Aktenzeichen 4 KO 700/17
§ 40 Abs 1 S 1 VwGO
§ 43 Abs 2 S 1 VwGO
Art 1 § 4 Abs 3 URaG
§ 256 Abs 2 ZPO
… mehr
Leitsatz
1. Wird ein auf Freistellung nach Art. 1 § 4 Abs. 3 URG n.F. (juris: URaG) gerichtetes Antragsverfahren mittels eines von der Kostenlast für eine Altlastensanierung freistellenden öffentlich-rechtlichen Vertrages abgeschlossen, entsteht im Sinne des § 43 VwGO ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis, auf dessen Grundlage auch zukünftige Kostenerstattungsansprüche für durchgeführte und noch durchzuführende Sanierungsmaßnahmen entstehen können.(Rn.251)
2. Erhebt der freistellende Träger öffentlicher Verwaltung in einer auf bestimmte Kostenerstattungsansprüche bezogenen Leistungsklage des durch den Altlastenfreistellungsvertrag Begünstigten Einwendungen, die einer Kostenerstattungspflicht grundsätzlich entgegen stehen, ist eine auf das Nichtbestehen dieser grundsätzlich erhobenen Einwände gerichtete Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO subsidiär. Auch ist die klagende Partei nicht auf eine – im Leistungsklageverfahren zu erhebende – Zwischenfeststellungsklage zu verweisen.(Rn.254)
3. Ein zwischen einem neuen Bundesland und der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) geschlossener „General( bereinigungs)vertrag“, mit dem durch das Bundesland gegen eine Einmalzahlung die Verpflichtungen des Bundes aus dem „Verwaltungsabkommen über die Regelung der Finanzierung der ökologischen Altlasten“ (VA-Altlastenfinanzierung) abgelöst, die privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen der BvS übernommen werden und sich das Bundesland bezogen auf ein bestimmtes privatisiertes Unternehmen zur Freistellung im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung verpflichtet, wird insoweit nicht zur Geschäftsgrundlage eines mit diesem Unternehmen geschlossenen Freistellungsvertrages, wenn es an dem „Generalvertrag“ nicht beteiligt ist und auch keine Kenntnis von diesen Vereinbarungen erhält.(Rn.263)
(Rn.274)
4. Soll ein durch den Kalibergbau (vor dem 3. Oktober 1990) entstandenes Grubengebäude so verwahrt werden, dass Gefahren für die Tagesoberfläche nicht mehr zur erwarten sind, können sich Laugenhaltungsmaßnahmen als bis zur Erreichung dieses Verwahrziels auflösend bedingt erforderliche Maßnahmen darstellen, die einer Altlastenfreistellung zugänglich sind.(Rn.282)
(Rn.284)
5. Gehen die Parteien bei Abschluss eines Freistellungsvertrages davon aus, dass das Ziel der sicheren Verwahrung und damit die Entlassung aus dem Bergrecht erreichbar sein wird, ist dies Geschäftsgrundlage des Freistellungsvertrages. Erst bei gesichertem Erkenntnisstand, der die Prognose rechtfertigt, dass das Verwahrziel nicht erreichbar sein wird, könnte die Geschäftsgrundlage entfallen. Diese Annahme ist jedoch nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn zwar ein Gutachten erste Anhaltspunkte dafür bietet, die Sanierungsbemühungen jedoch durch das Unternehmen, dem die Durchführungsverantwortung obliegt, in Abstimmung mit den zuständigen Landesbehörden fortgesetzt werden.(Rn.282)
(Rn.287)
6. Ein Freistellungsvertrag nach Art. 1 § 4 Abs. 3 URG n.F. (juris: URaG) ist gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen, wenn sein Wortlaut nicht eindeutig und auch kein gemeinsamer Wille der Vertragspartner feststellbar ist, der eine am Vertragstext orientierte Auslegung entbehrlich machen würde.(Rn.298)
(Rn.302)
7. Bei Art. 1 § 4 Abs. 3 Satz 4 URG n.F. handelt es sich um eine materielle Ausschlussfrist. Eine über die fristgerecht gestellten Anträge hinausgehende Freistellung nach Art. 1 § 4 Abs. 3 URG (juris: URaG) ist rechtswidrig.(Rn.446)
(Rn.454)
8. Die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen des Art. 1 § 4 Abs. 3 URG n.F. (juris: URaG) ist nicht entbehrlich, wenn das Freistellungsverfahren ein zu privatisierendes oder schon privatisiertes Treuhandunternehmen betrifft und deshalb der Anwendungsbereich des VA-Altlastenfinanzierung eröffnet ist.(Rn.459)
(Rn.467)
9. In dem Umfang, in dem privatisierungsvertragliche Verpflichtung und mögliche öffentlich-rechtliche Freistellung – bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen – deckungsgleich sind, ist es nicht ausgeschlossen, dies auf der Rechtsfolgenseite des Art. I § 4 Abs. 3 URG (juris: URaG) im Sinne einer Ermessensbindung zu berücksichtigen.(Rn.459)
(Rn.470)
Verfahrensgang
vorgehend VG Meiningen 5. Kammer, 11. Februar 2015, 5 K 204/13 Me, Urteil
Tenor
Die Berufung des Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu I.1. des Urteils des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 11. Februar 2015 dahingehend geändert wird, dass festgestellt wird, dass der Beklagte gemäß § 60 VwVfG keinen Anspruch auf Anpassung des Freistellungsvertrages vom 21. Oktober 1999 wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage hat.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin ist ein auf die Gewinnung u. a. von … um- roh … en spezialisiertes Bergbauunternehmen. Sie begehrt vor dem Hintergrund eines zwischen ihrer Rechtsvorgängerin – der … und … GmbH -, dem beklagten Freistaat Thüringen und der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) am 21. Oktober 1999 geschlossenen Freistellungsvertrages die Feststellungen, dass dem Beklagten kein Anspruch auf Anpassung dieses Vertrages nach § 60 ThürVwVfG zusteht und dass der Beklagte aufgrund des Vertrages verpflichtet ist, die Kosten für die Laugenhaltung bis zur erfolgreichen Abdichtung oder anderweitigen Lösung des Problems des Eindringens von Wasser oder Lauge in das Bergwerk zu übernehmen. Gegen die dieser Klage stattgebenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts wendet sich der Beklagte mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde (vgl. zur Entstehungsgeschichte der Rechtsvorgängerinnen der Klägerin und der Beigeladenen auch die Bundestagsdrucksachen 12/8404 und 13/10900, S. 272 ff., S. 416 ff.):
Durch Beschluss des Ministerrates der DDR vom 1. März 1990 entstand zunächst die Treuhandanstalt in ihrer ursprünglichen Gestalt. Mit Inkrafttreten des Treuhandgesetzes (THG) am 1. Juli 1990 wurde der VEB Kombinat … in die Mitteldeutsche … AG (MdK AG) mit Sitz in Sondershausen umgewandelt. Alleingesellschafter war seinerzeit – wie auch für alle anderen nach dem Treuhandgesetz in Kapitalgesellschaften umgewandelten VEBs – die Treuhandanstalt. Ihre Aufgabe war es nach § 1 Abs. 1 Satz 1 THG (in der ab 1. Juli 1990) geltenden Fassung, das ehemals volkseigene Vermögen der DDR zu privatisieren. Zur MdK AG gehörten seinerzeit sieben Tochtergesellschaften, von denen die … … AG, die … Südharz AG und die Zielitzer AG mit insgesamt zehn Tochtergesellschaften der … -Industrie zugehörig waren.
Ebenfalls am 1. Juli 1990 trat das Umweltrahmengesetz in Kraft, das auf Antrag eine Freistellung für vor dem 1. Juli 1990 entstandene Altlasten ermöglichte. Die Antragsfrist endete (nach gesetzlicher Verlängerung) mit Ablauf des 28. März 1992.
Am 3. Oktober 1990 trat der Einigungsvertrag in Kraft, mit dem die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Freistellungsanträge nach Umweltrahmengesetz und auch die diesbezügliche Finanzierungsverpflichtung auf die fünf neu entstandenen Bundesländer überging. Für die Treuhandanstalt sah Art. 25 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Einigungsvertrages ihre Fortführung als rechtsfähige bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts unter der Fach- und Rechtsaufsicht des Bundesministers der Finanzen vor.
Nach der Wiedervereinigung kam es auf verschiedenen Ebenen zu Aktivitäten und Initiativen, die auf Entwicklung einer Konzeption zur Sanierung bzw. Privatisierung der MDK AG abzielten. So beauftragte der Vorstand der MDK AG bereits am 15. Oktober 1990 (mit Einverständnis der Treuhandanstalt) eine Unternehmensberatung mit der Prüfung von drei Einzelsanierungskonzepten, die zuvor die … … AG, die Südharz AG und die Zielitzer AG vorgelegt hatten. Im Januar 1991 erstattete diese Unternehmensberatung ein Gutachten, in dem wegen des Einbruchs des Absatzes und eines Mengenrückganges bis zu 40 % eine Erlösminderung durch zunehmenden Preisdruck prognostiziert wurde. Als erforderlich angesehen wurden ein Kapazitätsabbau von 30 %, eine Reduzierung der Arbeitnehmer um 65 % und die Schaffung einer einheitlichen Leitung für die MdK AG.
Am 20./21. März 1991 beschloss die Amtskonferenz der Wirtschaftsminister die Bildung einer „Ad-hoc-Arbeitsgruppe“. Diese bestand aus Vertretern der Bundesländer Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft (BMWi), der MdK AG, der … und … AG (seinerzeit eine Tochtergesellschaft der BASF), der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie sowie der Treuhandanstalt. Die „Ad-hoc-Arbeitsgruppe“ sollte Konzepte zur Erreichung mittelfristiger, tragfähiger Lösungen für alle Beteiligten erarbeiten. Diese „Ad-hoc-Arbeitsgruppe“ kam (in einem Bericht vom November 1991) zu dem Ergebnis, dass die Existenz der deutschen … -Industrie aufgrund der aus dem Ertragsverfall resultierenden Verluste bedroht und insbesondere eine Sanierung der veralteten Staatsbetriebe der DDR unumgänglich sei.
Im April 1991 legte die MdK AG ein einzelne Gesellschaften bewertendes Unternehmenskonzept vor. In diesem Konzept war für den … bereich die Stilllegung von sieben Werken in Thüringen und die Schaffung einer Kerngesellschaft vorgesehen. Die übrigen Bereiche sollten getrennt privatisiert und ausgegründet werden. Die ökonomischen und ökologischen Altlasten sollten in eine Stilllegungs- und Sanierungsgesellschaft ausgegliedert werden. Des Weiteren war eine Kooperation mit der … und … AG im Rahmen eines Rationalisierungsabkommens vorgesehen, in dem auch ein Unternehmenszusammenschluss in einer zweiten Phase für möglich gehalten wurde.
Der Verwaltungsrat der Treuhandanstalt befürwortete am 16. Juli 1991 das vorgenannte Unternehmenskonzept und erteilte der Treuhandanstalt den Auftrag, weltweit nach Investoren zu suchen, da die … und … AG von dem Projekt zunächst Abstand genommen hatte.
In einem im Juli 1991 im Auftrag der … … AG erstellten Fachgutachten wurde festgestellt, dass die Grube Springen aus hydrogeologischer Sicht für eine Nutzung als Untertagedeponie geeignet sei.
Der Aufsichtsrat der MdK AG legte im August 1991 eine Studie vor, nach der die Werke Merkers und Unterbreizbach der … … AG geschlossen werden sollten. Im Oktober 1991 wurde eine weitere Studie zur „Beurteilung der Wirtschaftlichkeit ausgewählter Standorte der MdK“ vorgelegt, wonach für keines der … -Werke eine positive Perspektive gesehen wurde.
Mit Schreiben vom 26. September 1991 setzte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften den damaligen Bundesaußenminister von dem Ergebnis ihrer Untersuchung der Privatisierungsmaßnahmen der Treuhandanstalt auf Grundlage des damaligen Art. 92 EWGV in Kenntnis. Sie teilte u. a. mit, entschieden zu haben, dass der Verzicht auf Forderungen aufgrund von Umweltverschmutzungen, die von Unternehmen der Treuhand vor dem 1. Juli 1990 verursacht wurden, keine staatliche Beihilfe darstelle.
Im November 1991 legte die sog. „Ad-hoc-Arbeitsgruppe“ ein Gesamtkonzept für die Unternehmen MdK AG und … und … AG vor, das von den beiden Unternehmen, dem BMWi, der Treuhandanstalt sowie den Ländern Niedersachsen, Hessen, Thüringen und Sachsen-Anhalt gebilligt wurde (vgl. BT-Drs. 13/10900, S. 273/274). Dieses Konzept sah die Kooperation beider Unternehmen, nicht jedoch deren Fusion vor.
Am 16. Dezember 1991 fand auf Anregung des MdK-Aufsichtsrates bei der Treuhandanstalt eine sog. … -Runde statt, um u. a. das Kooperationsabkommen zwischen der K+S AG und der MdK AG zu beschleunigen. Anlässlich dieses Treffens verdeutlichten die Vertreter der BASF/K+S AG, keine Möglichkeit des Ankaufs der MdK AG – auch nicht zu einem negativen Kaufpreis – zu sehen.
Am 12. März 1992 stellte die … … AG als „Antragsteller“ insgesamt fünf Anträge auf „Freistellung von jeder öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verantwortlichkeit für die Sanierung nachfolgend aufgeführter Objekte, ferner den Ausschluss aller Schadensersatz-, Beseitigungs- und Abwehransprüche gegen ihn“. Antrag V hatte im Wesentlichen zum Gegenstand die „Stabilisierung des bergmännisch hergestellten Hohlraumes im Südwest- und Südostfeld der Grube Merkers sowie im Westfeld der Grube Unterbreizbach, insbesondere unter den Ortslagen Wölferbütt, Stadtlengsfeld und Pferdsdorf.
Im Frühjahr 1992 lehnte der Vorstand der K+S AG gegenüber der Treuhandanstalt die Fusion mit der MDK AG wegen „nicht beherrschbarem wirtschaftlichem Risiko“ ab. Deshalb beauftragte die Treuhandanstalt ein weiteres Beratungsunternehmen mit der Privatisierung der MdK AG als Ganzes und der Durchführung einer internationalen Ausschreibung. Die von internationalen Investoren vorgelegten Konzepte wurden seitens der Treuhandanstalt jedoch letztendlich abgelehnt.
Da der Vorstand der K+S AG die Wettbewerbsfähigkeit eines gemeinsamen Unternehmens höher einschätzte als die zweier konkurrierender Unternehmen, entwickelten Vorstand und Aufsichtsrat der K+S AG ein Konzept, das die Zusammenführung der … – und Stein … aktivitäten in Ost- und Westdeutschland durch Schaffung eines auch langfristig leistungs- und wettbewerbsfähigen … unternehmens vorsah. Der damalige BASF-Vorstand wurde bereits am 28. Februar 1992 von dem Konzept überzeugt (vgl. K+S Aktiengesellschaft, Wachstum erleben – Die Geschichte der K+S Gruppe, 2006, S. 242, Anlage BG 1). Die K+S AG stellte das Konzept zur Zusammenführung der … – und … aktivitäten in Ost- und Westdeutschland bzw. Übernahme der MDK AG am 29. April 1992 während der sog. Frankfurter Runde vor (BT-Drs. 13/10900, S. 276). Die Aufnahme von Vertragsverhandlungen wurde beschlossen. Ergebnis der Verhandlungen war letztendlich, dass die K+S AG die MdK AG nicht als Ganzes übernahm. Die zu schließenden Betriebsteile, wie z. B. das Bergwerk Bischofferode, wurden in die Gesellschaft zur Verwahrung und Verwertung von stillgelegtem Bergwerkseigentum (GVV mbH) ausgegliedert. Die … … AG verblieb jedoch in der MDK AG.
Rückwirkend zum 1. Januar 1992 trat das „Verwaltungsabkommen über die Regelung der Finanzierung der ökologischen Altlasten“ zwischen Bund und den neuen Ländern vom 1. Dezember 1992 (VA-Altlastenfinanzierung) in Kraft, für dessen Umsetzung eine aus Vertretern des Bundes, der Treuhandanstalt (THA) und der (fünf neuen) Länder bestehende Arbeitsgruppe gegründet wurde.
Am 14. Januar 1993 meldete der Beklagte zur VA-Altlastenfinanzierung das sog. Großprojekt … bei der Treuhandanstalt an.
Mit Schreiben vom 29. März 1993 teilte das – seinerzeit für die Bearbeitung der Freistellungsanträge zuständige – Thüringer Landesverwaltungsamt der … … AG zu den Freistellungsanträgen vom 12. März 1992 mit, dass Angaben zu geplanten Investitionen sowie zur Schaffung von Arbeitsplätzen fehlten und dass auch die Schäden und Kontaminationen der Grundstücke nicht bewertbar seien. Dieses Schreiben wurde durch die … – … AG mit Schreiben vom 14. April 1993 beantwortet, indem zur Beschreibung des Vorhabens u. a. mitgeteilt wurde, dass die Nutzung der Grube Springen als Untertagedeponie vorgesehen sei und dass keine weiteren Freistellungsanträge gestellt worden seien.
Am 11. Mai 1993 beschloss auch die Gemeinsame Arbeitsgruppe Bund/THA/neue Länder, die … Südharz AG und die … – … AG in die Liste der Großprojekte aufzunehmen. Seinerzeit wurde der Sanierungsbedarf auf ca. 280 Mio. DM geschätzt.
Am 13. Mai 1993 schlossen die K+S AG und die MDK AG sowie die Treuhandanstalt einen Rahmenvertrag, mit dem die Fusion beider Unternehmen vereinbart wurde. Die K+S AG sollte 51 % und die Treuhandanstalt 49 % der Anteile an dem neuen Gemeinschaftsunternehmen erhalten.
Art. 16.1 dieses Rahmenvertrages regelt zur „Umweltaltlastenfreistellung der Treuhandanstalt“, dass diese das Gemeinschaftsunternehmen
„(a) von allen gegenwärtigen und künftigen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Ansprüchen und
(b) von allen Kosten, die mit der Abwehr einer konkret drohenden Gefahr der Entstehung solcher Ansprüche verbunden sind, freistellt, die sich aufgrund bestimmter und noch im gleichen Artikel aufgeführter Umstände ergeben.“
Nach Art. 16.3 gilt die Freistellung auch zugunsten etwaiger Rechtsnachfolger des Gemeinschaftsunternehmens.
Datierend vom 2. Juni 1993 legte der vom Bergamt Erfurt bereits im Mai 1991 beauftragte Prof. Dr.-Ing. Wi-1 … die Zusammenfassung seines zuvor in vier Teilen (im März, September und Dezember 1992 sowie im April 1993) erstatteten Gutachtens über den Einfluss der Abbaufelder der Gruben Merkers und Unterbreizbach auf die Tagesoberfläche als „Teil V“ vor (Gutachten Wi-1 … ). Hydrologische Gefährdungen waren nicht Gegenstand der Untersuchung (vgl. Gutachten Wi-1 …, Teil V vom 2. Juni 1993, S. 12, u. a. vorgelegt von der Klägerseite als Anlage K 23).
Am 11. Juni 1993 beschloss die gemeinsame Arbeitsgruppe Bund/THA/Länder, das Verwaltungsabkommen-Altlasten vom 1. Dezember 1992 wie folgt zu konkretisieren und zu ergänzen:
„III. 1. Die vertraglichen Verpflichtungen des Erwerbers bezüglich Altlasten werden in der Freistellungsentscheidung berücksichtigt. Eine Doppelbelastung der THA durch vertragliche Verpflichtungen und die Altlastenfinanzierung soll vermieden werden. Wird die THA von einem Erwerber aufgrund vertraglicher Verpflichtungen in Anspruch genommen, so werden daher die Leistungen der THA gegenüber dem Erwerber als solche der Altlastenfinanzierung angerechnet, sofern sie Maßnahmen betreffen, die denjenigen nach Kapitel V vergleichbar sind.“
Nach Stilllegung der Grube Merkers gab das Bergamt Erfurt dem Gemeinschaftsunternehmen mit Bescheid vom 20. August 1993 auf, dort Maßnahmen zur Beseitigung bzw. Verminderung von Risiken des sogenannten horizontalen Versatzes (= Risiken aufgrund unzureichender Pfeilerdimensionierung, untertägiger Laugenzuflüsse sowie drohender CO2-Austritte) durchzuführen.
Am 15. Oktober 1993 fand bei der Treuhandanstalt in Berlin ein sog. Aktengespräch mit Vertretern des Thüringer Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (TMUL), der GVV mbH und der MdK AG statt. Zum Stand der Freistellung wurde ausweislich des Ergebnisprotokolls Folgendes festgehalten:
„Die Bearbeitung der Freistellungsanträge durch die dem TMUL nachgeordneten Behörden ist teilweise noch nicht abgeschlossen.
Gründe:
Nach Auffassung der nachgeordneten Behörden ist die Freistellung an den Nachweis von späteren Nutzungen, der Durchführung von investiven Maßnahmen und dem Erhalt und der Schaffung von Arbeitsplätzen gebunden. …
Die THA stellt klar, dass ein positiver Freistellungsbescheid als zwingende Voraussetzung für eine weitere Bearbeitung des Großprojektes … -Thüringen nunmehr umgehend auszustellen ist.“
Datierend vom 6. Dezember 1993 existiert in der vom Beklagten vorgelegten Beiakte 2 eine tabellarische Gesamtübersicht der Sofortmaßnahmen im Großprojekt … mit einer Darstellung von Einzelmaßnahmen (= Anlage BG 91). Dort wird zur hydrologischen Gefährdung auszugsweise Folgendes ausgeführt:
„Teilobjekt 1.2. Beherrschung untertägiger Zuflüsse im Grubenfeld Merkers/Springen
Begründung der besonderen Gefährdungssituation
Dem Grubenfeld Springen fließen seit fast 25 Jahren größere Mengen ungesättigter Rotliegendlaugen an unterschiedlichen Stellen des Grubengebäudes zu. Die Laugen stellen ein erhebliches Gefährdungspotential dar, wurden bisher im Grubenbetrieb zwischengestapelt und kontinuierlich nach Übertage gepumpt. Infolge der Stilllegung der Grube Merkers entfällt im absehbaren Zeitraum die Möglichkeit des Abpumpens. …
Gefahrenabwehr
Es ist deshalb vorgesehen, die Zuflüsse am Q 23 durch Abflussmaßnahmen, z.Z. sind 8 Dammbaustandorte geplant, einzukapseln. Ein Fassen der Zuflüsse am Q 86 wird technisch nicht realisierbar sein. Zur Sicherung des Grubenfeldes Merkers/Unterbreizbach steht während der Betriebsphase das Erfordernis, durch einen weiteren Dammbau und einen Pfropfen die Trennung zur Grube Springen sicherzustellen.“
Mit Wirkung vom 21. Dezember 1993 wurde die MdK AG formwechselnd in die … und … GmbH umgewandelt.
Im März 1994 erstellte Prof. Dr.-Ing. F. L. Wi-2 … im Auftrag der MdK AG ein Gutachten „zu Art und Sicherungsarbeiten auf der Grube Merkers“ (Gutachten Wi-2). Dabei wurden die von der Grube Merkers und auch die von der Grube Springen für die Grube Merkers ausgehenden hydrologischen Gefährdungen in den Blick genommen (vorgelegt von der Klägerseite als Anlage K 24). Als mögliche erforderliche Maßnahmen wurden sowohl eine „nasse“ Verwahrung durch Fluten des gesamten Grubengebäudes als auch eine Verwahrung auf „trockenem“ Wege benannt (vgl. S. 23 des Gutachtens Wi-2).
Am 10. Mai 1994 wies die Treuhandanstalt anlässlich einer Besprechung im Thüringer Ministerium für Umwelt und Landesplanung (TMUL), die die „Verteidigung des Sanierungsrahmenkonzepts (SRK) Großprojekt … -Thüringen“ zum Gegenstand hatte, darauf hin, dass ohne eine erfolgte und bestandskräftige Freistellung aller am Großprojekt beteiligten Teilobjekte und Flächen keine Kostenbeteiligung an Maßnahmen der Gefahrenabwehr seitens der Treuhandanstalt erfolgen werde. In dem dazu erstellten Protokoll vom 2. Juni 1994 ist u. a. festgehalten, dass grundsätzlich davon auszugehen sei, dass der Freistaat die Freistellung erteilen werde.
Die Treuhandanstalt forderte das Landesverwaltungsamt mit Schreiben vom 21. Juni 1994 zur unbegrenzten Freistellung von Schäden vor dem 1. Juli 1990 auf.
Mit Schreiben vom 14. Juli 1994 ordnete das TMUL gegenüber dem Landesverwaltungsamt an, die Bescheide wegen des THA-internen Abstimmungsprozesses „hinsichtlich genereller juristischer und fachlicher Zuordnung von Bergschäden/Bergbaufolgeschäden zu Auflagen gemäß Bundesberggesetz oder zu Maßnahmen im Rahmen des Verwaltungsabkommens vom 1. Dezember 1992“ zunächst zurückzuhalten.
Datierend vom 15. Dezember 1994 schlossen die K+S AG, die Treuhandanstalt sowie die … und … GmbH die – durch den Bescheid des Bergamts Erfurt vom 20. August 1993 veranlasste – sog. Vereinbarung „Merkers“ über die Durchführung und Finanzierung von Bergbaualtlasten im Grubenfeld Springen/Merkers/Unterbreizbach.
Zum 1. Januar 1995 wurde die Treuhandanstalt in die „Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben“ (BvS) umbenannt. Der Beteiligungs-Management-Gesellschaft Berlin – BMGB – wurden u. a. die Unternehmensbeteiligungen übertragen.
Datierend vom 18. Januar 1995 verfasste der Bund (Bundesministerium der Finanzen) ein Positionspapier (Az. VIII B5 – FB 5047 – 294/94), in dem die Auffassung vertreten wurde, dass auch bergbauliche Sanierungsmaßnahmen nach dem Umweltrahmengesetz freistellungsfähig seien.
Der Staatssekretär des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft und Infrastruktur (TMWI) nahm am 21. April 1995 Einsicht in den Rahmenvertrag vom 13. Mai 1993. In dem diesbezüglichen Protokoll wird nicht erwähnt, ob der Staatssekretär des TMWI auch Art. 16 des Rahmenvertrages eingesehen hat.
Nach der Wahl zum 2. Landtag des Freistaates Thüringen am 16. Oktober 1994 wurden das Landwirtschaftsministerium und das Umweltministerium als Thüringer Ministerium für Landwirtschaft Natur und Umweltschutz (TMLNU) zusammengefasst.
Mit Schreiben vom 12. Juli 1995 ordnete das TMLNU gegenüber dem Landesverwaltungsamt an, die Freistellungsbescheide für das Großprojekt … zügig zu erarbeiten. Dies wurde u. a. wie folgt begründet:
„der Freistellungsbescheid bildet als Verwaltungsakt den erforderlichen juristischen Hintergrund für die Umsetzung eines Projektes gemäß Verwaltungsabkommen zur Finanzierungsregelung ökologischer Altlasten vom 1. Dezember 1992. Im Fall des Großprojektes … sind die entsprechenden Bescheide seit nunmehr über zweieinhalb Jahren in Erarbeitung. Bereits im März 1993 wurde uns seitens des Landesverwaltungsamtes die umgehende Fertigstellung in Aussicht gestellt. …
Aufgrund der nach wie vor offenen Bescheidung droht die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BVS) mit der Streichung des Großprojektes. Dies nicht zuletzt auch auf Drängen seitens des Bundesministeriums der Finanzen als beteiligtem Bundesressort im Zusammenhang mit o.g. Verwaltungsabkommen. Diese ausschließlich landesseitig zu vertretende Tatsache ist nicht länger hinnehmbar.…
Auf Drängen seitens BMGB und BVS sowie der … unternehmen selbst und nach Rücksprache mit dem BMU als Mitunterzeichner des Verwaltungsabkommens wurden vor geraumer Zeit alle diejenigen Maßnahmen, die dem Bergrecht im engeren Sinne unterfallen und die in der Anfangsphase der Großprojektsbearbeitung auf Treuhand- und Landesbemühungen aus dem Großprojektrahmen gestrichen wurden, diesem wieder hinzugefügt. …“
Mit Schreiben vom 21. Juli 1995 übersandte die … und … GmbH dem Landesverwaltungsamt eine Präzisierungsunterlage zu den Freistellungsanträgen der … und … AG, in der Einzelmaßnahmen des Großprojektes … Thüringen zu den Anträgen I bis IV aufgeführt wurden. Dieses als Anlage K 35 von der Klägerseite übermittelte Dokument befindet sich nicht bei den vom Beklagten übermittelten Verwaltungsakten, weist aber eine Eingangsbestätigung des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 27. Juli 1995 auf.
Das Schreiben des TMLNU vom 12. Juli 1995 beantwortete das Landesverwaltungsamt mit Schreiben vom 15. August 1995 in der Weise, dass um ein gemeinsames Gespräch gebeten und folgende Auffassung vertreten wurde:
„aufgrund der im Bezug aufgezählten Schreiben Ihrerseits bzw. Ihrer Abteilung ist für mich nicht mehr erkenntlich, wie das Großprojekt … bzw. die dafür erforderlichen Freistellungen …erfolgen soll. So sind schon bei der Erarbeitung des Freistellungsbescheides für das Objekt „ … fabrik Merkers“ erhebliche Rechtsbedenken aufgetreten, ob die Auslegung der „Freistellungsklausel“ überhaupt so weit greifen kann, in den vorliegenden Fällen zu bescheiden, wie es Ihre Anordnung vom 12. Juli 1995 erfordert.“
Eine Antwort des TLMNU auf dieses Schreiben des Landesverwaltungsamtes oder ein Hinweis auf ein gemeinsames Gespräch ist in den vom Beklagten vorgelegten Akten nicht vorhanden.
Am 11. September 1995 schlossen der Beklagte und die … und … GmbH eine Vereinbarung, die darauf abzielte „zur nachhaltigen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ihrer drei Standorte Unterbreizbach, Hattorf und Winterhall die Nutzung der thüringisch-hessischen … lagerstätte auf langfristige Sicht zu optimieren“. Dieser Vereinbarung war als Anlage 2 ein Gesamtkonzept beigefügt, in dem bezogen auf den Standort Unterbreizbach unternehmerische Garantien bis Ende 1997 enthalten waren.
Am 14. September 1995 fand in Erfurt eine Beratung von Vertretern der … und … GmbH und des Beklagten statt, über die in den vom Beklagten vorgelegten Akten keine Unterlagen existieren. Die … und … GmbH übermittelte dem Landesverwaltungsamt im Anschluss an diese Beratung mit Schreiben vom 20. September 1995 den Text des Art. 16 des Rahmenvertrages vom 13. Mai 1993.
Unter dem 25. September 1995 erteilte die seinerzeit als „Projektleiter U3“ bei der Treuhandstalt/BvS tätige Zeugin Frau Dr. S … Herrn RA W … (U.1) intern den Auftrag zu prüfen, welche Vorgehensweise für eine umfassende Freistellung im Hinblick auf folgende Problematik angezeigt sei:
„Im Freistellungsantrag der …… AG wurden als Antragsgegenstand explizit die Felder Südwest- und Südostfeld der Grube Merkers sowie das Westfeld der Grube Unterbreizbach angeführt.
Auch in dem östlichen Feld von Unterbreizbach (Ortslage Sünna) werden Versatzmaßnahmen durchgeführt. Das Feld Springen ist bei der Freistellungsbeantragung gar nicht erfasst. Hier sind aber ebenfalls Maßnahmen zwingend erforderlich.“
Er empfahl in seiner Stellungnahme vom 13. Oktober 1995, die Anträge kurzfristig um die in Rede stehenden Bergwerksfelder und Grundstücke zu ergänzen. Dies sei seiner Auffassung nach rechtlich möglich, da sich „kraft Sachzusammenhangs die einzelnen Bergwerksfelder im Hinblick auf die von der Beantragung umfassten Bergwerksfelder sachlich gar nicht trennen“ ließen.
Die … und … GmbH verfasste datierend vom 20. November 1995 ein an das Landesverwaltungsamt gerichtetes Schreiben, in dem eine „Präzisierung“ der Freistellungsanträge vom 12. März 1992, insbesondere des Freistellungsantrages V mittels Beifügung einer tabellarischen Darstellung vorgenommen wurde. Dieses als Anlage K 36 von der Klägerseite vorgelegte Dokument befindet sich nicht bei den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen.
Mit Schreiben vom 19. Dezember 1995 forderte das Landesverwaltungsamt die … und … GmbH auf, das Unternehmenskonzept (Anlage 2 der o. g. Vereinbarung vom 11. September 1995) über das Jahr 1997 hinaus zu präzisieren und insoweit aussagefähige Planungen über Investitionen und den Erhalt von Arbeitsplätzen für den Standort Unterbreizbach zu übermitteln. Zur Begründung wurde auf die für die Freistellung nach dem Umweltrahmengesetz erforderliche Ermessensentscheidung hingewiesen. Dabei werde auf eine langfristige konjunkturpolitische Entwicklung durch entsprechende Investitionen des Antragstellers abgestellt. Aufgrund des derzeit bekannten möglichen Altlastensanierungsumfanges entstünden für den Freistaat Haftungsrisiken, die bezogen auf die Zeit nach 1997 für den Standort Unterbreizbach Unwägbarkeiten für eine Freistellung entstehen ließen, die ohne eine genauere Darstellung des mittelfristigen Folgezeitraums hinsichtlich Investitionen und Arbeitsplätzen den Abschluss des Verfahrens hemmten.
Darüber äußerte die … und … GmbH mit Schreiben vom 28. Dezember 1995 ihr Befremden. Sie verwies darauf, dass ihre beiden Gesellschafter, die BMGB mbH und die … und … Beteiligungs AG, in den Verhandlungen mit der Thüringer Landesregierung unmissverständlich erklärt hätten, dass eine Bestandsgarantie für den Standort Unterbreizbach nicht in Betracht komme. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass privatisierte Treuhandunternehmen in der Regel freizustellen seien. Insoweit sei der Ermessensspielraum zu Gunsten einer Freistellung wegen des „Altlasten-Verwaltungsabkommens“ nach Art. I § 4 Abs. 3 URG auf „nahe Null geschrumpft“.
Darüber wurde ausweislich eines vom 9. Januar 1996 datierenden internen Vermerks in der Folge auf der Arbeitsebene des TMLNU „wegen der Brisanz des Inhalts“ dieses Briefes und der politischen Tragweite einer die Freistellung ablehnenden Entscheidung ein Sachstandsbericht für den Minister vorbereitet. Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen würde nach Entscheidung durch das Kabinett erfolgen.
Am 16. Januar 1996 nahm das Kabinett der Thüringer Landesregierung zur Kenntnis, dass man bei der Durchführung des Großprojektes von Gesamtkosten in Höhe von 1,093 Mrd. DM ausgehe. Hiervon seien nach dem Verwaltungsabkommen über die Regelung der Finanzierung der ökologischen Altlasten durch eine öffentlich-rechtliche Freistellung anteilig ca. 245 Mio. DM über eine Laufzeit von etwa 15 – 20 Jahren zu übernehmen.
Nach Übergang der Zuständigkeit zur Bearbeitung der Freistellungsanträge vom Landesverwaltungsamt auf die Staatlichen Umweltämter (SUA) am 16. Dezember 1995 (vgl. Art. 1 Nr. 4 b) Ziff. 10 des Thüringer Gesetzes zur Änderung von Zuständigkeiten im Geschäftsbereich Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt vom 8. Dezember 1995, GVBl. S. 363) fand Ende März 1996 eine Besprechung von Mitarbeitern des SUA Sonderhausen, des Landesverwaltungsamtes und des TMLNU statt. Es wurde festgehalten, dass der Umfang der Freistellung nicht unbedingt identisch mit dem räumlichen Rahmen des Großprojektes sei und dass der Antragsgegenstand durch die fristgerecht eingereichten Anträge bestimmt werde. Das Verwaltungsabkommen habe keine Außenwirkung für den Antragsteller. Eine Freistellung nachträglich beantragter Flurstücke würde zu einem Unterlaufen der gesetzlichen Ausschlussfrist führen.
Mit Schreiben vom 25. März 1996 wandte sich Herr Dr. B … von der BMGB an Herrn Ministerpräsidenten Dr. Vogel, mahnte die Dringlichkeit der Freistellung der GVV mbH an und bat um ein Gespräch. Dazu führte zunächst der Abteilungsleiter der Abteilung 6 des TMLNU (AL 6) am 1. April 1996 mit Herrn Dr. B … ein ausführliches Gespräch. Dabei teilte letzterer mit, dass der Bundesfinanzminister für die GVV mbH weitere Betriebsmittel gesperrt habe, um Druck auf das Land auszuüben. Derzeit würden sämtliche Arbeitsleistungen in der GVV mbH allein vom Bund finanziert. Der Bund strebe an, nach erteilter Freistellung den 25%igen Anteil vom Land zurückzuerhalten. Über dieses Gespräch wurde auch der Staatssekretär des TMLNU in Kenntnis gesetzt.
Datierend vom 14. April 1996 existiert ein interner Statusbericht der BvS zum Großprojekt … (Nr. G 603 000), in dem ausgeführt wird, dass der Erkenntnisstand für die Verwahrung des Grubenfeldes Springen noch völlig unzureichend sei. Es gebe derzeit noch kein Konzept, wie die Laugenzutritte für eine Endverwahrung eingedämmt werden können. Gegenwärtig würden diese entsprechend der Anordnung des Bergamtes lediglich gefasst.
Im TMLNU fertigte die Zeugin Frau A … (zunächst) datierend vom 19. April 1996 (später fortgeschrieben unter dem 6. Mai 1996 und dem 6. Juni 1996) einen sog. Grundsatzvermerk, in dem das bisherige Verfahren dargestellt, erhebliche Bedenken gegen eine umfängliche Freistellung – insbesondere des untertägigen Bereichs – des Großprojektes geäußert und die Möglichkeit des Abschlusses eines öffentlich-rechtlichen Vertrages erörtert wird.
Am 25. April 1996 führte der Staatssekretär des Thüringer Finanzministeriums mit Vertretern des Bundesministeriums der Finanzen ein Gespräch zum Großprojekt …, über das er (auszugweise) folgenden Vermerk anfertigte:
„Von meinen Gesprächspartnern wurde Verwunderung darüber zum Ausdruck gebracht, dass die Sache nicht läuft. … Die sachlichen Gründe (fehlende Investitionen und das Ausbleiben von Arbeitsplätzen, Erstattungsrisiko für die neuen Bundesländer) habe ich genannt. Von MD Dr. R. … wurde erklärt, grundsätzlich an dem vereinbarten Gesamtaufkommen von ca. 1 Mrd. festhalten zu wollen. Auch stehe grundsätzlich einer Vereinbarung nichts entgegen, nach der unmittelbar 75 zu 25 von BvS und Land bezahlt werde.
BMGB/BvS wird auf hoher Ebene zu einem Gespräch einladen. Für Thüringen habe ich als zuständige Person Herrn StS I … genannt. …“
Mit Schreiben vom 30. April 1996 beantwortete Herr Ministerpräsident Dr. Vogel das vorgenannte Schreiben der BMGB vom 25. März 1996 in der Weise, dass „noch immer erhebliche Zweifel an dem Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für eine Freistellung“ der GVV bestünden.
Datierend vom 30. April 1996 erstellte das vom TMLNU beauftragte Unternehmen EP … ein Teilsanierungsrahmenkonzept (TSRK), in dem u. a. die hydrologischen Gefahren und unter Tage zur Abwehr übertägiger Schäden erforderlichen Maßnahmen in der Grube Springen im „Allgemeinen Teil“ wie folgt umschrieben werden:
(Seite 34)„… besteht ein ausgeprägtes hydrologisches Gefährdungspotential. Bei der gewaltigen Ausdehnung der Grubenfelder und dem verbreitet abgebauten besonders leicht löslichen … mineral Carnallitit in den tragenden Abbaupfeilern wären die Folgen eines Wassereinbruchs größerer Schüttung kaum übersehbar und müssen mit allen Mitteln verhindert werden. Das betrifft insbesondere die Bekämpfung mehrerer bereits seit Jahrzehnten Laugenzuflüsse in der Grube Springen sowie eine Reihe weiterer hydrologischer Schwachstellen in beiden Grubenfeldern. Die Durchschlägigkeit der Gruben Springen und Merkers untereinander sowie zur fördernden Nachbargrube Unterbreizbach ist als weiteres Gefährdungspotential zu betrachten.
Die zur Abwehr hydrologischer Gefahren derzeit vom Betreiber eingeordneten Maßnahmen umfassen nur einen relativ geringen Teil der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen sowie die Aufrechterhaltung des derzeitigen Zustandes in der Grube Springen durch die Fassung der derzeitigen Zuflüsse und deren Abpumpen nach über Tage.
Für die aktive Bekämpfung der Zuflussstelle der Grube Springen durch Verpress- und Abdämmmaßnahmen fehlen derzeit noch ausreichende Grundlagenuntersuchungen und eine darauf aufbauende strategische Konzeption mit dem Ziel einer endgültigen Beherrschung als Bestandteil der Abschlussbetriebspläne für die Gruben Merkers und Springen. Das Gleiche gilt für die erforderlichen Abdämmungsmaßnahmen zwischen Springen und Merkers sowie Merkers und Unterbreizbach.
Um hier keine Lücke im Zeit- und Kostenrahmen zuzulassen, erfolgte durch den Auftraggeber in der Besprechung am 11. März 1996 die Aufforderung an den Konzepterarbeiter, hierfür eigene Vorstellungen und Zeit- und Kostenabschätzungen zu entwickeln. Dies ist erfolgt und in den Grundvorstellungen am 17. April 1996 in Merkers mit dem Betreiber K+S diskutiert und abgestimmt worden. Diese Vorstellungen liegen den Maßnahmen zur Abwehr hydrologischer Gefährdungen, Bergwerk Merkers (1.2.3.12) sowie Abdämmung zum Grubenfeld Merkers (1.2.3.12) zugrunde.“
Im Anhang 2.2. des o. g. TSRK wird dazu ergänzend folgendes ausgeführt (vgl. dort S. 54):
„Das schwierigste Problem für die Verbundgrube Merkers/Springen stellt die Abwehr hydrologischer Gefährdungen dar. Eine trockene Verwahrung beider Grubenfelder erscheint auf Dauer auf Grund einer hydrologischer Gefährdungspotentiale und insbesondere langjährig aktiver Zuflüsse im Grubenfeld Springen als sehr schwierig. Für die Abdichtung der letzteren hat es in den vergangenen Jahrzehnten vielfältige und kostenintensive Untersuchungen und Maßnahmen gegeben, die jedoch alle nicht zu einem durchgreifenden Erfolg geführt haben. …
Ausgehend von dem heutigen, in wesentlichen Fragen noch nicht ausreichenden Kenntnisstand werden in den konkreten Maßnahmenplan zur Abwehr hydrologischer Gefährdungen zunächst solche Maßnahmen aufgenommen und finanziell bewertet, die im Erfolgsfall zu Abdichtung der bestehenden Zuflüsse und zu geomechanischen Stabilisierung der kavernösen Auslaugungshohlräume führen sollen. Ob dieser Erfolg eintreten wird, ist jedoch nicht sicher vorherzusagen. In diesem Falle müssten ergänzende bzw. alternative Maßnahmen vorgesehen werden, wie die Abdämmung von Kapselfeldern und deren Flutung mit MgCl2-reichen Lösungen oder auch die Weiterführung des Pumpbetriebes …“
Auf Blatt 3.1 der unter der Schlüsselnummer 1.2.3.12. in der Anlage 2.3. zum TSRK erfassten Maßnahme wird dazu ausgeführt:
„Obwohl eine Vielzahl von Einzeluntersuchungen und langjährige Erfahrungswerte vorliegen, gibt es z.Z. keine umfassenden und ausreichenden Untersuchungen zu der komplexen Aufgabe einer langzeitsicheren Verwahrung. Damit besteht auch keine Basis, um ohne vertretbare Risiken kurzfristig eine umfassende Konzeption zur endgültigen Sanierung der Gruben mit entsprechendem Zeit- und Kostenrahmen zu erarbeiten.“
Es wird an dieser Stelle prognostiziert (Blatt 3.2), dass die Erstellung dieser komplexen Konzeption wohl drei bis vier Jahre beanspruchen würde. An anderer Stelle (Blatt 2.1) wird ausgeführt, dass sich der Freistellungsantrag vom 12. März 1992 nur auf einzelne Teilfelder der Grube Merkers beziehe, dass aber ein sachlicher Bezug zu diesen Anträgen hergestellt werden könne, weil das ganze Grubenfeld hydrologisch gefährdet sei.
Mit Schreiben vom 3. Mai 1996 wandte sich ein Vorstandsmitglied der BvS unter Bezugnahme auf das Schreiben der BMGB vom 25. März 1996 an Herrn Ministerpräsidenten Dr. Vogel, um seine Unterstützung des Anliegens der BMGB durch die BvS zum Ausdruck zu bringen. Es wurde die Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass sich der Freistaat Thüringen durch den Beschluss der Gemeinsamen Arbeitsgruppe Bund/THA/Länder über das Großprojekt … Thüringen am 11. Mai 1993 gegenüber dem Bund und der Treuhandanstalt festgelegt habe, gegenüber der GVV und der … und … GmbH eine vollumfängliche Freistellung zu erteilen. Diese Freistellung sei die erste Voraussetzung der Abarbeitung des Großprojektes und der gemeinsamen Finanzierung nach dem Verwaltungsabkommen-Altlasten. Dazu fertigte die Zeugin A … unter dem 29. Mai 1996 einen Antwortentwurf, in dem die Auffassung vertreten wurde, dass die Erteilung einer Freistellung sich allein an den gesetzlichen Vorgaben zu orientieren habe. Dieser Entwurf wurde am 10. Juni 1996 an die Thüringer Staatskanzlei übermittelt. Ob und inwieweit der Entwurf Grundlage eines Antwortschreibens wurde, ist anhand der vorliegenden Akten nicht nachvollziehbar.
Am 27. Juni 1996 fand auf interministerieller Ebene des Beklagten ein Abstimmungsgespräch statt, auf dem die Vertreter der beteiligten Ministerien unter Bezugnahme auf den „Kabinettsbeschluss vom 16. Juni 1996“ (Anm. gemeint ist wohl der 16. Januar 1996) übereinstimmend den Grundkonsens im Hinblick auf eine positive Freistellung betonten. Die Vertreter des TMLNU und des TMWI betonten jedoch, dass die wirtschaftliche Entwicklung und die Umweltsanierung der ehemaligen … standorte bei der Freistellungsentscheidung im Vordergrund stehen müssten. Es wurde vereinbart, einen der BvS zu übersendenden Fragenkatalog zu erarbeiten.
In einem internen Vermerk des TMLNU vom 16. August 1996 auf Referatsebene wurden gegenüber Herrn AL 6 anknüpfend an die Beratung vom 27. Juni 1996 und unter Bezugnahme auf den sog. Grundsatzvermerk (der Zeugin A … ) erhebliche grundsätzliche rechtliche Bedenken gegen eine positive Freistellungsentscheidung geäußert und eine Weisung erbeten. Herr AL 6 erbat am 22. August 1996 eine Weisung des Ministers, ob trotz der erheblichen Bedenken eine Freistellung der GVV mbH und der … und … GmbH erfolgen solle.
Mit Schreiben vom 5. September 1996 wurde der BvS der vom TMLNU erarbeitete Fragenkatalog übermittelt, den diese zunächst an die … und … GmbH weiterleitete. Die … und … GmbH äußerte sich gegenüber der BvS mit Schreiben vom 1. November 1996 dazu wie folgt:
„Wie Sie wissen liegen die Anträge unseres Unternehmens auf Freistellung … den Thüringer Behörden seit März 1992 vor. Wie wir aus diversen Kontakten und Aussagen von Behördenvertretern schließen konnten, war ein wesentlicher Grund für den ausbleibenden Fortschritt in der Bearbeitung in der zwischen THA/BvS und dem Freistaat Thüringen kontrovers behandelten Frage zu sehen, ob die Sanierung untertägiger Altlasten Teil eines sogenannten Großprojektes sein könne oder nicht. Obschon wir als Unternehmen von der Frage dieser Entscheidung unmittelbar betroffen sind (… vgl. Merkers), sind wir erst am 14. September 1995 in einer auf unser Betreiben hin zustande gekommenen Beratung im TMLNU in Erfurt mit der Problematik ansatzweise vertraut gemacht worden. Weiter bleibt festzuhalten, dass dem damals zuständigen Landesverwaltungsamt nur wenige Tage später – am 20. September 1995 – die relevanten Passagen des Rahmenvertrages übermittelt worden sind.…
Wir möchten jedoch erneut betonen, dass wir eine Freistellung nach den Vorschriften des Umweltrahmengesetzes nur als vollständige Befreiung von Kosten bzw. Verantwortlichkeit verstehen können und deshalb nach wie vor von einem vollständigen Ausgleich ohne Rücksicht auf eventuell gebildete Rückstellungen ausgehen. Insbesondere für den Standort Merkers, bei dem das Ausmaß der Sanierungsnotwendigkeiten erst nach erfolgter „ … fusion“ offenbar wurde, wäre ein Eigenanteil des Unternehmens nicht zu rechtfertigen, da das Werk für das Gemeinschaftsunternehmen faktisch zu keinem Zeitpunkt einen operativen Beitrag geleistet hat.“
Die BvS beantwortete den Fragenkatalog mit Schreiben vom 4. April 1997.
