Verwaltungsrecht

Rechtswidrige Auswahlentscheidung bei Dienstpostenbesetzungsverfahren wegen Verstoßes gegen die Bestenauslese, hier: fehlerhafter Vergleich der Beurteilungen bei den Superkriterien

Aktenzeichen  AN 1 K 20.00571

Datum:
15.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 40002
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
BayLlbG Art. 16 Abs. 2 S. 2, Art. 56 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Art. 58 Abs. 2, Abs. 3, Art. 59 Abs. 2
BayBG Art. 18, Art. 20
VwGO § 123

 

Leitsatz

1. Zwischen Beförderungsbewerbern und Versetzungs-/Umsetzungsbewerbern besteht grundsätzlich kein Konkurrenzverhältnis, es sei denn, der Dienstherr entschließt sich, für ein Auswahlverfahren nach dem Prinzip der Bestenauslese (ebenso BayVGH BeckRS 2015, 53562). (Rn. 60 – 61) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Leistungsvergleich der Bewerber erweist sich als fehlerhaft, wenn zwar zutreffend festgestellt wird, dass sich aufgrund des Vergleiches der Gesamturteile der periodischen Beurteilungen ein Gleichstand der Bewerber in der Gesamtpunktzahl ergibt, sich allerdings die im Anschluss daran vorgenommene Binnendifferenzierung anhand des Vergleichs der Durchschnittswerte aus den sog. Superkriterien als fehlerhaft darstellt. (Rn. 69) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Durchschnittswert der Superkriterien kann ein Indiz dafür sein, dass der Bewerber mit dem höheren Durchschnittswert der leistungsstärkste Bewerber sein könnte, doch kann dies nicht unreflektiert gelten, wenn sich der Durchschnittswert der Superkriterien aus unterschiedlichen Einzelmerkmalen zusammensetzt; hier ist vielmehr vor Gegenüberstellung festzulegen, welche Kriterien im Rahmen der Binnendifferenzierung im Einzelnen betrachtet werden sollen, wobei das fakultative Anforderungsprofil der Stellenausschreibung hierbei ggfls. berücksitigt werden kann. (Rn. 72) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bieten bei gleichlautenden Gesamturteilen auch die Beurteilungen der Einzelmerkmale keinen Ansatzpunkt für einen Qualifikationsunterschied, sind zunächst weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien wie beispielsweise die jeweiligen Vorbeurteilungen sowie gegebenenfalls die darin enthaltenen Aussagen zu den Einzelmerkmalen der Leistungsbeurteilung und sich eine möglicherweise abzeichnende Leistungsentwicklung der Bewerber vergleichend zu berücksichtigen, sofern sie für den aktuellen Leistungsvergleich noch Aussagekraft besitzen; leistungsferne Hilfskriterien – wie etwa Dienst- und Lebensalter oder die „Stehzeit“ in einem bestimmten Statusamt – können erst dann zum Tragen kommen, wenn sich nach den Kriterien der Bestenauslese zwischen den Bewerbern kein beachtlicher Qualifikationsunterschied ergibt (ebenso BayVGH BeckRS 2019, 21182). (Rn. 80) (redaktioneller Leitsatz)
5. Für die Bildung des Gesamturteils ist es Sache des Dienstherrn festzulegen, welches Gewicht er den einzelnen Merkmalen einer dienstlichen Beurteilung zumessen will, wobei sich das abschließende Gesamturteil nicht auf die Bildung des arithmetischen Mittels aus den einzelnen Leistungsmerkmalen beschränken darf; die Gewichtung bedarf schon deshalb in der Regel einer Begründung, weil nur so die Einhaltung gleicher Maßstäbe gewährleistet werden kann. (Rn. 91) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1.    Die Auswahlentscheidungen vom 19. März 2019 und vom 3. März 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2020 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über die Bewerbung des Klägers auf den Dienstposten „Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt …“ neu zu entscheiden.
2.    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
3.    Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4.    Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Gründe

I.
Die Klage, mit der der Kläger eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung auf den Dienstposten „Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt …“ begehrt, ist zulässig.
Insoweit wurde das durch den Kläger eingeleitete – fakultative – Widerspruchverfahrens gemäß § 54 Abs. 2 BeamtStG, Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AGVwGO durchgeführt und mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2020 abgeschlossen.
Auch besteht noch ein Rechtsschutzinteresse für die Klage auf Neuentscheidung über die Bewerbung des Klägers vom 20. Dezember 2018. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht, solange es der zuständigen Behörde möglich ist, dem Rechtsschutz suchenden Bewerber die begehrte Stelle zu übertragen. Erst wenn der Bewerbung des unterlegenen Bewerbers nicht mehr entsprochen werden kann, erledigt sich dessen Bewerbung (Baßlsperger in: Weiß/Niedermaier/ Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 54 BeamtStG Rn. 193).
Der ausgeschriebene Dienstposten „Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt …“ wurde bisher noch nicht besetzt. Auch hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 2. April 2020 mitgeteilt, dass von einer Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens bis zum rechtskräftigen Abschluss des gerichtlichen Verfahrens abgesehen wird.
II.
Die Klage ist auch begründet, da der Kläger einen Anspruch auf erneute Entscheidung über seine Bewerbung hat, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Die nach Aufhebung der Auswahlentscheidung vom 20. Februar 2019 (Gegenstand des vorhergehenden gerichtlichen Eilverfahrens gemäß § 123 VwGO – AN 1 E 19.00688) ergangene Auswahlentscheidung vom 3. März 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch gemäß Art. 33 Abs. 2 GG. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Auswahlentscheidung ist nach Aufhebung der ersten Auswahlentscheidung nicht die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der ersten (aufgehobenen), sondern der zweiten Auswahlentscheidung (BVerwG, B.v. 29.4.2016 – 1 WB 27/15 – juris Rn. 18; U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – BVerwGE 138, 102-122 Rn. 58).
1. Dabei bestehen bereits Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung.
a) Das Ergebnis der erneuten Auswahlentscheidung wurde dem Kläger in Form des Widerspruchsbescheides der JVA … vom 10. März 2020, anlässlich des Widerspruches des Bevollmächtigten des Klägers vom 28. März 2019 gegen die Auswahlentscheidung vom 20. Februar 2019, mitgeteilt. Der Kläger wurde damit ausreichend in die Lage versetzt, sachgerecht darüber zu befinden, ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen seinen Bewerbungsverfahrensanspruch gegeben sind und er deshalb gegen die Entscheidung des Dienstherrn um gerichtlichen (Eil-)Rechtsschutz nachsuchen will (BVerwG, U.v. 30.8.2018 – 2 C 10/17 – juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – juris Rn. 25), insbesondere da die wesentlichen Erwägungen aus dem Auswahlvermerk im Widerspruchsbescheid dargestellt worden sind.
b) Allerdings wurde sowohl der Auswahlvermerk als auch der dessen Inhalt dem Kläger bekanntgebende Widerspruchsbescheid durch den Leiter der Justizvollzugsanstalt … erstellt. Insoweit dürfte es sich nicht um die für die Auswahlentscheidung zuständige Stelle handeln.
