingriff in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte dar. Kausalität ist abzulehnen, wenn das Ergebnis unverändert wäre, hätte der Eigentümer entgegen der Mehrheit gestimmt. (Rn. 23 – 24) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

483 C 9516/17 WEG 2018-01-30 Endurteil AGMUENCHEN AG München

Tenor

I. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Endurteil des Amtsgerichts München vom 30.01.2018 dahingehend abgeändert, dass der in der Eigentümerversammlung vom 13.04.2017 gefasste Beschluss zu TOP 5.2 für ungültig erklärt und die Klage im Übrigen abgewiesen wird.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können jeweils die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung des Klägers erweist sich als zulässig, aber unbegründet. Die Berufung der Beklagten zu 1) erweist sich als zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang größtenteils begründet.
Zusammenfassend und ergänzend zu den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung sowie zur Begründung der teilweisen Abweichung ist in der gebotenen Kürze folgendes auszuführen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO:
1. Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil in der unterbliebenen Ladung der … GmbH kein Ladungsmangel liegt, der Ausschluss des Klägers bei der Abstimmung über TOP 3 der Eigentümerversammlung ordnungsgemäß war und auch die Umlage der Sonderumlage zutreffend und richtig erfolgte.
a) Die teilende Eigentümerin und Bucheigentümerin der Einheit Nr. 2, die … Grundstücksgesellschaft mbH war nicht zu der Eigentümerversammlung vom 13.04.2017 einzuladen, da sie nicht mehr als Mitglied der WEG anzusehen ist. Hierbei kann zunächst auf die überaus sorgfältige und zutreffende Begründung der angegriffenen Entscheidung verwiesen werden. Ergänzend ist zu den Angriffen der Berufung folgendes auszuführen:
Entgegen der Auffassung der Berufung stellt der Bundesgerichtshof in seinen maßgeblichen Entscheidungen vom 05.06.2008 und vom 11.05.2012 (V ZB 85/07 und V ZR 196/11) für die Beurteilung als werdende Eigentümergemeinschaft nicht darauf ab, ob der Erwerb von einem Bauträger erfolgt. Vielmehr geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass ein Bedürfnis für eine vorverlagerte Anwendung der Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes auf das sogenannte Anlauf- oder Gründungsstadium einer Wohnungseigentümergemeinschaft dann besteht, wenn der Käufer vom teilenden Eigentümer eine rechtlich verfestigte Erwerbsposition besitzt und in Folge des vertraglich vereinbarten Übergangs von Lasten und Nutzung der Wohnung ein berechtigtes Interesse daran hat, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte an der Verwaltung der Wohnungsanlage vorzeitig auszuüben (BGH, V ZB 85/07, Rdnr. 13). Bereits diese Entscheidung konnte sich auf eine ganz überwiegende Meinung stützen, die als Voraussetzung einen wirksamen, auf die Übereignung von Wohnungseigentum gerichteten Erwerbsvertrag verlangte sowie, dass der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert ist und der Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergegangen ist. Wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 11.05.2012 (V ZR 196/11) klarstellte, hat er eine zeitliche Begrenzung für die Anwendung der Grundsätze der wertenden Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Ersterwerber lediglich im Hinblick darauf erwogen, dass der teilende Eigentümer nach einer längeren Vorratshaltung einem Eigenerwerber gleichzustellen sein könnte (BGH a.a.O. Rdnr. 12). Die in der früheren Entscheidung aufgeworfene Frage nach dem „gewissen Zeitraum“, in welchem auch spätere Ersterwerber wie Wohnungseigentümer behandeln zu sein könnten waren in der Literatur kontrovers diskutiert worden (vgl. etwa Rüscher, JurisPR-MietR 21 aus 2008). In der Entscheidung aus 2012 ließ der Bundesgerichtshof die Frage, ob sich für diesen Zeitraum geeignete Abgrenzungskriterien finden lassen, alleine dahingehend offen, dass alternativ eine zeitlich unbegrenzte Anwendung auf Ersterwerber erfolgen könne (BGH a.a.O. Rdnr. 12). Ausdrücklich hat der Bundesgerichtshof diese letztere Möglichkeit einer Gleichstellung völlig ohne zeitliche Begrenzung für den Fall für sachlich gerechtfertigt erklärt, in dem der Erwerbsvertrag vor der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossen wurde. Die Berufung missversteht aber die Entscheidung, wenn sie glaubt, der Abschluss des Vertrages vor der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft sei auch Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze für den „gewissen Übergangszeitraum“. Hiervon ist in beiden Entscheidungen keine Rede.
