Arbeitsrecht

Abänderung des Ausgleichs endgehaltsbezogener betrieblicher Anrechte mit unverfallbar gewordener Einkommensdynamik nach Rentenbeginn

Aktenzeichen  7 UF 222/14

Datum:
11.3.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 136359
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
VersAusglG § 5 Abs. 2, § 11, § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 17, § 40, § 41 Abs. 2, § 51 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1. Die mit dem nachehezeitlich eingetretenen Versorgungsfall einhergehende Unverfallbarkeit der auf der allgemeinen Lohnentwicklung beruhenden Anwartschaftsdynamik einer endgehaltsbezogenen betrieblichen Altersversorgung gehört zu den auf den Ehezeitanteil zurückwirkenden tatsächlichen Änderungen, die im Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung zu berücksichtigen sind.  (redaktioneller Leitsatz)
2. 2. Die Frage, ob der Ausgleichswert die Wertgrenze für eine einseitig auf Verlangen des Versorgungsträgers durchzuführende externe Teilung (§§ 14 II Nr. 2, 17 VersAusglG) überschreitet, beurteilt sich nach der Bewertung des Anrechts zum Ende der Ehezeit. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

1 F 857/13 2014-07-15 AGSCHWEINFURT AG Schweinfurt

Tenor

1. Der Beschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 15.7.2014 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 28.07.2014 wird in den Tenorziffern 3. und 4. aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
3. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der früheren Antragsgegnerin bei der D. (Vers. Nr. 001) zugunsten des früheren Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 2,4729 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto 5… bei der D., bezogen auf den 30.11.1987, übertragen.
4. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des früheren Antragstellers bei der K. GmbH (Vers. Nr. 003) zugunsten der früheren Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 57.347,32 Euro, bezogen auf den 30.11.1987, übertragen.
2. Im Übrigen verbleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 2.348 Euro.
5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

Die Beteiligten, geschiedene Eheleute, streiten um die Abänderung einer Entscheidung zum Versorgungsausgleich, die im Endurteil des Amtsgerichts Schweinfurt vom 4.10.1988, Az. F 548/87, in einem Verbundverfahren noch unter Geltung des alten, bis zum 31.8.2009 geltenden Versorgungsausgleichsrechts, ergangen ist.
Die Beteiligten hatten am xx.xx.1970 die Ehe geschlossen. Die Ehe wurde im Verbundurteil des Amtsgerichts auf den am xx.12.1987 zugestellten Scheidungsantrag des Ehemannes vom xx.11.1987 hin rechtskräftig geschieden. Ehezeitlich hatten beide Eheleute Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, der Ehemann darüber hinaus eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung bei der K. GmbH in Form einer endgehaltsbezogenen Ruhegeldzusage (vgl. Betriebsvereinbarung vom 13.02.1980, Ziffer 10., Bl. 84 d.A.).
Die K. GmbH gab mit Auskunft vom 23.8.1988 die Höhe der künftigen Versorgungsleistungen nach den seinerzeitigen Bemessungsgrundlagen mit monatlich 934,00 DM bei einer Jahresrente von 11.208,00 DM an (vgl. F 548/87, AG Schweinfurt, Bl. 21 SH/VA).
Den Barwert der betrieblichen Altersversorgung setzte das Amtsgericht mit 10.579,91 DM an.
Das Amtsgericht hat in seiner damaligen Entscheidung zum Versorgungsausgleich (Tenorziffer 3 des Endurteils, Bl. 25 d. A.) weitere Rentenanwartschaften in Höhe von 29,00 DM, bezogen auf den 30.11.1987, vom Rentenkonto des Ehemannes bei der gesetzlichen Rentenversicherung auf das Konto der Ehefrau bei der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen, um so die dynamisierten Rentenanwartschaften des Ehemannes bei der K. GmbH in Höhe von monatlich gerundet 58,01 DM im Wege des erweiterten Splittings gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG auszugleichen.
