Aktenzeichen M 11 K 16.3189
Leitsatz
Tenor
I. Soweit die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen bzw. übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klage hat, soweit über sie noch zu entscheiden war, keinen Erfolg.
1. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat bzw. die Klage in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 bzw. entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO deklaratorisch einzustellen.
Der Kläger hat in der Klageschrift vom … Juli 2016 den Antrag gestellt, den Beklagten zur Erteilung der Baugenehmigung nach Maßgabe des Antrags vom 28. August 2014 zu verpflichten. In der mündlichen Verhandlung hat er erklärt, über den Antrag auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids hinaus, soweit er in der mündlichen Verhandlung nicht bereits aufgehoben worden ist, keinen weiteren Antrag zu stellen. Dies ist als Klagerücknahme hinsichtlich des ursprünglich gestellten Verpflichtungsantrags auszulegen, da der Kläger sein Rechtsschutzbegehren insoweit einseitig zurückgezogen hat.
Hinsichtlich der Ablehnung des Bauantrags vom 28. August 2014 hat der Beklagte den Bescheid in der mündlichen Verhandlung aufgehoben. Im Folgenden haben die Parteien die Klage insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt, sodass auch hierüber nicht mehr zu entscheiden war.
2. Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet.
Die angefochtene Beseitigungsanordnung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher auch nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Der Tatbestand des Art. 76 Satz 1 BayBO ist erfüllt, da das klägerische Vorhaben formell und materiell illegal ist.
Eine Genehmigung liegt für das Vorhaben in der jetzigen Form nicht vor, da den Genehmigungen aus dem Mai bzw. September 2013 keine vollständige Neuerrichtung zugrunde lag.
Auch verstößt das Vorhaben gegen materielles Baurecht, da es bauplanungsrechtlich unzulässig ist.
Das Vorhaben liegt im Außenbereich.
Eine Teilprivilegierung des Vorhabens nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB scheidet aus. Zum einen ist schon fraglich, ob die Voraussetzung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b) BauGB erfüllt ist. Ein vom Kläger selbst in Auftrag gegebenes Gutachten des Ingenieurbüros P. … H. … vom 27. August 2014 kommt zu dem Ergebnis, dass vor Beginn der Bauarbeiten keine nennenswerten Schäden vorgelegen haben und dass Schädigungen im Mauerwerk des Bestandsgebäudes folglich erst durch die mechanischen Einwirkungen im Rahmen der Bauarbeiten aufgetreten sind. Daher waren jedenfalls keine Mängel des vorhandenen Gebäudes gegeben. Zum anderen ist aber jedenfalls die Voraussetzung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c) BauGB nicht erfüllt, da der Kläger das Gebäude unstreitig nicht seit längerer Zeit selbst genutzt hat.
Auch scheidet mit der vollständigen Beseitigung des Bestandsgebäudes in jedem Fall eine Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB aus. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift, der nur auf die Erweiterung eines Wohngebäudes abstellt, ergibt sich eindeutig, dass Grundvoraussetzung für die Anwendung dieser Norm immer ein vorhandenes Gebäudes ist, das erweitert werden soll. Vollständige Neuerrichtungen fallen daher nicht in den Anwendungsbereich dieser Norm.
Schließlich scheidet auch eine Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB aus, da diese Vorschrift ein von außen kommendes Ereignis, das zur Zerstörung des vorhandenen Gebäudes geführt hat, voraussetzt. Die Zerstörung darf gerade nicht durch den Eigentümer selbst bewirkt worden sein und deren Ursache darf nicht in dem baulichen Zustand des Gebäudes liegen (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 123. EL Oktober 2016, § 35, Rn. 152).
Das Vorhaben ist folglich alleine nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Als solches ist es bauplanungsrechtlich unzulässig, da es jedenfalls die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, sowie die Gefahr der Entstehung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB.
Auch ergibt sich aus keinem sonstigen Umstand ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Legalisierung des materiell baurechtswidrigen Zustands. Hierbei kann von vorneherein nur der Antrag vom 25. September 2014 in Betracht kommen, da der Kläger den Antrag vom 28. August 2014, wie er selbst zutreffend vorträgt, bereits zurückgenommen hat. Insbesondere besteht kein Anspruch aufgrund der vom Kläger geltend gemachten mündlichen Zusage der damaligen Abteilungsleiterin des Landratsamts. Sollte die behauptete Zusage tatsächlich in dieser Form gemacht worden sein, besteht keine Bindungswirkung an diese Zusage, da eine bindende Zusicherung gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG die Schriftform voraussetzt.
b) Auch liegen keine Ermessensfehler vor.
Das Landratsamt hat im streitgegenständlichen Bescheid das ihm durch Art. 76 Satz 1 BayBO eingeräumte Ermessen ausdrücklich ausgeübt. Hierbei ist es auch ausdrücklich auf die Belange des Klägers eingegangen.
Entgegen dem klägerischen Vorbringen ist auch keine Ermessensfehlerhaftigkeit gegeben, falls das Landratsamt tatsächlich den Bauantrag vom 28. August 2014 zugrunde gelegt hat. Die Frage der materiellen Illegalität des Vorhabens ist eine Frage des Tatbestands der Vorschrift des Art. 76 Satz 1 BayBO und keine Frage der Ermessensausübung. Daher ist diese Frage zum einen gerichtlich voll nachprüfbar und zum anderen auch unabhängig von der Frage eines konkret gestellten Bauantrags zu beurteilen. Anders als im Fall einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung, in deren Rahmen tatsächlich immer nur über das konkret zur Genehmigung gestellte Vorhaben geurteilt werden kann, ist für die Frage der Rechtmäßigkeit einer Beseitigungsanordnung stets die materielle Baurechtsmäßigkeit entscheidend und zwar unabhängig davon, welche konkreten Bauanträge gestellt wurden. Das Vorhaben ist jedoch, in der Form wie es momentan ausgeführt ist (als Rohbau) und auch so wie es zu Ende geführt werden soll, bauplanungsrechtlich unzulässig (s.o.). Aus all dem folgt, dass selbst falls das Landratsamt unzutreffenderweise allein auf den Bauantrag vom 28. August 2014 abgestellt haben sollte, dies die Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung unberührt lässt.
Schließlich ist auch, entgegen der klägerischen Auffassung, nicht deshalb ein Ermessensfehler gegeben, da das Landratsamt die etwaige mündliche Zusage einer Baugenehmigungserteilung unberücksichtigt gelassen hat. Dies folgt bereits daraus, dass eine mündliche Zusage keinerlei Bindungswirkung entfaltet und der Kläger daher hierauf gerade nicht vertrauen durfte. Da der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung hat, das Vorhaben somit ohnehin nicht fertiggestellt werden kann, stellt eine etwaige mündliche Zusage keinen Aspekt dar, der im Rahmen der Ausübung des Beseitigungsermessen zu berücksichtigen ist.
Die Klage war daher abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 3, 155 Abs. 2 VwGO. Die Kosten konnten dem Kläger voll auferlegt werden, da der Beklagte nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, nämlich soweit ihm die Kosten nach § 161 Abs. 2 VwGO aufzuerlegen wären, da er die Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids in der mündlichen Verhandlung aufgehoben hat. Dies entspricht dem Grundsatz der Kostengerechtigkeit, da der ursprünglich gestellte Verpflichtungsantrag in der Sache das eigentliche klägerische Begehren dargestellt hat und der Antrag auf Aufhebung des Bescheids insoweit sich kostenmäßig nicht ausgewirkt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.