In einem gemeinsamen Schreiben vom 28. April 1997 teilten der Thüringer Finanzminister und der Thüringer Umweltminister der BvS mit, dass eine Freistellung der GVV mbH nicht möglich sei, weil die THA die Finanzierung für alle Umweltaltlasten übernommen habe. Dazu fand am 12. Mai 1997 eine Besprechung des Staatssekretärs des TMLNU – des Zeugen I … – und des Staatssekretärs des Thüringer Finanzministeriums mit dem Präsidenten der BvS, Herrn Dr. …, und einem Mitglied des Vorstandes der BvS, Herrn Dr. B …, in Berlin statt. Darüber berichtete der Zeuge I … Herrn Ministerpräsident Dr. Vogel in einem Vermerk und führte dazu u. a. aus:
4. „Der Freistellungsvertrag in Sachen K+S ist in Vorbereitung. Er muss sich nach Auffassung beider Seiten in sanierungsfachlicher Hinsicht am GVV-Vorbild orientieren. Er kann erst weiter betrieben werden, wenn die oben angesprochenen Rückstellungsfragen einvernehmlich gelöst sind, da hier ähnliche Probleme bestehen, wenn auch in geringerem Umfang und nicht in voller Schärfe. Im Übrigen bin ich der Auffassung, dass gerade dieser Vertrag höchst sensibel zu verhandeln ist. Die Stichworte „Bischofferode“ und „Übernahme der BASF-Anteile durch deren kanadische Konkurrenz auf dem … -Weltmarkt“ bei Sanierungsmöglichkeit durch Freistellung mit Thüringer Geld bergen politische Schwierigkeiten in hohem Maße in sich.“
5. „Nach Aussage der BvS drohe der Bund damit, keine weiteren Zahlungen im Rahmen der Altlastenfreistellungen an Thüringen zu zahlen, bevor nicht der GVV-Vertrag unterzeichnet ist. Von solchen Drohungen war immer die Rede. Ein derartiger Erlass des BMF an die BvS wurde nie präsentiert. …“
Als Reaktion auf das Schreiben der beiden Thüringer Minister vom 28. April 1997 wies das Bundesministerium der Finanzen die BvS mit – auch an das Thüringer Finanzministerium und das TMLNU z. K. übermittelten – Schreiben vom 4. Juni 1997 an, keine Auszahlungen an den Freistaat auf Grundlage des VA-Altlastenfinanzierung vorzunehmen und jegliche Aktivität zu unterbrechen. Die Sperrung der Haushaltsmittel für 1998 werde erst aufgehoben, wenn die Freistellung der GVV mbH erfolgt sei. Begründend wurde dazu ausgeführt:
„… Mit der Verweigerung der Freistellung unter Berufung auf die Finanzierungszusage der THA zugunsten der GVV entzieht sich das Land seiner im o.g. Verwaltungsabkommen übernommenen Verpflichtung. Dies ist für das BMF nicht hinnehmbar. Die Treuhandanstalt hat der GVV seinerzeit eine Finanzierungszusage gegeben, um damit eine notwendige Grundlage für den dringend in Gang zu setzenden Privatisierungs- und Sanierungsprozess zu schaffen. Sie hat damit eine in die originäre Zuständigkeit des Landes fallende Aufgabe übernommen, bevor dies dazu aus den hinlänglich bekannten Gründen der Fall war. …
Vor diesem Hintergrund liegt die im o.a. Schreiben des Thüringer Finanzministers und des Thüringer Ministers für Landwirtschaft, … aufgeworfene Frage, „ob die von der Treuhandanstalt erteilte Finanzierungszusage eine Zahlungsverpflichtung eines Dritten darstellt und eine Freistellung deshalb nicht erfolgen kann“, völlig neben der Sache.
Da damit letztendlich Inhalt und Tragweite des Verwaltungsabkommens in Frage gestellt werden, sehe ich keine Grundlage, auf der Gespräche „über die Finanzierung der Freistellung der ökologischen Altlasten insgesamt“ geführt werden sollen. …
Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie, ab sofort keine Auszahlungen an den Freistaat Thüringen auf Grundlage des Verwaltungsabkommens mehr vorzunehmen und insoweit jegliche Aktivität in diesem Bereich gegenüber dem Freistaat zu unterbrechen. Für das Haushaltsjahr 1998 habe ich bereits aus den Altlastenfinanzierungsmitteln der BvS einen Betrag von 50 Mio. DM vorsorglich gesperrt. Diese Sperren werde ich erst aufheben, wenn die Freistellung der GVV auf Grundlage des ausgehandelten Vertragsentwurfs erfolgt. …“
Mit Schreiben vom 16. Mai 1997 brachte die BvS gegenüber dem SUA Suhl zur Vorbereitung eines gemeinsamen Erörterungstermins am 21. Mai 1997 ihr Befremden zum Ausdruck, dass angesichts eines festgestellten Maßnahmenumfanges von rund 500 Mio. DM die Frage nach der Erheblichkeit als Investitionshemmnis überhaupt gestellt werde, wies auf die Unabdingbarkeit der Freistellung für die Durchführung des Großprojektes hin und kündigte an, vor der Übermittlung eines Freistellungsbescheides keine Veranlassung für weitere Gespräche über die Freistellung zu sehen.
Am 30. Juni 1997 fand in der Grube in Unterbreizbach eine Besprechung mit Vertretern des SUA Suhl und der … und … GmbH statt. Die Vertreter der … und … GmbH wiesen darauf hin, dass nach derzeitigem Kenntnisstand deutlich höhere Kosten, als die bislang im Raum stehende Summe von 610,5 Mio. DM zu erwarten seien. Diese erhöhten Kosten stünden insbesondere mit besonderen Schwierigkeiten bei der Verwahrung einzelner Bergwerke im Zusammenhang. So sei z. B. durch CO2- und Laugenzutritte mit Lösungserscheinungen in Bergwerksschächten zu rechnen, denen mit aufwendigen Maßnahmen begegnet werden müsse, für die gegenwärtig keine Kostenschätzung möglich sei. Das SUA Suhl setzte davon auch die Abteilung 6 des TMLNU in Kenntnis. Herr AL 6 informierte die Staatssekretäre des TMLNU und des Thüringer Finanzministeriums darüber, dass die … und … GmbH die Kosten für die Sanierungsarbeiten drastisch höher einschätzt und allein für den Versatz mit mehr als ein bis zwei Milliarden rechne. Des Weiteren wies er das SUA Suhl an, keine Gespräche mehr mit der … und … GmbH zu führen und einen Vermerk zur Besprechung vom 30. Juni 1997 anzufertigen.
Der Staatssekretär des Thüringer Finanzministeriums beantwortete das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 4. Juni 1997 mit Schreiben vom 11. Juni 1997 wie folgt:
„Sie werden Verständnis haben, dass ich auf die von Ihnen in o.a. Schreiben mitgeteilten Sanktionen in gleicher Weise zu reagieren beabsichtige. Dabei möchte ich nicht verhehlen, dass ich es als außergewöhnlich empfinde, während der laufenden Verhandlungen, ohne die Verhandlungen des Landes präzise zu kennen, eine so weitreichende Haushaltssperre anzubringen. Sie soll zwar erst im Jahr 1998 greifen, führt aber bereits jetzt zum Abbruch von Fachvorbereitungen im Vorfeld bzw. in laufenden Freistellungsverfahren durch die BvS“.
Diesbezüglich teilte das Bundesministerium der Finanzen dem Staatssekretär des Thüringer Finanzministeriums mit Schreiben vom 23. Juli 1997 seine Auffassung mit, dass eine Freistellung zu erfolgen habe, weil der … bergbau in die Liste der Großprojekte aufgenommen worden sei.
Herr AL 6 des TMLNU setzte seinen Staatssekretär, den Zeugen Herrn I …, mit Vermerk vom 3. Juli 1997 unter Bezugnahme auf den vom SUA Suhl zwischenzeitlich über die Besprechung in der Grube Unterbreizbach am 30. Juni 1997 übermittelten Vermerk davon in Kenntnis, dass die „ … und … offensichtlich eine Kostenhöhe allein für den Versatz zwischen mehr als einer bis zwei Milliarden DM“ erwarte und dass eine „solche Kostenexplosion alle bisherigen Finanzplanungen über den Haufen werfen“ würde. Die … und … habe in diesem Gespräch offensichtlich selbst den Hinweis gegeben, dass die BvS mit dieser auch von ihr geforderten Freistellung lediglich das Ziel verfolge, sich selbst von den Kosten zu befreien.
Mit Schreiben vom 4. August 1997 teilte die … und … GmbH dem SUA Suhl unter Bezugnahme auf die Besprechung in der Grube Unterbreizbach am 30. Juni 1997, die Freistellungsanträge vom 12. März 1992 und die „zugehörigen Präzisierungen im Sommer 1995“ mit, dass es zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich sei, eine einigermaßen verlässliche Kostensumme zu nennen. Die für den untertägigen Bereich erwartete Freistellung beziehe sich auf Verwahrungsmaßnahmen, für die zurzeit noch keine Sanierungskonzepte und damit auch keine kalkulierten Kosten vorlägen, wie z. B. Laugenzuflüsse. Unter diesen Voraussetzungen halte die … und … GmbH eine Deckelung in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag für nicht möglich. Diesem Schreiben war eine als „Kostenlast für die K+S GmbH“ bezeichnete Übersicht beigefügt, in der für die dargestellten Maßnahmen ein Gesamtbetrag von 797.175 TDM ausgewiesen war. Diese war aber mit dem ausdrücklichen Hinweis versehen, nicht vollständig zu sein und nur die dem derzeitigen Stand quantifizierbaren Wissens entsprechende Kostenlast darzustellen.
Mit Kabinettsbeschluss vom 27. August 1997 bat die Thüringer Landesregierung den Umweltminister, bei den für die Freistellung der GVV mbH und der … und … GmbH vorgesehenen Verhandlungen auch die Option einer Beschränkung der Freistellung auf den obertägigen Bereich zur berücksichtigen. Auf einer internen anschließenden Besprechung im TMLNU am 28. August 1997 mit dem Minister, dem Staatssekretär und der Arbeitsebene wurde festgelegt, die … und … GmbH allenfalls obertägig freizustellen. Dies sei unbedenklich, da die … und … GmbH auf die vertraglichen Regelungen mit der BvS zurückgreifen könne. Da die Arbeitsplatzgarantie nur bis 1997 gelte, sei die Freistellungsfähigkeit ohnehin zweifelhaft. Zuvor hatte die Thüringer Staatskanzlei die diesbezügliche Kabinettvorlage des TMLNU vom 22. August 1997 mit der Begründung gebilligt, dass die Ausklammerung der Freistellung für den Untertageversatz erforderlich sei, da die Kosten des Untertageversatzes zurzeit nicht abschätzbar seien.
Mit Schreiben vom 12. September 1997 forderte das SUA Suhl die … und … GmbH auf, standortbezogene Angaben zur wirtschaftlichen Betätigung, zur Zahl der geschaffenen und mittelfristig (bis 2010) zu erhaltenen Arbeitsplätze sowie zu den Investitionen zu machen. Mit Schreiben gleichen Datums übersandte das SUA Suhl dem TMLNU das Schreiben der … und … GmbH vom 4. August 1997 und teilte mit, dass das Verlangen der … und … GmbH nach einer Freistellung „ohne Deckelung“ einer Freistellung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag entgegenstehe. Für die untertägigen Bereiche bestünden keine Sanierungskonzepte und keine Kostenkalkulationen (z. B. Laugenzutritte). Eine Belastung des Freistaates mit Kosten in unabsehbarer Höhe auf unabsehbare Zeit für die Erhaltung einer relativ geringen Anzahl von Arbeitsplätzen erscheine nicht vertretbar. Anlässlich dieses Schreibens wurde das SUA Suhl (erneut) durch das TMLNU (mündlich) angewiesen, bis zu einer anderslautenden Anweisung gegenüber der … und … GmbH keine Aktivitäten zu entfalten.
Mit Schreiben vom 27. Oktober 1997 teilte das Bundesministerium der Finanzen der BvS mit, dass die Zahlungen an Thüringen wieder aufgenommen werden könnten, weil der GVV-Freistellungsvertrag paraphiert sei. Dieser wurde im November 1997 unterzeichnet. Die GVV mbH wurde auch für den untertägigen Bereich freigestellt.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 1997 setzte der Staatssekretär des TMLNU die … und … GmbH davon in Kenntnis, dass für die Freistellung nur der obertägige Bereich der Betriebsstätte Unterbreizbach in Betracht komme. Die K+S zeigte sich darüber überrascht und teilte mit, die BvS informiert zu haben.
Das Bundesministerium der Finanzen teilte der BvS mit Schreiben vom 19. Dezember 1997 mit, dass die im Wirtschaftsplan 1998 für Thüringen vorgesehenen Mittel weiter gesperrt seien. Man sehe keine Veranlassung, in 1998 im Rahmen des Verwaltungsabkommens-Altlasten Zahlungen an den Freistaat Thüringen zu leisten, solange nicht die Frage der Freistellung der … und … GmbH zur Zufriedenheit gelöst sei.
Rückwirkend zum 1. Januar 1998 übernahm die K+S Beteiligungs-AG den 49%igen-Gesellschaftsanteil der BvS an der … und … GmbH (auf Grundlage eines am 22. Juli 1998 geschlossenen Vertrages).
Am 22. Januar 1998 kam es im TMLNU zu einer Besprechung, an der der Staatssekretär des TMLNU und Vertreter der … und … GmbH teilnahmen. Ausweislich eines dazu gefertigten Protokolls stellte der für die „K+S“ tätige Zeuge Herr S … ausführlich die besondere Problemlage beim untertägigen Versatz mit Stein …, insbesondere in der Grube Merkers dar. Die bei den Verkaufsverhandlungen mit der damaligen Treuhandanstalt zugrunde gelegten Kenntnisse bezüglich des Versatzes zur Gefahrenabwehr seien gerade in der Grube Merkers ungenügend gewesen. Die Kosten für den Versatz, einschließlich der Bekämpfung hydrologischer Probleme, würden nun die ursprünglich veranschlagte Summe von rund 340 Mio. DM deutlich übersteigen. Es sei beabsichtigt, jetzt im Wesentlichen nach dem Gutachten der EP … vorzugehen. Es müsse von einer notwendigen Versatztätigkeit bis zum Jahr 2010 ausgegangen werden. Seitens des Staatssekretärs des TMLNU wurde die Vereinbarung eines weiteren Termins mit Beteiligung der BvS angeboten.
In Reaktion auf das Schreiben des Staatssekretärs des TMLNU vom 10. Dezember 1997 an die … und … GmbH und der weiteren Sperrung der Haushaltsmittel für Thüringen durch das Bundesministerium der Finanzen wandte sich die BvS mit Schreiben vom 4. Februar 1998 erneut an Herrn Ministerpräsidenten Dr. Vogel und teilte mit, sich nach Abstimmung mit dem Bundesministerium der Finanzen außerstande zu sehen, weitere Zahlungen zu leisten. Für die Ablehnung der Freistellung der … und … GmbH und eine von der GVV mbH abweichende Behandlung gebe es keine sachlichen Gründe. Man bitte um ein Gespräch.
Am 9. März 1998 kam es – nach mindestens zwei Gesprächen zwischen Vertretern des Bundes und dem Beklagten im Februar 1998 (vgl. Vermerk des Staatsekretärs I … vom 22. Februar 1998 in Beiakte 27) – auf Arbeitsebene zu einer Besprechung zwischen Vertretern der BvS, der … und … GmbH, des TMLNU und des SUA Suhl, auf der sich die BvS erstaunt zeigte, dass trotz der Anmeldung zum Großprojekt anhand von Detailfragen über die Freistellung entschieden werden solle. Der Vertreter der … und … GmbH wies darauf hin, dass die Kosten von 365 Mio. DM auf mindestens 700 Mio. DM gestiegen und nach oben hin offen seien. Erst bei Aufnahme der Verwahrungstätigkeit 1994 habe man von den Problemen erfahren, so auch von der Gefahr der Anlösung durch Laugeneintritte. Insbesondere deswegen sei die Kostenschätzung offen. Im Anschluss an dieses Gespräch übersandte die BvS dem TMLNU das die Haushaltssperre betreffende Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19. Dezember 1997.
Mit Schreiben vom 22. März 1998 beantwortete Herr Ministerpräsident Dr. Vogel das Schreiben der BvS vom 4. Februar 1998 in der Weise, dass von Seiten Thüringens triftige Gründe vorgebracht würden, die gegen eine vollumfängliche Freistellung der K+S ohne Deckelung sprächen, signalisierte aber Gesprächsbereitschaft.
Am 23. April 1998 wurde im SUA Suhl ein Vermerk über ein Telefonat mit dem SUA Sondershausen gefertigt, in dem über eine Besichtigung der Grube Merkers berichtet wurde. Dazu ist bezogen auf „die Laugenzuflüsse Springen“ festgehalten, dass es sich um eine große Gefahr handele, die seit ca. 30 Jahren bestünde. Eine diesbezügliche Kosteneinschätzung sei erst möglich, wenn feststünde, wie groß die Kaverne sei und welche Lösungsmöglichkeiten es gebe.
Mit Schreiben vom 30. April 1998 beantwortete die … und … GmbH einen vom SUA Suhl auf der Besprechung am 9. März 1998 übergebenen Fragenkatalog und wies u. a. darauf hin, dass in Bezug auf die in Unterbreizbach bestehenden bzw. vorgesehenen Arbeitsplätze und Investitionen eine Betrachtung bis 31. Dezember 2000 vorgelegt werden könne. Dies sei der Zeitraum, den die mittelfristige Planung erfasse.
In einer vom 6. Mai 1998 datierenden, die Reprivatisierung der … und … GmbH betreffenden Beschlussvorlage des Vorstandes der BvS für den Verwaltungsrat der BvS wird darauf hingewiesen, dass die … und … GmbH durch die BvS vertraglich umfassend von Altlastenrisiken, soweit sie vor der Fusion auf den Standorten der ehemaligen MdK AG entstanden seien, freigestellt worden sei. Dies umfasse auch die Maßnahmen, die zur Abwehr von Gefahren von Laugenzuflüssen erforderlich seien (vgl. Anlage B 38).
Die … und … GmbH wies das SUA Suhl mit Schreiben vom 8. Mai 1998 unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 4. August 1997 erneut darauf hin, dass die Freistellung für den untertägigen Bereich sich auf Verwahrungskonzepte beziehen müsse, für die zur Zeit noch keine Sanierungskonzepte und damit keine kalkulierten Kosten vorliegen könnten (z. B. CO2-Zutritt zweite Sohle und Laugenzuflüsse). Deshalb könne die (bereits mit Schreiben vom 4. August 1997 übermittelte und erneut beigefügte) Unterlage „Kostenlast für die … und … GmbH im Zusammenhang mit Altlasten“ nicht vollständig sein.
Nach mehreren vorbereitenden Gesprächen auf Arbeitsebene kam es am 4. Juni 1998 zu einem Gespräch zwischen Herrn Ministerpräsidenten Dr. Vogel und dem Präsidenten der BvS, Herrn Dr. …, bei dem vereinbart wurde, dass die … und … GmbH auch untertägig freigestellt werden solle. Man ging von einem Gesamtkostenrahmen von 300 Mio. DM aus und vereinbarte eine Nachverhandlung über eine Größenordnung von 500 Mio. DM für eventuelle Grundwasserrisiken.
In Umsetzung dieser Vereinbarung wurde durch das TMLNU Ende Juni 1998 der Entwurf eines Eckpunktepapiers vorbereitet, dem eine Freistellung von 300 Mio. DM mit einer Öffnungsklausel über 500 Mio. DM für Grundwasserrisiken zugrunde lag. Es sollte sich um eine abschließende Vereinbarung über die Verpflichtungen aus dem Altlastenabkommen handeln, aber keine Übernahme der vertraglichen Verpflichtungen der BvS/THA aus ihren Privatisierungsverträgen durch den Freistaat erfolgen.
Die BvS teilte dem TMLNU mit Schreiben vom 26. Juni 1998 mit, dass mit dem für die Generalbereinigung in Ansatz zu bringenden Gesamtbetrag (von seinerzeit prognostizierten 1 Mrd. DM) die Höhe der Refinanzierung des Bundes gegenüber Thüringen zu begrenzen sei. Eine Öffnungsklausel könne nur für die Freistellung der … und … GmbH für Risiken aus Grundwassereintritten ins Auge gefasst werden.
Am 2. Juli 1998 kam es zu einem Telefonat zwischen TMLNU und BvS auf Arbeitsebene, in dem seitens der BvS mitgeteilt wurde, dass die Vereinbarung nur dann zustande kommen werde, wenn die gesamten Verpflichtungen der BvS abgelöst werden würden.
Auf einer abschließenden Besprechung am 9. Juli 1998 zwischen Vertretern der BvS und des Beklagten wurde ein Gesamtfreistellungspaket über 1.290 Mio. DM vereinbart, von dem 800 Mio. DM auf die … und … GmbH entfielen. Dafür sollte der Freistaat auch die privatrechtlichen Verpflichtungen zur Altlastenfreistellung aus den von der BvS geschlossenen Privatisierungsverträgen übernehmen.
Das Eckpunktepapier über die Generalbereinigung im Sinne einer Pauschalisierung aller Altlastenverpflichtungen zwischen der BvS und dem Beklagten wurde am 14. Juli 1998 unterzeichnet. Dieses sah die abschließende Abgeltung der Refinanzierungsverpflichtungen aus dem Verwaltungsabkommen-Altlasten für das Teilprojekt … und …, das Großprojekt Rositz und die „60/40-Fälle“ sowie die gleichzeitige vollständige Übernahme der privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen der BvS in Bezug auf Altlasten vor. Damit sollte dem Wunsch Thüringens Rechnung getragen werden, künftig die Abarbeitung der ökologischen Altlasten in eigener Finanzverantwortung wahrnehmen zu können. Dazu werde der Abschluss eines Generalvertrages angestrebt. Als Gesamtkosten für die erfassten Projekte wurde ein Gesamtbetrag von 1.290 Mio. DM in Ansatz gebracht, von dem 800 Mio. DM auf das Projekt … Thüringen entfielen. Davon in Abzug gebracht werden sollten die bereits von der BvS getätigten Zahlungen.
Auf der Arbeitsebene im TMLNU wurde anknüpfend an das Eckpunktepapier in mehreren Vermerken festgehalten, dass die zugrunde gelegte Höchstgrenze von 1,29 Mrd. DM wegen fachlich nicht absehbarer Risiken keinesfalls ausreichend sei. Es werde empfohlen, diese Vereinbarung keinesfalls zustande kommen zu lassen. Der vermeintliche Vorteil des Einvernehmensprinzips mit der BvS wiege keinesfalls den erheblichen finanziellen Nachteil auf.
Die BvS stellte im Zuge der beginnenden Vertragsverhandlungen immer wieder klar, dass der Betrag von 800 Mio. DM für K+S nicht verhandelbar sei. Sie ließ in der Folge durch den von ihr beauftragten Rechtsanwalt, dem Zeugen Herr Dr. S …, einen Vertragsentwurf vorbereiten, der in der Folge die in den Vertragsverhandlungen vereinbarten Änderungen einarbeitete und die Änderungsentwürfe dann wieder den Beteiligten zuleitete. Im Grundsatz blieb es bei den im Eckpunktepapier vereinbarten Beträgen. Bezogen auf die Übernahme der privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen war im Grundsatz eine Schuldübernahme und für den Fall der Verweigerung des Gläubigers eine Erfüllungsübernahme vereinbart.
Bezogen auf die Problematik der für den Fall des Scheiterns der vorrangig angestrebten Schuldübernahme vereinbarten Erfüllungsübernahme existiert ein Schreiben des „Direktorats VM 5“ der BvS vom 7. September 1998, das intern an ein Mitglied des Vorstandes der BvS gerichtet war. Dort wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:
„…zeigt, dass die jetzige Konstruktion der Erfüllungsübernahme … von vornherein Auseinandersetzungspotential enthält.
Für den Freistaat Thüringen wird die pauschale Abgeltung sämtlicher Risiken das Bestreben zur Folge haben, die Kosten möglichst gering zu halten. … Selbst wenn der Freistaat sich rechtlich weitreichend zur Erfüllungsübernahme verpflichtet, wird in der praktischen Umsetzung diese Kostenpolitik maßgebend sein. Dies wird den Interessen der … und … GmbH, die mit der BvS großzügige Regelungen vereinbart hat, nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch aus Sicherheitserwägungen heraus (…) entgegenstehen. Aufgrund der gewählten Konstruktion der Erfüllungsübernahme im Verhältnis BvS/Freistaat wird K+S sich an ihren Vertragspartner BvS halten müssen, da sie gegenüber dem Freistaat keinen Anspruch hat. Der Umfang, in dem seitens der BvS Personalressourcen vorgehalten werden, wird davon abhängen, wie weitgehend Thüringen Forderungen von K+S erfüllt. …“
Zur Vorbereitung des Generalvertrages übersandte der Direktor des Direktorats Umweltschutz/Altlasten der BvS, der Zeuge Herr Dr. P …, dem Staatssekretär des TMLNU, dem Zeugen Herrn I …, u. a. eine interne Risiko- und Kostenschätzung für das K+S-Projekt. Diese als „BvS-Einschätzung der Gesamtplankosten“ bezeichnete und auf den 31. Oktober 1998 bezogene Darstellung der „Ist-Aufwendungen“ weist als „geschätzte Gesamtplankosten“ einen Betrag von 795.778 TDM aus. Darin enthalten ist für die „Bekämpfung von Zuflüssen u. T.“ ein Betrag von 34.000 TDM.
Da einige Mitglieder der Thüringer Landesregierung dem Abschluss des Generalvertrages nicht ohne weiteres hatten zustimmen wollen und auch die Zustimmung des Landtages nicht sicher war, wurde vereinbart, in den Generalvertrag unter § 2.6 eine sog. Sprechklausel aufzunehmen, die nach Verhandlung verschiedener Varianten letztendlich folgenden Wortlaut erhielt:
„Sollte nach Ablauf von 10 Jahren nach Wirksamwerden dieses Vertrages feststehen, dass dem Freistaat bis dahin aufgrund dieses Vertrages Mehrausgaben von über 20 % gegenüber den in § 2.1 genannten Grundkosten entstanden sind, so erklärt sich die BvS ausnahmsweise bereit, in Verhandlungen mit dem Freistaat einzutreten mit dem Ziel, einen Anteil an den 20% überschreitenden Mehrausgaben entsprechend dem Finanzierungsschlüssel des Verwaltungsabkommens zu übernehmen.“
In einem als Anlage 8 zum Generalvertrag genommenen Vermerk wurde klargestellt, dass zu den „neuen Risiken“ im Sinne der Sprechklausel auch die Laugenhaltung zähle.
Am 2. November 1998 fand beim Staatssekretär des TMNLN, dem Zeugen Herrn I …, eine interne Beratung statt, als deren Ergebnis zur Thematik „Gesamtvereinbarung BvS – Freistaat Thüringen zur Altlastenfinanzierung“ in dem Vermerk eines Mitarbeiters der Abteilung 6 des TMLNU Folgendes festgehalten ist:
„K&S GmbH
1. Kostenaufstellung der K+S laut Anlage zu ihrem Schreiben an Staatliche Umweltamt Suhl vom 8. Mai 1998. Darin geht die K&S von etwa 800 Mio. DM Maßnahmekosten (für die Bereiche Bode, Halden und Untertage) aus, ausdrücklich vorbehaltlich weiterer Untersuchungen und neuer Erkenntnisse.
2. Das Land geht ebenfalls von etwa 800 Mio. DM Maßnahmekosten aus.Diese Summe basiert auf:
a) den Kostenschätzungen der TSRK, Stand 1995, die in einer Zusammenstellung vom 9. Juli 1997 für die Bereiche Boden, Halden und Untertage mit etwa 640 Mio DM zusammengefasst sind,
b) der Einschätzungen zur sog. „Laugenproblematik“ mit etwa 50 Mio. DM
c) sowie möglichen zusätzlichen Kosten für weiteren Versatz in der Grube Merkers, über deren Notwendigkeit zur Zeit noch nicht entschieden ist, mit ca. 110 Mio DM.“
Sowohl durch den Beklagten als auch die BvS wurde jeweils in internen Vermerken zur damaligen Variante der Sprechklausel die Auffassung geäußert, dass sie wohl nicht zum Tragen komme, weil das Land den dafür zu leistenden Eigenanteil von 0,46 Mrd. DM im Zeitraum von zehn Jahren nicht werde aufbringen können (vgl. z. B. Vermerk des Staatssekretärs Herrn I … vom 22. Dezember 1998, undatierter Entwurf einer Informationsvorlage des Ministers des TMLNU über den Stand der Verhandlungen zum Generalvertrag nach dem 21. Januar 1999 in BA 50 und Vermerk des Direktors Umweltschutz der BvS vom 21. Januar 1999 in BA 59).
Die Thüringer Landesregierung stimmte dem Abschluss des Generalvertrages mit Beschluss vom 2. Februar 1999 zu. In der diesen Beschluss vorbereitenden Kabinettvorlage des TMLNU wird zum „Großprojekt … + … “ einleitend Folgendes ausgeführt:
„Nach jetzigem Kenntnisstand ist davon auszugehen, dass mit der im Eckpunktepapier für dieses Projekt vereinbarten Summe in Höhe von 800 Mio. DM sämtliche relevanten öffentlich-rechtlich verfügten Gefahrenabwehrmaßnahmen im Bereich des Großprojektes … + … abgearbeitet werden können. Technische Grundlage ist das mit der BvS abgestimmte Teilsanierungsrahmenkonzept. …“
Am 24. Februar 1999 wurde der Generalvertrag zwischen dem Beklagten und der BvS mit dem bereits beschriebenen Inhalt geschlossen. § 6 enthielt eine spezielle Vereinbarung zu „K+S“, in der der Beklagte sich in § 6.4 verpflichtete, die „K+S“ im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung freizustellen und erklärte, den Abschluss eines dreiseitigen öffentlich-rechtlichen Vertrages anzustreben. Für den Fall des Scheiterns wurde der Erlass eines mit der BvS einvernehmlich abzustimmenden Bescheides vereinbart.
Unmittelbar im Anschluss daran wurden die Verhandlungen zur Vorbereitung des zwischen dem Beklagten, der … und … GmbH und der BvS abzuschließenden Freistellungsvertrages aufgenommen. Wegen der diesbezüglichen weiteren Einzelheiten wird insbesondere auf die als „Chronologie“ bezeichnete Arbeitsunterlage verwiesen, die zunächst vom Vertreter der Beigeladenen datierend vom 18. August 2020 erstellt, durch die Berichterstatterin ergänzt und den Beteiligten – unter Beifügung der in der „Chronologie“ benannten Unterlagen (insbesondere die Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … und die Entwürfe des Freistellungsvertrages) – zuletzt mit Stand 14. Juni 2021 zur Verfügung gestellt wurde (vgl. GA Band XXIII, Blatt 5018 bis 5024).
Zu dem datierend vom 12. März 1999 durch das Thüringer Finanzministerium erstellten Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Sondervermögens „Ökologische Altlasten in Thüringen“ (ThürGSÖA) wies das TMLNU mit Schreiben vom 12. März 1999 bezogen auf die im Entwurf in § 3 Abs. 1 5. Spiegelstrich ThürGSÖA enthaltene Regelung zu den Finanzverpflichtungen, die sich aus der nach dem Generalvertrag vereinbarten Pflicht zur Freistellung der … und … GmbH ergeben, darauf hin, dass die Freistellung nicht unbedingt den Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung erfassen müsse. Der Bitte des TMLNU um „unbedingte“ Streichung der Worte „im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen“ wurde entsprochen (vgl. BA 38). § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürGÖSA erhielt daraufhin den Wortlaut, wie er letztendlich auch in dem Gesetz vom 9. Juni 1999 (GVBl. S. 329) beschlossen wurde:
„(1) Das Sondervermögen dient der Erfüllung aller Finanzierungsverpflichtungen des Landes, die sich aus dem Generalvertrag und dessen Umsetzung ergeben, dazu gehören insbesondere:
…
5. die Finanzierungsverpflichtungen, die sich aus der nach dem Generalvertrag vereinbarten Pflicht zur Freistellung der … + … GmbH ergeben,“
Am 18. März 1999 wurde auf der Referentenebene im TMLNU für den Staatssekretär zur Vorbereitung des für den 31. März 1999 anvisierten Gesprächs mit der BvS und der … und … GmbH ein Vermerk angefertigt, der auszugsweise folgenden Inhalt hatte (vgl. Nr. 1 der „Chronologie“):
„zur Umsetzung der im Generalvertrag getroffenen Regelung zur Freistellung der K&S in dem im Generalvertrag genannten Umfang bedarf es vorab der Feststellung und Mitteilung an das SUAS, dass entgegen den Ergebnissen der zur Frage der Freistellungsfähigkeit der K&S gefertigten Vermerke vom 6. Mai 1996 und des Staatlichen Umweltamtes Suhl vom 5. Mai 1998 mit Abschluss des Generalvertrages die positive Freistellung der K&S durch das Land getroffen wurde und diese abweichend von anderen Freistellungsentscheidungen durch das SUAS umzusetzen ist.…
Zielsetzung eines Freistellungsvertrages muss es sein, eine umfassende, in sich geschlossene Regelung zu treffen, in der die folgenden Punkte berücksichtigt werden:
…Regelung zum Umfang der Freistellung…
Ziel sollte es sein, einen Katalog von Maßnahmen aufzustellen und zum Vertrag zu nehmen, die grundsätzlich von der Freistellung erfasst werden, so dass dann die Abarbeitung dieser Maßnahmen nachverfolgt werden kann.
Auf Anforderung des TMLNU mit Schreiben vom 23. März 1999, eine vertragliche Freistellung zu prüfen, teilte das SUA Suhl mit Schreiben vom 31. März 1999 mit (vgl. Arbeitsgrundlage „Chronologie“ Nr. 3):
„Zur abschließenden Prüfung, welchen Einfluss der Generalvertrag auf die Entscheidung des SUA über die Freistellungsanträge hat, ist die Heranziehung des vollständigen Vertrages erforderlich; …
Der hier maßgeblichen Verwaltungspraxis im Freistaat entsprechend und in Ausübung des …Ermessens ist beabsichtigt, eine in der Höhe begrenzte Freistellung auszusprechen, der Antragstellerin einen Eigenanteil in Höhe von 10 % aufzuerlegen und die Schaffung oder Erhaltung von Arbeitsplätzen sowie die Vornahme von Investitionen aufzuerlegen.
Im Hinblick auf § 6.1 des Generalvertrages in Verbindung mit Art. 16 des Rahmenvertrages vom 13. Mai 1993 lässt sich schon jetzt feststellen, dass die von der Treuhandanstalt dem Gemeinschaftsunternehmen in Art. 16.1 (a) gewährte Freistellung von … im Rahmen einer Freistellung nach dem URG nicht wird gewährt werden können.
Auch die in Art. 16.6 des Rahmenvertrages niedergelegten Pflichten der Treuhandanstalt werden nicht mit einer Freistellung nach dem URG vollständig abgedeckt werden können.“
Am 31. März 1999 fand eine Besprechung von Vertretern des Beklagten, der … und … GmbH und der BvS statt, auf der u. a. vereinbart wurde, dass der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … von der BvS beauftragt werden sollte, den Text des Freistellungsvertrages zu erarbeiten. Des Weiteren wurde vereinbart, nicht nur eine juristische, sondern auch eine technische Arbeitsgruppe einzurichten. In der Folge fanden mehrere Gespräche auf unterschiedlichen Ebenen statt, in denen die von dem Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … erstellten und überarbeiteten Entwürfe des Textes des Freistellungsvertrages und Änderungswünsche zwischen den drei Vertragspartnern diskutiert wurden. Dabei fasste der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … Ergebnis und Verlauf der jeweiligen Besprechungen jeweils in einem nachfolgenden Schreiben zusammen. Diesen Schreiben fügte er jeweils einen überarbeiteten Entwurf bei, in dem die zuvor zwischen den Verhandlungspartnern vereinbarten Änderungen von ihm eingearbeitet worden waren. Dabei veranlasste er i. d. R. zunächst eine Abstimmung zwischen dem Beklagten und der BvS und übersandte dann den so abgestimmten Entwurf mit einem (neuen) Begleitschreiben an die … und … GmbH, der dann seinerseits Grundlage einer weiteren Besprechung war.
Parallel dazu tagte die sog. technische Arbeitsgruppe, an der u. a. auch die Zeugen Herr Dr. B … (für den Beklagten), Herr B … (für den Beklagten), Frau Dr. S … – … (für die BvS) und Herr K … (für die „K+S“) beteiligt waren. Diese technische Arbeitsgruppe hatte die Aufgabe, zwei Anlagen zum Freistellungsvertrag zu erarbeiten, in denen die „nach heutigem Kenntnisstand zu erwartenden Maßnahmen und jeweiligen voraussichtlichen Kosten … in den Bereichen über und unter Tage“ (vgl. § 2.2 des Freistellungsvertrages) festgehalten werden sollten. Zum einen wurde ein „Fachlich-technisches Konzept zur Altlastensanierung im Zuge des Großprojekts … -Übertage-Bereich (Ü-Maßnahmen)“ erarbeitet, das (letztendlich) als Anlage 3.2 zum Freistellungsvertrag genommen wurde. Zum anderen erarbeitete die technische Arbeitsgruppe ein „Fachlich-technisches Konzept zur Durchführung von bergbaulichen Maßnahmen unter Tage an der … im Zuge des Großprojektes … “, das (letztendlich) Anlage 3.1 des Freistellungsvertrages wurde. Zu den Beratungen der technischen Arbeitsgruppe liegen dem Gericht die drei Protokolle über die erste bis dritte Beratung am 23. April 1999, 17. Mai 1999 und am 14. Juli 1999 vor, die in der „Chronologie“ unter den Nummern 6, 11 und 15 aufgeführt sind.
Ende Mai 1999 fand im TMLNU eine interne Besprechung statt, in der ausweislich einer handschriftlich gefertigten Mitschrift mehrere Problemfelder besprochen wurden. An dieser Besprechung nahmen u. a. die Zeugen Frau A …, Herr Dr. B … und Herr B … teil. Für das Problemfeld „Freistellungsstrategie → K+S“ wurde der Vertreter des SUA Suhl aufgefordert, die Freistellungsanträge der … und … GmbH zusammenzufassen. Des Weiteren wurde festgehalten, dass die Definition der Maßnahmen durch die „AG“ erfolgen und dass eine zusätzliche Formulierung eingebaut werden sollte, die eine „Begrenzung der konkreten Maßnahmen vorgibt/erlaubt!“
Zum Problemfeld „Risikobewältigung → hydrologische Bewertung“ wurde Folgendes festgehalten:
„Laugenzufluss → möglicherweise nicht zu stoppen → 50 Jahre Sicherungsmaßnahmen → ca. 2-3 Mio./a parallel → Bekämpfungsmaßnahmen ca. 15 – 20 Mio. DM→falls kein Erfolg: Dammbauwerke → Flutung →finanziell beherrschbar→ bis zu welcher zeitlichen/finanziellen Obergrenze Sicherungsmaßnahmen treiben?“
Für das Problemfeld „Verhandlungsstrategie“ ist dokumentiert, dass man keinen „Crash“, aber eine „harte Linie“ anstrebe.
Zum 1. Juni 1999 wurde im TMLNU die Arbeitsgruppe „Altlastenmanagement Generalvertrag“ (AMG) gebildet, deren Leiterin die Zeugin Frau A … wurde (vgl. Ausführungserlass des TMLNU vom 31. Mai 1999 in BA 52, PM des TMLNU vom 1. Juni 1999 – GA Blatt 200 bis 202). Diese Arbeitsgruppe übernahm von der BvS alle noch offenen Privatisierungsvorgänge (vgl. Schreiben der AMG vom 30. Juni 1999 – GA Blatt 3715 bis 3716).
Nach Übersendung des – zuvor zwischen der BvS und dem TMLNU abgestimmten – Entwurfs 01a durch das TMLNU an die … und … GmbH mit Schreiben vom 12. Mai 1999 verweigerte diese mit Schreiben vom 1. Juni 1999 die Zustimmung zum Schuldnerwechsel. Dieses wurde insbesondere auf der Besprechung am 10. Juni 1999 diskutiert (vgl. Nr. 14 der „Chronologie“). Die … und … GmbH übersandte im Nachgang mit Schreiben vom 15. Juni 1999 eine Synopse, in der dem Entwurf 01a ein eigener Entwurf gegenübergestellt wurde, in dem jedoch kein Bezug zur privatisierungsvertraglichen Verpflichtung der BvS vorhanden war. Diese Synopse war Gegenstand der Besprechung am 18. Juni 1999 (vgl. Nr. 18 der „Chronologie“). In dieser Besprechung wurden die Vertreter der … und … GmbH darauf hingewiesen, dass „im Falle der Ausklammerung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung allein die Freistellungsanträge maßgeblich seien; diese seien von vornherein enger, da unter Tage nur die Freistellung für drei Gruben beantragt worden sei.“ Der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … berichtete über diese Besprechung vom 18. Juni 1999 mit einem an Vertreter des Beklagten und der BvS gerichteten Schreiben vom 23. Juni 1999 (Nr. 19 der „Chronologie“). Diesem Schreiben fügte er – neben dem Vertragsentwurf 02 im Änderungsmodus – als Anlage 1 den zum Verhältnis von öffentlich-rechtlicher Freistellung und privatisierungsvertraglicher Verpflichtung zwischen dem Beklagten und der BvS abgestimmten Formulierungsvorschlag und als Anlage 2 mehrere Formulierungsvorschläge der … und … GmbH bei. Letztendlich einigte man sich auf folgenden Wortlaut, der Inhalt des § 6.2 des Freistellungsvertrages wurde:
„K+S stimmt einem förmlichen Schuldnerwechsel von der BvS zum Freistaat nicht zu. Die BvS verbleibt daher Vertragspartner von K+S für die vorgenannte privatisierungsvertragliche Verpflichtung. Die Vertragsparteien sind sich jedoch einig, dass dieser Freistellungsvertrag auch der Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung der BvS dient und daher Leistungen aufgrund dieses Freistellungsvertrages auch eine Erfüllung der Verpflichtung der BvS darstellen. Im Interesse einer einheitlichen und effizienten Handhabung wird daher die weitere Schadensabwehr und deren Kostenerstattung mit Ausnahme der Verpflichtung aus Art. 17.4 des Rahmenvertrages grundsätzlich über diesen Vertrag mit dem Freistaat abgewickelt. Die privatisierungsvertragliche Verpflichtung ist demgegenüber subsidiär.“
Die K+S wies im Zuge der Vertragsverhandlungen mehrfach darauf hin, dass man sich nicht in der Lage sehe, verbindliche Kostenschätzungen zu vereinbaren und diese damit zur Geschäftsgrundlage des Vertrages zu machen.
Das – an den Vertragsverhandlungen zum Freistellungsvertrag nicht unmittelbar beteiligte – Thüringer Finanzministerium wies demgegenüber das TLMNU mehrfach intern darauf hin, dass die im Generalvertrag für die unterstellten Sanierungsaufwendungen in Ansatz gebrachten 800 Mio. DM bei Abschluss des Freistellungsvertrages nicht überschritten werden dürften. Das TMLNU sicherte dem TFM zuletzt in einer Besprechung am 24. September 1999 die Einhaltung der Obergrenze von 800 Mio. DM zu. In dem dazu im Thüringer Finanzministerium angefertigten Gesprächsvermerk ist dazu auszugsweise Folgendes festgehalten:
„Anlass der Besprechung war ein Angebot des TMLNU dem TFM darzulegen, dass die Summe der Sanierungsmaßnahmen den Betrag von 800. Mio. DM nicht übersteige. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass eine Mitzeichnung des K+S Vertrages (Stand: 9. September 1999) durch das TFM nach Maßgabe dieser Besprechung erfolgte. Dabei wurde Folgendes erörtert:
– …Nach Herrn Dr. B … … betragen deshalb die Prognosewerte in der Summe ca. 717 Mio. DM, die Höchstwerte ca 879 Mio. DM, die Niederstwerte ca. 540 Mio DM und die Ist-Kosten ca. 195 Mio. DM. …
– …Eine Deckelung der Gesamtsanierungsaufgaben sehe der Vertrag nicht vor, da eine solche von K+S in den Vertragsverhandlungen nicht akzeptiert worden sei.
– Die Vertreter des TFM wiesen noch einmal das TMLNU ausdrücklich auf seine Verantwortung hin, bei der Durchführung der Sanierungsmaßnahmen den im Generalvertrag unterstellten Betrag von 800 Mio. DM nicht zu überschreiten. Dies zumal mehr Geld im Sondervermögen nicht vorhanden sei und dass TMLNU bei Abschluss des Generalvertrages behauptet habe, dieser Betrag werde für K+S nicht ausgeschöpft. …“
Bereits datierend vom 7. September 1999 hatte der Zeuge Herr Dr. B … eine Zusammenstellung zum „Gesamtkostenrahmen“ und Übersichten betreffend die „Maßnahmen zur Schadensabwehr im … – Revier“ erstellt und dem Staatssekretär des TMLNU, dem Zeugen Herrn I …, übermittelt (vgl. Anlage B 96). In dieser Unterlage wird insbesondere erläutert, dass und wie die Technische Arbeitsgruppe zu einem Gesamtkostenrahmen von 717 Mio. DM kommt. Am Ende des Vermerks wird prognostiziert, dass „das angenommene Limit von 800 Mio. DM für die Sanierung bergbaulicher Altlasten an der … ausreichend“ sei und dass es „gute Voraussetzungen“ gebe, „dieses Limit zu unterschreiten“.
Am 21. Oktober 1999 schlossen der Beklagte, die K+S und die BvS den Freistellungsvertrag, dessen Vertragstext aus einer Präambel und sieben Paragraphen besteht (§ 1 Vertragsgegenstand; Freistellung, § 2 Erforderliche Maßnahmen und Kosten, § 3 Privatrechtlicher Freistellungsumfang, § 4 Abstimmung von Maßnahmen und Kostenerstattung, § 5 Öffentlich-rechtliche Verpflichtungen der K+S, § 6 Privatisierungsvertragliche Verpflichtung und § 7 Schlussbestimmungen). In diesem Vertragstext wird an verschiedenen Stellen Bezug genommen auf die dem Text beigefügten Anlagen 1 [Übertägige Anlagen und Grundstücke mit Angabe der Gemarkung und Flurstücksbezeichnung (1.1) und Karten (1.2)], 2 [Untertägige Anlagen (Karten)], 3 [Fachlich-technisches Konzept zur Durchführung von bergbaulichen Maßnahmen unter Tage (3.1) und über Tage (3.2)] und 4 [Einzelheiten der Abstimmung und Kostenerstattung].
§ 1.1 Sätze 1 und 2 des Freistellungsvertrages vom 21. Oktober 1999 haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
§ 1Vertragsgegenstand; Freistellung
1.1 K+S wird vom Freistaat nach Artikel I § 4 Abs. 3 URG n.F. hinsichtlich der Kosten für Schäden, die durch vor dem 1. Juli 1990 vorgenommene Betriebshandlungen oder betriebliche Grundstücksnutzungen verursacht wurden, nach Maßgabe der Regelungen dieses Vertrages freigestellt.
Weiterer Vertragsgegenstand ist die Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung der BvS durch den Freistaat (vgl. § 6 dieses Vertrages) nach Artikel 16 … des Rahmenvertrages zwischen der … und … GmbH und der Treuhandanstalt (nachfolgend BvS) vom 13. Mai 1993 …
§ 2.1 und § 2.2 des Freistellungsvertrages vom 21. Oktober 1999 haben auszugsweise folgenden Wortlaut:
§ 2Erforderliche Maßnahmen und Kosten
2.1 Die Freistellung nach § 1.1 bezieht sich nur auf solche Kosten, die durch Maßnahmen zur Abwehr von Schäden i. S. v. Art. 1 § 4 Abs. 3 URG n.F. bzw. gemäß der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung nach § 1.1 erforderlich werden. …
2.2 Die nach heutigem Kenntnisstand zu erwartenden erforderlichen Maßnahmen und jeweils voraussichtlichen Kosten im Sinne von § 2.1 in den Bereichen über Tage und unter Tage sind in der Anlage 3.1 (Maßnahmen und Kosten unter Tage) und Anlage 3.2 (Maßnahmen über Tage) festgehalten. Eine Änderung der Anlagen 3.1 und 3.2 (Streichungen oder Ergänzungen von Maßnahmen und Kostenangaben) aufgrund neuerer Erkenntnisse werden K+S und der Freistaat nach Maßgabe von § 2.1 einvernehmlich abstimmen.
Ausweislich eines Auszugs des beim Amtsgericht Kassel geführten Handelsregisters (Blatt 6002) übertrug die … und … GmbH aufgrund des Ausgliederungs- und Übernahmevertrages vom 14. Dezember 2001/Urkundenrolle Nr. 890/2001 und aufgrund des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 20. Dezember 2001 ihren Geschäftsbereich … – und Magnesiumprodukte als Gesamtheit auf die K+S GmbH, die Rechtsvorgängerin der jetzigen Klägerin nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes. Die in Form der Ausgliederung vorgenommene Spaltung wurde am 8. Februar 2002 in das Handelsregister eingetragen.
In der Vergangenheit sind der … und … GmbH bzw. der K+S K … GmbH vom Beklagten auf Grundlage des Freistellungsvertrages die Kosten für eine Vielzahl von zur Gefahrenabwehr notwendigen Maßnahmen erstattet worden.
Nach den Landtagswahlen am 30. August 2009 und Bildung einer neuen Landesregierung erhielt das für Umwelt zuständige Ministerium die Bezeichnung Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz (TMLFUN).
Ende 2009/Anfang 2010 verdichteten sich die Hinweise, dass mit einer erheblichen Steigerung der Kosten für die Altlastensanierung zu rechnen sei. Diese sei im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass das angestrebte Ziel der Trockenverwahrung nicht erreicht werden könne. Die EP … legte datierend vom 20. Oktober 2010 ein vom TMLFUN beauftragtes Gutachten betreffend die „Sanierungsalternativen bezüglich der aus dem Freistellungsvertrag noch anstehenden Maßnahmen zur Abwehr der hydrologischen Gefährdung im Grubenfeld Springen des Bergwerkes Merkers der K+S K … GmbH“ vor. Zusammenfassend wird in diesem Gutachten festgestellt, dass sowohl die in Anlage 3.1 des Freistellungsvertrages dargestellten Maßnahmenkomplexe als auch eine Flutung des Grubenfeldes Springen technisch nicht machbar sei und dass derzeit keine anwendungsreifen technischen Lösungen existierten, die eine abschließende trockene oder nasse Verwahrung ermöglichten. Somit verbleibe derzeit nur die Offenhaltung des Grubengebäudes und die Beherrschung der … lösungszuflüsse durch Laugenhaltungsmaßnahmen.
Dies veranlasste den Beklagten, Gespräche mit der BvS aufzunehmen und auch mit der K+S K … GmbH über das Problem der künftigen Finanzierung und der nach seiner Auffassung nach einmaligen Sondersituation im Bereich der Sanierung von Bergbaufolgelasten im … bergbau in den neuen Ländern zu führen. Mit Schreiben vom 15. April 2011 und 20. April 2011 zeigte der Beklagte gemäß § 2.6 des Generalvertrages sowohl gegenüber dem Abwickler als auch gegenüber dem Geschäftsbesorger der BvS an, dass Mehrkosten von über 20 % gegenüber den in § 2.1 des Generalvertrages angenommenen Gesamtkosten zu erwarten seien. Der Versuch, den Generalvertrag vom 24. Februar 1999 mit der BvS neu zu verhandeln, scheiterte im Sommer 2011 endgültig.
Mit Schreiben vom 20. September 2011 teilte der Beklagte der K+S K … GmbH mit, dass der auf das Großprojekt „ … Thüringen“ bezogene Umfang der Gesamtleistungen bezüglich der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung im Generalvertrag vom 24. Februar 1999 auf rd. 409 Mio. EUR bestimmt worden sei. Bezogen auf die Ausgangsverpflichtung stünden noch insgesamt 3,6 Mio. EUR bereit. Dieser Ansatz werde mit der Zahlung im Dezember 2011 aufgebraucht sein. Eine Verpflichtung des Freistaats, weitere Zahlungen zu leisten, bestünde nicht. Es werde deshalb davon ausgegangen, dass die Klägerin nunmehr an den Bund herantreten werde mit dem Ziel einer Verständigung über die Übernahme weiterer Finanzierungslasten.
