Kosten- und Gebührenrecht

Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbeschluss einer Kostenbeamtin

Aktenzeichen  M 6 M 17.4369

Datum:
14.8.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 20436
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 87a Abs. 1 Nr. 5, § 151 S. 1, § 162 Abs. 2 S. 3, § 165 S. 2

 

Leitsatz

Die Pauschale für Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen kann jedenfalls dann geltend gemacht werden, wenn überhaupt solche Aufwendungen angefallen sind. Auf deren tatsächliche Höhe kommt es nicht an. (Rn. 13)

Tenor

I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Kostenbeamtin des Verwaltungsgerichts München vom 9. August 2017 wird in Ziffer 1 dahingehend geändert, dass die vom Antragsteller an den Antragsgegner zu zahlenden Kosten auf EUR 103,54.- festgesetzt werden.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
III. Gerichtskosten werden nicht erhoben, Auslagen nicht erstattet.

Gründe

I.
Der ursprüngliche Antragsgegner (hier: Erinnerungsführer) wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Kostenbeamtin des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. August 2017, soweit hierin keine Verwaltungspauschale in Höhe der beantragten EUR 20.- zu Gunsten des Antragsgegners festgesetzt ist.
Den vom ursprünglichen Antragsteller (hier Erinnerungsgegner) gestellten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in einer Streitsache wegen Rundfunkbeiträgern lehnte das erkennende Gericht mit Beschluss vom 23. Juni 2017, gegen den kein Rechtsmittel ergriffen wurde, ab (Az. M 6 E 17.2072) und entschied, dass der Antragsteller die Kosten zu tragen habe.
Mit Schriftsatz vom … Juli 2017 beantragten die Bevollmächtigten des Antragsgegners Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 83,54.- und für die Auslagen des Antragsgegners (Bayerischer Rundfunk) eine Verwaltungspauschale in Höhe von EUR 20.- festzusetzen. Mit Schreiben vom 1. August 2017 ersuchte die Kostenbeamtin die Bevollmächtigten des Antragsgegners, die Verwaltungspauschale zu begründen. Diese erwiderten mit Schriftsatz vom … August 2017 unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt vom 10. Februar 2014, die Auslagenpauschale des § 162 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – könne auch von der “Behörde“ geltend gemacht werden, ohne dass eine detaillierte Abrechnung vorgelegt werden müsse.
Die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers erklärten in ihrer Stellungnahme vom … Juli 2017, ein diese Pauschale rechtfertigender tatsächlicher Aufwand des Antragsgegners werde bestritten.
In dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9. August 2017, den Bevollmächtigten des Antragsgegners gegen Empfangsbestätigung am 10. August 2017 zugestellt, wurde die beantragte Verwaltungspauschale nicht festgesetzt mit der Begründung, trotz der Aufforderung, die Kosten zu begründen, sei nur eine pauschale Antwort gegeben und nicht in Bezug auf den konkreten Vorgang vorgetragen worden.
Mit Schriftsatz vom 21. August 2017, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München per Telefax eingegangen am selben Tag, beantragen die Bevollmächtigten des Antragsgegners gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9. August 2017
die Entscheidung des Gerichts
und trugen vor, dem Antragsgegner sei im Verfahren hohe Kosten durch Übersendung von Akten an das Gericht und an die Kanzlei des Bevollmächtigten (Papier und Kopierkosten), sowie Kosten für die Telekommunikation in Form von Fax- oder Telefonkosten entstanden.
Zum vorliegenden Antrag angehört erklärten die Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom … September 2017, die Akten seien vom Antragsgegner im Original an das Gericht gesandt worden, die Kanzlei seines Bevollmächtigten habe selbst Kopien ziehen können. Andere, die Gewährung der Pauschale rechtfertigenden Aktivitäten seien nicht feststellbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten auch im Verfahren M 6 E 17.2072 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).