Mit Antrag vom 17.9.2013, eingegangen beim Erstgericht am 18.9.2013 (Bl. 1 d. A.), beantragte die Ehefrau die Abänderung des Ausspruchs zum Versorgungsausgleich im Endurteil des Familiengerichts Schweinfurt und die Neuregelung des Versorgungsausgleichs mit Wirkung ab 01.10.2013 auf der Grundlage der §§ 51 Abs. 3 VersAusglG i.V.m. §§ 225 f. FamFG.
Die Erholung neuer VA-Auskünfte durch das Amtsgericht ergab auf der Grundlage der Versorgungsausgleichsauskunft der K. GmbH vom 3.2.2014 (Bl. 96 ff. d. A.) einen Ehezeitanteil für die betriebliche Altersversorgung des Ehemannes in Höhe eines Kapitalwertes von 114.694,63 Euro und einen Ausgleichswert in Höhe von 57.347,32 Euro. Grundlage dieser Auskunft war der tatsächliche Barwert der Altersrente zum Rentenbeginn des Antragsgegners (Bl. 99 d. A.). Dieser bezieht seit 1.12.2011 eine Altersrente in Höhe von jährlich 19.692,96 Euro (Bl. 98 d. A.).
Unter Zugrundelegung einer Ehedauer bei gleichzeitig bestehendem Arbeitsverhältnis von 197 Monaten und einem Dauer der Dienstzeit von Ein- bis Austritt von 485 Monaten beträgt die Ehezeitquote 40,62% (Bl. 98 d.A.).
Der von der K. GmbH beauftragte Dienstleister berechnete den Barwert für den Ehezeitanteil der Versorgung mit der Richttafel 2005 von Klaus Heubeck als biometrischer Rechnungsgrundlage, einem Rechnungszins von 5,25% und einer Rentendynamik von 0,99%.
Mit Datum vom 1.4.2014 legte die K. GmbH eine weitere Berechnung des Ehezeitanteils vor, in der sich bei Zugrundelegung des Jahresrentenanspruchs unter Berücksichtigung der Bemessungsgrundlagen zum Ehezeitende lediglich ein Barwert der gesamten Versorgungsanwartschaft in Höhe von 33.806,00 Euro bei einem Ehezeitanteil von 13.732,00 Euro ergab (Bl. 112 d. A.).
Weiter erholte das Amtsgericht Auskünfte über die von den Beteiligten ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte auf der Grundlage des ab 1.9.2009 geltenden Rechts ein:
Nach Auskunft der D. vom 25.11.2013 erzielte der Antragsgegner ehezeitlich eine Versorgungsanwartschaft in Höhe von 26,6814 Entgeltpunkten bei einem Ausgleichswert von 13,3407 Entgeltpunkten und einem korrespondierendem Kapitalwert von 48.120,47 Euro (Bl. 17 d. A.).
Die Antragstellerin erzielte ehezeitlich Rentenanwartschaften in Höhe von 2,7577 Entgeltpunkten bei einem Ausgleichswert von 1,3789 Entgeltpunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert von 4.973,75 Euro (Bl. 25 d. A.).
Das Erstgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 15.7.2014 (Bl. 131 ff.), der mit Beschluss vom 28.7.2014 (Bl. 140 d. A.) hinsichtlich eines unrichtig übernommenen Versicherungskontos der Ehefrau berichtigt wurde, die Entscheidung des Amtsgerichts Schweinfurt vom 4.10.1988 mit Wirkung ab 1.10.2013 abgeändert:
Es hat zu Lasten des Anrechts des früheren Antragstellers bei der D. zu Gunsten der früheren Antragsgegnerin im Wege der internen Teilung ein Anrecht in Höhe von 13,3407 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto der früheren Antragsgegnerin übertragen und ebenfalls im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts der früheren Antragsgegnerin bei der D. zu Gunsten des früheren Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 1,3789 Entgeltpunkten auf dessen vorhandenes Konto bei der D. übertragen.