Die Zuständigkeit für die Auswahlentscheidung richtet sich nach der Zuständigkeit für die Ernennung der Beamten. Gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 4 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) vom 29. Juli 2008 in der Fassung vom 23. Dezember 2019 werden die Beamten und Beamtinnen des Staates, die nicht unter Art. 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayBG fallen, durch die jeweils zuständigen Mitglieder der Staatsregierung ernannt. Die Ausübung dieser Befugnisse können innerhalb der obersten Dienstbehörde oder durch Rechtsverordnung auf andere Behörden übertragen werden.
Der streitgegenständliche Dienstposten der Leiterin/des Leiters des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt … unterfällt der grundsätzlichen Zuständigkeit der Bayerischen Staatsministeriums der Justiz, da er der Fachlaufbahn Justiz und dort dem fachlichen Schwerpunkt „Allgemeiner Vollzugsdienst“ (Art. 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen – LlbG – vom 5. August 2010, zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Juli 2020; § 1 Nr. 2 der Verordnung über fachliche Schwerpunkte in der Fachlaufbahn Justiz – FachV-J – vom 8. September 2014, zuletzt geändert durch Verordnung vom 8. Mai 2018) zugeordnet ist.
Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat von der Möglichkeit der Delegation der Ernennungszuständigkeit durch die Verordnung über dienstrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz (StMJ-Zuständigkeitsverordnung Dienstrecht – ZustV-JM) vom 27. Juli 1999, zuletzt geändert durch Verordnung vom 23. August 2018, Gebrauch gemacht. § 1 ZustV-JM enthält jedoch keine ausdrückliche Regelung für die Bediensteten der Justizvollzugsanstalten, sodass es bei der Ernennungszuständigkeit des Bayerischen Staatsministeriums für Justiz verbleibt (vgl. hierzu auch HessVGH, B.v. 28.8.1995 – 1 TG 1608/95 – juris Rn. 11 ff.).
Soweit das Bayerische Staatsministerium der Justiz in seinem Schreiben vom 9. April 2019 an die JVA Nürnberg (vorgelegt mit dem Besetzungsvorgang) davon ausgeht, dass eine Zuständigkeit des Justizvollzugsanstalt Nürnberg gegeben sei, da die Ausschreibung des streitgegenständlichen Dienstpostens nicht bayernweit erfolgt sei, und dass der ausgewählte Bewerber lediglich durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz gemäß Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 der Jugendarrestgeschäftsordnung (JAGO) vom 18. Juni 1979 Az.: 4411 – VII a – 2457/78, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 14. November 1991, bestellt werde, erachtet dies die Kammer für nicht zutreffend. Insbesondere kann in der Regelung der Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 JAGO keine Delegation der Zuständigkeit gesehen werden, da die Bekanntmachung nicht den Anforderungen des Art. 18 Abs. 1 Satz 4, 2. HS BayBG („durch Rechtsverordnung auf eine andere Behörde“) entspricht. Art und Umfang der Stellenausschreibung vermögen nach Überzeugung der Kammer ebenfalls keine Zuständigkeitsänderung zu begründen, insbesondere da sich aus Art. 20 BayBG keine allgemeine Verpflichtung zur Stellenausschreibung ergibt (Zängl in: Weiß/Niedermaier/ Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Art. 20 BayBG Rn. 4).
Aber selbst wenn man das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz als Hinweis darauf, dass es sich vorliegend nicht um eine Beförderungskonkurrenz, sondern lediglich um eine Umsetzung als rein innerbehördliche Maßnahme im Rahmen der Organisationsgewalt des Dienstherrn handeln sollte, bewertet, steht dieser Auffassung wohl entgegen, dass der streitgegenständliche Dienstposten nach Einlassung des Beklagten mit Schriftsatz vom 10. April 2019 im Verfahren AN 1 E 19.00688 dem Statusamt A9 + AZ zugeordnet ist und es sich damit zumindest für den Kläger um einen Beförderungsdienstposten handelt. Für mögliche Bewerber, die bisher noch nicht in der Jugendarrestanstalt … tätig gewesen sind, dürfte es an der Behördenidentität fehlen, da das Gesetz über den Vollzug des Jugendarrestes (Bayerisches Jugendarrestvollzugsgesetz – BayJAVollzG) vom 26. Juni 2018, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juli 2020, von einer Trennung von Jugendarrest und Strafvollzug ausgeht.
Im Gegensatz zur ersten – zwischenzeitlich aufgehobenen – Auswahlentscheidung vom 7. März 2019 wurde nach Aktenlage die Auswahlentscheidung vom 3. März 2020 dem Bayerische Staatsministerium der Justiz nicht vorgelegt, sodass dieses sich die Überlegungen des Leiters der Justizvollzugsanstalt … nicht zu eigen machen konnte.
2. Jedenfalls ist die Auswahlentscheidung materiellrechtlich fehlerhaft, da der Grundsatz der Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 GG nicht ausreichend berücksichtigt wurde.
a) Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Daraus folgt der Anspruch eines Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – IÖD 2011, 14; U.v. 25.2.2010 – 2 C 22/09 – ZBR 2011, 37; BVerfG, B.v. 29.7.2003 – 2 BvR 311/03 – BayVBl 2004, 17). Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Bestenauslesegrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Art. 33 Abs. 2 GG gibt somit die entscheidenden Beurteilungsgesichtspunkte für die Bewerberauswahl zur Besetzung von öffentlichen Ämtern abschließend vor. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Anderen Gesichtspunkten darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung von Bewerbern ergibt. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist (BVerfG, B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/11; BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – a.a.O.; U.v. 17.8.2005 – 2 C 37/04 – BVerwGE 124, 99; U.v. 28.10.2004 – 2 C 23/03 – BVerw-GE 122, 147).
Der ausgeschriebene Dienstposten stellt für den Kläger einen höherwertigen Dienstposten dar, da der Dienstposten der Besoldungsgruppe A9 + AZ zugeordnet ist. Insoweit gilt grundsätzlich der Grundsatz der Bestenauslese.
