Arbeitsrecht

Anfechtung einer Wahl zum örtlichen Personalrat eines Hauptzollamtes

Aktenzeichen  AN 7 P 20.00544

Datum:
15.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 1461
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BPersVG § 19 Abs. 4, Abs. 9, § 24 Abs. 1, § 25
BPersVWO § 8 Abs. 3, Abs. 5, § 9 Abs. 3, Abs. 4
GLKrWG Art. 24 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Kein Verbot einer Zweitliste einer Gewerkschaft bei einer Personalratswahl in der Gestalt,   dass neben einem Wahlvorschlag der Gewerkschaft nach § 8 Abs. 3 Satz 4 BPersVWO eine   Beschäftigtenliste der selben Gewerkschaft nach § 8 Abs. 3 Satz 1 BPersVWO antritt (Rn. 23 und 26)
2. Ein unzulässiges, irreführendes Kennwort liegt nicht vor, wenn eine Beschäftigtenliste aus   Mitgliedern einer Gewerkschaft das gängige Gewerkschaftskürzel führt, auch wenn parallel   dazu eine Gewerkschaftsliste nach § 8 Abs. 3 Satz 4 BPersVWO antritt, die ebenfalls dieses   Kürzel verwendet (Rn. 37 und 41)
1. Ein Wahlanfechtungsverfahren nach § 25 BPersVG ist nur dann erfolgreich, wenn ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, der Wählbarkeit oder des Wahlverfahrens vorliegt, eine Berichtigung des Wahlergebnisses nicht möglich ist und eine Beeinflussung des Wahlergebnisses durch den festgestellten Verstoß nicht ausscheidet. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Irreführung im Zusammenhang mit einem Gewerkschaftsvorschlag kommt es auf die Sicht eines gewerkschaftlich Interessierten an. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag auf Wahlanfechtung wird abgewiesen.

Gründe

I.
Die Antragsteller fechten die Wahl zum örtlichen Personalrat beim Hauptzollamt … an.
Das Hauptzollamt … ist übergeordnete Behörde für die Zollämter …, …, …, …, … und … Es entstand in seiner jetzigen Zuständigkeit durch eine Zusammenlegung der Hauptzollämter …, … und … vor 24 bzw. 18 Jahren.
Die Antragsteller waren Kandidaten der freien Wählerliste „…“ für die Gruppe der Beamten bei der vom 31. März bis 2. April 2020 stattgefundenen Wahl zum örtlichen Personalrat (Antragsteller zu 1. auf Listenplatz 1, Antragsteller zu 2. auf Listenplatz 3 und Antragsteller zu 3. auf Listenplatz 5). Für die Wahl zum örtlichen Personalrat für die Gruppe der Beamten sind außerdem die Listen „BDZ …franken-West“, „BDZ M* …-franken“ und „…“ angetreten.
Der Wahlvorschlag der BDZ M* …-franken wurde nach § 8 Abs. 3 Satz 4 Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVWO) eingereicht (Unterzeichnung von zwei Gewerkschaftsvertretern), der Wahlvorschlag der BDZ …franken-West über eine Unterschriftenliste von Beschäftigten nach § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BPersVWO (ein Zwanzigstel der wahlberechtigten Gruppenangehörigen). Der Wahlvorstand hat mit Beschluss vom 12. Februar 2020 den Wahlvorschlag der BDZ …franken-West (Eingang beim Wahlvorstand am 7.2.2020, 75 Unterschriften) und mit Beschluss vom 19. Februar 2020 den Wahlvorschlag der BDZ M* …-franken (Eingang beim Wahlvorstand am 17.2.2020, 2 Unterschriften) als gültige Wahlvorschläge anerkannt.
Der Bezirksverband … (* …*) der Gewerkschaft „BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft“ (im Folgenden: BDZ-Gewerkschaft) ist in 15 Ortsverbände gegliedert, darunter die Ortsverbände …und … Die Trennung der beiden Ortsverbände beruht historisch auf der ehemaligen organisatorischen Trennung der Hauptzollämter … und … bis zum Jahr 2002. Wegen Uneinigkeiten der beiden Ortsverbände bei der Behördenzusammenlegung im Jahr 2002 ist es zu einer Zusammenlegung der Ortsverbände und zu einer gemeinsamen BDZ-Liste beim Hauptzollamt … bisher nicht gekommen. Bei denn den Personalratswahlen 2002, 2004, 2008, 2012 und 2016 sind ebenfalls – wie 2020 – jeweils zwei mit Ortszusatz versehene Listen mit dem Kürzel BDZ angetreten. Zu Wahlanfechtungsverfahren ist es insoweit nicht gekommen.
Vom Eingang der beiden BDZ-Wahlvorschläge erfuhren die Antragsteller im Rahmen einer Sitzung des Wahlvorstandes am 5. März 2020. Mit Stellungnahme an den Wahlvorstand vom 6. März 2020 wendete sich der Antragsteller zu 1. dagegen, dass die BDZ-Gewerkschaft mit zwei Listen auftrete. Eine Gewerkschaft könne gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 BPersVWO zur Wahrung von Chancengleichheit nur einen Wahlvorschlag einbringen. Liege ein Mehrfachvorschlag einer Gewerkschaft vor, sei nach § 10 Abs. 4 BPersVWO vorzugehen und der Wahlvorschlag an die Gewerkschaft zurückzugeben zur Entscheidung darüber, welcher Wahlvorschlag aufrechterhalten werde. Gehe man hier nicht von einem Mehrfachvorschlag der Gewerkschaft aus, läge ein unzulässiges Kennwort im Sinne von § 8 Abs. 5 BPersVWO vvor, das die Ungültigkeit des Wahlvorschlags nach sich ziehe. Bei einem eigenen Gewerkschaftsvorschlag sei es nicht zulässig, dass die Gewerkschaft zusätzlich einen Wahlvorschlag von Beschäftigten maßgeblich unterstütze, weshalb die Verwendung des Gewerkschaftskürzels BDZ als Kennwort des Wahlvorschlags der BDZ …franken-West unzulässig sei, da dies die Unterstützung durch die Gewerkschaft vorspiegele.
