Arbeitsrecht

Auslegung einer Dienstvereinbarung zur Dienstplangestaltung und zur Einrichtung von Arbeitszeitkonten

Aktenzeichen  2 MV 8/18

Datum:
18.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 49677
Gerichtsart:
Kirchliches Arbeitsgericht
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Kirchengerichte
Normen:
MAVO § 28 Abs. 2, § 36, § 37 Abs. 3 S. 3, § 38, § 45 Abs. 1 Nr. 1
ArbZG § 6
DV 2017 § 3 Abs. 1, Abs. 3
KAGO § 2 Abs. 2, § 3 Abs. 1 S. 1, § 27
ZPO § 256 Abs. 1
ArbGG § 46 Abs. 2 S. 1
BetrVG § 77 Abs. 4 S. 1
TVöD-K § 7 Abs. 8

 

Leitsatz

1. Die Mitarbeitervertretung (MAV) kann vom Dienstgeber verlangen, dass die im Regelungsbereich von §§ 28 Abs. 2, 38 MAVO (Mitarbeitervertretungsordnung für die Diözese München und Freising) abgeschlossenen Dienstvereinbarungen abredegemäß durchgeführt werden. Dieser Anspruch der MAV kann in einem Verfahren vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht durchgesetzt werden. Er erstreckt sich nicht nur auf die Wirksamkeit und die Fortgeltung von Dienstvereinbarungen, sondern auch auf deren Auslegung. Die MAV hat allerdings nicht das Recht, im eigenen Namen die den einzelnen Mitarbeitern nach der Dienstvereinbarung zustehenden Leistungsansprüche geltend zu machen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Caritasverband ist nicht verpflichtet, im Geltungsbereich der DV 2017 „kurzfristige Überstunden“ im Sinne von § 3 Abs. 2 S. 1 DV 2017 und Überstunden durch „Holenausdem-Frei“ ohne die Möglichkeit einer Saldierung im Ausgleichszeitraum unmittelbar nach Ableistung dieser Stunden auf das Ansparkonto im Sinne von § 2 Abs. 2 Buchst. b) DV 2017 zu buchen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dienstvereinbarungen dürfen gemäß § 38 Abs. 3 S. 1 MAVO, Rechtsnormen, insbesondere kirchlichen Arbeitsvertragsordnungen, nicht widersprechen. Bei den Richtlinien für  Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR Caritas) handelt es sich um eine solche kirchliche Arbeitsvertragsordnung. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Beklagte hat die notwendigen Auslagen der Klägerin, auch für die Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten, zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

(18) Die Klage hat in der Hauptsache keinen Erfolg.
(19) I. Die Klage ist mit dem zuletzt gestellten Feststellungsantrag zulässig.
(20) 1. Die sachliche Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen ergibt sich aus § 2 Abs. 2 der Kirchlichen Arbeitsgerichtsordnung (KAGO). Dem vorliegenden Verfahren liegt ein Rechtsstreit aus der Mitarbeitervertretungsordnung für die Diözese München und Freising (MAVO München und Freising – im Folgenden kurz MAVO genannt) zugrunde. Die Gesamtmitarbeitervertretung als Klägerin und der Dienstgeber als Beklagter streiten über die Auslegung und Durchführung der zwischen ihnen abgeschlossenen „Dienstvereinbarung zur Dienstplangestaltung und Einrichtung von Arbeitszeitkonten“ vom 27.04.2017 (im Folgenden: DV 2017).
(21) Das Kirchliche Arbeitsgericht für die Bayerischen (Erz-)Diözesen ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAGO örtlich zuständig, weil der Beklagte seinen Sitz in dessen Dienstbezirk hat.
(22) 2. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 46 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) und § 27 KAGO an einer alsbaldigen antragsgemäßen Feststellung.
