Arbeitsrecht

Anforderungen an eine von der Wohnung der Eltern aus erreichbare, der bislang besuchten entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte

Aktenzeichen  W 3 K 16.1320

Datum:
15.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 34572
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BAföG § 2 Abs. 1a, Abs. 4
SGB VIII § 97

 

Leitsatz

1 Nach § 2 Abs. 1a S. 1 Nr. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist. Persönliche Lebensumstände, aufgrund derer der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt, finden hierbei keine Berücksichtigung, sondern ausschließlich die ausbildungsbedingte Wohnungnahme außerhalb des Elternhauses (vgl. BayVGH BeckRS 2013, 47542). (Rn. 20) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Eine der tatsächlich besuchten Ausbildungsstätte iSv § 2 Abs. 1a S. 1 Nr. 1 BAföG entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte liegt frundsätzlich dann vor, wenn sie nach Lehrstoff und Bildungsgang zu dem erstrebten Ausbildungs- und Erziehungsziel führt. Hierfür reicht allein die Möglichkeit des Erwerbs des gleichen Bildungsabschlusses an beiden Ausbildungsstätten nicht aus (vgl. BVerwG BeckRS 1996, 30990379); vielmehr ist darauf abzustellen, ob bei der wohnortnahen Bildungsstätte nach Lehrstoff, Schulstruktur und Bildungsgang relevante Unterschiede gegenüber der gewählten auswärtigen Schule bestehen, die einem Verweis des Auszubildenden auf die wohnortnahe Ausbildungsstätte entgegenstehen. (Rn. 21) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Ein Grund für die Unzumutbarkeit des Besuchs einer wohnortnahen entsprechenden Ausbildungsstätte liegt dann vor, wenn der Verweis auf diese zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Ausbildung führen würde. Dies ist angesichts der mit einem Schulwechsel stets verbundenen Umstellungs- und Eingewöhnungsschwierigkeiten nur dann der Fall, wenn das Erreichen des Ausbildungsziels infolge des Wechsles gefährdet erscheint, wovon regelmäßig auszugehen ist, wenn die Ausbildung bezogen auf den Abschluss schon weit fortgeschritten ist. (Rn. 32) (red. LS Clemens Kurzidem)
4 Die Unzumutbarkeit eines Wechsels der Ausbildungsstätte während des letzten Schuljahres hat ihren maßgeblichen Grund im engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Schulwechsel und Ausbildungsabschluss, der nach der Lebenserfahrung den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung gefährdet. (Rn. 32) (red. LS Clemens Kurzidem)
5 Der zur gymnasialen Bildung entwickelte Grundgedanke, dass bei einer weit fortgeschrittenen Ausbildung ein Schulwechsel innerhalb der letzten zwei Schulbesuchsjahre zu einer Beeinträchtigung der Ausbildung führt, ist auf den Besuch einer Fachoberschule übertragbar (vgl. OVG Münster BeckRS 2102, 53961). (Rn. 34) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I. Der Bescheid des Landratsamtes A. vom 4. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von … vom 30. Juni 2015 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für das Schuljahr 2014/2015 Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe für den Besuch der …Schule, D … zu gewähren.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Klägerin war notwendig.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die Gewährung von Ausbildungsförderung für das Schuljahr 2014/2015 an der …Schule, D … (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Aus diesem Grund erweist sich der Bescheid des Landratsamtes A. vom 4. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von … vom 30. Juni 2015 als rechtswidrig und war aufzuheben und der Beklagte war zu verpflichten, Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) wird Ausbildungsförderung für den Besuch von Fachoberschulklassen gewährt. Gemäß § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist. Dabei werden persönliche Lebensumstände, die dazu führen, dass das Kind nicht bei den Eltern wohnt, nicht berücksichtigt, sondern nur die ausbildungsbedingte Wohnungsnahme außerhalb des Elternhauses (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 18.2.2013 – 12 C 12.2665 – juris). Dem Wohnen der Klägerin im Elternhaus standen keine rechtlichen Hindernisse entgegen; insbesondere hatten die Eltern zur Zeit der Minderjährigkeit der Klägerin noch das Sorgerecht.
