Arbeitsrecht

Abhängige Beschäftigung von Kurierfahren

Aktenzeichen  S 2 R 1171/16

Datum:
23.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 52579
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB IV § 7 Abs. 1, § 7a, § 14 Abs. 2 S. 2, § 24, § 25 Abs. 1, § 28p
SGB X § 12 Abs. 2, § 20, § 21
InsO § 175, § 178, § 179 Abs. 2, § 201 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Eine Klage gegen einen Bescheid, mit dem Beiträge zur Sozialversicherung nachgefordert werden, ist insoweit unzulässig, als in einem Insolvenzverfahren, in dem die Forderung zur Tabelle angemeldet worden ist, diesbezüglich weder der Insolvenzschuldner noch der Insolvenzverwalter noch ein Insolvenzgläubiger Widerspruch gegen die Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle erhoben haben. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Rentenversicherungsträger ist nicht verpflichtet, im Rahmen der Prüfung eine eigene Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV beim Arbeitgeber durchzuführen, sondern kann sich allein auf die im Rahmen der Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung gewonnenen Ermittlungsberichte der Zollverwaltung beschränken (ebenso LSG Sachsen BeckRS 2018, 47994 und LSG Baden-Württemberg BeckRS 2017, 115774). (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3.  Die Benutzung eines eigenen Kfz kann nur dann für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, wenn sich ein besonderes Unternehmensrisiko aus dem eigenen Kfz ergibt. Ein solches Unternehmerrisiko liegt dann nicht vor, wenn einem möglichen Verlust des Kfz keine unternehmerischen Chancen gegenüberstehen (ebenso LSG Bayern BeckRS 2016, 65587 und LSG Rheinland-Pfalz BeckRS 2015, 71349). (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für eine Eingliederung in den Betrieb kommt es darauf an, ob eine organisatorisch funktionale Eingliederung vorliegt. Dazu bedarf es bei Kurierdiensten lediglich zeitlicher und örtlicher Zielvorgaben, die verbindliche Festlegung bestimmter Routen ist dagegen nicht erforderlich (ebenso LSG Schleswig-Holstein BeckRS 2007, 40606). (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
5. Für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung kommt es nicht darauf an, ob europarechtlich eine Beschäftigung als Arbeitnehmer erlaubt gewesen wäre. Eine Beschäftigung ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis verstößt zwar gegen ein gesetzliches Verbot, ändert jedoch nichts am Tatbestand einer abhängigen Beschäftigung iSv § 7 SGB IV. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
6. Es ist der Regelfall, wenn selbstständige Unternehmer zur Ausführung der von ihnen vertraglich eingegangenen Verpflichtungen sich wiederum ihrerseits Beschäftigter bedienen. Damit verlieren sie nicht ihre Eigenschaft als Arbeitgeber. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
7. Ein eventueller Irrtum über die Arbeitgebereigenschaft stellt einen den Vorsatz nicht berührenden Subsumtionsirrtum dar (ebenso LSG Baden-Württemberg BeckRS 2018, 7172). (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
8. Ein Rechtsirrtum ist nur dann erheblich, wenn ein unverschuldeter Rechtsirrtum vorliegt, dh wenn der Betroffene sich sorgfältig über die Rechtslage informiert und kundigen Rat eingeholt (ebenso LSG Sachsen-Anhalt BeckRS 2016, 71359). Wenn die Möglichkeiten zur Klärung des Statutes nicht ausgeschöpft werden, liegt kein unverschuldeter Rechtsirrtum vor. (Rn. 55) (redaktioneller Leitsatz)
9. Ist der Vorsatz irgendwann innerhalb des vierjährigen Verjährungszeitraums entstanden, verlängert sich die Verjährungsfrist auf 30 Jahre (ebenso BSG BeckRS 9999, 02208). Unerheblich ist mithin, ob der Arbeitgeber bereits im Moment der Lohnzahlung den Vorsatz gehabt hatte, Sozialversicherungsbeiträge vorzuenthalten. (Rn. 56 – 57) (redaktioneller Leitsatz)
10. Die Annahme einer Nettolohnvereinbarung ist zwingend und unwiderlegbar, sobald illegale Beschäftigung festgestellt ist. Haftet der Arbeitgeber steuerrechtlich nach Steuerklasse VI, so ist dies auch bei der Berechnung der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsnachforderungen zugrunde zu legen (ebenso LSG Schleswig-Holstein BeckRS 2015, 72068). (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird auf 1.908.186 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zum Teil bereits unzulässig. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie in vollem Umfang unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide sind insoweit rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat daher in zutreffender Höhe Sozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge vom Kläger nachgefordert.
I.
Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerbevollmächtigte bzw. der Kläger aufgrund der Vollmacht des Insolvenzverwalters prozessführungsbefugt ist. Insoweit hat auch das LSG Bayern in seiner Entscheidung vom 30.08.2016 (L 7 R 5125/16 B ER) darauf hingewiesen, dass der Antragsteller bzw. der Kläger durch das Schreiben des Insolvenzverwalters vom 24.03.2016 eine eigene Prozessführungsbefugnis wiedererlangt hat.