(23) Die Mitarbeitervertretung (MAV) kann vom Dienstgeber verlangen, dass die im Regelungsbereich von §§ 28 Abs. 2, 38 MAVO abgeschlossenen Dienstvereinbarungen abredegemäß durchgeführt werden. Dieser Anspruch der MAV kann in einem Verfahren vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht durchgesetzt werden. Er erstreckt sich nicht nur auf die Wirksamkeit und die Fortgeltung von Dienstvereinbarungen, sondern auch auf deren Auslegung. Die MAV hat allerdings nicht das Recht, im eigenen Namen die den einzelnen Mitarbeitern nach der Dienstvereinbarung zustehenden Leistungsansprüche geltend zu machen. Insoweit gilt nichts anderes als im staatlichen Betriebsverfassungsrecht (vgl. dazu Bundesarbeitsgericht 24. Februar 1987 – 1 ABR 18/85 -; Bundesarbeitsgericht 17. Oktober 1989 – 1 ABR 75/88 -; Bundesarbeitsgericht 18. Januar 2005 – 3 ABR 21/04 -).
(24) Anders als mit dem ursprünglich angekündigten Antrag auf Verurteilung des Beklagten zu bestimmten Handlungen macht die Klägerin mit dem zuletzt gestellten Feststellungsantrag nicht Rechte der Mitarbeiter auf Buchung von „kurzfristigen Überstunden“ und von Überstunden durch „Holen aus dem Frei“ im eigenen Namen geltend. Vielmehr geht es nunmehr um die Klärung des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien bezüglich der Frage, wie die zwischen den Parteien abgeschlossene DV 2017 auszulegen und vom Beklagten durchzuführen ist. Das Feststellungsinteresse der Klägerin ergibt sich aus der Meinungsverschiedenheit der Parteien über die Auslegung der DV 2017 und aus dem eigenen Anspruch der Klägerin, dass der Beklagte die Dienstvereinbarung abredegemäß durchführt. Sollte sich die von der Klägerin vertretene Auslegung als unzutreffend herausstellen, wäre damit zumindest geklärt, dass sie das von ihr gewünschte Ergebnis allenfalls durch Kündigung der DV 2017, durch Ausübung ihres Antragsrechts nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 MAVO und durch Abschluss einer neuen Dienstvereinbarung nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 MAVO, gegebenenfalls nach Anrufung der Einigungsstelle (vgl. §§ 37 Abs. 3 Satz 3, 45 Abs. 1 Nr. 1 MAVO), erreichen kann.
(25) II. Die zulässige Klage ist mit dem zuletzt gestellten Feststellungsantrag unbegründet.
(26) Nach der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Kirchlichen Arbeitsgerichts (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 KAGO) ist der Beklagte nicht verpflichtet, im Geltungsbereich der DV 2017 „kurzfristige Überstunden“ im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 DV 2017 und Überstunden durch „Holenausdem-Frei“ ohne die Möglichkeit einer Saldierung im Ausgleichszeitraum unmittelbar nach Ableistung dieser Stunden auf das Ansparkonto im Sinne von § 2 Abs. 2 Buchst. b) DV 2017 zu buchen.
(27) 1. Dienstvereinbarungen dürfen gemäß § 38 Abs. 3 Satz 1 MAVO Rechtsnormen, insbesondere kirchlichen Arbeitsvertragsordnungen, nicht widersprechen. Bei den Richtlinien für  Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR Caritas) handelt es sich um eine solche kirchliche Arbeitsvertragsordnung.
(28) Aus § 17 Abs. 1 DV 2017 ergibt sich, dass mit dieser Dienstvereinbarung Abweichungen von den AVR vereinbart worden sind.
(29) Die hier einschlägige Anlage 32 zu den AVR Caritas, die „Besondere Regelungen für Mitarbeiter im Pflegedienst in sonstigen Einrichtungen“ enthält, stellt in ihrem § 1 Abs. 2 Satz 1 den Grundsatz auf, dass die Vorschriften des Allgemeinen Teils und der Anlagen der AVR Anwendung finden, soweit für diese Mitarbeiter nichts anderes bestimmt ist (vgl. wegen der nicht anzuwendenden Vorschriften und der Ausnahmen § 1 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 der Anlage 32 zu den AVR Caritas). Weiter enthält sie spezielle Bestimmungen über die regelmäßige Arbeitszeit (vgl. § 2), über Sonderformen der Arbeit (vgl. §§ 4 ff.) und über die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos (vgl. § 9). Von diesen Bestimmungen kann durch Dienstvereinbarung nur abgewichen werden, wenn und soweit dies in Anlage 32 zu den AVR Caritas vorgesehen oder zugelassen ist (vgl. etwa § 2 Abs. 4, 6 und 7, § 4 Abs. 8, § 5 Abs. 3 sowie § 9 Abs. 5).