Eine der tatsächlich besuchten Ausbildungsstätte entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG liegt grundsätzlich dann vor, wenn sie nach Lehrstoff und Bildungsgang zu dem erstrebten Ausbildungs- und Erziehungsziel führt. Hierfür reicht jedoch die Möglichkeit des Erwerbs des gleichen Bildungsabschlusses an beiden Ausbildungsstätten allein nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.1976 – 5 C 43.75 – BVerwGE 51, 354; B.v. 20.9.1996 – 5 B 177/95 – juris, Rn. 4). Vielmehr ist darauf abzustellen, ob bei der wohnortnahen Bildungsstätte nach Lehrstoff, Schulstruktur und Bildungsgang relevante Unterschiede gegenüber der gewählten auswärtigen Schule bestehen, die einem Verweis des Auszubildenden auf den Besuch der wohnortnahen Ausbildungsstätte entgegenstehen. Derartige wesentliche Unterschiede zwischen zwei Bildungsstätten wurden von der Rechtsprechung z.B. bejaht, wenn die besuchte Ausbildungsstätte eine konfessionelle oder weltanschauliche Prägung besitzt und der Auszubildende seine Ausbildung hieran orientiert hat (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.1978 – 5 C 49.77 – BVerwGE 57, 198); wenn die Schule Schulgeld erhebt, jedenfalls dann, wenn dieses in einer Höhe festgesetzt ist, dass es sich für den Auszubildenden als unüberwindbares Hindernis darstellt oder wenn die wohnortnahe Schule leistungsbezogen strengere Zugangsvoraussetzungen oder Anforderungen als die von dem Auszubildenden tatsächlich besuchte Ausbildungsstätte verlangt (vgl. BVerwG, U.v. 21.6.1990 – 5 C 3/88 – juris). Allerdings ist keine vollkommende Deckungsgleichheit des Unterrichtsangebotes erforderlich, um eine Vergleichbarkeit annehmen zu können (vgl. BVerwG, U.v. 12.2.1981 – 5 C 43/79 – juris).
Hinsichtlich der Vergleichbarkeit der von der Klägerin besuchten Schule (D …) mit der wohnortnahen Schule (A …) ergibt sich Folgendes:
Bei beiden Schulen handelt es sich um Fachoberschulen, die in einem zweijährigen Ausbildungsgang die Fachrichtung Sozialwesen mit dem gleichen Bildungsabschluss anbieten. Der fachpraktische Unterricht (Praktikum) wird jeweils im 11. Schuljahr abgeleistet.
Die Anzahl der Gesamtunterrichtsstunden ist laut den Stundentafeln der jeweiligen Landesverordnungen (vgl. Bl. 243 – 245 Beh.Akte) an beiden Schulen nahezu gleich. Im 11. Schuljahr sind in Bayern 1.400 bis 1.440 Jahresstunden abzuleisten, in Hessen 1.400 Stunden. Im 12. Schuljahr stimmen die abzuleistenden Jahresstunden mit 1.280 Stunden überein.
Bei den allgemeinbildenden Fächern sind die Stundenzahlen in den Fächern Religion, Deutsch, Englisch und Mathematik gleich. Unterschiede gibt es bei den Naturwissenschaften (Chemie, Biologie), die in Bayern 120 Jahresstunden und in Hessen 80 Jahresstunden betragen. Ebenso wird in Bayern im Fach Sport die doppelte Stundenzahl (80 Jahresstunden) gegenüber Hessen (40 Jahresstunden) angeboten. Die Fächer Rechtslehre und Wirtschaftslehre nach der bayerischen Stundentafel dürften dem an der Fachoberschule in Hessen vorgesehenen Fach „Politik und Wirtschaft“ entsprechen; auch hier sind in beiden Jahrgangsstufen in Hessen jeweils nur die Hälfte der in Bayern laut Stundentafel zu leistenden Stunden vorgesehen. Anders als in Bayern werden die Fächer Sozialkunde, Geschichte, Kunsterziehung/Musik an der Schule in D … nicht angeboten.
Für die im 11. Schuljahr abzuleistenden Praktikumsstunden sind nach der Stundentafel für Bayern einschließlich fachpraktischer Begleitung 19 bis 20 Wochenstunden vorgesehen, das entspricht 760 bis 800 Jahresstunden, in Hessen sind es laut Stundentafel 800 Jahresstunden plus 120 Jahresstunden Begleitung der fachpraktischen Ausbildung.
