Aktenzeichen 3 B 12/15
§ 132 Abs 2 Nr 3 VwGO
Verfahrensgang
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 6. November 2014, Az: 8 A 10469/14, Urteil
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. November 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
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Der Kläger wendet sich gegen eine Anordnung, mit der ihm der Beklagte das Einfangen und Aneignen wildlebender Schwäne im Gebiet des beklagten Landkreises untersagt hat.
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Der Kläger betrieb bis zu ihrer Räumung am 13. Juni 2012 eine Auffangstation für hilfsbedürftige Schwäne in T. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, aus seiner Sicht kranke, verletzte oder sonst hilfsbedürftige wildlebende Vögel der Art “Höckerschwan” einzufangen und in die Station zu bringen. Mit Verfügung vom 3. April 2013 untersagte der Beklagte unter Androhung eines Zwangsgeldes das Einfangen und Aneignen wildlebender Schwäne im Gebiet des Landkreises. Zur Begründung heißt es in der Verfügung, der Kläger habe in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Fällen gegen § 5 Abs. 1 des Landesjagdgesetzes Rheinland-Pfalz (im Folgenden: LJG) verstoßen, weil er Schwäne in Besitz genommen habe. Zudem habe er mehr als die Hälfte der im Juni 2012 in der Auffangstation vorgefundenen Tiere unter Verstoß gegen das naturschutzrechtliche Auswilderungsgebot gehalten.
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Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen diese Verfügung stattgegeben, weil nicht ersichtlich sei, dass der Kläger unter Verstoß gegen naturschutzrechtliche Verbote gesunde, dem Jagdrecht unterliegende Schwäne einfange und sich aneigne oder kranke und verletzte Tiere unter Verstoß gegen § 34 Abs. 3 LJG an sich nehme. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe naturschutz- und jagdrechtliche Vorschriften verletzt und damit gegen die öffentliche Sicherheit im Sinne des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes verstoßen. Einfangen und Aneignen wildlebender Höckerschwäne im Gebiet des Landkreises unterfalle den Verbotstatbeständen des besonderen Artenschutzrechts nach § 44 Abs. 1 und 2 BNatSchG. Eine Rechtfertigung dafür ergebe sich nicht aus dem Gesundpflegeprivileg des § 45 Abs. 5 BNatSchG. Dieses stehe ausdrücklich unter dem Vorbehalt abweichender jagdrechtlicher Vorschriften. Solche Vorschriften habe der rheinland-pfälzische Landesgesetzgeber in § 5 und § 34 Abs. 3 und 4 LJG erlassen. § 5 Abs. 1 LJG verpflichte zur Abgabe kranker oder verletzter Schwäne an den aneignungsberechtigten Jagdberechtigten (§ 1 Abs. 5 BJagdG), § 5 Abs. 2 LJG begründe Anzeigepflichten. Diese Pflichten habe der Kläger bis zur Schließung seiner Station nicht erfüllt, und es sei zu besorgen, dass er es auch in Zukunft nicht in jeder Hinsicht tun werde. Soweit sich der Kläger auf eine Erlaubnis des Wasser- und Schifffahrtsamtes T. zur Inbesitznahme von Schwänen berufe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Bund aneignungsberechtigte Person im Sinne des § 5 Abs. 1 LJG sei. Der Bund könne nach § 7 Abs. 2 LJG sein Jagdrecht nur als Mitglied der Jagdgenossenschaft ausüben, sei daher weder tauglicher Adressat für die Erfüllung der Anzeige- und Ablieferungspflicht noch berechtigt, dem Kläger eine Erlaubnis auszustellen. In jedem Fall hätte es nach § 8 Abs. 4 LJG einer Entscheidung der zuständigen Jagdbehörde bedurft, um Personen das Fangen von Wild zu gestatten. Das Wasser- und Schifffahrtsamt sei auch nicht “nächste Polizeidienststelle” im Sinne des § 5 Abs. 1 LJG, bei der erlangtes Wild hätte abgegeben werden können. Der Kläger habe weiterhin nach Aktenlage zu keinem Zeitpunkt den besonderen Verpflichtungen aus § 34 Abs. 3 LJG genügt. Die Aufnahme kranken oder verletzten Wildes sei danach zulässig, wenn die in § 5 Abs. 1 LJG genannten Stellen informiert worden seien und Hilfe nicht erlangt werden könne. Außerdem fehle es an einer unverzüglichen Übergabe der Schwäne an eine der in § 34 Abs. 3 Satz 1 LJG genannten Personen oder Stellen. Die ehemals vom Kläger betriebene Station sei keine Auffangstation für Wild im Sinne des § 34 Abs. 3 Satz 1 LJG. An solche Auffangstationen seien, auch wenn das Landesjagdgesetz kein förmliches Anerkennungsverfahren vorsehe, Mindestanforderungen gestellt, was die art- und tierschutzgerechte Gesundpflege und zeitgerechte Auswilderung angehe. Zahlreiche Besuche und Kontrollen seit 2007, auch unter Beteiligung von Amtstierärzten, hätten immer wieder ergeben, dass diese Anforderungen in der Station des Klägers nicht erfüllt würden. So sei wiederholt festgestellt worden, dass eine viel zu große Anzahl von Schwänen gleichzeitig gehalten werde, was wegen der dafür zu kleinen Auslauf- und Schwimmflächen zur Ausbildung von Ballenabszessen bei den Schwänen geführt habe. Auch sei immer wieder ein nicht unerheblicher Teil der Schwäne nach Eintritt der Auswilderungsfähigkeit für längere Zeit weiter in Gewahrsam gehalten worden. Die Einschätzung der Haltungsbedingungen durch die an den Kontrollbesuchen beteiligten Amtstierärzte sei vorrangig gegenüber der gegenteiligen Einschätzung des Klägers.