(30) 2. Wäre die DV 2017 wegen Verstoßes gegen § 38 Abs. 3 Satz 1 MAVO oder gegen zwingende Regelungen der Anlage 32 zu den AVR Caritas ganz oder teilweise unwirksam, bestünde insoweit keine Verpflichtung des Beklagten, die Dienstvereinbarung durchzuführen und gegebenenfalls schon deswegen keine Verpflichtung, „kurzfristige Überstunden“ im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 DV 2017 und Überstunden durch „Holenausdem-Frei“ ohne die Möglichkeit einer Saldierung im Ausgleichszeitraum unmittelbar nach Ableistung dieser Stunden auf das Ansparkonto im Sinne von § 2 Abs. 2 Buchst. b) DV 2017 zu buchen.
(31) Es bestehen bezüglich verschiedener in der DV 2017 enthaltener Regelungen durchaus Zweifel, ob die sich aus der MAVO und aus den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR Caritas) ergebenden Vorgaben zur Dienstplangestaltung und zur Einrichtung von Arbeitszeitkonten eingehalten worden sind.
(32) a) § 9 Abs. 1 Satz 1 der Anlage 32 zu den AVR Caritas bestimmt, dass durch Dienstvereinbarung ein Arbeitszeitkonto eingerichtet werden kann. Auf dieses Arbeitszeitkonto können gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 der Anlage 32 zu den AVR Caritas Zeiten, die bei Anwendung des nach § 2 Abs. 2 festgelegten Zeitraums als Zeitguthaben oder als Zeitschuld bestehen bleiben, nicht durch Freizeit ausgeglichene Zeiten nach § 6 Abs. 1 Satz 5 und Abs. 2 sowie in Zeit umgewandelte Zuschläge nach § 6 Abs. 1 Satz 4 gebucht werden.
(33) Die DV 2017 sieht dagegen – zumindest nach dem Wortlaut ihres § 2 Abs. 2 – die Einrichtung von zwei Arbeitszeitkonten vor, nämlich eines Ausgleichskontos (für je drei Monate) und eines Ansparkontos (für den besagten Zeitraum von drei Monaten und daran anschließende weitere neun Monate).
(34) b) § 9 Abs. 5 Buchst. a) der Anlage 32 zu den AVR Caritas verlangt, dass in der Dienstvereinbarung Regelungen zu treffen sind über die höchstmögliche Zeitschuld (bis zu 40 Stunden) und das höchstzulässige Zeitguthaben (bis zu einem Vielfachen von 40 Stunden), die innerhalb eines bestimmten Zeitraums anfallen dürfen.
(35) § 2 Abs. 4 Unterabs. 2 Satz 3 DV 2017 sieht dagegen vor, dass auf das Ausgleichskonto maximal im Umfang der 1,5-fachen Arbeitszeit eines/einer vollzeitbeschäftigten Mitarbeiterin/Mitarbeiters Plusstunden und im einfachen Umfang Minusstunden gebucht werden dürfen. Die regelmäßige Arbeitszeit der Mitarbeiter beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 39 Stunden wöchentlich (§ 2 Abs. 1 Satz 1 der Anlage 32 zu den AVR Caritas).