Die Klage ist zum Teil unzulässig. Eine Unzulässigkeit liegt insoweit vor, als weder der Insolvenzschuldner, noch der Insolvenzverwalter, noch ein Insolvenzgläubiger Widerspruch gegen die Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle erhoben haben (vgl. BFH vom 23.9.2015, VB 159/14 und vom 14.05.2013, XB 134/12). Für die Zulässigkeit der Klage kommt es daher nicht allein darauf an, inwieweit der Insolvenzverwalter Widerspruch vor dem Insolvenzgericht erhoben hat. Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht insoweit, als die Beklagte geltend macht, die zitierte Rechtsprechung des BFH sei hier nicht anwendbar, weil im vorliegenden Fall, anders als in den vom BFH zu entscheidenden Fällen, das Insolvenzverfahren schon eröffnet war, als die Beitragsnachforderung am 14.12.2015 von der Beklagten festgestellt wurde. Vielmehr kommt es darauf an, dass der Schuldner mit seinem Widerspruch, sofern nicht Eigenverwaltung angeordnet wurde, zwar die Feststellung der Forderung nicht abwenden kann, denn mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nimmt allein der Insolvenzverwalter die Interessen des Schuldners wahr, dass nur berechtigte Forderungsanmeldungen bei der Verteilung der Masse berücksichtigt werden. Der Widerspruch des Schuldners ist jedoch nicht bedeutungslos. Sein Widerspruch hat nur lediglich Bedeutung für den Zeitpunkt ab Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Insoweit führt der Widerspruch des Schuldners dazu, dass der Gläubiger nach Aufhebung des Verfahrens nicht aus der Eintragung in die Tabelle die Zwangsvollstreckung bewirken kann, § 201 Abs. 2 InsO (§ 178 InsO Kommentar Graf, Rn. 4). D. h. der Widerspruch des Schuldners hat lediglich für die Vollstreckung der Forderung nach Beendigung des Insolvenzverfahrens Bedeutung (§ 176 InsO Kommentar Graf Rn. 18). Aufgrund dessen ergibt sich daher, dass die Klage nur insoweit unzulässig ist, als im Insolvenzverfahren niemand, d. h. auch nicht der Schuldner, der Forderung widersprochen hat. Aus der vorliegenden Akte des Insolvenzgerichts ergibt sich, dass die A. B. zum einen eine Forderung in Höhe von 882.063,33 EUR geltend gemacht hat. Hiervon hat der Insolvenzverwalter 139.314,75 EUR bestritten sowie der Kläger einen Betrag von 10.727,82 EUR. Insoweit wurde die Forderung der A.daher zum Teil von niemandem bestritten. Soweit daher weder ein Widerspruch des Insolvenzverwalters, noch des Schuldners erfolgt ist, ist die Klage insoweit unzulässig. Außerdem ist die Klage noch in Höhe von 2.218,43 EUR unzulässig, da die A. B. außerdem eine Forderung in dieser Höhe geltend gemacht hat und insoweit weder vom Insolvenzverwalter, noch vom Schuldner ein Widerspruch erfolgt ist. Schließlich ist die Klage auch noch in Höhe von 123.107 EUR unzulässig, da die H. Kr. unter anderem eine Forderung von 246.214 EUR im Insolvenzverfahren geltend gemacht hat und der Schuldner insoweit gar nicht widersprochen hat und der Insolvenzverwalter lediglich in Höhe von 123.107 EUR widersprochen hat.
Insoweit war die Klage daher teilweise unzulässig.
II.
Im Übrigen war die Klage zulässig, jedoch in vollem Umfang unbegründet.
Zum einen ist der Bescheid formell rechtmäßig. Die Beklagte hat die 43 Personen nach § 12 SGB X am Verfahren beteiligt. D. h. es wurden allen 43 Personen die Gelegenheit gegeben, im Verfahren bei der Beklagten Stellung zu nehmen, soweit eine Zustellung der Anhörungsschreiben an die betroffenen Personen erfolgen konnte.
Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Zunächst ist festzustellen, dass die Beklagte ihrer Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X nachgekommen ist. Nach § 21 SGB X bedient sich die Behörde dabei der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Wie sich aus den gesetzlichen Regelungen ergibt, insbesondere auch aus § 2 Schwarzarbeitergesetz sowie § 321 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), ist insoweit eine Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden vorgesehen. Gleiches ergibt sich aus der Rechtsprechung des BSG vom 09.11.2011 (B 12 R 18/09 B). Zudem könnte sich eine Betriebsprüfung auch auf die Prüfung von überlassenen Unterlagen des Arbeitgebers sowie der Schwarzarbeitsbekämpfungsbehörde beschränken (§ 28p SGB IV Juris Praxis Kommentar, Rn. 131). Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte keine eigenen Ermittlungen vorgenommen hat und die 43 Personen nicht angehört habe. Vielmehr ergibt sich, dass die Beklagte sich nicht lediglich auf die Ermittlungen des Hauptzollamtes gestützt hat. Sie hat vielmehr die vorhandenen Unterlagen eigenständig ausgewertet und zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Rentenversicherungsträger nicht verpflichtet ist, im Rahmen der Prüfung eine eigene Betriebsprüfung nach § 28 SGB IV beim Arbeitgeber durchzuführen, sondern er könnte sich allein auf dem Rahmen der Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung gewonnenen Ermittlungsberichte der Zollverwaltung beschränken (LSG Sachsen vom 12.02.2018, 9 KR 496/17 B ER). In diesem Sinne hat auch das LSG Baden-Württemberg am 29.06.2017 (L 10 R 592/17) entschieden. Insgesamt ist daher ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X nicht erkennbar.
Soweit die Klägerbevollmächtigte geltend macht, dass nicht alle Personen vernommen worden seien, ergibt sich auch insoweit kein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht. Vorliegend wurden zwar nicht alle Personen vor dem Hauptzollamt vernommen. Es wurden jedoch zahlreiche Personen durch das Hauptzollamt vernommen und die Beklagte hat wie bereits ausgeführt, allen 43 Personen Gelegenheit gegeben, nach § 12 SGB X Stellung zu nehmen, soweit eine Zustellung der Anhörungsschreiben an die betroffenen Personen erfolgen konnte. Eine weitere Ermittlung war angesichts der vorhandenen schriftlichen Unterlagen nicht notwendig, da keine Anhaltspunkte für neue, über die Unterlagen hinausgehende Erkenntnisse vorhanden waren und die Beklagte auch nicht verpflichtet war, ohne konkrete Anhaltspunkte ins Blaue hinein zu ermitteln.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Kläger sich nicht auf einen Vertrauensschutz aufgrund vorangegangener Betriebsprüfungen berufen kann. Nach der Rechtsprechung des BSG vom 20.02.2017 (B 12 KR 24/16 B) haben Betriebsprüfungen unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten nur den Zweck, die Beitragsentrichtung zu einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern, eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen dagegen nicht zu. Betriebsprüfungen, ebenso wie das Ergebnis der Prüfung festhaltende Prüfberichte der Versicherungsträger bezwecken daher nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa mit Außenwirkung Entlastung zu erteilen. Eine materielle Bindungswirkung kann sich lediglich dann und insoweit ergeben, als versicherungs- und/oder Beitragspflicht (und Beitragshöhe) im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden (BSG vom 20.02.2017, B 12 KR 24/16 B). Bereits in der Entscheidung vom 18.11.2015 (B 12 R 7/14 R) hatte das BSG festgestellt, dass bei Erlass eines personenbezogenen Beitragsbescheides damit nicht zugleich spiegelbildlich bzw. mittelbar eine Regelung darüber getroffen wird, dass“ im Übrigen“, d. h. insbesondere hinsichtlich aller sonstigen Beschäftigten die von der personenbezogenen Beitragsfestsetzung nicht betroffen sind, im Prüfzeitraum „alles in Ordnung“ sei, dass also hinsichtlich dieser z. B. keine Versicherungspflicht bzw. kein Beitragsanspruch bestehe. Betriebsprüfungen ebenso wie das Ergebnis der Prüfung festhaltender Prüfberichte der Versicherungsträger bezwecken nämlich nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa mit Außenwirkung Entlastung zu erteilen (BSG vom 18.11.2015, B 12 R 7/14 R). Insoweit ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten Mitteilungen der Rentenversicherung über frühere Betriebsprüfungen kein Vertrauensschutz.