Keine Auswirkung ergeben sich aus der mit Wirkung zum … 2019 erfolgten Beförderung des Beigeladenen zum Inspektor im Justizvollzugsdienst (Besoldungsstufe A9 + AZ), aufgrund derer der Beigeladene für die allein maßgebliche, zweite Auswahlentscheidung vom 3. März 2020 grundsätzlich als Versetzungsbewerber gilt.
Zwischen Beförderungsbewerbern und Versetzungs-/Umsetzungsbewerbern besteht grundsätzlich kein Konkurrenzverhältnis. Aus der Organisationsfreiheit des Dienstherrn folgt sein Recht, zwischen Umsetzung, Versetzung und Beförderung zu wählen. Die Ausübung dieses Rechts steht im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Nur dann, wenn sich der Dienstherr für ein Auswahlverfahren entschließt, an dem Beförderungs- und Umsetzungs-/Versetzungsbewerber unterschiedslos teilnehmen, legt er sich auf ein an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG ausgerichtetes Auswahlverfahren nach dem Prinzip der Bestenauslese fest. Schreibt der Dienstherr eine Stelle in dieser Weise aus, hat er seine Organisationsfreiheit durch Wahl und Ausgestaltung des Besetzungsverfahrens beschränkt mit der Folge, dass auch Um-/Versetzungsbewer-ber am Leistungsgrundsatz zu messen sind. Nur in diesem Fall muss sich der Dienstherr an dem von ihm gewählten Modell der Bestenauslese auch bezüglich der Umsetzungs-/Ver-setzungsbewerber festhalten lassen (BayVGH, B.v. 29.9.2015 – 3 CE 15.1604 – juris Rn. 22 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 25.11.2004 – 2 C 17/03 – BVerwGE 122, 237 – juris Rn. 15,18).
Die Stellenausschreibung vom 3. Dezember 2018 enthält keinen Hinweis darauf, dass Beförderungs- und Versetzungs-/Umsetzungsbewerber bei der Besetzung des Dienstpostens unterschiedlich behandelt werden sollen. So wird in der Ausschreibung weder darauf hingewiesen, dass Umsetzungen/Versetzungen vorrangig durchgeführt werden sollen, noch, dass Versetzungs-/Umsetzungsbewerber und Beförderungsbewerber nicht in Konkurrenz zu einander stehen. Vielmehr wird pauschal darauf verwiesen, dass die Wahrnehmung des Dienstpostens neben einer mehrjährigen Erfahrung eine überdurchschnittliche Leistung, Eignung und Befähigung erfordert. Damit legte sich der Beklagte eindeutig darauf fest, dass die Auswahlentscheidung ausschließlich an Leistungsgesichtspunkten orientiert sein soll. Der Beklagte hat diese Festlegung konsequent auch der Auswahlentscheidung zugrunde gelegt.
b) Allerdings entspricht die streitgegenständliche Auswahlentscheidung nicht den Anforderungen, die sich aus dem Leistungsgrundsatz ergeben.
aa) Die Auswahlentscheidung darf nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Allerdings kann über die Eignung des Bewerberfeldes in einem gestuften Auswahlverfahren befunden werden (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – juris). Bewerber, welche die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen und müssen somit nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden (BVerwG, B.v. 20.06.2013, a.a.O., Rn. 23; BVerwG, B.v. 6.4.2006 – 2 VR 2.05 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 22.11.2016 – 3 CE 16.1912 – juris Rn. 20). Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 23).
Soweit der Beklagte in der Stellenausschreibung ein konstitutives Anforderungsprofil in Form einer mehrjährigen Diensterfahrung festgelegt hat, geht der Antragsgegner selbst davon aus, dass der Kläger und der Beigeladene dieses Anforderungsprofil erfüllen, da beide Bewerber in den Leistungsvergleich einbezogen worden sind.
Im Übrigen hat der Antragsgegner Führungserfahrung gerade nicht als konstitutives Anforderungsprofil bestimmt. Auch wenn in der Stellenausschreibung überdurchschnittliche fachliche Leistungen, Eignung und Befähigung in Einzelkriterien, die in den dienstlichen Beurteilungen ausschließlich bei Beamten in einer Führungsaufgabe bewertet werden, fordert, so ergibt sich hieraus nicht ausreichend deutlich, dass fehlende Führungserfahrung ein Ausschlusskriterium sein soll. Die in der Stellenausschreibung stichpunktartig aufgezählten Einzelkriterien ergeben sich vielmehr vollumfänglich aus den Formularen für die periodischen Beurteilungen und enthalten damit keinen neuen, von der Beurteilung abgekoppelten Maßstab, der als konstitutives Anforderungsprofil bewertet werden könnte (BayVGH, B.v. 16.9.2011 – 3 CE 11.1132 – juris Rn. 26 f.).
Vielmehr informieren die genannten Einzelkriterien den Bewerber über den Dienstposten und die auf ihn zukommenden Aufgaben und können ggf. dazu dienen, einen Beurteilungsrückstand aufzuholen (BayVGH, B.v. 16.9.2011 – 3 CE 11.1132 – juris Rn. 26.). Diese Bewertung ist auch aufgrund der Einlassung des Beklagten in der Klageerwiderung vom 14. Mai 2020 naheliegend, wonach für die Auswahlentscheidung nicht die Beurteilung von Führungsaufgaben maßgeblich sein sollte, da die Wahrnehmung von Führungsaufgaben nur für die Definition der Superkriterien im Rahmen der zu berücksichtigenden dienstlichen Beurteilungen relevant gewesen sei.
Gleiches gilt für den Hinweis, dass bereits gewonnene Erfahrungen auf verschiedenen Dienstposten mit erhöhtem Verantwortungsbereich in der Justizvollzugsanstalt von Vorteil sind.
bb) Nach der Feststellung, dass bzw. welche Bewerber ein bestehendes konstitutives Anforderungsprofil erfüllen, ist die Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens unter mehreren Bewerbern in erster Linie auf aktuelle dienstliche Beurteilungen zu stützen (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 21; BayVGH, B.v. 22.1.2018 – 3 CE 17.2440 – juris Rn. 20; B.v. 8.4.2015 – 3 CE 14.1733 – juris Rn. 28). Maßgeblich hierfür ist primär das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5/12 – juris Rn. 25). Sind die Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden, muss der Dienstherr die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen (BVerwG, B.v. 19.12.2014 – 2 VR 1.14 – juris Rn. 35).
Dieser Leistungsvergleich erweist sich vorliegend als fehlerhaft. Zwar wurde durch den Beklagten zutreffend festgestellt, dass sich aufgrund des Vergleiches der Gesamturteile der periodischen Beurteilungen 2017 ein Gleichstand der Bewerber, die jeweils 11 Punkte in der Besoldungsgruppe A9 erreicht haben, ergeben hat. Allerdings stellt sich die im Anschluss gemäß Art. 16 Abs. 2 LlbG vorgenommene Binnendifferenzierung anhand des Vergleichs der Durchschnittswerte aus den sog. Superkriterien als fehlerhaft dar.
