Aktenzeichen M 5 E 21.1681
ZPO § 41 Nr. 6
ZPO § 42
Leitsatz
Tenor
I. Die Verfahren M 5 E 21.1681, M 5 E 21.1682, M 5 E 21.1683 und M 5 E 21.1684 werden zur gemeinsamen Entscheidung über die Ablehnungsgesuche verbunden.
II. Die Ablehnungsgesuche gegen Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht …, Richter am Verwaltungsgericht … und Richterin … werden zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin verfolgt mit ihrem mit Schriftsatz vom … März 2021 gestellten An trag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) das Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, vier beim Bundesfinanzhof (BFH) freie Stellen von Vorsitzenden Richtern/Richterinnen einstweilen nicht mit anderen – im Einzelnen namentlich benannten – Personen zu besetzen, bevor nicht über andere, ebenfalls im Einzelnen näher aufgeführte, Verfahren der Antragstellerin jeweils rechtskräftig entschieden und über die Stellenbewerbung der Antragstellerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entschieden worden sei. Die Verfahren sind unter den Aktenzeichen M 5 E 21.1681, M 5 E 21.1682, M 5 E 21.1683 und M 5 E 21.1684 beim Verwaltungsgericht München anhängig. Nach der geltenden Geschäftsverteilung des Gerichts für das Geschäftsjahr 2021 ist hierfür die 5. Kammer zuständig.
Der Schriftsatz der Antragstellerin vom … März 2021 enthält zugleich den Antrag, den Vorsitzenden Richter der 5. Kammer … von der Bearbeitung des Verfahrens wegen individueller und institutioneller Befangenheit auszuschließen. Der Antrag auf Ausschließung wegen institutioneller Befangenheit erstrecke sich auch auf die weiteren Angehörigen der 5. Kammer. Zur Begründung verweist die Antragstellerin u.a. auf aus ihrer Sicht bestehende „Zufälle“ und Rechtsverletzungen während eines anderen von ihr initiierten und zwischenzeitlich rechtskräftig abgeschlossenen Eilverfahrens (M 5 E 15.5395) sowie verschiedene, im Einzelnen näher ausgeführte Geschehnisse beim Richterdienstgericht des Bundes und beim BFH. Die geschilderten Ereignisse bestätigten eingedenk der nun erst möglichen gebotenen Zusammenschau aus heutiger Sicht nicht nur den objektiven Anschein einer individuellen Voreingenommenheit des Vorsitzenden Richters, sondern auch eine institutionelle Befangenheit der 5. Kammer. Erschwerend komme hinzu, dass keine der von der Antragstellerin darüber hinaus beim Verwaltungsgericht München erhobenen Untätigkeitsklagen (M 30 K 17.4441, M 30 K 18.3313, M 30 K 19.480 und M 30 K 20.6576) bislang beschieden worden sei, was den von der Antragstellerin begehrten effektiven Rechtsschutz nachhaltig behindere. Der Abschluss dieser Verfahren sei eine Zulässigkeitsvoraussetzung für das beim Richterdienstgericht des Bundes geführte Verfahren. Bei der möglichen gebotenen Gesamtschau sei nicht auszuschließen, dass die 5. Kammer weiterhin nachhaltig voreingenommen bezogen auf die Antragstellerin entscheiden werde und alles daransetzen werde, die aufgezeigten Vorgänge zu verschleiern. Auf die Begründung des „Ausschließungsantrags“ wird verwiesen.
Die von der Antragstellerin abgelehnten Richter gaben am 30. März 2021 jeweils dienstliche Stellungnahmen ab, auf die Bezug genommen wird.
Den Verfahrensbeteiligten wurde daraufhin Gelegenheit gegeben, sich zu den dienstlichen Stellungnahmen bis zum 14. April 2021 zu äußern. Der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin teilte mit Schriftsatz vom 12. April 2021 mit, man werde sich im Verfahren über den Befangenheitsantrag der Antragstellerin nicht äußern. Die Antragstellerin nahm mit Schriftsatz vom … April 2021, auf den ebenfalls Bezug genommen wird, Stellung, erweiterte die von ihr bezogen auf Richterin … geltend gemachten Befangenheitsgründe um solche wegen individueller Voreingenommenheit und beantragte vorsorglich, Vorsitzenden Richter …, Richter am Verwaltungsgericht … und Richterin … zur Ergänzung ihrer dienstlichen Erklärungen nach Maßgabe von § 44 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) im Lichte der Ausführungen der Antragstellerin aufzufordern. Mit gleichem Schreiben seien Dienstaufsichtsbeschwerden beim Präsidenten des Verwaltungsgerichts München erhoben worden.