Vorliegend ist das Gericht im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung nach § 7 SGB IV der Überzeugung, dass die maßgeblichen 43 Personen beim Kläger als Arbeitgeber abhängig beschäftigt waren. Nach § 7 SGB IV ist Beschäftigung, die nichtselbstständige Arbeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG setzt die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassend dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch eigenes unternehmerisches Risiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft, einem wesentlichen selbstbestimmte Art der Ausführung und eine frei gewählte Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Ausgangspunkt der Prüfung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus der von ihm getroffenen Vereinbarung ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Einen Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, als die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehungen so wie diese rechtlich zulässig ist (BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10).
Für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist weder die von den Beteiligten gewünschte Rechtsfolge, noch die von ihm gewählte Bezeichnung maßgeblich. Die Frage ob eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, steht nicht zur Disposition der Beteiligten. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien und deren Vereinbarung zu entscheiden. Vielmehr kommt es auf eine Gesamtabwägung an (LSG Bayern vom 23.11.2015, L 7 R 1008/14).
Vorliegend waren nach Auffassung des Gerichts die 43 Personen abhängig beschäftigt und nicht selbstständig tätig. Im Rahmen der Gesamtabwägung überwiegen die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung. Insoweit ist vor allem maßgeblich, dass die 43 Personen kein maßgebliches Unternehmerrisiko trugen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist für ein unternehmerisches Risiko maßgeblich, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist. Es ist ein Risiko erforderlich, dass über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen. Zwar erbrachten die Personen die Fahrten mit einem eigenen Kfz. Nach der Rechtsprechung des BSG kann die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs in Verbindung mit anderen Gesichtspunkten für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn sich ein besonderes Unternehmensrisiko aus dem eigenen Kfz ergibt. Es liegt dann kein Unternehmerrisiko vor, wenn einem möglichen Verlust des Fahrzeugs keine unternehmerischen Chancen gegenüberstehen. Für ein Unternehmerrisiko muss bei Einsatz eines eigenen Kfz eine risikobehaftete Unternehmensstruktur vorliegen (LSG Bayern vom 23.11.2015, L 7 R 1008/14, LSG Rheinland-Pfalz vom 15.07.2015, L 6 R 23/14). Eine solche risikobehaftete Unternehmensstruktur ist jedoch bei den 43 Personen nach Auffassung des Gerichts nicht festzustellen. Außer den Kosten für das Kfz und die Miete für die Scanner bzw. die Kosten für die Arbeitskleidung trugen die 43 Personen kein weiteres unternehmerisches Risiko, und tätigten auch keine weiteren Investitionen. Einem eventuellen Verlust des eigenen Fahrzeugs standen keine unternehmerischen Chancen gegenüber.
Auch ist insoweit zu berücksichtigen, dass die 43 Personen auch nicht wesentlich über ihre eigene Arbeitskraft verfügen konnten, sondern zeitlich maßgeblich durch die Tätigkeit für den Kläger in Anspruch genommen wurden. Ein maßgebliches unternehmerisches Tätigwerden für andere Auftraggeber ist nicht ersichtlich.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass die 43 Personen keinen maßgeblichen Gestaltungsspielraum bezüglich ihrer Tätigkeit hatten. Sie waren weisungsgebunden tätig und auch in die Arbeitsorganisation des Klägers eingegliedert. Sie hatten weder hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort, noch hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung einen maßgeblichen Gestaltungsspielraum. Die wesentliche Gestaltungsmöglichkeit bestand letztlich nur darin, ob der Auftrag angenommen wird oder nicht. Für eine Eingliederung in den Betrieb kommt es darauf an, ob eine organisatorisch funktionale Eingliederung in den Betrieb des Klägers vorlag. Dazu bedarf es bei Kurierdiensten lediglich zeitlichen und örtlichen Zielvorgaben, die verbindliche Festlegung bestimmter Routen ist dagegen nicht erforderlich (LSG Schleswig-Holstein vom 20.11.2001, L 1 KR 42/01). Insgesamt handelte es sich daher durch eine von fremden Vorgaben geprägte Tätigkeit ohne nennenswerte eigene Entscheidungsbefugnisse.
Nicht maßgeblich ist, ob die 43 Personen auch berechtigt waren, Aufträge abzulehnen. Die Möglichkeit Aufträge abzulehnen, kann zwar als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit angesehen werden. Es sind jedoch auch im Rahmen abhängiger Beschäftigung in Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es vor allem dem Beschäftigten überlassen wie er im Anforderungsfall tätig werden will oder ob er eine Anfrage abgelehnt. Insbesondere in Abruf- oder Aushilfsbeschäftigungsverhältnissen kann die Möglichkeit eingeräumt sein, eine Anfrage abzulehnen. Entscheidend kommt es vielmehr darauf an, ob der Betroffene, sobald das Angebot annimmt, die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb ausübt. Allein wegen einer grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit ist kein selbstständiges Tätigwerden anzunehmen (LSG Baden-Württemberg vom 02.09.2011, L 4 R 1036/10). Außerdem ist auch zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit Aufträge abzulehnen, eher theoretisch ist. Sobald ein Auftrag übernommen wurde, standen die 43 Personen gegenüber dem Kläger in der Pflicht und konnten dann kaum beliebig entscheiden, ob und wann sie zur Ausführung tätig werden.