Der Wahlvorstand stellte mittels Beschluss am 13. März 2020 hierzu fest, dass die vorgebrachten Bedenken nicht geteilt würden. Es handle sich bei der Liste BDZ* …franken-West nicht um eine Gewerkschaftsliste, sondern um eine von mehr als einem Zwanzigstel der Wahlberechtigten unterzeichnete Liste. Eine Wählertäuschung liege nicht vor. Das Kürzel BDZ sei – auch nach Mitteilung des Bezirksverbandes … der BDZ-Gewerkschaft – kein offizielles Gewerkschaftskürzel, sondern auch für andere Organisationen üblich. Offiziell heiße die Gewerkschaft „BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft, Bezirksverband … (* …*) e.V.“ Die ehemalige Bezeichnung „Bund Deutscher Zollbeamter“ halte sich aber inoffiziell. Die beiden Listen unterschieden sich örtlich; die Kandidaten des Wahlvorschlags der BDZ …franken-West verrichteten ausnahmslos Dienst in …, während die Kandidaten des Wahlvorschlages BDZ M* …-franken ihren Dienst in … verrichteten.
Mit Schriftsatz vom 19. März 2020 machten die Antragsteller für die Wählerliste … beim Verwaltungsgericht Ansbach ein personalvertretungsrechtliches Beschlussverfahren mit dem Ziel der Ungültigerklärung des Wahlvorschlags BDZ* …franken-West anhängig. Zur Begründung wurde insbesondere auf den Inhalt der Intranetseiten der Zollverwaltung und die Internetseite www. … verwiesen, wo zu den Personalratswahlen zum örtlichen Personalrat … auf die Liste der „BDZ OV …“ und Liste „BDZ OV …“ verwiesen werde. Auch auf der Facebookseite der BDZ …franken-West werde auf die „BDZ-Listen“ verwiesen.
Die Personalratswahl hat folgendes Wahlergebnis ergeben:
BDZ* …fanken-West: 149 Stimmen 4 Sitze
BDZ M* …-franken: 106 Stimmen 3 Sitze
…: 93 Stimmen 2 Sitze
…: 36 Stimmen 1 Sitz
Mit Schriftsätzen vom 9. April 2020 teilten der Antragsteller zu 1. und der Antragsteller zu 2., mit Schriftsatz vom 14. April 2020 der Antragsteller zu 3. mit, dass die Positionen nunmehr im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens verfolgt würden. Ein Screenshot der Facebookseite der BDZ …franken-West, der unter anderem darstellt, dass die „BDZ-Fraktion“ 8 von 11 Personalräten stelle [Anm.: Ergebnis einschließlich der Angestelltenvertreter], wurde vorgelegt und vorgetragen, dass für die Wahl des Bezirkspersonalrats die Vertreter der beiden BDZ-Listen auf einer einzigen Liste kandidiert hätten.
Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2020 beantragte der nunmehr im Gerichtsverfahren beteiligte örtliche Personalrat beim Hauptzollamt … (Beteiligter zu 1.) über seinen Prozessbevollmächtigten, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Schriftsatz vom 15. Mai 2020 ausgeführt, dass die Zusammenhänge, nämlich die historisch bedingte Aufteilung in zwei Ortsverbände aufgrund der Uneinigkeit der Verbände und die Einreichung eines Vorschlags durch die Gewerkschaft und eines durch Beschäftigte, im Kreise der Beschäftigten allgemein bekannt seien und die Gefahr einer Irreführung damit nicht vorliege. Die Handhabung entspreche der Praxis in den letzten 20 Jahren. Außerdem habe die Liste der Antragsteller die Problematik der zwei BDZ-Listen zum Gegenstand ihres Wahlkampfes gemacht. Auf ein Informationsschreiben der Liste der Antragsteller im Rahmen des Wahlkampfes wurde hingewiesen; danach führt …aus, dass die Zulässigkeit der Liste der BDZ …franken-West angezweifelt werde und das Antreten als freie Liste mit der Unterstützung der Gewerkschaft im Rücken vom Gesetzgeber nicht gewollt sein könne. Nach Ansicht des Beteiligten zu 1. liege weder ein unzulässiger Zweitvorschlag vor, noch sei ein irrführendes Kennwort benutzt worden. Der Antrag sei außerdem deshalb unbegründet, weil selbst bei der Annahme einer Zusammenlegung der beiden BDZ-Listen sich eine Anzahl von sieben Sitzen für die BDZ insgesamt ergäbe. 35 der 38 Bewerber der Liste BDZ …franken-West seien Mitglieder der BDZ-Gewerkschaft.
Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2020 beantragte der nunmehrige Prozessbevollmächtigte der Antragsteller,
die in der Zeit vom 31. März bis 2. April 2020 erfolgte Wahl des Personalrats beim Hauptzollamt … hinsichtlich der Liste der BDZ …franken-West für ungültig zu erklären.
Zur Begründung wird mit Schriftsätzen vom 6. Oktober und 30. November 2020 ausgeführt, dass bis zum Jahr 2016, als erstmals die Liste der Antragsteller aufgetreten sei, allein die beiden Ortsverbände der BDZ angetreten seien. Es werde deshalb seit Jahren der Eindruck erweckt, dass es sich um eine Gewerkschaftsvertreterwahl handle. Beide BDZ-Listen hätten im Wahlkampf Werbematerial und Mitgebsel mit dem Logo „BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft“ verteilt und betont, dass nur durch den Rückhalt einer Gewerkschaft eine sinnvolle, konstruktive und zielführende Personalpolitik möglich sei. Die beiden Listenführer seien auch Vorsitzende der beiden Ortsverbände. Das Antreten von zwei Listen mit dem Kürzel BDZ sei irreführend und geeignet, die Wahl in unzulässiger Weise zu beeinflussen. Das Kürzel BDZ werde im Bereich der Zollverwaltung mit der Gewerkschaft gleichgesetzt, auch wenn sich der offizielle Name der Gewerkschaft zwischenzeitlich geändert habe. Bei objektiver Betrachtung werde bei dem Kürzel BDZ ein Wahlvorschlag der Gewerkschaft gesehen. Es sei nicht sichergestellt, dass allen Wahlberechtigten die wahren Umstände bekannt und bewusst gewesen seien. Es sei auch nicht sicher, dass die Aufklärung durch die Antragsteller im Wahlkampf alle erreicht habe. Die Wahlberechtigten 2020 seien auch nicht mit denen der früheren Jahre identisch, es sei nicht gewährleistet, dass den erstmals Wahlberechtigten die Umstände umfassend klar seien. Die Wahlkampfveranstaltungen der Liste der Antragsteller hätten nicht alle erreicht. Bei der alleinigen Informationsveranstaltung vom 5. Februar 2020 seien nur fünf Personen anwesend gewesen und das Problem noch gar nicht bekannt gewesen. Bei der von* … am 18. März 2020 an alle Beschäftigten des Hauptzollamts verschickten E-Mail sei nicht sichergestellt, dass diese auch von allen zur Kenntnis genommen worden sei.