Weiter hat es im Wege der externen Teilung zu Lasten des Anrechts des früheren Antragstellers bei der K. GmbH zu Gunsten der früheren Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 57.347,32 Euro bei der Versorgungsausgleichskasse, bezogen auf den 30.11.1987 begründet und die K. GmbH verpflichtet, diesen Betrag an die Versorgungsausgleichskasse zu zahlen.
Das Amtsgericht hat hierbei die Auffassung vertreten, nachdem der frühere Antragsteller im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bereits eine Rente beziehe, sei der auf das Ende der Ehezeit bezogene Teil dieser laufenden Rente für den Versorgungsausgleich zu Grunde zu legen.
Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Beschluss des Amtsgerichts Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 22.7.2014, eingegangen beim Amtsgericht am 24.7.2014, hat der Antragsgegner gegen den ihm am 17.7.2014 zugestellten Beschluss Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 13.8.2014 (Bl. 150 ff d.A.) begründet:
Der Beschwerdeführer lässt im Wesentlichen ausführen, es sei unzutreffend, der Versorgungsausgleichsberechnung das Einkommen des Beschwerdeführers vor Renteneintritt zu Grunde zu legen, vielmehr sei richtigerweise das Einkommen des Beschwerdeführers in den letzten 12 Monaten vor Ehezeitende zu Grunde zu legen.
Die Bewertung habe auf den Stichtag Ehezeitende zu erfolgen, wobei gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG lediglich der fiktive Rentenbetrag zum Ehezeitende, basierend auf den ruhegehaltsfähigen Einkünften der dem Ehezeitende vorvergangenen 12 Monate zu Grunde zu legen sei (Bl. 239 d. A.). Eine Berücksichtigung des Einkommens vor Renteneintritt verletze das Stichtagsprinzip (Bl. 153 d. A.).
Mit Schriftsatz vom 26.2.2015 (Bl. 229 ff d.A.) vertritt auch die K. GmbH als betroffene Versorgungsträgerin die Auffassung, im Abänderungsverfahren habe die Bewertung gemäß dem Stichtagsprinzip zum Ende der Ehezeit derart stattzufinden, dass der zum Ehezeitende erreichte Rentenbetrag und nicht die tatsächlich vom Antragsgegner erreichte und an ihn gezahlte Rente zu Grunde gelegt wird (Bl. 231 d. A.) und legt eine entsprechende Berechnung vor (Bl. 232 ff. d. A.).
Weiter (Bl. 250 d. A.) vertritt die K. GmbH die Auffassung, für die Wertberechnung bei Anrechten nach dem Betriebsrentengesetz sei § 45 VersAusglG lex specialis und bezieht sich auf ein Schreiben ihres Dienstleisters vom 11.5.2015, in dem dieser ausführt, der in der Versorgungsausgleichsauskunft vom 6.2.2015 angegebene Augleichswert in Höhe von 57.347,32 Euro Kapitalwert sei der Rentenbarwert bezogen auf den 1.11.2011, dieser könne nicht mit der Beitragsbemessungsgrenze vom 30.11.1987 verglichen werden, da sich der Rentenbarwert auf einen anderen Zeitpunkt beziehe.
Die ausgleichsberechtigte Person nehme wegen des Stichtagsprinzips nicht an der Dynamik des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person teil (Bl. 259 d. A.).
Die übliche Wertentwicklung eines Anrechts, etwa durch zwischenzeitlich erfolgte Anpassungen der Bemessungsgrundlagen für die Anwartschaft sei gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG nicht zu berücksichtigen.
Der Ermittlung des Ausgleichswerts sei die stichtagsbezogene Anwartschaft und die zu diesem Zeitpunkt geltenden Bemessungsgrundlagen zu Grunde zu legen (Bl. 326 d. A.). Eine entsprechende Berechnung legte die Versorgungsträgerin mit Schriftsatz vom 1.12.2015 vor (Bl. 336 d.A.).