Sind die Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden, muss der Dienstherr die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen. Insofern bestimmt Art. 16 Abs. 2 Satz 1 LlbG, dass die in der Beurteilung enthaltenen Einzelkriterien gegenüberzustellen sind (Binnendifferenzierung). In den Vergleich der Einzelkriterien sind allerdings nur die wesentlichen Beurteilungskriterien (sog. „Superkriterien“) einzubeziehen (Art. 16 Abs. 2 Satz 2 LlbG), die sich nach Art. 16 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Art. 58 Abs. 3 LlbG bestimmen, wobei die obersten Dienstbehörden gemäß Art. 16 Abs. 2 Satz 4 LlbG hiervon abweichend für bestimmte Verwaltungsbereiche oder Aufgabenfelder aus den gemäß Art. 58 Abs. 3 und 6 Satz 2 und 3 LlbG vorgesehenen Beurteilungskriterien weitere oder andere Kriterien sowie anderweitige Differenzierungen bei den zugrunde liegenden Gruppen festlegen können (BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 3 CE 17.184 – juris Rn. 3).
Der Beklagte hat nach der Feststellung, dass der Kläger und der Beigeladene in den aktuellen periodischen Beurteilungen mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden sind, die Durchschnittswerte der Superkriterien gegenüber gestellt und daraus geschlossen, dass der Beigeladene mit einem Durchschnitt von 11,83 Punkten bei den Superkriterien gegenüber dem Antragsteller mit einem Durchschnittswert von 11,25 Punkten bei den Superkriterien als der leis-tungsstärkste und damit geeignetste Bewerber anzusehen ist.
Die Kammer hat sich bereits im Verfahren des Eilrechtschutzes zu der Auswahlentscheidung vom 20. Februar 2019 (VG Ansbach, B.v. 29.10.2020 – AN 1 E 19.00688) ausführlich mit dieser Gegenüberstellung der Durchschnittswerte der Superkriterien auseinandergesetzt und ausgeführt:
„Bei diesem Vorgehen fehlt es nach Auffassung der Kammer an einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den maßgeblichen Einzelkriterien, die ggf. auch anhand des fakultativen Anforderungsprofils in der Stellenausschreibung näher zu betrachten sind. Auch wenn der Durchschnittswert der Superkriterien durchaus ein Indiz dafür sein kann, dass der Bewerber mit dem höheren Durchschnittswert der leistungsstärkste Bewerber sein könnte, so entbindet die Betrachtung des Durchschnittswertes nicht von einem Vergleich der Einzelkriterien.
Hätte sich der Antragsgegner näher mit den Einzelkriterien auseinandergesetzt, so wäre aufgefallen, dass die Superkriterien bei dem Antragsteller und dem Beigeladenen nicht identisch und damit erst einmal nicht vergleichbar sind, da der Antragsteller als Beamter ohne Führungsfunktion, der Beigeladene aber als Beamter mit Führungsfunktion beurteilt worden waren. Denn der Antragsgegner hat für Beamte im Allgemeinen Vollzugsdienst der 2. Qualifikationsebene mit Führungsfunktion als Superkriterien „Organisation“, „Informations- und Kommunikationsverhalten“, „Anleitung und Aufsicht“, „Motivation und Förderung der MA“, „Konfliktbewältigung“ und „Führungspotential“ festgelegt, für Beamte ohne Führungsfunktion dagegen die Superkriterien „Arbeitseinsatz“, „Zusammenarbeit mit Kollegen“, „Umgang mit Gefangenen“ und „Fachkenntnisse“ (vgl. Nr. 2.6 des Initialschreibens des Bayerischen Staatsministeriums vom 25.11.2016 über die Beurteilung von Beamten und Beamtinnen im Justizvollzugsdienst im Jahr 2017 – Gz. F1 – 2012-VII a-12088/16 – i.V.m. Lfd. Nr. 1.1 der Anlage 6). Setzt sich der Durchschnittswert der Superkriterien aus unterschiedlichen Einzelmerkmalen zusammen, so kann nach Auffassung der Kammer aufgrund unreflektierter Gegenüberstellung des Durchschnittswertes der Superkriterien keine Aussage darüber getroffen werden, welcher Bewerber die für die Stellenausübung relevanten Kriterien besser erfüllt. Es bedarf vielmehr vor Gegenüberstellung einer Festlegung, welche Kriterien, ggf. unter Berücksichtigung des fakultativen Anforderungsprofils der Stellenausschreibung, im Rahmen der Binnendifferenzierung im Einzelnen betrachtet werden sollen. Orientiert sich der Antragsgegner an den für Leitungsfunktionen relevanten Superkriterien, was aufgrund der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit der Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung der Regelung des Art. 16 Abs. 2 Satz 4 LlbG grundsätzlich nicht zu beanstanden wäre, so müssten die Bewerber auch jeweils hinsichtlich dieser Kriterien verglichen werden. Der Antragsgegner müsste insoweit überlegen, welchen Schluss er daraus ziehen wolle, dass die Beurteilung des Antragstellers lediglich eine Bewertung des Einzelkriteriums „Führungspotential“ enthält, nicht aber der sonstigen Superkriterien bei Führungsfunktionen. Insoweit weist das Gericht auf die sich aufdrängende Frage hin, weshalb der Antragsteller als langjährige Vertreter der Leiterin des allgemeinen Vollzugsdienstes in der Jugendarrestanstalt nicht hinsichtlich der Einzelmerkmale „Führungserfolg und -verhalten“ (Nr. 2.1.3 des Beurteilungsformulars) beurteilt worden ist, obwohl im Rahmen der Ergänzenden Bemerkungen (Nr. 3 des Beurteilungsformulars) festgestellt ist, dass der Antragsteller als Stellvertreter der Leiterin des Allgemeinen Vollzugsdienstes im Jugendarrest deren Aufgaben und Pflichten eigenverantwortlich als Entscheidungsträger übernommen hat. Hinzukommt, dass das fakultative Anforderungsprofil mit den Anforderungen an „Belastbarkeit und Zuverlässigkeit“, „persönliches Engagement und Leistungsbereitschaft“, „mündliche und schriftliche Ausdrucksfähigkeit“, und „Bereitschaft zur Zusammenarbeit“ durchaus auch Beurteilungskriterien enthält, die bei beiden Bewerbern beurteilt worden sind.