(36) c) Abweichend von § 4 Abs. 7 der Anlage 32 zu den AVR Caritas sind nach § 4 Abs. 8 Buchst. c) der Anlage 32 zu den AVR Caritas im Falle von Wechselschicht- oder Schichtarbeit Überstunden nur die Arbeitsstunden, die über die im über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden einschließlich der im Schichtplan vorgesehenen Arbeitsstunden, die bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden, angeordnet worden sind. Sinnvoll ist diese Vorschrift in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zu § 7 Abs. 8 Buchst c) TVöD bzw. zu § 7 Abs. 8 TVöD-K: vgl. Bundesarbeitsgericht 25. April 2013 – 6 AZR 600/11 – bzw. Bundesarbeitsgericht 23. März 2017 – 6 AZR 161/16 -) nur in folgender Lesart: „Abweichend von Absatz 7 sind nur die Arbeitsstunden Überstunden, die im Falle von Wechselschicht- oder Schichtarbeit über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden hinaus angeordnet worden sind, und/oder die im Schichtplan vorgesehenen (festgesetzten) Arbeitsstunden, die – bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit [im Sinne von § 2 Abs. 1 der Anlage 32 zu den AVR Caritas] – im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden.“ (Bei der Anhörung der Beteiligten vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht am 08.05.2019 haben die Parteivertreter erklärt, der Dienstplanturnus sei monatlich.)
(37) Demgegenüber enthalten § 2 Abs. 4 Unterabs. 4 und § 3 DV 2017 differenzierte Regelungen zu der Frage, welche Plusstunden (vgl. § 3 Abs. 1 DV 2017) oder sonstige Stunden (vgl. § 3 Abs. 2 bis 4 DV 2017) als zuschlagspflichtige Überstunden zu werten sind.
(38) 3. Selbst wenn man zu Gunsten des Beklagten unterstellt, dass die DV 2017 nicht wegen Verstoßes gegen § 38 Abs. 3 Satz 1 MAVO oder gegen zwingende Regelungen der Anlage 32 zu den AVR Caritas ganz oder teilweise unwirksam ist, ist die DV 2017 nicht dahingehend auszulegen, dass „kurzfristige Überstunden“ im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 DV 2017 und Überstunden durch „Holenausdem-Frei“ ohne die Möglichkeit einer Saldierung im Ausgleichszeitraum unmittelbar nach Ableistung dieser Stunden auf das Ansparkonto im Sinne von § 2 Abs. 2 Buchst. b) DV 2017 zu buchen sind.
(39) a) In § 38 Abs. 3a Satz 1 MAVO heißt es: „Dienstvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend“ (zur rechtlichen Problematik der normativen Wirkung kirchlicher Dienstvereinbarungen im weltlichen Arbeitsrecht vgl. Bundesarbeitsgericht 22. März 2018 – 6 AZR 835/16 -). Diese Vorschrift lehnt sich an § 77 Abs. 4 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) an.
(40) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergibt sich aus dem normativen Charakter der Betriebsvereinbarung, dass ihre Auslegung ähnlich wie beim Tarifvertrag den Regeln über die Auslegung von Gesetzen folgt. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, wobei es nicht auf den buchstäblichen Wortsinn ankommt. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille im Hinblick auf Sinn und Zweck der Regelung zu berücksichtigen, sofern dieser erkennbar zum Ausdruck gekommen ist. Zu beachten ist dabei der Gesamtzusammenhang, weil er auf den wirklichen Willen und damit auf den Zweck der Regelung schließen lassen kann (vgl. etwa Bundesarbeitsgericht 15. Februar 2005 – 3 AZR 237/04 -; Bundesarbeitsgericht 14. Dezember 2010 – 3 AZR 939/08 -).
(41) Für die Auslegung einer Dienstvereinbarung, der nach § 38 Abs. 3a Satz 1 MAVO normative Wirkung zukommen soll, gelten diese Grundsätze entsprechend.
(42) b) § 2 Abs. 4 Satz 1 DV 2017 sieht vor, dass auf das Ausgleichskonto folgende Zeiten gebucht werden:
– Die Zeitdifferenzen zwischen der tatsächlichen individuellen Arbeitszeit und der Sollarbeitszeit. Solche Zeitdifferenzen entstehen durch ein Überschreiten der dienstvertraglich vereinbarten Sollzeit als Plusstunden (Zeitguthaben) oder durch ein Unterschreiten der dienstvertraglich vereinbarten Sollzeit als Minusstunden (Zeitschuld);
– Mehrarbeits- und Überstunden.