Der Antragsgegner beantragt,
Der Beschluss des Amtsgerichts -Familiengerichts-Schweinfurt 1 F 857/13 vom 15.7.2014 wird in Ziffer 3 geändert wie folgt:
„Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des früheren Antragstellers bei der K. GmbH Vers.-Nr. 003 zu Gunsten der früheren Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 6.866,00 Euro bei der Versorgungsausgleichskasse, bezogen auf den 30.11.1987, begründet.“
Der vorbenannte Betrag ist ab 1.12.1987 bis 30.11.2011 mit einem Zinssatz von 5,25% zu verzinsen.
Die K. GmbH wird verpflichtete, vorbenannten Betrag einschließlich Zinsen an die Versorgungsausgleichskasse zu bezahlen.
Die Antragstellerin beantragt zuletzt im Wege der Anschlussbeschwerde,
die Entscheidung des Familiengerichts Schweinfurt vom 15.7.2014 unter gleichzeitiger Zurückweisung der Beschwerde des Antragsgegners in Ziffer 3 dahingehend abzuändern, dass das Anrecht des Antragsgegners auf betriebliche Altersversorgung nach Maßgabe der Auskunft der K. GmbH vom 3.2.2014 durch interne Teilung auszugleichen ist (Bl. 227 f d.A.).
Sie tritt im Übrigen der Beschwerde des Antragsgegners entgegen und verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Die Antragstellerin lässt im Wesentlichen ausführen, bei dem vorliegenden Betriebsrentenanrecht des Antragsgegners handele es sich um eine endgehaltsbezogene Direktzusage des Arbeitsgebers, deren Bewertung gemäß § 40 Abs. 4 VersAuglG zeitratierlich zu erfolgen habe, wobei, nachdem sich das Anrecht bereits in der Leistungsphase befindet, gemäß § 41 Abs. 2 Satz 2 VersAuglG die Annahmen für die höchstens erreichbare Zeitdauer und die zu erwartende Versorgung durch die tatsächlichen Werte zu ersetzen seien (Bl. 160 d. A.). § 5 Abs. 2 VersAusglG stehe der über § 5 Abs. 5 VersAusglG gebotenen Anwendung der Vorschrift des § 41 Abs. 2 VersAusglG nicht entgegen, da der Stichtag für die Bewertung des auszugleichenden Anrechts (Ende der Ehezeit) grundsätzlich duch die zeitratierliche Berechnung des Ehezeitanteils des Anrechts berücksichtigt werde.
Die Steigerung der Versorgung beruhe hier nicht auf nicht mehr ehezeitbezogenen persönlichen Umständen des Antragsgegners. Vielmehr hielten sich die Gehaltssteigerungen des Antragsgegners bis zum Rentenbeginn im Rahmen der schon in der Ehezeit erzielten Gehaltssteigerungen (vgl. Bl.160/161 d. A.).
Die Antragstellerin führt weiter aus, eine Rückrechnung des Kapitalwerts auf den Zeitpunkt des Endes der Ehezeit sei systemwidrig und verletze den Halbteilungsgrundsatz (Bl. 274 d. A.).
§ 40 Abs. 3 VersAusglG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG treffe bei bereits laufenden Versorgungen lediglich im Hinblick auf Versorgungssteigerungen zu, die auf nachehelich eingetretene und nicht mehr ehezeitbezogene persönliche Umstände, wie etwa einem Karrieresprung, beruhen (Bl. 274 d. A.).
Der Beschwerdeführer beantragt, die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen (Bl. 167 d. A.).
Mit Hinweis des Berichterstatters vom 6.2.2015 (Bl. 225 f. d. A.) wies der Senat auf die Regelung der §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 17 VersAusglG hin, nach der die externe Teilung einseitig vom Versorgungsträger nur verlangt werden kann, wenn der Ausgleichswert als Kapitalwert am Ende der Ehezeit höchstens die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nach den §§ 159 und 160 SGB IV erreicht. Die Beitragsbemessungsgrenze zum 30.11.1987 lag bei 34.972,36 Euro und werde nach der zu Grunde liegenden Versorgungsausgleichsauskunft der K. GmbH vom 3.2.2014 erheblich überschritten.