Die Fehlerhaftigkeit der Binnendifferenzierung führt damit zur Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung insgesamt. Die fehlerhafte Betätigung des Auswahlermessens war potentiell kausal für das Auswahlergebnis. Es erscheint nicht als ausgeschlossen, dass der Antragsteller im Rahmen der erneut durchzuführenden Auswahlentscheidung den Vorzug vor dem Beigeladenen erhalten wird, da für das Gericht nicht absehbar ist, wie der Antragsgegner damit umgehen wird, dass der Antragsteller und der Beigeladene hinsichtlich unterschiedlicher Superkriterien beurteilt worden sind.“
In der weiteren Auswahlentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 10. März 2020 aufgrund des Auswahlvermerkes vom 3. März 2020 stellte der Beklagte jedoch erneut die Durchschnittswerte aus den Superkriterien gegenüber und entnahm daraus einen Leistungsvorsprung des Beigeladenen. Zwar setzte sich der Beklagte mit der fehlenden Vergleichbarkeit der Superkriterien auseinander, rechtfertigte im Folgenden aber nur die Ursachen der unterschiedlichen Superkriterien und stellte fest, dass die durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz für die im Justizvollzug tätigen Beamten aufgestellten Superkriterien jeweils gleich wichtig seien, sodass eine Gewichtung der Superkriterien nicht möglich sei. Auch sei auf das Kriterium der bisher bereits ausgeübten Führungsaufgabe bewusst verzichtet worden, um möglichst vielen Interessenten eine Bewerbung zu ermöglichen.
Mit diesen Überlegungen verkennt der Beklagte die Wertung des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 LlbG, wonach in den Vergleich der Einzelkriterien nur die wesentlichen Beurteilungskriterien, also die sog. Superkriterien, einzubeziehen sind. Insoweit legt Art. 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LlbG bei einer Führungsfunktion die Superkriterien „Führungserfolg“ und Führungspotential“ fest, während sich aus Art. 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 LlbG bei Beamten mit einer sachbearbeitenden Funktion, die für Führungsaufgaben in Frage kommen, die Superkriterien „Fachkenntnis“, „Entscheidungsfreude“ und „Führungspotential“ ergeben, wobei die oberste Dienstbehörde gemäß Art. 16 Abs. 2 Satz 4 LlbG ggf. andere oder weitere Kriterien festlegen kann. Anknüpfungspunkt für die Binnendifferenzierung und damit für die Gewichtung der Einzelmerkmale sind dabei aber immer die Aussagekraft und Bedeutung der jeweiligen Einzelmerkmale für die Besetzung des höherwertigen Dienstpostens. Demnach ist für die Stellenbesetzung auf die Anforderungen des konkreten Amtes abzustellen und nach den Funktionen des zu besetzenden Dienstpostens zu differenzieren (Conrad in: Weiß/Niermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Art. 16 LlbG Rn. 34, 36; vgl. auch BayVGH, B.v. 25.6.2013 – 3 CE 13.300 – juris Rn. 35 wonach auf die Kriterien, die generell auf dem ausgeschriebenen Dienstposten erfüllt werden müssen, abzustellen ist).
Entsprechend sind für die vorliegende Stellenbesetzungsentscheidung die Superkriterien, die für den zu besetzenden Dienstposten „Leiterin/Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt …“ bestehen, maßgeblich. Dass es sich dabei um eine Führungsfunktion handelt, dürfte insoweit zwischen den Beteiligten unstrittig sein, sodass sich die maßgeblichen Superkriterien entweder aus Art. 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LlbG oder aber aus der Festlegung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz für Beamte im Justizvollzugsdienst mit Führungsaufgaben (vgl. Nr. 2.6 des Initialschreibens des Bayerischen Staatsministeriums vom 25.11.2016 über die Beurteilung von Beamten und Beamtinnen im Justizvollzugsdienst im Jahr 2017 – Gz. F1 – 2012-VII a-12088/16 – i.V.m. Lfd. Nr. 1.1 der Anlage 6) ergeben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz festgelegten Superkriterien für Beamte mit Führungsfunktion, nämlich „Organisation“, „Informations- und Kommunikationsverhalten“, „Anleitung und Aufsicht“, „Motivation und Förderung der MA“ und „Konfliktbewältigung“, nach Ziff. 2.4.4. der JuBeurteilBek nur bei Beamten und Beamtinnen, die im Beurteilungszeitraum Führungsaufgaben ausgeübt haben, gewürdigt werden und lediglich das Superkriterium „Führungspotential“ bei allen Mitarbeitern im Justizvollzugsdienst bewertet wird. Insoweit kann eine Binnendifferenzierung, insbesondere da Führungserfahrung nicht als konstitutives Anforderungsprofil festgelegt worden ist, nach Überzeugung der Kammer entsprechend der Wertung des Art. 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LlbG auch nur anhand dieses einzelnen, übereinstimmend bewerteten Superkriteriums erfolgen. Ansonsten müsste sich der Beklagte den Vorwurf eines widersprüchlichen Verhaltens gefallen lassen, wenn er einerseits betont, Führungserfahrung nicht als Bewerbungsvoraussetzung anzusehen, um möglichst vielen Interessenten eine Bewerbung zu ermöglichen, andererseits aber einen Leistungsvorsprung eines einzelnen Bewerbers aus den Einzelmerkmalen herleitet, die gerade nur bei Bewerbern mit Führungserfahrung beurteilt werden.
Da das Kriterium „Führungspotential“ sowohl bei dem Beigeladenen als auch bei dem Antragsteller jeweils mit 12 Punkten bewertet worden ist, ist auch im Rahmen der Binnendifferenzierung anhand der Superkriterien insoweit von einem Gleichstand der Bewerber auszugehen.
Da der Beklagte im Rahmen der Binnendifferenzierung anhand der Superkriterien zu einem Leistungsvorsprung des Beigeladenen gekommen ist, fehlt eine weitere Auseinandersetzung mit den Beurteilungen der Bewerber sowie ggf. leistungsbezogenen und leistungsunabhängigen Hilfskriterien. Wegen des dem Beklagten bei der Auswertung einer Beurteilung eingeräumten Beurteilungsspielraums bzw. Auswahlermessen ist es dem Gericht untersagt, diesbezüglich eigene Überlegungen anzustellen. Um die Qualifikation und die Kompetenz der Bewerber einzustufen, ist allein der Dienstherr berufen (BayVGH, B.v. 24.4.2017 – 3 CE 17.434 – juris Rn. 53; OVG NRW, B.v. 20.3.2009 – 6 B 3/09 – juris Rn. 7, 9).