Wegen des Vorbringens der Antragstellerin im Einzelnen und des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten in den Verfahren M 5 E 21.1681, M 5 E 21.1682, M 5 E 21.1683 und M 5 E 21.1684 sowie die beigezogenen Gerichtsakten M 5 E 15.5395 und M 5 K 15.5394, insbesondere den Beschluss der 5. Kammer vom 4. April 2017 und den Beschluss der 8. Kammer vom 28. Juni 2017 verwiesen.
II.
Die Ablehnungsgesuche haben keinen Erfolg.
1. Die 8. Kammer ist nach dem Geschäftsverteilungsplan für die Entscheidung über die Ablehnungsgesuche zuständig. Da diese die gesamte 5. Kammer betreffen, tritt die für die Entscheidung über Befangenheitsanträge gegen die 5. Kammer nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständige 8. Kammer voll, d.h. mit ihrem Vorsitzenden ein.
2. Das Ablehnungsgesuch ist in mehrfacher Hinsicht unzulässig, soweit es sich gegen richtet.
2.1. Der Schriftsatz der Antragstellerin vom … März 2021 enthält einen „Ausschließungsantrag“ bezogen auf Herrn V. Richter … wegen „individueller und institutioneller Befangenheit“ sowie bezogen auf die „weiteren Angehörigen der 5. Kammer“ wegen „institutioneller Befangenheit“. Mit Schriftsatz vom … April 2021 hat die Antragstellerin ihren Vortrag in Bezug auf Richterin … um aus ihrer Sicht bestehende individuelle Befangenheitsgründe erweitert. Mit Blick auf Richter am Verwaltungsgericht … hat sie klargestellt, dass diesbezüglich von vorneherein keine Ablehnung wegen individueller Befangenheit geltend gemacht worden sei. Im Weiteren führt die Antragstellerin aus, dass und aus welchen Gründen die 5. Kammer aus Sicht der Antragstellerin wegen institutioneller Befangenheit von einer weiteren Mitwirkung auszuschließen sei.
Das Gesetz kennt nur die Ablehnung eines bestimmten Richters gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 44 Abs. 1 ZPO, nicht des gesamten Spruchkörpers oder gar des Gerichts (BayVGH, B.v. 20.8.1999 – 15 ZS 99.1346 – juris Rn. 9 m.w.N.). Die Ablehnung kann dann ausnahmsweise auf alle Mitglieder eines Spruchkörpers erstreckt werden, wenn die Besorgnis der Befangenheit aus bestimmten Anhaltspunkten einer Kollegialentscheidung hergeleitet wird (BayVGH, B.v. 20.8.1999 – 15 ZS 99.1346 – juris Rn. 10 m.w.N.) oder wenn Befangenheitsgründe individuell auf einzelne Richter bezogen werden, aber für jeden dem Spruchkörper angehörigen Richter gleichermaßen gelten sollen (BayVGH, B.v. 20.8.1999 – 15 ZS 99.1346 – juris Rn. 10 m.w.N.). Eine Kollegialentscheidung war vorliegend noch nicht ergangen. Konkrete und individualisierte Befangenheitsgründe werden nur in Bezug auf den Vorsitzenden Richter … und Richterin … geltend gemacht, nicht jedoch gegen Richter am Verwaltungsgericht … Dies hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom … April 2021 ausdrücklich klargestellt.
2.2. Für die auf Richter am Verwaltungsgericht … bezogenen Ablehnungsgesuche besteht zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung darüber hinaus kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, da dieser aufgrund des Präsidiumsbeschlusses vom 12. März 2021 mit Wirkung vom 6. April 2021 einer anderen Kammer zugewiesen wurde.
3. Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht … ist weder nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 41 Nr. 6 ZPO kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen (vgl. zur gerichtlichen Entscheidung, soweit ein Beteiligter einen Ablehnungsantrag auf das Vorliegen eines Ausschlussgrundes stützt: Kimmel, in: BeckOK VwGO, Stand 1.1.2021, § 54 Rn. 23) noch ist er befangen (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO).