§ 41 Abs. 2 VersAusglG finde Anwendung, weshalb auf den aktuellen Ausgleichswert zum 1.10.2013 abzustellen sei. Die Gehaltssteigerungen seien in der Ehe angelegt, ein echter Karrieresprung nach Ehezeitende nicht ersichtlich. Nach Auffassung des Senats sei eine interne Teilung durchzuführen (vgl. Bl. 225 f. d. A.).
Mit Schreiben vom 3.9.2014 hat die D. auf Anforderung des Senats eine neue Auskunft zu den ehezeitlichen Anwartschaften der Antragstellerin erteilt (Bl. 168 ff d.A.): Nach dieser Auskunft beträgt der Ehezeitanteil der Anwartschaft unter Berücksichtigung der „Mütterrente“ 4,9457 Entgeltpunkte und der Ausgleichswert 2,4729 Entgeltpunkte bei einem korrespondierenden Kapitalwert von 8.919,85 Euro.
Auf die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten wird ebenso wie auf die vom Versorgungsträger K. GmbH vorgelegten VA-Berechnungen Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 58 ff., 217 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Antragsgegners bleibt ohne Erfolg, die gemäß § 66 FamFG zulässige Anschlussbeschwerde der Antragstellerin ist begründet.
1. Rechtsgrundlage für die Abänderung der Entscheidung über den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich im Endurteil des Amtsgerichts Schweinfurt, Az. F 548/87 vom 04.10.1988, die nach dem Recht, das bis zum 31.8.2009 Anwendung fand, getroffen worden ist, ist §§ 51 Abs. 1, Abs. 2, 52 VersAusglG.
a) Grundsätzlich unterscheiden sich die Abänderungsmöglichkeiten nach § 51 Abs. 1 und 3 FamFG darin, dass § 51 Abs. 1 FamFG wesentlichen Änderungen des Ausgleichswerts auch eines Anrechts aus betrieblicher Altersversorgung aufgrund geänderter rechtlicher oder tatsächlicher Verhältnisse Rechnung trägt, während § 51 Abs. 3 VersAusglG auf die Abänderung von Ausgleichsergebnissen zielt, die nach früherem Recht aufgrund von Wertverzerrungen nach der Barwertverordnung keine angemessene Teilhabe an einem auszugleichenden Anrecht ermöglichten (BGH, Beschluss vom 24.06.2015, Az.: XII ZB 495/12, zitiert nach: Beck RS 2015, 13592, RN 24, 31).
Nachdem das verfahrensgegenständliche Anrecht der betrieblichen Altersversorgung durch die Entscheidung vom 4.10.1988 in den Versorgungsausgleich einbezogen, aber hinsichtlich der im Entscheidungszeitpunkt noch verfallbaren Einkommensdynamik nicht vollständig ausgeglichen werden konnte, richtet sich die von der Ehefrau beantragte Totalrevision des Versorgungsausgleichs nach § 51 Abs. 1, Abs. 2 VersAusglG.
b) Bei dem Anrecht des Antragsgegners aus der betrieblichen Altersversorgung handelt es sich um ein in die Ausgangsentscheidung einbezogenes Anrecht im Sinne von § 51 Abs. 1 VersAusglG:
Dabei ist unschädlich, dass das Amtsgericht in seiner Entscheidung den schuldrechtlichen Ausgleich hinsichtlich der noch verfallbaren Einkommensdynamik nicht ausdrücklich vorbehalten hat. Einem derartigen ausdrücklichen Vorbehalt, der sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, wäre in der Ausgangsentscheidung lediglich deklaratorische Bedeutung zugekommen (vgl. BGH a.a.O., RN 21).