cc) Für eine erneut anstehende Auswahlentscheidung weist das Gericht auf Folgendes hin:
(1) Bei einem Gleichstand nach Binnendifferenzierung anhand der Superkriterien muss der Beklagte unter Berücksichtigung des Art. 16 Abs. 2 LlbG die dienstliche Beurteilung nicht hinsichtlich aller weiteren Einzelmerkmale ausschöpfen. Denn mit Festlegung der sog. Superkriterien hat der Beklagte gerade eine Entscheidung über die Wichtigkeit bestimmter Einzelkriterien für einen Dienstposten getroffen. Es entspricht einer willkürfreien, sachgerechten Handhabung für Dienstposten mit Führungsverantwortung, regelmäßig bestimmte, gleichbleibende Einzelmerkmale für besonders wichtig anzusehen, wenn sich aus der Dienstpostenbeschreibung keine spezifischen Anforderungen ergeben. Der Beklagte muss deshalb auch nicht hiervon abweichend alle Einzelmerkmale der jeweiligen dienstlichen Beurteilungen vergleichend in den Blick nehmen (BayVGH, B.v. 9.5.2014 – 3 CE 14.286 – juris Rn. 24). Ergeben sich jedoch aus dem beschreibenden Anforderungsprofil besonders bedeutsame Beurteilungsmerkmale, sind die dort erzielten Ergebnisse im Rahmen der Binnendifferenzierung zu berücksichtigen (BayVGH, B.v. 5.9.2019 – 6 CE 19.1508 – juris Rn. 22)
Bieten bei gleichlautenden Gesamturteilen auch die Beurteilungen der Einzelmerkmale keinen Ansatzpunkt für einen Qualifikationsunterschied, sind zunächst weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien wie beispielsweise die jeweiligen Vorbeurteilungen sowie gegebenenfalls die darin enthaltenen Aussagen zu den Einzelmerkmalen der Leistungsbeurteilung und sich eine möglicherweise abzeichnende Leistungsentwicklung der Bewerber vergleichend zu berücksichtigen, sofern sie für den aktuellen Leistungsvergleich noch Aussagekraft besitzen. Sogenannte leistungsferne Hilfskriterien – wie etwa Dienst- und Lebensalter oder die „Stehzeit“ in einem bestimmten Statusamt – können erst dann zum Tragen kommen, wenn sich gemessen an den Kriterien der Bestenauslese (Eignung, Befähigung und fachliche Leistung) zwischen den Bewerbern kein beachtlicher Qualifikationsunterschied ergibt (BayVGH, B.v. 5.9.2019 – 6 CE 19.1508 – juris Rn. 14 mit Verweis auf BVerwG, U.v. 21.8.2003 – 2 C 14.02 – juris Rn. 22 f.; NdsOVG, B.v. 3.1.2017 – 5 ME 157/16 – juris Rn. 27; OVG NW, B.v. 8.8.2016 – 6 B 646/16 – juris; VG Bayreuth, B.v. 23.5.2019 – B 5 E 19.168 – juris Rn. 48 mit Verweis auf BVerwG, U.v. 30.6.2011 – 2 C 19/10 – BVerwGE 140, 83/87 f.; OVG Bremen, B.v. 14.10.2015 – 2 B 158/15 – juris Rn. 43; B.v. 22.9.2016 – 2 B 123/16 – juris Rn. 55). Insoweit ist ggf. auch eine Auseinandersetzung mit Art. 29 BayJAVollzG möglich bzw. erforderlich, wonach die Bediensteten für die erzieherische Gestaltung des Vollzugs geeignet und qualifiziert sein müssen.
(2) Für eine erneut anstehende Auswahlentscheidung weist das Gericht auf bestehende Bedenken hinsichtlich der Verwertbarkeit der noch aktuellen periodischen Beurteilungen 2017 hin. Zwar sind die Beurteilungen grundsätzlich untereinander vergleichbar und auch ausreichend aktuell, allerdings dürfte jedenfalls die Beurteilung des Beigeladenen einer inhaltlichen Überprüfung nicht standhalten.
Periodischen Beurteilungen sind in der Regel untereinander vergleichbar, wenn die Beurteilungen im gleichen Statusamt erzielt worden sind und sich die Beurteilungszeiträume entsprechen (BayVGH, B.v. 10.2.2017 – 3 CE 16.2288 – juris Rn. 20). Eine höchstmögliche Vergleichbarkeit wird grundsätzlich durch einen gemeinsamen Stichtag und einen gleichen Beurteilungszeitraum erreicht (BayVGH, B.v. 14.8.2015 – 3 CE 15.993 – juris Rn 23).
Die Kammer hat bereits im Beschluss vom 29. Oktober 2019 (AN 1 E 19.00688) darauf hingewiesen, dass die Vergleichbarkeit der Beurteilungen nicht bereits deshalb fehlt, da die Beurteilung des Beigeladenen über den regulären Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2016 hinaus zusätzlich den Zeitraum bis zum 30. Juni 2017 umfasst. Insoweit wird auf die Ausführungen im Beschluss vom 29. Oktober 2019 verwiesen.
Auch waren die Beurteilungen des Klägers und des Beigeladenen hinreichend aktuell, sodass es keiner Anlassbeurteilungen bedurfte. Nach der st. Rspr. des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (BayVGH, B.v 27.10.2016 – 3 CE 16.1457 – juris Rn. 45; B.v. 28.10.2013 – 3 CE 13.1518 – juris Rn. 30) ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Dienstherr inzident zum Ausdruck bringt, dass aus seiner Sicht zwischenzeitlich keine relevanten Veränderungen erfolgt oder signifikante Entwicklungen eingetreten sind, wenn er vorliegende dienstliche Beurteilungen bei seiner Auswahlentscheidung berücksichtigt hat. Durch Verzicht auf Anlassbeurteilungen für den Kläger und den Beigeladenen hat der Beklagte deren Beurteilung 2017 nach wie vor als aktuell anerkannt, auch wenn zwischenzeitlich der nachfolgende Beurteilungszeitraum zum 31. Dezember 2019 abgelaufen ist. Der Gesetzgeber hat in Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LlbG festgelegt, dass eine periodische Beurteilung, die als Grundlage für die Übertragung höherwertiger Dienstposten nach Art. 16 Abs. 1 LlbG oder bei Beförderungen nach Art. 17 Abs. 7 LlbG herangezogen wird, grundsätzlich auch bis zu dem in Verwaltungsvorschriften festzulegenden einheitlichen Verwendungsbeginn der nächstfolgenden regulären periodischen Beurteilung zu verwenden ist (BayVGH, B.v 27.10.2016 – 3 CE 16.1457 – juris Rn. 46). Der einheitliche Verwendungsbeginn gemäß Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LlbG und Nr. 3.6.6 JuBeurteilBek für die periodische Beurteilung 2020 dürfte entsprechend der Festlegung für die periodischen Beurteilungen 2017 in Nr. 3.5 des JMS vom 25. November 2016, Gz.: F 1 2012 – VII a – 12088/16 im Dezember 2020 liegen.
