Bankrecht

Güteantrag und Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter Kapitalanlageberatung

Aktenzeichen  13 U 1032/15

Datum:
23.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 18469
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 522 Abs. 2 S. 3, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 794 Abs. 1
BGB § 199 Abs. 3 Nr. 1, § 204 Abs. 1 Nr. 4
KapMuG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 S. 1, § 15

 

Leitsatz

1 Jedenfalls dann, wenn ein Rechtsstreit ohne Rückgriff auf die Feststellungsziele eines Musterverfahrens entscheidungsreif ist, hängt seine Entscheidung unzweifelhaft nicht vom Ausgang des Musterverfahrens ab. In einem solchen Fall ist auch eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 S. 1 KapMuG nF unzulässig, denn sowohl § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG nF als auch § 8 Abs. 1 S. 1 KapMuG nF verlangen wortgleich, dass die Entscheidung des betroffenen Rechtsstreits von den Feststellungszielen abhängt. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Güteantrag hat in Anlageberatungsfällen regelmäßig nicht nur die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, sondern unter anderem auch den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Güteantrag muss für den Schuldner erkennen lassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist. Eine derartige Prüfungsmöglichkeit setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass der Güteantrag einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgibt und hierzu die Streitsache darstellt sowie das konkrete Begehren erkennen lässt. Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
4 Unterlagen, die der Gütestelle nicht innerhalb unverjährter Zeit vorgelegt werden, können bei der Bewertung, ob eine hinreichende Individualisierung vorliegt, nicht berücksichtigt werden. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

6 O 4441/13 2015-04-10 Ent LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

I.
Die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10. April 2015, Az. 6 O 4441/13, wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten der Berufung tragen die Kläger.
III.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 34.349,60 € festgesetzt