Ein aus Rechtsgründen nur teilweise in den Versorgungsausgleich einbezogenes Recht ist ein im Sinne des § 51 Abs. 1 VersAusglG einbezogenes Recht, das bei einer Totalrevision vollständig über § 51 Abs. 1 VersAusglG ausgeglichen werden kann. Dieser Grundsatz gilt insbesondere auch für betriebliche Anrechte aus endgehaltsbezogenen Versorgungszusagen, die hinsichtlich ihrer noch verfallbaren Einkommensdynamik dem öffentlichrechtlichen Ausgleich verschlossen waren (vgl. BGH a.a.O., RN 27).
c) Die Wertänderung ist wesentlich i.S.v. §§ 51 Abs. 1, Abs. 2 VersAusglG i.V.m. 225 Abs. 2, Abs. 3 FamFG; sowohl die relative als auch die absolute Wesentlichkeitsgrenze des § 225 Abs. 3 FamFG ist erreicht:
Einem im Endurteil vom 04.10.1988 festgesetzten Ausgleichswert in Höhe von 10.579,91 DM oder 5.409,42 EUR / 2 = 2.704,71 EUR steht ein aktueller Ausgleichswert von 57.347,32 EUR gegenüber (Bl. 99 d.A.). Die Wertänderung überschreitet mithin die 5%-Schwelle des § 225 Abs. 3 FamFG ebenso wie die absolute Wertgrenze von 120% der am Ende der Ehezeit 1987 maßgeblichen Bezugsgröße in Höhe von 3.612 DM oder 1.846,79 EUR.
Gemäß § 51 Abs. 1 VersAusglG unterliegt die Entscheidung vom 04.10.1988 damit einer Totalrevision nach §§ 9 – 19 FamFG.
2.) Hierbei hat das Erstgericht zutreffend seiner Entscheidung die Auskunft des Versorgungsträgers vom 03.02.2014 (Bl. 96 ff. d. A.) mit einem Ausgleichswert in Höhe von 57.347,32 EUR zu Grunde gelegt:
a) Denn nur diese Versorgungsausgleichsauskunft geht bei der Ermittlung des Ausgleichswerts von der gemäß §§ 5 Abs. 2 Satz 2, 41 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG der Wertermittlung zugrundezulegenden vom Antragsgegner tatsächlich erreichten Versorgung mit dem für den Antragsgegner unmittelbar vor Renteneintritt erreichten Barwert aus.
Der Eintritt des Versorgungsfalles gehört nämlich zu den nach Ehezeitende eingetretenen tatsächlichen Veränderungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG, die auf den Ehezeitanteil zurückwirken und bei einer Abänderungsentscheidung zu berücksichtigen sind (vgl. zum Ganzen: OLG Celle, Beschluss vom 3.5.2013, Az. 10 UF 88/12, zitiert nach Beck RS 2013, 07830, Seite 8, Rdnr. 31 m.w.N., BGH FamRZ 2007, 1084).
Der auszugleichende Ehezeitanteil ist im Rahmen der Wertermittlung nach §§ 5 Abs. 5, 41 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG bei einem Anrecht in der Leistungsphase den tatsächlich erreichten Werten zu entnehmen ( Palandt/Brudermüller, BGB, 75. Aufl., 2016, Rdnr. 1 zu § 41 VersAusglG und ( zum alten Recht) BGH, FamRZ 2007, 1084 bis 1087, Rdnr. 10).
Maßgeblich ist damit für die Wertermittlung der laufenden Versorgung nicht der bei Ehezeitende erreichte Anwartschaftsbarwert sondern der tatsächlich vor Renteneintritt erreichte Barwert.
Der Wertzuwachs, der sich vorliegend aus den auch zu Ehezeiten üblichen durchschnittlichen Gehaltszuwächsen des Antragsgegners ergibt, ist hierbei mitauszugleichen.
