Verwaltungsrecht

Asyl, erfolgloser Berufungszulassungsantrag: Gestellte Fragen zu Folgen von Mängeln im kosovarischen Polizeisystem sind keiner grundsätzlichen Klärung zugänglich

Aktenzeichen  15 ZB 18.30366

Datum:
23.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 21867
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 3a Abs. 1 Nr. 1, § 3b, § 3c Nr. 3, § 3d, § 4 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 2, Abs. 3, § 78 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 S. 4
AufenthG § 60 Abs. 5
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

Die vom Kläger als grundsätzlich angesehenen Fragen, ob bei einem Polizeisystem mit vorhandenen Mängeln eine staatliche Schutzmöglichkeit gegenüber extremistischen Gruppierungen möglich ist, sowie welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit davon ausgegangen wird, dass schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen nichtstaatlicher Dritter zu befürchten sind, sind keiner grundsätzlichen Klärung iSv § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich. (Rn. 9 – 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.
Der Kläger, ein Staatsangehöriger der Republik Kosovo, wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 15. September 2015, mit dem sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt, die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurde, ferner festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, und die Abschiebung in den Kosovo oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht wurde.
Gegenüber dem Bundesamt – sowie im Anschluss gegenüber dem Verwaltungsgericht – hatte der Kläger angegeben, er und seine Familie seien aufgrund bestimmter Umstände im Kosovo von Islamisten bedroht worden; seine Ehefrau sei körperlich angegriffen worden.
In der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids vom 15. September 2015 wird unter Bezugnahme auf den vom Auswärtigen Amt verfassten Lagebericht vom 25. November 2014 ausführlich dargestellt, warum der Kläger schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen seitens nichtstaatlicher Dritter nicht zu befürchten habe. Aus dem Vortrag des Klägers hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach er dennoch persönlich mit staatlichen oder relevanten nichtstaatlichen Repressionsmaßnahmen zu rechnen hätte. Vorkommende Benachteiligungen drohten im Allgemeinen nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Diskriminierungen erreichten, wenn es dazu komme, in aller Regel nicht das für eine Schutzgewährung erforderliche Maß an Intensität, wie es in § 3a Abs. 1 und Abs. 2 AsylVfG (a.F.) umschrieben werde. Gegen rechtswidrige Übergriffe nichtstaatlicher Akteure stehe hinreichender staatlicher Schutz zur Verfügung. Trotz noch vorhandener Mängel bei Polizei und Justiz sei im Allgemeinen davon auszugehen, dass Sicherheitskräfte willens und in der Lage seien, Verfolgungsmaßnahmen von Dritten wirksam zu unterbinden. Die Polizei habe sich als gute Stütze der demokratischen Strukturen etabliert. Um noch vorhandene Mängel und Missstände bei Polizei und Justiz abzubauen, sei seit Ende 2009 EULEX (Rechtsstaatlichkeitsmission der EU) tätig, die die Polizei und das kosovarische Justizwesen unterstütze; durch sie solle sichergestellt werden, dass rechtsstaatliche Prinzipien eingehalten und international anerkannte Standards angewendet werden, sowie dafür Sorge getragen werden, dass Kriegsverbrecher, Terrorismus, organisierte Kriminalität, Korruption, interethnische Übergriffe, Wirtschaftskriminalität und andere schwere Verbrechen aufgeklärt und verfolgt werden. Es gebe zudem inzwischen 15 u.a. von UNDP und Legal Aid Commission betriebene Regionalbüros für Rechtsfragen, die Personen mit geringem Einkommen kostenlose Rechtshilfe anböten, um Rechtsansprüche durchzusetzen, darunter auch zahlreichen Minderheitsangehörigen. Auch NGO’s wie etwa das Civil Rights Programme Kosovo leisteten gerade auch Minderheitsangehörigen Unterstützung in Rechtsangelegenheiten. Strafrechtliche Anzeigen würden von der Kosovo-Polizei aufgenommen und verfolgt. Fehlleistungen einzelner Polizeiorgane könnten dabei nicht ausgeschlossen werden. Die Polizei habe sich bislang im regionalen Vergleich als gute Stütze der demokratischen Strukturen etabliert und werde