Gründe

I. Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter Kapitalanlageberatung in Anspruch.
Die Kläger zeichneten am 22. Dezember 1997 in Höhe von 50.000,00 DM zuzüglich eines Agio in Höhe von 2.500,00 DM eine Beteiligung an der S.-D.-U. D. – Objekt S. DLF 97/26 – W. F. – KG (nunmehr: S.-D.-U. D. Beteiligung – Objekt S. DLF 97/26 – K. Beteiligungs GmbH & Co. KG; im Folgenden: DLF 97/26), einem Publikumsfonds.
Die Kläger haben in der ersten Instanz die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte aufgrund Verletzung der Pflichten aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsvertrag. Der Beteiligungsprospekt sei in mehrfacher Hinsicht unrichtig, unvollständig und irreführend gewesen. Die Beklagte habe als Anlageberaterin den Prospekt einer Plausibilitätsprüfung unterziehen müssen und hätte dabei die Fehler des Prospekts bemerkt.
Die im Einzelnen dargestellten Fehler seien auch kausal für die Anlageentscheidung gewesen. Das Verschulden der Beklagten werde vermutet.
Die Kläger haben mit Schreiben vom 29. Dezember 2011 einen Antrag auf außergerichtliche Streitschlichtung bei Rechtsanwalt D., der von der Landesjustizverwaltung des Landes … als Gütestelle im Sinne des § 794 Abs. 1 ZPO anerkannt ist, eingereicht (wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 a Bezug genommen). Der Antrag ist durch den Schlichter gemeinsam mit zahlreichen weiteren, weitgehend wortgleichen Anträgen der Beklagten am 8. November 2012 übermittelt worden. Die Beklagte ist nicht zu dem für den 18. Dezember 2012 anberaumten Schlichtungstermin erschienen. Rechtsanwalt D. hat daraufhin das Scheitern der Schlichtung festgestellt.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und diese auf den Ablauf sowohl der kenntnisabhängigen als auch der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist gestützt. Sie hält die absolute, kenntnisunabhängige Verjährungsfrist deshalb für verstrichen, weil das Güteverfahren den Lauf der Verjährung nicht gehemmt habe.
Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstands erster Instanz auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat am 24. September 2014 ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen (Bl. 630 ff. d. A.).
Die Kläger haben gegen das ihnen am 10. Oktober 2014 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2014, per Fax eingegangen bei Gericht am selben Tag, Einspruch eingelegt und beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtliche finanzielle Schäden zu ersetzen, die im Abschluss der Beteiligung mit der Vertragsnummer … an der S. D.-U. D. Beteiligung – Objekt S. DLF 97/26 – K. Beteiligungs GmbH & Co. KG ihre Ursache haben.
Die Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil vom 24. September 2014 aufrechtzuerhalten.
Das Landgericht hat mit dem angegriffenen Urteil das Versäumnisurteil aufrechterhalten. In den Entscheidungsgründen hat es darauf abgestellt, dass die geltend gemachten Ansprüche jedenfalls gemäß § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB n. F., Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB verjährt seien. Der Lauf der Verjährungsfrist sei nicht durch die Einreichung des Güteantrags gehemmt worden. Der Antrag habe die Ansprüche nicht hinreichend genau bezeichnet. Zudem sei die Bekanntgabe des Güteantrags nicht demnächst im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB veranlasst worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen (Bl. 824 ff. d. A.).
Das Landgericht hat zudem – zur Klarstellung in einem Beschluss tenoriert (vgl. Seiten 16 f. des Urteils, Bl. 839 f. d. A.) – entschieden, dass das Verfahren nicht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG auszusetzen sei. Da die Ansprüche jedenfalls verjährt seien, hänge die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von den in dem Musterverfahrensantrag geltend gemachten Feststellungszielen ab.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Sie vertreten die Auffassung, dass der Güteantrag hinreichend bestimmt, insbesondere individualisiert sei. Es sei ausreichend, wenn der prozessuale Anspruch als solcher identifizierbar sei. Die konkrete Beteiligungsnummer und die Anteilsumme seien mitgeteilt worden Dargelegt worden sei auch der (fehlerhafte) Beratungsvorgang unter Verwendung eines fehlerhaften Prospekts und das auf einen großen Schadensersatz gerichtete Verfahrensziel. Angaben zu Ort und Zeit der Beratungsgespräche und Namen des Beraters seien vorliegend nicht erforderlich, da der beschriebene Sachverhalt mit einem anderen Lebenssachverhalt nicht verwechselt werden könne. Die Beklagte hätte mit der Beteiligungsnummer weitere Details, die für eine Individualisierung nicht erforderlich gewesen seien, unproblematisch ihren Unterlagen entnehmen können. Auch bei einer Hemmungswirkung einer. Klage sei nicht zu prüfen, ob alles zur Rechtfertigung des Begehrens Erforderliche vorgetragen worden sei.