Zwar ist vorliegend der Erwerbsvertrag erst im Jahr 2012 geschlossen worden, während die Wohnungseigentümergemeinschaft im Jahr 2008 in Vollzug gesetzt worden war. Die Interessenlage ist aber dieselbe wie in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen. Der Bundesgerichtshof sieht den Unterschied zum Zweiterwerb, bei dem die Anwendung der Grundsätze zur werdenden Gemeinschaft nicht erfolgt, insbesondere darin, dass wegen der typischen Interessenkonflikte von Erwerbern und Bauträgern grundlegende Unterschiede gegenüber dem Eigentumserwerb in einer bestehenden Gemeinschaft bestehen. Auch der Ersterwerber in einer in Vollzug gesetzten Gemeinschaft hat schon vor Eigentumsumschreibung schützenswerte kollektive Gleichberechtigungs- und Mitverwaltungsinteressen (Wenzel, NZM 2008, 625, 627). Die an sich nicht erwünschte Folge, dass Buchposition einerseits und Mitgliedschaftsrechte, und Pflichten andererseits für geraume Zeit auseinanderfallen können, steht dem nicht entgegen (BGH V ZR 196/11, Rdnr. 9).
Tatsächlich spiegelt der vorliegende Fall in besonders deutlicher Weise wider, weshalb ein erhebliches praktisches Interesse bestehen kann, Mitwirkungsrechte und -pflichten bereits vor Eigentumsumschreibung auf den Erwerber zu übertragen. Hier liegen nämlich sämtliche Voraussetzungen für die Eigentumsumschreibung, und zwar bereits seit Jahren, vor. Es hat alleine der Kläger als Erwerber durch eine einfache Willenserklärung noch in der Hand, das Eigentum zu einen ihm genehmen Zeitpunkt auf sich umschreiben zu lassen. Die Bucheigentümerin, welche teilende Eigentümerin war, hat hingegen keine Möglichkeiten gegen den jederzeitigen Entzug des Eigentums vorzugehen. Die Bindung der teilenden Eigentümerin an die Wohnungseinheit ist in dieser besonderen Fallkonstellation noch deutlich geringer als in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen, während das Recht des Erwerbers hier nahezu vollständig zum Eigentum erstarkt ist.
b) Die letzteren Erwägungen führen auch dazu, dass es dem Kläger ohnehin verwehrt ist, sich auf einen eventuellen Ladungsmangel zu berufen. Die Ausübung dieses Rechts widerspräche den in einer Wohnungseigentümergemeinschaft im besonderen Maße zu berücksichtigenden Grundsätzen von Treu und Glauben und stellen ein venire contra factum proprium dar. In der mündlichen Verhandlung ließ der Kläger erklären, dass die Umschreibung deswegen noch nicht erfolgt sei, weil sonst Vollmachten für die teilende Eigentümerin erlöschen würden, nachdem es sich um die letzte veräußerte Einheit handelt. Dies stellt aber kein schützenswertes Interesse des Klägers dar. Dem Kläger als Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft kann nicht daran gelegen sein, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft durch frühere Vollmachten ihrer Mitglieder an der Ausübung ihrer Rechte beschränkt wird und die teilende Eigentümerin, welche bereits sämtliche Einheiten veräußert hat, diese Rechte, etwa Anpassungen an der Teilungserklärung, noch vornimmt. Für die Wohnungseigentümergemeinschaft und die übrigen Eigentümer besteht indes ein erheblicher Nachteil in der Unsicherheit über den Bestand der Eigentümergemeinschaft mit damit zusammenhängenden Problemen etwa bei Ladungen zu Versammlungen. Nachdem der Kläger diese Unsicherheit ohne anerkennenswertes Interesse hieran selbst geschaffen hat, missbraucht er mit seiner Anfechtung ein eventuell daraus entstehendes Recht.
c) Der Ausschluss des Klägers aus der Abstimmung zu TOP 3 war ordnungsgemäß. Der Kläger als alleiniger Gesellschafter der Komplementärin sowie deren Geschäftsführer und Kommanditist der von dem Rechtsstreit zu TOP 3 betroffenen Gesellschaft befindet sich bei wirtschaftlicher Betrachtung in demselben Interessenkonflikt, der bestünde, wenn er selbst Partei des Rechtsstreits wäre (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2017, V ZR 138/16, Rdnr. 20). Grundlage dieser Gleichsetzung ist die starke wirtschaftliche Verbindung zwischen dem Wohnungseigentümer und der von dem Rechtsstreit betroffenen Gesellschaft, welche eine unbefangene Stimmabgabe ausschließt und deshalb für die Wohnungseigentümergemeinschaft eine erhebliche Gefahr bedeutet (BGH a.a.O., Rdnr. 27). Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung eine in seinem Ausmaß mit den § 25 Abs. 5 Alt. 1 WEG entsprechenden Interessenkonflikt auch schon dann angenommen, wenn die Schwelle, dass der Wohnungseigentümerinhaber aller Geschäftsanteile der Gesellschaft ist, noch nicht erreicht wurde (BGH a.a.O., Rdnr. 31), Der Kläger als Geschäftsführer, alleiniger Gesellschafter der Komplementärin und Kommanditist besitzt in dieser Rolle die mit der Gesellschaft identischen Interessen und ist, worauf es gar nicht mehr ankommt, zudem noch mit Leitungsmacht und Entscheidungsfreiheit für die Gesellschaft ausgestattet.