Mit Schriftsatz vom 23. November und 16. Dezember 2020 widersprach der Beteiligte zu 1. den Ausführungen der Antragsteller. Spätestens zur Personalratswahl 2012 seien bereit Listen und Listenvereinigungen der Gewerkschaft …und der* …angetreten und seitdem seien diese auch im örtlichen Personalrat vertreten. Bei der Wahl 2016 sei die Rechtmäßigkeit der beiden Listen von … nicht angezweifelt worden. Eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden BDZ-Listen bestehe nicht. Eine Zweitliste der Gewerkschaft liege nicht vor. Dass auch die Liste der BDZ …franken-West inhaltlich von der BDZ-Gewerkschaft mitgestaltet und unterstützt werde, sei unstreitig. Ein falsches Suggerieren könne sich damit allenfalls auf das Unterschriftenprivileg beziehen. Es sei fraglich, ob es sich insoweit um eine relevante Information handle. Ein Irreführungsrisiko sei jedenfalls vor der Wahl vollständig durch die E-Mail an sämtliche Beschäftigte und eine Informationsveranstaltung ausgeräumt worden. Nach der Rechtsprechung wäre eher das Weglassen des Kürzels problematisch gewesen, weil dann irreführend eine freie Liste vorgespiegelt worden wäre. Es handle sich um ein übliches Vorgehen, das bundesweit so praktiziert werde. Auch der Wahlvorstand zum Hauptpersonalrat beim Bundesministerium für Finanzen habe auf Nachfrage das Vorgehen als rechtmäßig bestätigt. Nach der Rechtsprechung liege der Sinn des Gewerkschaftsprivilegs darin, dass sich eine Gewerkschaft keine bessere Position durch unbeschränkt viele Wahlvorschläge verschaffen dürfe. Diese Gefahr bestehe vorliegend nicht, da jeder Beschäftigte nur eine Liste mit seiner Unterschrift unterstützen dürfe, so dass es gar nicht zu unbeschränkt vielen Wahlvorschlägen kommen könne. Die Gefahr, dass die Mails an die Beschäftigten im Spam-Ordner landen, sei nicht gegeben gewesen, da eine behördeninterne E-Mail-Adresse verwendet worden sei. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme komme es nicht an, sondern darauf, ob eine Irreführung vorliege.
In der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2021 beantragten die Antragsteller,
die durchgeführte Wahl zum örtliche Personalrat beim Hauptzollamt … in der Gruppe der Beamten für unwirksam zu erklären Für den Verlauf der Anhörung/mündliche Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird darüber hinaus auf die Gerichtsakte und die vom Gericht beigezogenen Wahlunterlagen Bezug genommen.
II.
Der Wahlanfechtungsantrag ist zulässig (1.) aber unbegründet. Die Anfechtung der Wahl zum örtlichen Personalrat in der Gruppe der Beamten bleibt trotz Einhaltung aller formellen Anforderungen an die Wahlanfechtung durch die Antragsteller (2.) ohne Erfolg, weil ein Verstoß gegen eine wesentliche Vorschrift des Wahlverfahrens i.S.v. § 25 BPersVG nicht festgestellt werden kann (3.).
1. Das ursprünglich auf die Ungültigerklärung des Wahlvorschlags der Liste BDZ …franken-West gerichtete personalrechtliche Beschlussverfahren wurde – nach stattgefundener Wahl und damit nicht weiter verfolgbarer Ungültigkeitsfeststellung (vgl. Gronimus, Wahlanfechtung bei Personalräten, PersV 2019, 436, 437, Altvater/Baden/Berg/Kröll/Noll/Seulen, BPersVG, 8. Aufl. 2013, § 25 Rn. 1, VG Meiningen, B.v. 27.3.2013 – 4 P 50004/12 – juris Rn. 19 m.w.N.) – wirksam auf ein Wahlanfechtungsverfahren umgestellt. Nach der insoweit eindeutigen Antragstellung und dem ausdrücklichen Bekunden der Antragstellerseite in der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2021 wird die Wahl zum örtlichen Personalrat nur hinsichtlich der Wahl der Beamtenvertreter angefochten, nicht auch hinsichtlich der gewählten Angestelltenvertreter. Eine derartige Teilanfechtung ist zulässig (und ausreichend), soweit der gerügte Fehler nur die Wahl der Gruppe Beamten betrifft und das Wahlergebnis die Gruppe der Angestellten nicht beeinflussen kann (BVerwG, B.v. 6.6.1991 – 6 P 8/89 – juris Rn. 25, Lorenzen/Etzel/Gerhold/ Schlatmann/Rehak/Faber/Griebeling/Hebeler, BPersVG, Stand Mai 2020, § 25 Rn. 32). Dies ist hier Fall, weil zur Wahl in der Gruppe der Angestellten neben einem Wahlvorschlag der Gewerkschaft ver.di nur eine einheitliche Liste BDZ angetreten ist und sich deshalb bei der Gruppe der Angestellten weder die aufgeworfene Frage einer unzulässigen Zweitliste noch die Frage eines irreführenden Kennworts stellt.