Das Bemühen des Beklagten, unter einer Beteiligung des Bundesministeriums für Finanzen zu einer entsprechenden Lösung zu kommen, blieb ebenso ohne Erfolg.
Ab November 2011 leistete der Beklagte zunächst keine vollständigen Zahlungen mehr auf die (Monats-)Rechnungen der K+S K … GmbH bzw. nahm die Zahlungen dann unter dem Vorbehalt der Rückforderung wieder auf.
Am 10. Juli 2012 hat die K+S K … GmbH deshalb eine betragsmäßig bezifferte Leistungsklage beim Verwaltungsgericht Weimar erhoben, die durch Beschluss vom 4. September 2012 an das Verwaltungsgericht Meiningen verwiesen worden ist (Az.: 5 K 418/12 Me). Gegenstand dieser Klage sind – nach zwischenzeitlich teilweise erbrachten Zahlungen des Beklagten und insoweit erfolgten übereinstimmenden Erledigungserklärungen – Kostenerstattungsansprüche der Klägerin für eine Vielzahl von ihr durchgeführter Sanierungsmaßnahmen. Im Rahmen dieser Zahlungsklage hat der Beklagte eingewandt, vorerst nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein, weil ihm ein Anspruch auf Anpassung des Freistellungsvertrages wegen Störung des Generalvertrages zustehe. Darüber hinaus bestreitet er, dass die Erstattung von (Ewigkeits-)Kosten für die Beherrschung der … lösungszuflüsse durch dauerhaftes Abpumpen der Laugen von seiner im Freistellungsvertrag begründeten Kostenerstattungspflicht erfasst werde. Schließlich wendet der Beklagte ein, dass die Klägerin im Einzelnen nicht dargelegt habe, dass die Maßnahmen zur Abwehr von Schäden, die den von ihr im Übrigen nicht vertragsgemäß belegten Kosten zugrunde liegen sollen, dem räumlichen Anwendungsbereich des Freistellungsvertrages unterlägen und sie überhaupt zur Gefahrenabwehr erforderlich gewesen seien.
Durch Beschluss vom 1. Dezember 2015 hat das Verwaltungsgericht Meiningen das Klageverfahren mit dem Geschäftszeichen 5 K 418/12 Me zum Ruhen gebracht.
Am 11. April 2013 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Meiningen eine Feststellungsklage mit zwei Feststellungsanträgen erhoben. Diesen Feststellungsanträgen hat das Verwaltungsgericht Meiningen durch Urteil vom 11. Februar 2015 (Az.: 5 K 204/13 Me) stattgegeben und festgestellt, dass der Beklagte
1. gemäß § 60 ThürVwVfG keinen Anspruch auf Anpassung des Freistellungsvertrages vom 21. Oktober 1999 in dem Umfang hat, wie er ihn der Klägerin einredeweise im Verfahren 5 K 418/12 Me entgegengehalten und in der mündlichen Verhandlung am 11. Februar 2015 dahin gehend präzisiert hat, als er den kostenmäßigen Freistellungsumfang auf 409.000.000,00 EUR zuzüglich 20 v. H. beschränkt haben will;
2. nach näheren Maßgaben des Freistellungsvertrages verpflichtet ist, die nach § 2 des Vertrages erforderlichen Kosten für die Laugenhaltung bis zur erfolgreichen Abdichtung oder anderweitigen Lösung des Problems des Eindringens von Wasser oder Lauge in das Bergwerk (Merkers/Springen/Unterbreizbach) zu übernehmen.
Diese Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen damit begründet, dass sich keine Anhaltspunkte dafür ergäben, dass die durch den Freistellungsvertrag vom 21. Oktober 1999 gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin begründete Erstattungspflicht des Beklagten der Höhe nach auf ein „zumutbares Maß“ bzw. auf den Umfang der dem Generalvertrag vom 24. Februar 1999 zugrunde liegenden Schätzung der Gesamtkosten von 800 Mio. DM (bzw. ggf. zzgl. 20 %) gedeckelt sei. Geschäftsgrundlage des Freistellungsvertrages sei allein geworden, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin (primär) weiterhin für die Durchführung der Bergwerkssanierung verantwortlich bleibe, aber die Kosten hierfür – auch zur Erledigung ihrer bereits gestellten, aber noch nicht beschiedenen Freistellungsanträge – vom Beklagten aufgrund öffentlich-rechtlicher Freistellung von der Kostenlast nach Art. I § 4 Abs. 3 Umweltrahmengesetz erstattet bekomme, um damit – aus Sicht des Beklagten – zugleich eine Erfüllungswirkung auf die privatisierungsvertragliche Verpflichtung der BvS gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin herbeizuführen. Mit Abschluss des Generalvertrages habe die Kostenlast für die ökologischen Altlasten und insbesondere auch für das Großprojekt … -Thüringen fortan zu 100 % auf Seiten des Beklagten gelegen. Soweit sich der Beklagte bei Abschluss des Freistellungsvertrages vorgestellt habe, die im Vertrag gewährte öffentlich-rechtliche Freistellung werde sich in einem bestimmten Kostenrahmen bewegen, sei diese Vorstellung einseitig geblieben. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin sei vom Beklagten nach Art. I § 4 Abs. 3 URG hinsichtlich der Kostenlast nach Maßgabe der Regelungen des Vertrages ohne Einschränkungen und unbegrenzt für solche Schäden freigestellt worden, die durch vor dem 1. Juli 1990 vorgenommene Betriebshandlungen oder betriebliche Grundstücksnutzungen verursacht worden seien. Bei den in den Anlagen 3.1 und 3.2 enthaltenen fachtechnischen Konzepten handele es sich um einen Handlungsrahmen, der aufgrund neuerer Erkenntnisse von den Vertragsparteien einvernehmlich abzustimmen und fortzuschreiben sei. Die in der Anlage 3.1 beschriebenen Maßnahmen seien zwar auf eine trockene Verwahrung orientiert. Dies habe aber nur den seinerzeit aktuellen Kenntnisstand zum Sanierungsrahmen dargestellt und könne künftige Entscheidungen nicht ersetzen. Die Beherrschung der hydrologischen Gefährdung stelle das entscheidende Kriterium der zukünftigen Verwahrung dar und bestimme die Möglichkeiten der Endverwahrung. Es seien dazu noch umfangreiche Erkundungs-, Forschungs- und Erprobungsarbeiten notwendig.
Deshalb sei der Beklagte nach Maßgabe des Freistellungsvertrages auch verpflichtet, der Klägerin bis zur erfolgreichen Abdichtung oder anderweitigen Lösung des Problems des Eindringens von Wasser oder Lauge in das Bergwerk die Kosten für die Maßnahmen zu erstatten, die sie für die Laugenhaltung aufwenden müsse. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der unterirdischen Laugenzutritte seien zur Abwehr eines Schadens erforderlich, dessen Ursache vor dem 1. Juli 1990 gesetzt worden sei.
Auf Antrag des Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 12. September 2017 (Az.: 4 ZKO 265/15) die Berufung zugelassen. Durch Beschluss vom 19. Oktober 2017 ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als Rechtsnachfolgerin der BvS zum Verfahren beigeladen worden.
Der Beklagte begründet seine Berufung im Wesentlichen wie folgt:
Er ist der Auffassung, dass der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet sei und hält die Feststellungsklagen der Klägerin für unzulässig. Es mangele für beide Anträge an einem gegenwärtigen Rechtsverhältnis. Die Zahlungsschwelle von 490,8 Mio. € im Projekt … sei noch nicht erreicht. Die begehrte Feststellung zur Laugenhaltung beziehe sich auf künftige Kosten für künftige Maßnahmen. Deshalb mangele es auch am erforderlichen Feststellungsinteresse. Die Feststellungsklagen seien gegenüber der bereits erhobenen Leistungsklage nach Maßgabe des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO subsidiär. Zudem sei vorrangig eine Zwischenfeststellungsklage nach § 173 VwGO i. V. m. § 256 Abs. 2 ZPO zu erheben.
Es bestehe ein Anspruch auf Vertragsanpassung, weil eine Störung der Geschäftsgrundlage des Freistellungsvertrages vorliege. Dieser dreiseitige Vertrag beinhalte nicht nur eine öffentlich-rechtliche Freistellung, sondern regele zugleich die Erfüllung einer von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) im Rahmen der Privatisierung übernommenen privatrechtlichen Verbindlichkeit. Es handele sich um einen gemischten Vertrag. Der Freistellungsvertrag trenne beide Bereiche nicht scharf. Nur für die kleineren Bereiche des Vertragsgegenstandes, für die vor Ablauf der Ausschlussfrist am 30. März 1992 ein Freistellungsantrag gestellt worden sei, sei eine öffentlich-rechtliche Freistellung in Betracht gekommen. Darüber hinaus habe der Beklagte sich der BvS gegenüber verpflichtet, ihre privatisierungsvertragliche Verpflichtung zu erfüllen. Diese gehe wesentlich weiter, begründe aber keinen eigenen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten. Angesichts des Generalvertrages habe er, der Beklagte, gegenüber der Beigeladenen lediglich auch die Abwicklung der privatisierungsvertraglichen Ansprüche der Klägerin übernommen. Diese vertragliche Konstruktion habe auf der Vorstellung beruht, dass der finanzielle und sachliche Rahmen der Sanierung eingehalten werde. Man sei davon ausgegangen, dass der mit dem Generalvertrag gesetzte Rahmen einschließlich seiner Pauschalierungen ausreichende Mittel zur Verfügung stelle. Zwischenzeitlich seien jedoch die Kosten gegenüber den in den 1990er Jahren veranschlagten Kosten exorbitant gestiegen. Der öffentliche Teil der öffentlich-rechtlichen Freistellung sei bereits abgearbeitet. Die weiteren zu finanzierenden untertägigen Maßnahmen beträfen allein die privatisierungsvertragliche Verpflichtung. Insoweit habe die Klägerin gegen den Beklagten keinen weiteren Anspruch. Dies gelte auch für die Kosten der Laugenhaltung. Eine andere Sichtweise würde zur Nichtigkeit des Vertrages führen.
Der Beklagte beantragt,
das auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2015 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hatte am 11. Februar 2015 in der mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren beantragt festzustellen, dass
1. der Beklagte gemäß § 60 ThürVwVfG keinen Anspruch auf Anpassung des Freistellungsvertrages vom 21. Oktober 1999 in dem Umfang hat, wie er ihn ihr einredeweise im Verfahren 5 K 418/12 Me entgegengehalten und in der (heutigen) mündlichen Verhandlung präzisiert hat,
und dass
2. der Beklagte nach näheren Maßgaben des Freistellungsvertrages verpflichtet ist, die nach § 2 des Vertrages erforderlichen Kosten für die Laugenhaltung bis zur erfolgreichen Abdichtung oder anderweitigen Lösung des Problems des Eindringens von Wasser oder Lauge in das Bergwerk (Merkers/Springen/Unterbreizbach) zu übernehmen.
In der mündlichen Verhandlung vom 20. August 2020 hat die Klägerin ihren Klageantrag zu 1. auf Empfehlung des Senats geändert und beantragt insoweit nunmehr festzustellen,
dass der Beklagte gem. § 60 ThürVwVfG keinen Anspruch auf Anpassung des Freistellungsvertrags vom 21. Oktober 1999 wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage hat.
Im Berufungsverfahren beantragt die Klägerin,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält die Klagen für zulässig und auch begründet. Sie ist der Auffassung, durch § 2.1 des Freistellungsvertrages uneingeschränkt freigestellt worden zu sein. Die Reichweite der Freistellung bleibe nicht hinter der Reichweite des Rahmenvertrages zurück. Eine Begrenzung der Freistellung auf die in den rechtzeitig gestellten Freistellungsanträgen genannten Felder sei gerade nicht vereinbart worden. Dies bestätige auch der Generalvertrag, indem eine Schuldübernahme und für den Fall der Verweigerung der Zustimmung durch den Gläubiger eine Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen vereinbart worden sei. Der Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen sei in Anlage 6 zum Generalvertrag beschrieben worden. Dort werde u. a. auch die „Bekämpfung von Zuflüssen unter Tage; zur Verhinderung des unkontrollierten Ersaufens des Grubenfeldes Springen, welches eine extreme Gefahr von großflächigen Gebirgsschäden darstellt“ genannt. Die Freistellung habe sich nach der eindeutigen Absicht der Vertragspartner auch auf die Laugenhaltung beziehen sollen. Eine Beschränkung auf die in den Freistellungsanträgen beschriebenen Maßnahmen sei nicht zwingend, da die im URG geregelte Antragsfrist keine Verbotsnorm sei.
Der Generalvertrag sei nicht Grundlage des Freistellungsvertrages geworden, weil die Rechtsvorgängerin der Klägerin diesen gar nicht gekannt habe. Eine diesbezügliche Vorstellung des Beklagten sei allenfalls einseitig geblieben. Die in der Anlage 3.1 aufgeführten Kostenansätze und Zeitabläufe hätten angesichts der vielfältigen Unwägbarkeiten einen vorläufigen Charakter gehabt. Dies sei an zahlreichen Stellen des Vertragstextes zum Ausdruck gekommen. Auch das in Bezug genommene Teilsanierungsrahmenkonzept (TSRK) sei „aufgrund des derzeitigen Kenntnisstandes mit erheblichen Unsicherheiten belastet gewesen“. Eigentlich sei zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen zu klären, wie die Kosten im Innenverhältnis aufzuteilen seien.
Die Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Klägerin durch den Freistellungsvertrag umfassend öffentlich-rechtlich freigestellt worden sei. Der Beklagte habe keinen Anpassungsanspruch, weil der Generalvertrag nicht Geschäftsgrundlage geworden sei. Sie weist darauf hin, dass nicht nur die Treuhandanstalt das Gemeinschaftsunternehmen nach Art. 16, 17 des Rahmenvertrages, sondern dass auch die … und … AG das Gemeinschaftsunternehmen von Altlastenrisiken aus den von ihr eingebrachten Unternehmensteilen freigestellt habe. Dazu nimmt sie Bezug auf eine Niederschrift über die Sitzung des Aufsichtsrats der … und … Aktiengesellschaft am 9. Dezember 1992 (Anlage K 17).
Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2018 hat der Beklagte mitgeteilt, dass zum 31. Dezember 2017 die Grenze von 120 % der im Generalvertrag zugrunde gelegten Gesamtkosten überschritten worden sei und dass er gegenüber der Beigeladenen mit Schreiben vom 15. Mai 2018 einen Anspruch auf Anpassung des Generalvertrages geltend gemacht habe.
Am 31. Mai 2018 hat mit den Beteiligten ein Erörterungstermin vor der Berichterstatterin stattgefunden.
Aufgrund Verschmelzungsvertrages vom 3. Juli 2019 wurde die K + S K … GmbH mit der K+S M … … A … … GmbH als aufnehmender Gesellschaft, der jetzigen Klägerin, verschmolzen. Die diesbezügliche Änderung wurde am 31. Oktober 2020 in das Handelsregister eingetragen.
Veranlasst durch die in der mündlichen Verhandlung am 20. August 2020 durch die Klägerin und die Beigeladene (wortgleich) gestellten Beweisanträge hat der Senat auf Grundlage seiner Beweisbeschlüsse vom 18. Dezember 2020 und vom 20. Oktober 2021 Beweis erhoben darüber:
„I. ob die für den Freistaat Thüringen – Freistaat – und die … und … GmbH – K+S GmbH – handelnden Vertreter bei Abschluss des Freistellungsvertrages am 21. Oktober 1999 den übereinstimmenden Willen hatten,
1. die K+S GmbH auf Grundlage des Art. I § 4 Abs. 3 URG von der Kostenlast für die öffentlich-rechtliche Verantwortung im Umfang der durch den Freistaat von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben – BvS – im Wege der Erfüllungsübernahme übernommenen privatisierungsvertraglichen Verpflichtung (§ 6 des Freistellungsvertrages i. V. m. der – privatrechtlichen – Freistellung nach Art. 16.1 des zwischen der Treuhandanstalt – THA – und der … und … AG – K+S AG – am 13. Mai 1993 geschlossenen Rahmenvertrages) öffentlich-rechtlich freizustellen, oder
2. die K+S GmbH auf Grundlage des Art. I § 4 Abs. 3 URG von der Kostenlast für die öffentlich-rechtliche Verantwortung im Umfang des § 2.2 des Freistellungsvertrages i. V. m. Anlage 3.1 und Anlage 3.2 – mit der Möglichkeit der einvernehmlichen Fortschreibung (§ 2.2 Satz 2 des Freistellungsvertrages) öffentlich-rechtlich freizustellen, oder
3. die K+S GmbH von der Kostenlast für die öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit freizustellen durch eine öffentlich-rechtliche Freistellung auf Grundlage des Art. I § 4 Abs. 3 URG und daneben durch die Übernahme der Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung (§ 6 des Freistellungsvertrages i. V. m. der – privatrechtlichen – Freistellung nach Art. 16.1 des zwischen der THA und der K+S AG am 13. Mai 1993 geschlossenen Rahmenvertrages),
II. ob der Freistaat nach dem Willen der Vertreter der Vertragsparteien Freistaat, K+S GmbH und BvS die Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung (§ 6 des Freistellungsvertrages i. V. m. der – privatrechtlichen – Freistellung nach Art. 16.1 des zwischen der THA und der K+S AG am 13. Mai 1993 geschlossenen Rahmenvertrages) gegenüber der BvS in vollem Umfang oder nur im Umfang der in § 2.2 Satz 2 des Freistellungsvertrages vom 21. Oktober 1999 in Bezug genommenen Anlagen 3.1 und 3.2 – mit der in § 2.2 Satz 2 vorgesehenen Möglichkeit der einvernehmlichen Fortschreibung – übernehmen sollte,
III. ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen nach dem Willen der Vertreter der Vertragsparteien Freistaat, K+S AG und BvS die in § 2.2 Satz 2 des Freistellungsvertrages vom 21. Oktober 1999 vorgesehene Möglichkeit der einvernehmlichen Fortschreibung der Anlagen 3.1 und 3.2 vom Freistaat oder von der K+S GmbH hätte verweigert werden dürfen bzw. verweigert werden darf,
IV.
1. ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen nach dem Willen der Vertreter der Vertragspartner Freistaat, K+S GmbH und BvS die in § 6.2 Satz 5 des Freistellungsvertrages vereinbarte Subsidiarität der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung der BvS gegenüber der K+S GmbH entfällt, so dass die K+S GmbH bzw. ihre Rechtsnachfolgerin berechtigt sein könnte, sich trotz der in § 6.2 Satz 4 des Freistellungsvertrages vereinbarten Abwicklung mit dem Freistaat wegen der Finanzierung der Altlastensanierung unmittelbar an die BvS b. z. w. ihre Rechtsnachfolgerin zu wenden, oder
2. ob die in § 6.2 Satz 5 vereinbarte Subsidiarität der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung nach dem Willen der Vertragspartner Freistaat, K+S GmbH und BvS zu keinem Zeitpunkt entfallen sollte, so dass die K+S GmbH bzw. ihre Rechtsnachfolgerin trotz der verweigerten Zustimmung der K+S GmbH zur Schuldübernahme auf keinen Fall mehr berechtigt ist, sich wegen der Finanzierung der Altlastensanierung unmittelbar an die BvS b. z. w. ihre Rechtsnachfolgerin zu wenden“
durch Einvernahme der Zeugen Herrn Staatsekretär a. D. I …, Frau A …, Herr B …, Herr S …, Herr Rechtsanwalt Dr. S …, Herr Dr. P … und Frau Dr. S … – … .
Des Weiteren hat der Senat Beweis erhoben darüber,
a. ob in den Beratungen der Arbeitsgruppe „Technische Grundlagen Freistellung“, in denen die Anlagen 3.1 und 3.2 zum Freistellungsvertrag vom 21. Oktober 1999 vorbereitet bzw. verhandelt wurden, insbesondere durch Vertreter des Freistaates Thüringen als Randbedingung bzw. als Zielvorgabe formuliert wurde, dass ein Finanzrahmen bzw. eine „Deckelung“ von 800 Mio. DM eingehalten werden müsse und
b. ob der Vorbereitung der Anlage 3.1 die gemeinsame Annahme zugrunde lag, dass das Ziel einer dauerhaften Verwahrung und der Entlassung aus dem Bergrecht erreicht werden könne und sich die Laugenhaltung bzw. „Beherrschung der Laugenzuflüsse“ demzufolge als nur bis zur Erreichung der Verwahrzielstellung erforderliche Maßnahme darstellte
durch Einvernahme der Zeugen Herr B …, Frau Dr. S … …, Herr K … und Herr Dr. B … (vgl. Beweisbeschluss vom 20. Oktober 2021). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen vom 17. und 18. Juni 2021 sowie vom 6. bis 10. Dezember 2021.
Gegen Ende des Jahres 2020 hat der Beklagte eine Klage beim Verwaltungsgericht Köln erhoben, die den Generalvertrag zum Gegenstand hat (Az.: 14 K 7290/20). Des Weiteren hat der Beklagte im Juni 2021 beim Bundesverfassungsgericht ein ebenfalls den Generalvertrag betreffendes Bund-Länder-Streitverfahren anhängig gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen verwiesen auf die Gerichtsakten des Verfahrens (26 Bände sowie zwei Ordner als Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 1. Oktober 2018 sowie ein weiterer Ordner – Anlage BG 1 bis 77 zum Schriftsatz der Beigeladenen vom 28. Juni 2019 -, die drei Ordner tragen die laufenden Nrn. 83, 84 und 91) und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (89 Ordner mit den laufenden Nrn. 1 bis 82, und 85 bis 90 sowie der laufenden Nr. 92). Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Die zulässige Berufung ist vollumfänglich unbegründet. Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet (A.). Die Klage der Klägerin ist zulässig (B.). Beide Klageanträge sind begründet (C.).
A. Der Verwaltungsrechtsweg ist entgegen der Auffassung des Beklagten gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Es handelt sich im vorliegenden Fall um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, für die auch keine andere Zuweisung besteht. Soweit der Beklagte diesbezüglich zur Begründung seiner Berufung (durch Bezugnahme auf seinen den Zulassungsantrag begründenden Schriftsatz vom 22. Juni 2015) vorträgt, dass es sich um ein komplexes Vertragswerk mit zivilrechtlichen Elementen handelt, ist dies zwar zutreffend. Der Beklagte hat mittels des Freistellungsvertrages zum einen die Rechtsvorgängerin der Klägerin (eindeutig) öffentlich-rechtlich nach Art. I § 4 Abs. 3 Umweltrahmengesetz (URG) freigestellt und zum anderen die Erfüllung der (unstreitig) als zivilrechtlich einzuordnenden privatisierungsvertraglichen Verpflichtung (vgl. Weimar, Treuhandgesetz 1993, Rn. 45 zu § 1 und Rn. 20 zu § 2) der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen aus Art. 16 des Rahmenvertrages vom 13. Mai 1993 übernommen. Das Vorhandensein zivilrechtlicher Elemente führt aber nicht zwingend auf die Schlussfolgerung, dass die Streitigkeit als eine zivilrechtliche eingeordnet werden müsste, sondern im vorliegenden Fall nur auf die Feststellung, dass es sich bei dem Freistellungsvertrag vom 21. Oktober 1999 um einen sog. gemischten Vertrag handelt. Da die öffentlich-rechtlichen und die zivilrechtlichen Regelungen insbesondere bei der Konkretisierung der „erforderlichen Maßnahmen“ im Sinne des § 2.1 Satz 1 des Freistellungsvertrages nicht zwischen öffentlich-rechtlicher Freistellung nach Art. I § 4 Abs. 3 URG und der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung differenzieren und in § 6.2 Satz 3 des Freistellungsvertrages eine einheitliche Handhabung bzw. Abwicklung des Vertrages durch den Beklagten vereinbart ist, verbietet sich eine Einordnung als zusammengesetzter Vertrag und damit auch eine Aufspaltung in einen öffentlich-rechtlichen und einen zivilrechtlichen Teil (vgl. Ehlers/Schneider in: Schoch-Schneider, Band II VwGO, Stand Juli 2020, Rn. 349 zu § 40 m. w. N. und Rozek in: Schoch-Schneider, Band III VwVfG, Stand Juli 2020, Rn. 43 zu § 54 m. w. N.). Aus diesem Grund kommt es auch an dieser Stelle nicht darauf an, ob die zwischen den Beteiligten streitigen Ansprüche dem öffentlich-rechtlichen Teil oder – wie der Beklagte behauptet – der zivilrechtlich geprägten Erfüllungsübernahme zugeordnet werden müssen. Entscheidend ist, dass der Freistellungsvertrag vom 21. Oktober 1999 im Schwerpunkt dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist (so auch die Annahme in § 6.4 Satz 2 des Generalvertrages). Das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist qualitativ dadurch geprägt, dass der Beklagte die Freistellungsanträge der Rechtsvorgängerin der Klägerin nach Art. I § 4 Abs. 3 URG endgültig beschieden hat und dass als Hauptpflicht mittels der in § 1.1 Satz 1 des Freistellungsvertrages vereinbarten öffentlich-rechtlichen Freistellung eigene Zahlungsverpflichtungen des Beklagten gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin bzw. (spiegelbildlich) unmittelbare Zahlungsansprüche der Rechtsvorgängerin der Klägerin gegen den Beklagten begründet werden sollen. Insoweit streiten die Beteiligten im Wesentlichen über die Reichweite dieser öffentlich-rechtlichen Freistellung, den Umfang der sich unmittelbar aus dem Freistellungsvertrag ergebenden Zahlungsverpflichtungen des Beklagten gegenüber der Klägerin und das Verhältnis der öffentlich-rechtlichen Freistellung zur Übernahme der Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung durch den Beklagten. Im Übrigen verweist der Senat auf die diesbezügliche überzeugende Begründung des Verwaltungsgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (§ 130b Satz 2 VwGO).
B. Soweit die Klägerin ihren Klageantrag zu 1) auf Anregung des Senats umformuliert hat, weist der Senat nur der Vollständigkeit halber darauf hin, dass es sich insoweit nicht um eine seitens des Beklagten nach § 125 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 91 VwGO zustimmungspflichtige Klageänderung handelt, sondern gemessen am Klagebegehren (vgl. §§ 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 88 VwGO) um eine Berichtigung ohne Änderung des Klagegrundes (§ 173 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 1 ZPO). Die auf Veranlassung des Verwaltungsgerichts Meiningen vorgenommene Änderung der Formulierung entsprach nicht dem Begehren der Klägerin. Sie orientierte sich vielmehr daran, welchen Inhalts der vom Beklagten im Wege der Einwendung im Verfahren 5 K 418/12 Me geltend gemachte Anpassungsanspruch auf der Rechtsfolgenseite sein könnte. Dabei blieb unberücksichtigt, dass das auf eine negative Feststellung gerichtete Begehren der Klägerin im Wesentlichen darauf zielt, feststellen zu lassen, dass gar kein Anpassungsanspruch vorliegt. Insoweit trägt die Klägerin im Wesentlichen dazu vor, warum schon die Voraussetzungen des § 60 VwVfG ihrer Auffassung nach nicht vorliegen. Welchen Inhalts der vom Beklagten einredeweise behauptete Anpassungsanspruch – auf der Rechtsfolgenseite – sein könnte, ist gemessen am Interesse der Klägerin demgegenüber unerheblich.
Auch im Übrigen ist die Klage der Klägerin bezogen auf beide Klageanträge zulässig.
Entgegen der Auffassung des Beklagten wird um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis gestritten (I.). Es besteht ein besonderes Feststellungsinteresse (II.) Die Feststellungsklagen sind auch nicht subsidiär. Die Klägerin ist weder auf die bereits erhobene Leistungsklage noch auf die Möglichkeit, weitere Leistungsklagen zu erheben, zu verweisen (III.). Der Klage fehlt auch nicht etwa das erforderliche Rechtsschutzinteresse, weil eine Zwischenfeststellungsklage in dem beim Verwaltungsgericht Meiningen anhängigen Verfahren 5 K 418/12 Me erhoben werden könnte (IV.).
I. Bezogen auf beide Klagen wird um ein gegenwärtiges und nicht um ein zukünftiges Rechtsverhältnis gestritten. Denn es geht um die Auslegung des gegenwärtigen Inhalts des Freistellungsvertrages. Allein der Umstand, dass bestimmte Zahlungs- bzw. Kostenerstattungsansprüche der Klägerin sich nicht unmittelbar mit Abschluss des Freistellungsvertrages, sondern nach Maßgabe des § 4 des Freistellungsvertrages erst nach Durchführung von – zuvor mit dem Beklagten abgestimmten – Sanierungsmaßnahmen und bei Einhaltung der in Anlage 4 zum Freistellungsvertrag vereinbarten Verfahrensweise (wohl monatsweise aufgrund eines zuvor abgestimmten Jahresbudgets) konkretisieren, ändert nichts daran, dass insbesondere zwischen der Klägerin und dem Beklagten bereits seit dem Abschluss des Freistellungsvertrages ein dauerhaftes und damit durchgehend gegenwärtiges Rechte- und Pflichtenverhältnis, also ein Dauerschuldverhältnis, besteht, das Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann. Dieses endet erst, wenn keine im Sinne des § 2.1 des Freistellungsvertrages erforderlichen Maßnahmen mehr durchzuführen sind, der Freistellungsvertrag aus anderen Gründen beendet oder nicht mehr abzuwickeln ist. Insoweit macht der Beklagte insbesondere im Rahmen des beim Verwaltungsgericht Meiningen anhängigen, aber ruhenden Verfahrens 5 K 418/12 Me im Wege der Einrede geltend, vorerst nicht (und letztendlich nur begrenzt) zur Zahlung verpflichtet zu sein, weil ihm ein Anspruch auf Anpassung des Freistellungsvertrages wegen Störung des Generalvertrages zustehe und weil er zeitlich sowie betragsmäßig nicht unbegrenzt zur Finanzierung der Laugenhaltung verpflichtet sei. Damit erhebt er seit 2011/2012 grundsätzliche Einwände, die einer weiteren Abwicklung des Freistellungsvertrages nach dem dort vereinbarten Procedere nicht erst in der Zukunft, sondern grundsätzlich und damit gegenwärtig entgegenstehen und ihn seiner Meinung nach seit 2012 und nicht erst in Zukunft zur Verweigerung der Zahlung berechtigen sollen.
II. Bezogen auf den Klageantrag zu 1), mit dem die Klägerin eine negative Feststellungsklage erhebt, besteht schon deshalb ein schutzwürdiges rechtliches Interesse, weil sich der Beklagte eines Anpassungsanspruches berühmt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2021 – VII ZR 113/20 – BauR 2021, 1855).
Darüber hinausgehend besteht bezogen auf beide Feststellungsklagen das besondere Feststellungsinteresse der Wiederholungsgefahr. Es ist aus der Perspektive der Klägerin zu befürchten, dass der Beklagte nicht nur einmalig, sondern über einen mehrere Jahre umfassenden Zeitraum die Zahlung verweigern oder nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung zahlen wird, bis das Bestehen bzw. Nichtbestehen der durch den Beklagten geltend gemachten grundsätzlichen Einreden (rechtskräftig) geklärt ist.
III. Die beiden im Wege der Klagehäufung erhobenen Feststellungsklagen sind gegenüber der bereits – bezogen auf einen bezifferten Kostenerstattungsanspruch für bestimmte Sanierungsmaßnahmen – beim Verwaltungsgericht Meiningen anhängigen Leistungsklage (Az.: 5 K 418/12 Me) und auch im Verhältnis zu Leistungsklagen, mit denen Kostenerstattungsansprüche, die sich auf anschließende Zeiträume und spätere Sanierungsmaßnahmen beziehen könnten, nicht im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO subsidiär. Die Klägerin hatte und hat zwar – im Hinblick auf die Verweigerung der Zahlung im Jahr 2012 durch den Beklagten und die nur unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen – rechtlich die Möglichkeit, ihre Kostenerstattungsansprüche durch regelmäßige Erweiterung der bereits erhobenen Leistungsklage oder auch durch mehrere Leistungsklagen zu verfolgen; diese Klageart ist aber nicht ebenso geeignet, den von der Klägerin mit den beiden Klageanträgen verfolgten Zweck zu erreichen (vgl. zu dieser Anforderung Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage 2021, Rn. 26 zu § 43). Die Klägerin hat dazu in ihrem Klageschriftsatz vom 11. April 2013 vorgetragen, dass sie sich für eine eigenständige Klage entschieden habe, weil der Beklagte im Verfahren 5 K 418/12 Me eine Fülle von Sachverhaltsfragen aufgeworfen habe, über die möglicherweise langwierig Beweis erhoben werden müsse. Deshalb verfolge die Klägerin mit diesen Feststellungsklagen das Ziel, die maßgeblichen Rechtsfragen einer von Tatsachenfragen unbelasteten Klärung zuzuführen. Diese Ausführungen sind nach Auffassung des Senats nachvollziehbar und überzeugend. Die von dem Beklagten erhobenen Einwendungen, wegen einer Störung des Generalvertrags einen Anspruch auf Anpassung des Freistellungsvertrages zu haben, und nicht (zeitlich und betragsmäßig) unbegrenzt zur Finanzierung der Laugenhaltung verpflichtet zu sein, wären – ihre Berechtigung unterstellt – im Ansatz geeignet, Kostenerstattungsansprüche zumindest zeitlich bis zur Klärung des Vorliegens und des Inhalts des geltend gemachten Anpassungsanspruchs auszuschließen und insgesamt maßnahme- sowie betragsmäßig zu begrenzen. Eine vorherige Entscheidung über die Berechtigung des Beklagten, diese grundsätzlich gegen das Bestehen weiterer Kostenerstattungsansprüche der Klägerin geltend gemachten Einwände zu erheben, ist zum einen geeignet, im Vorfeld zu klären, ob es auf die im Übrigen vom Beklagten im Verfahren 5 K 418/12 Me erhobenen tatsachenbezogenen Einwendungen ankommt. Dies wäre nicht der Fall, wenn sich aufgrund dieser grundsätzlich gegen das Bestehen weiterer Kostenerstattungsansprüche der Klägerin erhobenen Einwände ergeben sollte, dass der Beklagte einen auf Begrenzung der Kostenerstattungspflicht gerichteten Anspruch auf Anpassung des Freistellungsvertrages hat und/oder zumindest bezogen auf die Laugenhaltungskosten nur zeitlich und/oder betragsmäßig begrenzt zur Kostenerstattung verpflichtet ist. Eine derartige Klärung der Frage, ob die vom Beklagten grundsätzlich gegen eine Kostenerstattungspflicht erhobenen Einwände berechtigt sind oder nicht, versetzt darüber hinaus die Klägerin in die Lage, besser beurteilen zu können, ob die Geltendmachung weiterer Kostenerstattungsansprüche mittels Erweiterung der bereits anhängigen Leistungsklage oder Erhebung weiterer Leistungsklagen erfolgsversprechend oder aussichtslos ist. Dieses sogar beiderseitige Interesse geht über die Frage hinaus, ob der mittels der Leistungsklage in dem Verfahren 5 K 418/12 Me für bestimmte Maßnahmen in bestimmter Höhe geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch besteht.
IV. Der Klage fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse, weil die Klägerin auf eine im Rahmen des Verfahrens 5 K 418/12 Me zu erhebende Zwischenfeststellungsklage nach § 173 VwGO i. V. m. § 256 Abs. 2 ZPO zu verweisen wäre.
Eine Zwischenfeststellungsklage ist statthaft, wenn ein Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten streitig und von der Feststellung dieses Rechtsverhältnisses die Entscheidung in der Hauptsache abhängt, also vorgreiflich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Januar 2012 – 7 C 5/11 – juris). Sie ist unzulässig, wenn sie ein Rechtsverhältnis betrifft, das zum Streitgegenstand gehört und hinsichtlich dessen ohnehin Rechtskraft eintritt, oder wenn sie ein Rechtsverhältnis betrifft, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung nicht abhängt (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1971 – 8 C 6.69 – BverwGE 39, 135/138). Ebenso ist die Zwischenfeststellungsklage unzulässig, wenn sie keine über die Hauptsache hinausgehende Bedeutung hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Rdnr. 34 zu § 43 m. w. N. in Fußnote 140). Zweck der Zwischenfeststellungsklage ist die Ausdehnung der Rechtskraft auf ein dem Anspruch zugrunde liegendes Rechtsverhältnis, das sonst von der Rechtskraft nicht erfasst würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1971 – 8 C 6.69 – BverwGE 39, 135/138).
Gemessen daran wäre eine Zwischenfeststellungsklage zwar statthaft. Die Frage, ob der Beklagte grundsätzlich berechtigt ist, eine Anpassung des Freistellungsvertrages zu verlangen oder Erstattung der Kosten für die Laugenhaltung zu schulden, ist aus den bereits genannten Gründen vorgreiflich. Es käme dann ggf. auf die übrigen vom Beklagten erhobenen Einwände nicht mehr an. Da das Verwaltungsgericht in dem Verfahren 5 K 418/12 Me nur darüber entscheidet, ob der Klägerin der für bestimmte Maßnahmen und einen bestimmten Zeitraum geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch zusteht oder nicht, würde die möglicherweise inzident getroffene Entscheidung über die vom Beklagten grundsätzlich gegen eine Kostenerstattungspflicht erhobenen Einwände nicht in Rechtskraft erwachsen. Die Entscheidung über die Zwischenfeststellungsklage hätte auch eine über die Hauptsache hinausgehende Bedeutung, weil ihre Rechtskraft nach Maßgabe des § 121 Nr. 1 VwGO auch bei Erhebung weiterer Leistungsklagen durch die Klägerin zu beachten wäre. Ungeachtet dessen lässt die Möglichkeit, eine Zwischenfeststellungsklage zu erheben, nicht das Rechtsschutzinteresse der Klägerin an einer Feststellungsklage im Sinne des § 43 VwGO entfallen.
Soweit der Beklagte dies zur Begründung seiner Berufung geltend macht, übersieht er insoweit, dass nicht der Klägerin, sondern ihm die Möglichkeit eröffnet wäre, eine Zwischenfeststellungsklage im Verfahren 5 K 418/12 Me zu erheben. Die über § 173 VwGO entsprechend anwendbare Bestimmung des § 256 Abs. 2 ZPO besagt ihrem Wortlaut nach, dass der Kläger nur die Feststellung des Bestehens des streitigen Rechtsverhältnisses und der Beklagte die des Nichtbestehens geltend machen kann. Daraus ergibt sich, dass eine von der Klägerin erhobene Zwischenfeststellungsklage der Stützung des von ihr erhobenen Klageanspruchs dienen müsste (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 22. Mai 1968 – Az.: II B 29/66 – JR 1969 -, 115/116 zu § 280 ZPO a. F., der seit dem 1. Juli 1977 wortgleich als § 256 Abs. 2 ZPO weitergilt, vgl. Art. 1 Nr. 26 des Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren vom 3. Dezember 1976, BGBl. I S. 3281). Zur Stützung ihres geltend gemachten Klageanspruchs ist die Klägerseite in erster Linie gehalten, die anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und im Falle des substantiierten Bestreitens ggf. zu beweisen (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zumindest dann, wenn sich ausreichende Tatsachenfeststellungen nicht schon im Wege der Amtsermittlung treffen lassen). Demgegenüber liegt es im prozessualen Verantwortungsbereich der Beklagtenseite, darzulegen, dass der geltend gemachte Klageanspruch nicht besteht, indem die anspruchsbegründenden Tatsachen substantiiert bestritten werden und/oder anspruchsvernichtende Einwendungen dargelegt und im Falle des substantiierten Bestreitens ggf. bewiesen werden. Im Hinblick auf diese dem Zivilprozess zugrunde liegende Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, die auch im Verwaltungsprozess zumindest im Falle der Unerweislichkeit von Tatsachen zum Tragen kommt, kann die Klägerin nicht darauf verwiesen werden, mittels einer Zwischenfeststellungsklage eine gerichtliche Entscheidung darüber zu erreichen, dass die (anspruchsvernichtenden) Einwendungen, derer der Beklagte sich berühmt, nicht bestehen.
Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem vom Beklagten in seinem Schriftsatz vom 22. Juni 2015 (= Begründung des Zulassungsantrages, auf die in der Berufungsbegründung vom 30. Januar 2018 Bezug genommen wird) genannten Urteil des BGH vom 25. Oktober 2007 (Az.: VII ZR 27/06). Dieser Entscheidung lag zugrunde, dass die beklagte Partei eine Zwischenfeststellungsklage erhob, die darauf abzielte, für das „Hauptsacheverfahren“ den Nachweis eines Zurückbehaltungsrechts und damit einer Einrede zu erbringen.
C. Die Klage ist auch hinsichtlich beider Klageanträge begründet. Die Klägerin ist als Rechtsnachfolgerin der K+S K … GmbH aktivlegitimiert (I.). Der Beklagte hat (derzeit) keinen Anspruch auf Anpassung des Freistellungsvertrages gemäß § 60 VwVfG wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (II.). Er ist nach näheren Maßgaben des Freistellungsvertrages verpflichtet, die nach § 2 des Vertrages erforderlichen Kosten für die Laugenhaltung bis zur erfolgreichen Abdichtung oder anderweitigen Lösung des Problems des Eindringens von Wasser oder Lauge in das Bergwerk (Merkers/Springen/Unterbreizbach) zu übernehmen (III).
I. Auch die jetzige Klägerin ist aktivlegitimiert, da sie bezogen auf den Freistellungsvertrag vom 21. Oktober 1999 und auf sich daraus möglicherweise ergebender Ansprüche Rechtsnachfolgerin der … und … GmbH ist, die den Freistellungsvertrag vom 21. Oktober 1999 mit dem Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen geschlossen hat. Die K+S K … GmbH, die die beiden Feststellungsklagen beim Verwaltungsgericht Meiningen erhoben hat, ist Rechtsnachfolgerin der … und … GmbH. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat zur Begründung auf die überzeugenden und vom Beklagten auch nicht (mehr) angegriffenen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (§ 130b Satz 2 VwGO). Die aktuelle Klägerin ist infolge Verschmelzung mit der K+S K … GmbH als aufnehmender Gesellschaft auf Grundlage des Verschmelzungsvertrages vom 3. Juli 2019 und der Eintragung am 31. Oktober 2020 in das Handelsregister Rechtsnachfolgerin der … und … GmbH als Vertragspartnerin des Freistellungsvertrages vom 21. Oktober 1999 und damit auch hinsichtlich sich möglicherweise ergebender Ansprüche hieraus geworden.
II. Der Beklagte hat (derzeit) keinen Anspruch auf Anpassung des Freistellungsvertrages gemäß § 60 VwVfG wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Er hat keinen Anpassungsanspruch wegen der von ihm behaupteten Störung der Geschäftsgrundlage des Generalvertrages (1.). Auch hat er keinen Anspruch auf Anpassung des Freistellungsvertrages, weil insbesondere in dem Gutachten der EP … vom 20. Oktober 2010 die Auffassung vertreten wird, dass derzeit keine anwendungsreifen technischen Lösungen existieren, die eine abschließende trockene oder nasse Verwahrung des Grubenfeldes Springen ermögliche, sodass zurzeit nur die Offenhaltung des Grubengebäudes und die Fortführung der Laugenhaltungsmaßnahmen verbleibe (2.). Ebenso wenig kann er sich auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage mit der Begründung berufen, dass die den Anlagen 3.1 und 3.2 zugrunde liegende Kostenprognose erheblich überschritten wurde (3.).
1. Der Beklagte hat keinen Anspruch auf Anpassung des Freistellungsvertrages vom 21. Oktober 1999 nach § 60 VwVfG wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage des Generalvertrages vom 24. Februar 1999. Insofern macht der Beklagte sinngemäß geltend, dass der Generalvertrag gestört sei, weil es zwischenzeitlich insgesamt zu einer Kostenexplosion (wegen weiterer Versatzfelder und der Laugenhaltungsmaßnahmen) und insbesondere zu einer Überschreitung der für die Initiierung der sog. Sprechklausel in § 2.6 des Generalvertrages erforderlichen Grenze (Mehrausgaben von über 20 % der in § 2.1 des Generalvertrages angenommenen Gesamtaufwendungen von 1.290 Mio. DM) gekommen sei. Es kann für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren dahin stehen, ob die Auffassung des Beklagten zutrifft, dass es zwischenzeitlich zu einer Störung (der Geschäftsgrundlage) des Generalvertrages vom 24. Februar 1999 gekommen ist und welche Ansprüche sich dadurch möglicherweise gegen die Beigeladene ergeben könnten. Auch dann, wenn dies der Fall und möglicherweise ein Nachverhandlungsanspruch aus § 2.6 i. V. m. Anlage 8 des Generalvertrages entstanden sein sollte, ist es ausgeschlossen, dass sich anknüpfend daran ein Anspruch auf Anpassung des Freistellungsvertrages vom 21. Oktober 1999 ergeben könnte. Entscheidend ist, dass der Generalvertrag, soweit es um die Überschreitung des für die Berechnung der Einmalzahlung der BvS geschätzten Sanierungsaufwandes von insgesamt 1.290 Mio. DM und von 800 Mio. DM für das „Großprojekt … Thüringen – Teilprojekt … und … “ geht, nicht zur Geschäftsgrundlage des Freistellungsvertrages geworden ist. Das ergibt sich aus Folgendem:
Im Generalvertrag vom 24. Februar 1999, an dem die … und … GmbH nicht beteiligt war, vereinbarten die dortigen Vertragspartner – der Beklagte und die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen – eine Generalbereinigung bzw. abschließende Abgeltung sämtlicher Refinanzierungsverpflichtungen des Bundes und der BvS aus dem „Verwaltungsabkommen über die Regelung der Finanzierung der ökologischen Altlasten vom 1. Dezember 1992 in der Fassung vom 1. Januar 1995“ (VA-Altlastenfinanzierung) gegenüber dem Beklagten. Gegen eine Einmalzahlung der BvS wurde insbesondere der Übergang der Zuständigkeit für die weitere Umsetzung der dem VA-Altlastenfinanzierung unterfallenden Projekte auf den Beklagten vereinbart. Berechnungsgrundlage für den von der BvS letztendlich nach Abzug schon geleisteter Zahlungen noch zu zahlenden Anteil von 443.778.000,00 DM war ein pauschaliert geschätzter Gesamtaufwand von 1.290 Mio. DM (§ 2.1 des Generalvertrages). Davon wurde für das Großprojekt … -Thüringen ein Betrag von 800 Mio. DM in Ansatz gebracht (vgl. Ziff. 3. des Eckpunktepapiers vom 14. Juli 1998 = Anlage 2 zum Generalvertrag vom 24. Februar 1999).
In § 2.6 des Generalvertrages ist folgende „Sprechklausel“ vereinbart:
„Sollte nach Ablauf von 10 Jahren nach Wirksamwerden dieses Vertrages feststehen, dass dem Freistaat bis dahin aufgrund dieses Vertrages Mehrausgaben von über 20 % gegenüber den in § 2.1 angenommenen Gesamtkosten entstanden sind, so erklärt sich die BvS ausnahmsweise bereit, in Verhandlungen mit dem Freistaat einzutreten mit dem Ziel, einen Anteil an den 20 % überschreitenden Mehrausgaben entsprechend dem Finanzierungsschlüssel des Verwaltungsabkommens zu übernehmen.
Voraussetzung dafür ist, dass die Mehrausgaben nachweislich durch von beiden Vertragsparteien nicht erwartete neue Risiken in Bezug auf ökologische Schäden verursacht wurden. Der Freistaat kann von der BvS in diesem Fall binnen eines Jahres unter Offenlegung und Nachweis der angefallenen Kosten und deren Ursachen die Aufnahme der vorgenannten Verhandlungen verlangen. …“
Der Anlage 8 Nr. 2 zum Generalvertrag ist zu entnehmen, dass auch die Laugeneinbrüche von der Sprechklausel erfasst sind, soweit die Mehrausgaben über das Maß der bereits im Generalvertrag vorgesehenen Ausgaben hinausgehen.
In § 5 des Generalvertrages vereinbarten die Vertragspartner hinsichtlich der privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen eine vollständige Übernahme und Ablösung im Wege der Schuldübernahme durch den Beklagten. Für den Fall der Verweigerung der Genehmigung durch den jeweiligen Gläubiger vereinbarten die Vertragsparteien die Freistellung der BvS auf erstes Anfordern und die Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen der BvS durch den Beklagten. Bezogen auf die „K+S“ wurde in § 6.4 Sätze 1 und 2 des Generalvertrages vereinbart, eine Freistellung nach URG im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung mittels eines dreiseitigen öffentlich-rechtlichen Vertrages zu erteilen.
Dem zwischen der … und … AG, der BvS und dem Beklagten geschlossenen Freistellungsvertrag vom 21. Oktober 1999 ist eine Präambel folgenden Wortlauts vorangestellt:
„Der Freistaat und die BvS haben sich mit dem Generalvertrag vom 24. Februar 1999 über eine abschließende Finanzierung der ökologischen Altlasten im Freistaat verständigt. Der Freistaat hat danach von der BvS deren privatisierungsvertragliche Verpflichtung gegenüber K+S für Kosten bei Maßnahmen der Schadensabwehr im Innenverhältnis übernommen. Zudem wurde im Generalvertrag vereinbart, dass eine Freistellung der K+S nach Artikel I § 4 Abs. 3 URG n.F. im Rahmen eines dreiseitigen Vertrages zwischen dem Freistaat, der BvS und K+S anzustreben ist. Dieser Vertrag soll auch die Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung der BvS durch den Freistaat regeln. In Umsetzung dessen wird nachfolgende Vereinbarung getroffen.“
Dieser Präambel ist zwar zu entnehmen, dass die Existenz des Generalvertrages den Vertragspartnern des Freistellungsvertrages, also auch der … und … GmbH, bekannt war; daraus kann aber nicht geschlussfolgert werden, dass der gesamte Inhalt des Generalvertrages Inhalt oder Geschäftsgrundlage des Freistellungsvertrages wurde.
Der Generalvertrag enthält zum einen eine Vereinbarung auf der Ebene der Aufgabenfinanzierung i. S. d. Art. 104a ff. GG, mit der insbesondere die Finanzierungsverpflichtungen des Bundes gegenüber dem Freistaat Thüringen aus dem VA-Altlastenfinanzierung (gegen Einmalzahlung) abschließend geregelt werden sollten (vgl. dazu auch Pietras/Zimmermann, Neuregelung der Altlastenbewältigung in den neuen Ländern – Finanzierungsmodelle vor dem Hintergrund der Beendigung der Aufgaben der Treuhandanstalt/Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben -, altlasten- spektrum Nr. 6/99, 355/358). Diesem Bereich ist auch die Sprechklausel des § 2.6 des Generalvertrages thematisch zuzuordnen. Von dieser auf der Ebene der Aufgabenfinanzierung getroffenen Vereinbarung war die … und … GmbH nicht betroffen. Denn sich nach Art. I § 4 Abs. 3 URG oder aufgrund eines Privatisierungsvertrages möglicherweise ergebende Kostenerstattungsansprüche sind der Ebene der Aufgabenwahrnehmung zuzuordnen.