d) Es mangelt auch nicht an einer ausreichenden Bestimmtheit der beschlossenen Sonderumlage zu TOP 3.2 deshalb, weil in der Anlage zur Eigentümerversammlung die Anteile für die Wohneinheiten welche den Eigentümern D (Nr. 6) bzw. gemeinsam den Eigentümern F und D (Nr. 7) gehören, gemeinsam aufgeführt sind.
Der Verteilungsschlüssel für die Zahlungspflicht der einzelnen Wohnungseigentümer muss im Grundsatz im Beschluss vertragsmäßig festgelegt werden. Die vertragsmäßige Festsetzung kann allerdings ausnahmsweise dann fehlen, wenn die geschuldeten Einzelbeträge nach objektiven Maßstäben eindeutig bestimmbar sind und von den Wohnungseigentümern einfach selbst, etwa mittels Taschenrechner errechnet werden können (Becker in Bärmann WEG, 13. Auflage, § 28 Rdnr. 46). Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn wenigstens der Verteilungsschlüssel im Beschluss enthalten ist (Becker a.a.O. mit Verweis auf BayObLG NJW 2003, 2323).
Die Voraussetzungen liegen vor. Es ist angegeben, dass die Kosten für die Sonderumlage von den Miteigentümern im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile getragen werden. Für die individuelle Höhe wird dann auf die Anlage verwiesen, in welcher die Einheit Nr. 6 und die Einheit Nr. 7, in welcher die Eigentümerin D nur Miteigentümerin ist, zusammengefasst werden. Allerdings sind die Einzelbeiträge vorliegend in besonders einfacher Weise zu bestimmen, da bereits in der Teilnehmerliste zu dieser Eigentümerversammlung die Miteigentumsanteile nochmals angegeben sind, sie in ihrer Addition exakt den Wert ergeben, welcher in der Anlage genannt ist, und somit in einem einfachen Rechenschritt die für die Einheiten Nr. 6 und 7 entfallenden Anteile bestimmt werden können.
2. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) war das Amtsurteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben, da die Beschlüsse zu TOP 4.1, TOP 4.2 und TOP 5.1 in ihrem Ergebnis ordnungsgemäßer Verwaltung nicht widersprachen.
a) Dabei kann zunächst auf die insoweit zutreffende Entscheidung des Amtsgerichts Bezug genommen, werden soweit es ausführt, dass der Stimmrechtsausschluss des Klägers zu den Punkten TOP 5.1 und TOP 5.2 sowie der Stimmrechtsausschluss der Beklagten zu 2) und zu 3) hinsichtlich der Punkte TOP 4.1 und TOP 4.2 ordnungsgemäßer Verwaltung widersprach. Allerdings führte dies nicht per se zur Aufhebung der Beschlüsse, da ein so schwerwiegender Eingriff in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte allein durch das Stimmrechtsverbot nicht vorliegt und eine Kausalität für das Abstimmungsergebnis fehlt.