2. Die Wahlanfechtung erfolgte auch formell ordnungsgemäß durch drei Wahlberechtigte und innerhalb der Frist von 12 Arbeitstagen (Schriftsätze der Antragsteller zu 1. und 2. vom 9.4.2020, Schriftsatz des Antragstellers zu 3. vom 14.4.2020). Die in diesen Schriftsätzen noch fehlende konkrete Antragstellung ist unschädlich. Wird die Wahlanfechtung wie dort ohne Einschränkung, aber ausdrücklich und klar erklärt, ist von einer Wahlanfechtung mit dem Ziel der Ungültigerklärung der Wahl zur Eröffnung des Wegs einer Neuwahl auszugehen. Eine Beschränkung von vorneherein auf einen bloßen Berichtigungsantrag kann darin nicht gesehen werden. Hierfür bestanden keinerlei Anhaltspunkte. Angesichts des gerügten Fehlers wäre ein Berichtigungsantrag auch kaum erfolgversprechend gewesen und ist deshalb fernliegend.
Die etwas unklare spätere Antragstellung im Schriftsatz vom 6. Oktober 2020 stellte ebenfalls keine Beschränkung des Wahlanfechtungsantrags dar. Die Bezugnahme auf die Liste der BDZ …franken-West im Antrag sollte lediglich die Begründung des Antrags in Kurzform wiedergegeben, nicht aber eine irgendwie geartete inhaltliche Beschränkung des Antragsgegenstandes darstellen.
Nicht schädlich ist auch, dass die Wahlanfechtung nicht von Anfang an ausdrücklich auf die Gruppe der Beamten beschränkt wurde. Es war, wie sich dem Gesamtvorbringen entnehmen lässt und bei der mündlichen Anhörung konkret erklärt wurde, von Anfang an die Anfechtung nur der Wahl in der Beamtengruppe gewollt. Auch einer im Laufe des Verfahren vorgenommen Beschränkung auf nur eine Gruppe eines zunächst umfassenden Wahlanfechtungsantrags bezüglich aller Gruppen stünden – anders als beim umgekehrten Fall einer Erweiterung – keine Bedenken entgegen.
3. Ein Wahlanfechtungsverfahren nach § 25 BPersVG ist jedoch nur dann erfolgreich, wenn ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, der Wählbarkeit oder des Wahlverfahrens vorliegt, eine Berichtigung des Wahlergebnisses nicht möglich ist und eine Beeinflussung des Wahlergebnisses durch den festgestellten Verstoß nicht ausscheidet. Ein solcher Verstoß gegen Wahlrechtsbestimmungen liegt nach Ansicht des Gerichts hier nicht vor. Weder stellt das parallele Antreten der beiden BDZ-Wahlvorschläge als solches (als unzulässige Zweitliste) einen Wahlfehler dar, noch liegt eine Wählerirreführung, insbesondere durch die Verwendung eines unzulässigen Kennworts, vor.
a) Das Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) und die aufgrund von § 115 BPersVG erlassene Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVWO) verbieten – anders als die Antragsteller meinen – das Antreten einer Gewerkschaft bzw. ihrer Mitglieder mit mehreren Wahlvorschlägen nicht grundsätzlich. Der hier in Frage stehende Weg von parallelen Wahlvorschlägen, die beide inhaltlich am Programm der gleichen Gewerkschaft orientiert sind (was hier zwischen den Beteiligten unstreitig ist), von denen einer über § 8 Abs. 3 Satz 4 BPersVWO (hier: BDZ M* …-franken) und einer über § 8 Abs. 3 Satz 1 BPersVWO (hier: BDZ …franken-West) eingebracht worden ist, ist nicht zu beanstanden, soweit jede Wahlvorschlagsliste für sich genommen – so wie hier – ordnungsgemäß eingebracht worden ist. Ein Verbot von Mehrfachwahlvorschlägen einer Gewerkschaft bzw. eine Beschränkung derart, dass eine Gewerkschaft nur mit einer „offiziellen“ Liste nach § 8 Abs. 3 Satz 4 BPersVWO, nicht aber zusätzlich mit einer Liste über die Beschäftigten nach § 8 Abs. 3 Satz 1 BPersVWO antreten dürfte, existiert nicht. Dies folgt insbesondere nicht aus § 9 Abs. 3 oder Abs. 4 BPersVWO.
Nach § 19 Abs. 4 Satz 1 BPersVG können wahlberechtigte Beschäftigte und in der Dienststelle vertretene Gewerkschaften Wahlvorschläge machen, wobei für den Beschäftigtenvorschlag
§ 19 Abs. 4 Satz 2 BPersVG und § 8 Abs. 3 Satz 1 bis 3 BPersVWO bei getrennten Gruppenwahlen weiter bestimmen, dass ein Vorschlag aus dem Kreis der Beschäftigten von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Gruppenangehörigen unterzeichnet werden muss.
§ 19 Abs. 9 BPersVG und § 8 Abs. 3 Satz 4 BPersVWO regeln für den Vorschlag einer Gewerkschaft, dass dieser von zwei Beauftragten der in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaftsangehörigen unterzeichnet sein muss. § 9 Abs. 3 BPersVWO regelt über das BPersVG hinaus weiter, dass jeder Beschäftigte seine Unterschrift nur für einen Beschäftigtenvorschlag abgegeben darf (Satz 1) und jeder Beauftragte einer Gewerkschaft nur einen Wahlvorschlag pro Gruppe unterzeichnen darf (Satz 2). Ein ausdrückliches Verbot für ein Nebeneinander von einem „offiziellem“ Gewerkschaftsvorschlag und einem Beschäftigtenvorschlag aus dem Kreis von Angehörigen derselben Gewerkschaft ergibt sich aus dem Wortlaut des BPersVG und der BPersVWO damit nicht. Vom Wortlaut her ist nur die Unterzeichnung von mehreren Wahlvorschlagslisten durch eine und dieselbe Person untersagt.
