Arbeitsrecht

Aufhebung von Prozesskostenhilfebewilligung

Aktenzeichen  6 Ta 196/17

Datum:
8.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
LSK – 2017, 124545
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 115 Abs. 2 S. 4, § 117 Abs. 2, § 120a Abs. 2 S. 1, 2 u. 3, § 124 Abs. 1 Nr. 4, § 127 Abs. 2, § 567, § 569 Abs. 1 S. 1
SGB I § 60 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 121, § 242

 

Leitsatz

1. Die Aufhebung einer Prozesskostenhilfebewilligung nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO setzt voraus, dass die Partei vorsätzlich oder grob nachlässig ihren Mitteilungspflichten wegen einer verbesserten Einkommenssituation nicht nachgekommen war. (Rn. 14)
2. Legt die Partei auf (dritte) Aufforderung mit Fristsetzung die geforderten Unterlagen vor, aus denen sich ergibt, dass eine verbesserte Einkommenssituation (§ 120a Abs. 2 Satz 2 ZPO) gegenüber dem Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung gegeben ist, so scheidet auch bei einer grob nachlässigen Verletzung der Mitteilungspflichten der Partei wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine Aufhebung der Bewilligungsentscheidung aus, wenn jedenfalls auf Grund der nachträglichen Angaben eine (rückwirkende) Ratenfestsetzung möglich ist, welche die Einbringung der verauslagten Kosten innerhalb des maximalen Ratenzeitraumes von 48 Monaten erwarten lässt. (Rn. 23)

Verfahrensgang

25 Ca 12947/15 2017-05-06 Urt ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 6. Mai 2017 – 25 Ca 12947/15 abgeändert.
2. Dem Arbeitsgericht wird aufgegeben, vom Kläger zu entrichtenden Ratenleistungen auf Grundlage der eingereichten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 19. März 2017 rückwirkend ab September 2016 festzusetzen.