II.
1. Die Entscheidung über den Antrag auf Entscheidung des Gerichts (Erinnerung) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9. August 2017 obliegt dem Berichterstatter. Unter § 87a Abs. 1 Nr. 5 VwGO fällt die Entscheidung über Erinnerungen gegen die Festsetzung der Parteiaufwendungen nach § 165 S. 2, § 151 VwGO und der Vergütung des Rechtsanwalts gegen die von ihm vertretene Partei nach § 11 Abs. 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG – (Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 87a Rn. 12) soweit der Anwendungsbereich nach § 87a Abs. 1 S. 1 VwGO (Entscheidung ergeht im vorbereitenden Verfahren) eröffnet ist. Der weit auszulegende § 87a Abs. 1 Nr. 5 VwGO erfasst auch die Entscheidung über eine Kostenerinnerung (Kopp/Schenke, VwGO 21. Aufl. 2015, § 87a Rn. 7). § 66 Abs. 6 Gerichtskostengesetz – GKG –, wonach das Gericht über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet, ist somit auf den Berichterstatter konkretisiert.
2. Der Antrag auf Entscheidung des Gerichts gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9. August 2017 ist zulässig und begründet.
Der Antrag ist gemäß § 165 i.V.m. § 151 VwGO zulässig. Er wurde insbesondere fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe erhoben, § 165 Satz 2, § 151 Satz 1 VwGO.
Der Antrag ist auch begründet. Dem Beklagten steht die mit Antrag vom … Juli 2017 geltend gemachte Pauschale für Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach der Nr. 7002 der Anlage 1 zum RVG zu. Nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO können juristische Personen des öffentlichen Rechts an Stelle ihrer tatsächlichen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den Höchstsatz dieser Pauschale in Höhe von EUR 20.- fordern (st. Rspr. der Kammer, etwa VG München, B.v. 14.3.2018, M 6 M 17.5364).
Zwar kommt die Geltendmachung dieser Pauschale wohl nicht in Betracht, wenn der juristischen Person des öffentlichen Rechts, hier dem Antragsgegner, im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens solche Aufwendungen überhaupt nicht entstanden sind (VG München, B.v. 12.3.2018, M 6 M 17.4367; VG Weimar, B.v. 20.4.2016 – 3 S 398/16 We – juris Rn. 2; VG Gelsenkirchen, B.v. 2.9.2013 – 15 M 42/13 – juris Rn. 8, VG München, B.v. 21.12.2010 – M 11 M 10.3646 – juris Rn.12). Hier hat der Antragsgegner indessen zu Recht auf die Übersendung der bei ihm an sich nur elektronisch vorhandenen Akten in Papierform (Kopie), sowie Fax- und Telefonkosten verwiesen. Bereits die Beauftragung eines Bevollmächtigten – wie hier geschehen – ist ohne die Entstehung von Kosten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nicht denkbar. Weitere Darlegungen zu verlangen würde dem Sinn und Zweck des § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO, die Geltendmachung dieser Kosten zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung zu pauschalieren, zuwiderlaufen. Mit der Neufassung der Regelung in § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO durch Art. 4 Abs. 26 Ziff. 2 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718) wollte der Gesetzgeber die Behörde von der Pflicht zur Einzelerfassung der Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen aus Verwaltungsvereinfachungsgründen befreien. Dabei bedingt der Begriff der Pauschalentschädigung, dass von der Behörde keine Einzelnachweise über die jeweiligen Aufwendungen zu führen sind. Dementsprechend erfolgt auch weder im Kostenfestsetzungs- noch im Erinnerungsverfahren eine Prüfung, welche tatsächlichen Kosten bei der Behörde angefallen sind, soweit sie überhaupt Aufwendungen der bezeichneten Art hatte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach allgemeiner Meinung jedenfalls im erstinstanzlichen Erinnerungsverfahren nicht erhoben (Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 165 Rn. 10); dies dürfte auch aus der eine vergleichbaren prozessualen Situation betreffenden Norm des § 66 Abs. 8 GKG zu folgern sein.

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