Diesbezüglich steht es aufgrund des sich aus den Akten ergebenden Sachstandes und des Vortrags der Parteien zur Überzeugung des Senats fest, dass der Inhalt der Vereinbarung über die abschließende Finanzierung der ökologischen Altlasten im Freistaat Thüringen im Generalvertrag nicht zur Geschäftsgrundlage des Freistellungsvertrages geworden ist. Geschäftsgrundlage eines Vertrages können Umstände oder rechtliche Bedingungen sein, deren Bestand die Vertragspartner als gemeinsame Grundlage des Vertrages angenommen und deren Fortbestand sie fraglos vorausgesetzt haben, ohne diese tatsächlichen Umstände oder rechtlichen Bedingungen zum Vertragsinhalt gemacht zu haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2012 – 8 C 4/11 – juris Rn. 60). Insbesondere der Inhalt der Vereinbarung über die Generalbereinigung der Refinanzierung durch Einmalzahlung der BvS, die pauschalierte Schätzung des Aufwandes für das Großprojekt … Thüringen in Höhe von 800 Mio. DM und die Sprechklausel in § 2.6 des Generalvertrages können schon allein deshalb nicht – im Sinne einer ungeschriebenen Begrenzung des Freistellungsumfanges – zu einer gemeinsamen Grundlage des Freistellungsvertrages geworden sein, weil die Vertreter der … und … GmbH an diesem Generalvertrag nicht beteiligt waren und (zumindest offiziell) bis zum Abschluss des Freistellungsvertrages keine Kenntnis von dem Inhalt bzw. Text des Generalvertrages hatten. Dafür lässt sich weder dem Vortrag der Beteiligten noch den Verwaltungsakten ein Anhaltspunkt entnehmen. So hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin mehrfach glaubhaft vorgetragen, den Inhalt des Generalvertrages nicht gekannt zu haben (vgl. Schriftsatz vom 11. März 2016 S. 2, GA Band IV, Blatt 750; Schriftsatz vom 3. November 2017, GA Band V Blatt 837; Schriftsatz vom 12. März 2018 S. 7 ff., GA Band V Blatt 971 ff.). Auch bietet insbesondere der Vortrag des Beklagten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Vertreter der Rechtsvorgängerin der Klägerin dennoch Kenntnis vom Inhalt bzw. Text des Generalvertrages gehabt hätten. Vielmehr beschränkt sich der Beklagte darauf, den Generalvertrag als Ursprungsregelung und Rechtsgrund des Freistellungsvertrages einzuordnen und daraus zu schlussfolgern, dass der Generalvertrag auch Geschäftsgrundlage des Freistellungsvertrages geworden sei (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 30. Januar 2018, S. 8 in GA Band V, Blatt 946). Dies beinhaltet aber nur den – insoweit zutreffenden – Hinweis darauf, dass der Abschluss des Generalvertrages zwischen dem Beklagten und der BvS der Anlass für den Abschluss eines dreiseitigen Freistellungsvertrages unter Beteiligung der BvS war. Allenfalls lässt dies die – auch von keinem der Beteiligten bestrittene – Schlussfolgerung zu, dass die Klägerin von der Existenz des Generalvertrages Kenntnis erhielt. Dies allein führt aber nicht auf eine gemeinsame Grundlage, von der alle drei Vertragspartner seinerzeit ausgingen.
Gegen eine Kenntnis von Inhalt bzw. Text des Generalvertrages durch die Vertreter der … und … GmbH spricht zudem das Schreiben des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt (TMLNU) vom 31. März 1999 an die … und … GmbH (BA 85). Dort wird die Überlassung einer Abschrift des Generalvertrages „aus Gründen der vereinbarten vertraulichen Behandlung dieses Vertragswerkes“ ausdrücklich verweigert.
Auch die Zeugenaussagen bieten keinen Anknüpfungspunkt dafür, dass den Vertretern der … und … GmbH der im Generalvertrag pauschaliert zur Ermittlung der Einmalzahlung der BvS in Ansatz gebrachte Sanierungsaufwand und die Forderung des TFM, die Freistellung auf diesen Betrag von 800 Mio. DM zu begrenzen, bekannt gewesen sein könnte. So konnte die Zeugin Frau A … auf entsprechende Nachfrage hin nicht bestätigten, dass der … und … GmbH der Vertrag auch nur auszugsweise zur Verfügung gestellt wurde. Sie vermutete sogar eher, dass dies nicht geschehen sei. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Aussage des Zeugen Herrn I … . Dieser gab an, dass es ein abgegrenztes Projekt gewesen sei, „natürlich analog“ zu dem, was im Generalvertrag vereinbart gewesen sei. Dies habe das Finanzministerium vorgegeben und zunächst „eine Zahl als Deckel präferiert“. Damit beschreibt er nur den internen Kenntnisstand und die Zielstellung des Beklagten, den Generalvertrag insoweit umzusetzen, als der dort als Sanierungsaufwand in Ansatz gebrachte Betrag für die Freistellung verwendet werden konnte, aber nicht überschritten werden sollte. Dass die Vertreter der … und … davon jemals in Kenntnis gesetzt worden sein könnten, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen Herrn I … nicht.
Soweit die Zeugen Herr I … und Frau A … dazu befragt wurden, ob die an den Inhalt des Generalvertrages anknüpfende Forderung des TFM, die Freistellung auf den Betrag von 800 Mio. DM zu begrenzen, jemals in den Arbeitsgruppen thematisiert wurden, haben sie sich beide darauf beschränkt zu vermuten, dass dies wohl geschehen sein müsse. Eine solche Vermutung bietet jedoch keinen hinreichenden Anknüpfungspunkt dafür, dass die beiden anderen Vertragspartner, insbesondere die Vertreter der … und … GmbH, von dieser internen Vorgabe des TFM in Kenntnis gesetzt worden sein könnten. Denn weder die Bekundungen der anderen zu dieser Frage vernommenen Zeugen noch die Begleitschreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … bieten dafür auch nur einen Anhaltspunkt. Der Zeuge Herr B … konnte sich nicht erinnern. Der Zeuge Herr K … äußerte sich eindeutig in der Weise, dass eine „Deckelung“ in der technischen Arbeitsgruppe kein Thema gewesen sei. Vielmehr habe er immer wieder deutlich gemacht, dass es keine „Deckelung“ geben könne. An der Glaubhaftigkeit dieser Angaben bestehen keine Zweifel, da sich dies mit der durchgehend durch die … und … GmbH verfolgten und auch in den Akten dokumentierten Verhandlungsstrategie deckt, keine Begrenzung der Kostenerstattung zu akzeptieren. Der Zeuge Herr Dr. B … bekundete glaubhaft, dass ihm die interne „Deckelung“ zwar bekannt gewesen, diese aber nicht als Randbedingung oder Zielvorgabe formuliert worden sei. Für die technische Arbeitsgruppe habe dies keine Rolle gespielt, weil die Bergsicherheit nichts mit finanziellen Dingen, sondern mit der Minimierung des Risikos zu tun habe, so der Zeuge. In diese Angaben fügt sich auch die Aussage der Zeugin Frau Dr. S … ein, die bestätigte, dass die Vertreter des Beklagten zwar gefordert hätten, eine Zuordnung zu den Freistellungsanträgen vorzunehmen und dass ein Muster nach Ist- und Gesamtkosten vorgegeben gewesen sei. Sie brachte aber auch deutlich zum Ausdruck, dass dies eigentlich nicht Aufgabe der technischen Arbeitsgruppe gewesen und die Zuordnung ihrer Auffassung nach eher nachrichtlich gewesen sei. Dass seitens der Vertreter des Beklagten eine Begrenzung der Kosten auf 800 Mio. DM gefordert worden sein könnte, ergibt sich aus den Angaben der Zeugin nicht. Vielmehr hat sie anstatt dessen substantiiert das Interesse der BvS beschrieben, die privatisierungsvertragliche Verpflichtung auf den Beklagten zu übertragen und insoweit eine Deckungsgleichheit herzustellen. Dies steht im Einklang mit der in § 6.4 des Generalvertrages zwischen dem Beklagten und der BvS getroffenen Vereinbarung, im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung freizustellen. Insofern bestätigt die Aussage der Zeugin Frau Dr. S … … auch anschaulich, dass die Vertreter des Beklagten versuchten, über die Gestaltung der Anlagen – Angabe der Ist- und Gesamtkosten sowie Zuordnung zu den Freistellungsanträgen – eine Begrenzung der Zahlungsverpflichtung zu erreichen, die sich an der internen Vorgabe des TFM orientierte, ohne jedoch die Existenz derselben offen zu legen.
Zum anderen enthält der Generalvertrag zwei der Ebene der Aufgabenwahrnehmung zuzuordnende Vereinbarungen, von denen die … und … GmbH betroffen war und deshalb auch mit Aufnahme und im Zuge der Verhandlungen über den Freistellungsvertrag Kenntnis erhielt. So erhielt die … und … GmbH (spätestens) bei der ersten Besprechung zur Vorbereitung der Vertragsverhandlungen am 31. März 1999 Kenntnis davon, dass im Generalvertrag eine Schuldübernahme der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung (aus dem Rahmenvertrag vom 13. Mai 1993) vereinbart war. Dies ist der Aufgabe der Privatisierung nach dem Treuhandgesetz zuzuordnen. Des Weiteren wurde die … und … GmbH darüber informiert, dass die Umsetzung der (öffentlich-rechtlichen) Freistellung nach dem Umweltrahmengesetz durch Abschluss eines dreiseitigen öffentlich-rechtlichen Vertrages erfolgen solle (vgl. dazu das Schreiben des TMLNU vom 31. März 1999, in BA 85, Nr. 01 der „Chronologie“). Dies ist der Aufgabe der Altlastensanierung zuzuordnen. Dass die … und … GmbH von diesen beiden Vereinbarungen in dem Generalvertrag Kenntnis erhielt und dass insoweit auch an den Generalvertrag angeknüpft wurde, rechtfertigt aber nicht die Schlussfolgerung, dass sie auch von dem Inhalt der Vereinbarung über die abschließende Finanzierung der ökologischen Altlasten zwischen dem Beklagten und der BvS im Generalvertrag Kenntnis erlangte.
Entgegen der im Zulassungsverfahren geäußerten Auffassung des Beklagten führt auch der Umstand, dass der Freistellungsvertrag ausweislich der Präambel „in Umsetzung dessen“ geschlossen werden sollte, nicht dazu, dass die im Generalvertrag in Ansatz gebrachten Beträge im Sinne einer Begrenzung der Zahlungsverpflichtung zu einer gemeinsamen Geschäftsgrundlage des Freistellungsvertrages wurden. So ist anhand des Wortlauts schon nicht klar, ob sich das Wort „dessen“ nur auf die Umsetzung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung, deren „Erfüllung“ (Satz 4 der Präambel) der Beklagte „von der BvS“ „im Innenverhältnis“ „gegenüber K+S“ übernommen hat (Satz 2 der Präambel) oder – wie der Beklagte meint – auf die Umsetzung des Generalvertrages in seiner Gesamtheit bezieht. Auch wenn letzteres der Fall gewesen sein sollte, wäre dies für die Auslegung des Freistellungsvertrages unerheblich, weil es insoweit keine gemeinsame Grundlage der drei Vertragsparteien gibt. Denn die Frage, ob der Beklagte und die BvS den Generalvertrag umsetzen, ist aus der Perspektive der … und … GmbH unerheblich. Bei der in § 6.4 Satz 1 des Generalvertrages gegenüber der BvS eingegangenen Verpflichtung des Beklagten, die K+S im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung freizustellen, handelt es sich entgegen der Auffassung des Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 30. Januar 2018, S. 8 in BA V, Blatt 946) im Verhältnis zur „K+S“ nicht um einen Rechtsgrund für die öffentlich-rechtliche Freistellung. Die „K+S“ hatte aufgrund der Freistellungsanträge der … … AG vom 12. März 1992 und im Hinblick auf das dadurch im Sinne des § 9 ThürVwVfG initiierte Verwaltungsverfahren einen originären verfahrensrechtlichen Anspruch auf Entscheidung über diese Freistellungsanträge erworben. Dieser Anspruch sollte mittels Abschlusses des Freistellungsvertrages erfüllt werden (vgl. auch § 7.2 des Freistellungsvertrages). An diesem der Ebene der Aufgabenwahrnehmung zuzuordnenden Verwaltungsverfahren war die BvS rechtlich nicht beteiligt. Dass dieses Verständnis eigentlich auch dem Generalvertrag zugrunde liegt, verdeutlicht zudem die Regelung des § 5.4 des Generalvertrages. Danach äußert die BvS den Wunsch, dass der Freistaat im Bereich der privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Erwerbern Freistellungen nach dem URG erteilen möge. In § 5.4 Satz 2 wird festgehalten, dass die Entscheidungen über die Freistellungen nach URG in den ausschließlichen Verantwortungsbereich des Beklagten fallen, wenn nicht im Generalvertrag etwas anderes vereinbart wurde. Dass letzteres bezogen auf die privatisierungsvertragliche Verpflichtung der BvS gegenüber der „K+S“ in § 6.4 Satz 1 des Generalvertrages im Sinne einer Verpflichtung des Beklagten zur Freistellung der „K+S“ nach URG geschehen ist, ändert nichts daran, dass die BvS als Schuldnerin der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung nicht an dem Freistellungsverfahren und damit auch nicht an seinem Abschluss beteiligt ist. Diesen Zusammenhang verdeutlicht im Übrigen auch § 6.4 Satz 1 des Freistellungsvertrages. Danach erfolgt die Beteiligung der BvS (nur) aufgrund der Einbeziehung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung, also nicht im Hinblick auf die öffentlich-rechtliche Freistellung nach dem URG.
Soweit die … und … GmbH keine Einwände gegen den schon im Generalvertrag in § 5.5 vereinbarten Übergang des Vertragsmanagements auf und die im § 6.2 Satz 4 des Freistellungsvertrages vereinbarte Abwicklung der „weiteren Schadensabwehr und deren Kostenerstattung“ durch den Beklagten hatte, führt dies nicht auf ein originäres Interesse der … und … GmbH an der Umsetzung des Generalvertrages. Dem als Anlage K 37 vorgelegten Vermerk des Zeugen Herrn S … vom 2. November 1999 ist insoweit zu entnehmen, dass es der … und … GmbH in erster Linie darauf ankam, sich weiterhin an die BvS halten zu können, falls eine Leistung des Freistaates – entgegen der gewollten Deckungsgleichheit – hinter dem Standard des Rahmenvertrages zurückbleiben sollte.
Soweit die Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung im Innenverhältnis in § 1.1 Satz 2 des Freistellungsvertrages als weiterer Vertragsgegenstand benannt wird, ist dies zwar unzweifelhaft durch den Generalvertrag veranlasst; aber auch insoweit stellt der Generalvertrag, der in § 5.3 für den Fall der Verweigerung der Zustimmung der Gläubiger zur Schuldübernahme eine Erfüllungsübernahme vorsieht, im Verhältnis zur … und … GmbH keinen Rechtsgrund dar.
2. Der Beklagte hat (derzeit) keinen Anspruch auf Anpassung des Freistellungsvertrages nach § 60 VwVfG, weil es nach gegenwärtigem Kenntnisstand möglich bzw. nicht ausgeschlossen wäre, dass dauerhaft bzw. über einen langen Zeitraum eine Offenhaltung des Grubengebäudes Springen und die Durchführung von Laugenhaltungsmaßnahmen bis zum konvergenzbedingten Verschluss der Grubenhohlräume notwendig sein könnte (Anm.: Dafür wird auf S. 19 im 3. Zwischenbericht der Facharbeitsgruppe im Großprojekt … und Teilprojekt … + … vom 15. August 2019 für die Grube Springen ein Zeitraum von bis zu 2.700 Jahren prognostiziert, vgl. Anlage B 93, GA Band XII, Blatt 2503).
Es steht zwar aufgrund des Akteninhalts und auch der Aussagen der Zeugen Herr B …, Frau Dr. S … …, Herr K … und Herr Dr. B … zur Überzeugung des Senats fest, dass die Vertragsparteien dem Freistellungsvertrag bei seiner Verhandlung und seinem Abschluss als Geschäftsgrundlage zugrunde legten, dass kein Abwarten auf den konvergenzbedingen Verschluss des Grubenhohlraums notwendig, sondern die sichere Verwahrung des Grubengebäudes Springen möglich sein werde und dass sich die Laugenhaltung insoweit nur als aufschiebend bedingt erforderliche Maßnahme bis zur Erreichung dieses Verwahrziels darstelle (a.). Diese Geschäftsgrundlage des Freistellungsvertrages ist jedoch bis zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht entfallen. An der Bewertung und Einordnung der Laugenhaltung als aufschiebend bedingt erforderlicher Maßnahme hat sich entgegen der Auffassung des Beklagten trotz des Gutachtens der EP … vom 20. Oktober 2010 nichts geändert. Die Klägerin und auch der Beklagte gehen weiterhin davon aus, dass eine sichere Verwahrung und damit eine Entlassung aus der Bergaufsicht (§ 69 Abs. 2 BBergG) möglich sein wird bzw. noch nicht endgültig gescheitert ist (b.).
a. Die Einordnung der Laugenhaltung als bis zur Erreichung des Verwahrziels aufschiebend bedingt erforderliche Maßnahme ist Grundlage des Freistellungsvertrages vom 21. Oktober 1999. Dies bestätigt sich nach dem Wortlaut der Anlage 3.1, den der Erarbeitung der Anlage 3.1 zugrunde liegenden Unterlagen und auch anhand der Angaben der zu dieser Thematik auf Grundlage des 2. Beweisbeschlusses vom 20. Oktober 2021 (zum Beweisthema b.) vernommenen Zeugen Herr B …, Herr Dr. B … – …, Herr K … und Frau Dr. S … .
Verwahrzielstellung ist ausweislich der Anlage 3.1 „das von den Grubenbauen latent auf die Tagesoberfläche und die benachbarten Gruben ausgehende Gefährdungspotential zu beseitigen bzw. zu vermindern“ (Verwahrziel im weiteren Sinne – i. w. S. -). Diese Formulierung orientiert sich erkennbar an § 69 Abs. 2 BBergG, wonach das Ende der Bergaufsicht (neben der Durchführung des Abschlussbetriebsplanes) u. a. die Prognose voraussetzt, dass „nach allgemeiner Erfahrung nicht mehr damit zu rechnen ist, dass durch den Betrieb Gefahren für Leben und Gesundheit Dritte eintreten“ werden. Bezogen auf das Grubengebäude Merkers/Springen und die Problematik der Laugeneinbrüche an den Querorten – insbesondere Querort 23, Querort 86 und Querort 30/31 – bedeutet dies, dass die Entlassung aus der Bergaufsicht insoweit die Erreichung eines Zustandes voraussetzt, der die Prognose rechtfertigt, dass die beim Abbau des … … es stehen gelassenen Carnallititpfeiler durch diese … lösungsvorkommen nicht mehr angegriffen werden (können) und dass das Grubengebäude ohne weiteres Zutun standsicher ist und bleibt (Verwahrziel im engeren Sinne – i. e. S.).
Die Laugenhaltung (= Fassung der derzeitigen Zuflüsse und deren Abpumpen über Tage) ist zwar bezogen auf die Verwahrzielstellung (i. w. S.), Gefahren von der Tagesoberfläche und damit für Dritte abzuwehren, eine geeignete und gegenwärtig auch erforderliche Maßnahme, die die Standsicherheit der Carnallititpfeiler und damit des Grubengebäudes gewährleistet. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine Maßnahme, mit der der derzeitige Zustand in der Grube Springen aufrechterhalten bleibt (vgl. TSRK, Maßnahmen unter Tage zur Abwehr von übertägigen Schäden, Allgemeiner Teil, S. 34). Diese Bewertung bzw. Einordnung der Laugenhaltung als vorübergehende Maßnahme zur Aufrechterhaltung des derzeitigen Zustandes liegt auch der Anlage 3.1 zugrunde. So wird bei den Maßnahmen H 1 (Verwahrung CO2-Zutritt) und H 6 (Verwahrung Laugenzufluss Querort 23) ausdrücklich festgehalten, dass eine „Beherrschung der Zuflüsse bis zur erfolgreichen“ „Abdichtung“ bzw. „Bekämpfung“ erforderlich sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin erfasst diese Formulierung schon dem Wortlaut nach nicht den Fall, dass die erfolgreiche Abdichtung bzw. Bekämpfung der Laugenzuflüsse endgültig scheitert und die Laugenhaltung deshalb als dauerhafte (= bis zum konvergenzbedingten Verschluss der Grubenhohlräume erforderliche) Maßnahme zur Abwehr von Gefahren für die Tagesoberfläche im Sinne einer Ewigkeitshaftung erforderlich ist und die Bergaufsicht dann nicht enden kann (vgl. zum Begriff der Ewigkeitshaftung Beckmann in: Frenz (Hrsg.), BBergG, Kommentar 2019, Rn. 48 zu § 69). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht daraus, dass die Laugenhaltung ausdrücklich als Maßnahme H 4 in der Anlage 3.1 genannt ist. Dem Text zu dieser Maßnahme ist zu entnehmen, dass zwischen der Laugenhaltung und den Sanierungskosten für die Verwahrungsmaßnahmen H 5 (Verwahrung Laugenzufluss Qu. 86), H 6 (Verwahrung Laugenzufluss Qu. 23), H 7 (Verwahrung Lauge Qu. 30/31) und H 8 ( … lösungsaustritte – Eventualposition) differenziert wird und dass unter H 4 nur (noch) Kosten/Aufwendungen der Laugenhaltung ausgewiesen werden sollten. Hier wird ausdrücklich Bezug genommen auf den Kosten- und Maßnahmenplan der … und … GmbH vom Juni 1999, in dem gerade für (die horizontale und) die hydrologische Altlastensanierung darauf hingewiesen wurde, dass für die Projekte, für die noch keine Sanierungskonzepte vorliegen, die Betriebskosten zur Erhaltung des Status quo bis zum Jahr 2009/2010 angegeben seien. Es ist nachvollziehbar, dass dies seinerzeit bezogen auf alle Querorte zutraf, mit Ausnahme der auf den Querort 86 bezogenen Maßnahme H 5, die – auch in der Anlage 3.1 – als „Pilotobjekt zur Beherrschung der Laugenzuflüsse“ angegeben ist. Ebenso ergibt ein Abgleich mit dem Kosten- und Maßnahmenplan 1999, dass in der Anlage 3.1 mit dem angegebenen Kostenrahmen von 21,8 Mio. DM Bezug genommen wird auf die tabellarische Darstellung zur Maßnahme H 4 im Kosten- und Maßnahmenplan 1999, in der der „Aufwand über die Projektlaufzeit“ von 1993 bis einschließlich 2009 insgesamt mit 21.782 TDM als laufende Betriebskosten (s. o.) angegeben wird.
Darüber hinausgehend ist der Senat auch aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme der Überzeugung, dass die Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses übereinstimmend – im Sinne einer Geschäftsgrundlage – davon ausgingen, dass eine Sanierung der Laugenzuflüsse möglich und damit das Verwahrziel (i. e. S.), die Standsicherheit der Carnallititpfeiler und damit des Grubengebäudes dauerhaft zu gewährleisten, erreichbar sein werde. Der Zeuge Herr B …, der bezogen auf die Beratungen der technischen Arbeitsgruppe angab, sich nur noch sehr wenig erinnern zu können, hat jedoch eindeutig bestätigt, dass sich die Problematik der Laugenzuflüsse nach der bergmännischen Auffassung als ein beherrschbares Risiko dargestellt habe.
Für den Zeugen Herrn Dr. B … … stand seinerzeit im Vordergrund, das Verwahrziel zu erreichen, „um die Heimatregion – auch der Bergleute – dauerhaft zu sichern“. Er äußerte sich eindeutig und anschaulich dahingehend, dass das gemeinsame Ziel verfolgt wurde, den Altbergbau (nach Realisierung des Abschlussbetriebsplans) aus der Bergaufsicht zu entlassen und diesen dauerhaft zu verwahren. Dem steht nicht entgegen, dass er auch erläuterte, dass und warum es im Bergrecht keine Gewissheit geben könne, ob eine Maßnahme zum Erfolg führt. Denn dies rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, dass die Entwicklung auf eine dauerhafte Verwahrung zielender Sanierungs- und Verwahrungsmaßnahmen von Vornherein unterlassen würde. Vielmehr verdeutlichten die Bekundungen des Zeugen Herrn Dr. B …, dass die Entwicklung von Verwahrungsmaßnahmen bei Vertragsschluss gerade bezogen auf die Laugenproblematik als dynamischer Prozess eingeordnet wurde, bei dem die Zielstellung der sicheren Verwahrung jedoch nicht aus dem Blick geriet.
In vergleichbarer Weise hat sich auch die Zeugin Frau Dr. S … … geäußert. Sie bekundete anschaulich, dass und warum trotz der bekannten Schwierigkeiten die Zielstellung verfolgt wurde, die Grube Merkers dauerhaft zu verwahren und aus der Bergaufsicht zu entlassen. So konnte sie sich daran erinnern, dass seinerzeit die Planung bestand, zunächst den Querort 86 als Pilotprojekt in den Blick zu nehmen, um die dann gewonnenen Erkenntnisse auf den Querort 23 zu übertragen. Ebenso wie der Zeuge Herr Dr. B … … bekundete sie, dass die Notwendigkeit, die zur Sanierung der Laugenzuflüsse erforderlichen Maßnahmen noch zu entwickeln, keinen der beteiligten Akteure daran zweifeln ließ, dass das Verwahrziel erreicht werden könne. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass sie aussagte, dass die technische Arbeitsgruppe im Zuge der Erarbeitung der Anlage 3.1 für den Fall des Scheiterns der im Wesentlichen in den Blick genommenen Trockenverwahrung (Plan A) bereits Plan B – die Nassverwahrung – in Betracht gezogen und diese Maßnahmen auch schon ansatzweise in der Anlage 3.1 vorsorglich dargestellt hatte. Ausdrücklich bestätigte die Zeugin auf Nachfrage, dass der technischen Arbeitsgruppe der Gedanke, dass Plan B scheitern und deshalb ein dauerhaftes Offenhalten des Grubengebäudes notwendig sein könnte, nicht gekommen sei. Der Senat hat angesichts des authentischen Auftretens der Zeugin keine Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit und auch an der Glaubhaftigkeit dieser Angaben.
Ergänzend kommt hinzu, dass diese von der Zeugin beschriebene Vorgehensweise der technischen Arbeitsgruppe erkennbar an die Ansätze anknüpfte, wie sie bereits im TSRK 1996 und auch im Gutachten Wi-2 … (1994) dargestellt werden. So wird in dem TSRK in erster Linie die Möglichkeit der Trockenverwahrung in den Blick genommen, aber für den Fall des Scheiterns die Nassverwahrung beschrieben. Dafür, dass auch ein Scheitern der Nassverwahrung möglich und eine dauerhafte Laugenhaltung für erforderlich gehalten worden sein könnten, findet sich im TSRK kein Anhaltspunkt. Dies gilt ebenso für das Gutachten Wi-2 … (1994), in dem diese Sanierungsmaßnahmen im Ansatz beschrieben wurden. Nicht ergiebig ist in diesem Zusammenhang – entgegen der Auffassung der Beigeladenen – das auch in den Anträgen vom 12. März 1992 in Bezug genommene Gutachten Wi-1 … (1992/93). Dieses befasst sich im Wesentlichen mit den von der Unterdimensionierung der Carnallititpfeiler ausgehenden Gefahren und lässt die hydrologische Gefährdung durch Laugenzuflüsse explizit unberücksichtigt. Dass man die Laugenhaltung im Jahre 1999 als eine „nur bis zur erfolgreichen Bekämpfung bzw. Abdichtung der … lösungszutritte erforderlich(e)“ Maßnahme einordnete, bestätigt im Übrigen auch der als Anlage B 77 vom Beklagten vorgelegte 1. Zwischenbericht der Facharbeitsgruppe vom 30. April 2016 (S. 31).
Im Übrigen haben die beiden vorgenannten Zeugen unabhängig voneinander bekundet, dass man erst Jahre später die insoweit neue Erkenntnis gewonnen habe, dass es überhaupt so etwas wie sog. Ewigkeitskosten geben könnte, weil eine Sanierungsmaßnahme zur Gefahrenabwehr zeitlich unbegrenzt durchgeführt werden müsse. Anschaulich ist insoweit das von der Zeugin Frau Dr. S … benannte Beispiel der dauerhaft erforderlichen Grundwasserreinigung im Bereich Bitterfeld. Insoweit hat sie aber auch auf ausdrückliche Nachfrage hin nochmals betont, dass man bezogen auf die Sanierung der Grube Merkers/Springen vor, bei und nach Abschluss des Vertrages davon ausging, das Problem der Laugenzuflüsse mittels trockener oder Nassverwahrung „in den Griff“ zu bekommen. Dies lässt aber ebenfalls den Rückschluss zu, dass derartige Überlegungen, wie sie dem Gutachten der EP … 2010 bezogen auf die Laugenhaltung zugrunde liegen, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gerade nicht bestanden.
b. Diese Geschäftsgrundlage des Freistellungsvertrages, dass eine Sanierung der Laugenzuflüsse möglich sein wird, ist bis zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht entfallen. Entgegen der Auffassung des Beklagten führt der Umstand, dass in dem Gutachten der EP … vom 20. Oktober 2010 die Feststellung getroffen wird, es existiere keine anwendungsreife technische Lösung, die eine abschließende trockene oder nasse Verwahrung ermögliche, nicht bereits zwingend auf die Schlussfolgerung, dass feststeht, dass dauerhaft eine Offenhaltung des Grubengebäudes und die Beherrschung der … lösungszuflüsse durch Laugenhaltungsmaßnahmen erforderlich sein wird. Bei diesem Gutachten handelt es sich um eine wissenschaftliche Unterlage, die zwar Veranlassung gibt, daran zu zweifeln, ob die Annahme der Vertragsparteien bei Abschluss des Freistellungsvertrages, eine Sanierung der Laugenzuflüsse werde möglich sein, zutreffend ist oder nicht. Aufgrund des diesbezüglichen schriftsätzlichen Vortrags der Beteiligten und auch der Angaben der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung ist der Senat jedoch davon überzeugt, dass gegenwärtig allein dieses Gutachten vom 20. Oktober 2010 als Grundlage nicht ausreicht, um im Wege der Prognose die Tatsachenfeststellung zu treffen, dass eine Sanierung der Laugenzuflüsse endgültig nicht möglich sein wird. So hat das Gutachten der EP … weder die Klägerin veranlasst, ihre Sanierungsbemühungen aufzugeben, noch hat es für den Beklagten – insbesondere die Bergbehörde – einen Anlass gegeben, die Klägerin dazu aufzufordern. So ergibt sich insbesondere aus dem als Anlage B 78 vom Beklagten vorgelegten 2. Zwischenbericht der Facharbeitsgruppe vom 31. März 2018, dass die Bemühungen zur Entwicklung eines Konzepts zur „nachhaltigen Abwehr der hydrogeologischen Gefahren unter Tage“, die die Laugenhaltung als bloße „Sicherungsmaßnahme“ entbehrlich machte, kontinuierlich fortgeführt worden sind und auch werden. Der für die Klägerin tätige Projektleiter Herr D … hat in der mündlichen Verhandlung anschaulich erläutert, dass man gegenwärtig nur eine Trockenverwahrung des Querortes 23 als gescheitert ansehe und insoweit versuche, Maßnahmen für eine Sanierung im Wege der Nassverwahrung zu entwickeln. Bezogen auf die anderen Querorte halte man weiterhin eine Trockenverwahrung für möglich. Einen ähnlichen Sachstand bestätigt der 3. Zwischenbericht der Facharbeitsgruppe im Großprojekt … /Teilprojekt … und … in Thüringen (Anlage B 93 in GA Band XII, S. 2485 ff.). Dort wird zu den hydrogeologischen Maßnahmen auf Seite 6 der Zusammenfassung und auf Seite 9 der Vorbemerkung (GA Band XII, S. 2490 und S. 2493) folgender Hinweis gegeben:
„Die bisherige Bearbeitung durch die FAG erfolgte vor dem Hintergrund der lufterfüllten Verwahrung der Grubenfelder Merkers, Springen und Unterbreizbach. Zur Reduzierung der … fracht in der … und der Weser hat K+S umfangreiche Untersuchungen zur Einstapelung und zum Versatz von Prozesswässern in Grubenhohlräumen im hessisch-thüringischen … -Fulda- … revier der Werke … und Neuhof außerhalb der Freistellung vorgenommen. Im Ergebnis ist eine Einstapelung und der Versatz von Prozesswässern im Grubenfeld Springen vorgesehen. K … bereitet derzeit die entsprechenden genehmigungsrechtlichen Schritte und technischen Maßnahmen vor. Dies wird positive Auswirkungen auf die erforderlichen Gefahrenabwehrmaßnahmen haben, die in der weiteren Bearbeitung der FAG maßnahmen- und kostenseitig differenziert zu berücksichtigen sind.“
Dem ist der Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten. Soweit er in der mündlichen Verhandlung am 17. Juni 2021 versucht hat, die Ernsthaftigkeit der Bemühungen der Klägerin anzuzweifeln, nunmehr Maßnahmen zur Nassverwahrung zu entwickeln, indem er darauf verwiesen hat, dass es inzwischen lediglich je einen Antrag in Thüringen (betreffend das Einstapeln aufkonditionierter Lösungen im Südwestfeld Springen in den Jahren 2022 bis 2025) und in Hessen (betreffend die Schaffung von zwei Bohrlöchern zwischen Hessen und Thüringen) gebe, folgt der Senat diesen Überlegungen nicht. Diese Ausführungen belegen – ebenso wie der oben zitierte Hinweis in dem 3. Zwischenbericht – allenfalls das frühe Entwicklungsstadium, in dem sich diese nunmehr in den Blick genommene Verwahrungsmethode der (partiellen) Nassverwahrung befindet. Es ist aus Presseberichten gerichtsbekannt, dass es die Notwendigkeit gibt, die nicht mehr in die … einleitbaren Produktionsabwässer anderweitig zu entsorgen. Insoweit hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung dazu glaubhaft vorgetragen, dass zwischenzeitlich eine Anlage zur mineralischen Anreicherung dieser Abwässer entwickelt wurde, und dass gegenwärtig daran gearbeitet werde, eine Methode zu entwickeln, mit der die Produktionsabwässer nach entsprechender Aufsättigung im Grubenfeld Springen eingestapelt und gleichzeitig die Laugenzuflüsse eingekapselt und bekämpft werden können. Feststellbar ist insoweit nur, dass im Laufe der Jahrzehnte neue Erkenntnisse über die Möglichkeiten zur Sanierung der Laugenzuflüsse gewonnen wurden und dass noch kein endgültiger Erkenntnisstand über die konkreten zum Erfolg führenden Maßnahmen zur Sanierung der Laugenzuflüsse besteht. An der gemeinsamen Einschätzung bei Vertragsschluss, dass eine Sanierung aber zu einem noch nicht bekannten Zeitpunkt mit noch nicht endgültig konkretisierbaren und finanziell bewertbaren Maßnahmen möglich sein werde, hat sich bis heute im Kern nichts geändert. Deshalb bedarf es für dieses Verfahren auch keiner Klärung, wie fundiert der wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Unmöglichkeit der Sanierung der Laugenzuflüsse sein müsste, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass insoweit die Geschäftsgrundlage des Freistellungsvertrages entfallen sein könnte. Jedenfalls reicht nach Auffassung des Senats eine gutachterliche Bewertung, die Anlass für Zweifel an der Sanierungsfähigkeit der Laugenzuflüsse bietet, nicht aus, um allein auf dieser Basis auf die Unmöglichkeit der dauerhaften Verwahrung zu schließen. Solange die mit der Durchführungsverantwortung betraute Klägerin sich ernsthaft bemüht, in Zusammenarbeit und Abstimmung mit den zuständigen Berg- und Umweltbehörden des Beklagten – neue technische – Maßnahmen zu entwickeln, die auf eine dauerhafte Verwahrung (i. e. S.) der Laugenzuflüsse ausgerichtet sind, bedürfte es weitergehender Erkenntnisse, die die am Sanierungsprozess beteiligten Akteure zu einer insoweit ungünstigeren Prognose veranlassen könnten.
3. Soweit der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 19. Januar 2016 (S. 9 in GA IV Blatt 686) vorgetragen hat, dass er einen Anpassungsanspruch habe, wenn die (den Anlagen 3.1 und 3.2 zugrunde liegende) Kostenprognose erheblich um 1/5, 50, 100 oder 1000 % überschritten wird, mangelt es insoweit schon an einer entsprechenden Geschäftsgrundlage. Allein der Umstand, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin in den Vertragsverhandlungen durchgehend darauf hingewiesen hat, keine verbindliche Kostenschätzung abgeben und keine betragsmäßige Begrenzung akzeptieren zu wollen, spricht dagegen, dass die Vertragspartner auch nur irgendeine Obergrenze dem Freistellungsvertrag gemeinsam zugrunde gelegt haben könnten. Gegen die Annahme einer Obergrenze spricht auch, dass die noch im Entwurf 00a vorgesehene Obergrenze gestrichen wurde und dass die Vertragsparteien eine Fortschreibung der Anlagen vereinbart haben. Im Übrigen ist anhand der Anlagen 3.1 und 3.2 nicht (genau) ermittelbar, welche Obergrenze als Basis für die Berechnung der nach Auffassung des Beklagten zum Wegfall der Geschäftsgrundlage führenden prozentualen Überschreitung maßgebend sein soll. Denn die in den Anlagen 3.1 und 3.2 ausgewiesenen Maßnahmen sind teilweise gar nicht und teilweise mit unterschiedlichen Angaben zu den geschätzten Kosten versehen. Auf dieser Grundlage lässt sich kein eindeutiger Betrag errechnen, auf den einer der vom Beklagten genannten Prozentsätze anwendbar sein könnte.
III. Entsprechend des Klageantrages zu 2) ist der Beklagte nach näheren Maßgaben des Freistellungsvertrages verpflichtet, die nach § 2 des Vertrages erforderlichen Kosten für die Laugenhaltung bis zur erfolgreichen Abdichtung oder anderweitigen Lösung des Problems des Eindringens von Wasser oder Lauge in das Bergwerk (Merkers/Springen/Unterbreizbach) zu übernehmen. Diese Verpflichtung des Beklagten gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der … und … GmbH ergibt sich aus § 1.1 Satz 1 i. V. m. § 2.1 Satz 1 des Freistellungsvertrages und der ggf. nach § 2.2 Satz 2 des Freistellungsvertrages fortzuschreibenden Anlage 3.1. Der Beklagte hat die Klägerin mittels dieser vorgenannten Regelungen des Freistellungsvertrages (u. a.) im Umfang der fortzuschreibenden Anlage 3.1 öffentlich-rechtlich freigestellt (1.). Davon erfasst sind auch die Kosten für die Laugenhaltung, soweit und solange diese sich als aufschiebend bedingt erforderliche Maßnahme bis zur Erreichung des Verwahrziels (i. e. S.) darstellt (s. o. unter C.II.2). Die Kosten der Laugenhaltung sind entgegen der Auffassung des Beklagten nicht ausschließlich der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung der Beigeladenen zuzuordnen, deren Erfüllung der Beklagte auch übernommen hat (2.). Die öffentlich-rechtliche Freistellung im Freistellungsvertrag vom 21. Oktober 1999 ist wirksam (3.).
1. Nach § 1.1 Satz 1 des Freistellungsvertrages wird die „K+S“ vom Freistaat nach Art. I § 4 Abs. 3 URG n. F. hinsichtlich der Kostenlast für Schäden, die durch vor dem 1. Juli 1990 vorgenommene Betriebshandlungen oder betriebliche Grundstücksnutzungen verursacht wurden, nach Maßgabe der Regelungen dieses Vertrages freigestellt. Gemäß § 2.1 Satz 1 des Freistellungsvertrages bezieht sich die Freistellung nur auf solche Kosten, die durch Maßnahmen zur Abwehr von Schäden i. S. v. Art. I § 4 Abs. 3 URG n. F. bzw. gemäß der vertraglichen Verpflichtung nach § 1.1. erforderlich werden. Die nach heutigem Kenntnisstand zu erwartenden erforderlichen Maßnahmen und jeweiligen voraussichtlichen Kosten im Sinne von § 2.1 in den Bereichen unter Tage sind in der Anlage 3.1 festgehalten (§ 2.2 Satz 1 des Freistellungsvertrages). Diese Regelungen des Freistellungsvertrages sind unter Anwendung der auch für öffentlich-rechtliche Verträge über § 62 Satz 2 VwVfG geltenden Auslegungsgrundsätze der §§ 133 BGB, 157 BGB so auszulegen, dass der Beklagte die Rechtsvorgängerin der Klägerin – bezogen auf den Bereich unter Tage – im Umfang der – auch einer einvernehmlichen Fortschreibung zugänglichen – Anlage 3.1 öffentlich-rechtlich freigestellt hat. Eine Einordnung der Anlagen als bloße Geschäftsgrundlage des Freistellungsvertrages scheidet deshalb entgegen der Auffassung des Beklagten aus (vgl. auch § 7.3 des Freistellungsvertrages, der die Anlagen als wesentlichen Bestandteil des Freistellungsvertrages bezeichnet).
Der Freistellungsvertrag kann entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin anhand des Wortlauts nicht so ausgelegt werden, dass die Beklagte die Rechtsvorgängerin der Klägerin – über die Anlagen 3.1 und 3.2 hinausgehend – im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung freigestellt hat (a.). Der Freistellungsvertrag ist seinem Wortlaut nach hinsichtlich des Umfanges der öffentlich-rechtlichen Freistellung und des Verhältnisses zur privatisierungsvertraglichen Verpflichtung nicht eindeutig (b.). Es ist kein eindeutiger gemeinsamer Wille der Vertragsparteien über den Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung feststellbar, der eine Auslegung nach §§ 133, 157 BGB entbehrlich machen könnte (c.). Für die Bestimmung des Umfangs der öffentich-rechtlichen Freistellung ist eine Auslegung des Freistellungsvertrages nach §§ 133, 157 BGB erforderlich (d.).
a. Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen kann der Freistellungsvertrag nicht bereits anhand des Wortlauts eindeutig in der Weise ausgelegt werden, dass der Beklagte die Rechtsvorgängerin der Klägerin im Umfang der – betragsmäßig nicht begrenzten – privatisierungsvertraglichen Verpflichtung (vgl. interner Vermerk der THA, Vertragsmanagement VM 5 vom 16. August 1994, GA Band XIV, Blatt 2819), also umfassend öffentlich-rechtlich freigestellt hat. Eindeutig wäre insoweit beispielsweise eine der Formulierung des § 6.4 des Generalvertrages entsprechende Wortwahl. Gegen eine ausdrückliche Freistellung im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung spricht auch, dass die Regelung über die öffentlich-rechtliche Freistellung in § 1.1 Satz 1 des Freistellungsvertrages nur die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. I § 4 Abs. 3 Satz 1 URG n. F. und nicht den Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung bzw. insbesondere des Art. 16 des Rahmenvertrages in Bezug nimmt, und dass die privatisierungsvertragliche Verpflichtung in § 1.1 Satz 2 als „weiterer Vertragsgegenstand“ bezeichnet wird. Auch in den weiteren Regelungen wird dem Wortlaut nach zwischen der öffentlichen-rechtlichen Freistellung und (der Erfüllung) der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung unterschieden.
b. Ebenso wenig ist bereits anhand des Wortlauts des Freistellungsvertrages eindeutig feststellbar, welchen Umfang die öffentlich-rechtliche Freistellung hat und in welchem Verhältnis diese zur privatisierungsvertraglichen Verpflichtung steht. Zum einen wird die privatisierungsvertragliche Verpflichtung in § 6.2 Satz 5 des Freistellungsvertrages als subsidiär bezeichnet, zum anderen wird diese aber zur Bestimmung der „erforderlichen Maßnahmen“ im Sinne des § 2.1 Satz 1 des Freistellungsvertrages, auf die sich die öffentlich-rechtliche Freistellung nach § 1.1 Satz 1 des Freistellungsvertrages bezieht, in Bezug genommen und damit im Vertragstext nicht durchgehend abgegrenzt. Dies gilt insbesondere auch für die Darstellung der „erforderlichen Maßnahmen“ i. S. d. § 2.1 Satz 1 des Freistellungsvertrages in der Anlage 3.1, in der ebenfalls nicht zwischen öffentlich-rechtlicher Freistellung und privatisierungsvertraglicher Verpflichtung differenziert wird.
Aus diesem Grund lässt sich der Freistellungsvertrag entgegen der Auffassung des Beklagten anhand seines Wortlauts auch nicht so auslegen, dass mittels des Freistellungsvertrages nur in dem Umfang der Freistellungsanträge der … … AG vom 12. März 1992 öffentlich-rechtlich freigestellt wurde. Dagegen spricht, dass diese Freistellungsanträge vom 12. März 1992 zumindest im Text des Freistellungsvertrages nicht einmal ausdrücklich in Bezug genommen werden, sondern dass die Anträge auf Freistellung (ohne Datumsnennung) lediglich im Zusammenhang mit der Bestimmung des räumlichen Umfanges des Vertrages in § 1.2 des Freistellungsvertrages und in § 7.2 am Ende des Freistellungsvertrages überhaupt Erwähnung finden. Anhand des Textes des Freistellungsvertrages lässt sich erst Recht nicht entnehmen, welchen Umfang die – nicht näher bezeichneten – Anträge auf Freistellung haben sollen.
c. Eine Auslegung des Vertrages in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB ist nicht deshalb entbehrlich, weil sich ein übereinstimmender Wille der Vertragsparteien feststellen ließe, der dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Interpretation vorginge (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 1994 – VII ZR 174/92 – juris). Aufgrund des Akteninhalts und der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es bei den Vertragsverhandlungen einen solchen gemeinsamen Willen der Vertragspartner vor und bei Abschluss des Freistellungsvertrages nicht gab. Vielmehr verfolgten die Vertragsparteien durchgehend jeweils unterschiedliche Interessen, die eine Schlussfolgerung auf einen gemeinsamen vom Vertragstext abweichenden Willen verbieten.
aa. Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen strebte eine Deckungsgleichheit von öffentlich-rechtlicher Freistellung und privatisierungsvertraglicher Verpflichtung an, um von Ansprüchen der „K+S“ aus dem Rahmenvertrag vom 13. Mai 1993 – trotz Verweigerung der Zustimmung der … und … GmbH zur diesbezüglichen Schuldübernahme durch den Beklagten und der damit einhergehenden Aufrechterhaltung der Position der BvS als Vertragspartner der „K+S“ im Rahmenvertrag – befreit zu werden. Damit verfolgte sie das bereits mit dem Abschluss des Generalvertrages verfolgte übergeordnete Ziel weiter, die verbliebenen Aufgaben der ehemaligen Treuhandanstalt abschließend zur erfüllen (vgl. Gesetz zur abschließenden Erfüllung der verbliebenen Aufgaben der Treuhandanstalt vom 9. August 1997, BGBl. I S. 2062, vgl. auch S. 4 Ziff. 3 3. Spstr. des Entwurfs der Beschlussvorlage für den Vorstand der BvS betr. den Generalvertrag = Anlage B 86 in GA Band XII Blatt 2317). Das bestätigen auch die Aussagen des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … und der Zeugin Frau Dr. S … . Beide haben auf die Vereinbarung in dem Generalvertrag hingewiesen, nach der sich der Beklagte gegenüber der BvS verpflichtet hatte, die „K+S“ im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung freizustellen. Es sei das Ziel gewesen, das „Vertragsmanagement umzuhängen“ (so der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … ) bzw. die privatisierungsvertragliche Verpflichtung „vollständig in die öffentlich-rechtliche Freistellung einfließen“ zu lassen (so die Zeugin Frau Dr. S … – … ). Das Interesse der BvS habe darin bestanden, „dies ganz abzugeben bzw. den Stab zu wechseln“ (so der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … ). Es sei das Ziel gewesen, durch Herstellung der Deckungsgleichheit von Freistellung nach dem URG und dem Rahmenvertrag zwischen dem Beklagten und der „K+S“ ein bilaterales Verhältnis herzustellen, das eine Inanspruchnahme der BvS durch die K+S juristisch ausschloss (so die Zeugin Frau Dr. S … ).