Ebenfalls war aufgrund der Beförderung des Beigeladenen in das Statusamt A9 + AZ mit Wirkung zum …2019 vor einer erneuten Auswahlentscheidung nicht die Erstellung einer Anlassbeurteilung erforderlich. Eine Ausnahme von der Verwendbarkeit einer periodischen Beurteilung bis zum festgelegten einheitlichen Verwendungsbeginn ist nur gerechtfertigt, wenn sich die Situation des Bewerbers seit der letzten Beurteilung relevant bzw. erheblich (so ausdrücklich Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG) verändert hat. Allein der Umstand, dass in einer Anlassbeurteilung neue Ereignisse berücksichtigen werden können, rechtfertigt keine neue Beurteilung. Andernfalls liefe das vom Gesetzgeber gewollte Regelbeurteilungssystem leer, das die Aufgabe hat, den Leistungsstand von Beamten im Interesse von deren größtmöglicher Vergleichbarkeit zu bestimmten Stichtagen abzubilden, nicht aber, Veränderungen im Leistungsbild gleichsam tagesgenau abzubilden (BayVGH, B.v. 27.10.2016, a.a.O. Rn 47 unter Verweis auf BVerwG, B.v. 10.5.2016 – 2 VR 2/15 -, BVerwGE 155, 152-161 Rn. 23; BayVGH, B.v. 3.2.2015 – 3 CE 14.2848 – juris Rn. 29; B.v. 8.3.2010 – 3 CE 09.3208 – juris Rn. 17; VGH BW, B.v. 17.6.2016 – 4 S 585/16 – juris Rn. 8). Nach neuer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Notwendigkeit entstehen, die Beurteilungsgrundlage im Hinblick auf eine zu treffende Auswahlentscheidung zu aktualisieren, wenn der Beamte nach dem Beurteilungsstichtag der letzten Regelbeurteilung während eines erheblichen Zeitraums wesentlich andere Aufgaben wahrgenommen hat (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 37 ff.). Ein „erheblicher Zeitraum“ liegt nur dann vor, wenn die anderen Aufgaben während des (deutlich) überwiegenden Teils, d.h. zu zwei Dritteln, des Beurteilungszeitraums wahrgenommen wurden (BVerwG, U.v. 9.5.2019 a.a.O. – juris Rn. 49). Bei einer „wesentlich anderen Tätigkeit“ muss es sich um eine Tätigkeit handeln, die jedenfalls einem anderen (regelmäßig höheren) Statusamt zuzuordnen ist. Offenkundig genügt hierfür mangels hinreichender Leistungs- und Beurteilungsrelevanz nicht jeder bloße Wechsel der Geschäftsaufgabe oder jede bloße Veränderung des konkreten Tätigkeitsbereichs (BVerwG, U.v. 9.5.2019 a.a.O., Rn. 51 f.; vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 16).
Der Einsatzbereich des Beigeladenen hat sich aufgrund der Beförderung in das Statusamt A9 + AZ nicht verändert. Darüber hinaus hatte der Beigeladene das neue Statusamt zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung fünf Monate inne, sodass es an einem „erheblichen Zeitraum“ fehlt und entsprechend Ziff. 3.3.1, 2. Spiegelstrich JuBeurteilBek eine Beurteilung ohnehin erst nach einem Jahr erfolgen sollte.
Soweit der Beigeladene mit Schreiben vom 18. Februar 2020 auch zusätzliche Tätigkeiten (Aufgaben der Dienstleiterbereitschaft an Wochenenden und Feiertagen; Teilnahme am Führungskräfteseminar) in das Auswahlverfahren eingebracht hat, so handelt es sich nicht um wesentlich andere Aufgaben, sondern um Tätigkeiten, die einem Bediensteten des allgemeinen Justizvollzugsdienstes im Statusamt A9 übertragen werden können.
Eine Vergleichbarkeit der Beurteilung besteht auch, obwohl der Beigeladene mit Führungsfunktion, der Kläger ohne Führungsfunktion beurteilt worden ist. Anknüpfungspunkt für die Beurteilung ist das Statusamt, nicht das funktionale Amt bzw. die konkrete Tätigkeit (OVG NRW, U.v. 20.11.2002 – 6 A 5645/00 – juris Rn.; BayVGH, U.v. 8.4.1987 – 3 B 86.01404 – juris; Bodanowitz in: Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Rn. 81, 255, 292). Der Kläger und der Beigeladene waren zum Beurteilungsstichtag für die periodische Beurteilung 2017 derselben Besoldungsgruppe und damit einer Vergleichsgruppe zugeordnet (vgl. Ziffern 1 und 2.3 des JMS vom 25. November 2016 – F1 – 2012 – VIIa – 12088/16). Dafür, dass die Wahrnehmung bestimmter Funktionen – hier von Führungsaufgaben – derart im Vordergrund steht, dass eine gesonderte Vergleichsgruppe hätte gebildet werden können (vgl. Art. 58 Abs. 2 Satz 2 LlbG), ist nichts ersichtlich. Insbesondere geht auch das JMS vom 25. November 2016 (a.a.O.) davon aus, dass eine weitere Differenzierung der Vergleichsgruppen aufgrund bestimmter Funktionen über den fachlichen Schwerpunkt hinaus nicht erfolgen soll.
Hinsichtlich der Frage, ob die zugrunde gelegten Beurteilungen der Bewerber an materiellen Fehlern, die auf das Auswahlergebnis durchschlagen würden, leiden, hat die Kammer bereits im Beschluss vom 29. Oktober 2019 (AN 1 E 19.00688) auf das Begründungserfordernis zur Plausibilisierung des Gesamturteils hingewiesen.
Dienstliche Beurteilungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes aufgrund der Beurteilungsermächtigung des Dienstherrn nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die verwaltungs-gerichtliche Kontrolle von Beurteilungen beschränkt sich auf die Prüfung, ob und inwieweit der Beurteiler einen unrichtigen und unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, ob er den gesetzlichen Rahmen oder anzuwendende Begriffe verkannt hat, ob er allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat oder ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten ist (BayVGH, B.v. 2.12.2015 – 3 CE 15.2122 – juris Rn. 25 m.w.N.). Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abfassung der dienstlichen Beurteilung erlassen hat, ist vom Gericht zudem zu prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten sind und ob die Richtlinien mit den normativen Regelungen über die dienstliche Beurteilung im Einklang stehen (BVerwG, U.v. 21.3.2007 – 2 C 2.06 – juris Rn. 7; U.v. 19.12.2002 – 2 C 31/01 – juris und U.v. 30.4.1981 – 2 C 8/79 – juris).