3.1. § 41 Nr. 6 ZPO sieht einen Ausschluss des Richters in den Sachen vor, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat. Die Vorschrift ist vorliegend daher bereits dem Wortlaut nach nicht einschlägig. Verfahren, die vom selben Richter in der gleichen Instanz, aber in unterschiedlichen Verfahrensabschnitten bearbeitet wurden sowie die Fallkonstellation, dass ein Richter bereits andere Rechtsstreitigkeiten mit einem oder mehreren Verfahrensbeteiligten bearbeitet hat, fallen nicht unter § 41 Nr. 6 ZPO (Kluckert, in: Sodann/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2018, § 54 Rn. 57, Rn. 30 ff.; Kimmel, in: BeckOK VwGO, Stand 1.1.2021, § 54 Rn. 18).
Eine „entsprechende Anwendung“, wie sie die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom … April 2021 scheinbar für möglich hält, scheitert bereits daran, dass die gesetzliche Aufzählung der Ausschließungsgründe im Katalog des § 41 ZPO abschließend ist und mit Blick auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) weder einer erweiterten Auslegung noch einer analogen Anwendung zugänglich ist (Kimmel, in: BeckOK, VwGO, Stand 1.1.2021, § 54 Rn. 5; BVerfG, B.v. 26.1.1971 – 2 BvR 443/69 – juris Rn. 17; BVerwG, U.v. 18.10.1979 – 3 C 117/79 – juris Leitsatz 1, Rn. 19; vgl. auch BGH, B.v. 18.12.2014 – IX ZB 65/13 – juris Rn. 9; B.v. 24.7.2012 – II ZR 280/11 – juris Rn. 3; U.v.4.12.1989 – RIZ (R) 5/89 – juris Rn. 15; U.v. 5.12.1980 – V ZR 16/80 juris Rn. 8).
3.2. Umstände, die eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht … begründen könnten, liegen ebenfalls nicht vor. Einer Aufforderung zur weiteren Ergänzung seiner dienstlichen Äußerung bedurfte es vorliegend nicht, weil sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt für die zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zuständige Kammer aus den ihr vorliegenden Unterlagen ergibt (vgl. dazu: Kimmel, in: BeckOK VwGO, Stand 1.1.2021, § 54 Rn. 34 m.w.N.).
Nach § 54 Abs. 1 VwGO, § 42 Abs. 1 und 2 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Diese Voraussetzung ist dann gegeben, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Als Ausnahmeregelung zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf, sind Befangenheitsvorschriften eng auszulegen. Die Besorgnis der Befangenheit ist dann gegeben, wenn ein Beteiligter die auf objektiv feststellbaren Tatsachen beruhende, subjektiv vernünftiger Weise mögliche Besorgnis hat, der Richter werde in der Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden (st.Rspr. vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 2 BvR 54/04 – juris; B.v. 5.4.1990 – 2 BvR 413/88 – juris; B.v. 7.12.1976 – 1 BvR 460/72 – juris; BVerwG, B.v. 20.1.2014 – 7 C 13/13 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 23 A 13.1623 – juris Rn. 5; B.v. 31.1.2013 – 5 ZB 12.2690 – juris Rn. 8). Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht zur Ablehnung nicht aus (BVerfG, B.v.24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – juris Rn. 26; BVerwG, U.v. 5.12.1975 – VI C 129.74 – juris Rn. 11; Hoppe, in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 54 Rn. 15). Der nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft zu machende Ablehnungsgrund kann, wenn wie hier keiner der Ausschlusstatbestände des § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 41 ZPO vorliegt, nur in konkreten, auf den Einzelfall bezogenen Tatsachen liegen (BGH, B.v. 18.12.2014 – IX ZB 65/13 – juris Rn. 11).