in ihrer Arbeit durch die EULEX-Mission flankiert. Sollte dennoch jemand kein Vertrauen in die Polizei haben, könnten Anzeigen auch bei der EULEX-Polizei gestellt werden. Die EULEX-Polizei übe auch Monitoring-Funktionen über die Kosovo-Polizei aus und informiere berechtigte Stellen in sog. Security Reports täglich über polizeiliche Vorfälle. EULEX-Polizei lägen keine Erkenntnisse vor, dass Anzeigen nicht angenommen bzw. nicht bearbeitet würden. Einen lückenlosen Schutz vor möglicher Gewaltanwendung durch Dritte könne kein Staatswesen gewährleisten. Im Übrigen könnte einer etwaigen regional bestehenden individuellen Gefährdung durch Wohnsitznahme in einem anderen Landesteil Kosovos oder auch in Serbien entgangen werden. Den Aussagen des Klägers lasse sich zudem nicht entnehmen, dass er einen ernsthaften Versuch unternommen hätte, den Schutz staatlicher Stellen gegen die angeblichen Übergriffe unbekannter „bärtiger Männer“ in Anspruch zu nehmen. Seine diesbezügliche Einlassung, dass der kosovarische Geheimdienst „größer als die Polizei“ sei und dass er zu diesem kein Vertrauen habe, vermöge das Bundesamt nicht davon zu überzeugen, dass ein hinreichender Grund vorgelegen haben könne, von der Inanspruchnahme des Schutzes staatlicher Stellen abzusehen. Auch im Rahmen der (i.E. vom Bundesamt verneinten) Frage, ob dem Kläger subsidiärer Schutz zu gewähren ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG a.F.), führt die Bescheidbegründung zum Vortrag des Klägers, er sei Bedrohungen durch radikale Islamisten ausgesetzt, unter Bezugnahme auf weitere Erkenntnisquellen aus, Letzteren sei nicht zu entnehmen, dass der kosovarische Staat nicht willens oder nicht in der Lage wäre, entsprechenden Schutz vor Verfolgung durch Dritte zu gewährleisten. Der kosovarische Staat distanziere sich ausdrücklich vom Islamismus und den Extremisten und gehe aktiv dagegen vor. Dutzende Personen seien im Sommer 2014 bei Razzien verhaftet worden. Das erste Gerichtsverfahren gegen etwa 40 Personen, die in Syrien oder im Irak gekämpft hätten, habe im August 2014 stattgefunden. Ein Gesetz, das den Kampf in fremden Armeen verbiete, sei im März 2015 verabschiedet worden. Im März 2015 seien bereits die ersten Anklagen erfolgt.
Mit Urteil vom 5. Dezember 2017 wies das Verwaltungsgericht München die Klage – mit der der Kläger beantragte hatte, die Beklagte unter Aufhebung von Ziffern 1. bis 5. des Bescheids vom 15. September 2015 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen sowie weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen – ab.
Mit seinem auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) gestützten Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor bzw. ist vom Kläger nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.
Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2017 – 15 ZB 17.31475 – juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 24.4.2018 – 8 ZB 18.30874 – juris Rn. 4; B.v. 6. Juni 2018 – 15 ZB 18.31230).
Diesen Anforderungen genügt die Begründung des Zulassungsantrags nicht. Die vom Kläger als grundsätzlich angesehenen Fragen,
„ob bei einem Polizeisystem mit vorhandenen Mängeln eine staatliche Schutzmöglichkeit gegenüber extremistischen Gruppierungen möglich ist und uneingeschränkt gewährleistet werden kann“, sowie
„welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit davon ausgegangen wird, dass schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen nichtstaatlicher Dritter zu befürchten sind“,
sind keiner grundsätzlichen Klärung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich, weil die Antwort auf diese von einer Vielzahl von Einzelumständen und Faktoren abhängig ist, sie deshalb nicht hinreichend konkret gefasst sind und sich in dieser Allgemeinheit somit in einem Berufungsverfahren in entscheidungserheblicher Weise nicht stellen würden (vgl. BVerwG, B.v. 21.9.2016 – 6 B 14.16 – juris Rn. 11 m.w.N.; BayVGH, B.v. 2.11.2017 – 15 ZB 17.31494 – juris Rn. 9 m.w.N.; B.v. 7.11.2017 – 15 ZB 17.31475 – juris Rn. 26 m.w.N.). Jedenfalls erfolgte keine dem Darlegungsgebot des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügende Auseinandersetzung mit der angegriffenen Ausgangsentscheidung in einer Weise, die dem Senat eine abweichende Bewertung im Zulassungsverfahren ermöglichte.