In vergleichbarer Weise äußerte sich auch der Zeuge Herr Dr. P …, der sich – befragt zum Freistellungsvertrag – jedoch im Wesentlichen an die Verhandlungen zum Generalvertrag erinnern konnte. Dass die Ausführungen des Zeugen Herrn Dr. P … sich zunächst auf den Generalvertrag bezogen, offenbarte sein Hinweis auf die „Escape-Klausel“, die nur in § 2.6 des Generalvertrages, nicht jedoch im Freistellungsvertrag enthalten ist. Insoweit beschrieb er die Zielstellung der BvS so, dass gegen Zahlung eines mit dem Bundesministerium der Finanzen abzustimmenden „Preises“ eine komplette Übertragung der Aufgabenstellung habe erfolgen sollen. Es habe nichts überbleiben sollen, so der Zeuge. Diese auf den Generalvertrag bezogenen Bekundungen des Zeugen Herrn Dr. P … lassen sich jedoch auch bei den Feststellungen zu der von der BvS bei Abschluss des Freistellungsvertrages verfolgten Zielstellung verwerten. Denn aufgrund der Aussagen des Zeugen Herrn Dr. P … bestehen ebenso wie hinsichtlich der Bekundungen der o. g. Zeugen keine Zweifel daran, dass sich an dieser Zielstellung während der Verhandlungen über den Freistellungsvertrag nichts änderte. Aus der Perspektive der BvS stellte sich der Freistellungsvertrag als Umsetzung der in § 6.4 des Generalvertrages vereinbarten Verpflichtung des Beklagten zur Freistellung der K+S nach URG im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung dar. Dies bestätigen auch die Angaben des Zeugen Herrn Dr. P …, wonach es das Ziel gewesen sei, die eigene Willensbildung und die Inhalte des Generalvertrages auch richtig in den Freistellungsvertrag zu übertragen und nicht „in einen Gap“ hineinzulaufen.
bb. Die … und … GmbH vertrat – ebenso wie die THA/BvS – durchgehend die Auffassung, dass privatisierte Treuhandunternehmen nach dem VA-Altlastenfinanzierung grundsätzlich „ohne Deckelung“ freizustellen seien und dass insoweit das Ermessen „nahe Null geschrumpft“ sei (vgl. Schreiben der … und … GmbH vom 28. Dezember 1995 an das Landesverwaltungsamt in BA 12; Schreiben der … und … GmbH vom 2. Oktober 1996 an die BvS in GA Band XVI, Blatt 3360 – 3361; Schreiben der … und … GmbH vom 4. August 1997 in BA 5; Mitschrift über die Besprechung am 9. März 1998 von TMLNU, BvS und der … und … GmbH in BA 5, Vermerke TMLNU – Ref. 65 vom 19. April 1998 in BA 36 und Vermerk SUA Suhl vom 19. Mai 1998 in BA 5). Ob damit ein originäres eigenes Interesse verfolgt wurde oder die Erfüllung einer gegenüber der BvS bestehenden Verpflichtung beabsichtigt war, ist nicht eindeutig. Aus dem Rahmenvertrag ergibt sich jedenfalls keine vertragliche Verpflichtung der … und … GmbH ein Freistellungsverfahren nach dem URG zum Erfolg zu führen, wie dies seinerzeit noch in dem Handbuch der Treuhandanstalt für die Ausgestaltung von Privatisierungsverträgen vorgesehen war (vgl. BT Handbuch Privatisierung Stand 03/92 in BT-Drs. 12/8404, S. 778). Einen inhaltlichen Bezug zum Umweltrahmengesetz enthält allenfalls die Bestimmung des Art. 16.7 des Rahmenvertrages. Dort ist festgehalten, dass die Treuhandanstalt sich vorbehält, die ihr aus dem Beschluss des Bundes, des Landes Berlin und der fünf neuen Länder vom 22. Oktober 1992, der als Anlage 1 zum VA-Altlastenfinanzierung vom 1. Dezember 1992 genommen wurde, zustehenden Rechte in vollem Umfang zu wahren und durchzusetzen. Letztendlich kann es jedoch offen bleiben, warum die „K+S“ ebenso wie die BvS durchgehend eine umfassende öffentlich-rechtliche Freistellung forderte. Denn es lassen sich daneben auch eigene von der „K+S“ verfolgte Interessen feststellen.
So verdeutlicht die mit Schreiben vom 15. Juni 1999 übermittelte Vertragssynopse (Nr. 16 der „Chronologie“), die keinen Bezug zur privatisierungsvertraglichen Verpflichtung enthielt, dass die … und … GmbH zum einen das Eigeninteresse verfolgte, die BvS als Schuldner für die umfassende privatisierungsvertragliche Freistellung von Altlasten aus dem Rahmenvertrag vom 13. Mai 1993 zu erhalten. Dieses Interesse brachte sie insbesondere mittels Verweigerung der Schuldübernahme in ihrem Schreiben vom 1. Juni 1999 zum Ausdruck (Nr. 12 der „Chronologie“ = Anlage B 56). Insoweit bestätigte auch der Zeuge Herr S … in der mündlichen Verhandlung, dass es ein „No-Go“, gewesen wäre, den Schuldnerwechsel zu akzeptieren.
Zum anderen verfolgte die … und … GmbH in den Verhandlungen durchgehend das Interesse, eine Begrenzung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung zu verhindern. So stellte der Zeuge Herr S … auf der Besprechung am 18. Juni 1999 ausdrücklich klar, dass er eine Verkürzung oder Einschränkung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung über den öffentlich-rechtlichen Freistellungsvertrag nicht akzeptieren könne (vgl. S. 2 des Schreibens des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 23. Juni 1999, Nr. 19 der „Chronologie“). Auch der Hinweis in dem Schreiben der … und … GmbH vom 30. Juni 1999, dass man sich nicht in der Lage sehe, verbindliche Kostenschätzungen zu vereinbaren und zu einer Geschäftsgrundlage zu machen, geht in eine ähnliche Richtung (vgl. Nr. 23 der „Chronologie“). Dies wurde durch den Zeugen Herrn S … in der mündlichen Verhandlung auch nochmals bestätigt bzw. bekräftigt.
cc. Demgegenüber lässt sich der Wille des Beklagten so eindeutig nicht feststellen. Allein der Umstand, dass der Beklagte sich in § 6.4 des Generalvertrages (dem Wortlaut nach eindeutig) zu einer öffentlich-rechtlichen Freistellung im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung verpflichtet hatte, zwingt nicht bereits zu einer Schlussfolgerung auf einen entsprechenden Willen beim Abschluss des Freistellungsvertrages. Vielmehr geht der Senat aufgrund des sich aus den Akten ergebenden Sachstandes und auch unter Einbeziehung der Bekundungen der Zeugen Herr I …, Frau A … und Herr B … davon aus, dass die Vertreter des Freistaates zwar bereit waren, über den Umfang der fristgerecht gestellten Anträge vom 12. März 1992 hinauszugehen, jedoch bei den Verhandlungen zum Freistellungsvertrag versuchten, eine Begrenzung des Umfangs der öffentlich-rechtlichen Freistellung bzw. der Zahlungsverpflichtung auf den im Generalvertrag in Ansatz gebrachten Betrag von 800 Mio. DM mittels Ausgestaltung des Freistellungsvertrages zu erreichen. Insoweit gibt es gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass hier im Wesentlichen ein Schwerpunkt bei der von der technischen Arbeitsgruppe zu erarbeitenden Darstellung der Sanierungsmaßnahmen, die letztendlich als Anlage 3.1 und 3.2 Aufnahme in den Freistellungsvertrag gefunden haben, gesehen wurde.
(1) Dies bestätigt sich bereits in der Anlage 3.1 auf S. 5 mit dem Satz
„Es wird davon ausgegangen, dass in der angeführten Kostenhöhe alle den jeweiligen Maßnahmen zuordenbaren Kosten enthalten sind und darüber hinaus keine weiteren Kosten anfallen können.“
Denn es ist anhand der Entstehungsgeschichte der Anlage 3.1 nachvollziehbar, dass dieser Satz durch die Vertreter des Beklagten eingefügt wurde. In der 2. Beratung der AG „Technische Grundlagen Freistellung“ am 17. Mai 1999 wurde vereinbart, dass das TMLNU die Maßnahmelisten zum Konzept erstellen sollte (vgl. Protokoll vom 19. Mai 1999, Nr. 11 der „Chronologie“). Ein erster Entwurf (der Anlage 3.1) vom 9. Juni 1999 ist in der Beiakte 40 des Beklagten enthalten, der noch als „Fachlich-technisches Konzept“ bezeichnet wird und auch noch keine Maßnahmendarstellung enthielt. Auf Seite 3 finden sich bereits sinngemäß die Ausführungen, die unter der Überschrift „Sanierungsrahmen“ in der Anlage 3.1 enthalten sind. Es fehlte jedoch der o. g. Satz. In dem der Zeugin Frau Dr. S … … mit Fax durch den Zeugen Herrn Dr. B … vom 22. Juni 1999 übersandten Entwurf vom 21. Juni 1999 (als Anlage 9.1 bezeichnet) war der o. g. Satz erstmals (in Fettschrift) mit dem Klammerzusatz „(Standpunkt K+S hierzu erforderlich, Problem der Infrastrukturkosten)“ in folgender Version enthalten (vgl. GA Band XVII, Blatt 3807/3809):
„Es wird davon ausgegangen, dass in der angeführten Kostenhöhe alle den jeweiligen Maßnahmen zuordenbaren Kosten enthalten sind und darüber hinaus keine weiteren indirekten Kosten anfallen können.“
Dem Begleitschreiben des Zeugen Herrn Dr. B … vom 22. Juni 1999 (GA Band XVII, Blatt 3806) ist zu entnehmen, dass die Ergebnisse der letzten Beratung der technischen Arbeitsgruppe eingearbeitet worden seien und die Erkenntnisse der Juristenrunde vom 18. Juni 1999 Berücksichtigung gefunden hätten. Änderungen im Grundsatztext gegenüber dem 1. Entwurf seien kursiv. Zu dem in Fettschrift eingefügten o. g. Satz, der sich im Entwurf lediglich durch das Wort „indirekten“ von der endgültigen Fassung unterscheitet, findet sich in dem Begleitschreiben keine Erläuterung. Dem Protokoll vom 15. Juni 1999 über die 3. Beratung der AG „Technische Grundlagen Freistellung“ am 14. Juni 1999 ist zu entnehmen, dass die „jetzt dargestellten Zahlenwerte … als nicht abschließend zu betrachten“ seien.
Parallel gab es dazu in der sog. juristischen Arbeitsgruppe am 18. Juni 1999 eine „recht heftige und andauernde Diskussion“ zu § 3.2 des Entwurfs 01a (übersandt an die … und … GmbH durch das TMLNU mit Schreiben vom 12. Mai 1999, Nr. 10 der „Chronologie“). Dieser hatte folgenden, dem o. g. Satz 5 der Anlage 3.1. inhaltlich ähnlichen Wortlaut:
„Die Vertragsparteien gehen übereinstimmend davon aus, dass der in der Anlage 9 benannte Kostenumfang die nach heutigem Kenntnisstand maximal zu erwartenden Gesamtkosten aller sowohl von der Freistellung wie auch von der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung (vg. Anlage 1) umfassten Schadensabwehrmaßnahmen darstellt.“
Der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … führte dazu in seinem Schreiben vom 23. Juni 1999 (Nr. 19 der „Chronologie“) aus, dass „K+S“ sich dazu außerstande gesehen und auf die Differenzen und Abweichungen im technischen Arbeitskreis zur Anlagenerstellung verwiesen habe. Man habe die „K+S“ darauf verwiesen, dass es mit dieser Erklärung zunächst nur darum gehe, den gegenwärtigen Kenntnisstand festzuhalten. Letztendlich erreichte die … und … GmbH, dass der o. g. § 3.2 des Entwurfs 01 (und 02) in dem Entwurf 03 gestrichen wurde (vgl. Schreiben der … und … GmbH vom 30. Juni 1999 = Nr. 23 der „Chronologie“ und Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 6. Juli 1999 = Nr. 24 der „Chronologie“). Der von den Vertretern des Beklagten in die Anlage 3.1 eingefügte o. g. Satz 5 der Anlage 3.1 wurde jedoch nicht gestrichen bzw. angepasst, sondern blieb zumindest als Indiz für den Willen des Beklagten erhalten.
(2) Ein Indiz, das ebenfalls gegen den Willen des Beklagten spricht, im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung freistellen zu wollen, enthält auch die kurz nach Abschluss des Generalvertrages vom 24. Februar 1999 abgegebene Stellungnahme des TMLNU vom 12. März 1999 zum Referentenentwurf des TFM über die Errichtung des Sondervermögens „Ökologische Altlasten in Thüringen“ (in BA 38). In dieser Stellungnahme des TMLNU wird die Auffassung vertreten, dass die Pflicht zur Freistellung der „ … und … “ nach dem Generalvertrag nicht unbedingt den Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung erfasse. Deshalb werde gebeten, in § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzentwurfs die Worte „im Umfang der dort genannten privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen“ zu streichen.
(3) Die interne Zielrichtung, den Umfang der Freistellung im Freistellungsvertrag mittels seiner Ausgestaltung zu begrenzen, wird auch im Vermerk eines Referenten des TMNLNU vom 18. März 1999 für den Staatssekretär deutlich (Anlage BG 89, auch in BA 39), der der Vorbereitung des Gesprächs mit der … und … GmbH und der BvS am 31. März 1999 diente. In diesem Vermerk wird festgehalten, dass entgegen den Ergebnissen, insbesondere des Vermerks des TMLNU vom 6. Mai 1996, mit Abschluss des Generalvertrages die positive Entscheidung zur Freistellung der … und … GmbH getroffen worden sei. Zielsetzung eines Freistellungsvertrages müsse es sein, eine umfassende, in sich geschlossene Regelung zu treffen, in der die folgenden Punkte berücksichtigt werden müssten:
– Regelung zur Höhe des Eigenanteils der K+S- Regelung zu Arbeitsplatz- und Investitionszusagen der K+S- Regelung zum Umfang der Freistellung.
Ziel solle hier sein, einen Katalog von Maßnahmen aufzustellen und zum Vertrag zu nehmen, die grundsätzlich von der Freistellung erfasst werden, so dass dann die Abarbeitung dieser Maßnahmen nachverfolgt werden könne. Es spricht viel dafür, dass dieser Ansatz sich dann letztendlich in den Anlagen 3.1 und 3.2, in denen die „erforderlichen Maßnahmen“ dargestellt wurden, niedergeschlagen hat. Dies belegt anschaulich die Anmerkung des Zeugen Herrn B … auf der mit Schreiben vom 1. Juni 1999 vorgelegten Vertragssynopse zu der von der … und … GmbH vorgeschlagenen Streichung des § 3.2 Satz 3 des Entwurfs 02. Neben dem nach Auffassung der … und … GmbH zu streichenden Satz
„Die Vertragsparteien gegen übereinstimmend davon aus, dass der in der Anlage 9 benannte Kostenumfang die nach heutigem Kenntnisstand maximal zu erwartenden Gesamtkosten aller sowohl von der Freistellung wie auch von der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung (vgl. Anlage 1) umfassten Schadensabwehrmaßnahmen darstellt.“
brachte der Zeuge Herr B … seinerzeit die Anmerkung an:
„Damit wird das Ziel der Anlage total aufgehoben!“
(4) Auch die in den Akten dokumentierte Vorgeschichte zum Verwaltungsverfahren betreffend die Freistellungsanträge der … … AG (und ihrer Rechtsnachfolger) zur Vorbereitung des Generalvertrages und des Freistellungsvertrages spricht dafür, dass die Vertreter des Beklagten bei Vorbereitung des Freistellungsvertrages versuchten, die im Generalvertrag eingegangene Verpflichtung zur öffentlich-rechtlichen Freistellung im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung, nachträglich zu begrenzen.
So ist anhand der vorliegenden Akten nachvollziehbar, dass vor Abschluss des Generalvertrages am 24. Oktober 1999 in den 1990er Jahren auf den verschiedenen Ebenen innerhalb des Freistaates Thüringen unterschiedliche Auffassungen über die Freistellungsfähigkeit der „K+S“ dem Grunde nach und auch über den Umfang der Freistellungsfähigkeit der … und … GmbH (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) bestanden und dass es deshalb zunächst weder zu einem Freistellungsbescheid noch zu einem auch damals schon in den Blick genommenen Freistellungsvertrag für die „K+S“ und der ebenfalls zum Großprojekt … gehörenden GVV mbH kam. So forderten das bis Ende 1995 zuständige Landesverwaltungsamt und auch das danach zuständige SUA Suhl die … und … GmbH mehrfach auf, die Nachweise über Investitionen und den Erhalt von Arbeitsplätzen (über das Jahr 1997 hinaus) vorzulegen (vgl. z. B. Schreiben des Landesverwaltungsamtes vom 29. März 1993 noch an die … und … AG in BA 2, Ergebnisprotokoll über ein sog. Aktengespräch bei der THA mit Vertretern des TMUL, der GVV mbH und der MdK AG am 15. Oktober 1993 in BA 3, Schreiben des Landesverwaltungsamtes vom 19. Dezember 1995 an die … und … GmbH in BA 12 und 31, Ergebnisprotokoll über das Abstimmungsgespräch am 27. Juni 1996 in BA 3 = BA 31 und Schreiben des SUA Suhl vom 12. September 1997 an das TMLNU in BA 5 = B 27). Dass zum damaligen Zeitpunkt – vor Abschluss des Generalvertrags – Zweifel an der Freistellungsfähigkeit der „K+S“ dem Grunde nach und insbesondere hinsichtlich des untertägigen Bereichs bestanden, bestätigen auch Aussagen der Zeugen Herr I … und Frau A … sowie insbesondere der von ihr seinerzeit gefertigte und auch zur Bekräftigung ihrer Bekundungen in Bezug genommene sog. Grundsatzvermerk, der u. a. als „Fassung vom 6. Juni 1996“ mehrfach in den vom Beklagten vorgelegten Beiakten existiert (vgl. z. B. in BA 3 und in BA 30).
Erst nachdem das Bundesministerium der Finanzen zweimal eine Haushaltssperre gegenüber der BvS für alle Altlastensanierungsprojekte in Thüringen bis zum Abschluss entsprechender Freistellungsverträge für die GVV mbH und die „K+S“ verhängt hatte und Thüringen davon Kenntnis erlangte (vgl. Schreiben BMF an TFM vom 4. Juni 1997 in BA 35, Vermerk TMLNU Ref. 606 vom 9. Juni 1997 in BA 36, Schreiben TFM vom 11. Juni 1997 in BA 35, Vermerk BMF vom 21. Juli 1997 in BA 35, Schreiben BMF vom 23. Juli 1997 an TFM in BA 35, Schreiben BMF vom 27. Oktober 1997 an BvS in BA 35/36, BMF vom 19. Dezember 1997 an BvS in BA 36, Schreiben BvS an den Ministerpräsidenten des Freistaates Thüringen vom 4. Februar 1998 in BA 36), kam es zu einem Gespräch auf höchster Ebene zwischen dem Thüringer Ministerpräsidenten und dem Präsidenten der BvS. Ergebnis dieses Gesprächs war letztendlich ein Eckpunktepapier, in dem die pauschalierte Abgeltung der Verpflichtungen aus dem VA-Altlastenfinanzierung aus dem Jahre 1992/95 und die Übernahme der privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen der BvS gegen eine Einmalzahlung vereinbart wurde (vgl. Anlage 2 zum Generalvertrag). Für die Berechnung der Einmalzahlung der BvS legte man pauschaliert für alle Projekte in Thüringen einen Betrag von 1.290 Mio. DM zugrunde. Davon entfiel auf das Großprojekt … Thüringen ein Betrag von 800 Mio. DM.
Aus den dem Senat vorliegenden Akten ergibt sich, dass man auf Arbeitsebene in Thüringen vorher einen „Gesamtkostenrahmen“ von 300 Mio. DM mit einer Öffnungsklausel über 500 Mio. DM für freistellungsfähig hielt (vgl. Vermerk TSK vom 4. Juni 1998 über das Gespräch der Landesregierung mit der BvS am 4. Juni 1998 in BA 47, Entwurf des Eckpunktepapiers des TMLNU vom 25. Juni 1998 in BA 86, drei Vermerke aus dem Referat 65 des TMLNU vom 26. Juni 1998 in BA 46). Von einer Einbeziehung und Abgeltung auch der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung mittels dieser Einmalzahlung war zunächst nicht die Rede. Seinerzeit gab es u. a. eine Aufstellung der … und … GmbH über die Kostenlast im Zusammenhang mit Altlasten über einen Betrag von etwa 795 Mio. DM, die die … und … GmbH zuvor mit Schreiben vom 4. August 1997 dem SUA Suhl übersandt hatte (u. a. in BA 5 und BA 6). In diesem Schreiben hatte die … und … GmbH ausdrücklich darauf hingewiesen, dass insbesondere für den untertägigen Bereich noch keine Sanierungskonzepte und kalkulierten Kosten vorlägen und deshalb eine einigermaßen verlässliche Kostensumme nicht genannt werden könne. Auch aus anderen Unterlagen ergibt sich, dass in diesem Zeitraum keine Sanierungskonzepte existierten und dass vorhandene Kostenübersichten deshalb keinen Ansatz für die Sanierung der Laugenstandorte, sondern nur einen Ansatz für die Laugenhaltung, also den Abtransport der Lauge, für einige Jahre enthielten (vgl. Protokoll vom 4. Januar 1996 über die Arbeitskreissitzung zum Großprojekt … am 21. Dezember 1995 mit Vertretern des Beklagten und der BvS in BA 13; TSRK vom 30. April 1996, Band 6 Anhang 2.2 in BA 24; Statusbericht der BvS … Nr. G 603.000 Stand 14. April 1996 in BA 42; Vermerk SUA Suhl über die Besprechung mit der … und … GmbH in Unterbreizbach vom 30. Juni 1997 in BA 4 und 37; Mitschrift über eine Besprechung SUA Suhl, BvS und „K+S“ im SUA Suhl am 9. März 1998 in BA 5; Schreiben der … und … GmbH vom 8. Mai 1998 in BA 5, 7, 39 und 48; Vermerk TMNLNU – Ref. 45 – vom 29. September 1998 in BA 37 und 47 sowie Risiko- und Kostenschätzung der BvS zum 31. Oktober 1998 in BA 6 und BA 34). Vor diesem Hintergrund ist es plausibel, dass nach Unterzeichnung des Eckpunktepapiers vom 14. Juli 1998, das eine Einbeziehung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung vorsah, auf der Arbeitsebene mehrfach davor gewarnt wurde, den Generalvertrag mit diesen vorgesehenen Bedingungen zu unterzeichnen. So wurde insbesondere darauf verwiesen, dass der in Ansatz gebrachte Betrag von 800 Mio. DM nicht auskömmlich sei (vgl. Entwürfe der Vermerke TMLNU – Ref. 65 – vom 22. Juli 1998 und vom 4. August 1998 in BA 43; Vermerk TFM vom 8. September 1998 in BA 37; Schreiben Rechtsanwalt M … an TMLNU vom 22. September 1998 in BA 47).
In den vom Beklagten (und auch der Beigeladenen) vorgelegten Akten deutet sich an, dass es Bestrebungen des Beklagten gab, diesen für die Berechnung der Einmalzahlung in Ansatz gebrachten Betrag zu erhöhen, die letztendlich vergeblich blieben (vgl. dazu z. B. Vermerk TMLNU – Ref. 65 – vom 24. Juli 1998 in BA 47 und Schreiben der BvS vom 5. Oktober 1998 an den Staatssekretär des TMLNU in BA 37 und TOP 2c des Ergebnisprotokolls über die Sitzung des Vorstandes der BvS vom 6. Oktober 1998 in BA 59 sowie Schreiben der BvS vom 9. Oktober 1998 an das TFM in BA 48 und auch Vermerk des damaligen Staatssekretärs des TMLNU vom 14. Oktober 1999 in BA 45 = Anlage B 88 in GA XII Blatt 2356, in dem festgehalten ist, das er sich von dem Zeugen Herrn Dr. P … seinerzeit bestätigen ließ, dass es kein weiteres Verhandlungsvolumen gäbe). Denn der Generalvertrag wurde am 24. Februar 1999 mit den im Eckpunktepapier vereinbarten Beträgen geschlossen, allerdings mit der sog. Sprechklausel in § 2.6 (i. V. m. Anlage 8).
Dieser Abschluss des Generalvertrages, mit dem nach Auffassung der Zeugen Dr. P … – … und Dr. S … „die Messe gesungen“ war, führte jedoch auf Arbeitsebene nicht dazu, in Abkehr von der bisher vertretenen Auffassung eine umfassende öffentlich-rechtliche Freistellung als rechtlich geboten und als Prämisse für die Erarbeitung eines Freistellungsvertrages anzusehen. Vielmehr ist auf Grundlage der vorhandenen Unterlagen und auch der Bekundungen der Zeugen Herrn I …, Frau A … und Herr B … davon auszugehen, dass die Vertreter Thüringens im Zuge der Vertragsverhandlungen versuchten, den Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung auf den – auch intern vom TFM vorgegebenen – Betrag von 800.000.000,00 DM zu begrenzen, ohne jedoch einen solchen Willen gegenüber den anderen beiden Vertragsparteien zu äußern. So hat keiner der zu dieser Thematik vernommenen Zeugen bestätigt, dass die Vertreter des Beklagten in den Verhandlungen zum Freistellungsvertrag die anderen Vertragsparteien von der Existenz dieser internen Vorgabe auch nur informiert, geschweige denn davon in Kenntnis gesetzt hätten, dass diese auch eingehalten werden müsse. Dass aber ungeachtet dessen beim Beklagten der Wille bestand, den Umfang der Freistellung zu begrenzen, verdeutlicht insbesondere der Vermerk über die interne vorbereitende Besprechung am 27. Mai 1999 im TMLNU zur Entwicklung einer Freistellungs- und Verhandlungsstrategie. Dort ist zur Freistellungsstrategie zusammenfassend festgehalten, dass eine zusätzliche Formulierung „eingebaut“ werden solle, „die eine Begrenzung der konkreten Maßnahmen vorgibt/erlaubt!“.
(5) Dass diese intern am 27. Mai 1999 vereinbarte Freistellungsstrategie auch das Verhalten der Vertreter des Beklagten in den Verhandlungen zum Freistellungsvertrag prägte, belegt der Umstand, dass die Vertreter Thüringens u. a. auch versuchten, einen Bezug zu den zuvor gestellten Freistellungsanträgen herzustellen. Dies verdeutlicht beispielweise die interne Anmerkung „Ausgangpunkt Antrag auf Freistellung“ auf dem Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 22. April 1999, mit dem er nur dem TMLNU und der BvS den Entwurf 00a übersandte (vgl. Nr. 5 der „Chronologie“ = Anlage B 59 aus BA 40). Die „fristgerecht gestellten“ Anträge auf Freistellung sollten zunächst in der Anlage 2 zum Freistellungsvertrag aufgeführt werden (vgl. §1.1 der Entwürfe 00a bis 02). In dem Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 6. Juli 1999 (Nr. 23 der „Chronologie“, BA 40) ist dazu festgehalten, dass der Entwurf der – in den Akten nicht vorhandenen – Anlage 2 auf der Besprechung am 1. Juli 1999 durch Vertreter des Beklagten vorgelegt wurde. Obwohl dazu nichts in den vom Beklagten vorgelegten Akten dokumentiert ist, lässt dies den Rückschluss zu, dass der Entwurf der Anlage 2 auch von der Beklagtenseite vorher erarbeitet wurde. Der Bezug zu der vorher abgestimmten Freistellungsstrategie und der diesbezüglichen Willensbildung lässt sich deshalb herstellen, weil die Vertreter des SUA Suhl am 27. Mai 1999 aufgefordert worden waren, die Freistellungsanträge zur Umsetzung der Freistellungsstrategie zusammenzufassen (vgl. handschriftliche stichwortartige Mitschrift in BA 7 und BA 40). Dieser Arbeitsauftrag (und auch eine spätere Auflistung der Freistellungsanträge) wäre überflüssig gewesen, wenn auch seitens der Vertreter des Beklagten nach Abschluss des Generalvertrages der Wille bestanden hätte, eine öffentlich-rechtliche Freistellung im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung zu vereinbaren. Diesem am 27. Mai 1999 erteilten Arbeitsauftrag kam das SUA Suhl mit Schreiben vom 2. Juni 1999 (Anlage B 48) nach und übersandte eine „Übersicht zum Antragsgegenstand“, der im Wesentlichen folgende Unterlagen beigefügt waren (vgl. auch BA 89):
– Freistellungsanträge der … und … AG vom 12. März 1992 mit den Aktenzeichen 15/078/-02 bis 15/078-05 teilweise ohne und teilweise mit Anlagen,
– Schreiben der MDK AG vom 16. Oktober 1992,
– Schreiben der … und … GmbH vom 26. Januar 1994,
– Schreiben der … und … GmbH vom 18. Januar 1995 mit Anlagen,
– Schreiben der … und … GmbH vom 30. April 1998 mit Anlagen,
– Schreiben der … und … GmbH vom 4. August 1997 mit Anlagen,
– Schreiben der … und … GmbH vom 8. Mai 1998.
In diesem Schreiben des SUA Suhl findet sich der Hinweis, dass der Freistellungsantrag auf den Antrag der … und … AG vom 12. März 1992 zurückgehe. Zum Antragsgegenstand seien im Jahr 1995 Flurstücksangaben und im Jahr 1997 weitere Angaben gemacht worden. Diese Auflistung des SUA Suhl in dem Schreiben vom 2. Juni 1999 bietet in Zusammenschau mit der Anlage 3.1 zum Freistellungsvertrag einen gewichtigen Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte zwar über den Umfang der Freistellungsanträge der … … AG vom 12. März 1992 hinausgehen, aber trotzdem wenigstens einen Bezug zu den von der … und … GmbH nach Ablauf der Antragsfrist vorgenommenen Präzisierungen herstellen und auch damit den Umfang der Freistellung entsprechend der bereits im Mai 1999 vereinbarten Freistellungsstrategie begrenzen wollte. Für diese Einschätzung spricht auch die Bekundung der Zeugin Frau Dr. S … …, dass die Zuordnung zu den Anträgen auf Wunsch der Vertreter des Beklagten habe vorgenommen werden sollen.
Dafür spricht des Weiteren, dass insbesondere in der Anlage 3.1 zum Freistellungsvertrag nicht nur auf den Freistellungsantrag 15/078-05 der … … AG vom 12. März 1992, sondern auch auf das an das SUA Suhl (mit Anlagen) gerichtete Schreiben der … und … GmbH vom 4. August 1997 Bezug genommen wird. Dieses Schreiben wird in der Anlage 3.1 zwar nicht ausdrücklich genannt; zur „Kostenlast“ wird jedoch in den Fällen, in denen auf eine Ergänzung zum Freistellungsantrag von 1997 durch K+S hingewiesen wird, erkennbar auf die Gliederungsnummern der Tabelle Bezug genommen, die dem Schreiben vom 4. August 1997 unter der Überschrift „Kostenlast für die … und … GmbH im Zusammenhang mit Altlasten“ beigefügt war. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, bereits mit Schreiben vom 20. November 1995 eine Präzisierungsunterlage an das seinerzeit noch für die Bearbeitung der Freistellungsanträge zuständige Landesverwaltungsamt übermittelt zu haben, kann es an dieser Stelle dahin stehen, ob dieses als Anlage K 36 überreichte Dokument tatsächlich beim Beklagten eingegangen ist. Auf die als Anlage dem Schreiben vom 20. November 1995 beigefügte „Präzisierungsunterlage“ wird in dem Schreiben vom 4. August 1997 – trotz Angabe der falschen Jahreszeit (Sommer 1995) – zwar erkennbar Bezug genommen, weil die Tabelle „Kostenlast“ die gleiche Gliederung aufweist. Da aber dem SUA Suhl zumindest dieses jüngere Dokument vorlag, das dem TMLNU zur Umsetzung der Freistellungsstrategie mit dem Schreiben vom 2. Juni 1999 übermittelt und letztendlich auch der Anlage 3.1 zugrunde gelegt wurde, kommt es nicht darauf an, ob das ältere insoweit inhaltsgleiche Dokument auch tatsächlich vorlag und hätte einbezogen werden können oder müssen.
(6) Dass die Vertreter des Beklagten zwar den Willen hatten, über den Umfang der Freistellungsanträge vom 12. März 1992 hinauszugehen, aber die öffentlich-rechtliche Freistellung auf den im Generalvertrag in Ansatz gebrachten Betrag zu begrenzen, bestätigt das Verhalten der Vertreter Thüringens in der „Juristenrunde“ am 18. Juni 1999 (vgl. Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 23. Juni 1999, Nr. 19 der „Chronologie“). Denn es wurde darauf hingewiesen, dass die Sonderregelungen und die weite Fassung des Freistellungsvertrages gegenüber einer Freistellung nur im Umfang der fristgerecht gestellten Anträge und nur im Hinblick auf die Einbeziehung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung gerechtfertigt sei.
(7) Auch die handschriftlichen Anmerkungen des Staatssekretärs des TMLNU, des Zeugen Herrn I …, auf dem mit Schreiben vom 6. Juli 1999 im Änderungsmodus übersandten Entwurf 03 (Nr. 24 und 25 der „Chronologie“, Original in BA 87) belegen anschaulich, dass die Vertreter des Beklagten eine Freistellung im Umfang des in dem Generalvertrag in Ansatz gebrachten Finanzierungsumfanges mittragen wollten. So brachte er an den Passagen des Entwurfs 03, in denen in § 1.1 Satz 3 und § 1.2 (ebenso wie im Entwurf 01 und 02) noch mit der – im Entwurf 04 gestrichenen – Formulierung „im Rahmen der gestellten Anträge“ auf die gestellten Anträge Bezug genommen wird, jeweils die Bemerkung „Kollision zu B … -Anlage“ an. Damit nahm er erkennbar Bezug auf die Anlagen zum Freistellungsvertrag, die die technische Arbeitsgruppe erstellen sollte. Denn Mitglied dieser Gruppe war der Zeuge Herr Dr. B … – … . Dass es darum ging, über die fristgerechten Anträge hinauszugehen, verdeutlicht die Bemerkung „und die Freistellung außerhalb der gestellten Anträge?“, die unterhalb des § 1.1 Satz 3
„Die Anträge auf Freistellung werden mit diesem Vertrag abschließend beschieden.“
angebracht ist.
Die Bemerkung „aber doch nicht umfassend!!“ neben dem § 1.1 Satz 1
„Die … und … AG hatte fristgerecht Anträge auf Freistellung der im Großprojekt … Thüringen liegenden Anlagen und Grundstücke gestellt.“
macht deutlich, dass er selbst die Anträge der … … AG vom 12. März 1992 im Blick hatte und diese inhaltlich auch für begrenzt hielt.
Die Anmerkungen am Schluss von Nr. 4 der Präambel deuten jedoch auch darauf hin, dass es dem Staatssekretär des TMLNU, dem Zeugen Herrn I …, an der Begrenzung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung durch einen Abgleich mit den im Generalvertrag in Ansatz gebrachten Beträgen gelegen war. So unterstrich er in dem Satz
„Aufgrund der Komplexität der damit verbundenen Probleme und der Übernahme der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung der BvS durch den Freistaat im Innenverhältnis weisen die nachfolgenden vertraglichen Regelungen zum Teil Besonderheiten auf, die von der Freistellungspraxis im Freistaat abweichen.“
die Worte „der Übernahme der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung“ und schrieb daneben:
„gilt das in dieser ´Gesamtaussage`?“.
Sehr deutlich wurde er, indem er die Passage „zum Teil Besonderheiten auf, die von der Freistellungspraxis im Freistaat abweichen“ unterkringelte, mit zwei Ausrufungszeichen versah und daneben Folgendes ausführte:
„nein!Was soll das den heißen?!Wir machen keine ´lex K+S` sondern setzen ausschließlich den Generalvertrag um bezogen auf das Großprojekt … – … !!“
Diese Anmerkung ist ein wichtiges Indiz dafür, dass es dem Beklagten darum ging, seine eigenen Verpflichtungen aus dem Freistellungsvertrag gegenüber der … und … GmbH auf den Umfang der Maßnahmen zu begrenzen, die der Schätzung des Gesamtaufwandes (von 800 Mio. DM) in dem Generalvertrag zugrunde lagen. Denn der Abschluss des Generalvertrages, der wie bereits ausgeführt, insoweit keine Geschäftsgrundlage des Freistellungsvertrages wurde, führte nicht dazu, dass die aus dem Rahmenvertrag übernommene privatisierungsvertragliche Verpflichtung dem Umfang nach begrenzt wurde. Nach dem Abschluss des Generalvertrages war lediglich offen, ob es diesbezüglich zu einer Schuldübernahme durch den Beklagten oder nur zu einer Erfüllungsübernahme kommen würde.
(8) Soweit der ehemalige Prozessbevollmächtigte des Beklagten in dem Verfahren 5 K 418/12 Me in seinem Schriftsatz vom 4. September 2014 die Auffassung vertreten hat, dass Umfang und Reichweite der Freistellung nach dem URG durch den Rahmenvertrag bestimmt würden, und vorgetragen hat, dass die Parteien die Absicht gehabt hätten, den Inhalt der Freistellung deckungsgleich mit den Verpflichtungen der BvS aus dem Rahmenvertrag zu gestalten (vgl. Zitat in dem Schriftsatz der Klägerin vom 1. Oktober 2018, S. 27, GA Band VI Blatt 1091) ist dies – entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen – nicht geeignet, die sich aus den Akten ergebenden Anknüpfungspunkte für einen auf Begrenzung der öffentlichen-rechtlichen Freistellung auf die im Generalvertrag in Ansatz gebrachten Beträge gerichteten Willen des Beklagten zu entkräften. Dieser Vortrag des ehemaligen Prozessbevollmächtigten in dem Verfahren 5 K 418/12 Me beinhaltet zwar – zumindest in Zusammenschau mit der Verpflichtung in § 6.4 Satz 1 des Generalvertrages – eine Hilfstatsache bzw. ein Indiz dafür, dass der Beklagte seinerzeit im Jahr 1999 den Willen gehabt haben könnte, die „K … “ im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung freizustellen. Denn es wäre eigentlich zu erwarten gewesen, dass die Vertreter des Beklagten einen Schriftsatz des (damaligen) Prozessbevollmächtigten dieses Inhalts nicht genehmigt hätten, wenn er nicht der Willensbildung des Beklagten bei Vertragsabschluss entsprochen hätte. Diesem aus der Perspektive des Beklagten unklugen Verhalten kommt in der Gesamtschau jedoch kein entscheidendes Gewicht zu. So steht aufgrund der Bekundungen der Zeugin Frau A … schon nicht fest, wer seinerzeit diesen Schriftsatz des ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 4. September 2014 autorisiert hat. Die Zeugin Frau A …, die selbst durchgehend an den Verhandlungen zum Freistellungsvertrag teilgenommen hat, hat nicht bestätigt, dies gewesen zu sein, sondern sich „vorsichtig“ darauf zurückgezogen, dass auch andere Personen an der Prozessbegleitung beteiligt gewesen seien. Deshalb ist es nicht ausgeschlossen, dass der Schriftsatz von einer Person freigegeben wurde, die seinerzeit nicht an den Vertragsverhandlungen beteiligt war und die Relevanz dieser Äußerung deshalb nicht übersehen konnte. Auch ist nicht ersichtlich, dass dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zur Betreuung der Leistungsklage die dem Gericht in diesem Verfahren vorliegenden Verwaltungsvorgänge, die die Entstehung des Freistellungsvertrages dokumentieren, bekannt waren. Die Ausführungen in dem Schriftsatz vom 4. September 2014 sprechen eher dafür, dass der damalige Prozessbevollmächtigte sich seine Auffassung zur Auslegung des Freistellungsvertrages allein aufgrund der Vertragstexte gebildet hat. (Nur) unter Berücksichtigung der in § 6.4 Satz 1 des Generalvertrages gegenüber der BvS eingegangenen Verpflichtung, die „K+S“ im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung öffentlich-rechtlich freizustellen, ist diese Auslegung des Freistellungsvertrages zumindest vertretbar. Entscheidend ist nach Auffassung des Senats insofern, dass es sich bei dem Vortrag des ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Beklagten in dem Schriftsatz vom 4. September 2014 letztendlich nur um die Äußerung eines an den Vertragsverhandlungen im Jahr 1999 nicht beteiligten Prozessbevollmächtigten aus dem Jahr 2014 handelt.
d. Da die Vertragspartner nicht den gemeinsamen inneren Willen hatten, die … und … GmbH – unabhängig vom letztendlich vereinbarten Vertragstext – im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung öffentlich-rechtlich freizustellen, ist für die Bestimmung des Umfanges der öffentlich-rechtlichen Freistellung eine Auslegung des gemeinsam ausgehandelten und unterzeichneten Vertragstextes gemäß § 62 Satz 2 VwVfG i. V. m. §§ 133, 157 BGB hinsichtlich des dort schriftlich dokumentierten gemeinsamen Willens erforderlich. Nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen sind bei der Willenserforschung insbesondere der mit der Absprache verfolgte Zweck und die Interessenlage der Parteien zu berücksichtigen, ferner die sonstigen Begleitumstände, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. März 2016 – 3 B 23/15 – juris Rn. 6). Dazu gehört u. U. auch die Entstehungsgeschichte einer vertraglichen Vereinbarung, jedenfalls soweit Entwürfe existieren oder Vorbesprechungen geführt worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2002 – IX ZR 199/00 – juris Rn. 12 m. w. N., vgl. allgemein zur Auslegung von Verträgen und zur Anwendung des § 157 BGB insbesondere die Kommentierung von Armbrüster in: Erman, BGB, 16. Auflage 2020, § 157 BGB). Insoweit handelt es sich im Hinblick auf die Sichtung und Aufklärung der für die Bedeutung der Erklärung erheblichen Umstände und auch die Erfassung des Erklärungswortlauts um einen Akt der Tatsachenfeststellung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. März 2013 – 6 B 50/12 – juris Rn. 5).
Gemessen daran ist der Freistellungsvertrag gemäß § 62 Satz 2 VwVfG i. V. m. §§ 133, 157 BGB nach Auffassung des Senats so auszulegen, dass der Beklagte die „K+S“ nach Art. I § 4 Abs. 3 URG im Umfang der in den – fortzuschreibenden – Anlagen 3.1 (und 3.2) dargestellten Maßnahmen öffentlich-rechtlich freigestellt hat. Das ergibt sich im Wesentlichen aus der Entstehungsgeschichte des Freistellungsvertrages bzw. unter Berücksichtigung der Entwicklung der Vertragsentwürfe. Deshalb kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 15. September 2015, S. 8, GA Band IV Blatt 623) auch nicht darauf an, ob auf Grundlage des Art. I § 4 Abs. 3 Satz 1 URG bei Einhaltung der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen eine weitergehende öffentlich-rechtliche Freistellung rechtlich möglich gewesen wäre (aa). Die Darstellung der Maßnahmen in der Anlage 3.1 ist jedoch weder zeitlich noch maßnahme- oder betragsmäßig begrenzt, sondern bis zur Erreichung des Verwahrziels fortzuschreiben (bb.).
aa. Zunächst ist festzuhalten, dass der Freistellungsvertrag hinsichtlich des Umfangs der öffentlich-rechtlichen Freistellung nach dem – in erster Linie maßgeblichen – Wortlaut (vgl. Armbrüster in: Erman, Rn. 5 zu § 157 BGB m. w. N.) nicht eindeutig ist. Weder in § 1.1. Satz 1 noch in § 2.1 wird der Umfang konkret angegeben, sondern erkennbar in Anlehnung an den Text des Art. I § 4 Abs. 3 URG abstrakt formuliert. Eine weitere Konkretisierung über die sich aber zumindest – in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Freistellungsklausel in Art. I § 4 Abs. 3 Satz 1 URG n. F. – ergebende Beschränkung auf vor dem 1. Juli 1990 durch Betriebshandlungen und betriebliche Grundstücksnutzungen verursachte Schäden findet sich an dieser Stelle jedoch nicht, weil die Freistellung „nach Maßgabe dieses Vertrages“ erfolgen soll. Dies führt nach dem Wortlaut des Vertrages jedoch nicht auf einen eindeutigen Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung, weil diese nicht klar von dem weiteren Vertragsgegenstand der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung abgegrenzt wird. So wird in § 2.1 Satz 1 auf die „Freistellung nach § 1.1“ verwiesen, obwohl in § 1.1 nicht nur in Satz 1 die öffentlich-rechtliche Freistellung, sondern in Satz 2 als weiterer Vertragsgegenstand die Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung geregelt ist. Dass sich § 2.1 Satz 1 nur auf § 1.1 Satz 1 bezieht, ist zumindest dem Wortlaut nach nicht eindeutig. Denn diese ansatzweise den Umfang der Freistellung in § 2.1 des Freistellungsvertrages mittels des Begriffs der „erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Schäden“ konkretisierende Bestimmung nimmt nicht nur Art. I § 4 Abs. 3 Satz 1 URG n. F. in Bezug, sondern auch den weiteren Vertragsgegenstand der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung. Ähnlich verhält es sich mit der (in diesem Zusammenhang nur interessierenden) in § 2.2 in Bezug genommenen Anlage 3.1, in der zwischen öffentlich-rechtlicher Freistellung und Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung nicht unterschieden wird.
Eine Differenzierung ist aber nach Auffassung des Senats erforderlich, weil nur mittels und im Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung und nicht mittels der Übernahme der Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung dem Grunde nach unmittelbare Kostenerstattungsansprüche der (Rechtsvorgängerin der) Klägerin gegen den Beklagten begründet werden können. Der Freistellungsvertrag ist nach Auffassung des Senats in entsprechender Anwendung des § 329 BGB hinsichtlich der Übernahme der Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung so auszulegen, dass insoweit kein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten besteht.
Entgegen vorläufiger Zwischenüberlegungen des Senats, die in der mündlichen Verhandlung am 20. August 2020 mit den Beteiligten erörtert wurden und zu denen diese sich im Nachgang auch schriftlich geäußert haben, handelt es sich nicht um eine berechtigende Erfüllungsübernahme, die einem (anspruchsbegründenden) Schuldbeitritt des Beklagten gleichzusetzen wäre. Dafür spräche zwar der Umstand, dass der Freistellungsvertrag nach § 6.2 Satz 4 nur zwischen dem Beklagten und (jetzt) der Klägerin abgewickelt werden soll. § 6.1 Halbsatz 2 des Freistellungsvertrages verdeutlicht aber demgegenüber, dass es sich insoweit um eine Vertragsabwicklung „für die BvS“ handelt, als es um die Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung geht. Entscheidend ist nach Auffassung des Senats, dass der Beklagte und die BvS für den Fall des Scheiterns der Schuldübernahme in § 5.3 Satz 2 des Generalvertrages eine Erfüllungsübernahme vereinbart und in § 5.3 Satz 3 des Generalvertrages entsprechend der Wertung des § 329 BGB ausdrücklich klargestellt haben, dass mit der Erfüllungsübernahme kein eigenes Forderungsrecht der Erwerber gegenüber dem Beklagten verbunden ist. Diese für alle Privatisierungsfälle im Generalvertrag getroffene Vereinbarung ist auch bei der Auslegung des mit der … und … GmbH geschlossenen Freistellungsvertrages heranzuziehen. Dem steht insoweit nicht entgegen, dass die … und … GmbH nicht Vertragspartnerin des Generalvertrages war und auch bis zum Vertragsschluss keine Kenntnis von dessen Vertragstext hatte. Denn für die Vereinbarung der Erfüllungsübernahme ist in erster Linie die Willensbildung des Beklagten und der BvS maßgebend, weil ein solcher Vertrag zwischen Schuldner und Übernehmer geschlossen wird (vgl. Bayer in: Erman, BGB, 16. Auflage 2020, § 329 BGB). Die Mitwirkung bzw. das Einverständnis des Gläubigers ist gerade nicht erforderlich.
Im Übrigen erhielt die … und … GmbH, wie unter C.II.1. ausgeführt, bereits auf der ersten Besprechung zur Vorbereitung der Vertragsverhandlungen am 31. März 1999 Kenntnis davon, dass im Generalvertrag eine Schuldübernahme der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung vereinbart war. Daran knüpft der mit Schreiben vom 12. Mai 1999 durch das TMLNU der … und … GmbH übermittelte Entwurf 01a an. Denn dieser sieht in § 7.1 Satz 1 eine Zustimmung der … und … GmbH zur Schuldübernahme der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung vor und stellt in § 7.1 Satz 2 klar, dass der Beklagte anstelle der BvS Schuldner der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung werden soll. Da die … und … GmbH diese im Entwurf 01a vorgesehene Zustimmung zur Schuldübernahme mit Schreiben vom 1. Juni 1999 verweigerte, bestand aus Sicht der BvS und auch des Beklagten – nicht jedoch der K+S – Veranlassung, die in dem Generalvertrag für diesen Fall vereinbarte Erfüllungsübernahme im Freistellungsvertrag umzusetzen. Dies geschah erstmals im Entwurf 02, den der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … mit Schreiben vom 23. Juni 1999 (Nr. 19 und 20 der „Chronologie“) zunächst dem Beklagten und der BvS (im Änderungsmodus) und dann der … und … GmbH mit Schreiben vom 25. Juni 1999 (mit Kennzeichnung der Änderungen und Ergänzungen durch Unterstreichungen bzw. Auslassungszeichen) übermittelte. Es gibt weder in den – die Vertragsverhandlungen dokumentierenden – Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … noch in den vom Beklagten und der Beigeladenen zur Verfügung gestellten Unterlagen einen Anhaltspunkt dafür, dass diese beiden Vertragspartner während der Verhandlungen zum Freistellungsvertrag jemals einzeln oder gemeinsam den Willen bekundet hätten, in Abweichung von § 5.3 Satz 3 des Generalvertrages eine berechtigende Erfüllungsübernahme vereinbaren zu wollen. Insoweit weist der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 30. Oktober 2020 (S. 26 = Blatt 4074 in GA Band XVIII) zutreffend darauf hin, dass dies auch von keinem der Beteiligten in diesem Verfahren nachträglich behauptet worden ist, bevor der Senat diese Auslegungsmöglichkeit in das Verfahren einführte. Das war der Überlegung geschuldet, dass diese Möglichkeit der Auslegung des – aus den bereits genannten Gründen dem Wortlaut nach – nicht eindeutigen Vertrages sowohl dem Willen der BvS, ihre Aufgaben dauerhaft zu reduzieren, als auch dem Willen des Freistaates, die Altlastenfälle eigenverantwortlich und ohne Abstimmung mit der BvS (nach dem komplizierten Verfahren des VA-Altlastenfinanzierung) abwickeln zu können, hätte Rechnung tragen können. Letztendlich hat sich mit dem hier zu entscheidenden Verfahren die Befürchtung der BvS realisiert, dass im Hinblick auf die vereinbarte Erfüllungsübernahme erneut eine Inanspruchnahme durch die Klägerin aus der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung im Bereich des Möglichen sein bzw. möglich bleiben könnte. Diese Befürchtung wurde bereits in dem internen Schreiben des „Direktorats VM 5“ der BvS vom 7. September 1998 (BA 59) an ein Vorstandsmitglied der BvS geäußert. Es wurde ausgeführt, dass die Konstruktion der Erfüllungsübernahme `Konfliktpotential´ enthalte. Die „K+S“ werde sich aufgrund der gewählten Konstruktion der Erfüllungsübernahme im Verhältnis BvS/Freistaat an ihren Vertragspartner BvS halten müssen, da sie gegenüber dem Freistaat keinen Anspruch habe. Der Umfang, in dem seitens der BvS Personalressourcen vorgehalten werden, werde davon abhängen, wie weitgehend Thüringen Forderungen von K+S erfülle. Letztendlich bestätigt jedoch auch dieses Schreiben vom 7. September 1998, dass kein Raum für eine Auslegung des § 6.2 Satz 3 des Freistellungsvertrages als berechtigende Erfüllungsübernahme besteht.
Auf Grundlage der Entwicklung der Entwürfe zum Freistellungsvertrag, des in den Begleitschreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … dokumentierten Verlaufs der Vertragsverhandlungen und unter Würdigung der Aussagen der Zeugen Herr I …, Herr S …, Frau A …, Herr B …, Herr Dr. P …, Herr Rechtsanwalt Dr. S … und Frau Dr. S … … lässt sich aber feststellen, dass die … und … GmbH im Umfang der Anlagen 3.1 (und 3.2) öffentlich-rechtlich freigestellt worden ist.