Nicht entscheidend kommt es darauf an, dass eine Gewerbeanmeldung bei den 43 Personen vorlag. Eine Gewerbeanmeldung kann nicht als wesentliches Indiz für eine selbstständige Tätigkeit herangezogen werden, denn eine Überprüfung durch das Gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit findet nicht statt. Außerdem ist auch zu berücksichtigen, dass die meisten Zusteller aus Bulgarien angereist waren und erst auf den Rat bzw. mit der Hilfe des Klägers ihr Gewerbe anmeldeten. Sie hatten kaum Deutschkenntnisse und waren insoweit auf den Rat und die Hilfe des Klägers angewiesen. Laut dem Vortrag der Klägerbevollmächtigten konnten die meisten der 43 Personen die deutsche Sprache nicht oder nur eingeschränkt, der Kläger habe diesen Personen helfen wollen. Ein selbstständiges unternehmerisches Handeln der Zusteller ist hier nicht erkennbar. Auch aus dem Umstand, dass keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlter Urlaub vereinbart war, ist nicht entscheidungsrelevant. Solche Regelungen sind vielmehr als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten.
Auch kommt es nicht maßgeblich darauf an, ob die 43 Personen ihre Arbeit auf jemand anderen delegieren konnten. Die Möglichkeit Dritte einsetzen zu dürfen, stellt nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spricht. Vorliegend spricht dies jedoch nicht maßgeblich für eine selbstständige Tätigkeit, da die 43 Personen kein maßgebliches unternehmerisches Risiko trugen, keinen maßgeblichen eigenen Gestaltungsspielraum hatten und in den Betrieb des Klägers eingegliedert waren.
Soweit die Klägerbevollmächtigte geltend gemacht hatte, dass in einer ähnlichen Konstellation das SG Düsseldorf in einer Entscheidung vom 05.03.2015 (S 45 R 1190/14) zum Ergebnis kam, dass die Kurierdienstfahrer selbstständig tätig waren, ergibt sich vorliegend keine andere Beurteilung. Insoweit handelt es sich zum einen um eine Einzelfallentscheidung, zum anderen gibt es zahlreiche andere Urteile, die in ähnlichen vergleichbaren Fällen eine abhängige Beschäftigung der Zusteller festgestellt haben (vgl. LSG Rheinland-Pfalz 15.07.2015, L 6 R 23/14, LSG Bayern 23.11.2015, L 7 R 1008/14, LSG Baden-Württemberg vom 24.01.2017, L 11 KR 1554/16, LSG D-Stadt vom 29.06.2018, L 1 KR 498/15). Zudem hat auch die Klägerbevollmächtigte zuletzt die Entscheidung des LSG D-Stadt vom 29.06.2018, L 1 KR 498/15 zitiert, in der es ebenfalls darum ging, ob ein Depotbetreiber eines H. Satellitendepots als Arbeitgeber Beiträge für Zusteller zu zahlen hat. Auch in dieser von der Klägerbevollmächtigten zitierten Entscheidung wurde eine abhängige Beschäftigung der Zusteller festgestellt.
Soweit der Kläger geltend macht, dass die Zusteller wegen der damals noch fehlenden vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht als Angestellte hätten arbeiten dürfen, ist darauf hinzuweisen, dass es für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht darauf ankommt, ob europarechtlich eine Beschäftigung als Arbeitnehmer erlaubt gewesen wäre. Eine Beschäftigung ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis verstößt dann zwar gegen ein gesetzliches Verbot, ändert jedoch nichts am Tatbestand einer abhängigen Beschäftigung im Sinne von § 7 SGB IV.
Auch aus dem Vortrag der Klägerbevollmächtigten ergibt sich, dass die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung der Zusteller überwiegen. Diese führte in ihrem Schriftsatz vom 13.08.2018 selbst aus, dass die Befugnis die Arbeit durch andere erledigen zu lassen der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nicht zwingend entgegensteht. Es habe auch nach dem Vortrag der Klägerbevollmächtigten bei allen Fahrern Bindung an den Ort der Arbeitsleistung bestanden und der Zustellbezirk sei fest vorgegeben gewesen. Die Arbeitszeit sämtlicher Personen sei nicht frei gewesen. Außerdem hatte der Kläger über seine Bevollmächtigte bereits in der Klagebegründung vorgetragen, dass ohne H.kleidung nicht hätte gearbeitet werden dürfen, dass es ein Verhaltenskodex gab und die Zusteller sich an den H.kodex zu halten gehabt hätten. Außerdem hätte es ein Zustellerhandbuch gegeben. Insgesamt spricht bereits der Vortrag des Klägers selbst für eine abhängige Beschäftigung der Zusteller. Im Unterschied zur Beklagten macht der Kläger jedoch geltend, nicht selbst Arbeitgeber der 43 Zusteller gewesen zu sein, sondern vielmehr sei nach seiner Auffassung die Beigeladene als Arbeitgeber der Zusteller zu betrachten.
Nach Auffassung des Gerichts war jedoch der Kläger und nicht die Beigeladene Arbeitgeber der 43 Personen. Wie sich aus den Ermittlungen im Rahmen der Betriebsprüfung ergibt, haben diese die Tätigkeit nach den Weisungen des Klägers ausgeübt. Der Kläger hat vor Ort die Arbeit organisiert. So hatte Herr P. angegeben, dass seine Frau genauso wie er die Arbeitsanweisung vom Kläger bekam. Herr K. führte aus, dass ihm der Kläger ohne seine Zustimmung, ein anderes Gebiet für die Zustellungen zuweisen konnte und er sagte, wer was fahre. Wenn jemand Urlaub wollte, musste man sich untereinander absprechen und der Kläger musste das dann genehmigen. Herr S. teilte mit, dass wenn er jemanden einstellen wollte, der Kläger dies genehmigen hätte müssen. Der Kläger sei der Chef und sie hätten das tun müssen, was dieser anschaffe.
Insofern ist nicht entscheidend, dass der Kläger sich darauf beruft nur Verpflichtungen seines Vertragspartners, d. h. der Beigeladenen an die 43 Personen weitergegeben zu haben. Dies ist gerade der Regelfall, wenn selbstständige Unternehmer zur Ausführung der von ihnen vertraglich eingegangenen Verpflichtungen sich wiederum ihrerseits Beschäftigten bedienen. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der Kläger gegenüber den 43 Personen als Arbeitgeber aufgetreten ist und die von ihm übernommenen Verpflichtungen gegenüber der Firma H. in Ausübung seines Weisungsrechts als Arbeitgeber an die 43 Personen weitergereicht hat. Aufgrund dessen ist der Kläger und nicht die Beigeladene als Arbeitgeber der 43 Personen anzusehen.