Soweit der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der gestellten Fragen allgemein – d.h. unabhängig vom betroffenen Individualschicksal und unabhängig vom betroffenen Herkunftsland – gestellt wissen will, vermag er allein mit der Behauptung, dass eine Gefährdung durch extremistische Gruppen in vielen Asylverfahren eine Rolle spiele und eine einheitliche, höhergerichtliche Rechtsprechung hierzu nicht vorliege, die grundsätzliche Bedeutung der gestellten Fragen nicht substantiiert darzulegen. Denn es fehlt den Fragen in dieser Allgemeinheit von vornherein an der fallbezogenen Entscheidungserheblichkeit. Soweit der Kläger die Fragen trotz ihrer allgemeinen Formulierung unter Berücksichtigung der begründenden Ausführungen im Zulassungsantrag auf die Situation speziell im Kosovo hat zuschneiden wollen, fehlt es an einer hinreichenden Darlegung in der Zulassungsbegründung, weshalb – trotz der ausführlichen Begründung im Bescheid des Bundesamts vom 15. September 2015 und dem hierauf gem. § 77 Abs. 2 AsylG Bezug nehmenden angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5. Dezember 2017 – aufgrund von Mängeln im kosovarischen Polizeisystem keine hinreichende staatliche Schutzmöglichkeit vorhanden sei. Die diesbezüglichen Behauptungen in der Zulassungsbegründung bleiben pauschal. Insbesondere benennt der Kläger seinerseits keine Erkenntnisquellen, aus denen sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ergeben könnte, dass die auf konkrete Erkenntnisquellen gestützte Annahme des Verwaltungsgerichts, der kosovarische Staat sei – ggf. in Zusammenarbeit mit EULEX (s.u.) – grundsätzlich willens und in der Lage, Menschen, die von Islamisten bedroht werden, hinreichenden Schutz zu bieten, falsch ist (vgl. OVG NRW, B.v. 28.2.2017 – 13 A 2087/16.A – juris Rn. 8 f. m.w.N.). Dies wird auch nicht durch den Hinweis kompensiert, dass bereits ein funktionierendes Polizeisystem kaum Möglichkeiten habe, einen Schaden durch extremistische Gruppen zu verhindern, sodass „dies bei einem System, wie dem des Kosovo, das noch Mängel“ aufweise, „nicht unvorstellbar“ sei.
In den Entscheidungsgründen des angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Urteils wird hinsichtlich des Nichtvorliegens der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), der Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) sowie von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG in erster Linie auf die aus Sicht des Verwaltungsgerichts zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid vom 15. September 2015 verwiesen, denen das Gericht folge (vgl. § 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend weisen die Entscheidungsgründe des Urteils vom 5. Dezember 2017 darauf hin, dass sich bei Abstellen auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht andere Bewertungen ergeben hätten. Die im streitgegenständlichen Bescheid noch herangezogenen Normen des AsylVfG a.F. stimmten mit den zwischenzeitlich in Kraft getretenen, vorliegend relevanten Normen des AsylG inhaltlich überein. In tatsächlicher Hinsicht hätten sich auch durch die weiteren Erläuterungen des Klägers bei seiner informatorischen Anhörung im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 4. Dezember 2017 keine Anhaltspunkte ergeben, die zu einer anderen Bewertung in der Sache hätten führen können. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der nunmehr aktuellen Erkenntnislage, insbesondere des Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom 7. Dezember 2016 mit Stand September 2016, der inhaltlich keine gegenüber dem Lagebericht vom 25. November 2014 abweichenden Sachverhalte darstelle, soweit es die Situation des Klägers betreffe.