Nach der Überzeugung des Gerichts kann dies den Normen von BPersVG und BPersVWO auch nicht im Wege der Auslegung entnommen werden. Neben dem Wortlaut des § 9 Abs. 3 BPersVG, der diese Auslegung nicht hergibt, sprechen auch die Historie zu den beiden Einbringungswegen eines Wahlvorschlags, deren Sinn und Zweck und der Vergleich mit den Regelungen im Kommunalwahlrecht gegen diese Auslegung.
Der Gewerkschaftsvorschlag nach § 19 Abs. 9 BPersVG, § 8 Abs. 3 Satz 4, § 9 Abs. 3 Satz 2 BPersVWO ist durch ein Änderungsgesetz vom 30. Juni 1989 eingeführt worden. Mit dem gleichen Gesetz wurde auch das notwendige Quorum für den Beschäftigtenvorschlag von einem Zehntel auf ein Zwanzigstel herabgesetzt. Hintergrund der Änderung war – zumindest auch – eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16. April 1984 (Az. 2 BvL 20/82, 2 BvL 21/82 – juris), die das Quorum von einem Zehntel als mit Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 9 Abs. 3 GG bzw. den auch für eine Personalratswahl geltenden Grundsätzen der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl für unvereinbar erachtet hatte und eine übermäßige Einschränkung der Wahlfreiheit der Beschäftigten durch das Quorum von einem Zehntel angenommen hatte. Das mit dem Quorum verbundene Ziel, den Wahlakt auf ernsthafte Bewerber zu beschränken, erfordere nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts das hohe Quorum von einem Zehntel nicht, sondern sei übermäßig. Die Rüge des Bundesverfassungsgerichts und das Ziel der Neuregelung gingen damit dahin, eine zusätzliche Öffnung bzw. eine Erleichterung für weitere Wahlvorschläge zu ermöglichen, hatte aber nicht die Zielrichtung, eine zusätzliche und neue Schranke aufzustellen. Zu Recht werden die im Vergleich zum Beschäftigtenvorschlag erleichterten Voraussetzung für einen Wahlvorschlag als Gewerkschaftsprivileg verstanden (vgl. hier-zu Fischer/Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, Wahlordnung § 8 Rn. 13; Sullwold, Das Kennwort bei der Personalratswahl, ZfPR 2008, 24 ff. – II 4.4). Eine Beschränkung für die Gewerkschaft ergibt sich aus dem Gewerkschaftsprivileg nach der Überzeugung des Gerichts nur dahingehend, dass jede Gewerkschaft das Privileg nur einmal in Anspruch nehmen darf (vgl. Formulierung des § 9 Abs. 3 Satz 2 BPersVWO: „Jede … Gewerkschaft durch ihre Beauftragte nur einen Wahlvorschlag …), schon gar nicht dahingehend, dass Gewerkschaftsangehörige nicht über den Weg eines Beschäftigungsvorschlages vorgehen dürften oder andere Wahlvorschläge kein gewerkschaftlichen Ziele verfolgen dürften oder von einer Gewerkschaft nicht inhaltlich unterstützt werden könnten. Eine solche Einschränkung wäre kaum genauer definierbar und überprüfbar. Es würde vor allem aber eine nicht gerechtfertigte staatliche Einschränkung der Wahlfreiheit darstellen (so für den Bereich der Kommunalwahlen BayVerfGH, E. v. 28.1.1993 – 25-VI-92 u.w. – juris insbes. Leitsatz und Orientierungssatz 7).
Für Kommunalwahlen existiert in Bayern zwar eine allgemein als Verbot von Zweitlisten bezeichnete Beschränkung beim Wahlvorschlagsrechts. Ein Verstoß hiergegen läge aber, selbst wenn man dies im Personalvertretungsrecht entsprechend anwenden würde, hier nicht vor. Bei Kommunalwahlen darf nach Art. 24 Abs. 3 Satz 1 GLKrWG jeder Wahlvorschlagsträger nur einen Wahlvorschlag einreichen; nach Art. 24 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 GLKrWG liegt ein unzulässiger Zweitvorschlag auch dann vor, wenn ein Wahlvorschlagsträger durch seine Organe einen weiteren Wahlvorschlag (…) beherrschend betreibt. In der o.g. Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshof stellte dieser zu der Vorgängerregelung hierzu, des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GWG, klar, dass sich die Frage, ob ein unzulässiger Zweitvorschlag vorliegt, nach formellen Kriterien, nicht aber nach inhaltlichen Kriterien bemisst. Nur wenn die Träger von Wahlvorschlägen identisch sind, also die Organe der Partei einen weiteren Vorschlag betreiben, liegt ein unzulässiges Doppelauftreten vor, nicht aber bei Wahlvorschlagen von mit einander verwandten oder verbunden Parteien und keinesfalls schon bei inhaltlichen Gemeinsamkeiten von Parteien (vgl. BayVerfGH, E. v. 28.1.1993 – 25-VI-92 u.w. – juris insbes. Leitsätze und Orientierungssätze 3 bis 6). Nach diesen Kriterien, handelt es sich bei der Liste der BDZ …franken-West nicht um einen Zweitvorschlag der BDZ-Gewerkschaft. Die Gewerkschaft bzw. ihre Funktionäre selbst betreiben den Wahlvorschlag nicht, sondern Beschäftigte der Dienststelle, die zwar überwiegend, aber auch nicht vollständig Gewerkschaftsmitglieder sind.