Die Tätigkeit der 43 Personen wurde nach Auffassung des Gerichts bestimmt durch die vorgegebene Ordnung des Betriebs des Klägers. Die 43 Personen waren daher in den Betrieb des Klägers eingegliedert. Der Kläger griff zur Erfüllung seiner Vertragspflichten gegenüber der Beigeladenen auf diese Personen zurück.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerbevollmächtigten zitierten Entscheidung des LSG D-Stadt vom 29.06.2018. Auch in diesem Urteil wurde gerade keine Arbeitgebereigenschaft der Firma H. festgestellt, sondern auch dort wurde von einer Arbeitgebereigenschaft des Depotbetreibers ausgegangen. Auch in anderen Urteilen in vergleichbaren Fällen, in denen es ebenfalls um Satellitendepotbetreiber der Firma H. ging, wurde keine Arbeitgebereigenschaft der Firma H. festgestellt (vgl. LSG Rheinland-Pfalz vom 15.07.2015, L 6 R 23/14, LSG Bayern 23.11.2015, L 7 R 1008/14, LSG Baden-Württemberg vom 24.01.2017, L 1 KR 1554/16). Nach Auffassung des Gerichts hatte der Kläger gegenüber den 43 Zustellern eine übergeordnete Rolle und ist daher als deren Arbeitgeber anzusehen. Nach seinen eigenen Angaben machte der Kläger im Depot die EDV-Arbeit und Organisation und kontrollierte auch ob alle Sendungen rechtzeitig ankommen, daneben machte er Fahrten wegen Kofferzustellungen an Hotels. Nach Auffassung des Gerichts organisierte daher der Kläger das Depot, so dass die Zusteller in seinem Betrieb eingegliedert waren. Für eine Arbeitgebereigenschaft des Klägers spricht auch, dass er Miete für die Depoträume zahlte und außerdem auch ein paar festangestellte zur Sozialversicherung angemeldete Beschäftigte hatte. Er stand daher nicht auf der gleichen Stufe wie die 43 Personen, sondern war ihnen übergeordnet.
Für die Arbeitgebereigenschaft des Klägers spricht auch, dass die 43 Zusteller zur Rechnungsstellung auf die Übermittlung der Daten der Scanner durch den Kläger angewiesen waren. Sie konnten ihre Rechnungen nur anhand dieser vom Kläger übermittelten Daten erstellen. Auch die Abrechnung spricht für eine Arbeitgebereigenschaft des Klägers. Nach Angaben des Klägers hat er die Gesamtsumme von der Beigeladenen erhalten, wovon er dann ein Teil für sich behalten hat und den Rest an die jeweiligen Zusteller verteilt hat. Nach Auffassung des Gerichts war der Kläger daher als Unternehmer und nicht als abhängig Beschäftigter tätig. Somit kommt auch eine abhängige Beschäftigung seinerseits bei der Beigeladenen nicht in Betracht. Nach Auffassung des Gerichts waren die Zusteller in den Betrieb beim Kläger eingegliedert. Die Organisation vor Ort nahm der Kläger wahr, hierzu erteilte der Kläger den Zustellern auch Weisungen. Nachdem eine Eingliederung der 43 Zusteller in den Betrieb des Klägers vorlag, handelte es sich auch nicht um eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung in der Weise, dass die Beigeladene als Arbeitgeber der Zusteller anzusehen wäre. Um eine solche unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung würde es sich nur dann handeln, wenn der Beigeladenen Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt würden, die voll in deren Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers ausüben. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall, die Beigeladene hatte zu den 43 Zusteller keine vertraglichen Beziehungen. Subunternehmerverträge bestanden nur zwischen dem Kläger und den Zustellern. Nach außen trat auch nur der Kläger als Vertragspartner der Beigeladenen auf. Die Beigeladene hatte auch nicht eine alleinige Weisungsbefugnis gegenüber den Zustellern und diese waren auch nicht ausschließlich in den Betrieb der Beigeladenen eingegliedert. Vielmehr erhielten die Zusteller nach dem Ergebnis der Ermittlungen Weisungen durch den Kläger. Dieser hatte 2008 sein Gewerbe angemeldet und hat mit den von ihm ausgewählten Personen dann Leistungen zur Vertragserfüllung gegenüber der Beigeladenen durchgeführt. Der Kläger hat vor Ort die Einteilung der Personen und Durchführung der Arbeiten organisiert. Er hat auch entschieden, wer selbstständig tätig werden soll und wer als Arbeitnehmer zur Sozialversicherung angemeldet wird. Der Kläger gab an, dass er ein paar zur Sozialversicherung angemeldete Beschäftigte hatte. Diese angemeldeten Personen seien vor allem mit Vorarbeiten im Depot beschäftigt gewesen, während die Selbstständigen nur die Pakete abgeholt bzw. angeliefert hätten. Insgesamt organisierte daher der Kläger vor Ort die Arbeit und teilte vor Ort die Arbeit ein, so dass die Zusteller in seinen Betrieb eingegliedert waren. Für eine Arbeitgebereigenschaft der Beigeladenen ist es nicht ausreichend, dass der Kläger Zusteller zur Vertragserfüllung gegenüber der Beigeladenen eingesetzt hat, dies entspricht vielmehr der Durchführung eines Subunternehmervertrages.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, soweit der Kläger geltend macht, dass die Beigeladene Zugriff auf den bei ihm befindlichen Computer gehabt hätte und es sich dabei um den Computer der Firma H. gehandelt hätte. Auch soweit der Kläger geltend macht, dass die gesamte EDV und auch der Computer von der Beigeladenen angemietet werden mussten und es ihm untersagt gewesen sei für andere Firmen außer der Firma H. tätig zu sein und ihm auch vorgegeben sei, welche Pakete vorrangig bearbeitet werden mussten, ergibt sich ebenfalls keine Arbeitgebereigenschaft der Beigeladenen. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass zwischen den Beteiligten strittig war, inwieweit es feste Vorgaben gab, in welchem Zeitfenster die Auslieferungen erfolgen sollten und inwieweit die Beigeladene Zugriffsrechte auf den beim Kläger befindlichen Computer hatte. Der Kläger teilte hierzu mit, dass die Beigeladene Zugriff auf den bei ihm befindlichen Computer gehabt hätte sowie auch EDV-Sichtrechte hatte und sie auch Beanstandungen vorgenommen hat. Die Beigeladene machte dazu geltend, dass sie keine Zugriffsmöglichkeit auf den Computer gehabt hätte, es hätten nur Sichtrechte bestanden, aber sie selbst habe keine Veränderungen vornehmen können. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass nach dem Satelittendepotvertrag zwischen dem Kläger und der Beigeladenen vom 01.06.2013 der Auftragnehmer frei sei, selbstständig am Markt weitere Leistungen anzubieten und zu erbringen, soweit diese die Erfüllung des Vertrages nicht beeinträchtigen. Sofern der Auftragnehmer gleichzeitig Transporte für Konkurrenzunternehmen der Beigeladenen durchführe, habe er sicherzustellen, dass Sendungen der Beigeladenen getrennt von denen anderer Konkurrenzunternehmen abgewickelt und zugestellt würden. Weiter ist festzustellen, dass es nach dem Satellitendepotvertrag vom 01.06.2013 zwischen dem Kläger und der Beigeladenen enge Vorgaben der Beigeladenen an den Kläger gab. Laut dem Satellitendepotvertrag war der Beigeladenen bei Bedarf einen zentralisierter Zugriff auf Daten am SAT zu gewähren, bezüglich der Zustellung wurde auf das Abwicklungshandbuch SAT-Depot und H.-Qualitätshandbuch (für Zusteller) Bezug genommen. Es wurde auch festgelegt, dass die Zusteller als H.-Partner zu erkennen sein mussten, außerdem wurde ein Zutrittsrecht zu den Geschäftsräumen des Klägers gewährleistet für die Beigeladene. Zwar hatte die Beigeladene weitreichende Kontroll- und Überwachungsrechte, diese bestanden aber nur neben dem Kläger. Dem Kläger verblieb jedoch noch ein ausreichender Gestaltungsspielraum, so dass er selbst nicht als Arbeitnehmer anzusehen ist. Er konnte selbst entscheiden, mit wem er seine Vertragspflichten gegenüber der Beigeladenen erfüllte. Die Zusteller waren in den Betrieb des Klägers eingegliedert und der Kläger musste insoweit die Vorgaben, die er von der Beigeladenen erhalten hatte, gegenüber diesen Personen durchsetzen. Insgesamt lag daher eine Eingliederung der 43 Personen in den Betrieb des Klägers und damit nicht in den Betrieb der Beigeladenen vor. Es lag daher weder eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vor, wie bereits ausgeführt, noch lag ein mittelbares Beschäftigungsverhältnis der 43 Zusteller bei der Beigeladenen vor. Nach Auffassung des Gerichts ist vielmehr der Kläger als Arbeitgeber der 43 Zusteller anzusehen. Nachdem der Kläger selbst als Arbeitgeber anzusehen ist, konnte er auch nicht selbst bei der Beigeladenen abhängig beschäftigt sein.
Vorliegend ist auch von einem bedingten Vorsatz des Klägers auszugehen. Ein bedingter Vorsatz ist gegeben, wenn der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht für möglich hält, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf nimmt (BSG vom 18.11.2015, B 12 R 7/14 R). D. h. ein bedingter Vorsatz liegt auch schon dann vor, wenn der Arbeitgeber zwar noch nicht sicher weiß, dass eine Beitragspflicht besteht, aber wenn er jedoch eine solche Beitragspflicht für möglich hält und sich damit abfindet. Damit unterscheiden sich die Voraussetzungen des bedingten Vorsatzes nicht von den allgemeinen Voraussetzungen, die für das Zivilrecht entwickelt wurden. Nach der Rechtsprechung BGH handelt jemand auch dann mit bedingten Vorsatz, wenn das Ergebnis seines Handelns für ihn eigentlich unerwünscht ist. Es genügt, wenn er dieses Ergebnis nur als möglich voraussieht, der Handelnde dieses Ergebnis aber deshalb in Kauf nimmt, weil er sein eigentliches Ziel nicht anders erreichen kann (SG D-Stadt vom 09.07.2015, S 143 KR 1920/12). Vorliegend spricht zum einen maßgeblich für einen bedingten Vorsatz, dass die Einstellung weiterer Personen durch einen Teil der 43 Fahrer maßgeblich auf die Initiative des Klägers zurückging. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Kenntnis aller tatsächlichen Umstände des Sachverhalts für die Begründung von Vorsatz ausreicht, selbst wenn möglicherweise eine fehlerhafte Subsumtion und damit unzutreffende rechtliche Würdigung durch den Kläger erfolgt ist. Ein eventueller Irrtum über die Arbeitgebereigenschaft stellt einen den Vorsatz nicht berührenden Subsumtionsirrtum dar (LSG Baden-Württemberg vom 13.03.2018, L 11 KR 609/17). Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber, wenn er es trotz fehlender eigener Sachkunde unterlässt, sämtliche Maßnahmen, die die Erfüllung seiner Verpflichtungen zur Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge sichern können, durchzuführen, er zumindest billigend in Kauf nimmt seine Beitragspflicht nicht zu erfüllen (LSG NRW vom 06.11.2012, L 8 R 193/12 B). Ein Rechtsirrtum ist nur dann erheblich, wenn ein unverschuldeter Rechtsirrtum vorliegt, d. h. wenn der Betroffene sich sorgfältig über die Rechtslage informiert und kundigen Rat eingeholt (LSG Sachsen-Anhalt vom 31.05.2016, L 3 R 280/15). Insgesamt steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger die Beitragspflicht für möglich hielt, jedoch trotzdem die Beiträge nicht abführte und damit zumindest bedingt vorsätzlich vorenthielt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger im Juli 2008 sein Gewerbe angemeldet hat und dann die Paketauslieferung für das H. Satellitendepot A-Stadt übernommen hat. H. Vertragspartner war zunächst bis Juni 2013 ein Herr S., dieser hat den Betrieb dann komplett an den Kläger weitergegeben, so dass ab diesem Zeitpunkt dann der Kläger selbst Vertragspartner von H. war, der Betrieb des Depots lief jedoch unverändert weiter. Unterschied war jedoch nun, dass der Kläger direkt mit H. abrechnete anstatt über Herrn S … Nach Auffassung des Gerichts war dem Kläger das Problem der Scheinselbstständigkeit der Zusteller bekannt. