Verwaltungsrecht

Beschwerde, Prozesskostenhilfebeschwerde, Abschiebungsschutz, Beschäftigungsduldung, Beschäftigungserlaubnis

Aktenzeichen  10 CE 22.1210,10 C 22.1212

Datum:
31.5.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 15366
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 Abs. 1 und § 146
§ 166 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO
AufenthG § 60d Abs. 1 Nr. 7
§ 4a Abs. 4 AufenthG i.V.m. § 32 Abs. 1 BeschV

 

Leitsatz

Verfahrensgang

Au 6 E 22.409 2022-03-25 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Verfahren 10 CE 22.1210 und 10 C 22.1212 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
III. Die Kosten der Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller zu tragen.
VI. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren 10 CE 22.1210 wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinen Beschwerden verfolgt der geduldete Antragsteller bzw. Kläger (im Folgenden: Antragsteller) seinen in erster Instanz erfolglosen Eilantrag nach § 123 Abs. 1 VwGO, mit dem er die Verpflichtung des Beklagten und Antragsgegners (im Folgenden: Antragsgegner) erreichen will, seine Abschiebung zu unterlassen, bis in der Hauptsache über seine Klage auf Erteilung einer Beschäftigungsduldung entschieden ist, sowie den – ebenfalls erfolglosen – Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Eilverfahren und das Klageverfahren weiter. Darüber hinaus wendet sich die Beschwerde gegen die Ablehnung eines weiteren Prozesskostenhilfeantrages für eine weitere Klage auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis.
1. Die zulässige Beschwerde im Verfahren ist 10 CE 22.1210 unbegründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Abänderung der angegriffenen Entscheidung.
Gegenstand des Eilantrags ist die begehrte Verpflichtung, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu unterlassen, bis in der Hauptsache über die Klage auf Erteilung einer Beschäftigungsduldung entschieden wurde. Dass ein Anordnungsanspruch in Bezug auf eine solche Verfahrensduldung besteht, legt dich Beschwerde nicht dar.
Eine – lediglich ausnahmsweise mögliche (vgl. BayVGH, B.v. 24.6.2021 – 10 CE 21.748 u.a. – juris Rn. 51 m.w.N.) − Verfahrensduldung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG kommt nicht in Betracht. Unabhängig von der Frage, ob eine Verfahrensduldung überhaupt in Frage kommt, wenn im Hauptsacheverfahren nicht um eine Aufenthaltserlaubnis, sondern um eine Beschäftigungsduldung gestritten wird, besteht offensichtlich kein Anspruch des Antragstellers auf die Erteilung einer Beschäftigungsduldung. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass eine Beschäftigungsduldung schon deswegen nicht erteilt werden darf, weil der Antragsteller wegen Körperverletzung – also wegen einer (vorsätzlichen) Straftat, die nicht nur von Ausländern begangen werden kann – zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen verurteilt wurde (§ 60d Abs. 1 Nr. 7 AufenthG). Da es sich insofern um einen zwingenden Versagungsgrund handelt, gehen die Ausführungen in der Beschwerdebegründung zum Vertrauensschutz und zum Ermessen der Ausländerbehörde an der Sache vorbei.
Der substantivierte Hinweis in der Beschwerdebegründung auf die Beziehung des Antragstellers zu einem seiner Kinder begründet ebenfalls keinen Anspruch auf die Erteilung einer Verfahrensduldung. Abgesehen davon, dass mit dem bloßen Hinweis auf diese Beziehung keine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK dargelegt ist, war eine Duldung aus familiären Gründen bislang – soweit ersichtlich – nicht Gegenstand eines ausländerbehördlichen oder gar verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, bis zu dessen Abschluss des Antragstellers zu dulden wäre.
2. Die zulässige Beschwerde im Verfahren 10 C 22.1212 ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen weder im Eilverfahren noch in einem der beiden Klageverfahren (Beschäftigungsduldung bzw. Beschäftigungserlaubnis) vor.
Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V. mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Den Rechtsbehelfen des Antragstellers fehlt es indes an hinreichenden Erfolgsaussichten.
Zu den fehlenden Erfolgsaussichten der Klage auf Erteilung einer Beschäftigungsduldung und des hierzu angestrengten Eilverfahrens kann auf das unter 1. bereits Gesagte verwiesen werden.
Auch die Klage auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis als Nebenbestimmung zur Duldung des Antragstellers hat keine hinreichende Erfolgsaussicht, weil die Ermessenentscheidung nach § 4a Abs. 4 AufenthG i.V.m. § 32 Abs. 1 BeschV im Bescheid des Antragsgegners vom 19. Januar 2022, mit dem der entsprechende Antrag des Antragstellers abgelehnt wurde, keine Ermessenfehler erkennen lässt (§ 114 VwGO). Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss des Verwaltungsgerichts (S. 10 Rn. 42 des BA) und schließt sich diesen an. Dass der Antragsgegner dem Antragsteller früher Beschäftigungserlaubnisse trotz der bekannten Verurteilung erteilt hatte, zwingt ihn entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht dazu, dies auch künftig zu tun, wenn sich – wie hier – neue Ermessensgesichtspunkte (fehlende Mitwirkung bei der Passbeschaffung und damit einhergehende zunehmende Dauer eines passlosen Aufenthalts) zu Lasten des Antragstellers ergeben. Die beiden früheren Entscheidungen der Ausländerbehörden zu Gunsten des Antragstellers wurden ausweislich der jeweiligen Vermerke in den Behördenakten (Bl. 288 bzw. 319 der Akten) jeweils befristetet und im Hinblick auf konkrete Mitwirkungshandlungen des Antragstellers bei der Passbeschaffung und Identitätsklärung getroffen. Der Antragsteller wurde davor und danach zur Passbeschaffung aufgefordert. Da der Antragsteller diesen Aufforderungen in der Folge nicht (mehr) nachgekommen ist, war es nicht ermessensfehlerhaft, die Beschäftigungserlaubnis nunmehr abzulehnen.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Beschwerdeverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren 10 CE 22.1210 beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.
Einer Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren 10 C 22.1212 bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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