Von seinem Sinn und Zweck her besteht für das Zweitlistenverbot des Kommunalwahlrechts bei Personalratswahlen aber schon kein Bedürfnis, so dass es nicht analog angewandt werden kann bzw. es nicht in § 9 Abs. 3 BPersVWO als angelegt angesehen werden kann. Das Verbot nach Art. 24 Abs. 3 Satz 1 GLKrWG (bzw. Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GWG alt) rührt aus der Vorschrift im Kommunalwahlrecht her, dass ein Wahlvorschlag einer Partei höchstens so viele Bewerber enthalten darf wie im Gremium Sitze zu vergeben sind (vgl. Art.19 Abs. 2 Satz 1 GWG alt, § 25 Abs. 2 Satz 1 GLKrWG). Diese zahlenmäßige Kandidatenbeschränkung führt bei Kommunalwahlen leicht zu Umgehungsversuchen über den Antritt einer weiteren Liste derselben Partei, was mit dem Verbot von Zweitlisten verhindert werden soll. Da eine solche Beschränkung im Personalvertretungsrecht aber nicht existiert, sondern im Gegenteil Wahlvorschlagslisten mindestens doppelt so viele Bewerber enthalten sollen wie Personalratssitze zu vergeben sind (vgl. § 8 Abs. 1 BPersVWO), besteht eine Umgehungsgefahr, der begegnet werden müsste, nicht. Eine entsprechende Anwendung des Zweitlistenverbots auf die Personalratswahl bzw. eine Auslegung der Regelung des § 9 Abs. 3 Satz 2 BPersVWO in diese Richtung verbietet sich damit.
Auch aus der Vorschrift des § 9 Abs. 4 BPersVWO, wonach eine Verbindung von Wahlvorschlägen unzulässig ist, ergibt sich keine Unzulässigkeit des hier streitgegenständlichen Vorgehens. Eine Listenverbindung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn zwei Listen derart miteinander verbunden sind, dass bei der Wahlauszählung die Stimmen von mehreren Listen zusammengerechnet werden sollen (Fischer/Goeres, BPersVWO § 9 Rn. 11a, Altvater, BPersVWO § 9 Rn. 6), wenn mehrere Vorschläge gegenüber anderen Vorschlägen als einheitlicher Vorschlag zu betrachten sind (Ilbertz/Widmaier/Sommer, Bundespersonalvertretungsgesetz, 12. Aufl. 2012, BPersVWO § 9 Rn. 6). Dies ist hier nicht der Fall. Beide BDZ-Listen sind vollständig eigenständig angetreten und sind – dem Plan der Listeneinreicher entsprechend – getrennt ausgezählt worden. Beide Listen haben „ihre“ Kandidaten über eine getrennte Auszählung und Verteilung der Sitze nach dem Verfahren nach D‘Hondt in den örtlichen Personalrat berufen.
Die in der Abhandlung von Sullwold (Das Kennwort bei der Personalratswahl, a.a.O., dort unter II. 4.4.) vertretene These des Verbots eines Beschäftigtenvorschlags aus dem Kreis von Gewerkschaftsmitgliedern neben einem originären, über § 8 Abs. 3 Satz 4 BPersVWO eingebrachten Gewerkschaftsvorschlag teilt das erkennende Gericht nicht.
b) Auch sonst liegt nach Auffassung des Gerichts kein Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift oder einen Grundsatz des BPersVG vor. Einen Minderheitenschutz für kleinere Wählerlisten bzw. einen Chancengleichheitsgrundsatz derart, dass kleinere Wählerlisten gegen eine „beherrschende“ Stellung einer Gewerkschaft gegebenenfalls geschützt werden müssten, kennt das Personalvertretungsrecht nicht. Dass eine Gewerkschaft (über den oben dargelegten Weg einer zusätzlichen Beschäftigtenliste) mit mehreren Listen örtlich unterschiedlicher Ausrichtung antritt, ist ebenfalls rechtlich unbedenklich. Örtliche Aufteilungen oder Schwerpunktsetzungen verbietet das BPersVG nicht. Die Wahlvorschlagsträger sind vielmehr in der inhaltlichen Ausgestaltung ihrer Wahlprogramme – innerhalb der (straf-)gesetzlichen Grenzen – frei.
Dass mit der regionalen Ausrichtung (allein) ein Nachteil für andere Wählerlisten beabsichtigt war, was als bewusst schädigendes Verhalten als Verstoß gegen die guten Sitten i.S.v. § 24 Abs. 1 Satz 1 BPersVG qualifiziert werden könnte, ist hier nicht der Fall. Der Hintergrund der zwei Wahlvorschläge liegt eindeutig nachvollziehbar und unbestrittenermaßen in der Historie des Hauptzollamtes … und rührt aus der alten Verbundenheit der Beschäftigten mit den ehemals getrennten Dienststellen und den getrennten Ortsverbänden her.
c) Das Vorgehen stellt auch nicht deshalb eine gegen die guten Sitten verstoßende Beeinflussung der Wähler im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 BPersVG dar, weil die Liste BDZ …franken-West ein unzulässiges, irreführendes Kennwort verwendet hätte. Die Nutzung des Kürzels BDZ als übliches Kürzel der BDZ-Gewerkschaft im Wahlvorschlag der BDZ …franken-West ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Nach § 8 Abs. 5 BPersVG soll jeder Wahlvorschlag mit einem Kennwort versehen werden. Inhaltliche Regularien zur Kennwortwahl macht das BPersVG nicht. Das Kennwort dient nach allgemeiner Auffassung der Unterscheidung und Identifizierung der Wahlvorschläge (Süllwold, a.a.O, Anm. II 1, Altvater, BPersVWO, § 8 Rn. 20, Ballerstedt, Bayerisches Personalvertretungsgesetz mit Wahlordnung, Stand Dez. 2019, WO-BayPersVG, § 8 Rn. 52). Es soll die Wähler assoziativ ansprechen (OVG Brandenburg, B.v. 4.2.1999 – 6 A 194/98.PVL – juris Rn. 35) und stellt damit auch einen Teil der Wahlwerbung dar (Ballerstedt, WO-BayPersVG, § 8 Rn. 52, BayVGH, B.v. 7.3.2017 – 17 P 16.2124 – juris). Das Kennwort gibt in der Praxis regelmäßig an, von welcher Gruppierung der Vorschlag stammt (Altvater, BPersVWO § 8 Rn. 20, Fischer/Goeres, BPersVWO § 8 Rn. 8). Eine Gewerkschaft ist aber nicht verpflichtet, in ihrem Wahlvorschlag ihr Kürzel zu verwenden (Fischer/Goeres, BPersVWO § 8 Rn. 19a). Nach der arbeitsgerichtlichen und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung darf ein Kennwort allerdings nicht zu Verwechslungen führen und irreführend sein (BAG, B.v. 15.5.2013 – 7 ABR 40/11 – juris Rn. 20; B.v. 26.10.2016 – 7 ABR 4/15 – juris Rn. 21; HessVGH, B.v. 24.2.2005 – 22 TL 2583/04 – juris Rn. 23 m.w.N.). Ist dies der Fall, liegt der Fall der gegen die guten Sitten verstoßenden Wahlbeeinflussung und damit ein Verstoß gegen § 24 Abs. 1 Satz 1 BPersVG) vor. Ein irreführendes Kennwort stellt nämlich einen Angriff auf die Wahlautonomie dar und schränkt damit das aktive Wahlrecht der Wähler ein (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 2 BPersVG). Ob ein Kennwort irreführend ist, ist anhand objektiver Kriterien zu beurteilen; es genügt dabei die Gefahr der Irreführung. Es kommt hingegen nicht darauf, ob eine Täuschung beabsichtigt ist (BVerwG, B.v. 23.7.1970 – VII P 8.70 – PersV 1971, 143 f.; dort auch zitiert BVerwG, B.v. 14.6.1959 – VII P 13.58; Altvater, BPersVWO § 8 Rn. 21; Fischer/Goeres, BPersVWO, § 8 Rn. 20). Anderseits genügt für eine Verwechslungsgefahr nicht jede theoretische, aber konkret fernliegende Möglichkeit einer Fehlvorstellung.