Das Amtsgericht ging in Widerspruch zur Auffassung der Kammer davon aus, dass auf eine hypothetische Kausalität deswegen nicht abzustellen ist. weil in der Anwendung der aus dem Gesellschaftsrecht entlehnten Relevanztheorie ein Verstoß von solchem Gewicht vorliege, dass eine solche hypothetische Prüfung entfallen könne. Das Amtsgericht stützt sich dabei auf eine Fundstelle im Kommentar von Bärmann, in welcher allerdings der Ausschluss aus der Versammlung behandelt wird. Die Auffassung des Amtsgerichts, dass alleine das Stimmrechtsverbot zur Aufhebung führe, wird, soweit ersichtlich, nur von Häublein im Kommentar von Staudinger (§ 25 WEG, Rdnr. 235) vertreten. Häublein kann sich in seiner Kommentierung allerdings lediglich auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 10.12.2010 (V ZR 60/10, Rdnr. 10) stützen. Die dort relevante Passage lautet jedoch: „Der Entzug des Stimmrechts und der Ausschluss von der Versammlung der Wohnungseigentümer stellt einen schwerwiegenden Eingriff in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte dar, bei dem es nicht darauf ankommt, ob die gefassten Beschlüsse auch bei einer Mitwirkung des (ausgeschlossenen) Mitgliedes die erforderliche Mehrheit gefunden hätten“. Im dort entschiedenen Fall ging es um einen Ausschluss von der Versammlung, die dort in Bezug genommene gesellschaftsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bezieht sich nicht alleine auf Stimmrechtsverbote. Auch die Verwendung des Singulars („stellt“) deutet darauf hin, dass der Bundesgerichtshof die Voraussetzungen kumulativ und nicht alternativ verwenden wollte. Dass alleine ein Stimmrechtsverbot ohne weitere Kausalitätsprüfung aufzuheben wäre oder gar zur Nichtigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft führen würde, wurde bislang vom Bundesgerichtshof somit nicht entschieden; es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass dies in diesem Sinne entschieden würde. Denn das Stimmrechtsverbot alleine stellt einen weitaus weniger schwerwiegenden Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte dar als der Ausschluss von der Versammlung. Letzterer verhindert auch Wortmeldungen, Fragen und sonstige Beiträge im Rahmen der Debatte, welche zur Meinungsfindung sämtlicher Eigentümer beitragen könnten. Die Kausalitätsprüfung erweist sich in diesen Fällen tatsächlich als besonders hypothetisch, denn es kann nicht alleine der Stimmrechtsanteil des ausgeschlossenen Eigentümers hinzu gedacht werden, um zu erfahren, wie die Abstimmung ansonsten ausgegangen wäre. Es wäre vielmehr vonnöten, zu wissen, wie sich ein eventueller Beitrag des ausgeschlossenen Eigentümers auf die Meinungsbildung der übrigen Abstimmenden ausgewirkt hätte, was naturgemäß kaum möglich ist. Anders ist es beim bloßen Stimmrechtsausschluss des Klägers, welcher sich ohnehin bei den Abstimmungen durch den Verwalter vertreten ließ. Hier ist bei Hinwegdenken des Stimmrechtsverbots keine andere Auswirkung denkbar, als das der Kläger mit seinem Stimmrechtsanteil entgegen der Mehrheitsmeinung entschieden hätte. Unstreitig wäre dann aber dennoch eine Mehrheit für die angegriffenen Beschlüsse vorhanden gewesen.
Allerdings konnte eine Ausnahme der Beklagten zu 2) und zu 3) hinsichtlich der Sonderumlage zu TOP 5.2 nicht erfolgen, da es sich hierbei um Kosten der Verwaltung nach § 16 Abs. 2 WEG handelt. Diese haben sämtliche Wohnungseigentümer im Innenverhältnis anteilig zu tragen. Es handelt sich um eine Verbandsklage, so dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH NJW 2007, 1869) auch dann Kosten der Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums vorliegen, wenn die Streitigkeit die Durchsetzung gemeinschaftlicher Ansprüche gegen einzelne Wohnungseigentümer zum Gegenstand hat (vgl. BGH a.a.O., vgl. auch Niedenführ, WEG, 12. Auflage, § 16 Rdnr. 87; anderer Ansicht Jensen, WEG, 3. Auflage, § 16 Rdnr. 165).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. In der beantragten Klageabweisung zur Finanzierung bei TOP 5.2 lag eine nur unerhebliche Zuvielforderung, die allenfalls geringfügige Kosten verursachen konnte.
Über die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde nach § 709 ZPO entschieden.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO vorliegt. Entgegen der Auffassung der Berufung hat der vorliegende Rechtsstreit weder grundlegende Bedeutung noch ist Divergenz in der Rechtsprechung erkennbar. Unabhängig von der Frage, dass hinsichtlich des Erwerbs vom Ersteigentümers der „gewisse Zeitraum“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei Abschluss des Erwerbsvertrages nach Invollzugsetzung der Eigentümergemeinschaft noch offen sein mag, handelt es sich bei der hier vorliegenden Konstellation, bei der der Eigentumserwerb nur noch von einer einseitigen Willenserklärung abhängig ist, ersichtlich um einen reinen Einzelfall, welcher im üblichen Rechtsverkehr kaum je vorkommen wird. Zudem ist aber die Entscheidung über diese Frage für den Rechtsstreit auch deshalb nicht erheblich, weil sich der Kläger auf den möglichen Verfahrensfehler wie ausgeführt nicht berufen konnte.

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