Gründe

I.
Der ledige Kläger hat, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten, im Erkenntnisverfahren verschiedene Zahlungsansprüche, eine Lohnabrechnung und ein qualifiziertes Arbeitszeugnis geltend gemacht. Das Verfahren hat vergleichsweise mit Beschluss vom 28. Dez. 2015 geendet (Bl. 50 d. A.).
Mit Beschluss vom 29. Dez. 2015 hat das Arbeitsgericht dem Kläger auf Grund seines mit der Klageschrift angebrachten Antrags und auf Grundlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 16. Nov. 2015 (Bl. 15 ff. d. A.), die einzig Arbeitslosengeld von € 690,00 als Einnahmen und eine Monatsmiete von € 280,00 sowie eine Unterhaltszahlung des Klägers an seine Mutter in Höhe von € 200,00 mtl., die allerdings nach einem Nachtrag des Klägers damals nicht bezahlt worden war, ausweist, ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. bewilligt.
Mit Schreiben des Arbeitsgerichts vom 27. Jan. 2016 an die (früheren) Prozessvertreter des Klägers waren diese über die entstandenen Kosten und die Grundlage der Bewilligungsentscheidung unterrichtet. Ebenso wurden sie unterrichtet, dass der Mandat eine Verbesserung der Einkommens- und Vermögenssituation unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen habe, worüber die (früheren) Prozessvertreter den Mandanten unterrichten sollten (Bl. 78 f. d. A.).
Mit Schreiben vom 14. Feb. 2017, gerichtet an die (früheren) Prozessvertreter des Klägers, forderte das Arbeitsgericht den Kläger auf, eine eventuelle Änderung der finanziellen und wirtschaftlichen Situation innerhalb einer Frist von 3 Wochen unter Beifügung von Belegen mitzuteilen (Bl. 81 d. A.). Dem war der Kläger nicht nachgekommen. Mit Schreiben vom 22. März 2017 hat das Arbeitsgericht nach ergebnislos verstrichener Frist eine weitere Frist bis 20. Apr. 2017 (Bl. 82 d. A.) gesetzt. Mit Schriftsatz vom 29. März 2017 haben die (früheren) Prozessvertreter eine auf 19. März 2017 datierte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht, aus der sich Bruttoeinnahmen von € 1.300,22 Mitte Januar und ein Minijob mit Einnahmen von ca. € 400,00 sowie eine Zahlung von € 1079,18 Mitte März für Februar (jeweils ohne Jahresangabe) ergeben. Nach einer vorgelegten Entgeltbescheinigung war er am 28. Sept. 2016 in ein Hauptarbeitsverhältnis eingetreten. Ferner sind Abzüge für Steuern in Höhe von 83,75, für Sozialversicherungsbeiträge von € 48,75 und für sonstige Versicherungen von € 79,17, wie auch ein vorhandener Pkw im Wert von € 8.000,00 angegeben. Zudem war die Mietzahlung auf € 300,00 gestiegen. Weiter hat der Kläger danach monatliche Ratenverpflichtungen aus zwei Ratenkrediten in Höhe von € 239,00 bzw. € 133,00 – jeweils mtl. – zu bedienen.
Mit Schreiben vom 5. Apr. 2017, wiederum an die (früheren) Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichtet, wurde der Kläger daran erinnert, dass Einkommensänderungen unverzüglich und unaufgefordert vorzulegen waren. Ihm stehe nunmehr ein Einkommen von mtl. € 1.500,00 zu, wie sich erst auf Nachfrage ergeben habe. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, zur beabsichtigten Aufhebung der Prozesskostenhilfe binnen zweier Wochen Stellung zu nehmen. Weiter solle er die Kontoauszüge der letzten 8 Wochen vollständig und ungeschwärzt vorlegen. Hierauf erfolgte keine Reaktion.
Mit Beschluss vom 6. Mai 2017 hat das Arbeitsgericht – Rechtspflegerin – die bewilligte Prozesskostenhilfe nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO aufgehoben. Insoweit wird auf den Be-schluss vom 6. Mai 2017 (Bl. 98 ff. d. A.) Bezug genommen.
Gegen diesen ihm an einem nicht lesbaren Datum nach dem 8. Mai 2017 zugestellten Beschluss (vgl. das per Fax am 11. Mai 2017 zurückgeleitete Empfangsbekenntnis, Bl. 102 d. A.) hat der Kläger mit undatiertem Schreiben, eingegangen beim Arbeitsgericht am 12. Mai 2017, zum Beschluss Stellung genommen. Er verwies auf einen nicht näher eingegrenzten Urlaub. Er habe nichts absichtlich versäumt, sondern seine Sprachkenntnisse reichten nicht aus. Weiter gab er an, seit Februar einen Minijob zu machen. Mit Schreiben vom 16. Mai 2017 war der Kläger über seine (früheren) Prozessbevollmächtigten darauf hingewiesen worden, sein Schreiben werde als sofortige Beschwerde angesehen, verbunden mit der Bitte, diese innerhalb zweier Wochen zu begründen (Bl. 104 d. A.). Mit Schreiben vom 9. Juni 2017 (Bl. 105 d. A.) wurde er dringend an die Erfüllung der Begründungspflicht bis 30. Juni 2017 erinnert.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2017 hat der Kläger „Einspruch gegen die Prozesskostenhilfe“ eingelegt, die Kontoauszüge vorgelegt und sich darauf berufen, wegen abzuzahlender Kredite bleibe nur sehr wenig zum Leben. Ferner müsse er noch einer Strafe beim Arbeitsgericht in Höhe von € 2.327,00 abtragen. Er hat Ratenleistung von mtl. € 100,00 angeboten.