Eine Irreführung durch ein Kennwort sehen die Rechtsprechung und das Schrifttum im Zusammenhang mit einem gewerkschaftlichen Vorschlag im Wesentlichen übereinstimmend dann, wenn ein rein bzw. ganz überwiegend von Gewerkschaftmitgliedern getragener Wahlvorschlag mit dem Schlagwort „freie Liste“ oder „unabhängig“ verbunden ist (Fischer/Goeres, BPersVWO § 8 Rn. 20; HessVGH, B.v. 24.2.2005 – 22 /L 2583/04 – juris Rn. 25 ff.). Eine solche Bezeichnung oder ein solcher Zusatz erweckt nämlich den Eindruck, dass jedenfalls auch unabhängige Kandidaten auf dem Wahlvorschlag vorhanden sind (HessVGH, B.v. 24.2.2005 – 22 TL 2583/04 – juris). Nicht schädlich bzw. irreführend ist es jedoch, wenn eine als freie Liste bezeichnete Wählerliste neben nicht organisierten Kandidaten auch gewerkschaftlich organisierte Bewerber enthält (BayVGH, B.v. 15.6.1961, BayVBl. 1961, 316; OVG Nordrhein-Westfalen 27.10.1958, ZBR 1959, 133; VG Ansbach, B.v. 6.12.2001 – AN 7 P 00.00617 – juris).
Schwieriger und in der Literatur und der Rechtsprechung nicht klar und nicht einheitlich behandelt wird hingegen die hier in Mitte stehende Konstellation, dass ein Gewerkschaftskürzel verwendet wird für einen Beschäftigentenvorschlag nach § 8 Abs. 3 Satz 1 BPersVWO. Einigkeit besteht weitgehend, dass die Frage, ob eine Gewerkschaft hinter einen Wahlvorschlag steht, diesen stützt und teilt, für die Wähler eine wichtige und maßgebliche Information darstellt, denn Wähler berücksichtigen bei ihrer Wahl die von der Gewerkschaft verkörperte Macht und Einflussmöglichkeit; Gewerkschaften beraten und unterstützen ihre Mitglieder und diese erklären über ihre Wahlentscheidung umgekehrt ihre Zustimmung, Unterstützung und Verbundenheit (OVG Brandenburg, B.v. 4.2.1999 – 6 A 194/98.PVL – juris Rn. 28; VGH Baden-Württemberg, B.v. 12.4.2007 – PL 15 S 940/05 – juris Rn. 26). Wird der Beschäftigtenvorschlag nicht tatsächlich von der Gewerkschaft unterstützt, sondern dies über das Kürzel nur suggeriert, liegt somit eine unzulässige Wählertäuschung vor.
Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da die BDZ-Gewerkschaft die Verwendung „ihres“ Kürzels der Liste BDZ …franken-West zugestanden hat und den Wahlvorschlag parallel zum Wahlvorschlag der BDZ M* …-franken erlaubt, ihn jedenfalls bewusst duldet und inhaltlich und personell mitträgt. Dies ist vorliegend unstreitig, durch die Auftritte auf den genannten Internetseiten der Ortsverbände und in den sozialen Medien belegt und dies legt auch die oben dargelegte Historie zum Anftreten von zwei BDZ-Listen nahe.
Eine Täuschung kann sich in der vorliegenden Konstellation allenfalls auf die Frage, wer den Wahlvorschlag eingebracht hat, beziehen. Eine unzulässige Irreführung läge insofern aber nur dann vor, wenn mit der Verwendung des Gewerkschaftkürzels suggeriert würde, dass es sich um einen nach § 8 Abs. 3 Satz 4 BPersVWO eingebrachten Wahlvorschlag durch zwei in der Dienststelle beschäftigen Beauftragten der Gewerkschaft handelt und diese Information für den Wähler auch von Bedeutung ist.