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Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch liegt ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor, auf dem das angefochtene Urteil beruhen kann.
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1. Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig:
“Ist im Geltungsbereich des Bundeswasserstraßengesetzes der Bund jagdausübungsberechtigt oder die jeweils nach Landesrecht gebildete Jagdgenossenschaft?”
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Damit will sie die Ansicht des Berufungsgerichts infrage stellen, der Bund (vertreten durch das im fraglichen Gebiet von Saar und Mosel zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt) sei weder aneignungsberechtigte Person noch tauglicher Adressat für die Erfüllung jagdrechtlicher Anzeige- und Ablieferungspflichten noch berechtigt, dem Kläger die von ihm behauptete Erlaubnis zum Fangen und Aneignen von Schwänen auszustellen. Die Beschwerde legt indes nicht dar, dass es sich um eine Frage des revisiblen Rechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) handelt, die allein die Zulassung der Revision rechtfertigen kann. Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der Bund im fraglichen Bereich jagdausübungsberechtigt und aneignungsberechtigt ist, nach dem nicht revisiblen Landesjagdgesetz Rheinland-Pfalz beantwortet. Die Beschwerde legt nicht dar, dass in diesem Zusammenhang eine fallübergreifende Rechtsfrage des Bundesrechts Bedeutung hat.
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Eine solche Rechtsfrage ergibt sich hier nicht aus dem Zusammenhang mit dem Wasserstraßenrecht des Bundes. Soweit sich die Beschwerde insoweit darauf stützt, dass der Bundesgerichtshof im Urteil vom 13. Mai 1982 – III ZR 160/80 – (BGHZ 84, 59) das Jagdausübungs- und Aneignungsrecht auf Bundeswasserstraßen (wie der Saar und der Mosel) der Bundesrepublik Deutschland zugesprochen habe, macht sie eine fehlerhafte Rechtsanwendung des Berufungsgerichts geltend. Subsumtionsmängel ergeben aus sich heraus aber keinen Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO. Auch davon abgesehen führt die genannte Entscheidung nicht auf eine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage revisiblen Rechts oder auf eine Divergenz. Das Berufungsgericht hat sich zu der Aussage in dem Urteil des Bundesgerichtshofs, das Jagdausübungsrecht auf Bundeswasserstraßen stehe dem Bund und nicht dem jeweiligen Land zu, nicht in Widerspruch gesetzt, sondern ist vielmehr davon ausgegangen, hat aber angenommen, dass der Bund dieses Recht nur als Mitglied einer Jagdgenossenschaft ausüben könne, weil nach der in Rheinland-Pfalz maßgeblichen Rechtslage (§ 7 Abs. 2 LJG) Bundeswasserstraßen und deren Uferbereiche den benachbarten Jagdbezirken anzugliedern seien (UA S. 14). Ob diese Auffassung zutrifft, bemisst sich wiederum nach nicht revisiblem Landesrecht und ist daher letztverbindlich vom Oberverwaltungsgericht zu entscheiden. Auch wenn der Bundesgerichtshof die Frage, wem das Jagdausübungsrecht zusteht, allein nach Bundesrecht entschieden hat, stellt die Beschwerde doch nicht in Abrede, dass die weitere Frage, ob die Grundflächen, die das Jagdrecht des Bundes begründen, in einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk fallen und die Ausübung des Jagdrechts daher der Jagdgenossenschaft zusteht (§ 8 Abs. 5 BJagdG), allein nach Landesrecht und im Einzelfall zu entscheiden ist.