Es sei auch keine Bezifferung des Anspruchs erforderlich gewesen; die Schlichtungsordnung des Rechtsanwalts D. schreibe keinen bestimmten Antrag vor.
Auch das Brandenburgische Gütestellengesetz verlange – anders als die gesetzlichen Regelungen in Bayern und Baden-Württemberg – keine kurze Darstellung der Streitsache und des Gegenstands des Streits und des Begehrens. Entscheidend sei, dass das Güteverfahren prinzipiell dazu geeignet sei, dem Gläubiger auf der Grundlage einer vergleichsweisen Einigung einen Vollstreckungstitel zu schaffen. Die Möglichkeit der Prüfung der Erfolgsaussichten sei nicht Voraussetzung für eine Individualisierung eines Güteantrags. Die Gütestelle sei zur Wahrnehmung ihrer Funktion in ausreichender Weise über den Gegenstand des Verfahrens informiert worden.
Konkretere Angaben zur Beratungssituation seien nicht erforderlich gewesen, da der Anspruch nicht auf individuelle Beratungspflichtverletzungen gestützt werde. Bei einer nicht anlagegerechten Beratung durch Verwendung falscher Prospekte seien alle Beratungen aus den gleichen Gründen falsch.
Die Entscheidung des Landgerichts verstoße auch gegen Europarecht. An die Individualisierung des Güteantrags könnten keine höheren Anforderungen als bei einer Klage gestellt werden. Die Zielsetzung der Richtlinie 1999/44/EG (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) sei als Gesetzeszweck auch bei der Auslegung des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB zu berücksichtigen. Sofern Zweifel an der Übereinstimmung mit den europarechtlichen Maßstäben bestehe, müsste die betreffende Rechtsfrage – zur Vermeidung der Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter – an den EuGH zur Klärung vorgelegt werden. Dies stehe auch einer Beschlussfassung nach § 522 ZPO entgegen.
Der Güteantrag sei auch demnächst bekannt gegeben worden. Bei Verfahrenshandlungen bestünden für denjenigen Gläubiger, der alle für einen ordnungsgemäßen Gang des Zustellungsverfahrens von ihm geforderten Mitwirkungshandlungen erbracht habe, keine weiteren Obliegenheiten.
Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung müsse jedenfalls die Revision zugelassen werden.
Die Kläger wenden sich auch dagegen, dass das Landgericht das Verfahren nicht nach § 8 Abs. 1 KapMuG ausgesetzt hat. Nach der Neufassung dieser Vorschrift und der hierauf bezogenen Gesetzesbegründung komme es nur noch auf eine abstrakte Abhängigkeit des Rechtsstreits von den Feststellungszielen an. Jedenfalls sei für den Fall einer Bestätigung der landgerichtlichen Entscheidung die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Das Verfahren sei auch deswegen auszusetzen, weil die Kläger mit Schriftsatz vom 20. Juli 2015 gemäß § 15 KapMuG die Erweiterung des Musterverfahrens um die Verjährung betreffende Fragen beantragt habe. Falls der Senat die Auffassung vertrete, dass die beantragte Erweiterung der Feststellungsziele nicht zu beachten sei, sei auch insoweit die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Die Kläger haben folgenden Antrag angekündigt:
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10. April 2015 – 6 O 4441/13 – aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückzuverweisen.
Hilfsweise:
Auf die Berufung der Kläger wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10. April 2015 – 6 O 4441/13 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Das Versäumnisurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24. September 2014 – 6 O 4441/13 – wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 44.513,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen die schriftliche Zustimmung der Kläger zur Übertragung der Ansprüche aus der Beteiligung an der S.-D.-U. D. Beteiligung – Objekt S. DLF 97/26 – K. Beteiligungs GmbH & Co. KG, Vertragsnummer: …
3. Es wird festgestellt, dass Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren künftigen materiellen Schäden aus der Beteiligung an der S.-D.-U. D. Beteiligung – Objekt S. DLF 97/26 – K. Beteiligungs GmbH & Co. KG, Vertragsnummer: …, zu ersetzen.
4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung im Verzug befindet.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 1.638,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie die Kläger von den weiteren vorgerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 2.330,38 € freizustellen.