Entgegen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht für eine vergleichbare Vorschrift des Betriebsverfassungsgesetzes (BAG, B.v. 15.5.2013 – 7 ABR 40/11 – juris, B.v. 26.10.2016 – 7 ABR 4/15- juris) hält das erkennende Gericht die Verwendung des Gewerkschaftskürzels für einen Beschäftigtenvorschlag aus den Reihen der Gewerkschaftsmitglieder nicht für generell unzulässig bzw. ist die Verwendung des Kürzels nicht automatisch mit der Aussage verbunden, dass es sich einen „offiziellen“ Gewerkschaftsvorschlag nach § 8 Abs. 3 Satz 4 BPersVWO handelt (so auch BVerwG, B.v. 13.6.1966 – VII P 6.65 – PersV 166, 132 f.; VGH Baden-Württemberg, B.v. 12.4.2007 – PL 15 S 940/05 – juris – unter Aufhebung der Vorinstanz VG Stuttgart, B.v. 26.9.2005 – PL 21 K 8/05 – juris). Jedenfalls besteht im vorliegenden Fall aufgrund der konkurrierend auftretenden BDZ-Listen und der örtlichen Zusatzbezeichnung konkret keine Verwechslungsgefahr, auch nicht über den Einbringungsvorgang (vgl. zum Ausschluss der Fehlvorstellung durch erläuternde Zusätze auch VG Potsdam, B.v. 26.8.1998 – 16 K 2312/98.PVL – juris, OVG Brandenburg, B.v. 4.2.1999 – 6 A 194/98.PVL – juris). Der formelle Einreichungsweg ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts darüber hinaus auch eine für den Wähler regelmäßig nicht entscheidende Information, was eine Wähler-Irreführung damit grundsätzlich ausschließt (hierzu ebenso tendierend, im Ergebnis aber offengelassen OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 7.11.2014 – 62 PV 16.13 – PersV 2015, 136 ff.).
Zur Begründung im Einzelnen:
Das BPersVG verbietet es Gewerkschaften nicht, einen Wahlvorschlag im Wege des Beschäftigtenvorschlags nach § 8 Abs. 3 Satz 1 BPersVWO einzubringen. Wie unter 3.a). dargelegt, stellt das Vorgehen über § 8 Abs. 3 Satz 4 BPersVWO lediglich eine zusätzliche Möglichkeit der Gewerkschaften, eine Privilegierung, aber keine Beschränkung bzw. Verpflichtung der Gewerkschaften dar. Das Vorgehen von Gewerkschaften über den Beschäftigtenvorschlag ist in der Praxis auch nicht unüblich; wegen der mit der Unterschrifteneinholung verbundenen persönlichen Wahlwerbung, wählen Gewerkschaften mitunter diesen Weg bewusst. Ist eine Gewerkschaft an einem solchen Vorgehen aber nicht gehindert und ist dies sogar eine gängige Praxis, ist eine beim Wähler hervorgerufene Fehlvorstellung alleine durch ein Gewerkschaftskürzel fernliegend.
Für die Irreführung im Zusammenhang mit einem Gewerkschaftsvorschlag kommt es nach Rechtsprechung im Übrigen auf die Sicht eines gewerkschaftlich Interessierten an (BVerwG, B.v. 13.5.1966 – VII P 5.66 – PersV 1966, 132 f., B.v. 23.10.1970 – VII P 8.79 – PersV 1971, 143 f.). Dieser verfügt regelmäßig über das Wissen, dass ein zweifacher Vorschlag mit dem Gewerkschaftsprivileg nicht möglich ist. Er wird bei zwei konkurrierenden Wahlvorschlägen mit dem gleichen Gewerkschaftskürzel diese regelmäßig genauer anschauen und entweder über das Hintergrundwissen hierzu verfügen oder sich jedenfalls leicht verschaffen können. Eine Fehlvorstellung in dieser Konstellation ist bei einem gewerkschaftlich orientierten Beschäftigten im Regelfall ausgeschlossen.
Regelmäßig spielt es auch für den gewerkschaftlich orientierten Wähler keine maßgebliche Rolle, über welchen formellen Weg der eine und der andere Gewerkschaftsvorschlag eingebracht worden ist, soweit – wie hier – eine inhaltliche Unterstützung durch die Gewerkschaft für beiden Listen vorliegt. Im konkret zu entscheidenden Fall kann auch aufgrund der E-Mail-Nachricht vom 18. März 2020, die der Antragsteller zu 1. rechtzeitig vor der Wahl an alle Mitarbeiter der Dienststelle versandt hat, als ausreichend sicher davon ausgegangen werden, dass alle gewerkschaftlich interessierten Wahlberechtigten über die Gegebenheiten informiert waren (zum Ausschluss der Verwechslungsgefahr bei ausreichender Information auch VGH Baden-Württemberg, B.v. 12.4.2007 – PL 15 S 940/05 – juris Rn. 23, BVerwG, B.v. 23.10.1970, VII P 8.79 – PersV 1971, 143 f.). Mitarbeiter, die tatsächlich einer Fehlvorstellung auferlegen waren (noch dazu solche, für die die Frage des Einbringungsvorgangs auch eine Rolle gespielt hat), konnte die Antragstellerseite demensprechend auch nicht benennen. Es könnte sich allenfalls um einen extremen Einzelfall handeln, der aber in seiner Singularität dann keine Auswirkung auf das Wahlergebnis gehabt hätte.
Eher eine Täuschungsgefahr für die Belegschaft hätte bestanden, wenn die Liste BDZ …franken-West ohne weitere Zusätze die Bezeichnung „freie Liste“ geführt hätte, da sie tatsächlich von Gewerkschaftsmitgliedern dominiert war. Auch angesichts der konkret bestehenden Schwierigkeit der Wahl eines angemessenen und rechtssicheren Kennwortes, dürfen die Anforderungen daran nicht überspannt werden.
Ein Wahlfehler im Sinne von § 25 BPersVG kann nach alledem nicht festgestellt werden. Der Wahlanfechtungsantrag war damit abzuweisen.
4. Eine Kostenentscheidung und eine Streitwertfestsetzung waren aufgrund der Gerichtskostenfreiheit (§ 83 Abs. 2 BPersVG, § 80 Abs. 1 i.V.m. § 2aAbs. 1 Nr. 1 ArbGG, § 2 Abs. 2 GKG) nicht veranlasst. Eine Entscheidung über die Erstattung von Aufwendungen der Verfahrensbeteiligten ist im Rahmen des hiesigen Verfahrens nicht vorgesehen (vgl. etwas BVerwG, B.v. 6.2.2009 – 6 P 2/09 – juris). Entsprechende Aufwendungen wären im Streitfall gegebenenfalls gesondert und außerhalb des vorliegenden Verfahrens nach materieller Rechtsgrundlage in einem eigenen Verfahren geltend zu machen. Ein Gegenstandswert wird bei Bedarf vom Gericht auf Antrag festgesetzt.


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