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2. Es liegt auch kein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
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a) Die Beschwerde sieht eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes nach § 108 Abs. 1 VwGO, weil das Berufungsgericht in aktenwidriger Weise davon ausgegangen sei, dass bei der Räumung der Schwanenstation die tierschutzwidrige Pflege und Betreuung der Schwäne durch Amtstierärzte festgestellt worden sei (UA S. 3), während diese Feststellung tatsächlich von privaten Tierärzten aus Luxemburg stamme; die anwesenden Amtstierärzte seien nur vor Ort gewesen, um die Einhaltung der tierseuchenrechtlichen Bestimmungen zu überprüfen. Diese Rüge, die das Berufungsgericht bereits im Rahmen seiner Bescheidung des Tatbestandsberichtigungsantrags des Klägers zurückgewiesen hat, trifft nicht zu. In dem Schreiben der Kreisverwaltung T.-S. an die Staatsanwaltschaft T. vom 19. Oktober 2012, auf das sich die Beschwerde beruft, wird hervorgehoben, dass bei der Räumung der Schwanenstation zwei Amtstierärzte zugegen waren, die sowohl die Einhaltung der tierseuchen- wie der tierschutzrechtlichen Bestimmungen überwachen sollten. Die Beschwerde zeigt nichts dafür auf, dass ein offensichtlicher Widerspruch zwischen dem (unstreitigen) Akteninhalt und der angegriffenen Feststellung im Urteil besteht, im Zeitpunkt der Räumung seien 22 von 62 vorgefundenen Schwänen auswilderungsfähig gewesen und 11 Schwäne hätten aufgrund der Haltungsbedingungen Ballenabszesse an den Füßen aufgewiesen. Soweit sich die Beschwerde zum Beleg der Aktenwidrigkeit darauf beruft, dass der Beklagte in der Berufungsbegründungsschrift vom 11. Juli 2014 bestätigt habe, dass die Feststellung von einem privaten Tierarzt aus Luxemburg stamme, geht sie darüber hinweg, dass der Beklagte in demselben Schriftsatz die bei der Räumung der Station ebenfalls anwesenden Amtstierärzte als Zeugen für die Richtigkeit der Feststellungen des privaten Tierarztes benannt hat.
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b) Es trifft weiter nicht zu, dass das Berufungsgericht zentralen Vortrag des Klägers nicht zur Kenntnis genommen und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat. Die Beschwerde meint insofern zum einen, das Berufungsgericht sei darüber hinweggegangen, dass die Stadtverwaltung T. im Verwaltungsverfahren im Juli 2011 erklärt habe, die Schwäne seien rechtlich schon länger in ihre Obhut als Tierschutzbehörde übernommen gewesen. Damit macht die Beschwerde, weil nicht eigener Vortrag des Klägers übergangen worden sein soll, lediglich eine fehlerhafte materiell-rechtliche Würdigung des Akteninhalts und keinen Verfahrensmangel geltend. Das zeigt insbesondere ihre Schlussfolgerung, dem Kläger könne jedenfalls ab der Übernahme der Verantwortlichkeit durch die Stadt kein Vorwurf mehr gemacht werden.
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Entsprechendes gilt, soweit die Beschwerde dem Berufungsgericht vorhält, es habe dem Kläger Erklärungen “untergeschoben” und daraus falsche Schlussfolgerungen gezogen. Die beanstandete Feststellung im Urteil (UA S. 19 a.E. des ersten Absatzes), der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung die Abgabe verbindlicher Erklärungen, von denen der Beklagte eine Aufhebung seiner Verfügung abhängig mache, ausdrücklich verweigert, ist erkennbar richtig, legt man das Vorbringen der Beschwerde zugrunde. Denn sie bezeichnet die vom Berufungsgericht damit in Bezug genommene Feststellung auf Seite 9 des Urteilstatbestandes, der Kläger weigere sich, eine verbindliche Erklärung abzugeben, von ihm eingefangene Schwäne zu melden und in eine Versorgungseinrichtung in P.-B. zu verbringen, ausdrücklich als zutreffend und beanstandet nur die offensichtlich aus dem Gesamtinhalt der Akten gezogene Schlussfolgerung des Gerichts, der Kläger biete keine Gewähr für gesetzmäßiges, den Vorschriften des Landesjagdgesetzes über die Ablieferung und Pflege von Schwänen entsprechendes Verhalten. Ob dies zutrifft, ist eine Frage der Sachverhalts- und Beweiswürdigung, die dem materiellen Recht zuzurechnen ist, und lässt ebenfalls einen Verfahrensmangel nicht erkennen.
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Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab. Das betrifft insbesondere den Vortrag des Klägers in den nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingereichten Schriftsätzen vom 11. Mai und 20. Oktober 2015. Aus ihnen ergibt sich unter dem allein relevanten Blickwinkel der Zulassungsgründe nichts Weiterführendes.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.