Mit Beschluss vom 8. Juli 2017 (Bl. 111 f. d. A.) hat das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die statthafte Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
1. Die sofortige Beschwerde (nachfolgend: Beschwerde) ist nach § 124, § 127 Abs. 2, §§ 567 ff. ZPO zulässig. Sie ist in rechter Form und Frist eingereicht (§ 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
2. In der Sache hat die Beschwerde Erfolg.
Der Kläger wendet sich zu Recht gegen die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung. Zwar hatte er die geänderten Einkommensverhältnisse entgegen seiner Verpflichtung, auf die er über seine Prozessvertreter hingewiesen worden war, nicht von sich aus, geschweige denn unverzüglich, dem Arbeitsgericht mitgeteilt. Die Mitteilung war vielmehr erst nach zweifacher gerichtlicher Aufforderung erfolgt. Allerdings hatte der Kläger damit, wenn auch verspätet, so doch alle Angaben vor der Aufhebungsentscheidung vorgetragen, die das Gericht in die Lage versetzt hatten eine nachträgliche Ratenzahlung festzusetzen, ohne dass es einer vollständigen Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO bedurft hätte. Dabei kann dahinstehen, ob die Verzögerung der Mitteilung auf Absicht oder grober Nachlässigkeit des Klägers beruht. Jedenfalls fehlt es an der Verhältnismäßigkeit der Aufhebungsentscheidung, da angesichts der zwischenzeitlich vorhandenen Daten eine – auch rückwirkende – Ratenfestsetzung in Betracht kommt, die eine vollständige Abdeckung der verauslagten Kosten innerhalb des Überwachungszeitraumes von 48 Monaten erwarten lässt.
a. Nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO soll das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei entgegen § 120a Abs. 2 Satz 1 bis Satz 3 ZPO dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat (BAG v. 18. 8. 2016 – 8 AZB 16/16, NZA 2017, 533, Rz. 10). Die Norm erstrebt u.a. eine Angleichung an die auch im Sozialrecht geltenden Mitteilungspflichten nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I (BT-Drucks. 17/11472, S. 24, 33; vgl. dazu auch LAG Baden-Württemberg v. 10. 6. 2015 – 4 Ta 8/15, NZA-RR 2015, 438, Rz. 12). Die Voraussetzungen einer unverzüglichen Mitteilungsverpflichtung des Klägers waren ab September 2016 gegeben; er erzielte nicht nur einmalig einen um mehr als € 100,00 höheren Verdienst, als der Prozesskostenhilfebewilligung zugrunde gelegen hatte (§ 120a Abs. 2 Satz 2 ZPO).
aa. Eine Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe kommt nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht schon dann in Betracht, wenn die Partei dem Gericht eine wesentliche Verbesserung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder eine Änderung der Anschrift nicht unverzüglich mitteilt; vielmehr erfordert dies im Falle der Nichtmitteilung der geforderten Angaben auch ein qualifiziertes Verschulden der Partei in Form der Absicht oder der groben Nachlässigkeit. Die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage oder die Änderung der Anschrift muss die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit nicht unverzüglich mitgeteilt haben (BAG v. 18. 8. 2016, a.a.O., Rz. 11; ferner LAG BadenWürttemberg v. 10. 6. 2015, a.a.O.; OLG Zweibrücken v. 7. 4. 2016 – 6 WF 39/16, NJW 2016, 3106; BLAH/Hartmann, ZPO, 75. Aufl. § 124 Rz. 51; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO 37. Aufl., § 124 Rz. 4a; Dürbeck/Gottscha/k, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe 8. Aufl. Rz. 1017, 1006; HWK/Kalb 7. Aufl. § 11a ArbGG Rz. 10; Natter, FA 2014, 290, 291; N/cke/, MDR 2013, 890, 894; a.A. LAG München v. 25. 2. 2015 – 10 Ta 51/15; LAG München v. 9. 3. 2015 – 10 Ta 8/15).