Die Beklagte hat folgenden Antrag angekündigt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens und des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Vor dem Kammergericht ist ein Musterverfahren nach dem KapMuG anhängig, das unter anderem die von den Klägern im vorliegenden Rechtsstreit gerügten Prospektfehler zum Gegenstand hat. Die dortigen Kläger haben – vertreten durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers – beantragt, das Verfahren gemäß § 15 KapMuG unter anderem um Fragen zur Hemmung der Verjährung durch mit hiesigem Antrag nahezu identische Güteanträge zu erweitern.
Der Senat hat am 18. Dezember 2015 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen (Bl. 946 ff. d. A.).
Die Kläger haben hierzu mit Schriftsatz vom 9. Februar 2016 Stellung genommen (Bl. 981 ff. d. A.).
II. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Zur Begründung nimmt der Senat auf den Hinweis vom 18. Dezember 2015 Bezug (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO), der sich mit dem Berufungsvorbringen der Kläger eingehend befasst hat.
Die Ausführungen der Kläger im Schriftsatz vom 9. Februar 2016, mit welchem diese zum Hinweis vom 18. Dezember 2015 Stellung genommen haben, veranlassen keine hiervon abweichende Einschätzung.
Im Einzelnen:
1. Das Landgericht hat das Verfahren zu Recht nicht gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG ausgesetzt. Auf die Ausführungen im Hinweis vom 18. Dezember 2016 wird insoweit Bezug genommen (dort III. 1). Der Bundesgerichtshof hat auch nicht nur für den Fall der Unzulässigkeit der Klage entschieden, dass die Aussetzung des Verfahrens nach § 8 Abs. 1 KapMuG unzulässig ist. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof in der von den Klägern zitierten Entscheidung den allgemeinen und überzeugenden Maßstab aufgestellt, dass „jedenfalls dann, wenn ein Rechtsstreit ohne Rückgriff auf die Feststellungsziele eines Musterverfahrens entscheidungsreif ist, seine Entscheidung unzweifelhaft nicht vom Ausgang des Musterverfahrens abhängt. In einem solchen Fall ist auch eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG n. F. unzulässig, denn sowohl § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG n. F. als auch § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG n. F. verlangen wortgleich, dass die Entscheidung des betroffenen Rechtsstreits von den Feststellungszielen abhängt“ (BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – XI ZB 17/13 -, juris Rn. 13).
2. Der Senat hat in dem Hinweis vom 18. Dezember 2015 die Möglichkeit der Erweiterung des Musterverfahrens gemäß § 15 KapMuG berücksichtigt. Auf die Ausführungen im Hinweis vom 18. Dezember 2015 (dort III. 2.) wird insoweit Bezug genommen.
3. Bei der in dem gegenständlichen Güteantrag angegebenen Beteiligungsnummer handelt es sich nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht um eine hinreichende Individualisierung des Güteantrags. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf den Hinweis vom 18. Dezember 2015 (dort II. 2. b. aa. und bb.).
Aus der von den Klägern herangezogenen Rechtsprechung des 4. Senats des Bundesgerichtshofs ergibt sich nichts anderes. Dieser hat vielmehr die vom 3. Senat des Bundesgerichtshofs für die Individualisierung des Güteantrags im Urteil vom 18. Juni 2015 (Az. III ZR 198/14) aufgestellten Maßstäbe bestätigt (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 – IV ZR 405/14 -, juris Rn. 12 und Rn. 18). Der 4. Senat hat in seiner Entscheidung, die anders als hier keine Anlageberatung betraf, darauf abgestellt, dass den „skizzierten Anforderungen“ an die Individualisierung des Güteantrags durch die Beifügung des an die Beklagte gerichteten Anspruchsschreibens, in welchem „Policennummer, Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs bezeichnet werden“, Genüge getan sei (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 – IV ZR 405/14 -, juris Rn. 19). Hieraus kann gerade nicht entnommen werden, dass die Übermittlung der Beteiligungsnummer, die im entschiedenen Fall neben einer Mehrzahl weiterer individualisierender Merkmale übermittelt wurde, für die gebotene Individualisierung ausgereicht hätte.
4. Der Bundesgerichtshof macht die Reichweite der Hemmungswirkung der Verjährung in Anlageberatungsfällen nicht davon abhängig, ob sämtliche Pflichtverletzungen vorgetragen worden sind. Der Grund hierfür liegt darin, dass der prozessuale Anspruch sämtliche Pflichtverletzungen eines zu einer Anlageentscheidung führenden Beratungsvorgangs erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 – III ZR 198/14 -, juris Rn. 15).
Gleichwohl hat der Güteantrag in Anlageberatungsfällen regelmäßig nicht nur die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, sondern unter anderem auch den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 – III ZR 198/14 -, juris Rn. 24). Es ist im vorliegenden Verfahren unstreitig, dass die Kläger aus einem Anlageberatungsvertrag Ansprüche herleiten wollen. Es kommt für die Anforderungen an die Individualisierung des Güteantrags nicht darauf an, dass die Kläger lediglich die Verletzung der Pflicht zu einer anlagegerechten, nicht aber auch zu einer anlegergerechten Beratung geltend machen.