Bei Anwendung dieser Grundsätze sind hinreichend objektive Gründe, die bei vernünftiger Betrachtungsweise Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des abgelehnten Vorsitzenden Richters zu zweifeln, weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
Der Umstand, dass der abgelehnte Vorsitzende Richter bereits mit den Verfahren M 5 E 15.5395 und M 5 K 15.5394 der Antragstellerin befasst war, begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit. Die Mitwirkung eines Richters an einem anderen Gerichtsverfahren des die Ablehnung aussprechenden Beteiligten oder die Mitwirkung an einer für den Beteiligten früher ergangenen ungünstigen Entscheidung in einem anderen Verfahren (Vorbefassung) vermag die Besorgnis der Befangenheit regelmäßig nicht zu begründen, soweit nicht besondere Umstände hinzutreten (Eyermann/Hoppe, 15. Aufl. 2019, VwGO § 54 Rn. 15; BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – juris Rn. 14; BVerwG, B.v. 11.12.2012- 8 B 58/12 – juris Rn. 20, BGH, B.v. 2.11.2016 – AnwZ (Brfg) 61/15, AnwZ (B) 2/16 – juris Rn. 12). Die schlichte Vorbefassung ist mit dem Ausschließungsgrund des § 41 Nr. 6 ZPO abschließend geregelt; ohne Hinzutreten weiterer Umstände darf nicht von der Vorbefassung auf die Besorgnis der Befangenheit geschlossen werden (BVerwG, B.v. 28.5.2009 – 5 PKH 6/09 – juris Rn. 5 f.), da ansonsten letztlich ein gesetzlich nicht vorgesehener Ausschlussgrund geschaffen würde (BVerwG, U.v. 2.7.1976 – VI C 109.75 – juris Rn. 6; B.v. 5.6.2007 – 7 B 23/07 – juris Rn. 2; B.v. 4.5.2009 – 8 B 20/09 – juris Rn. 11; vgl. auch BGH, B.v. 18.12.2014 – IX ZB 65/13 – juris Rn. 10). Das geltende Verfahrensrecht ist von dem Gedanken geprägt, dass ein Richter auch dann unvoreingenommen an die Beurteilung einer Sache herantritt, wenn er bereits früher mit der Sache befasst war und sich schon früher über denselben Sachverhalt ein Urteil gebildet hat (BVerfG, B.v. 4.7.2001 – 1 BvR 730/01 – juris Rn. 10, BGH, B.v. 18.1.2017 – XII ZB 602/15 – juris Rn. 12). Als besondere Umstände, die auf die Besorgnis der Befangenheit wegen einer Vorbefassung hinführen können, kommt der Eindruck einer unsachlichen, durch Voreingenommenheit oder gar Willkür geprägten Einstellung des Richters in Betracht (BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – juris Rn. 14). Dies liegt insbesondere dann nahe, wenn die vorhergehende Entscheidung sich als rechtlich völlig abwegig erweist und gegen das Willkürverbot verstößt (BGH, B.v. 8.5.2014 – 1 StR 726/13 – juris Rn. 12). Hiervon kann mit Blick auf den Beschluss vom 18. Dezember 2015, der zudem durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. Januar 2016 (6 CE 15.2800 – juris) bestätigt wurde – das Bundesverfassungsgericht hat die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. B.v. 25.8.2016 – 2 BvR 877/16 – juris) -, keine Rede sein.
Auch mit ihrem übrigen Vorbringen hat die Antragstellerin weder in ihrem Ablehnungsgesuch vom … März 2021 noch in ihrem Schriftsatz vom … April 2021 Gründe glaubhaft gemacht, die geeignet sind, eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters … i.S.d. § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO zu begründen – weder für sich genommen noch aufgrund einer von der Antragstellerin angestellten „Gesamtschau aus heutiger Sicht“.
Ihr Vortrag betrifft dabei – jedenfalls zum Teil – Gesichtspunkte, die bereits Gegenstand zweier Befangenheitsanträge im Verfahren M 5 K 15.5394 gewesen sind. Diese wurden mit Beschlüssen vom 4. April 2017 und vom 28. Juni 2017 unanfechtbar zurückgewiesen. Neue Tatsachen wurden insoweit nicht geltend gemacht (vgl. hierzu: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 25. Auflage 2019, § 54 Rn. 18).
Nicht nachvollziehbar ist ferner, wie die von der Antragstellerin geschilderten Vorgänge im Bundesfinanzhof und im Verfahren vor dem Dienstgericht des Bundes am Bundesgerichtshof, insbesondere die Übersendung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 28. Juni 2017 anstelle der im Schriftsatz vom 15. September 2017 bezeichneten A. AG 3 durch den Prozessbevollmächtigten der dortigen Antragsgegnerin, die Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters … begründen sollen. Gleiches gilt für das Vorbringen der Antragstellerin, über vier weitere, von ihr erhobene und beim Verwaltungsgericht München anhängige Klageverfahren (M 30 K 17.4441, M 30 K 18.3313, M 30 K 19.480 und M 30 K 20.6576) sei noch nicht entschieden worden. Für diese Verfahren ist nach der Geschäftsverteilung nicht die 5. Kammer zuständig. Die Rüge der Antragstellerin, es werde mindestens der „Anschein einer möglichen sachfremden, unions- und verfassungswidrigen und entgegen dem Gewaltenteilungsprinzip inhaltlich abgestimmten, auch personellen Verflechtung der Verfahrensweisen im BFH, im BMJV und bei den von der Antragstellerin zu ihrem Rechtsschutz angerufenen Gerichten (Bayerisches VG München und Richterdienstgericht des Bundes)“ erweckt, entbehrt jeder Grundlage. Sie verkennt darüber hinaus auch die Bedeutung und Rechtspraxis der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) und das entsprechende Selbstverständnis der Richter in der Bundesrepublik Deutschland.
Soweit von der Antragstellerin der Umgang mit Beiladungen anderer Beteiligter in den von ihr angestrengten Verfahren angeführt wird, sind insbesondere vor dem Hintergrund, dass gem. § 87a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 6 VwGO der Berichterstatter, vorliegend Richterin …, über die Beiladung entscheidet, keine besonderen Umstände ersichtlich, die insoweit auf eine unsachliche, voreingenommene oder von Willkür geprägte Einstellung des Vorsitzenden Richters … schließen ließen.
4. Auch bezogen auf Richterin … sind hinreichend objektive Gründe, die bei vernünftiger Betrachtungsweise Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richterin zu zweifeln, weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Einer Aufforderung zur weiteren Ergänzung ihrer dienstlichen Äußerung bedurfte es nicht, weil sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt für die zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zuständige Kammer aus den ihr vorliegenden Unterlagen ergibt (vgl. dazu: Kimmel, in: BeckOK VwGO, Stand 1.1.2021, § 54 Rn. 34 m.w.N.).
Insbesondere ergeben sich solche Gründe entgegen der Auffassung der Antragstelle rin nicht daraus, dass Richterin … sich in ihrer dienstlichen Äußerung lediglich zu individuellen Ablehnungsgründen und nicht zu der von der Antragstellerin geltend gemachten institutionellen Befangenheit geäußert hat. Vor dem Hintergrund der eingangs dargestellten Rechtslage, dass das Gesetz nur die Ablehnung eines bestimmten Richters, nicht des gesamten Spruchkörpers kennt, war es folgerichtig, sich zu individuellen, auf die Person der einzelnen Richter bezogenen Gründe für die Besorgnis einer Befangenheit zu äußern. Auch soweit der Umgang von Richterin … mit den Beiladungen anderer Beteiligter in den von der Antragstellerin angestrengten Verfahren angeführt wird, sind keine Umstände ersichtlich, die auf eine unsachliche, voreingenommene oder von Willkür geprägte Einstellung der Richterin schließen ließen. Das Institut der Richterablehnung soll eine unparteiische Rechtspflege sichern, nicht aber die Möglichkeit der Überprüfung einzelner Verfahrenshandlungen oder gar der materiellen Richtigkeit einer gerichtlichen Entscheidung eröffnen. Erst wenn sich für eine Handlungsweise keine vernünftigen und vertretbaren Gründe finden lassen oder eine Handlungsweise die Grenze der Sachlichkeit überschreitet und den Verdacht der Willkür nahelegt, lässt sich eine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen (vgl. BayVGH, B.v. 27.9.2016 – 9 C 16.526 – juris Rn. 5; Kluckert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 54 Rn. 63 ff.; Meissner/Schenk in: Schoch/Schneider/ Bier, VwGO, Stand: 39. EL Juli 2020, § 54 Rn. 43; Schmidt in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 54 Rn. 16; Kimmel, in: BeckOK VwGO, Stand 1.1.2021, § 54 Rn. 29). Hierfür ist nichts ersichtlich.
5. Einer Kostenentscheidung und einer Streitwertfestsetzung bedurfte es im vorliegenden Verfahren nicht, weil es sich um ein unselbständiges Zwischenverfahren handelt, dessen Kosten Teil der Verfahrenskosten im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO sind, über die im Rahmen der die Instanz beendende Entscheidung zu befinden ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 146 Abs. 2 VwGO.