bb. Aufgrund der Stellung der tatbestandlichen Voraussetzung „unverzüglich“ in § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO und des möglichen Wortsinns ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass im Fall der Nichtmitteilung der geforderten Angaben keines qualifizierten Verschuldens der Partei bedarf, sondern bereits deren einfaches Verschulden zur Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung genügt. Der Begriff „unverzüglich“ steht in § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO am Satzende im unmittelbaren Kontext mit der Nichtmitteilung und könnte daher als „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 BGB) zu verstehen sein. Danach wären geforderte Mitteilungen nicht sofort, wohl aber innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- und Überlegungsfrist zu erstatten, ohne dass es auf eine Absicht oder eine grobe Nachlässigkeit ankäme.
cc. Dem steht aber, wie das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 18. 8. 2016 (a.a.O.) ausführt, sowohl die Systematik, als auch die Entstehungsgeschichte und der Sinn und Zweck von § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO entgegen. Diese sprechen für eine erforderliche Absicht oder grobe Nachlässigkeit als Voraussetzung der Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung im Falle einer nicht unverzüglichen Mitteilung eines Anschriftenwechsels und/oder einer wesentlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Partei.
(1) Wegen der Inbezugnahme von § 120a Abs. 2 Satz 1 – 3 ZPO setzt § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO voraus, dass die Partei ihren Verpflichtungen nach § 120a Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht nachgekommen war, wonach sie bereits eine wesentliche Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse und einen Anschriftenwechsel „unverzüglich“ mitzuteilen hat. Die Gleichstellung einer unrichtigen Mitteilung der Nichtmitteilung in § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO bezieht sich sowohl auf die wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse als auch auf die Anschriftenänderung. Daraus ist abzuleiten, mit dem Merkmal „unverzüglich“ im Zusammenhang mit der Nichtmitteilung in § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO solle im Hinblick auf das Verschulden der Partei keine Abgrenzung zur unrichtigen Mitteilung erfolgen. Demnach bezieht sich das Verschuldenserfordernis der „Absicht“ und der „groben Nachlässigkeit“ sowohl auf die unrichtige Mitteilung als auch auf die Nichtmitteilung; in beiden Fällen liegt eine unrichtige Mitteilung vor.
(2) Für dieses Ergebnis, das auch durch die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt wird (dazu BAG v. 18. 8. 2016, a.a.O.), sprechen auch Sinn und Zweck der in § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO getroffenen Regelung. Die in § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO vorgesehene Aufhebungssanktion (vgl. BT-Drucks. 17/11472 S. 35) soll erkennbar dazu anhalten, ihre in § 120a Abs. 2 Satz 1 ZPO bestimmten Mitwirkungspflichten zu erfüllen, damit das Gericht infolge der Mitwirkung – Mitteilung einer etwa verbesserten Einkommenssituation, wie einer Anschriftenänderung – in die Lage versetzt wird, jederzeit und unschwer eine Änderung (Verbesserung) der wirtschaftlichen Verhältnisse zu überprüfen. Bei Verletzung der Mitwirkungsverpflichtung soll die Partei nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ihren Anspruch auf Prozesskostenhilfe regelmäßig verlieren. Ein solcher Rechtsverlust setzt nach dem Rechtsgedanken des § 242 BGB ein schuldhaft unredliches Verhalten der Partei, mithin eine grobe Pflichtverletzung, also grobes Verschulden voraus (vgl. BeckOK BGB/Fr/tzsche, Stand 1. Feb. 2017, § 990 Rz. 6). Die Prozesskostenhilfebewilligung kann demnach auch in den Fällen der unterlassenen unverzüglichen Mitteilung einer wesentlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse und eines Anschriftenwechsels nur bei einer absichtlichen oder infolge grober Nachlässigkeit verletzten Pflicht der Partei erfolgen.
Diese Auslegung trägt, wie das Bundesarbeitsgericht im Beschluss vom 18. 8. 2016 (a.a.O., Rz. 22) zu Recht ausführt, auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung.