Die Kläger können in diesem Zusammenhang auch aus der von ihnen herangezogenen Entscheidung des 4. Senats des Bundesgerichtshofs vom 28. Oktober 2015 nichts für sich herleiten. Zwar war es hiernach unschädlich, dass im Streitfall im Güteantrag Angaben zum Beratungsgespräch gefehlt haben. Allerdings handelte es sich, anders als hier, gerade nicht um einen Schadensersatzanspruch wegen einer fehlerhaften Anlageberatung. Hierauf hat der 4. Senat des Bundesgerichtshofs auch ausdrücklich hingewiesen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 – IV ZR 405/14 -, juris Rn. 18). Im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen im Hinweis vom 18. Dezember 2015 (dort II. 2. b.).
5. Der Güteantrag ließ für den Schuldner nicht erkennen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 – III ZR 198/14 -, juris Rn. 22). Eine derartige Prüfungsmöglichkeit setzt nach der von den Klägern zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass der Güteantrag einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgibt und hierzu die Streitsache darstellt sowie das konkrete Begehren erkennen lässt. Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 – III ZR 198/14 -, juris Rn. 23). Den vom Bundesgerichtshof hierauf bezogenen Anforderungen hat der Güteantrag, wie der Senat im Hinweis vom 18. Dezember 2015 im Einzelnen ausgeführt hat (dort II. 2. c. bb.), nicht Rechnung getragen.
6. Auch die Gütestelle ist durch den Güteantrag nicht ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert worden. Wegen der Einzelheiten hierzu nimmt der Senat auf den Hinweis vom 18. Dezember 2015 Bezug (dort II. 2. b. bb.).
Es kommt insoweit nicht darauf an, dass der Güteantrag im Rahmen einer zweckentsprechenden Durchführung des Verfahrens der Gegenseite zur Ermöglichung einer Stellungnahme (und einer damit unter Umständen verbundenen Konkretisierung) übermittelt werden muss. Nicht maßgeblich für die vorliegende Frage ist es auch, wie das Güteverfahren als Verfahren der konsensualen Streitbeilegung (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 31. Auflage, § 15 a EGZPO Rn. 1) im Einzelnen ausgestaltet ist. Der Bundesgerichtshof hat geklärt, dass es nicht nur für den Antragsgegner, sondern auch und vor allem für die Gütestelle möglich sein muss, den Gegenstand des Verfahrens gemäß der in den Entscheidungen vom 18. Juni 2015 aufgestellten Maßstäbe zu erfassen. Unterlagen, die der Gütestelle nicht innerhalb unverjährter Zeit vorgelegt werden, können bei der Bewertung, ob eine hinreichende Individualisierung vorliegt, nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 – III ZR 198/14 -, juris Rn. 17).
Das Angebot der Kläger im Schriftsatz vom 9. Februar 2016, den Zeugen D. dazu zu vernehmen, er sei durch den streitgegenständlichen Güteantrag ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert worden, ist aus Rechtsgründen unbeachtlich. Auf der Grundlage eines insoweit unstreitigen Sachverhalts war nach den Maßstäben des Bundesgerichtshofs die dem Senat obliegende rechtliche Wertung geboten, dass der Güteantrag nicht in hinreichender Weise individualisiert war.
7. Der Bundesgerichtshof hat geklärt, dass der Güteantrag nicht nur die formalen Anforderungen erfüllen muss, die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden. Es kommt daher nicht darauf an, ob der hier vorliegende Güteantrag hinsichtlich der Umschreibung des Verfahrensziels die Anforderungen des Brandenburgischen Gütestellengesetzes und der Schlichtungsordnung der hier von den Klägern herangezogenen Gütestelle gewahrt hat. Der Güteantrag musste jedenfalls darüber hinaus auch die Anforderungen erfüllen, die der Bundesgerichtshof in allgemeiner Weise an die Individualisierung eines Güteantrags gestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 – III ZR 198/14 -, juris Rn. 22 ff.; vgl. insoweit auch den Hinweis des Senats vom 18. Dezember 2015, dort II. 1.).
8. Der Güteantrag muss nicht in jeder Beziehung den für eine Klageerhebung geltenden Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechen (vgl. BGH, Urteil vom 3. September 2015 – III ZR 347/14 -, juris Rn. 16), insbesondere muss er eine genaue Bezifferung der Forderung nicht enthalten (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 – III ZR 198/14 -, juris Rn. 25). Der Bundesgerichtshof hat allerdings, wie der Senat im Hinweis vom 18. Dezember 2015 ausgeführt hat, eine Mehrzahl konkreter Voraussetzungen für eine hinreichende Individualisierung des Güteantrags formuliert. Der vorliegende Güteantrag hat diesen Anforderungen insbesondere auch hinsichtlich der erforderlichen Umschreibung des Verfahrensziels nicht entsprochen. Das hat der Senat im konkreten Fall unter Bezugnahme auf die Maßstäbe des Bundesgerichtshofs und unter Berücksichtigung der in der Folge hierzu ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung im Hinweis vom 18. Dezember 2015 (dort II. 2. c.) detailliert erläutert.