Von der Klägerseite wurde in den Mittelpunkt des Vorbringens gestellt, dass in Bayern für das Fach Pädagogik/Psychologie in der 11. Klasse 120 und in der 12. Klasse 160 Jahresstunden vorgesehen sind, während nach dem Lehrplan der Fachoberschule D … dieses Fach nicht gelehrt würde. Es ist zutreffend, dass das Fach explizit nicht erwähnt ist. Allerdings sieht die hessische Stundentafel für Fachoberschulen den sogenannten „beruflichen Lernbereich“ vor, der im 1. Ausbildungsabschnitt (11. Klasse) 160 Jahresstunden als Zeitrichtwert vorgibt und im 2. Ausbildungsabschnitt (12. Klasse) 360 Jahresstunden. Im Lehrplan für Fachoberschulen Fachrichtung Sozialwesen für Hessen (Bl. 176 Rs. Gerichtsakte) ist unter den fachspezifischen Zielen und Kenntnissen insbesondere aufgeführt: Erwerb besonderer personaler und sozialer Kompetenzen in einem sozialpädagogischen Berufsfeld; Entwicklung einer interessen- und erkenntnisorientierten Fragehaltung; Bedeutung wissenschaftlicher Untersuchungen und Theorien für das Erkennen und Verstehen sozialer und psychologischer Zusammenhänge.
Der Beklagte hat im Schriftsatz vom 29. November 2017 exemplarisch die konkreten Lerninhalte der Fächer, die von der Klägerin in der 12. Klasse an der Fachoberschule D … absolviert wurden, mit den Lerninhalten des Lehrplanes für Fachoberschulen des Landes Bayern verglichen. Daraus wird ersichtlich, dass sich die Lerninhalte trotz unterschiedlicher Bezeichnungen weitgehend gleichen. Insofern führt allein die Tatsache, dass das Fach Pädagogik/Psychologie in die Abschlussprüfung bei der Schule in Bayern einfließen würde, zur Überzeugung des Gerichts nicht zu einer mangelnden Vergleichbarkeit der Schulen, weil eben auch pädagogische und psychologische Fragestellungen an der Fachoberschule D … unterrichtet wurden.
Allerdings sind nach dem hessischen Lehrplan für Fachoberschulen (Bl. 166 ff. Gerichtsakte) wesentlich mehr Stunden für den beruflichen Lernbereich als in Bayern für das Fach Pädagogik/Psychologie vorgesehen und zwar in der 11. Klasse 160 Stunden plus Wahlunterricht 40 Stunden, somit also 200 Stunden, während nach dem bayerischen Lehrplan 120 Stunden für dieses Fach vorgesehen sind. In der 12. Klasse sind bei Fachoberschulen in Hessen 360 Stunden plus 80 Wahlpflichtunterricht, mithin 440 Stunden vorgesehen, während nach der Stundentafel der Fachoberschule A … (Bl. 93 Gerichtsakte) auf das Fach Pädagogik/Psychologie 160 Stunden entfallen.
Aufgrund des erheblichen Ungleichgewichts der Fachstunden sowie der Unterschiede bei den allgemein bildenden Fächern spricht zur Überzeugung der Kammer vieles dafür, dass deshalb die Fachoberschule in A … keine der von der Klägerin besuchten Schule vergleichbare Schule ist.
Die Frage der Vergleichbarkeit der beiden Schulen kann aber dahinstehen, wenn ein Wechsel der Ausbildungsstätte wegen wesentlicher Ausbildungsgefährdung unzumutbar wäre.
Ein Grund für die Unzumutbarkeit, auf den Besuch einer wohnortnahen entsprechenden Ausbildungsstätte verwiesen zu werden, liegt dann vor, wenn dieser Verweis zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Ausbildung führen würde. Da ein Schulwechsel während einer laufenden Ausbildung stets mit gewissen Umstellungs- und Eingewöhnungsschwierigkeiten verbunden ist, kann eine wesentliche Beeinträchtigung der Ausbildung nur dann angenommen werden, wenn das Erreichen des Ausbildungsziels infolge des Wechsels gefährdet erscheint. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Ausbildung bezogen auf ihren Abschluss schon weit fortgeschritten ist. Die vom Beklagten in den Vordergrund seiner Argumentation gerückte – aber für das Gericht nicht bindende – Regelung der Teilziffer 2.1a15 BAföGVwV, wonach eine wesentliche Beeinträchtigung der Ausbildung vorliegt, wenn der Auszubildende während des letzten Schuljahres wegen einer Veränderung in seinen Lebensverhältnissen an eine andere Ausbildungsstätte wechseln müsse, kann daher als Niederschlag einer allgemeinen Erfahrung gelten (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.1978 – 5 C 49.77 – juris, Rn. 22). Die Unzumutbarkeit eines Wechsels der Ausbildungsstätte während des letzten Schuljahres hat ihren maßgeblichen Grund daher in dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Schulwechsel und dem Ausbildungsabschluss, der nach der Lebenserfahrung den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung gefährdet.