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass er Kenntnis hatte, dass die Zusteller größtenteils aus Bulgarien angereist waren und kaum Deutschkenntnisse hatten. Wie ihm bekannt war, hatten diese keine Kenntnisse wie ein Gewerbe anzumelden ist, so dass der Kläger diesen dabei die maßgebliche Hilfe leistete. Dem Kläger musste insoweit klar sein, dass die Personen aufgrund ihrer fehlenden Kenntnisse bzw. fehlenden Deutschkenntnisse nicht unternehmerisch selbstständig tätig werden konnten, sondern insoweit vielmehr auf Hilfe angewiesen waren. Auch die Aussagen einiger Zusteller sprechen für einen bedingten Vorsatz des Klägers. So sagte z. B. K. aus, dass er eigentlich als Angestellter hätte arbeiten wollen, der Kläger hätte ihm doch mitgeteilt, dass dies nicht möglich sei, weil er keine Arbeitserlaubnis bekomme. Der Kläger habe gesagt, dass er nur als „Selbstständiger“ für ihn arbeiten könne und er eine Firma anmelden müsse. Außerdem teilte dieser mit, dass er dann seine Frau als Arbeitnehmerin angemeldet habe, da der Kläger ihm dazu geraten habe. Der Kläger hätte gesagt, dass er dies tun müsse, da er (Herr K.) ansonsten eine Strafe zahlen müsste, wenn der Zoll kommt. Auch andere Zusteller hatten angegeben, dass ihnen der Kläger von vornherein mitgeteilt habe, dass nur eine Beschäftigung als Selbstständiger in Frage käme. Herr S. hatte außerdem mitgeteilt, dass nachdem der Zoll im Depot gewesen sei, der Kläger gesagt habe, dass jeder einen Angestellten haben müsse, damit er nicht als „scheinselbstständig“ gelte. Auch der Zusteller Herr P. hatte angegeben, dass das Thema Scheinselbstständigkeit ab und an ein Thema unter den Kollegen gewesen sei und auch der Kläger ab und zu davon redete. Herr P. hatte angegeben, dass er im Juni 2013 seine Freundin angestellt habe, nachdem es ein paar Monate zuvor das Thema Scheinselbstständigkeit im Depot gegeben habe. Der Kläger hätte gesagt, dass man als Selbstständiger einen Angestellten haben sollte. Herr S. hatte auf die Frage, warum er nicht als Arbeitnehmer beschäftigt worden sei, angegeben, dass der Kläger erzählt habe, es bleibe für den Arbeitgeber kaum etwas übrig, wenn die Zusteller angemeldet würden. Insgesamt ergibt sich daraus nach Auffassung des Gerichts, dass dem Kläger das Problem der Scheinselbstständigkeit der Zusteller durchaus bewusst war und er daher auch auf die Zusteller einwirkte, selbst jemanden anzustellen, um eine angebliche selbstständige Tätigkeit zu belegen. Für einen bedingten Vorsatz des Klägers spricht auch, dass er auch ein paar zur Sozialversicherung angemeldete Beschäftigte hatte. Es ist daher davon auszugehen, dass ihm die verschiedenen rechtlichen Möglichkeiten durchaus bekannt waren. Zudem ist zu berücksichtigen, dass im Jahr 2013 ein Statusverfahren zur Klärung des Statuses des Klägers hinsichtlich seiner Tätigkeit für die Beigeladene begann. Der Kläger teilte dazu mit, dass er das Formular diesbezüglich nicht selbst schriftlich ausgefüllt habe, sondern nur telefonisch durch Herrn K. befragt worden sei. Der Kläger gab weiter an, dass das Formular ihm von der Beigeladenen während der sogenannten „Rushhour“ mit anderen Unterlagen zur Unterschrift vorgelegt worden sei. Unabhängig von den Umständen, unter denen dieses Formular ausgefüllt bzw. unterschrieben wurde, ergibt sich daraus jedenfalls, dass dem Kläger spätestens zu diesem Zeitpunkt auch die Möglichkeit bekannt war, durch ein solches Statusverfahren klären zu können, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt. Insoweit erscheint nicht nachvollziehbar, warum der Kläger eine solche Klärung für die Zusteller nicht vorgenommen hat. Insoweit kann er sich daher auch nicht auf einen Rechtsirrtum berufen, da ein solcher Rechtsirrtum nicht unverschuldet ist, wenn nicht die Möglichkeiten zur Klärung des Statutes ausgeschöpft werden. Auch im Satellitendepotvertrag vom 01.06.2013 zwischen dem Kläger und der Beigeladenen war der Kläger verpflichtet worden bezüglich seiner eigenen Tätigkeit für die Beigeladene ein Statusverfahren durchzuführen. Aufgrund der Gesamtumstände hätte es hier nahegelegen, ein solches Statusverfahren auch für die Zusteller durchzuführen. Dies hat der Kläger jedoch unterlassen. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, dass zusammen mit der Beigeladenen eine TÜV-Zertifizierung stattgefunden habe, ergibt sich daraus keine andere Beurteilung. Diese Zertifizierung bezog sich auf die Anforderungen der H.-Gruppe und ersetzt nicht ein Statusverfahren nach § 7 SGB IV. Auch ist nicht erkennbar, dass die Beklagte gegen eine Beratungspflicht verstoßen hat. Insoweit kann auch nicht auf § 13 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verwiesen werden, da es hier nicht um die Beantragung von Sozialleistungen geht. Insoweit erscheint es daher auch nicht nachvollziehbar, wenn der Kläger geltend macht, dass er gezwungen gewesen sei ab 2013 von Herrn S. das Depot zu übernehmen und dann davon ausgegangen sei, dass alles rechtlich in Ordnung sei.