Denn gem. § 10 der Betriebsvereinbarung über die Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung der K. GmbH, Schweinfurt vom 13.02.1980 (Bl. 84 d.A.) umfasst der Bemessungszeitraum für den ruhegehaltsfähigen Arbeitsverdienst die letzten vollen zwölf Kalendermonate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es handelt sich somit um eine endgehaltsbezogene Versorgung.
Unberücksichtigt haben lediglich nachehezeitliche Veränderungen, die auf neu hinzutretenden individuellen Umständen, wie etwa einem beruflichen Aufstieg des Versicherten oder einem zusätzlichen persönlichen Einsatz beruhen, zu bleiben (vgl. BGH, Beschluss vom 18.01.2012, Az. XII ZB 696/10, zitiert nach BeckRS 2012, 04470, S. 6).
Individuelle leistungsbezogene Verbesserungen der Betriebsrente, wie beispielsweise ein beruflicher Aufstieg in eine höhere Tarifgruppe, die bei der Berechnung des Ausgleichswerts außer Betracht bleiben müssen, sind vorliegend nicht gegeben.
§ 45 VersAusglG steht der Anwendung des § 41 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG nicht entgegen, nachdem diese Vorschrift zwar für sämtliche Anrechte der betrieblichen Altersversorgung in der Privatwirtschaft gilt, sich jedoch nicht auf laufende Versorgungen sondern nur auf Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung erstreckt. Laufende Versorgungen sind auch bei betrieblichen Altersversorgungen in der Privatwirtschaft nach § 41 VersAusglG zu bewerten (vgl. BT-Drs 16/10144, S. 82, Rehbein in: Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, 2.Aufl., 2015, RN 20 zu § 41 FamFG).
b) Eine derartige Berücksichtigung nachehelich erzielter Werte verstößt nicht gegen das Stichtagsprinzip:
§ 5 Abs. 2 Satz 2 VersAuglG bestimmt nämlich eine Ausnahme vom Stichtagsprinzip in Fällen, in denen sich zwischen Ehezeitende und gerichtlicher Entscheidung Änderungen ergeben.
Die Vorschrift soll im Versorgungsausgleichsverfahren die Berücksichtigung solcher nachehezeitlicher Veränderungen ermöglichen, die bis zur letzten Tatsachenentscheidung eingetreten sind (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 21.11.2013, Az. II 21 UF 71/13, zitiert nach Beck RS 2014, 09276, S. 4). Führen derartige Veränderungen rückwirkend zu einer anderen Bewertung des Ehezeitanteils und damit des Ausgleichswerts, sollen sie bei der Entscheidung berücksichtigt werden (vgl. BT-Drs. 16/10144, S. 49). Wenn auch nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drs 16/10144, S. 49) die Dynamik des Anrechts grundsätzlich hierbei nicht berücksichtigt wird, führt doch die im auch im Falle der Totalrevision zu beachtende Wertermittlungsvorschrift des § 41 Abs. 2 FamFG zur Berücksichtigung des tatsächlich erreichten Barwertes.
Im Übrigen wird das Stichtagsprinzip dadurch berücksichtigt, dass lediglich die auf die Ehezeit entfallende Quote dem Ausgleich unterliegt.
Die in diesem Zusammenhang vom Antragsgegner thematisierte Entscheidungen des BGH vom 07.09.2011 (XII ZB 546/10) betrifft -soweit ersichtlichnicht die Frage der Bewertung endgehaltsbezogener Versorgungsanrechte der betrieblichen Altersversorgung in der Leistungsphase.
3.) Bei der Berechnung vom 03.02.2014 hat der Versorgungsträger gem. §§ 41 Abs. 2, 40 VersAusglG zutreffend die Bemessungsgrundlagen für die tatsächlich seit 1.12.2011 vom Antragsgegner erzielte Altersrente in Höhe von jährlich 19.692,96 Euro zu Grunde gelegt und bei einer Dauer der Ehezeit bei gleichzeitig bestehendem Arbeitsverhältnis von 197 Monaten und einer Dauer der Dienstzeit von Eintritt bis Austritt von 485 Monaten zutreffend eine Ehezeitquote von 40,62% festgesetzt.
Nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik unter Verwendung der Richttafeln 2005 G von Klaus Heubeck, einem Rechnungszins von 5,25% und einer Rentendynamik von 0,99% hat der Versorgungsträger in nachvollziehbarer Weise einen Barwert der Altersrente zum Rentenbeginn mit 282.360,00 Euro ermittelt (Bl. 99 d. A.), so dass sich bei Anwendung der Ehezeitquote von 40,62% ein Ehezeitanteil von 114.694,63 Euro, mithin ein Ausgleichswert in Höhe von 57.347,32 Euro ergibt.
4.) Nachdem der ermittelte Ausgleichswert die Beitragsbemessungsgrenze in der Allgemeinen Rentenversicherung nach §§ 159 – 160 SGB VI zum Ehezeitende (30.11.1987) in Höhe von damals 34.972,36 Euro (68.400 DM) übersteigt, ist gemäß § 51 Abs. 1 VersAusglG i.V.m. §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 17 VersAusglG die interne Teilung durchzuführen, wobei bei der Anwendung des § 17 VersAusglG auf die für das Ende der Ehezeit geltende Beitragsbemessungsgrenze abzustellen ist, da es sich beim Versorgungsausgleich um den Ausgleich ehezeitlich erworbener Versorgungsanrechte handelt, § 1 VersAusglG.
5.) Das Amtsgericht hat Auskünfte der Versorgungsträger auf der Grundlage des neuen Rechts eingeholt und die beiderseitigen Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung intern geteilt.
Wie sich aus der vom Senat eingeholten Auskunft der D. (Bl. 168 ff. d. A.) ergibt, war die diesbezügliche Auskunftserteilung gegenüber dem Amtsgericht insoweit fehlerhaft, als bei der ersten Auskunft die sogenannte „Mütterrente“ der Antragstellerin noch keine Berücksichtigung fand.
Der Ausgleichswert des Anrechts der Antragstellerin bei der gesetzlichen Rentenversicherung beläuft sich unter Zugrundelegung der Auskunft der D. vom 07.10.2014, an deren Richtigkeit kein Zweifel besteht, auf 2,4729 Entgeltpunkte.
Nachdem -neben der Anschlussbeschwerde der Antragstellerinder Antragsgegner Beschwerde erhoben hat, konnte die erstinstanzliche Entscheidung zum Nachteil der Antragstellerin diesbezüglich abgeändert werden. Der Grundsatz des Verbotes einer reformatio in peius gilt insoweit nicht (vgl. Zum Ganzen: Keidel/ Sternal, FamFG, 18. Aufl., RN 25 zu § 69 FamFG).
6.) Weil die Abänderungsentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 1 VersAusglG, 226 Abs. 4 FamFG auf den Zeitpunkt des der Antragstellung folgenden Monatsersten zurückwirkt, tritt die Wirkung des angefochtenen Beschlusses, nachdem der Abänderungsantrag am 18.9.2013 beim Erstgericht einging, am 1.10.2013 ein.
7.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG: Nachdem die Beschwerde des Antragsgegners ohne Erfolg bleibt, entspricht es billigem Ermessen, ihm die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Die Festsetzung des Beschwerdewerts fußt auf §§ 40, 50 Abs. 1 FamGKG: Das zusammengerechnete dreimonatige Nettoeinkommen der Beteiligten beträgt (1.680 EUR + 2.234 EUR) * 3 = 11.742 EUR, 10% hieraus: 1.174,20 EUR. Nachdem zwei Versorgungsanrechte in der Beschwerdeinstanz verfahrensgegenständlich waren, beträgt der Verfahrenswert für die Beschwerdeinstanz 2.348 EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird gem. § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG zur Klärung der Frage der Bewertung endgehaltsbezogener Versorgungsanrechte der betrieblichen Altersversorgung in der Leistungsphase, die von grundsätzlicher Bedeutung ist, zugelassen.


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