b. Letztlich kann vorliegend dahinstehen, ob Absicht oder grobe Nachlässigkeit seitens des Klägers gegeben war, die gerichtlicherseits nachzuweisen wäre. Allerdings bestehen dagegen auch Bedenken. Die Korrespondenz war über den Prozessvertreter des Klägers geführt worden. Ungeachtet der auch über den Rechtsanwalt erfolgten Einreichung einer weiteren Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO kann allein vermutet werden, dass die gerichtlichen Schreiben an die Partei weitergeleitet worden waren. Auch ist nicht zu erkennen, inwieweit weitergeleiteten Schreiben Erläuterungen beigefügt waren, die ggf. zum Verständnis erforderlich waren, da sich der Kläger auf unzureichende Sprach kenntnisse beruft. Andererseits spricht es – vorbehaltlich sprachlicher Probleme – durchaus gegen den Kläger, dass dieser bereits kurz nach erfolgter Prozesskostenhilfebewilligung, also zu diesem Zeitpunkt, da er einen höheren Verdienst erzielt hatte, ihm die Mitteilungsverpflichtung wenn nicht ohne Weiteres noch hätte präsent sein müssen, so zumindest hätte präsent sein können.
Fernerhin beruft sich der Kläger hinsichtlich der verspäteten Stellungnahme zur geplanten Aufhebung und der Vorlage der ungeschwärzten Kontoauszüge auf Urlaub. Wenngleich er nicht konkret ausführt, inwieweit ihn dieser an einer rechtzeitigen Beantwortung der Anfragen gehindert haben sollte, so kann insoweit keine grobe Nachlässigkeit aus der verspäteten Äußerung entnommen werden. Allerdings hatte es sich bei dieser Anfrage auch nicht um eine von der Mitteilungspflicht des § 120a Abs. 2 ZPO erfassten primären Mitteilungspflicht des Klägers gehandelt.
Dennoch darf nicht übersehen werden, dass bis zur Aufhebung der Bewilligungsentscheidung nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO die vom Kläger zunächst geforderten Angaben und Unterlagen dem Gericht vorlagen. Damit stellt sich die Aufhebungsentscheidung als unverhältnismäßig dar, da hier jedenfalls auf Grund der vorliegenden Angaben eine rückwirkende Ratenfestsetzung auf den Zeitpunkt, da die Mitteilungspflicht des Klägers zu erfüllen gewesen wäre, möglich geworden war (§ 120a Abs. 1 ZPO); diese Ratenfestsetzung ließ zudem die volle Einbringung der verauslagten Kosten innerhalb des 48-monatigen Überwachungszeitraumes erwarten. Diese Unverhältnismäßigkeit gilt umso mehr, als dem Kläger seitens der Rechtspflegerin neben der ersten Anfrage zwei weitere Fristen zur Auskunftserteilung gesetzt hatte. Der Kläger hatte demnach davon ausgehen dürfen, dass er bei Erteilung der geforderten Auskunft, also der Vorlage einer erneuten Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO, auch innerhalb der letzten Fristsetzung die Prozesskostenhilfebewilligung nicht entzogen bekommen würde. Deren Vorlage war dann innerhalb der dritten gesetzten Frist erfolgt.
c. Nach den vom Kläger, wenn auch erst auf dritte Anforderung, vorgelegten Unterlagen ergibt sich – auch ohne Aufhebung der Bewilligungsentscheidung – die nachträgliche und rückwirkend mögliche Festsetzung von Raten ab September 2016, die erwarten lassen, dass die gesamten verauslagten Kosten innerhalb der Überwachungszeitraums von 48 Monaten eingebracht werden können.
aa. Nach der nachgereichten Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO verfügt der Kläger zwischenzeitlich über ausreichendes Einkommen, da die Festsetzung einer Ratenverpflichtung ermöglicht. Insbesondere bietet er selbst eine monatliche Ratenleistung von € 100,00 an. Bereits unter Zugrundelegung der Ratenleistung in Höhe von mtl. € 100,00, könnte diese ab September 2016, da der Kläger in ein Arbeitsverhältnis getreten war, festgesetzt werden, mit der Folge, dass die verauslagten Kosten im Rahmen des Überwachungszeitraumes (§ 115 Abs. 2 Satz 4 ZPO), wieder eingebracht werden können.
bb. Letzteres gilt umso mehr, als die klägerseits in der eingereichten Erklärung angegebenen Zahlbeträge nicht zwingend als abziehbare Positionen im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens anzuerkennen sein dürften. Inwieweit es sich bei den Ratenverpflichtungen um anzuerkennende Ausgaben oder um nicht anzuerkennende Luxusausgaben handelte, ist nicht zu erkennen. Mangels Angaben des Klägers hierzu kann von deren Anerkennung abgesehen und nach dem verbleibenden Einkommen die Ratenhöhe festgesetzt werden. In diesem Fall wäre eine noch raschere Rückzahlung der verauslagten Prozesskosten zu erwarten.
cc. Zeitpunkt und Höhe der zu erbringenden Ratenleistungen sind von der Rechtspflegerin festzusetzen.


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