Der Kläger lässt unter Wiederholung seines bereits vor dem Bundesamt und gegenüber dem Verwaltungsgericht vorgebrachten Verfolgungsvortrags schriftsätzlich im Zulassungsverfahren von seiner Bevollmächtigten hiergegen ausführen, er habe keinen anderen Ausweg gesehen als auszureisen. Zur Begründung der aus seiner Sicht als grundsätzlich anzusehenden Rechtsfragen (s.o.), führt er aus, dass eine einheitliche, höhergerichtliche Rechtsprechung diesbezüglich bislang nicht vorliege. Er sei aufgrund der Bedrohung und Verfolgung durch Islamisten aus seinem Heimatland geflohen. Eine staatliche Schutzmöglichkeit sei dabei nicht vorhanden gewesen. Wie auch im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt werde, seien im kosovarischen Polizeisystem noch Mängel vorhanden. Bei einer Gefahr durch extremistische Gruppen, wie durch Islamisten, stießen auch einwandfrei funktionierende Sicherheitskonzepte anderer Länder an ihre Grenzen. Dies zeigten zahlreiche Anschläge, die im Laufe der letzten Jahre stark zugenommen hätten. Wenn ein funktionierendes Polizeisystem kaum Möglichkeiten habe, einen Schaden durch extremistische Gruppen zu verhindern, sei dies bei einem System, wie dem des Kosovo, das noch Mängel aufweise, nicht unvorstellbar. Er habe als Begründung der Gefahr einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung durch nichtstaatliche Dritte einen Angriff auf seine Mutter und seine Ehefrau angeführt. Es sei nicht vorstellbar, was passiert wäre, wenn er selbst von den Angreifern angetroffen worden wäre. Das aggressive und schonungslose Verhalten habe deutlich gemacht, dass die Angreifer um jeden Preis ihn hätten haben wollen. Es habe bereits eine persönliche Konfrontation stattgefunden. Es sei nicht ersichtlich, was er vor einer Ausreise noch hätte abwarten sollen, damit angenommen werden könne, dass ihm eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung durch nichtstaatliche Dritte drohe.
Mit diesem Vortrag vermag der Kläger der ausführlichen Begründung des Bescheids vom 15. September 2015 und der hierauf aufbauenden Begründung des Verwaltungsgerichts im Zulassungsverfahren nichts Substantielles entgegenzusetzen: Gemäß § 3c AsylG kann eine asylrechtlich relevante Verfolgung ausgehen von 1. dem Staat, 2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder 3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Nach § 3d Abs. 2 S. 1 AsylG muss der Schutz vor Verfolgung wirksam sein und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die betreffenden Akteure (Staat, Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen) geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat (§ 3d Abs. 2 S. 2 AsylG). Unabhängig davon, ob die Behauptung einer im Herkunftsstaat aufgrund unzulänglicher staatlicher Schutzgewährung zu erwartenden schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung durch nichtstaatliche Dritte im Rahmen von § 3 i.V. mit § 3a Abs. 1 Nr. 1, § 3b, § 3c Nr. 3, § 3d AsylG (Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft), im Rahmen von § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2, Abs. 3 i.V. mit § 3c Nr. 3, § 3d AsylG (Zuerkennung subsidiären Schutzes) oder im Rahmen von § 60 Abs. 5 AufenthG i.V. mit Art. 3 EMRK (Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots) zu prüfen ist, ist vorliegend weder ersichtlich noch vom Kläger in einer der Vorgaben des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Weise dargelegt worden, dass Personen, die sich durch Islamisten im Kosovo bedroht fühlen, ohne hinreichenden staatlichen Schutz mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – BVerwGE 146, 67 = juris Rn. 19; U.v. 1.3.2012 – 10 C 7.11 – juris Rn. 12; B.v. 11.7.2017 – 1 B 116.17 u.a. – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 7.11.2017 – 15 ZB 17.31475 – juris Rn. 26 m.w.N.) der Gefahr entsprechender Gewaltmaßnahmen ausgesetzt sind. Insbesondere erfolgte von Klägerseite keine substantiierte Auseinandersetzung mit den begründeten Erwägungen im Bescheid und damit (über § 77 Abs. 2 Asyl) auch im Urteil des Verwaltungsgerichts zur hinreichenden Möglichkeit der Erlangung staatlichen Schutzes ggf. im Zusammenarbeit mit den vor Ort tätigen internationalen Organisationen (speziell im Fall der Bedrohung durch Islamisten vgl. VG Darmstadt, B.v. 24.4.2015 – 2 L 430/15.DA.a – juris; VG Düsseldorf, U.v. 16.2.2016 – 27 K 6837/15.A – juris Rn. 35 ff. m.w.N.; vgl. auch Seite 7 des aktuellen Lageberichts des Auswärtigen Amtes „Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG [Stand: Dezember 2017]“ vom 3. März 2018), etwa indem die Aussagekraft der dort in Bezug genommenen Erkenntnisquellen durch andere Erkenntnisquellen oder Nachweise erschüttert oder infrage gestellt worden wären. Im Übrigen ist zu beachten, dass staatlicher Schutz generell nicht lückenlos sein kann und auch nicht zu sein braucht. Die Forderung nach einem lückenlosen Schutz ginge – wie allgemein in Bezug auf Übergriffe krimineller Art – an einer wirklichkeitsnahen Einschätzung der Effizienz staatlicher Schutzmöglichkeiten vorbei (vgl. vgl. BVerfG, B.v. 23.1.1991 – 2 BvR 902/85 u.a. – BVerfGE 83, 216 = juris Rn. 44; BVerwG, U.v. 18.2.1986 – 9 C 104.85 – BVerwGE 74, 41 = juris Rn. 15; U.v. 3.12.1985 – 9 C 33.85 – BVerwGE 72, 269 = juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 14.11.2017 – 9 ZB 16.30629 – juris Rn. 5; OVG NRW, B.v. 25.4.2017 – 11 A 88/17.A – juris Rn. 19; VGH BW, U.v. 3.11.2011 – A 8 1116/11 – juris Rn. 40). Maßgeblich ist mithin vielmehr, dass nach den im angegriffenen Bescheid unter Berufung auf bestimmte Erkenntnisquellen gestützten Darlegungen, auf die sich das Verwaltungsgericht über § 77 Abs. 2 AsylG gestützt hat und die vom Kläger nicht substantiell infrage gestellt worden sind, im Kosovo grundsätzlich die Sicherheit durch staatliche Schutzgewähr gewährleistet ist, auch soweit es um Bedrohungen durch Islamisten geht, und dass der Kläger diese bestehenden Schutzmöglichkeiten durch die kosovarischen Behörden nicht in Anspruch genommen hat. Selbst wenn es in Einzelfällen Bedrohungen und / oder Übergriffe durch Islamisten im Kosovo gibt, ist nicht ersichtlich, dass eine im Einzelfall fehlende Schutzbereitschaft Ausdruck einer grundsätzlichen Schutzunwilligkeit oder Schutzunfähigkeit des kosovarischen Staates gegenüber solchen Gefahren wäre. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass ein Schutzersuchen an die kosovarischen Polizei- oder Strafverfolgungsbehörden von vornherein aussichtslos wäre.
2. Soweit der Kläger unter wiederholtem Verweis auf seine Verfolgungsgeschichte in der Sache allgemein die Fehlerhaftigkeit des angegriffenen Urteils rügt, wird hiermit kein Berufungszulassungsgrund gem. § 78 Abs. 3, Abs. 4 Satz 4 AsylG geltend gemacht. Auf ernstliche Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kann der Zulassungsantrag nicht gestützt werden, da nach der eindeutigen Regelung des § 78 Abs. 3 AsylG dieser Zulassungsgrund in asylrechtlichen Streitigkeiten nicht zur Verfügung steht (BayVGH, B.v. 20.9.2017 – 15 ZB 17.31105 – juris Rn. 5 m.w.N.).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben