Arbeitsrecht

3-Tages-Frist für die Meldung als arbeitssuchend

Aktenzeichen  S 10 AL 107/16

Datum:
29.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 109563
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB III § 38 Abs. 1, § 159 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 7

 

Leitsatz

1. „Eine Sperrzeit nach § 159 SGB III tritt ua ein, wenn ein Arbeitnehmer sich nicht innerhalb von 3 Tagen ab Kenntnis des Beendigungszeitpunktes seines Arbeitsrechtsverhältnisses bei der Beklagten persönlich arbeitsuchend gemeldet hat (§ 38 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
2. Unkenntnis dieser 3-Tages-Frist ist dann kein wichtiger Grund für die Nichteinhaltung dieser Frist, wenn der Arbeitnehmer im Kündigungsschreiben ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, sich zur Vermeidung von Nachteilen „unverzüglich“ bei der Beklagten arbeitsuchend zu melden. „Unverzüglich“ bedeutet in der deutschen Sprache, die auch Behörden und Gerichtssprache ist, „umgehend“, „ohne Zeitverzug“, „sofort“ (Duden). Meldet sich der Arbeitnehmer „unverzüglich“ in diesem Sinne arbeitsuchend, ist die 3-Tages-Frist fraglos eingehalten.
3. Sucht der nicht juristisch gebildete Arbeitnehmer auf der Homepage der Bundesagentur für Arbeit unter dem Stichwort „Arbeitslosmeldung“ statt „Arbeitsuchendmeldung“, gehen die demzufolge nicht passenden Ergebnisse zu seinen Lasten.“
4 Ob der Arbeitnehmer bereits einen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat oder nicht, ist unbeachtlich, weil die umgehende persönliche Meldung den ungekürzten Arbeitslosengeldbezug zur Folge hat, nicht einen neuen Arbeitsplatz.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstattten.

Gründe

Das Sozialgericht Bayreuth ist zur Entscheidung dieses Rechtsstreits sachlich und auch örtlich gem. §§ 51, 57 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zuständig. Die form- und fristgerecht sowie nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens erhobene Klage ist nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht den Eintritt einer zum Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs führenden einwöchigen Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung festgestellt.
I.
Nach § 159 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 7 SGB III tritt eine Sperrzeit im Umfang von einer Woche ein, wenn die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 SGB III nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung). Personen, deren Arbeitsverhältnis endet, sind nach § 38 Abs. 1 SGB III verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beeindigung des Arbeitsverhältnisses – wie hier – weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts zu melden.
Da der Kläger Kenntnis von der Kündigung seines Arbeitgebers am 31.3.2016 erlangt hätte, er sich bis spätestens 5.4.2016 bei der Beklagten persönlich arbeitsuchend melden müssen. Die erst am 17.5.2016 erfolgte persönliche Arbeitsuchendmeldung ist offensichtlich verspätet.
Für diese verspätete Arbeitsuchendmeldung hat der Kläger keinen wichtigen Grund iS des Sperrzeitsrechts. Ob ein wichtiger Grund iS des § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB III vorliegt, ist unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden (BSG SozR 4-​4300 § 144 Nr. 9 RdNr. 10). Ziel der Sperrzeitregelung ist es, dass die Versichertengemeinschaft sich gegen Risikofälle wehren können soll, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat, oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Eine Sperrzeit tritt deshalb nur ein, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten als die verspätete Arbeitsuchendmeldung zugemutet werden konnte.
Der Kläger war im Kündigungsschreiben ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass er sich zur Aufrechterhaltung ungekürzter Ansprüche auf Arbeitslosengeld unverzüglich nach Erhalt dieser Kündigung bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden muss. „Unverzüglich“ bedeutet in der deutschen Sprache, die in Deutschland auch die Behörden- und Gerichtssprache ist, „umgehend“, „ohne Zeitverzug“, „sofort“ (Duden). Hätte der Kläger diesen Hinweis zur Aufrechterhaltung ungekürzter Ansprüche auf Arbeitslosengeld befolgt, wären fraglos auch die von Gesetzes wegen vorgesehenen drei Tage ab Kenntniserlangung eingehalten gewesen.
Ob der Kläger bereits einen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat oder nicht, ist unbeachtlich, weil die umgehende persönliche Meldung den ungekürzten Arbeitslosengeldbezug zur Folge hat, nicht einen neuen Arbeitsplatz. Auch hierüber war der Kläger mit der vorstehend genannten Passage im Kündigungsschreiben informiert worden.
Soweit der Kläger nach seinen Angaben nach anderen Stichworten als der Arbeitsuchendmeldung im Internet und auf der Homepage der Beklagten suchte, hat er seine irrige Meinung selbst zu vertreten. Auch wenn jemand wie der Kläger nicht über entsprechende Rechtskenntnisse verfügt und sich einfach irgend eine Lösung zurecht legtt, statt – wie ausdrücklich empfohlen – sich an die Fach-Behörde (und das auch unverzüglich) zu wenden, geht dies zu seinen Lasten. Und schließlich heilt dies nicht die Versäumung der rechtzeitigen Arbeitsuchendmeldung wenn eine Mitarbeiterin dem Kläger bei seiner persönlichen Arbeitslosmeldung am 17.5.2016 versichert haben sollte, er habe hinsichtlich der Arbeitslosmeldung alles richtig gemacht,.
II.
Die Beklagte hat demnach zutreffend gem. § 159 SGB III den Eintritt einer einwöchigen Sperrzeit vom 1. – 7.6.2016 festgestellt, während deren Laufs der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Ab dem 8.6.2016 hat der Kläger Arbeitslosengeld in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 25,59 € erhalten.
Es war daher zu entscheiden wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. …


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