Unbehelflich ist insoweit der Hinweis der Kläger auf den Beschluss des 3. Senats des Bundesgerichtshofs vom 5. November 2015 (Az. III ZB 69/14). Diese Entscheidung stellt die vom selben Senat am 18. Juni 2015 aufgestellten Maßstäbe zur Individualisierung des Güteantrags nicht in Frage, sondern befasst sich mit der Musterverfahrensfähigkeit von Feststellungsklagen und daher mit einer anderen Fragestellung (vgl. BGH, Beschluss vom 05. November 2015 – III ZB 69/14 -, juris Rn. 16 f.).
Auch der Hinweis der Kläger auf den vor der maßgeblichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18. Juni 2015 ergangenen Beschluss des 3. Senats des Bundesgerichtshofs vom 26. Februar 2015 (Az. III ZR 53/14) kann der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Der Bundesgerichtshof hat sich in diesem Verfahren mit den Anforderungen an die Individualisierung eines Mahnbescheides befasst (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2015 – III ZR 53/14 -, juris Rn. 3 f.), nicht aber mit der hier maßgeblichen und mit dem Urteil vom 18. Juni 2015 geklärten und anders gelagerten Frage der Individualisierung eines Güteantrags.
9. Die von den Klägern ausführlich referierte kritische Anmerkung von R. L. zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Juni 2015 (Az. III ZR 198/14) kann einen Erfolg der Berufung nicht begründen. Der Autor erkennt selbst in zutreffender Weise, dass sich die Praxis jedenfalls bis zu einer aus seiner Sicht angezeigten Korrektur der Rechtsprechung an den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätzen orientieren müsse. Diese gelte umso mehr, als die gegen die kritisierte Entscheidung erhobene Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 10. September 2015 (Az. 1 BvR 1817/15) gescheitert sei (vgl. Lindner, juris PR-BGHZivilR 20/2015 Anm. 1).
III. Die übrigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO sind gegeben. Die Entscheidung erfolgte einstimmig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es war keine klärungsbedürftige Rechtsfrage zu entscheiden, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Der Senat schließt sich vielmehr – wie im Einzelnen ausgeführt – der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an. Dieser hat mit seinen Urteilen vom 18. Juni 2015, die er in der Folge in mehreren Entscheidungen bestätigt hat, die Voraussetzungen geklärt, die an einen die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB hemmenden Güteantrag gestellt werden. Entgegen der Auffassung der Kläger im Schriftsatz vom 9. Februar 2016 besteht hinsichtlich der hier aufgeworfenen Fragen auch keine Divergenz der Rechtsprechung des 3. Senats des Bundesgerichtshofs zur Rechtsprechung anderer Senate des Bundesgerichtshofs. Der 3. Senat des Bundesgerichtshofs hat daher auch zu Recht davon abgesehen, zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung ein Divergenzvorlageverfahren nach § 132 GVG zu betreiben.
Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Beschluss vom 2. Dezember 2014 (XI ZB 17/13) auch geklärt, dass eine Aussetzung des Verfahrens nach § 8 KapMuG unzulässig ist, wenn der Rechtsstreit ohne Rückgriff auf die Feststellungsziele eines Musterverfahrens entscheidungsreif ist.
IV. 1. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Danach haben die Kläger die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, weil es von ihnen eingelegt wurde. Dass sie der Beklagten für die Kostenerstattung nach Kopfteilen haften, ergibt sich aus § 100 Abs. 1 ZPO und bedarf deshalb keiner besonderen Erwähnung in der Urteilsformel (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 26. Mai 2010 – 3 U 132/09 -, juris Rn. 21; OLG Bamberg, Beschluss vom 8. Juli 1992 – 2 W 2/92 -, juris Rn. 15 und Rn. 18; Zöller/Herget, ZPO, 31. Auflage, § 100 Rn. 3).
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit dieses Beschlusses (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 31. Auflage, § 522 Rn. 42) und des angefochtenen Urteils ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO, § 711 ZPO.
3. Den Streitwert hat der Senat unter Berücksichtigung des Interesses der Kläger am Erfolg ihrer Berufung festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG; vgl. insoweit auch die Ausführungen im Hinweis vom 18. Dezember 2015, dort Ziffer VI.)

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