Der Zeuge Herr S … äußerte sich bei seiner Einvernahme zwar dahingehend, dass seiner Auffassung nach im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung freigestellt werden sollte; der Senat misst dieser erkennbar an Ziff. I.1. des Beweisbeschlusses orientierten Bekundung jedoch keine ausschlaggebende Bedeutung bei. Denn der dieser Äußerung vorangehenden Aussage des Zeugen Herrn S … ist zu entnehmen, dass es ihm im Hinblick auf das seinerzeit verfolgte wirtschaftliche Interesse, eine Begrenzung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen zu verhindern und die BvS als Schuldner zu erhalten, auf eine Differenzierung zwischen der öffentlich-rechtlichen Freistellung und der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung und die Bestimmung des Umfanges der öffentlich-rechtlichen Freistellung gar nicht ankam. So betonte er, dass es eine „All-in-one-Lösung“ habe geben sollen. Es habe nicht gequotelt werden sollen, was auf das URG und was auf die „privatrechtliche Freistellung“ entfällt. Dass die Anträge der K+S und die öffentlich-rechtliche Freistellung seiner Auffassung nach von der „privatrechtlichen Freistellung“ überwölbt gewesen seien, verdeutlicht das interessenorientierte Verständnis des Zeugen, dem es in erster Linie darauf ankam, für die … und … GmbH den Umfang der „privatrechtlichen Freistellung“ und der sich daraus ergebenden Kostenerstattungsansprüche zu erhalten. Ob und in welchem Umfang derartige Kostenerstattungsansprüche vorrangig auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt (und ggfs. auch gegen einen anderen Schuldner gerichtet) werden könnten, war wegen der auch vereinbarten Erfüllungsabrede aus wirtschaftlicher Sicht für die … und … GmbH unerheblich. Schon im Vorfeld des Vertragsschlusses war es unstreitig bzw. selbstverständlich, dass etwaige Kostenerstattungsansprüche der „K+S“ nur einmal erfüllt werden müssen.
Nicht weiterführend waren zu dieser Thematik die Aussagen des Zeugen Herrn Dr. P … – …, da dieser keine konkreten Erinnerungen an die Verhandlungen zum Freistellungsvertrag hatte. Dieser konnte sich im Wesentlichen an die im Zusammenhang mit der Privatisierung der MdK AG stehenden Ereignisse und die Verhandlungen zum Generalvertrag erinnern. Er hat auch selbst bekundet, in die Verhandlungen zum Freistellungsvertrag nur noch wenig bzw. mittelbar eingebunden gewesen zu sein, weil er bereits mit den Verhandlungen zum Generalvertrag in Sachsen-Anhalt befasst gewesen sei. Dass der Zeuge Herr Dr. P … selbst keine konkreten Erinnerungen an die Verhandlungen zum Freistellungsvertrag und dessen Regelungskonzept hatte, verdeutlicht auch der Umstand, dass er sich nur noch an das Kernanliegen der BvS, nicht in einen „Gap“ hineinzulaufen, erinnern konnte. Dies beinhaltet aber keine Bekundungen, die Grundlage einer Tatsachenfeststellung zu den Vertragsverhandlungen und damit bei der Auslegung des Freistellungsvertrages zu berücksichtigen sein könnten.
Soweit der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … bekundete, dass die öffentlich-rechtliche Freistellung seinem Verständnis nach die Freistellung von der Verantwortung für alle vor dem 1. Juli 1990 verursachten Schäden eröffnen solle, ist schon nicht klar, ob er damit Bezug auf § 1.1 Satz 1 des Freistellungsvertrages oder nur unmittelbar auf Art. 1 § 4 Abs. 3 Satz 1 URG genommen hat. Ein Bezug zur Willensbildung der an den Vertragsverhandlungen beteiligten Parteien ist anhand dieser abstrakt gehaltenen Aussage nicht herstellbar. Im Übrigen erschöpften sich seine glaubwürdigen Ausführungen darin, den ihm von der BvS erteilten Auftrag und das von der BvS verfolgte Interesse anschaulich darzustellen.
Die Zeugen Herr I …, Herr B … und Frau Dr. S … … bekundeten übereinstimmend, dass seinerzeit ihrer Auffassung nach eine öffentlich-rechtliche Freistellung im Umfang der Anlagen 3.1 und 3.2 vereinbart worden sei. Diese Bekundungen reichen aber nach Auffassung des Senats für die Überzeugungsbildung nicht aus, da diese Auslegungsvariante durch Nr. I. 2. des Beweisbeschlusses vom 18. Dezember 2020 (und auch des hinsichtlich der Beweisthemen inhaltsgleichen Beweisbeschlusses vom 20. Oktober 2021 betreffend die Zeugin Dr. S … … ) als eine von mehreren in gewisser Weise vorformuliert war. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung mehrfach darauf hingewiesen, dass den umfangreichen, auf eine (gemeinsame) innere Willensbildung zu bestimmten Zeitpunkten bzw. Besprechungen ausgerichteten Beweisanträgen der Klägerin und der Beigeladenen mittels dieser Beweisbeschlüsse stattgegeben werden sollte. Der Senat wollte mit diesen Beweisbeschlüssen insoweit von Amts wegen über die Beweisanträge hinausgehen, als diese zwar bestimmte Ereignisse, also Tatsachen, zum Gegenstand hatten, diese sich aber im Verhältnis zu der eigentlich maßgeblichen Tatsache – der inneren (gemeinsamen) Willensbildung bei Vertragsschluss – als Hilfstatsachen darstellen. Aus diesem Grund wurden die auf die Ermittlung des inneren Willens der Vertragsparteien zielenden Beweisbeschlüsse an möglichen Auslegungsvarianten ausgerichtet, obwohl dies die Gefahr barg, dass die Zeuginnen und Zeugen sich nicht zur inneren Willensbildung der Vertragsparteien bei den Vertragsverhandlungen äußerten, sondern lediglich eine (möglicherweise auch aktuelle) Rechtsauffassung bekundeten. Dieser Umstand ist bei der Würdigung der Aussagen zu berücksichtigen und macht es in besonderem Maße erforderlich, die Bekundungen der Zeugen in Beziehung zu der Entwicklung der Vertragsentwürfe und dem Verlauf der Vertragsverhandlungen zu setzen, wie er im Wesentlichen in den Begleitschreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … (und nicht darüber hinausgehend in den vom Beklagten vorgelegten Akten, aber auch nicht in den von den beiden anderen Beteiligten vorgelegten Unterlagen) dokumentiert ist.
Zusammenfassend ist hinsichtlich der Entwicklung der Vertragsentwürfe zunächst festzuhalten, dass sie zum Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung und auch zu ihrem Verhältnis zur privatisierungsvertraglichen Verpflichtung zu Beginn der Vertragsverhandlungen dem Wortlaut nach ein klares Regelungskonzept enthielten. Erst im Zuge der Vertragsverhandlungen wurden die Regelungen aufgrund der in diese eingebrachten widerstreitenden Interessen der drei Vertragspartner zunehmend unbestimmter.
(1) So sah der dem Beklagten übersandte und vorher (nach Bekundung des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … ) mit der BvS abgestimmte Entwurf 00a hinsichtlich des Umfanges der öffentlich-rechtlichen Freistellung in § 2.1 eine betragsmäßige Freistellungsobergrenze bzw. „Deckelung“ vor, die sich erkennbar an den im Generalvertrag in Ansatz gebrachten Beträgen orientierte (vgl. dazu die Berechnung in dem Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 22. April 1999, Nr. 5 der „Chronologie“). Diese Freistellung in § 2.1. sollte sich nach § 4.1 auf die zur Abwehr von Schäden i. S. v. Art. 1 § 4 Abs. 3 URG n. F. erforderlich werdenden Maßnahmen beziehen, die gemäß § 4.2 in zwei Anlagen (jeweils eine für den untertägigen und eine für den übertägigen Bereich) mit Fortschreibungsmöglichkeit konkretisiert werden sollten. In § 5.1 des Entwurfs 00a war festgehalten, dass die Vertragsparteien übereinstimmend davon ausgehen sollten, dass dieser „Kostenumfang die nach heutigem Kenntnisstand zu erwartenden Gesamtkosten“ darstellte. Diese wurde flankiert in § 5.2 durch eine Öffnungsklausel zu Gunsten der „K+S“.
In § 9.2. des Entwurfs 00a wurde versucht, die privatisierungsvertragliche Verpflichtung durch den öffentlich-rechtlichen Freistellungsvertrag mittels folgender Formulierung zu ersetzen (so auch ausdrücklich die Anmerkung von Herrn Rechtsanwalt Dr. S … in der Fußnote 4):
„Die Vertragsparteien sind sich darin einig, dass die vorgenannte privatisierungsvertragliche Verpflichtung nunmehr durch diesen Freistellungsvertrag ausgestaltet und konkretisiert wird; die Rechte und Pflichten des Freistaates und der K+S aus der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung werden damit abschließend durch diesen Vertrag festgelegt:“
Mit diesem vom Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … mit dem Entwurf 00a vorgeschlagenen Regelungskonzept wären der Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung und der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung deckungsgleich geworden und zugleich im Grundsatz betragsmäßig auf die in dem Generalvertrag angesetzten Beträge – allerdings mit Öffnungsklausel und Fortschreibungsmöglichkeit – begrenzt worden. Auch wäre dem durch die BvS dem Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … erteilten Auftrag, aus der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, Rechnung getragen worden.
(2) Der mit Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 30. April 1999 unter Bezugnahme auf die Besprechung am 28. April 1999 dem Beklagten und der BvS übermittelte Entwurf 01 sah anstatt einer Freistellungsobergrenze (mit Öffnungsklausel) in § 2.1 i. V. m. § 3.1 Satz 1 eine Freistellung von der Kostenlast für solche Kosten vor, die durch Maßnahmen zur Abwehr von Schäden i. S. v. Art. I § 4 Abs. 3 URG erforderlich werden. Beibehalten wurde jedoch das Konzept, die erforderlichen Maßnahmen durch zwei Anlagen (jeweils eine für den untertägigen und eine für den übertägigen Bereich) mit Fortschreibungsmöglichkeit zu konkretisieren. Dazu bekundete der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S …, dass darauf abgezielt worden sei, über den Begriff der Erforderlichkeit einen „Haltepunkt“ bzw. eine Begrenzung des Freistellungsumfanges zu erhalten. Dieser Entwurf erhielt hinsichtlich des Freistellungsumfanges mit der Streichung der betragsmäßig bezifferten Freistellungsobergrenze eine erste Unschärfe, da diese sich nicht mehr aus dem eigentlichen Vertragstext ergab, sondern nur noch mittels der die erforderlichen Maßnahmen unter und über Tage konkretisierenden beiden Anlagen bestimmbar wurde.
Der Senat ist der Überzeugung, dass die Streichung der Freistellungsobergrenze bzw. „Deckelung“ auf Initiative und damit auch im Interesse der Vertreter des Beklagten erfolgte, obwohl dies nicht offenkundig auf der Hand liegt. Dafür spricht insbesondere der Umstand, dass der Entwurf 00a nach Angaben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … mit der BvS abgestimmt worden war, bevor er dem Beklagten übermittelt wurde. Diese hätte also vor Übersendung des Entwurfs 00a an den Beklagten Gelegenheit gehabt, eine von ihr unerwünschte „Deckelung“ streichen zu lassen. Ergänzend kommt hinzu, dass sich in dem Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … seine eigene Bekundung bestätigt, dass er dem Entwurf 00a den mutmaßlichen Wunsch des Beklagten nach einer „Deckelung“ zugrunde legte, dieser also nicht vorher vom Beklagten geäußert worden war.
Dafür dass der Beklagte ein Interesse an der Streichung der Freistellungsobergrenze gehabt haben könnte, sprechen auch die handschriftlichen Anmerkungen des damaligen Staatssekretärs des TMLNU, des Zeugen Herrn I … . Dieser brachte in roter Schrift an der entsprechenden Passage des Schreibens vom 22. April 1999 folgende Stichworte an:
„deckt sich das mit unseren Vorstellungen?
800
– ist
– 80
520 – 530 ?
· Prüfungsvorbehalte?
· Wie werden diese wahrgenommen?“
Unter Berücksichtigung der später im Mai 1999 intern vereinbarten Freistellungsstrategie, den Umfang der Freistellung mittels Darstellung der (Sanierungs-)Maßnahmen zu begrenzen, geht der Senat – trotz Fehlens vorbereitender und/oder nachbereitender Vermerke zu dem Gespräch am 28. April 1999 in den vom Beklagten vorgelegten Akten – davon aus, dass mittels Streichung der „Deckelung“ das Ziel verfolgt wurde, sich in diesem frühen Stadium der Verhandlungen die Möglichkeit offen zu halten, mit der Ausgestaltung der beiden Anlagen für den über- und untertägigen Bereich den im Generalvertrag in Ansatz gebrachten Betrag von 800 Mio. DM zu unterschreiten, Forderungen der … und … GmbH nach Ausschöpfung dieses Betrages abzuwenden und darüber hinaus auch die interne Vorgabe des TFM einzuhalten. Da die Vereinbarung einer „Deckelung“ „als Absicherung gegenüber K+S“ (so die handschriftliche Anmerkung des Zeugen B … auf der in BA 40 befindlichen Kopie des Schreibens vom 22. April 1999) ebenso geeignet gewesen wäre, dem auf Begrenzung des Umfangs der Freistellung gerichteten Interesse Rechnung zu tragen, ist die Forderung nach einer Streichung der „Deckelung“ durch die Vertreter des Beklagten nur in dieser Weise plausibel.
Für diese Einschätzung spricht auch der Umstand, dass der damalige Staatssekretär des TMLNU, der Zeuge Herr I …, zu einem späteren Zeitpunkt versuchte, die Vertreter des Finanzministeriums im Vorfeld des Vertragsabschlusses davon zu überzeugen, dass die Obergrenze von 800 Mio. DM unterschritten werde, indem er den Zeugen Herrn Dr. B … … veranlasste, den in seinem Vermerk vom 7. September 1999 ermittelten Betrag von 717 Mio. DM zu erläutern (vgl. Vermerk vom 27. September 1999 über die Besprechung im TFM am 24. September 1999 in BA 37 = Nr. 46 der „Chronologie“). Dies war erkennbar von dem Bestreben geprägt, die Prognose zu rechtfertigen, dass die Grenze von 800 Mio. DM mit dem prognostizierten Betrag von 717 Mio. DM sogar unterschritten werde.
Dieses Regelungskonzept, den Umfang der Freistellung nicht betragsmäßig auszuweisen, wie dies beispielsweise in dem im Auftrag des TMLNU durch das SUA Suhl erarbeiteten Entwurf eines Freistellungsbescheides geschehen ist (vgl. BA 86 hinten), sondern die „zur Abwehr von Schäden erforderlichen Maßnahmen“ mittels Darstellung in den beiden Anlagen, die letztendlich die Nummern 3.1 und 3.2 erhielten, auszuweisen, wurde im Grundsatz durchgehend in den Entwürfen beibehalten und liegt deshalb auch dem letztendlich vereinbarten Vertragstext zugrunde. Dies ist anhand der weiteren Entwicklung der Vertragsentwürfe nach Übersendung des zwischen dem Beklagten und der BvS abgestimmten Entwurfs 01 durch den Beklagten an die … und … GmbH mit Schreiben vom 12. Mai 1999 (Nr. 10 der „Chronologie“) nachvollziehbar.
(3) Dem steht nicht entgegen, dass die nachfolgenden Entwürfe zu weiteren Unbestimmtheiten des Vertragstextes führende Veränderungen erfuhren, die im Wesentlichen veranlasst waren durch die nachfolgende Weigerung der … und … GmbH, der – nunmehr in § 7.1 des Entwurfs 01 vorgesehenen – Schuldübernahme zuzustimmen (vgl. Schreiben der … und … GmbH vom 1. Juni 1999 = Nr. 12 der „Chronologie“), damit die BvS aus der Schuldnerstellung zu entlassen und eine Begrenzung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung zu akzeptieren (vgl. § 7.2 des Entwurfs 01 = § 9.2 des Entwurfs 00a). So forderte die … und … GmbH auf der Besprechung am 10. Juni 1999, an der auch die Zeugen Herr I …, Frau A … und Herr Dr. P … teilnahmen, eine Streichung des § 7 des Entwurfs 01 und ließ sich nicht davon überzeugen, dass öffentlich-rechtliche Freistellung und privatisierungsvertragliche Verpflichtung deckungsgleich seien und letztere deshalb nur noch „virtuell“ sei. Der Zeuge Herr S … begründete dies ausweislich des – nur an die BvS gerichteten – Schreibens des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 15. Juni 1999 seinerzeit damit, dass er nicht die Verantwortung tragen wolle, nach „Lücken“ zwischen der öffentlich-rechtlichen und der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung zu suchen. Letztendlich signalisierte der Zeuge Herr Dr. P … bereits in diesem Gespräch die Bereitschaft, auf den Schuldnerwechsel zu verzichten, „sofern die Subsidiarität der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung klar bleibe“.
Im Nachgang zum Gespräch vom 10. Juni 1999 und zur Vorbereitung der „Juristenrunde“ am 18. Juni 1999 übersandte die … und … GmbH in Form einer Synopse einen Alternativentwurf, in dem jeglicher Bezug zur privatisierungsvertraglichen Verpflichtung gestrichen war. Dieser Vorschlag war diametral zu dem von der BvS – schon mit dem Abschluss des Generalvertrages – verfolgten Interesse, die privatisierungsvertragliche Verpflichtung vollständig auf den Beklagten zu übertragen. In dieser „Juristenrunde“ versuchten die Vertreter des Beklagten und der BvS, die Vertreter der … und … GmbH davon zu überzeugen, dass auch die privatisierungsvertragliche Verpflichtung Gegenstand des Freistellungsvertrages sein müsse. Ansonsten „müsse sich Thüringen überlegen, anstelle des Vertrages nur eng begrenzte Freistellungsbescheide zu erlassen oder ganz auf die Freistellung nach URG zu verzichten“. Die Einbeziehung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung in den Freistellungsvertrag sei Voraussetzung, um überhaupt Sonderregelungen zu rechtfertigen. An dieser Stelle signalisierte der Zeuge Herr S … seinerzeit Gesprächsbereitschaft, betonte aber nochmals, dass eine Verkürzung oder Einschränkung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung über den öffentlich-rechtlichen Freistellungsvertrag nicht akzeptabel sei. Damit ergab sich die Notwendigkeit, eine Regelung über die Subsidiarität der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung in den Vertrag aufzunehmen und klarzustellen, in welchem Verhältnis die beiden Regelungsregimes zukünftig zueinander stehen sollten (so ausdrücklich auch der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … auf Seite 2 im zweiten Absatz des Schreibens vom 23. Juni 1999, Nr. 19 der „Chronologie“). Dies führte dazu, dass sich die Interessenlage der BvS in einer Weise veränderte, dass die jeweils von ihr und dem Freistaat verfolgten Interessen nicht mehr gemeinsam, wie das noch mit dem Entwurf 01 möglich gewesen wäre, erreichbar waren.
Die nunmehr erforderlich werdende formelle Aufrechterhaltung der Stellung der BvS als Schuldnerin der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung machte es aus der Perspektive der BvS erforderlich, die eigentlich betragsmäßig unbegrenzte privatisierungsvertragliche Verpflichtung weitestgehend bzw. vollständig in der öffentlich-rechtlichen Freistellung aufgehen zu lassen und so die subsidiäre privatisierungsvertragliche Haftung nur formell bzw. nur dem Wortlaut nach als theoretisch gedachte Möglichkeit mit zu regeln. Aus diesem Grund fügte der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … seinem Schreiben vom 23. Juni 1999 als Anlage 1 einen eigenen Entwurf zu § 7 des Freistellungsvertrages bei, indem zunächst sogar noch der dem Interesse des Beklagten dienende Ansatz enthalten war, die privatisierungsvertragliche Verpflichtung durch den Freistellungsvertrag auszugestalten und zu konkretisieren. Dem Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 23. Juni 1999 ist dazu (unter 10. auf Seite 3) zu entnehmen, dass dieser Vorschlag von dem Zeugen Herrn S … für die … und … GmbH abgelehnt wurde. Letzterer übermittelte mehrere Formulierungsvorschläge, die der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … dem Schreiben vom 23. Juni 1999 als (vertrauliche) Anlage 2 beifügte und in etwas modifizierter Form in den ebenfalls (im Änderungsmodus) als Anlage beigefügten Entwurf 02 als § 7 mit folgendem Wortlaut einarbeitete:
„ 7.1 K+S nimmt zur Kenntnis, dass der Freistaat im Innenverhältnis gegenüber der BvS deren privatisierungsvertragliche Verpflichtung für Kosten bei Maßnahmen der Schadenabwehr gemäß Art. 16 und 17.4 des Rahmenvertrages vom 30. Mai 1993 und der ´Vereinbarung Merkers` vom 15. Dezember 1994 (vgl. Anlage 1) für das Gebiet des Freistaates im Wege der Schuldübernahme übernommen hat; der Freistaat wird daher dem ab 1. Juli 1999 insoweit für die BvS die weitere Vertragsabwicklung durchführen.
7.2 K+S stimmt einem förmlichen Schuldnerwechsel von der BvS zum Freistaat nicht zu. Die BvS verbleibt daher Vertragspartner von K+S für die vorgenannte privatisierungsvertragliche Verpflichtung. Die Vertragsparteien sind sich jedoch einig, dass nunmehr dieser Freistellungsvertrag auch der Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung dient und daher Leistungen aufgrund dieses Freistellungsvertrages auch eine Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung der BvS darstellen. Im Interesse einer einheitlichen und effizienten Handhabung soll daher die weitere Schadensabwehr und deren Kostenerstattung grundsätzlich über diesen Vertrag mit dem Freistaat abgewickelt werden. Die privatisierungsvertragliche Verpflichtung ist demgegenüber subsidiär.“
§ 7.1 und § 7.2 des Entwurfs 02 wurden letztendlich wortgleich als § 6.1 und § 6.2 in den Freistellungsvertrag übernommen. Damit wurde in § 6.2 Satz 3 des Freistellungsvertrages jedoch keine Deckungsgleichheit von öffentlich-rechtlicher Freistellung und privatisierungsvertraglicher Verpflichtung vereinbart, sondern eine Erfüllungsabrede im Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung. Schlussfolgerungen über den Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung lassen sich aus dieser Erfüllungsabrede bei isolierter Betrachtung jedoch nicht ziehen.
Entgegen der Auffassung der Beigeladenen lassen auch die Regelungen des Freistellungsvertrages, in denen eine öffentlich-rechtliche Freistellung für bestimmte Maßnahmen ganz oder teilweise abgelehnt wurde, nicht den Rückschluss zu, dass dem Vertrag im Übrigen die Annahme der Deckungsgleichheit zugrunde liegt. Anhand der Begründung dieser – im Einzelnen noch dazustellenden – Regelungen ist nachvollziehbar, dass die Sanierungsmaßnahmen, die nach dem Entwurf 02 von der öffentlich-rechtlichen Freistellung ausgenommen wurden, auch keine Zahlungsansprüche der … und … GmbH gegen die THA/BvS begründet hätten, die ihren Anknüpfungspunkt in der Übernahme der Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung gefunden hätten. Es handelt sich insoweit um einzelfallbezogene Regelungen, die – ohne die Erfüllungsübernahme – auch eine Inanspruchnahme der BvS ausgeschlossen hätten. Aussagen zum Verhältnis von öffentlich-rechtlicher Freistellung und privatisierungsvertraglicher Verpflichtung ergeben sich aus diesen Regelungen demzufolge nicht. Da diese schon im Entwurf 02 vorhandenen Regelungen sinngemäß oder teilweise auch wörtlich an anderer Stelle im Freistellungsvertrag enthalten sind, sind diese auch für die Auslegung des Freistellungsvertrages relevant:
So wurden nach § 3.4 des Entwurfs 02 Maßnahmen für den Versatz der Schächte (vertikaler Versatz), welche bei normaler Stilllegung und Aufgabe der Gruben ohne Durchführung der Altlastensanierung angefallen wären, mit der Begründung von der öffentlich-rechtlichen Freistellung ausgenommen, dass bei der … und … GmbH dafür eine Rückstellung vorgesehen sei. Dies schloss auch eine Inanspruchnahme nach der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung aus (vgl. Art. 16.4 Satz 1 des Rahmenvertrages vom 13. Mai 1993). Bezogen auf diesen vertikalen Versatz war in § 3.4 Satz 2 des Entwurfs 02 sogar ausdrücklich ein Kostenerstattungsanspruch „sowohl nach der Freistellung wie auch nach privatisierungsvertraglichen Verpflichtung“ ausgeschlossen worden. Diese einen Kostenerstattungsanspruch ausschließende Regelung findet sich sinngemäß auch in § 2.3 Sätze 2 und 3 des Freistellungsvertrages, ohne dass an dieser Stelle noch so deutlich zwischen öffentlich-rechtlicher Freistellung und privatisierungsvertraglicher Verpflichtung differenziert worden wäre.
Ebenso sollte und soll bezogen auf die privatisierungsvertragliche Verpflichtung des Art. 17.4 des Rahmenvertrages (betreffend Maßnahmen zur Reduzierung der Weser/ … -Ver … ung) ein an den Freistellungsvertrag anknüpfender Kostenerstattungsanspruch der … und … GmbH bereits (sinngemäß) nach § 3.6 des Entwurfs 02 bzw. (ausdrücklich) nach § 1.2 Satz 3 des Freistellungsvertrages nicht bestehen. Denn eine Kostenerstattung für diese Maßnahmen wurde bereits vom Anwendungsbereich des Freistellungsvertrages ausgeschlossen.
Einen Sonderfall bildet die schon in § 4.1 des Entwurfs 02 (jetzt wortgleich in § 3.1 des Freistellungsvertrages) vorgesehene Ablehnung der öffentlich-rechtlichen Freistellung von der privatrechtlichen Verantwortung für Bergschäden. Dies wurde in vergleichbarer Weise wie für den vertikalen Versatz sinngemäß damit begründet, dass von der … und … GmbH eine Rückstellung gebildet worden sei und dass diese für ausreichend gehalten werde. Also wäre im Umfang der Rückstellung auch ein Anspruch der … und … GmbH gegen die THA/BvS nach Maßgabe des Art. 16.4 Satz 1 des Rahmenvertrages ausgeschlossen. Für den Fall, dass die Bergschäden „wider Erwarten“ die Rückstellung überschreiten sollten, war – anders als für den vertikalen Versatz, s. o. – in § 4.2 Satz 2 des Entwurfs noch eine – insoweit klare – Vereinbarung über eine Anpassung des Vertrages und ggf. eine Freistellung der … und … GmbH vorgesehen. Die sich dazu letztendlich im Freistellungsvertrag in § 3.2 findende Regelung ist ihrem Wortlaut nach jedoch unklar und vage gehalten, indem dort formuliert ist:
„Dem Freistaat ist aufgrund der Übernahme der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung von der BvS bekannt, dass K+S gegebenenfalls einen Anspruch auf Ausgleich von diesbezüglichen Ansprüchen Dritter besitzt, soweit der vorstehend genannte Rückstellungsbetrag überschritten werden sollte.“
Bei dieser Formulierung handelt es sich letztendlich um einen Kompromiss. Der Beklagte hatte seinerzeit eine Freistellung von der privatrechtlichen Haftung in Gänze abgelehnt und deshalb bezogen auf die Formulierung in § 4.2. Satz 2 des Entwurfs 02 (Anpassungspflicht bei Überschreitung der Rücklage) einen Prüfvorbehalt angemeldet (vgl. z. B. Fußnote 5 in Entwurf 03 und Entwurf 04, die in Entwurf 04a gestrichen wurde). Demgegenüber hatte die … und … GmbH zumindest für Kosten oberhalb des Rückstellungsbetrages eine Freistellung gefordert (vgl. § 4.1 des synoptischen Entwurfs der … und … GmbH = Nr. 17 der „Chronologie“, Ziff. 12 des Schreibens des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 26. Juli 1999, Nr. 24 der „Chronologie“ und S. 2 des Schreibens der … und … GmbH vom 30. Juni 1999 = Nr. 23 der „Chronologie“). Die o. g. Formulierung des § 3.2 des Freistellungsvertrages ist letztendlich auf ein Schreiben der … und … GmbH vom 1. September 1999 (Nr. 40 der „Chronologie“) zurückzuführen, in der jedoch noch von einem „Anspruch auf Freistellung“ und nicht von einem „Anspruch auf Ausgleich“ die Rede ist, wie er letztendlich Vertragstext wurde. Die Entstehungsgeschichte zu dieser Formulierung in § 3.2 des Freistellungsvertrages bietet allenfalls einen Anhaltspunkt dafür, dass hier eigentlich keine Einigung über die Frage erzielt wurde, ob die Rücklage überschreitende Kosten für privatrechtliche Ansprüche von Dritten wegen Bergschäden öffentlich-rechtlich freizustellen und vom Freistaat auszugleichen sind. Eindeutig ist anhand des Wortlauts dieser Bestimmung allenfalls, dass Einigkeit darüber besteht, dass es Ausgleichsansprüche der K+S bei Überschreiten der Rücklage gibt. Unklar bleibt jedoch anhand dieser Formulierung, gegen wen sich diese richten sollen. Dass der Beklagte Anspruchsgegner sein soll, kann mögliches Auslegungsergebnis sein, ist aber nicht eindeutig. Denn bezogen auf den Freistaat ist nur von einer Kenntnis und nicht von einer Verpflichtung aufgrund der Übernahme (der Erfüllung) der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung die Rede. Letztendlich kann es dahin stehen, ob es sich hier um einen neben der öffentlich-rechtlichen Freistellung stehenden Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus dem Freistellungsvertrag handelt. Dann würde es sich zwar auch um eine Leistung aufgrund dieses Freistellungsvertrages handeln; entscheidend ist jedoch, dass es einer solchen Regelung nicht bedürfte, wenn öffentlich-rechtliche Freistellung und privatisierungsvertragliche Verpflichtung im Umfang deckungsgleich wären.
Ebenso verhält es sich mit der vereinbarten entsprechenden Anwendung des Freistellungsvertrages auf nach dem 1. Juli 1990 entstandene Schäden. In Reaktion auf die Übersendung des Entwurfs 02 schlug die … und … GmbH mit Schreiben vom 30. Juni 1999 (vgl. Nr. 23 der „Chronologie“) u. a. vor, § 7 um folgenden Absatz 3 zu erweitern:
„Die Regelungen dieses Vertrages finden entsprechende Anwendung auf Verunreinigungen und Einwirkungen im Sinne von Art. 16.1 des Rahmenvertrages, die bis zum 21.12.1993 erfolgten.“
Der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … hat diesen Vorschlag zum Anlass genommen, in dem mit Schreiben vom 6. Juli 1999 (Nr. 24 der „Chronologie“) nur an das TMLNU und die BvS übersandten Entwurf 03 (vgl. Nr. 25 der „Chronologie“) folgende Formulierung in § 7.3 aufzunehmen:
„Die Regelungen dieses Vertrages finden bezüglich des Zeitpunktes der Verursachung entsprechende Anwendung auf Verunreinigungen und Einwirkungen, die vom zeitlichen Anwendungsbereich der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung erfasst werden.“
Dazu führte er in dem o. g. Schreiben Folgendes aus:
„In § 7.3 erfolgte neu eine Klarstellung zum zeitlichen Anwendungsbereich des Vertrages, da zwischen der Regelung nach URG (Schäden vor dem 1. Juli 1990) und des Privatisierungsvertrages eine Lücke klafft. Um den von K+S vorgeschlagenen Stichtag (21. Dezember 1993 – Wirksamwerden des Rahmenvertrages) nicht ungeprüft übernehmen zu müssen, ist in § 7.3 eine insoweit neutrale Formulierung gewählt. Meines Erachtens ist für die Zeitbestimmung § 16.4 (a) des Rahmenvertrages einschlägig. Es kommt damit darauf an, wann der Anteilserwerb der K+S am Gemeinschaftsunternehmen gemäß dem Sacheinlagevertrag erfolgt ist. Ich bitte Frau Dr. S … … auf diesem Weg, dies nochmals ihrerseits nachzuprüfen. Nach der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung liegt die Beweislast beim Verkäufer; in der jetzigen Formulierung habe ich mich zumindest bemüht, diese Beweissituation zu ändern. Deutlicher kann es aber wohl nicht geregelt werden, da andernfalls K+S dann auf der Formulierung in § 16.4 beharren wird.“
In der der … und … GmbH mit Schreiben vom 13. Juli 1999 übersandten (zweiten) Fassung des Entwurfs 03 sind in § 7.3. die Worte „bezüglich des Zeitpunktes der Verursachung“ gestrichen. Warum dies geschehen ist, kann anhand der vorhandenen Unterlagen nicht nachvollzogen werden. Auf einer der in den Akten des Beklagten vorhandenen Kopien der ersten Fassung des Entwurfs 03 ist lediglich nachvollziehbar, dass der Staatssekretär des TMLNU, der Zeuge Herr I …, seinerzeit daneben das Wort „warum?“ schrieb (BA 87). Die Zeugin Frau A … brachte auf einer Kopie der zweiten Fassung des Entwurfs 03 die Anmerkung „d. h. bis Vertragsabschluss des Rahmenvertrages am 13. Mai 1993“ an. Dies bietet einen Hinweis, dass der Beklagte insbesondere die Bestimmung des Endes des zeitlichen Anwendungsbereichs des Vertrages als problematisch erachtet haben könnte. Letztendlich handelt es sich bei der Fassung des zweiten Entwurfs des § 7.3, die ihrem Wortlaut nach § 6.3 des Freistellungsvertrages entspricht, um eine Regelung, die nicht aus sich heraus, sondern nur in Zusammenschau mit dem Formulierungsvorschlag in dem Schreiben der … und … GmbH vom 30. Juni 1999, den Ausführungen des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 6. Juli 1999 und mit dem Text des von ihm in Bezug genommenen Art. 16.4 (a) des Rahmenvertrages vom 13. Mai 1993 verständlich ist.
Letzterer hat auszugweise (soweit hier interessierend) folgenden Wortlaut:
„16.4 Ausschluss
Die Freistellung gemäß Art. 16.1 und 16.3 gilt … nicht oder nicht in vollem Umfang, soweit die in Art. 16.1 genannten Umstände nachweislich
(a) erst nach dem Anteilserwerb der K+S am Gemeinschaftsunternehmen gemäß dem in Anlage 8 enthaltenen Sacheinlagevertrag verursacht wurden …“
Dies bestätigt exemplarisch in anschaulicher Weise die Einschätzung des Senats, dass die Entwürfe des Freistellungsvertrages in ihrer Entwicklung zunehmend unbestimmter wurden, weil man sich in Einzelfragen nicht auf einen eindeutigen präzisen Wortlaut einigen konnte.
Da die hier in Rede stehenden Kosten für die Laugenhaltung jedoch eindeutig und unstreitig den Schäden zuzuordnen sind, die vor dem 1. Juli 1990 entstanden und auch in der Anlage 3.1 aufgeführt sind, kann es mangels Erheblichkeit jedoch offen bleiben, was mit dem Begriff der „Verunreinigungen und Einwirkungen“ und mit der Vereinbarung der „entsprechende(n) Anwendung des Freistellungsvertrages“ gemeint ist und welche Ansprüche sich gegen wen daraus ergeben könnten. Entscheidend für die Auslegung des Freistellungsvertrages ist insoweit, dass diese Regelung, die sich nach den o. g. Unterlagen auf nach dem 1. Juli 1990 entstandene Schäden beziehen soll, ebenfalls verdeutlicht, dass öffentlich-rechtliche Freistellung und privatisierungsvertragliche Verpflichtung entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht deckungsgleich sind. Dann wäre eine ausdrückliche Einbeziehung der nach dem 1. Juli 1990 entstandenen Schäden mittels „entsprechender Anwendung“ des Freistellungsvertrages entbehrlich gewesen. Darauf weist im Übrigen auch die Beigeladene selbst zutreffend hin (vgl. Schriftsatz vom 6. August 2020, S. 45 in GA XIII Blatt 2655).
(4) Auch die weiteren in dem Entwurf 03 im Vergleich zum Entwurf 02 vorgenommenen Änderungen haben dazu beigetragen, dass der Freistellungsvertrag hinsichtlich seiner Regelungen zum Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung und zum Verhältnis zur privatisierungsvertraglichen Verpflichtung schwerer verständlich wurde bzw. nur unter Einbeziehung der Entwicklung der Entwürfe und ihrer einzelnen Regelungen überhaupt auslegbar ist.
So wurde auf Bitten der … und … GmbH in dem Schreiben vom 30. Juni 1999 (vgl. Nr. 23 der „Chronologie“) im Entwurf 03 § 3.2 Satz 3 des Entwurfs 02 gestrichen. Diese Regelung stellte in den Entwürfen 01 und 02 noch klar, dass der in den Anlagen benannte Kostenumfang die nach heutigem Kenntnisstand maximal zu erwartenden Gesamtkosten aller sowohl nach der Freistellung wie auch von der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung umfassten Schadensabwehrmaßnahmen darstelle. Diesen Wunsch nach Streichung hatte die … und … GmbH damit begründet, dass man sich nicht in der Lage sehe, verbindliche Kostenschätzungen zu vereinbaren und diese damit zur Geschäftsgrundlage des Vertrages zu machen. Die Streichung erschwerte zwar die rechtliche Einordnung der Anlagen, änderte aber letztendlich nichts an dem grundsätzlichen Konzept, den Umfang der Freistellung über die Anlagen zu konkretisieren. Mit dieser Streichung wurde jedoch nochmals bekräftigt, dass es sich bei der Darstellung und Bewertung der Maßnahmen in den Anlagen nicht um endgültige Feststellungen im Sinne einer maßnahme- und betragsmäßigen Begrenzung der öffentlich-rechtlichen Freistellung handelt, wie dies auch schon den früheren Entwürfen mit der von Anfang an vorgesehenen Möglichkeit der einvernehmlichen Fortschreibung der Anlagen zu Grunde lag.
Des Weiteren wurde in der Besprechung am 8. Juli 1999 vereinbart, die Anlage 2 mit der Auflistung der Anträge zu streichen. Dies wurde ausweislich des Schreibens des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 6. Juli 1999 (Nr. 24 der „Chronologie“) damit begründet, dass darauf verzichtet werden könne, die behördlichen Aktenzeichen den Antragsgegenständen zuzuordnen, da der Vertragsgegenstand im Übrigen unstreitig sei. Tatsächlich spricht viel dafür, dass die Anlage 2 gestrichen wurde, weil man sich über den Inhalt der Anlage 2 nicht einigen konnte. Denn in dem Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … deutet sich auch an, dass die … und … GmbH die Auflistung in dem Entwurf der Anlage 2 nicht für vollständig hielt. Insoweit hält es der Senat nicht für ausgeschlossen, dass die in dem Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 6. Juli 1999 angedeuteten Differenzen zwischen der … und … GmbH und den übrigen Verhandlungspartnern über die Vollständigkeit der Auflistung der Anträge in dem Entwurf der Anlage 2 darauf zurückzuführen sein könnten, dass das – auch im Schreiben des SUA Suhl vom 2. Juni 1999 nicht aufgelistete – Schreiben der … und … GmbH vom 20. November 1995 nicht im Entwurf der Anlage 2 enthalten war. Ebenso ist denkbar, dass streitig war und blieb, ob nur die Anträge vom 12. März 1992 oder ob und wenn ja, welche der nach Ablauf der Antragsfrist durch die … und … GmbH vorgenommenen Präzisierungen und Ergänzungen in die Anlage 2 aufzunehmen seien. Worin die von dem Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … in dem o. g. Schreiben angedeuteten Differenzen letztendlich bestanden, kann jedoch offen bleiben. Denn entscheidend ist letztendlich, dass der Vertrag mit der Streichung der Anlage 2 eine weitere Unschärfe erhielt und dass damit die Vertreter des Beklagten mit ihrer eingangs dargestellten Strategie gescheitert waren, den Umfang der Freistellung mittels Bezugnahme auf die fristgerecht gestellten Anträge (und ggf. auf die bis 1997 vorgenommenen Ergänzungen und Präzisierungen) zu beschränken bzw. zu konkretisieren. Eine Auflistung der maßgeblichen Anträge in der Anlage 2 hätte als Auslegungshilfe für den Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung bzw. des „Vertragsgegenstandes“ dienen können. Aus diesem Grund kommt es für die Auslegung des Vertragsinhaltes entgegen der Auffassung des Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 18. Dezember 2018 ab S. 69 ff.) nicht darauf an, dass der Zeuge Herr B … seinerzeit auf der mit Schreiben vom 1. Juni 1999 durch die … und … GmbH übermittelten Vertragssynopse Anmerkungen anbrachte, die darauf hindeuten, dass zumindest er selbst von einer öffentlich-rechtlichen Freistellung nur im Umfang der (fristgerecht) gestellten Anträge ausging. Denn diese intern gebliebenen Vorüberlegungen des Zeugen Herrn B … haben sich nicht im Vertragstext niedergeschlagen.
In besonderem Maße zu der zunehmenden Unbestimmtheit der Regelungen des Freistellungsvertrages über den Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung und auch zu ihrem Verhältnis zur subsidiären privatisierungsvertraglichen Verpflichtung beigetragen hat die – auch vom Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … in seinem Schreiben vom 6. Juli 1999 selbst als „systematisch nicht ganz korrekt“ bezeichnete – Aufnahme des Hinweises auf die privatisierungsvertragliche Verpflichtung „neben der Freistellungsregelung“ in § 3.1 beigetragen. Diese erläuternden Ausführungen des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … passen nicht zur Systematik der Regelungen der Entwürfe über den Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung und auch nicht zum Wortlaut der Formulierung in § 3.1 des Entwurfs 03. Mittels des Entwurfs 03 wurden in § 3.1 Satz 1 die Worte „bzw. gemäß der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung“ eingefügt, so dass diese Bestimmung nunmehr folgenden Wortlaut haben sollte:
„Die Freistellung nach § 2.1 bezieht sich nur auf solche Kosten, die durch Maßnahmen zur Abwehr von Schäden i. S. v. Art. I § 4 Abs. 3 URG n.F. bzw. gemäß der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung (vgl. Anlage 1) erforderlich werden.“
Entgegen der vom Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … in dem Schreiben vom 6. Juli 1999 geäußerten Auffassung handelt es sich dem Wortlaut nach in § 3.1 Satz 1 des Entwurfs 03 nicht nur um die Aufnahme eine Hinweises, sondern um die Erweiterung des Begriffs der „erforderlichen Maßnahmen“ um die zusätzliche Kategorie der „gemäß der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung“ erforderlichen Maßnahmen. Wie bereits ausgeführt, sollte der Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung in § 2.1 der Entwürfe 01 und auch 02 nach Bekundung des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … mit der Verwendung des Begriffs „erforderlichen Maßnahmen“ (§ 3.1) als „Haltepunkt“ begrenzt werden. Die bisherige Formulierung in den Entwürfen 01 und 02 setzte den Begriff der „erforderlichen Maßnahmen“ jedoch nur in Beziehung zur Abwehr von Schäden i. S. d. Art. 1 § 4 Abs. 3 Satz 1 URG n. F., orientierte sich also erkennbar an dem Wortlaut dieser vorgenannten Bestimmung. Die nunmehr im Entwurf 03 dem Wortlaut nach vorgeschlagene Erweiterung der „erforderlichen Maßnahmen“ in § 3.1 Satz 1 um die Kategorie der „gemäß der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung“ erforderlichen Maßnahmen führt inhaltlich dazu, dass eine Abgrenzung der öffentlich-rechtlichen Freistellung von dem „weiteren Vertragsgegenstand“ der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung erheblich erschwert wurde. Dies war auch durch die Verwendung des Wortkürzels „bzw.“ veranlasst.
Bei isolierter Betrachtung läge dieser Formulierung in § 3.1 Satz 2 des Entwurfs 03 zugrunde, dass die öffentlich-rechtliche Freistellung und die privatisierungsvertragliche Verpflichtung „mengenmäßig“ eine Vereinigungsmenge (mit Schnittmenge) bilden, bei der auch unter Einbeziehung der insoweit nicht differenzierenden Anlagen 3.1 und 3.2 (§ 3.2) der Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung nicht bestimmbar wäre. Dies würde zur Unbestimmtheit und damit nicht nur zur Rechtswidrigkeit, sondern nach Maßgabe des § 59 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG i. V. m. § 37 Abs. 1 VwVfG sogar zur Nichtigkeit führen. Dies setzte voraus, dass ein Verstoß gegen das Gebot hinreichender Bestimmtheit schwer und offensichtlich wäre. Das wäre z. B. der Fall, wenn nicht erkennbar wäre, in welcher Höhe ein Adressat durch einen Bescheid verpflichtet werden soll (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage 2019, § 37 Rn. 17a, Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 37 Rn. 40). Dies wäre zu bejahen, wenn der Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung nicht hinreichend bestimmbar wäre, da der Beklagte im Umfang der Erfüllungsübernahme kein Anspruchsgegner der Klägerin ist.
Bei der Auslegung des Freistellungsvertrages ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Zweifel der Auslegung der Vorzug gebührt, die die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts vermeidet (st. Rspr. des BGH, vgl. Urteil vom 17. März 2011 – I ZR 93/09 – juris m. w. N.). Deshalb ist im vorliegenden Fall nach Auffassung des Senats für die Auslegung des Freistellungsvertrages entscheidend, dass § 3.1 Satz 1 des Entwurfs 03 trotz seines – bei isolierter Betrachtung – unbestimmten Wortlautes unter Berücksichtigung anderer Regelungen des Entwurfs 03 bzw. des Freistellungsvertrages systematisch (als) hinreichend bestimmt (auslegbar) ist. Wie bereits ausgeführt haben die Vertragspartner in § 6.2 Satz 3 des Freistellungsvertrages (= § 7.2 Satz 3 des Entwurfs 02/03) eine Erfüllungsabrede vereinbart. Daraus lässt sich im Rahmen der vertragserhaltenden Auslegung ableiten, dass der Regelung des § 3.1 Satz 1 des Entwurfs 03 über den Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung bei systematischer Auslegung tatsächlich ein anderes Grundverständnis zum Verhältnis von öffentlich-rechtlicher Freistellung zu privatisierungsvertraglicher Verpflichtung zugrunde liegt, als es nur der Wortlaut des § 3.1 nahe legt. Diese Regelung über die Erfüllungsabrede lässt die Schlussfolgerung zu, dass die Vertragsparteien die auf der Rechtsfolgenseite des Art. I § 4 Abs. 3 URG eröffnete öffentlich-rechtliche Freistellungsmöglichkeit im vorliegenden Fall „mengenmäßig“ als – bis zum Umfang der umfassenden privatisierungsvertraglichen Verpflichtung ausdehnbare – Teilmenge der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung und nicht als Vereinigungsmenge (mit Schnittmenge) begriffen haben. Denn nur dieses Verständnis machte es in Zusammenschau mit dem Verweis auf die Anlagen 3.1 und 3.2 an dieser Stelle entbehrlich, die öffentlich-rechtliche Freistellung ihrem Umfang nach von der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung abzugrenzen.
Diesen Zusammenhang berücksichtigte der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … nicht hinreichend, als er zu seinem Verständnis zum Verhältnis von öffentlich-rechtlicher Freistellung und privatisierungsvertraglicher Verpflichtung bekundete, dass letztere „eigentlich weniger“ bzw. im Umfang „etwas geringer“ sei und dies dann mit dem Hinweis auf die Rückstellungen und das Vertragsmanagement begründete. Diese Ausführungen haben den Senat insoweit argumentativ nicht überzeugt, weil auch dem Freistellungsvertrag zugrunde liegt, dass im Umfang der von der „K+S“ gebildeten Rückstellungen keine öffentlich-rechtliche Freistellung erfolgt (s. o.). Ebenso wenig ist nachvollziehbar, warum das Vertragsmanagement im vorliegenden Fall zu einem geringeren Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung führen soll. Soweit die Übernahme des Vertragsmanagements der BvS durch den Beklagten vereinbart war, handelte es sich um eine Abrede zur Abwicklung des Freistellungsvertrages und nicht zum Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung oder der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung.
Die Angaben des Zeugen Herrn Dr. S … in der mündlichen Verhandlung würden jedoch bezogen auf den – hier nicht vorliegenden – üblichen Fall passen, dass die privatisierungsvertragliche Freistellung der üblichen Verwaltungspraxis der THA/BvS entsprechend auf das Notwendigste begrenzt gewesen wäre (vgl. Handbuch Privatisierung der THA Stand 03/92 in BT Drs. 12/8404, S. 779). In einem solchen „üblichen“ Fall waren zwei Konstellationen denkbar. Sofern die öffentlich-rechtliche Freistellung und die privatisierungsvertragliche Verpflichtung eine Schnittmenge und zwei Differenzmengen bildeten, sollten die Privatisierungsverträge (im Umfang der Schnittmenge) eine Anrechnung der aus der öffentlich-rechtlichen Freistellung folgenden Kostenentlastung vorsehen (vgl. Handbuch Privatisierung Stand 03/92 in BT-Drs. 12/8404, S. 778). In der Fallkonstellation, dass die privatisierungsvertragliche Freistellung nur Altlasten bzw. Maßnahmen umfasste, die – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des Art. I § 4 Abs. 3 URG – dem Grunde nach einer öffentlich-rechtlichen Freistellung zugänglich waren, die privatisierungsvertragliche Verpflichtung sich also als Teilmenge der rechtlich möglichen öffentlich-rechtlichen Freistellung darstellte, müsste das Interesse der THA/BvS darauf gerichtet sein, die privatisierungsvertragliche Verpflichtung so weit wie möglich in die öffentlich-rechtliche Freistellung „einfließen“ zu lassen (so ausdrücklich die Formulierung der Zeugin Frau Dr. S … – … …, aber bezogen auf die Position der BvS im vorliegenden Fall), um so im besten Fall eine Deckungsgleichheit bzw. eine vollständige Anrechnung zu erreichen.
Daraus ergibt sich, dass die Deckungsgleichheit von privatisierungsvertraglicher Verpflichtung und öffentlich-rechtlicher Freistellung im üblichen Fall im Umfang „geringer“ war als die öffentlich-rechtliche Freistellung. Der Senat hatte bei der Einvernahme des Zeugen Herrn Dr. S … den Eindruck, dass dieser seinen Bekundungen zunächst diese übliche Konstellation zugrunde legte, dann merkte, dass diese Darstellung des üblichen Verhältnisses von öffentlich-rechtlicher Freistellung und privatisierungsvertraglicher Verpflichtung nicht zum vorliegenden Fall passt und dass er versuchte, seine Bekundung zu plausibilisieren.