Insgesamt lag daher nach Auffassung des Gerichts für sämtliche streitigen Forderungen im Zeitraum 01.08.2008 bis 31.08.2014 ein bedingter Vorsatz des Klägers vor. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass es ausreichend ist, wenn ein Vorsatz innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist nach § 25 SGB IV eintritt (BSG vom 30.03.2000 – B 12 KR 14/99 R). Ist der Vorsatz irgendwann innerhalb der 4-jährigen Verjährungszeitraums entstanden, verlängert sich die Verjährungsfrist auf 30 Jahre. Die Beiträge aus dem Jahr 2009 wären bei einer vierjährigen Verjährungsfrist erst mit dem 31.12.2013 verjährt. Nachdem, wie bereits ausgeführt, dem Kläger spätestens im Jahr 2013 die Möglichkeit eines Statusverfahrens nach § 7a SGB IV bekannt gewesen sein musste, wäre es insoweit jedenfalls ausreichend, wenn ein Vorsatz innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist, d. h. noch im Jahr 2013 eingetreten ist. Selbst wenn daher ein Vorsatz nicht von Anfang an vorgelegen hätte, wäre es insoweit für die Beiträge für 2009 auch noch ausreichend, wenn spätestens Ende 2013 ein bedingter Vorsatz vorlag. Außerdem ist auch für die Beiträge aus dem Jahr 2008 von einem bedingten Vorsatz nach Auffassung des Gerichts auszugehen. Diese wären bei Annahme einer vierjährigen Verjährungsfrist zwar bereits zum 31.12.2012 verjährt. Nach Auffassung des Gerichts lag jedoch bis spätestens 31.12.2012 ein bedingter Vorsatz des Klägers vor. Insoweit ergibt sich auch aus der Aussage des Zustellers Herrn P., dass dieser bereits im August 2010 seine Ehefrau als eigene Beschäftigte anstellte. Laut Herrn P. seien er und seine Frau nach Deutschland gekommen, um zu arbeiten, aber die Idee, dass er seine Frau anstelle, sei die vom Kläger gewesen. Der Kläger sagte, es sei finanziell von Vorteil, wenn er seine Frau anstelle. Es lag daher für sämtliche streitigen Forderungen vom 01.08.2008 bis 31.08.2014 ein bedingter Vorsatz vor.
Die Forderung ist auch nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in denen sie fällig geworden sind. Bei vorsätzlicher Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen gilt außerdem die dreißigjährige Verjährungsfrist nach § 25 SGB IV. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es keine Rolle spielt, ob der Arbeitgeber bereits im Moment der Lohnzahlung den Vorsatz gehabt hatte Sozialversicherungsbeiträge vorzuenthalten. Es genügt, wenn dieser Vorsatz irgendwann innerhalb des vierjährigen Verjährungszeitraums entstanden ist. Auch dann verlängert sich die Verjährungsfrist auf 30 Jahre (SG D-Stadt vom 09.07.2015). Vorliegend galt die 30-jährige Verjährungsfrist, nachdem, wie bereits dargestellt, ein bedingter Vorsatz jedenfalls jeweils innerhalb der 4-jährigen Verjährungsfrist eingetreten ist.
Ausgehend davon, dass ein bedingter Vorsatz des Klägers vorliegt, hat die Beklagte zurecht die Beiträge auf Grundlage von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV berechnet. Nach dieser Regelung gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart, wenn bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind. Demnach gelten als Arbeitsentgelt zunächst die Einnahmen des Beschäftigten, hinzugerechnet werden auf den Nettobetrag entfallende Lohn- und Kirchensteuer sowie Sozialversicherungsbeitragsanteile des Arbeitnehmers. Es findet dann eine Hochrechnung statt. Voraussetzung ist eine objektive Verletzung zentraler arbeitgeberbezogener Pflichten und ein diesbezüglich vorliegender mindestens bedingter Vorsatz. Es muss sich um eine sogenannte illegale Beschäftigung gehandelt haben. Dabei genügt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung in objektiver Hinsicht, dass der Arbeitgeber die Betroffenen zu Unrecht als selbstständige behandelt hat und insgesamt weder Steuern, noch Beiträge zur Sozialversicherung und zu Arbeitsförderung abgeführt hat. Dies ist vorliegend nach Auffassung des Gerichts der Fall gewesen. Hinzukommen muss dazu in subjektiver Hinsicht ein zumindest bedingter Vorsatz bezogen auf die Vorenthaltung der Beiträge und Steuern. Wie bereits ausgeführt, handelt bedingt vorsätzlich, wer seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat. Auch dies war vorliegend der Fall, wie bereits ausgeführt. Die Annahme einer Nettolohnvereinbarung ist zwingend und unwiderlegbar, sobald illegale Beschäftigung festgestellt ist (§ 14 SGB IV Rn. 316 Juris Praxiskommentar). Die durchgeführte Hochrechnung vom Nettoauf das Bruttoentgelt unter Berücksichtigung der ungünstigsten Steuerklasse VI in Anwendung des Einkommenssteuergesetzes ist rechtmäßig (LSG Baden-Württemberg vom 13.03.2018, L 11 R 609/17). Nach § 39c Abs. 1 Satz 2 EStG hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer nach Steuerklasse VI zu ermitteln, solange der unbeschränkte einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine Lohnsteuerkarte schuldhaft nicht vorlegt oder die Rückgabe der ihm ausgehändigten Lohnsteuerkarte schuldhaft verzögert. Der Arbeitgeber haftet solange ihm keine Lohnsteuerkarte vorgelegt wurde auch nach Ablauf des Kalenderjahres, für das diese ausgestellt wurde, nach Steuerklasse VI. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer zur Einkommensteuer veranlagt wird. Diese Grundsätze gelten auch nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung unabhängig davon, ob unstreitige Arbeitsverhältnisse vorgelegen haben oder ob der Arbeitgeber gegebenenfalls rechtsirrig davon ausgegangen ist, dass keine abhängige Beschäftigung vorlag. Haftet der Arbeitgeber steuerrechtlich nach Steuerklasse VI, so ist dies auch bei der Berechnung der sozia versicherungsrechtlichen Beitragsnachforderungen zugrunde zu legen (LSG Schleswig-Holstein vom 17.09.2015, L 5 KR 146/15 B ER).
Die Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist daher zu Recht erfolgt.
Auch die Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV wurden zutreffend erhoben. Nach § 24 Abs. 2 SGB IV sind Säumniszuschläge, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird nicht zu erheben, wenn der Schuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Das Verschulden entspricht hier § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), d. h. neben Vorsatz werden auch alle Grade von Fahrlässigkeit erfasst, so dass insoweit schon Fahrlässigkeit ausreichend wäre. Nachdem das Gericht hier von einem bedingten Vorsatz ausgeht, waren auch die Voraussetzungen für die Erhebung von Säumniszuschlägen erfüllt.
Insgesamt erfolgte daher auch die Beitragsberechnung zutreffend, so dass die Bescheide auch insoweit rechtmäßig sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und entspricht der insgesamt streitigen Forderung.


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