(43) In § 2 Abs. 5 Satz 1 DV 2017 heißt es, auf das Ansparkonto würden die nach Wahl der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters gemäß § 5 faktorisierten Zeitguthaben aus dem Ausgleichskonto gebucht.
(44) § 5 Abs. 1 Satz 1 DV 2017 sieht vor, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entscheiden, welche der am Ende des jeweiligen Ausgleichszeitraums auf dem Ausgleichskonto bestehenden Stunden auf ihr Ansparkonto gebucht werden.
(45) Der Wortlaut und der systematische Zusammenhang dieser Vorschriften sprechen für die Auslegung, dass auf das Ansparkonto nur solche Zeitguthaben bzw. Stunden gebucht werden sollen, die zuvor auf dem Ausgleichskonto gebucht waren, und dass eine unmittelbare Buchung bestimmter Stunden, seien es „kurzfristige Überstunden“ oder Überstunden durch „Holenausdem-Frei“, auf dem Ansparkonto eben nicht erfolgen soll.
(46) c) Die Bestimmungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 DV 2017 und des § 3 Abs. 3 DV 2017 stehen einer solchen Auslegung nicht entgegen.
(47) In § 3 Abs. 2 Satz 1 DV 2017 heißt es: „Ohne Ausgleichsmöglichkeit stellen zudem diejenigen Stunden Überstunden dar, die nach Inkrafttreten des Dienstplanes für den jeweiligen Dienstplanmonat durch den Dienstgeber über die im Dienstplan ausgewiesenen Stunden hinaus angeordnet worden sind („kurzfristige Überstunden“). In § 3 Abs. 3 DV 2017 heißt es: „Kurzfristige Überstunden, für die ein Überstundenzuschlag zu zahlen ist, nehmen nicht an der Gesamtsaldierung nach Abs. 1 teil.“
(48) Diese Vorschriften sind vor dem Hintergrund der vorangehenden Bestimmung des § 3 Abs. 1 DV 2017 über zuschlagspflichtige Überstunden zu sehen. Durch die Formulierungen „Ohne Ausgleichsmöglichkeit“ (in § 3 Abs. 2 Satz 1 DV 2017) bzw. „nehmen nicht an der Gesamtsaldierung nach Abs. 1 teil“ (in § 3 Abs. 3 DV 2017) kommt zum Ausdruck, dass „kurzfristige Überstunden“ bzw. Überstunden durch „Holenausdem-Frei“ nicht zunächst als einfache Plusstunden, sondern von vornherein als Überstunden zu werten sind, für die stets ein Überstundenzuschlag anfällt, nicht erst infolge einer Gesamtsaldierung am Ende des Ausgleichszeitraums. Es ist daher zutreffend, wenn der Beklagte für diese Stunden auch den Überstundenzuschlag auf das Ausgleichskonto bucht. Damit wird sichergestellt, dass den betreffenden Mitarbeitern der „Mehrwert“ dieser besagten Stunden erhalten bleibt.
(49) 4. Nach alledem kann die Feststellungsklage im Ergebnis keinen Erfolg haben.
(50) III. Gerichtsgebühren werden nach § 12 Abs. 1 Satz 1 KAGO nicht erhoben.
(51) Der Beklagte hat die notwendigen Auslagen der Klägerin, auch für die Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten, zu tragen. Diese Kostenentscheidung beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 KA-GO in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO. Die Beauftragung und Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts ist hier zur Wahrung der Rechte der Mitarbeitervertretung notwendig. Zum einen wirft die Auslegung der DV 2017 komplexe rechtliche Probleme auf, zum anderen hat auch der Beklagte anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen.
(52) IV. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 47 Abs. 2 KAGO ist nicht ersichtlich.
(53) Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 47 Abs. 2 Buchst. a) KAGO. Die Auslegung und Durchführung der DV 2017 ist nur für die Parteien von Bedeutung, die diese Dienstvereinbarung abgeschlossen haben.


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