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Urteil vom 27. Mai 2019 (BayVGH, U.v. 27.5.2019 – 3 BV 17.69 – juris Rn. 14 mit Hinweis auf BVerwG, U.v. 2.3.2017 – 2 C 51.16 – juris Rn. 11; U.v. 17.9.2015 – 2 C 27.14 – juris Rn. 30; BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 6 BV 14.1885 – juris Rn. 12 ff.; BayVGH, B.v. 5.10.2017 – 6 B 17.1026 – juris Rn. 31) darauf hingewiesen, dass gemäß Art. 59 Abs. 2 LlbG bei der Bildung des Gesamturteils der periodischen Beurteilung die bei den Einzelmerkmalen vergebenen Wertungen unter Berücksichtigung ihrer an den Erfordernissen des Amtes und der Funktion zu messenden Bedeutung in einer Gesamtschau zu bewerten und zu gewichten sind. Die für die Bildung des Gesamturteils wesentlichen Gründe sind in den ergänzenden Bemerkungen darzulegen. Dabei ist es Sache des Dienstherrn festzulegen, welches Gewicht er den einzelnen Merkmalen einer dienstlichen Beurteilung zumessen will. Das abschließende Gesamturteil darf sich nicht auf die Bildung des arithmetischen Mittels aus den einzelnen Leistungsmerkmalen beschränken. Vielmehr kommt im Gesamturteil die unterschiedliche Bedeutung der Einzelbewertungen durch ihre entsprechende Gewichtung zum Ausdruck. Das abschließende Gesamturteil ist danach durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte zu bilden. Dabei sind die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbeurteilungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil jedoch nur dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note – vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null – geradezu aufdrängt. In der Regel bedarf es einer gesonderten Begründung des Gesamturteils, um erkennbar zu machen, wie es aus den Einzelbewertungen hergeleitet wird. Nur so kann das Gesamturteil nachvollzogen und einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden, insbesondere nachdem es im Ermessen des Dienstherrn steht, welches Gewicht er einzelnen Merkmalen beimessen will. Die Gewichtung bedarf schon deshalb in der Regel einer Begründung, weil nur so die Einhaltung gleicher Maßstäbe gewährleistet werden kann.
Die periodische Beurteilung 2017 des Klägers enthält Einzelbewertungen zwischen 10 und 12 Punkten (dreimal 10 Punkte, 13 mal 11 Punkte, viermal 12 Punkte), die Superkriterien sind mit dreimal 11 Punkten und einmal 12 Punkten bewertet. Die ergänzenden Bemerkungen stellen die Fähigkeiten des Klägers dar und deren Einsetzbarkeit im Rahmen seiner Aufgaben, enthalten aber keine Aussage über die Gewichtung der einzelnen Merkmale. Allerdings dürfte aufgrund des besonderen Gewichts der Superkriterien und der überwiegenden Beurteilung der Einzelkriterien mit 11 Punkten vorliegend eine Begründung unter Berücksichtigung der vorgenannten Rechtsprechung noch entbehrlich sein, da sich das Gesamturteil von 11 Punkten geradezu aufdrängt.
Die periodische Beurteilung 2017 des Beigeladenen enthält Einzelbewertungen zwischen 10 und 13 Punkten (einmal 10 Punkte, 13 mal 11 Punkte, neunmal 12 Punkte, einmal 13 Punkte), die Superkriterien sind mit einmal 11 Punkten und fünfmal 12 Punkten bewertet. Die ergänzenden Bemerkungen setzen sich mit den übernommenen Aufgaben und der Teilnahme an Fortbildung auseinander. Lediglich in der Aussage, dass die hohe Belastungsfähigkeit (mit 13 Punkten bewertet) besonders bemerkenswert sei, kann möglicherweise eine Art Gewichtung gesehen werden. Dies sowie der bei den Superkriterien erreichte Durchschnittswert von 11,83, der näher bei 12 als bei 11 Punkten liegt, macht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte zwingend erforderlich (BayVGH, U.v. 27.5.2019 – 3 BV 17.69 – juris Rn. 17). Damit ist zumindest hinsichtlich der Beurteilung des Beigeladenen von einem Verstoß gegen Art. 59 Abs. 2 LlbG auszugehen. Sollte es trotz des derzeit laufenden Beurteilungsverfahren 2020 zu einer erneuten Befassung mit der Beurteilung 2017 des Beigeladenen kommen, wäre bei der Festlegung des Gesamturteils insbesondere die Beförderung des Beigeladenen im Jahr 2016 in den Blick zu nehmen. Insoweit wird auf die Ausführungen im Beschluss vom 29. Oktober 2019 verwiesen.
Mangels Entscheidungsrelevanz lässt die Kammer offen, ob der Kläger wegen der wahrgenommenen Stellvertretung der bisherigen Leiterin des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt … als Beamter mit Führungsfunktion hätte beurteilt werden müssen. Insoweit verkennt die Kammer nicht, dass die Zuordnung von Führungsfunktionen sich regelmäßig aus der Organisation einer Behörde ergibt und damit in das Organisationsermessen des Dienstherrn fällt. Dabei ist maßgeblich, ob der jeweilige Beamte tatsächlich Führungsaufgaben ausübt. Der Beklagte hat sich im Widerspruchsbescheid ausführlich damit auseinandergesetzt weshalb der Kläger bisher keine Führungsfunktion ausübt. Allerdings weist die Kammer erneut daraufhin, dass die ergänzende Bemerkung in der Beurteilung 2017, dass der Kläger als Stellvertreter der Leiterin des Allgemeinen Vollzugsdienstes im Jugendarrest deren Aufgaben und Pflichten eigenverantwortlich als Entscheidungsträger übernimmt, zu den Darstellungen im Widerspruchsbescheid durchaus widersprüchlich erscheint, da die Formulierung in der Beurteilung nach Auffassung der Kammer nicht nur eine Aufgabenübernahme im Vertretungsfall nahelegt, sondern ausdrücklich die Eigenverantwortung betont.
3. Die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung vom 20. Oktober 2010 verletzt auch die Rechte des Klägers. Der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch gibt jedem Bewerber ein Recht darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (BVerwG, B.v. 25.9.2012 – 1 WB 44/11 -, juris Rn. 52 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16.09 – BVerwGE 138, 102, Rn. 21, und U.v. 30.6.2011 – 2 C 19.10 – BVerwGE 140, 83, Rn. 14). Der Kläger hat deshalb einen Anspruch auf erneute Entscheidung über seine Bewerbung, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.


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