Der Beklagte vertritt allerdings die Auffassung, die Klägerin hätte zu Beginn des 12. Schuljahres die Schule wechseln können. Insbesondere wäre der Klägerin anzusinnen gewesen, sich mental und fachlich auf einen vorhersehbaren Schulwechsel vorbereiten, weil nämlich die Bewilligungsbescheide für das 11. Schuljahr den Hinweis enthalten hätten: „Aufgrund unterschiedlicher Rechtsgrundlagen ist ein möglicher Wegfall der Förderung in der 12. Klasse möglich. Der Förderanspruch ist für das Schuljahr 2014/2015 neu zu prüfen“.
Ob dieser Hinweis für die Klägerin ein Anlass hätte sein müssen, die Förderfähigkeit in der 12. Klasse vorab prüfen zu lassen und sich auf einen Schulwechsel einzustellen, weiter ob die Ablehnung „rechtzeitig“ bzw. die späte Ablehnung auf ein Versäumnis der Klägerin zurückzuführen ist und inwieweit die Klägerin Vertrauensschutz geltend machen könnte, kann dahinstehen, wenn für den Fachoberschulbesuch der Klägerin die gleichen Maßstäbe anzuwenden sind, wie wenn die Klägerin ein Gymnasium besucht hätte. Denn bei dem Besuch eines Gymnasiums wird nach der übereinstimmenden Rechtsprechung (vgl. z.B. VGH BW, U.v. 4.4.2017 – 12 S 2630/15 – juris, Rn. 37; OVG NW, B.v. 16.5.2013 – 12 E 341/13 – juris) und auch nach der BAföGVwV Teilziffer 2.1a.15 ein Schulwechsel während der beiden letzten Schuljahre generell als unzumutbar eingestuft. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 10. August 2017, mit dem der Beschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren stattgegeben wurde, ausgeführt:
„Im vorliegenden Fall lassen sowohl der Zeitpunkt des der Klägerin angesonnenen Schulwechsels wie auch die gravierenden Unterschiede der beiden – in verschiedenen Bundesländern gelegenen – Fachoberschulen eine wesentliche Beeinträchtigung der Ausbildung und damit eine Gefährdung des Erreichens des Ausbildungsziels befürchten. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Ausbildungsgang der Klägerin insgesamt betrachtet am ehesten demjenigen eines Gymnasiums zu vergleichen. Denn der Fachoberschulabschluss vermittelt ähnlich dem Abitur eine Hochschulzugangsberechtigung. Der Unterschied dieses Bildungsgangs liegt darin, dass er nicht durchgehend an einer weiterführenden allgemeinbildenden Schule, sondern vielmehr – im Sinne der Durchlässigkeit des Schulsystems – über den sukzessiven Besuch und erfolgreichen Abschluss mehrerer Schularten (im vorliegenden Fall Hauptschule, berufsbildende Schule, Fachoberschule) absolviert wird. Demzufolge ist der zur gymnasialen Bildung entwickelte Grundgedanke, dass bei einer weit fortgeschrittenen Ausbildung ein Schulwechsel innerhalb der letzten zwei Schulbesuchsjahre zu einer Beeinträchtigung der Ausbildung führt, auf den Besuch einer Fachoberschule übertragbar. Mithin kann im Fall der Klägerin davon ausgegangen werden, dass ein Schulwechsel nach Ende der 11. Jahrgangsstufe der Fachoberschule regelmäßig zu einer Beeinträchtigung ihrer Ausbildung geführt hätte (so für die hier streitgegenständliche Fallkonstellation ausdrücklich OVG Nordrhein-Westfalen, B.v. 3.2.2012 – 12 A 1088/11 – juris Rn. 10).“
Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen wäre selbst dann, wenn man eine Vergleichbarkeit der Fachoberschulen in A … und in D … bejahen würde, der Klägerin ein Schulwechsel unzumutbar. Nach der Rechtsprechung führt beim Besuch eines Gymnasiums ein Schulwechsel in den letzten zwei Jahren zu einer Beeinträchtigung der Ausbildung und ist deshalb unzumutbar. Aus diesem Grund wäre der Klägerin auch zu Beginn des 12. Schuljahres ein Schulwechsel unzumutbar gewesen. Deshalb kommt es auf die Rechtsauffassung des Beklagten bzw. auf die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen nicht entscheidungserheblich an.
Die Klägerin hat somit einen Anspruch darauf, dass ihr Schulbesuch der 12. Klasse an der … …Schule D … im Schuljahr 2014/2015 nach den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes gefördert wird; der Klage war daher stattzugeben.
Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2, 1. Halbsatz VwGO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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