Dies bestätigt letztlich nach Auffassung des Senats, dass die öffentlich-rechtliche Freistellung sich im vorliegenden Fall – in Abweichung von den anderen Privatisierungs- und Freistellungsfällen – als eine mengenmäßige Teilmenge der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung darstellt, die nach dem Interesse der BvS bis auf den Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung ausgedehnt werden sollte. Dafür spricht auch die Vereinbarung in Art. 16.7 des Rahmenvertrages, wonach die Treuhandanstalt ihre Absicht bekräftigte, im Zusammenhang mit den ihr obliegenden Verpflichtungen zur Umweltaltlastenfreistellung die ihr in dem Beschluss des Bundes und der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vom 22. Oktober 1992 zustehenden Rechte in vollem Umfang zu wahren und durchzusetzen. In diesem Beschluss, der auch als Anlage 1 zum VA-Altlastenfinanzierung vom 1. Dezember 1992 genommen wurde, war vereinbart worden, dass die Treuhandanstalt und die Länder sich die Kosten bei einer Altlastenfreistellung nach Art. 1 § 4 Abs. 3 URG im Verhältnis 60 zu 40 (bei Normalprojekten) und 75 zu 25 (bei Großprojekten) teilen würden. Diese Bezugnahme dürfte im Hinblick darauf, dass die Erwerber üblicherweise privatisierungsvertraglich nur zur Initiierung bzw. Fortführung des Freistellungsverfahrens in eigener Verantwortung verpflichtet wurden und dass für den Fall des Erfolges eine Anrechnung vereinbart wurde, so auszulegen sein, dass die Treuhandanstalt im vorliegenden Fall in Abweichung von der üblichen Praxis als Gesellschafterin weiterhin Einfluss auf das die „K+S“ betreffende Freistellungsverfahren behalten wollte, um im weitestmöglichen Umfang eine finanzielle Beteiligung des Beklagten an der „ungedeckelten“ privatisierungsvertraglichen Altlastenfreistellung zu sichern. Im vorliegenden Fall beschränkte sich die Treuhandanstalt also nicht darauf, für den Fall des Erfolges des Freistellungsverfahrens eine Anrechnung zu vereinbaren (vgl. Handbuch Privatisierung der THA Stand 03/1993, S. 778). Soweit die Beigeladene Art. 16.7 des Rahmenvertrages in ihrem Schriftsatz vom 28. Juni 2019 (S. 42) so auslegt, dass die Treuhandanstalt sich seinerzeit vorbehalten habe, ihre vertraglichen Gewährleistungspflichten nach Maßgabe des VA-Altlastenfinanzierung an den Beklagten weiterzugeben und dass der Beklagte das Gemeinschaftsunternehmen habe freistellen sollen, berücksichtigt diese Auffassung demgegenüber schon nicht, dass der Beklagte nicht Vertragspartner des Rahmenvertrages war. Schon allein deshalb konnten dem Beklagten hinsichtlich des Freistellungsverfahrens, in das das Gemeinschaftsunternehmen insoweit als Rechtsnachfolgerin (auch) der … … AG eintrat, keine Verpflichtungen auferlegt werden. Allein der Umstand, dass der damalige Ministerpräsident des Beklagten Mitglied im Verwaltungsrat der Treuhandanstalt war und seinerzeit keine Einwände gegen die umfassende Freistellung in Art. 16 des Rahmenvertrages erhob, rechtfertigt jedenfalls nicht die Schlussfolgerung, dass er damit auch gleichzeitig einer – zu einer 25%igen Beteiligung des Beklagten im Innenverhältnis zum Bund führenden – öffentlich-rechtlichen Freistellung auf Grundlage des Umweltrahmengesetzes zustimmte.
Diese mengenmäßige Betrachtung des Verhältnisses von öffentlich-rechtlicher Freistellung und privatisierungsvertraglicher Verpflichtung verdeutlicht auch die Notwendigkeit, die Subsidiarität der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung zu regeln. Wäre die privatisierungsvertragliche Verpflichtung entsprechend der Bekundung des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … (wie in den üblichen Fällen) im Umfang geringer als die öffentlich-rechtliche Freistellung bzw. vollständig in diese „eingeflossen“, hätte es einer solchen Subsidiaritätsklausel nicht bedurft. Dass dies im Hinblick auf die umfassende privatisierungsvertragliche Verpflichtung nicht eindeutig war, verdeutlichen jedoch die heutigen Auslegungsschwierigkeiten und auch die Weigerung des Zeugen Herrn S …, seinerzeit in den Vertragsverhandlungen nach Lücken zu suchen (vgl. Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 15. Juni 1999 zur Besprechung am 10. Juni 1999, Nr. 14 der „Chronologie“).
Dieses Grundverständnis, dass die öffentlich-rechtliche Freistellung sich als – über die Fortschreibung der Anlagen ausdehnbare – Teilmenge der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung darstellt, führt dazu, dass die sich aus dem Wortlaut des § 3.1 Satz 1 des Entwurfs 03 ergebende Unbestimmtheit in Zusammenschau mit der in § 6.2 Satz 3 vereinbarten Erfüllungsabrede im Wege der vertragserhaltenden systematischen Auslegung beseitigen lässt. In dem Umfang, in dem die öffentlich-rechtliche Freistellung als Teilmenge mit der privatisierungsvertraglichen Freistellung deckungsgleich ist, wird mit Leistungen auf Grund der öffentlich-rechtlichen Freistellung auch die privatisierungsvertragliche Verpflichtung erfüllt. Aus diesem Grund handelt es sich auf Grundlage der systematischen Auslegung bei der Einfügung der Worte „bzw. gemäß der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung“ letztendlich nur um einen inhaltlichen Hinweis auf die Tilgungswirkung der Erfüllungsabrede.
Dass auch der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … insoweit von einer Deckungsgleichheit ausging, bestätigen seine erläuternden Ausführungen in dem Schreiben vom 6. Juli 1999. So führt er dort unter 7. aus:
„Im Hinblick auf die so weit als möglich begehrte Zusammenschaltung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen mit der Freistellung in diesem Vertrag macht die Koppelung in § 3.1 jedoch Sinn, denn an dieser Stelle wird entscheidend definiert, welche Kosten unter den Freistellungsvertrag fallen. Die Erwähnung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung an dieser Stelle macht deutlich, dass es dort inhaltlich im Grundsatz um dasselbe geht. Die Koppelung hat den Vorteil für Thüringen, dass sich damit die nachfolgenden Regelungen, insbesondere § 3.2 (Ergebnisse des Technischen Arbeitskreises), wie auch die anschließenden Ausschlussregelungen zum Versatz immer auf beides beziehen: Maßnahmen, die sowohl nach URG wie nach der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung erforderlich sind. …“
Soweit in den Ausführungen an dieser Stelle jedoch der Eindruck erweckt wird, dass es sich bei dieser „Koppelung“ nicht nur um einen Hinweis, sondern um eine neue Regelung handele, mit der entscheidend definiert werde, welche Kosten unter den Freistellungsvertrag fallen, folgt der Senat dieser Einschätzung nicht. Tatsächlich wurde bereits in dem Entwurf 02 definiert, dass in den – fortzuschreibenden – Anlagen [„Ergebnisse des technischen AK“ = Anlagen 3.1 und 3.2 des Freistellungsvertrages] im Sinne des § 3.2 des Entwurfs 02 die im Sinne des § 3.1 erforderlichen Maßnahmen festgehalten und damit der Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung nach § 2.1 des Entwurfs 02 bestimmt wurde. Wegen der in § 6.2 Satz 3 des Entwurfs 02 vorgesehenen Erfüllungswirkung bedurfte es dieser „systematisch nicht ganz korrekten“ Koppelung eigentlich nicht. Auch war es entgegen der Auffassung der Beigeladenen (vgl. Schriftsatz vom 28. Juni 2019, S. 118) nicht erforderlich, den Verweis auf die Anlage 1 an dieser Stelle wegen der Streichung des – auch auf die Anlage 1 verweisenden – § 3.2 Satz 3 aufzunehmen. Denn der Verweis auf die Anlage 1 als Definition der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung war zumindest noch im Entwurf 03 in § 1.2 zur Konkretisierung des Vertragsgegenstandes enthalten. Aus diesem Grund geht der Senat davon aus, dass der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … hier – in Wahrnehmung der Interessen der BvS – den Versuch unternahm, den Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung „soweit als möglich“ durch „Zusammenschaltung“ dem Umfang der privatisierungsvertraglichen anzunähern bzw. gleichzusetzen. Dies hat, wie bereits ausgeführt, zu einer weiteren, die Auslegungsbedürftigkeit steigernden Ungenauigkeit der Regelungen des Entwurfs 03 (im Verhältnis zu Entwurf 02) geführt. Diese lässt sich letztendlich aus den bereits genannten Gründen nur so beseitigen, dass die Änderung der Formulierung in § 3.1 Satz 1 des Entwurfs 03 im Vergleich zu Entwurf 02 nicht zu einer Änderung des Freistellungsumfanges führte, der deshalb weiterhin nach § 3.2 des Entwurfs 03 über die – fortzuschreibenden Anlagen – konkretisiert werden sollte.
(5) Die in dem Entwurf 04 nach Erörterung des Entwurfs 03 am 5. August 1999 vorgenommenen Änderungen, die der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung als „Massaker“ bezeichnet hat, haben letztendlich zu einer noch „schwereren Lesbarkeit des Vertrages“ und nicht nur „ggf.“, wie der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … in seinem Begleitschreiben vom 9. August 1999 formulierte, sondern tatsächlich zu (weiteren) Auslegungsproblemen geführt, die insbesondere im Rahmen dieser hier stattfindenden Auseinandersetzung mit der „K+S“ zu lösen sind (vgl. Nr. 33 und 34 der „Chronologie“).
So wurden weite Teile der Präambel gestrichen, in der ursprünglich die Vorgeschichte und die Hintergründe zum Freistellungsvertrag nachvollziehbar dargestellt wurden. § 2 des Entwurfs 03 wurde vollständig gestrichen. Damit entfielen auch die Ausführungen in § 2.2 des Entwurfs 02, die ansatzweise die nach Art. I § 4 Abs. 3 Satz 2 URG n. F. erforderliche Abwägung dokumentierten. Die Regelung des § 2.1. über die öffentliche Freistellung wurde als § 1.1 in den Entwurf 04 übernommen. Die Hinweise in § 1.1 des Entwurfs 03 zu den fristgerechten Freistellungsanträgen wurden gestrichen. Sie wurden durch einen Hinweis darauf, dass die „Antragsverfahren der K+S auf Freistellung abschließend beschieden“ seien, in den Schlussbestimmungen am Ende des Vertrages in § 7.2 des Entwurfs 04 ersetzt. Der Überschrift nach entfiel die Regelung über den öffentlich-rechtlichen Freistellungsumfang (vorher § 2 des Entwurfs 03). Letztendlich änderte sich jedoch an dem Regelungskonzept, dass eine öffentlich-rechtliche Freistellung im Umfang der – fortzuschreibenden – Anlagen erfolgen sollte, nichts. Deshalb ist es für die Auslegung des Vertragstextes auch unerheblich, dass sich in dem Entwurf in Satz 3 der (nunmehr stark verkürzten) Präambel in dem Entwurf 04 des Freistellungsvertrages die Formulierung
„…Freistellung der K+S im Umfang der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung…“
findet. Deren Verweis auf den Umfang der Freistellung wurde ohnehin im Entwurf 05 wieder gestrichen und durch den Satz
„Dieser Vertrag soll auch die Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung der BvS durch den Freistaat regeln.“
ersetzt.
Auch der erläuternde Hinweis des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … in seinem Schreiben vom 9. August 1999, dass die Streichungen „im Hinblick auf die nur begrenzte Akzeptanz einer umfassenden Freistellung von K+S im politischen Raum“ auf Bitte des damaligen Staatssekretärs des TMLNU, des Zeugen Herrn I …, vorgenommen worden seien, steht dieser Auslegung des Vertrages nicht entgegen. Die Andeutung der Hintergründe für diese Streichungen bietet allenfalls einen Anhaltspunkt für die Schlussfolgerung, dass der ranghöchste an den Vertragsverhandlungen zumindest teilweise und im Hintergrund beteiligte und auch den Freistaat Thüringen bei Unterzeichnung vertretende Repräsentant dieses Bundeslandes wohl das Ziel verfolgte, nicht vollständig offen legen zu müssen, in welchem (möglichen) Umfang die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit dem Freistellungsvertrag tatsächlich freigestellt werden sollte. Man hegte jedoch seinerzeit im TMLNU die Erwartung, dass das Finanzierungsvolumen unterhalb des im Generalvertrag in Ansatz gebrachten Betrages von 800 Mio. DM bleiben werde (vgl. Vermerk vom 27. September 1999 über Gespräch im TFM am 24. September 1999 in BA 37 = Nr. 46 der „Chronologie“ und Vermerk TMLNU, Ref. 45 vom 7. September 1999 = Anlage B 96).
Für diese Einschätzung spricht auch, dass parallel zu den Verhandlungen zum Freistellungsvertrag das Gesetzgebungsverfahren zum „Thüringer Gesetz über die Errichtung eines Sondervermögens `Ökologische Altlasten´ in Thüringen“ (ThürGSÖA) durchgeführt wurde. Die Thüringer Landesregierung hatte wenige Wochen nach Abschluss des Generalvertrages am 7. April 1999 den entsprechenden Gesetzentwurf in den Thüringer Landtag eingebracht (LT-Drs. 2/3613). Der Begründung ist zu entnehmen, dass das Sondervermögen insbesondere zu dem Zweck errichtet wurde, die Zahlungen des Bundes aus dem Generalvertrag zur Erfüllung der Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag zu verwenden (LT-Drs. 2/3613, S. 6). Zur Erfüllung der Gesamtverpflichtung aus dem Generalvertrag sei das Sondervermögen bis zur Höhe von 895 Mio. DM durch Landesanteile aufzufüllen (LT-Drs. 2/3613, S. 7, in der die Begründung zu § 3 Abs. 2 auch eine Berechnung des Betrages von 895 Mio. DM enthält). Den Beratungen über diesen Gesetzentwurf ist zu entnehmen, dass von einigen Landtagsabgeordneten Zweifel daran geäußert wurden, ob die in Ansatz gebrachten Beträge „angesichts der nicht bezifferbaren ökologischen Risiken und des finanziellen Risikos von 260 Mio. DM“ ausreichend seien (vgl. Protokolle über die 97. Sitzung des Thüringer Landtags am 29. April 1999 – S. 8373 bis 8378 – und über die 98. Sitzung des Thüringer Landtags am 27. Mai 1999 – S. 8401 bis 8404).
Auch die Art und Weise der Aktenführung des Beklagten zu den Verhandlungen zum Freistellungsvertrag bietet Anknüpfungspunkte für die Annahme, dass Strategie und Willensbildung der Vertreter des Beklagten allenfalls im nötigsten Umfang dokumentiert werden sollten. So nehmen die Unterlagen zu den Verhandlungen zum Freistellungsvertrag im Verhältnis zum Freistellungsverfahren und zu den Verhandlungen zum Generalvertrag in den 89 durch den Beklagten vorgelegten Aktenordnern nur einen geringen Umfang ein. Mit Ausnahme der durch den Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … mittels Begleitschreiben übermittelten Entwürfe, auf denen Vertreter Thüringens handschriftlich Bemerkungen und Kommentare anbrachten, finden sich nur wenige – die oben ausgewerteten – Unterlagen über die Willensbildung und Verhandlungsstrategie der Vertreter Thüringens. Insbesondere mangelt es an die Besprechungen vor- und nachbereitenden Vermerken sowie an Protokollen, wie sie bezogen auf den Generalvertrag in großer Anzahl vorhanden sind. Auch blieb auf Nachfrage des Gerichts offen, warum der ehemalige Staatssekretär des TMLNU, der Zeuge Herr I …, bezogen auf den Freistellungsvertrag keine fortlaufende Dokumentation der Vertragsverhandlungen fertigte, wie er dies für den Generalvertrag auf immerhin 20 Seiten getan hat (vgl. Beiakte 45). Insgesamt hat er die diesbezüglichen Fragen des Senats zu der Willensbildung und Verhandlungsstrategie der Vertreter des Beklagten nur ausweichend beantwortet. Auch dies bestätigt den sich aus der Aktenführung und der Streichung weiter erläuternder Passagen ergebenden Eindruck, dass diese möglicherweise auch von der Motivation getragen war, die Ermittlung des tatsächlich vereinbarten Vertragsinhaltes zu erschweren.
Diese von den üblichen Gepflogenheiten einer geordneten Aktenführung abweichende Handhabung hat es auch dem Senat in besonderem Maße erschwert, aber letztendlich nicht unmöglich gemacht, die für die Entscheidung über die Klageanträge entscheidungserheblichen Tatsachen festzustellen. Der Senat hält es zwar nicht für ausgeschlossen, dass noch weitere Unterlagen existieren könnten, die im Zusammenhang mit dem Freistellungsvertrag bzw. seiner Vorgeschichte stehen. Der Senat hat jedoch davon Abstand genommen, von Amts wegen zu erforschen, ob weitere Unterlagen existieren könnten. Die Beteiligten wurden während des Verfahrens mehrfach aufgefordert, die in ihrem Verantwortungsbereich vorhandenen (erheblichen) Unterlagen vorzulegen. Dem sind die Beteiligten im vorliegenden Umfang nachgekommen.
Bezogen auf die beim Bundesarchiv vorhandenen Unterlagen bestand ebenfalls keine Veranlassung für eine Recherche von Amts wegen „ins Blaue hinein“ (vgl. Hinweisschreiben der Berichterstatterin vom 21. Juli 2020, GA Band XIII Blatt 2555). Der vom Beklagten vorgelegten Beiakte 59 ist zu entnehmen, dass seitens der Thüringer Staatskanzlei im Jahr 2017 Recherchen im Bundesarchiv „zu den Verhandlungen des Bundes mit dem Freistaat Thüringen über den Umgang mit ökologischen Altlasten“ im Bestand „Bundesministerium der Finanzen“ und „Treuhandanstalt/Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben“ initiiert wurden. Das Bundesarchiv teilte der Thüringer Staatskanzlei vom 2. Oktober 2017 mit, dass dazu insgesamt zehn Akten im Bestand des BMF ermittelt werden konnten, für die aber die behördliche Aufbewahrungsfrist noch nicht abgelaufen sei. Deshalb könne insoweit nur ein Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz beim BMF gestellt werden. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist bestehe eine 30-jährige Schutzfrist, die jedoch mit Einwilligung der ehemals aktenführenden Stelle verkürzbar sei. Bezogen auf den Aktenbestand der THA/BvS sei zwar die Aufbewahrungs- aber noch nicht die 30-jährige Schutzfrist abgelaufen. Deshalb müsse die BvS in eine Verkürzung dieser Schutzfrist einwilligen. Diesem Schreiben des Bundesarchivs ist eine Auflistung der Aktenbestände beigefügt, in der auch das jeweilige Ende der Aufbewahrungsfrist angegeben ist. Die Thüringer Staatskanzlei stellte bezogen auf einzelne Akten einen Antrag auf Verkürzung der Schutzfristen. Dies führte dazu, dass der Beklagte die Kopien aus den Beständen des Bundesarchivs erhielt, die er mittels der Beiakte 59 zum Verfahren vorgelegt hat. Es ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass der Beklagte seine Recherchen nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist während des die Entscheidung über die Berufung vorbereitenden Verfahrens (§§ 87, 87a VwGO) weiter verfolgte. Insbesondere machte er zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Gericht geltend, dass ein Zuwarten wegen noch ausstehender Recherchen geboten sei oder ihm eine Einsichtnahme in die Akten nicht möglich und er deshalb auf Amtsermittlungsmaßnahmen des Gerichts angewiesen sei.
Letztendlich kommt es nicht darauf an, ob und wenn ja, welche die Vertragsverhandlungen und die Willensbildung betreffenden Unterlagen es noch geben könnte. Denn der Senat teilt insofern die im o. g. Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 9. August 1999 zu Tage getretene Rechtsauffassung, dass die in dem Entwurf 04 vorgenommenen „Streichungen keine Änderungen der Vertragsgrundlagen und Positionen bedeuten“ und dass deshalb zur Auslegung des Freistellungsvertrages ein Rückgriff auf die Entwürfe 00a bis 03 nebst die vom Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … gefertigten Begleitschreiben in Zusammenschau mit dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme für die Überzeugungsbildung und Auslegung ausreichend ist.
Da der Entwurf 04 im Vergleich zum Entwurf 03 entgegen der Auffassung des Beklagten nicht zu einer Veränderung des Freistellungsumfanges führte, kommt es entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht darauf an, warum der ehemalige Staatssekretär des TMLNU, der Zeuge Herr I …, in seinem Schreiben vom 16. August 1999 an die Staatssekretäre des TFM und TMWI keine Ausführungen zum Umfang der Freistellung machte. Dafür dürfte insofern schon keine Veranlassung bestanden haben, weil es ohnehin intern die Vorgabe gab, den im Generalvertrag in Ansatz gebrachten Betrag von 800 Mio. DM nicht zu überschreiten. Dieses Schreiben war erkennbar darauf ausgerichtet, die Ressortabstimmung über den Freistellungsvertrag vorzubereiten und die Zustimmung des Kabinetts zu erreichen. In diesem Kontext wäre es nicht zielführend gewesen, eine möglicherweise im Raum stehende Überschreitung der intern gesetzten Obergrenze auch nur im Ansatz zu thematisieren.
(6) Nicht mehr ausschlaggebend, aber sich in die Tendenz der Entwicklung der Entwürfe einfügend ist diesem Zusammenhang, dass der Freistellungsvertrag in dem Entwurf 05 eine weitere Unschärfe erhielt, indem der den „weiteren Vertragsgegenstand“ regelnde § 1.2 durch Streichung der Ziffern „1.2“ zu Satz 2 des § 1.1 wurde, ohne dass in § 2.1 der Verweis auf § 1.1 in der Weise geändert wurde, dass nun auf § 1.1 Satz 1 verwiesen worden wäre.
bb. Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich bei den die öffentlich-rechtliche Freistellung konkretisierenden Anlagen 3.1 (und 3.2) nicht um abschließende, erforderliche Maßnahmen und Gesamtkosten darstellende Unterlagen. Allein der Umstand, dass auf Seite 5 der Anlage 3.1 ausgeführt wird, es werde davon ausgegangen, dass in der angeführten Kostenhöhe alle den jeweiligen Maßnahmen zuordenbaren Kosten enthalten sind und darüber hinaus keine weiteren Kosten anfallen können (s. o. unter C III. 1. c. cc), zwingt nicht zu einer solchen Auslegung, dass eine solche betragsmäßig berechenbare „Deckelung“ vereinbart worden sein könnte. Dagegen spricht auch, dass die an den Vertragsverhandlungen beteiligte Zeugin Frau A … noch im Jahr 2002 selbst von einem „ungedeckelten“ Freistellungsvertrag ausging (vgl. Mail der Zeugin Frau A … vom 8. August 2002 an den ehemaligen Staatssekretär des TMLNU, den Zeugen Herrn I …, in BA 92). Entscheidend ist jedoch, dass dieser durch die Vertreter des Beklagten in die Anlage 3.1 eingefügte Satz (s. o.) erkennbar in Widerspruch zum Freistellungsvertrag selbst und auch der Darstellung und Bewertung der Maßnahmen sowie der dafür prognostizierten Kosten steht. Diese Darstellung der Maßnahmen in der Anlage 3.1 ist offenkundig weder endgültig noch abschließend. Denn ihr liegt erkennbar die Annahme zugrunde, dass die Altlastensanierung ein dynamischer Prozess ist, der eine regelmäßige Fortschreibung erforderlich macht (vgl. auch § 2.1 Satz 2 des Freistellungsvertrages und auch Protokoll der 3. Beratung der AG „Technische Grundlagen“ am 14. Juni 1999, Nr. 15 der „Chronologie“). Ziel dieser Maßnahmen ist die sichere Verwahrung des Grubengebäudes und damit einhergehend die Entlassung aus der Bergaufsicht (vgl. die Beschreibung der Zielstellung in Ziff. 1 der Anlage 3.1). Soweit in der Anlage 3.1 im Schwerpunkt Maßnahmen dargestellt werden, die auf eine trockene Verwahrung durch Abdichtung orientieren, handelt es sich um die Verwahrungsmethode, die zunächst als Lösung in den Blick genommen wurde. Eine Nassverwahrung als anderweitige Lösung wurde jedoch nicht gänzlich für den Fall ausgeschlossen, dass die Trockenverwahrung scheitert. Darauf weisen die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 1. Oktober 2018 (GA Band VI Blatt 1065 ff.) und die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 28. Juni 2019 (S. 131 ff. und S. 184 ff. in GA Band XI Blatt 2013 ff. und 2066 ff.) zutreffend hin. Im Hinblick auf diese Priorisierung bestand jedoch seinerzeit (noch) keine Notwendigkeit, die für eine Nassverwahrung erforderlichen Maßnahmen vollständig darzustellen und zu bewerten. Wie bereits ausgeführt ist, bezogen auf die Laugenhaltung entgegen der Auffassung der Klägerin schon anhand des Wortlautes der Anlage 3.1 nachvollziehbar, dass es sich nicht um eine Sanierungsmaßnahme, sondern um eine nur bis zur Erreichung des Verwahrungsziels notwendige Maßnahme handelt, die aber gegenwärtig noch erforderlich ist (s. o. unter C II. 2.).
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass es für die Beantwortung der Frage, ob die Klägerin weiterhin die Erstattung der Kosten für die Laugenhaltung beanspruchen kann, entgegen der Auffassung des Beklagten nicht darauf ankommt, ob die in der Anlage 3.1 dargestellten (z. B. Versatz-)maßnahmen abgearbeitet oder endgültig gescheitert sind. So lange das Verwahrziel i. e. S. noch nicht erreicht ist, besteht nach § 2.2 Satz 2 des Freistellungsvertrages eine Verpflichtung der Klägerin und des Beklagten, sich mittels Fortschreibung der Anlage 3.1 unter Beachtung des im Freistellungsvertrag dafür vereinbarten Prozedere auf die weiteren zur Erreichung des Verwahrungsziels i. w. S. erforderlichen Maßnahmen konsensual zu einigen. Dass der Beklagte einseitig berechtigt sein könnte, die Fortschreibung der Anlage 3.1 vor Erreichung des Verwahrziels grundsätzlich zu verweigern, findet weder im Freistellungsvertrag noch in den die Vertragsverhandlungen dokumentierenden Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … eine Stütze. So wird dem Beklagten in Nr. 1.2 der Anlage 4 zum Freistellungsvertrag lediglich die Möglichkeit eröffnet, einzelne Projekte oder Maßnahmen abzulehnen. Dies umfasst aber schon dem Wortlaut nach nicht das Recht zur grundsätzlichen einseitigen Verweigerung der Fortschreibung der Anlagen 3.1 und 3.2, die anknüpfend an § 2.2 Satz 2 des Freistellungsvertrages auch in Nr. 1.1 der Anlage 4 zum Freistellungsvertrag nochmals vereinbart ist. Ebenso wenig bieten die Aussagen der vernommenen Zeugen einen plausiblen Anknüpfungspunkt für eine derartige Annahme. Vielmehr ist insbesondere auch unter Berücksichtigung der glaubhaften Bekundungen der Zeugin Frau Dr. S … … davon auszugehen, dass insoweit lediglich ein die Ablehnung einzelner Maßnahmen oder bestimmter Aufwendungen ermöglichender Entscheidungsspielraum bestand und besteht. So hat sie anschaulich und nachvollziehbar beschrieben, dass und warum sie beispielsweise in der Zeit, als sie noch für die Abwicklung des Vertragsmanagements mit der … und … GmbH zuständig war, die Anschaffung von Fahrzeugen abgelehnt hatte, weil bereits welche vorhanden waren. Die diesbezügliche gegenteilige Bekundung des ehemaligen Staatssekretärs, des Zeugen Herrn I …, dass eine Verweigerung der Fortschreibung der Anlage vor Erreichung des Verwahrziels ohne weiteres möglich gewesen sei, erschöpft sich nach Auffassung des Senats in der Äußerung einer Rechtsauffassung.
Soweit sich in den Verwaltungsakten (z. B. BA 92) andeutet, dass nicht die Anlage 3.1 fortgeschrieben, sondern anstatt dessen über die von der Klägerin aktualisierten Kosten- und Maßnahmepläne verhandelt wird, dürfte dies unschädlich sein, wenn Klägerin und Beklagter dies in Abweichung vom Freistellungsvertrag im gegenseitigen Einverständnis so handhaben. Der in den Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit der Streichung des Hinweises auf die Kosten- und Maßnahmenpläne der „K+S“ angedeutete Wille der Vertreter des Beklagten, dass nicht die von der „K+S“ (einseitig) erstellten Kosten- und Maßnahmenpläne, sondern die gemeinsam vereinbarten Anlagen 3.1 und 3.2 Grundlage der dann einer Erstattung zugänglichen Sanierungsmaßnahme sein sollten, ist bei Umsetzung des Freistellungsvertrages nicht (mehr) zu beachten, wenn der Beklagte selbst die Kosten- und Maßnahmenpläne der Klägerin als Abstimmungsgrundlage für die inhaltliche Fortschreibung akzeptiert.
2. Die öffentlich-rechtliche Freistellung erfasst auch die Kosten für die Laugenhaltung, soweit und solange diese sich als bis zur Erreichung des Verwahrziels i. e. S. (Laugensanierung) aufschiebend bedingt erforderliche Maßnahme darstellt. Wie bereits unter C.II.2.a. ausgeführt, ist Verwahrzielstellung ausweislich der Anlage 3.1 „das von den Grubenbauen latent auf die Tagesoberfläche und die benachbarten Gruben ausgehende Gefährdungspotential zu beseitigen bzw. zu vermindern“ (Verwahrziel im weiteren Sinne – i. w. S. -) und eine Entlassung aus der Bergaufsicht zu ermöglichen. Bezogen auf das Grubengebäude Merkers/Springen und die Problematik der Laugeneinbrüche an den Querorten – insbesondere Querort 23, Querort 86 und Querort 30/31 – bedeutet dies, dass die Entlassung aus der Bergaufsicht insoweit die Erreichung eines Zustandes voraussetzt, der die Prognose rechtfertigt, dass die beim Abbau des … … es stehen gelassenen Carnallititpfeiler durch diese … lösungsvorkommen nicht mehr angegriffen werden (können) und dass das Grubengebäude ohne weiteres Zutun standsicher ist und bleibt (Verwahrziel im engeren Sinne – i. e. S.).
Die Laugenhaltung (= Fassung der derzeitigen Zuflüsse und deren Abpumpen über Tage) ist zwar bezogen auf die Verwahrzielstellung (i. w. S.) geeignet, Gefahren von der Tagesoberfläche und damit für Dritte abzuwehren. Auch wird die Standsicherheit der Carnallititpfeiler und damit des Grubengebäudes gewährleistet. Dabei handelt es sich jedoch ausweislich des TSRK lediglich um eine Maßnahme, mit der der derzeitige Zustand in der Grube Springen aufrechterhalten bleibt. Diese Bewertung bzw. Einordnung der Laugenhaltung als vorübergehende Maßnahme zur Aufrechterhaltung des derzeitigen Zustandes liegt auch der Anlage 3.1 zugrunde. So wird bei den Maßnahmen H 1 (Verwahrung CO2-Zutritt) und H 6 (Verwahrung Laugenzufluss Querort 23) ausdrücklich festgehalten, dass eine „Beherrschung der Zuflüsse bis zur erfolgreichen“ „Abdichtung“ bzw. „Bekämpfung“ erforderlich sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin erfasst diese Formulierung schon dem Wortlaut nach nicht den Fall, dass die erfolgreiche Abdichtung bzw. Bekämpfung der Laugenzuflüsse endgültig scheitert und die Laugenhaltung deshalb als dauerhafte (= bis zum konvergenzbedingten Verschluss der Grubenhohlräume erforderliche) Maßnahme zur Abwehr von Gefahren für die Tagesoberfläche im Sinne einer Ewigkeitshaftung erforderlich ist und die Bergaufsicht dann nicht enden kann. Im Übrigen verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen unter C.II.2.a.
3. Die öffentlich-rechtliche Freistellung in dem Freistellungsvertrag ist auch wirksam.
a. Die öffentlich-rechtliche Freistellung in dem Freistellungsvertrag ist nicht nach § 59 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG nichtig. Nach der vorgenannten Bestimmung ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag i. S. d. § 54 Satz 2 VwVfG, der – wie hier – einen Verwaltungsakt ersetzt, nichtig, wenn ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers rechtswidrig wäre und dies den Vertragsschließenden bekannt war. Ein entsprechender Verwaltungsakt, mit dem im Umfang der Anlagen 3.1 und 3.2 öffentlich-rechtlich freigestellt würde, wäre materiell rechtswidrig (aa.). Der Senat ist aber davon überzeugt, dass die Rechtswidrigkeit den an den Vertragsverhandlungen beteiligten Akteuren seinerzeit nicht bekannt war (bb.).
aa. Ein Freistellungsbescheid mit dem Inhalt der öffentlich-rechtlichen Freistellung im Umfang der Anlagen 3.1 wäre rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für eine Freistellung nach Art. 1 § 4 Abs. 3 URG n. F. teilweise bereits dem Grunde nach und auch in diesem Umfang nicht vorlagen. Nach dieser „Freistellungsklausel für Altlasten“ sind Eigentümer, Besitzer oder Erwerber von Anlagen und Grundstücken, die gewerblichen Zwecken dienen oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, für die durch den Betrieb der Anlage oder die Benutzung des Grundstücks vor dem 1. Juli 1990 verursachten Schäden nicht verantwortlich, soweit die zuständige Behörde sie im Einvernehmen mit der obersten Landesbehörde von der Verantwortung freistellt (Satz 1). Eine Freistellung kann erfolgen, wenn dies unter Abwägung der Interessen des Eigentümers, des Besitzers und des Erwerbers, der durch den Betrieb der Anlage oder die Benutzung des Grundstücks möglicherweise Geschädigten, der Allgemeinheit und des Umweltschutzes geboten ist (Satz 2). Die Freistellung kann mit Auflagen versehen werden (Satz 3). Der Antrag auf Freistellung muss spätestens innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen gestellt sein (Satz 4). Bei dieser Freistellungsvorschrift handelt es sich nicht um eine in erster Linie vor dem Hintergrund des Umweltschutzgedankens entstandene Vorschrift. Es geht vielmehr um die Förderung der Wirtschaft, wie sich bereits aus dem Titel „Gesetz zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen“ (Hemmnissebeseitigungsgesetz) ergibt. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen verwendet den Begriff der Verschonungssubvention (vgl. Beschluss vom 5. Januar 1999 – 3 S 619/97 – LS in SächsVBl. 1999, 168). Mit der Möglichkeit der Freistellung nach Art. 1 § 4 Abs. 3 URG sollten Investitionen in den neuen Bundesländern gefördert werden. Sinn dieser gesetzlichen Regelung ist die Eröffnung der Möglichkeiten zum wirtschaftlichen Wiederanfang in den neuen Bundesländern. Die Freistellung soll gewährleisten, dass die betroffenen Unternehmen die Chance zur Teilnahme am Wettbewerb erhalten (vgl. OVG Bautzen a. a. O.). Es sollen mögliche Investitionshindernisse beseitigt werden, die darin bestehen, dass ein potentieller Investor mit vom Umfang her nicht absehbaren, irgendwann in Zukunft zu realisierenden Sanierungsforderungen rechnen muss und deshalb eine Investitionsentscheidung für ihn mit nicht kalkulierbaren Risiken behaftet ist. Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat in den Hinweisen zur Auslegung der sog. Freistellungsklausel für Altlasten im Einigungsvertrag am 2. August 1991 (VIZ 1991, 101 – 102) ausgeführt, bei der Auslegung sei vom Sinn und Zweck der Vorschrift auszugehen. Die Verantwortlichkeit für Schäden, die von Altlasten ausgingen, beinhalteten in der Regel ein schwerwiegendes Investitionshemmnis. Mit der Freistellungsregelung sollte den neuen Ländern eine rechtliche Möglichkeit bereitgestellt werden, die Übernahme oder Fortführung der bisher staatlichen Anlagen und Grundstücke dort zu erleichtern, wo dem nicht Interessen der Allgemeinheit oder des Umweltschutzes entgegenstehen. Hier sollte das Gesetz eingreifen und es ermöglichen, dem investierenden Unternehmen eine vernünftige Kalkulationsgrundlage zu liefern. Der Gesetzgeber hat durch die Verwendung des Wortes „kann“ die Regelung als eine Vorschrift konzipiert, die der Behörde bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einen Ermessensspielraum einräumt (vgl. zum Ganzen VG Weimar, Urteil vom 5. November 2014 – 7 K 849/11 – juris m. w. N. und zur Auslegung als Ermessenvorschrift auch OVG Berlin, Beschluss vom 14. Februar 2000 – 2 N 20.99 – juris und OVG MV, Urteil vom 8. März 2006 – 3 L 110/97 – juris Rn. 95 ff.).
Gemessen daran wäre eine vergleichbare Freistellung durch Verwaltungsakt rechtwidrig, weil nicht alle Rechtmäßigkeits- bzw. Anspruchsvoraussetzungen des Art. 1 § 4 Abs. 3 Sätze 1 bis 4 URG n. F. vorliegen.
(1) Zweifelhaft ist insoweit schon, ob im vorliegenden Fall die für den Erlass eines Freistellungsbescheides zuständige Behörde gehandelt hat. Der Beklagte weist selbst in der Begründung seines Zulassungsantrages darauf hin, dass zuständige Behörde zur Entscheidung über Freistellungsanträge nach Art. 1 § 4 Abs. 3 URG gemäß § 24 Abs. 3 Nr. 22 Thüringer Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juni 1999 (GVBl. S. 392, 393) die Staatlichen Umweltämter als untere Abfall- und Bodenschutzbehörden waren. Das Staatliche Umweltamt wird zwar im Rubrum des Freistellungsvertrages genannt; vertreten wird der Freistaat Thüringen aber durch den Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt, der „zugleich handelnd für das Staatliche Umweltamt Suhl“ auftritt. Dies verdeutlicht, dass nicht das Staatliche Umweltamt selbst gehandelt und den Freistellungsvertrag inhaltlich verantwortet hat, sondern durch seine oberste Landesbehörde vertreten wurde (vgl. Geschäftsbereich des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt, GVBl. 1999, S. 620, 622), die nach Art. I § 4 Abs. 3 Satz 1 URF n. F. eigentlich nur für die Erteilung des Einvernehmens zuständig war. Dass der Freistellungsvertrag nicht vom Staatlichen Umweltamt Suhl als zuständiger Behörde verhandelt und materiell bzw. inhaltlich verantwortet wurde, belegen auch die in den Akten vorhandenen Unterlagen über die Vertragsverhandlungen. Diese wurden im Wesentlichen durch die Vertreter des TMLNU (AMG) geführt. Bezogen auf das SUA Suhl sind insoweit nur Zuarbeiten feststellbar, wie z. B. die Erarbeitung des Entwurfs eines Freistellungsbescheides und die Zusammenstellung der Freistellungsanträge zur Erarbeitung der Freistellungsstrategie (s. o.). Letztendlich kann es dahin stehen, ob die Zuständigkeit des TMLNU für die Erteilung des Einvernehmens oder ein Selbsteintrittsrecht der fachlich zuständigen obersten Landesbehörde es ermöglichte, in rechtlich zulässiger Weise sowohl den Freistaat Thüringen als auch das SUA Suhl zu vertreten oder ob hier ein zur Rechtswidrigkeit (und nicht zur Nichtigkeit, vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 2013 – XI ZR 28/12 – juris Rn. 26) führender Mangel der instanziellen Zuständigkeit vorliegt. Auch bedarf es keiner rechtlichen Bewertung, dass der Beklagte sich zur Begründung seines Zulassungsantrages selbst auf einen in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegenden Mangel in der Vertretungskette beruft. Denn ein Freistellungsbescheid im Umfang der Anlage 3.1 wäre auch aus anderen Gründen materiell rechtswidrig. Die Voraussetzungen für eine öffentlich-rechtliche Freistellung im Umfang der Anlage 3.1 nach Art. I § 4 Abs. 3 URG n. F. lagen nicht vor.
(2) Die öffentlich-rechtliche Freistellung geht insbesondere, soweit es um Sanierungsmaßnahmen in der Grube Springen geht, eindeutig über den Umfang der fristgerecht gestellten Anträge vom 12. März 1992 hinaus (a). Da es sich bei der Antragsfrist um eine Ausschlussfrist handelt, führt dies auf eine Rechtwidrigkeit der Freistellung (b).
(a) Eine Freistellung nach Art. I § 4 Abs. 3 URG n. F. setzt zunächst einen innerhalb der Frist des Satzes 4 bis zum 29./30. März 1992 gestellten Antrag voraus. Insoweit kommt bezogen auf den hier in Rede stehenden untertägigen Bereich nur der Antrag V der … … AG vom 12. März 1992 in Betracht. Mit diesem Antrag V hat die … … AG entgegen der Auffassung der Beigeladenen (vgl. Schriftsatz vom 28. Juni 2019, S. 162 ff., GA Band XI, Blatt 2044 ff.) keine Freistellung von allen vor dem 1. Juli 1990 entstandenen Schäden unter Tage beantragt. Denn dieser Antrag bezieht sich räumlich ausdrücklich nur auf das Südwest- und Südostfeld der Grube Merkers sowie das Westfeld der Grube Unterbreizbach und nicht auf die weiter nördlich liegende Grube Springen. Insoweit wird der Inhalt der Freistellungsanträge in dem von der EP … erstellten TSRK auf Seite 18 des „Allgemeinen Teils“ unzutreffend wiedergegeben. Die drei ausdrücklich in dem Freistellungsantrag V vom 12. März 1992 benannten Felder sind in der als „Übersichtsriss“ bezeichneten Karte der … und … GmbH vom 10. Juni 1999 (vgl. Anlage 1.2 zum Freistellungsvertrag in BA 79, Blatt 130) grün schraffiert umrandet und (nach der Legende) als Versatzfeld dargestellt. Diese drei Versatzfelder machen im Vergleich zu dem Verbund der drei Gruben Merkers, Springen und Unterbreizbach nur einen geringen räumlichen Anteil aus. Das von diesen drei Versatzfeldern für die Tagesoberfläche ausgehende Risiko wurde im Antrag V im Wesentlichen in der Unterdimensionierung der Pfeiler gesehen, das durch Versatzmaßnahmen bekämpft werden sollte.
Allein der Umstand, dass die drei Versatzfelder zum Grubenverbund Merkers/Springen/Unterbreizbach gehören, rechtfertigt nicht die Annahme, dass der gesamte Grubenverbund Merkers/Springen/Unterbreizbach von dem Freistellungsantrag V der … … AG vom 12. März 1992 erfasst war. Eine Einordnung der Grube Unterbreizbach als Altlast scheidet schon deshalb aus, weil dort seinerzeit aktiver Bergbau betrieben wurde (und heute noch betrieben wird). Auch die Grube Merkers wurde in ihrer Gesamtheit erst nach der Antragstellung im Jahr 1993 stillgelegt (vgl. Chronik zum … standort Merkers, Blatt 7 der Anlage 6.3 zum Abschlussbetriebsplan 2001, BA 77 Blatt 83). In der Grube Springen wurden zwar im Jahr der Antragstellung (1992) die Gewinnungsarbeiten eingestellt (vgl. Chronik zum … standort Merkers, Blatt 6 der Anlage 6.3 zum Abschlussbetriebsplan 2001, BA 77 Blatt 2); dies allein rechtfertigt aber ebenso wenig die Schlussfolgerung, dass der Freistellungsantrag die in der Grube Springen erforderlichen Sanierungsmaßnahmen erfasste. Gegen eine Einbeziehung der Grube Springen spricht insbesondere, dass seinerzeit eine Nutzung als Untertagedeponie (UTD) geprüft wurde (vgl. Anlage K 21 = Gutachten Dr. Sch … … „zur hydrologischen Situation während der Betriebsphase der geplanten Untertagedeponie im Grubenbetrieb Springen“ vom 30. Juli 1991, Thesen der … … AG vom 3. Februar 1992 in BA 69 „zur Entwicklung und Perspektive der thüringischen … werke an der … “ in BA 69 und Schreiben der … … AG vom 14. April 1993 in BA 2).
Ebenso wenig führt der Umstand, dass auch die drei in dem Freistellungsantrag V vom 12. März 1992 genannten Sanierungsmaßnahmen in der Anlage 3.1 als Maßnahme V2, V3 und V7 aufgeführt sind, auf den Rückschluss, dass die anderen in der Anlage 3.1 aufgeführten Maßnahmen als von dem Antrag vom 12. März 1992 erfasst angesehen wurden oder werden könnten. Denn in der Anlage 3.1 wurde auch Bezug genommen auf die „Ergänzung zum Freistellungsantrag von 1997“. Wie bereits ausgeführt handelte es sich dabei insbesondere um die mit Schreiben vom 4. August 1997 vorgelegte Tabelle über die „Kostenlast für die … und … GmbH im Zusammenhang mit Altlasten“. Diese Differenzierung zwischen dem Antrag vom 12. März 1992 und den Ergänzungen aus dem Jahr 1997 wäre nicht notwendig gewesen, wenn alle Maßnahmen als vom Freistellungsantrag erfasst eingeordnet gewesen wären. Wie bereits ausgeführt verdeutlicht diese Darstellung in der Anlage 3.1 jedoch auch, dass man seinerzeit bewusst über den Umfang der fristgerecht gestellten Anträge hinausgehen wollte.
Soweit in dem TSRK 1996 (Blatt 2.1) ausgeführt wird, dass ein sachlicher Bezug zu diesen Anträgen hergestellt werden könne, weil das ganze Grubenfeld hydrologisch gefährdet sei, zwingt auch dies nicht zu einer Auslegung des Freistellungsantrages V, dass die – unstreitig erforderliche – Sanierung der Laugenzuflüsse in der Grube Springen von dem Antrag mit umfasst sein sollte und ist. Für die Beschreibung des vor dem 1. Juli 1990 i. S. d. Art. 1 § 4 Abs. 3 Satz 1 URG n. F. entstandenen Schadens war „nach vorliegendem Kenntnisstand“ die Altlast zu beschreiben und eine Einschätzung der Risikosituation vorzunehmen (vgl. Auslegungshinweise des BMU vom 8. Mai 1991, VIZ 1991, 101/102). Dies verdeutlicht, dass zur Glaubhaftmachung des Sanierungsbedarfs die Gefahr zu beschreiben war, die von einer Altlast für andere Rechtsgüter ausging. Demgegenüber sind nicht Gegenstand der Betrachtung die Gefahren, die von anderen Altlasten ausgehend dem Bereich drohen, in dem sich die Altlast befindet, für die eine Freistellung beantragt wird. Dies machte es erforderlich, für diese Altlasten einen gesonderten Freistellungsantrag zu stellen bzw. diese insbesondere auch räumlich einzubeziehen.
Dass das TSRK bei der Bestimmung und Bewertung der in der Grube Merkers/Springen erforderlichen Sanierungsmaßnahmen auch Maßnahmen zur Abwehr hydrologischer Gefährdungen in den Blick nahm, zwingt entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht zu dem Rückschluss, dass diese ausgewiesenen Sanierungsmaßnahmen auch von den Freistellungsanträgen erfasst bzw. auf Grundlage des Art. I § 4 Abs. 3 URG freizustellen waren. Die Erarbeitung dieses Sanierungskonzepts ist dem Umstand geschuldet, dass die Grube Merkers/Springen zum Großprojekt … gehört. Während die Verantwortlichkeit für die konkrete Sanierung – also die Wahrnehmung der Aufgabe der Altlastensanierung – im Bereich der Regelfinanzierung beim jeweiligen Land (und ggf. dem betroffenen Unternehmen als Zustandsverantwortlichem) liegt, ist bereits im VA-Altlastenfinanzierung für Großprojekte ein der Aufgabenwahrnehmung zuzuordnender strengerer Maßstab für die Entscheidungsfindung und Sanierungsplanung und -durchführung vorgesehen. Für alle zur Umsetzung eines Großprojekts anstehenden Entscheidungen war das Einvernehmensprinzip vorgesehen. Die Sanierung eines Großprojektes erfolgt(e) auf der Grundlage eines einvernehmlich zu beschließenden Altlastensanierungskonzeptes (vgl. Eisenbarth, Altlastensanierung und Altlastenfinanzierung, 1995, Rn. 164 bis 167 und auch Gemeinsame Protokollnotiz zu Ziff. 4.1 und 4.2 des als Anlage 1 dem VA-Altlastenfinanzierung vom 1. Dezember 1992 beigefügten Beschlusses des Bundes und der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, BAnz Nr. 58 vom 25. März 1993, S. 2842 ff). Dabei handelte es sich als die Sanierung vorbereitende Maßnahme nicht ausschließlich um eine der Finanzierungsebene zuzuordnende Vereinbarung. Vielmehr wurde hier im Hinblick auf die „faktische Überschneidung zweier Verwaltungskompetenzen, nämlich des Vollzugs des Treuhandgesetzes einerseits und des … allgemeinen Umweltrechts andererseits“ (so die Formulierung der Beigeladenen in ihrem Schriftsatz vom 31. Mai 2021, S. 44 in GA XXIII, Blatt 4894), der THA/BvS auch die Einflussnahme auf die Wahrnehmung der Aufgabe des Umweltschutzes eingeräumt, (wohl) um ihr eine Einflussnahme auf die Höhe der anknüpfend an die Sanierung nach dem VA-Altlastenfinanzierung entstehenden Finanzierungsverpflichtungen zu eröffnen.
Bei Großprojekten bestand indes die Besonderheit, dass diese auch nicht freigestellte bzw. freistellbare und damit nicht unter die Finanzierungsregelung des VA-Altlastenfinanzierung fallende Teilflächen einbeziehen konnten (vgl. Eisenbarth, Altlastensanierung und Altlastenfinanzierung, 1995, Rn. 158, 198). Aus diesem Grund lässt diese gemeinsame Vereinbarung des dann durch das jeweilige Land umzusetzenden, gegenüber Dritten nicht verbindlichen Sanierungskonzeptes (vgl. Eisenbarth, a. a. O. Rn. 194) keine Rückschlüsse auf die Finanzierungsverantwortung von THA/BvS, Land und/oder dem jeweiligen Unternehmer zu. Diesen Zusammenhang berücksichtigt die Beigeladene nicht, soweit sie in ihrem Schriftsatz vom 31. Mai 2021 auf Seite 6 (GA Band XXIII, Blatt 4856) unter Verweis auf die in der Beiakte 2 vorhandenen Kostenübersichten zum Großprojekt … vorträgt, dass es sich insoweit um nach dem VA-Altlastenfinanzierung zu regulierende Schäden handelt.
Entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin handelte es sich bezogen auf die hier im Schwerpunkt in Rede stehenden Laugenzuflüsse der Grube Springen auch nicht um Präzisierungen, die nach dem im Zeitpunkt der Antragstellung „vorliegenden Kenntnisstand“ nicht und erst nach Ablauf der Antragsfrist aufgrund neuerer Erkenntnisse möglich gewesen wären. Es besteht kein Zweifel daran, dass der … … AG – ebenso wie ihrem Rechtsvorgänger, dem VEB … betrieb … – die Existenz der Laugenzuflüsse und im Hinblick auf die Vielzahl der dazu bestehenden Gutachten (vgl. Literaturverzeichnis des Gutachtens Dr. Sch … … und Anlage 6 zu dem als Anlage K 25 übermittelten Gutachten von K … zur Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Planfeststellungsverfahrens für die UTD Springen vom 15. November 1993, in der auch Gutachten zur hydrogeologischen Situation aus dem Zeitraum vor 1992 aufgelistet sind) der grundsätzliche Sanierungsbedarf insbesondere hinsichtlich der Laugenproblematik in der Grube Springen nach ihrer Stilllegung bekannt war. Den vorliegenden Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Laugenhaltung vor der Stilllegung als während des laufenden Betriebes erforderliche Maßnahme eingeordnet war (vgl. Schreiben der Bergbehörde Erfurt vom 23. Januar 1984 = Anlage K 28) und seit der Stilllegung als aufschiebend bedingt bis zur Sanierung und sicheren Verwahrung der Grube erforderliche Maßnahme fortzuführen ist (z. B. TSRK, Allgemeiner Teil S. 8). Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass in der Phase des noch aktiven Betriebes eine Sanierung (noch) nicht für erforderlich gehalten wurde. Hätten die Vertreter der … … AG die Laugenzuflüsse der Grube Springen seinerzeit bereits als sanierungsbedürftige Altlast eingeordnet, hätte es zudem nahe gelegen, dass diese auch insoweit einen Freistellungsantrag gestellt hätten. Wie bereits ausgeführt, sprechen aber die Planungen über die Nutzung als Untertagedeponie dagegen. Im Übrigen ging auch die BvS im Jahr 1995 davon aus, dass die Grube Springen von den Freistellungsanträgen der … … AG vom 12. März 1992 nicht erfasst war (vgl. den internen „Auftrag Fachberatung“ der Zeugin Frau Dr. S … … vom 25. September 1995 = Anlage B 45).
(b) Entgegen der Auffassung der Beigeladenen (vgl. Schriftsatz vom 28. Juni 2019, S. 205) ist es rechtswidrig, auf Grundlage des Art. 1 § 4 Abs. 3 URG n. F. eine über den Umfang der Anträge hinausgehende Freistellung zu gewähren. Es ist nicht möglich, nachträglich im Antrag nicht genannte freistellungsfähige Schadensfälle und Gefahrenherde zu bezeichnen, wenn der Freistellungsantrag rechtzeitig gestellt und begünstigende Investitionsvorhaben hinreichend dargelegt sind. Allein eine räumliche und betriebliche Verbindung mit dem Antragsgegenstand reicht nicht aus. Denn bei der Antragsfrist des Art. 1 § 4 Abs.3 Satz 4 URG handelt es sich um eine (materielle) Ausschlussfrist (so ausdrücklich VG Weimar, Urteil vom 5. November 2014 – 7 K 849/11 We – juris Rn. 107 und Müggenborg, NVwZ 1992, 845/851). Das ergibt sich insbesondere aus dem Sinn und Zweck dieser Antragsfrist. Diese zielt – ebenso wie die Ausschlussfrist des § 30a VermG (vgl. dazu z. B. BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 1998 – 1 BvR 1730/98 – VIZ 1999, 156 – 158 und BVerwG, Urteil vom 28. März 1996 – 7 C 28/95 – BverwGE 101, 39 – 47, juris Rn. 12) – darauf ab, Investitionshemmnisse zu beseitigen. Durch die Befristung sollte ein Anreiz für Investoren geschaffen werden, gerade im Anlaufzeitraum nach der Wende Kapital in die neuen Bundesländer einzubringen und damit dort Arbeitsplätze zu schaffen (vgl. stenographische Niederschriften der Tagungen der Volkskammer der DDR vom 15. Juni 1990, S. 520, 523 – www.webarchiv.bundestag.de/volkskammer/dokumente/protokolle/1014 – und vom 29. Juni 1990, S. 798, 802 sowie 805 – www.webarchiv.bundestag.de/volkskammer/dokumente/protokolle/1019 -). Die Freistellung war ein Instrument für einen raschen wirtschaftlichen Anschub in den neuen Bundesländern. Von daher liegt auf der Hand, dass nur auf der Grundlage des innerhalb der Frist bezeichneten Investitionsvorhabens entschieden werden kann, ob es mit Blick auf die anderen berührten Interessen eine Freistellung von der Sanierungsverantwortlichkeit rechtfertigt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. Juli 2011 – 7 B 25/11 – juris Rn. 16, vom 20. Dezember 2006 – 7 B 42/06 – juris Rn. 8; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Januar 2006 – OVG 11 B 3.05 – juris Rn. 21; OVG Magdeburg, Beschluss vom 17. März 2004 – 2 L 29/02 – LKV 2004, 477; Kloepfer/Kröger, Haftungsfreistellung für „Altlasten“ in den neuen Bundesländern, DÖV 1991, 989/991; BT-Drs. 12/216, S. 9 zum Hemmnissebeseitigungsgesetz). Die durch das Hemmnissebeseitigungsgesetz nur im Hinblick auf die Erweiterung der Freistellungsmöglichkeit von privatrechtlichen Ansprüchen einmalig verlängerte Antragsfrist zwang potenzielle Investoren zu einer zeitnahen Entscheidung und muss damit als Instrumentarium für einen raschen wirtschaftlichen Anschub in den neuen Bundesländern verstanden werden (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Januar 2006 – OVG 11 B 3.05 – juris Rn. 21; VG Weimar, Urteil vom 5. November 2014 – 7 K 849/11 We – juris Rn. 99).
(3) Ebenso wenig wurden in dem Freistellungsvertrag bzw. im Vorfeld des Vertragsschlusses positive Tatsachenfeststellungen zu den Interessen der Rechtsvorgängerin der Klägerin getroffen, die im Rahmen der nach Art. I § 4 Abs. 3 Satz 2 URG erforderlichen Abwägung zu ihren Gunsten Berücksichtigung hätten finden können. Gemessen an der oben dargestellten Zielsetzung des Gesetzes – und der Verwaltungspraxis des Beklagten – gehörte dazu insbesondere der – vom Beklagten auch noch vor Abschluss des Generalvertrages geforderte – Nachweis über den Erhalt oder die geplante Schaffung von Arbeitsplätzen und die Tätigung von Investitionen (vgl. Hinweise des Bundesumweltministeriums zur Auslegung der „Freistellungsklausel für Altlasten“, VIZ 1991, 101 – 103 sowie Ziff. 5, 3. Spiegelstrich der Hinweise des Thüringer Ministeriums für Umwelt und Landesplanung vom 20. Juli 1992 in BA 61 und auch Schriftsatz des Beklagten vom 29. Januar 2016, S. 6, GA Band IV Blatt 683). Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beklagte dazu bereits im Vorfeld ausreichende Erkenntnisse gewinnen konnte bzw. gewonnen hat. Die … und … GmbH wurde im Laufe des Verwaltungsverfahrens sowohl vom Landesverwaltungsamt als auch vom SUA Suhl aufgefordert, diesbezügliche Angaben zu machen (vgl. z. B. Schreiben des Landesverwaltungsamtes vom 29. März 1993 noch an die … … AG in BA 2 = Anlage K 42 in GA Band XIII Blatt 2576; Ergebnisprotokoll über ein sog. Aktengespräch bei der THA mit Vertretern des TMUL, der GVV mbH und der MdK AG am 15. Oktober 1993 in BA 3; Schreiben des Landesverwaltungsamtes vom 19. Dezember 1995 an die … und … GmbH in BA 12 und 31; Ergebnisprotokoll über das Abstimmungsgespräch am 27. Juni 1996 in BA 3 und 31). Dies wurde von der … und … GmbH und insbesondere von der BvS jedoch nicht für erforderlich gehalten (vgl. z. B. Schreiben der BvS an das SUA Suhl vom 16. Mai 1997, GA Band XVI, Blatt 3350 bis 2251 und in BA 35; Schreiben der „K+S“ vom 15. Dezember 1997 an TMLNU in BA 37, wonach die Freistellung nach URG in erster Linie eine Angelegenheit der BvS sei; Mitschrift über Besprechung TMLNU; BvS und „K+S“ am 9. März 1998 in BA 5; Schreiben „K+S“ vom 30. April 1998, in dem aber ein vom Beklagten übergebener Fragenkatalog beantwortet wird, in BA 6 und 39). Den Vertragsentwürfen ist zu entnehmen, dass neben der Präambel unter 2. insbesondere § 2.2 zunächst ansatzweise Ausführungen dazu enthielt, dass und warum die Freistellung unter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und des Umweltschutzes geboten ist. Diese Passagen wurden jedoch – auf Veranlassung des Staatssekretärs des TMLNU – in dem Entwurf 04 gestrichen (vgl. dazu das Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 9. August 1999 = Nr. 33 der „Chronologie“). Demzufolge ist anhand des Vertragstextes in keiner Weise nachvollziehbar, ob und welche Erkenntnisse die Vertragspartner der Vereinbarung zugrunde gelegt haben, die die gemeinsame Einschätzung rechtfertigt, dass die Freistellung der Rechtsvorgängerin der Klägerin unter Abwägung ihrer Interessen, der Interessen/Belange der Allgemeinheit und des Umweltschutzes im Sinne des Art. I § 4 Abs. 3 Satz 2 URG geboten ist. Dass diese „Grundlage“ des Vertrages unstreitig gewesen sein soll und deshalb aus Sicht des Beklagten habe gestrichen werden können (vgl. Schreiben des Zeugen Herrn Rechtsanwalt Dr. S … vom 26. August 1999 = Anlage K15c und Nr. 39 der „Chronologie“, mit dem er den Entwurf 04 an die … und … GmbH übersandte), ersetzt nicht die Tatsachenfeststellung zu den Freistellungsvoraussetzungen nach Art. 1 § 4 Abs. 3 Satz 2 URG. Wie bereits ausgeführt, hatte die Streichung der o. g. Passagen insoweit eine „schwerere Lesbarkeit des Vertrages für Dritte“ zur Folge, wie der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. S … zuvor in seinem Schreiben vom 9. August 1999 (Nr. 33 der „Chronologie“) an den Staatssekretär des TMLNU feststellte.
Dass in dem Vermerk des TMLNU vom 18. März 1999 (vgl. Nr. 1 der „Chronologie“) sinngemäß festgehalten wurde, mit dem Generalvertrag sei dem Grunde nach die Entscheidung über die Freistellung getroffen worden, spricht dafür, dass die Voraussetzungen des Art. I § 4 Abs. 3 Satz 2 URG n. F. für eine Freistellung auch seitens des Beklagten entweder als gegeben angesehen oder nicht mehr geprüft wurden. Es ist denkbar, dass die Beteiligten darüber einig waren, dass die mit der Aufrechterhaltung des Betriebes der Grube Unterbreizbach und der Durchführung der in den Gruben Merkers/Springen erforderlichen Sanierungsmaßnahmen erhaltenen Arbeitsplätze und die damit einhergehenden Investitionen als eine Freistellung rechtfertigendes Interesse ausreichend sein sollten. Ob dies der Fall war, ist weder anhand des Vertragstextes noch der Entwürfe nachvollziehbar, da die diesbezüglichen Ausführungen in Nr. 2 der Präambel und in § 2.2 der Entwürfe 01 bis 03 sehr vage waren und letztendlich gestrichen wurden.
(4) Zweifelhaft und nicht eindeutig zu bejahen ist auch, ob die in der Anlage 3.1 für den untertägigen Bereich dargestellten Sanierungsmaßnahmen überhaupt nach Art. I § 4 Abs. 3 URG n. F. freistellungsfähig waren. Für eine Freistellungsfähigkeit untertägiger Bereiche spricht das Positionspapier des BMF vom 18. Januar 1995 (Anlage 5 zum Generalvertrag), soweit damit argumentiert wird, dass es sich bei Bergbaubetrieben um Anlagen und Grundstücke handele, die „im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen“ genutzt werden (unter Bezugnahme auf Dombert/Reichert, NVwZ 1991, 744/745). Ob jedoch Sanierungsmaßnahmen freistellungsfähig sind, zu denen der Bergbaubetrieb bereits gemäß (Abschluss-) Betriebsplan und nicht erst aufgrund ordnungsrechtlicher Verfügung verpflichtet ist, ist zweifelhaft (insoweit kritisch: Müller/Süß, Zur Anwendbarkeit von Artikel 1 § 4 Abs. 3 des Umweltrahmengesetzes im Zusammenhang mit der Sanierung stillgelegter Braunkohletagebaue in den neuen Bundesländern, altlasten spektrum 1996, 135 – 137; VG Weimar, Urteil vom 5. November 2014 – 7 K 849/11 We – juris Rn. 92 ff. differenzierend für „bergbauliche Tätigkeiten“; zwischen Umweltschäden vor dem 1. Juli 1990 und weitergehenden bergrechtlichen Verpflichtungen unterscheidend: Spießhofer, DB 1995, 1897/1899; vgl. auch Vermerk THA, Vertragsmanagement vom 16. August 1995 in GA Band XIV Blatt 2813 – 2823, in dem diese Frage als klärungsbedürftig angesehen wird). Allein der Umstand, dass der Braunkohletagebau in den Anwendungsbereich des VA-Altlastenfinanzierung aufgenommen wurde, rechtfertigt diese Schlussfolgerung jedenfalls nicht. Bei dem VA-Altlastenfinanzierung handelt es sich im Schwerpunkt um einen Vertrag auf der Finanzierungsebene zwischen den Exekutivorganen des Bundes und den fünf neuen Ländern. Dieser ermöglichte (nur) für Treuhandunternehmen eine quotale Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Freistellung auf Grundlage des Art. 1 § 4 Abs. 3 URG. Soweit bezogen auf Großprojekte, wie hier z. B. das Großprojekt …, darüber hinausgehend auch eine gemeinsame bzw. sogar einvernehmliche Aufgabenwahrnehmung – insbesondere die Festlegung der Sanierungskonzeption – vereinbart war (vgl. Eisenbarth, Altlastensanierung und Altlastenfinanzierung 1995, Rn. 166 ff.), führte dies – entgegen der Auffassung der Beigeladenen – nicht auf den Schluss, dass zwingend auch im Umfang des Großprojekts öffentlich-rechtlich freizustellen oder das VA-Altlastenfinanzierung anwendbar war. Denn in das Großprojekt konnten auch andere Flächen einbezogen werden, die nicht unter die Finanzierungsregelung des Altlastenabkommens fielen (vgl. Eisenbarth. Altlastensanierung und Altlastenfinanzierung 1995, Rn. 153 ff.). Dass der Umfang der Freistellung nicht unbedingt identisch mit dem räumlichen Rahmen des Großprojekts sein müsse, wurde seinerzeit auch auf der Arbeitsebene des Beklagten vertreten (vgl. Entwurf eines Ergebnisprotokolls über eine Besprechung vom 29. März 1996 mit Vertretern des SUA Sondershausen, des Landesverwaltungsamtes und des TMLNU in BA 31).
Letztendlich kann es jedoch offen bleiben, ob bergrechtliche Sanierungsmaßnahmen, die auf eine Entlassung aus der Bergaufsicht abzielen (§ 69 Abs. 3 BBergG) unter den Anwendungsbereich des Art. I § 4 Abs. 3 URG fallen. Denn eine Freistellung nach dieser Bestimmung durch Verwaltungsakt ist bereits aus den o.g. Gründen rechtswidrig.
(5) Soweit die THA/ BvS im Verwaltungsverfahren ihre Forderung nach einer umfassenden öffentlich-rechtlichen Freistellung (vgl. z. B. Schreiben der Treuhandanstalt vom 21. Juni 1994 in BA 11) damit begründet hat, dass sie in „Vorleistung“ getreten und dass mit der Einordnung als Großprojekt eine positive Entscheidung über die öffentlich-rechtliche Freistellung auf Grundlage des Umweltrahmengesetzes getroffen sei (vgl. z. B. S. 3 der Zuarbeit des Zeugen Herrn Dr. P … vom 14. Mai 1998 für den Präsidenten der BvS Herrn … für das am 4. Juni 1998 mit Herrn Ministerpräsidenten Dr. Vogel stattfindende Gespräch zum VA-Altlastenfinanzierung in BA 59 = Anlage B 85 in GA Band XII, Blatt 2293; Schreiben des Präsidenten der BvS vom 2. August 1995 an Minister TMLNU in GA Band XVI, Blatt 3396; Schreiben des BMF vom 19. Dezember 1997 zum Schreiben des TMLNU vom 10. Dezember 1997 – Anlage B 33 – und auch die Bekundung des Zeugen Herrn Dr. P … ), führt dies nicht auf die Rechtmäßigkeit einer öffentlich-rechtlichen Freistellung nach URG. Dieser Vortrag im Verwaltungsverfahren, den auch die Beigeladene teilweise aufgreift, würde nur dann die von der BvS durchgehend in den Verhandlungen vertretene Auffassung tragen, wenn die Einordnung als Großprojekt und auch die (Vor-)Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen aufgrund einer privatisierungsvertraglichen Verpflichtung eine Prüfung der insbesondere in Art. I § 4 Abs. 3 URG Sätze 2 und Sätze 3 URG n. F. genannten Anspruchsvoraussetzungen und auch insoweit auf der Rechtsfolgenseite eine Ermessensausübung entbehrlich machen würde, als bei der Einordnung als Großprojekt eine öffentlich-rechtliche Freistellung in seinem (durch die Sanierungskonzepte konkretisierten) Umfang in jeden Fall zulässig oder sogar geboten ist. Dies findet jedoch weder in Art. I § 4 Abs. 3 URG, im VA-Altlastenfinanzierung noch in der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung eine Stütze.
Wie bereits mehrfach ausgeführt sind die Aufgaben der Altlastensanierung, der Altlastenfreistellung (nach URG), der Privatisierung (nach § 25 Treuhandgesetz) von der Ebene der Aufgabenfinanzierung zu unterscheiden. Die Aufgaben der Altlastensanierung und der Altlastenfreistellung nehmen die Länder gemäß Art. 83, 84 GG als eigene Angelegenheit war. Demgegenüber handelt es sich bei der Aufgabe der Privatisierung nach dem Treuhandgesetz um eine Bundesaufgabe. Nach dem in Art. 104a Abs. 1 GG verankerten Konnexitätsprinzip haben der Bund und die Bundesländer jeweils die Kostenlast für die in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich liegenden Aufgaben zu tragen. Daraus ergibt sich, dass der Bund die von der Treuhandanstalt wahrgenommene Aufgabe der Privatisierung der Treuhandbetriebe zu finanzieren hat. Die Länder haben nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes die Altlastenfreistellungsklauseln zu finanzieren. Im Hinblick darauf ist es plausibel, dass der Bund den Forderungen der (neuen) Länder auf Übernahme der Kosten für die dortige Altlastensanierung (vor und nach der Wiedervereinigung) unter Hinweis auf die Kompetenzordnung des Grundgesetzes im Grundsatz eine Absage erteilte (vgl. Heilmann, LKV 1994, 305).
Anhand der Entstehungsgesichte des VA-Altlastenfinanzierung ist insoweit nachvollziehbar, dass Anlass für den Abschluss desselben der Umstand war, dass die neuen Länder die – in ihrem Zuständigkeitsbereich liegende – Bearbeitung der Anträge nach Art. I § 4 Abs. 3 URG im Hinblick auf die an eine öffentlich-rechtliche Freistellung anknüpfende Finanzierungslast nur zögerlich in Angriff nahmen. So waren beispielsweise in Thüringen zum Stand 29. Februar 1992 1.179 Anträge erfasst, von denen 2 positiv beschieden, 93 abgelehnt worden waren und 1.084 Anträge sich noch in der Bearbeitung befanden. Anlässlich der Bund-Ländersitzung am 8. Januar 1991 war festgestellt worden, dass von den insgesamt vorliegenden 4.500 Anträgen 15 positiv und über hundert negativ beschieden worden waren (vgl. S. 4/5 des Sachstandsberichts zum Thema „Freistellung von ökologischen Altlasten“ in BA 61). Bis zum Ablauf der Antragsfrist des Art. I § 4 Abs. 3 Satz 4 URG sollen ca. 60.000 Freistellungsanträge gestellt worden sein (vgl. Dombert, altlasten-spektrum 1/94, 53). Betroffen davon waren insbesondere Treuhandunternehmen, soweit diese (fristgerecht) einen Freistellungsantrag nach Art. I § 4 Abs. 3 Satz 4 URG gestellt hatten. Da das Vorhandensein von Altlasten ein Investitionshindernis war, bestand seinerzeit für die Treuhandanstalt die Notwendigkeit solche Investitionshindernisse zu beseitigen, um einen Investor zur Übernahme des jeweiligen Treuhandunternehmens zu bewegen. So einigte sich die Treuhandanstalt frühzeitig mit dem Bundesministerium der Finanzen auf folgende Grundsätze zur Regelung der Altlastenproblematik (vgl. Scheifele, BB 1991, 629/635 und Grundsätze BMF/BMWi vom 13. November 1990 in: Treuhand, Dokumentation 1990 – 1994, Band 9, S. 376/377):
– keine unbegrenzte Freistellung des Erwerbers von Altlasten;
– jeder Erwerber muss sich mit einem Mindestbetrag an den Altlasten beteiligen. Die Höhe des Betrages ist Verhandlungssache;
– die Freistellung der Treuhandanstalt erlischt, sobald eine Freistellungserklärung der zuständigen Landesbehörde nach § 4 Abs. 3 Umweltrahmengesetz vorliegt.
Es gab mehrere Möglichkeiten dem Vorhandensein bzw. Verdacht von Altlasten Rechnung zu tragen, z. B. Kaufpreisreduzierungen, vertraglich vereinbarte Risikobeteiligungen oder Inanspruchnahme von Drittmitteln wie z. B. die Freistellungen nach dem Umweltrahmengesetz (vgl. Organisationshandbuch der Treuhandanstalt vom 9. März 1993 in: Treuhandanstalt, Dokumentation 1990 – 1994, Band 9, S. 418). Soweit sich die Treuhandanstalt im Privatisierungsvertrag zu einer Risikobeteiligung mittels einer privatrechtlichen Freistellung verpflichtete, bestand aber das Bestreben, die Übernahme von Altlastenrisiken auf das unabdingbar notwendige Maß zu begrenzen (vgl. Handbuch Privatisierung Stand 03/92, S. 9 in BT-Drs. 12/8404, S. 779). Denn die Treuhandanstalt sah keine eigene Umweltverantwortlichkeit für die im Eigentum der Treuhandunternehmen stehenden Grundstücke, Gebäude und Anlagen (vgl. Treuhandanstalt, Dokumentation 1990 – 1994, Band 9, S. 370). Im Wesentlichen stand die Erfüllung des Privatisierungsauftrages und nicht die „Vorleistung“ im Hinblick auf eine erwartete öffentlich-rechtliche Freistellung im Vordergrund. Dies führte zu einer Vielzahl von an den jeweiligen Privatisierungsfall angepassten individuellen bzw. heterogenen Verträgen, in denen das Verhältnis zur öffentlich-rechtlichen Freistellung jeweils unterschiedlich ausgestaltet war. In diesem Zusammenhang gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die THA/BvS bei der Ausgestaltung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen alle Anspruchsvoraussetzungen des Art. I § 4 Abs. 4 URG in den Blick nahm und quasi eine diesbezügliche eigene vorgezogene Prüfung vornahm. Da für den Fall der Bewilligung lediglich eine „Anrechnung“ der öffentlich-rechtlichen Freistellung vorgesehen war (vgl. Handbuch Privatisierung Stand 03/92, S. 8 in BT-Drs. 12/8404, S. 778), bietet dies einen gewichtigen Hinweis darauf, dass auch Maßnahmen privatisierungsvertraglich freigestellt werden konnten, die nicht nach Art. I § 4 Abs. 3 URG freistellungsfähig waren und sich deshalb nicht als „Vorleistung“ darstellten. Nur soweit die privatisierungsvertragliche Freistellung und die nach Art. I § 4 Abs. 3 Satz 1 URG rechtlich mögliche öffentlich-rechtliche Freistellung bezogen auf vor dem 1. Juli 1990 verursachte Schäden deckungsgleich sind, also eine Schnittmenge bilden können, war im Umfang dieser Schnittmenge auch die Schlussfolgerung der THA/BVS gerechtfertigt, im Verhältnis zur öffentlich-rechtlichen Freistellung in Vorleistung getreten zu sein. Es bestand insoweit das berechtigte finanzielle Interesse der THA/BvS, letztendlich im Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung gegenüber dem Erwerber aus der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung nicht in Anspruch genommen werden zu können. Dem trugen jedoch bereits die Vorgaben für die Ausgestaltung privatisierungsvertraglicher Verträge durch die Anrechnung der öffentlich-rechtlichen Freistellung und einer Verpflichtung des Erwerbers, den Anspruch auf öffentlich-rechtliche Freistellung durchzusetzen hinreichend Rechnung. Auch liegt diesen Vorgaben erkennbar die zutreffende Annahme zugrunde, dass die THA/BvS als (ehemalige) Trägerin des Unternehmens nicht an dem öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverfahren, in dem über die Freistellungsanträge entschieden wird, beteiligt ist.
An dieser Grundannahme änderte sich auch nichts durch den Abschluss des VA-Altlastenfinanzierung vom 1. Dezember 1992. Diesbezüglich ist zunächst klarzustellen, dass der Senat in dieser Entscheidung, in der (nur) Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus dem Freistellungsvertrag vom 21. Oktober 1999 streitgegenständlich sind, von der Wirksamkeit des VA-Altlastenfinanzierung ausgeht. Von Amts wegen besteht keine Veranlassung für eine (vertiefte) Inzidentprüfung des VA-Altlastenfinanzierung. Keiner der Beteiligten hat die Wirksamkeit des VA-Altlastenfinanzierung angezweifelt. Auch ist kein diesbezügliches Verfahren nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO beim Bundesverwaltungsgericht anhängig, das ggf. zu einer Aussetzung des hiesigen Verfahrens hätte verpflichten können. Im Übrigen hält der Senat die diesbezüglichen Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Einordnung des VA-Altlastenfinanzierung in dem vom Beklagten als Anlage B 24 vorgelegten Gutachten Sch … vom 29. November 2018 für überzeugend. Danach handelt es sich im vorliegenden Fall bei der Altlastenfreistellung und der Privatisierung um faktisch verschränkte Aufgaben (zu Art. 104a Abs. 4 GG und Art. 91a Abs. 1 Nr. 2 GG als in Betracht kommende Rechtsgrundlagen vgl. Heilmann, LKV 1994, 305/310). Das ermöglicht eine Vereinbarung über die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung und Finanzierung.
Bei dem VA-Altlastenfinanzierung handelt es sich um eine Vereinbarung, die im Wesentlichen der Finanzierungsebene der Art. 104a ff. GG zuzuordnen ist. Die Anwendbarkeit des VA-Altlastenfinanzierung setzt voraus, dass es sich um die Finanzierung einer öffentlich-rechtlichen Freistellung auf Grundlage des Art. I § 4 Abs. 3 URG n. F. für ein (ehemaliges) Treuhandunternehmen handelt. Dass der Treuhand/BvS für diesen Fall der Anwendbarkeit eine Einflussmöglichkeit auf das bzw. eine Beteiligtenstellung in dem Freistellungsverfahren eingeräumt würde, ist jedoch nicht ersichtlich. Vielmehr ist allein die Existenz einer das Freistellungsverfahren abschließenden positiven Entscheidung Voraussetzung. Dies liegt nicht nur dem VA-Altlastenfinanzierung zugrunde (vgl. Ziff. 1 der Anlage 1 zum VA-Altlastenfinanzierung), sondern ist auch nochmals in Ziff. 3 des Beschlusses der in Umsetzung der Ziff. 6 der Anlage 1 zum VA-Altlastenfinanzierung errichteten Arbeitsgruppe Bund/THA/Länder vom 11. Juni 1993 ausdrücklich festgehalten.
Dieses Dokument enthält auch Vereinbarungen, mit denen der Bund und die Treuhandanstalt erkennbar das Ziel verfolgen, das VA-Altlastenfinanzierung in dem Umfang zur Anwendung zu bringen, in dem eine privatisierungsvertragliche Verpflichtung sich mit der nach Art. I § 4 Abs. 3 URG rechtlich möglichen öffentlich-rechtlichen Freistellung deckt und sich die privatisierungsvertragliche Verpflichtung aus der Perspektive der THA quasi als Vorleistung zur öffentlich-rechtlichen Freistellung darstellte. So wurde in Ziff. II. 1. des Beschlusses vom 11. Juni 1993 vereinbart, dass der Freistellungsantrag eines ab dem 1. Januar 1992 privatisierten THA-Unternehmens nicht mit der Begründung abgelehnt werden dürfe, dass durch die vertragliche Kostenbeteiligung das Investitionshemmnis für den Erwerber entfallen sei (Anm.: Diese Vereinbarung ließ das Thüringer Landesverwaltungsamt in seinem Schreiben vom 5. Oktober 1995 – in BA 9 und BA 27 – offensichtlich unberücksichtigt, in dem es gegenüber dem TMLNU die Auffassung vertrat, dass im Hinblick auf die privatisierungsvertragliche Freistellung in dem Rahmenvertrag für die Antragstellerin kein Investitionsrisiko und damit auch kein Investitionshemmnis bestehe). Bezogen auf diese Vereinbarung in Ziff. II. 1 des Beschlusses vom 11. Juni 1993 ist eine Protokollanmerkung Bund/THA angebracht:
„Dies bedeutet als Voraussetzung für die Durchführung der Altlastenfinanzierung, dass der Freistellungsantrag dieser THA-Unternehmen im Regelfall positiv beschieden wird.“
Da es sich insoweit nur um die Protokollnotiz einer Partei des Verwaltungsabkommens und nicht um einen Teil des Beschlusses vom 11. Juni 1993 handelt, legt dies die Schlussfolgerung nahe, dass die an der Arbeitsgruppe beteiligten neuen Länder diese Auffassung nicht teilten und mit einer Aufnahme in den Beschluss nicht einverstanden waren. Dem Wortlaut nach ließe sich diese Protokollnotiz so auslegen, dass der Bund und die Treuhandanstalt seinerzeit eine Prüfung der Voraussetzungen des Art. I § 4 Abs. 3 URG für entbehrlich hielt. Da dies aber eine Aufforderung zum Verstoß gegen gesetzlich geregelte Vorgaben beinhalten würde, ist diese Protokollnotiz verfassungskonform so auszulegen, dass die Länder bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen gebeten bzw. darauf hingewiesen werden, ihr Entschließungsermessen im Sinne einer Freistellung auszuüben. Dafür könnte beispielsweise die Pflicht der Länder zum bundesfreundlichen Verhalten streiten. Auch die Ziff. III. 1 des Beschlusses vom 11. Juni 1993, die folgenden Wortlaut hat:
„Die vertraglichen Verpflichtungen des Erwerbers bezüglich Altlasten werden in der Freistellungsentscheidung berücksichtigt. Eine Doppelbelastung der THA durch vertragliche Verpflichtungen und die Altlastenfinanzierung soll vermieden werden. Wird die THA von einem Erwerber aufgrund vertraglicher Verpflichtungen in Anspruch genommen, so werden daher die Leistungen der THA gegenüber dem Erwerber als solche der Altlastenfinanzierung angerechnet, sofern sie Maßnahmen betreffen, die denjenigen nach Kapitel V vergleichbar sind.“
lässt sich in diesem Sinne auslegen. Insoweit werden die Länder darum gebeten oder sogar aufgefordert, im Rahmen der Ausübung des Ermessens von einer Ablehnung der Freistellung abzusehen, soweit die Möglichkeit einer positiven Entscheidung – bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen – auf der Rechtsfolgenseite eröffnet ist. Bezogen auf den hier vorliegenden Fall ist jedoch nachvollziehbar, dass die Vertreter der THA/BvS durchgehend eine umfassende öffentlich-rechtliche Freistellung bzw. die Freistellung als Voraussetzung für die Durchführung des Großprojekts von den Vertretern Thüringens forderten (vgl. z. B. Schreiben der THA vom 21. Juni 1994 in BA 11, Schreiben der BvS vom 2. November 1995 an TMLNU in BA 4, BA 12 und BA 33, Schreiben der BvS an SUA Suhl vom 16. Mai 1997 in BA 4, BA 33, BA 35 und in Akte BvS Nr. 265 938 = GA Band XVI Blatt 3350 – 3351), ohne in den Blick zu nehmen, dass die dort geäußerten Bedenken sich im Wesentlichen auf die Anspruchsvoraussetzungen – Umfang der fristgerecht gestellten Anträge, Nachweis geplanter Investitionen und Arbeitsplätze sowie Freistellungsfähigkeit der Maßnahmen dem Grunde nach – und nicht auf die Ermessensausübung bezogen.
Die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen des Art. I § 4 Abs. 3 URG wurde auch in den Fällen, in denen eine Einordnung als Großprojekt mit der für die Länder günstigeren Kostenquote erfolgte, nicht entbehrlich. Wie bereits ausgeführt, hatte die Einordnung als Großprojekt zur Folge, dass dafür ein gemeinsames Sanierungskonzept zu erarbeiten war. Die Erstellung eines Sanierungskonzepts ist jedoch weder der gemeinsamen Aufgabenfinanzierung noch der Aufgabe Bearbeitung des Freistellungsantrages, sondern der Vorbereitung der Sanierungsmaßnahmen bzw. der dann ggf. zu treffenden Sanierungsanordnungen zuzuordnen. Aus diesem Grund lässt die Aufnahme einer Maßnahme in ein von Bund/THA/Land erarbeitetes und abgestimmtes Sanierungskonzept (wie hier das TSRK 1996) nicht die Schlussfolgerung zu, dass dieses vollumfänglich von der öffentlich-rechtlichen Freistellung erfasst sein muss. Auch bezogen auf Großprojekte ist die Möglichkeit der öffentlich-rechtlichen Freistellung nach URG nur in dem Umfang eröffnet, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Diesen Zusammenhang hat insbesondere die THA/BvS im Verwaltungsverfahren mit ihrer Forderung nach einer umfassenden Freistellung nicht berücksichtigt, als sie beispielsweise die weitere Bearbeitung des Großprojektes … an den Erlass eines positiven Freistellungsbescheides knüpfte (vgl. Ergebnisprotokoll über ein Aktengespräch am 15. Oktober 1993 in BA 3 und BA 9). Ob die Literaturstimmen, die ohne nähere Begründung eine grundsätzliche Verpflichtung der Länder zur Freistellung im Anwendungsbereich des VA-Altlastenfinanzierung (vgl. Eisenbarth, Altlastensanierung und Altlastenfinanzierung, 1995, S. 46) bzw. eine Pflicht zur Orientierung der Reichweite der Altlastenfinanzierungsregelung an der Reichweite der privatisierungsvertraglichen Verpflichtungen der Treuhandanstalt (vgl. Spieth in: Gossow, Altlastensanierung, 92/94) annehmen, unausgesprochen das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des Art. I § 4 Abs. 3 URG annehmen oder dieses für entbehrlich halten, ist mangels entsprechender Ausführungen nicht nachvollziehbar. Demgegenüber trug die „Durchführungsanleitung Großprojekte zur Anwendung der Altlastenfinanzierungsregelung“ in ihrer Wortwahl dem o. g. Zusammenhang Rechnung, indem dort festgehalten ist, dass eine Freistellung aller vom Großprojekt erfassten (privatisierten) THA-Unternehmen und ihrer Grundstücke erfolgen solle, „soweit sie unter die Altlastenfinanzierung fallen“ (vgl. den mit Schreiben des TMUL vom 29. Dezember 1993 übersandten Entwurf in BA 12).
(6) Da ein im Umfang der Anlage 3.1 öffentlich-rechtlich freistellender Verwaltungsakt aus den bereits o. g. Gründen in Anwendung einfachgesetzlicher Bestimmungen rechtswidrig wäre, ist entgegen der Auffassung des Beklagten mangels Erheblichkeit kein Raum mehr für eine Prüfung des Art. 3 Abs. 1 GG.
bb. Es ist aufgrund des sich aus den Akten ergebenden Sachstandes und auch unter Würdigung der Zeugenaussagen kein greifbarer Anhaltspunkt feststellbar, dass die an den Vertragsverhandlungen beteiligten Personen seinerzeit von einer Rechtswidrigkeit der Freistellung im Umfang der dynamischen Anlage 3.1 ausgingen. Insofern ist zunächst festzuhalten, dass es im vorliegenden Fall ausgeschlossen ist, dass die Vertragspartner kollusiv handelten, um über den Umweg des öffentlich-rechtlichen Vertrages einen rechtswidrigen Erfolg herbeizuführen. Denn wie bereits ausgeführt verfolgten die Vertragspartner einen den gemeinsamen Willen ausschließende unterschiedliche Interessen.
Der Senat ist aber davon überzeugt, dass sowohl der Beklagte als auch die BvS sich für berechtigt hielten, diesen die Voraussetzungen des Art. 1 § 4 Abs. 3 URG nicht vollumfänglich beachtenden Freistellungsvertrag abzuschließen, da sie zuvor den Generalvertrag abgeschlossen hatten, dessen Finanzvolumen die öffentlich-rechtliche Freistellung überstieg, weil es auch die Ablösung der privatisierungsvertraglichen umfasste.
Aus Sicht des Beklagten ging der für die Sanierung des Teilprojekts … in Ansatz gebrachte Betrag von 800 Mio. DM weit über die intern für die öffentlich-rechtliche Freistellung in den Entwürfen der Freistellungsbescheide des SUA Suhl prognostizierten Beträge hinaus. Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass der Beklagte im Zeitpunkt des Abschlusses des Freistellungsvertrages Bedenken gehabt hätte, den im Generalvertrag in Ansatz gebrachten Betrag von 800 Mio. DM ggf. auszuschöpfen. Es gab vor Abschluss des Generalvertrages zwar erhebliche Zweifel an der Freistellungsfähigkeit der „K+S“ aus verschiedenen Gründen. Dabei wurden insbesondere die Fragen diskutiert, ob der untertägige Bereich überhaupt freistellungsfähig sei, wie weit die Anträge reichten und ob die Planungen zur Erhaltung/Schaffung von Arbeitsplätzen sowie Investitionen hinreichend nachgewiesen seien. Dies bestätigten auch die Zeugen Herr I … und Frau A …, indem sie auf die strenge Freistellungspraxis des Freistaates verwiesen. Das SUA Suhl vertrat sogar kurz nach Abschluss und trotz Kenntnis des Generalvertrages noch die Auffassung, dass nur eine begrenzte Freistellung möglich sei. Dennoch stellt sich der Abschluss des Generalvertrages insoweit als Zäsur dar, der diese vom SUA Suhl zunächst noch vertretene Auffassung obsolet werden ließ. In dem Vermerk des Referats 65 im TMLNU zur Vorbereitung des für den 31. März 1999 mit der „K+S“ und der BvS geplanten ersten Gesprächs über den Freistellungsvertrag wurde festgehalten, dass mit dem Abschluss des Generalvertrages dem Grunde nach eine positive Entscheidung über die Freistellung der „K+S“ getroffen worden sei. Damit wurde dokumentiert, dass der Beklagte weitergehende Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen nicht mehr treffen bzw. diese in den Verhandlungen zum Freistellungsvertrag als gegeben ansehen werde. Wie bereits ausgeführt, ging es den Vertretern des Freistaates Thüringens letztendlich darum, im Freistellungsvertrag den Generalvertrag umzusetzen. Das in den Aussagen der Zeugin Frau A … und des Zeugen Herrn B … anklingende, möglichweise zunächst verfolgte Interesse, nur im Umfang der Anträge öffentlich-rechtlich freizustellen und im Übrigen die privatisierungsvertragliche Verpflichtung mit dem im Sondervermögen zur Verfügung stehenden Beträgen zu erfüllen, ließ sich im Zuge der Vertragsverhandlungen nicht durchsetzen. Es gibt jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Vertreter des Beklagten Zweifel gehabt hätten, den Umfang der öffentlich-rechtlichen Freistellung auf den Umfang der in dem Sondervermögen zur Verfügung stehenden Beträge ausdehnen zu dürfen.
Auch das Interesse der BvS war auf Umsetzung des Generalvertrages gerichtet. Der Abschluss desselben zielte darauf, sich von der betragsmäßig nicht begrenzten privatisierungsvertraglichen Verpflichtung durch Zahlung eines Einmalbetrages endgültig zu befreien. Grundlage der Ermittlung dieses Einmalbetrages war die Prognose des für die Sanierung des Teilobjekts … erforderlichen Gesamtbedarfs. Aufgrund der fachaufsichtlichen Beziehung zum Bundesministerium der Finanzen bestand das Interesse, diesen vom Zeugen Herrn Dr. P … als „Preis“ bezeichneten Betrag so niedrig wie möglich zu halten. Angesichts dieser rein monetären Betrachtungsweise des Bundesministeriums der Finanzen und der BvS scheiterten auch die Versuche des Beklagten, den im Eckpunktepapier vereinbarten Einmalbetrag zu erhöhen. So teilten die Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen auch nach der Bundestagswahl im September 1998 und dem damit verbundenen Regierungswechsel noch im Januar 1999 „in ausdrücklicher Absprache mit BM Lafontaine“ mit, dass „eine Erhöhung der abgesprochenen Beteiligung des Bundes nicht in Betracht komme (vgl. Vermerk des damaligen Staatssekretärs des TMLNU vom 16. Januar 1999 über das ihm durch den Zeugen Herrn Dr. P … mitgeteilte Ergebnis eines Gesprächs zwischen dem damaligen Innenminister Dr. Dewes und dem damaligen Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen Dr. Overhaus). Dass seinerzeit Art. 104a GG in die Prüfung einbezogen und bewertet wurde, ist zumindest anhand der hier vorliegenden Akten nicht ersichtlich. Da aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen mit dem Abschluss des Generalvertrages „die Messe gesungen“ (so die Zeugen Herr Dr. P … – … und Herr Rechtsanwalt Dr. S … ) und dem Beklagten das Risiko der Überschreitung des für die Sanierung prognostizierten Kostenaufwandes auferlegt worden war, ist es konsequent, dass die BvS seinerzeit auf der Ebene der Freistellung nach dem Umweltrahmengesetz eine vertragliche Regelung anstrebte, mit der ihre Inanspruchnahme aus der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung ausgeschlossen war. Bei Zustimmung der „K+S“ zur Schuldübernahme wäre dieses Ziel erreicht worden. Dass sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in dem Freistellungsvertrag vereinbarten öffentlich-rechtlichen Freistellung hatte, ist nicht ersichtlich. Auch schon vor Abschluss des Generalvertrages haben die Vertreter wie bereits ausgeführt durchgehend die Auffassung vertreten, dass allein wegen der Einordnung als Großprojekt eine umfassende Freistellung geboten sei.
Auch das Verhalten der Vertreter der Rechtsvorgängerin der Klägerin bietet angesichts der von ihr verfolgten Interessen keinen Anknüpfungspunkt dafür, dass sie eine über den Umfang der Anträge hinausgehende öffentlich-rechtliche Freistellung für rechtswidrig gehalten haben könnten. Dies ist insbesondere dem Umstand geschuldet, dass ihnen auf der Besprechung am 18. Juni 1999 verdeutlicht wurde, dass die – von der „K+S“ abgelehnte – Einbeziehung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung erforderlich sei, um im konkreten Fall eine über den Umfang der Anträge hinausgehende öffentlich-rechtliche Freistellung zu rechtfertigen. Hier wurde also insbesondere durch die Vertreter des Beklagten der Eindruck erweckt, dass eine weitergehende öffentlich-rechtliche Freistellung ausnahmsweise zulässig sei. Im Übrigen bestand kein originäres Interesse der Rechtsvorgängerin zu klären, in welchem Umfang die im Ermessen des Beklagten stehende öffentlich-rechtliche Freistellung rechtmäßig sein könnte. Im Hinblick auf die umfassend in dem Rahmenvertrag durch die Treuhand erteilte privatrechtliche Freistellung war ihr Interesse lediglich darauf gerichtet, sich die THA/BvS als Kostenschuldner für solche Maßnahmen der Altlastensanierung zu erhalten, die von der öffentlich-rechtlichen Freistellung nicht erfasst würden.
b. Da die öffentlich-rechtliche Freistellung die Verpflichtung des Beklagten zur Kostenerstattung der Laugenhaltung (als bis zur Erreichung des Verwahrziels i. e. S. auflösend bedingt erforderliche Maßnahme) erfasst, kann es für die Entscheidung über den Klageantrag zu 2) offen bleiben, ob die Übernahme der Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 134 BGB und Art. 104a GG wirksam oder – wie vom Beklagten vorgetragen – unwirksam ist. Auch wenn dies der Fall sein sollte, führt dies nach Maßgabe des § 59 Abs. 3 VwVfG nicht auf eine Nichtigkeit der öffentlich-rechtlichen Freistellung. Denn im Hinblick auf die in § 7.6 des Freistellungsvertrages vereinbarte salvatorische Klausel, nach deren Satz 1 die teilweise Nichtigkeit die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt, ist anzunehmen, dass der gültige Teil des Vertrages über die öffentlich-rechtliche Freistellung auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre (vgl. Tegethoff in: Kopp, VwVfG, 22. Auflage, 2021, Rn. 29b). Soweit die Beigeladene diesbezüglich geltend macht, dass ihre Rechtsvorgängerin den Vertrag dann nicht unterzeichnet hätte, ist dies nicht nur im Hinblick darauf, dass die BvS den Freistellungsvertrag, also auch dessen § 7.6, unterzeichnet hat, sondern auch deshalb unbeachtlich, weil sie an dem Verwaltungsverfahren, das durch den Freistellungsvertrag abgeschlossen wurde (vgl. § 7.2 des Freistellungsvertrages) nicht als Dritte beteiligt ist (s. o). Ihre Beteiligung an dem Freistellungsvertrag erfolgte nur aufgrund der Einbeziehung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung (so auch ausdrücklich § 6.4 Satz 1 des Freistellungsvertrages).
c. Ebenso scheidet eine Nichtigkeit der öffentlich-rechtlichen Freistellung gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 134 BGB wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot der Art. 92, Art. 93 EWGV (jetzt Art. 107, 108 AEUV) aus. Bezogen auf die öffentlich-rechtliche Freistellung gemäß Art. I § 4 Abs. 3 URG in dem Freistellungsvertrag bestand seinerzeit keine Notifizierungspflicht bei der Europäischen Kommission nach Art. 92 Ziff. 3 EWGV (jetzt Art. 108 Abs. 3 AEUV). Zum einen spricht viel dafür, dass es sich bei der Altlastenfreistellung auf Grundlage des Art. 1 § 4 Abs. 3 URG um eine „bestehende Beihilferegelung“ im Sinne des Art. 93 Ziff. 3 Satz 1 EWGV (jetzt Art. 108 Abs. 1 AEUV) handelt. Denn das Umweltrahmengesetz vom 29. Juni 1990 (DDR GBl. I S. 649) trat bereits am 1. Juli 1990, also vor dem Inkrafttreten des Gemeinschaftsrechts mit dem Tag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 (vgl. Hailbronner, DtZ 1991, 321 ff.) in Kraft. Zum anderen hat die Europäische Kommission in ihrer „ersten grundsätzlichen und zusammenfassenden Entscheidung“ vom 5. Dezember 1990 festgestellt, dass sie die Maßnahmen nach dem Einigungsvertrag gemäß Art. 92 ff. EWGV geprüft habe und gegen die konkreten Beihilfevorhaben keine Einwände erhebe (vgl. dazu Schütterle, EuZW 1991, 662/663). Davon erfasst ist auch Art. 1 § 4 Abs. 3 URG, der in Art. 9 Abs. 2 des Einigungsvertrages i. V. m. Anlage II Kapitel XII Abschnitt III Nr. 1 b) neu gefasst und dessen Fortgeltung ausdrücklich angeordnet wurde.
Offen bleiben kann, ob – wie vom Beklagten vorgetragen – die Übernahme der Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung als Umgestaltung einer Beihilfe im Sinne des Art. 93 Ziff. 3 EWGV (jetzt Art. 108 Abs. 3 AEUV) einzuordnen ist und etwa deshalb möglicherweise eine Notifizierungspflicht bestand. Wie bereits ausgeführt berührt eine etwaige Unwirksamkeit der Übernahme der Erfüllung der privatisierungsvertraglichen Verpflichtung aus dem Rahmenvertrag vom 13. Mai 1993 durch den Beklagten die Wirksamkeit der öffentlich-rechtlichen Freistellung nicht. Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, ob das von der Klägerin mit Schriftsatz vom 15. September 2015 als Anlage K 14 (GA Band IV, Blatt 673 – 675) vorgelegte Unterrichtungsschreiben der Kommission vom 26. September 1991 über die grundsätzliche Entscheidung vom 18. September 1991 zur Ausübung der Beihilfenkontrolle auf die Tätigkeit der Treuhandanstalt diesen Privatisierungsvorgang und insbesondere die Erfüllungsübernahme durch den Beklagten abdeckt (vgl. zur Einordnung dieser die Tätigkeit der Treuhandanstalt betreffenden grundsätzlichen Entscheidung der Kommission: Schütterle, EuZW 1991, 662 – 665; Schütz, Die Eingliederung der ehemaligen DDR in die Europäische Gemeinschaft unter dem Aspekt der staatlichen Beihilfen, 1994, S. 183; 49. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften – Berichtszeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 1991, BT-Drs. 12/2218, S. 48/49).
d. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen besteht kein Raum für eine Umdeutung auf Grundlage des § 62 Satz 2 VwVfG i. V. m. § 140 BGB. Diese Bestimmung ermöglicht die Ersetzung eines nichtigen Rechtsgeschäfts durch ein anderes Rechtsgeschäft (Arnold in: Ermann, BGB, 16. Auflage 2020, Rn. 1 zu § 140 BGB). Da der Freistellungsvertrag zumindest hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Freistellung wirksam ist, mangelt es schon an dem Erfordernis eines nichtigen Rechtsgeschäftes. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Vortrag der Beigeladenen tatsächlich auf eine Umdeutung führen würde. Dagegen spricht, dass die Beigeladene – für den Fall der Nichtigkeit – eigentlich nicht etwas anderes als eine öffentlich-rechtliche Freistellung erreichen, sondern die Freistellung lediglich auf eine andere Rechtsgrundlage stützen will. Dabei handelte es sich nicht um eine Umdeutung, sondern um ein der Umdeutung nicht zugängliches Nachschieben von Gründen (vgl. Sachs in: Stellens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz 9. Auflage 2018, Rn. 9 zu § 47 VwVfG).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Beklagte hat als unterliegender Berufungsführer die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da sie umfassend zur Sache vorgetragen hat und durch Stellung eines Antrags auch ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO in entsprechender Anwendung.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30 Millionen Euro festgesetzt (§§ 39 Abs. 3, 47, 52 Abs. 1 GKG).
Hinweis:Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).




