Arbeitsrecht

Aussetzung

Aktenzeichen  3 Ta 29/22

Datum:
25.5.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt 3. Kammer
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:LAGST:2022:0525.3TA29.22.00
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

1. Ein Rechtsstreit kann in entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO auch dann ausgesetzt werden, wenn bezogen auf die streitentscheidende Norm ein Normenkontrollverfahren oder eine Verfassungsbeschwerde anhängig ist (BAG 10. September 2020 – 6 AZR 136/19 (A), Rn. 38; BAG 20. Mai 2010 – 6 AZR 481/09 (A), Rn. 9).
2. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist eine Aussetzung in entsprechender Anwendung des § 148 Abs. 1 ZPO nur möglich, wenn in Abwägung zwischen der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen und dem Beschleunigungsgebot des § 9 Abs. 1 ArbGG eine Aussetzung unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien angemessen erscheint. Dies ist bei der nach § 148 Abs. 1 ZPO vorzunehmenden Ermessenausübung anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BAG 10. September 2020 – 6 AZR 136/19 (A), Rn. 44; BAG 16. April 2014 – 10 AZB 6/14, Rn. 5).
3. Eine Aussetzung kommt in der Regel erst in Betracht, wenn das Verfahren “ausgeschrieben” ist (LAG Berlin-Brandenburg 25. November 2020 – 21 Ta 1223/20, Rn. 24). Erst dann kann die Vorgreiflichkeit oder – im Falle der entsprechenden Anwendung von § 148 ZPO – die Entscheidungserheblichkeit festgestellt werden. Das erfordert grundsätzlich die Feststellung der Schlüssigkeit der Klage und das Vorliegen einer Klageerwiderung sowie gegebenenfalls die Feststellung streitiger Tatsachen. Eine Aussetzung auf der Grundlage einer Klageschrift und eines Antrages des beklagten Landes ohne inhaltliche Stellungnahme zu der Klage bereits vor dem Gütetermin scheidet damit grundsätzlich aus (Fortführung der Entscheidung des LAG Sachsen-Anhalt vom 05. August 2021 – 3 Ta 45/21).
4. Tatsachen, auf die die Aussetzungsentscheidung gestützt werden soll, die jedoch aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich sind, sind konkret offen zu legen.

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Magdeburg, 21. Januar 2022, 10 Ca 1403/21 E, Beschluss

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 21. Januar 2022 – 10 Ca 1403/21 E – in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 04. März 2022 aufgehoben.
Die erforderliche Anordnung wird dem Vorsitzenden der 10. Kammer des Arbeitsgerichts Magdeburg übertragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe


A. Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin absolvierte in der Zeit vom 01. August 1992 bis 31. Januar 1996 eine Ausbildung zur Justizfachangestellten (Berufsausbildungsvertrag vom 20. Juli 1992, Anlage K1, Bl. 21 bis 26 d. A.). Seit dem 01. Februar 1996 ist sie bei dem beklagten Land aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom selben Tage als „Angestellte im Justizdienst“ tätig (Arbeitsvertrag vom 01. Februar 1996, Anlage K2, Bl. 27 f. d. A.) und wird als Geschäftsstellenmitarbeiterin einer Serviceeinheit der Staatsanwaltschaft M… beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag ist bestimmt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung Anwendung finden. Das sind, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, derzeit der Tarifvertrag für den öffentlichen der Länder (TV-L) sowie die Entgeltordnung zum TV-L (TV-L EntgeltO).
Eine Tätigkeitsbeschreibung existiert nach den Angaben der Klägerin nicht. Sie erhielt zunächst Vergütung nach der Vergütungsgruppe VIII BAT-O (§ 3 des Arbeitsvertrages), sodann seit dem 01. September 1996 nach der Vergütungsgruppe VII BAT-O (Änderungsvertrag vom 23. September 1996, Anlage K3, Bl. 29 d. A.) und seit dem 01. Februar 2002 nach der Vergütungsgruppe VIb BAT-O (Änderungsvertrag vom 23. April 2002, Anlage K4, Bl. 30 d. A.). Mit Inkrafttreten des TV-L zum 01. November 2006 vergütet das beklagte Land die Klägerin nach der Entgeltgruppe 6 TV-L (Überleitungsmitteilung vom 06. März 2007, Anlage K5, Bl. 31 d. A.), zuletzt mit der Stufe 6.
Mit ihrer Klage vom 03. August 2021, dem beklagten Land am 10. August 2021 zugestellt, begehrt die Klägerin nach mehrfachen erfolglosen vorprozessualen Geltendmachungen die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes, sie für die Zeit vom 01. Februar 2018 bis 31. Dezember 2018 nach der Entgeltgruppe 9 TV-L und ab dem 01. Januar 2019 nach der Entgeltgruppe 9a TV-L zu vergüten.
Sie ist unter Berufung auf die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Februar 2018 (4 AZR 816/18) und 09. September 2020 (4 AZR 195/20 und 4 AZR 196/20) der Ansicht, dass allen Einzeltätigkeiten (Aufstellung, Seite 6 der Klageschrift) nur ein Arbeitsvorgang zugrunde liege. Diese Tätigkeiten seien als „schwierig“ im tariflichen Sinne zu bewerten und machten insgesamt einen Zeitanteil von 25 % an der Gesamtarbeitszeit aus. Daraus ergebe sich, dass in diesem einen Arbeitsvorgang in rechtserheblichem Umfang schwierige Tätigkeiten im Sinne der Entgeltgruppen 9 bzw. 9a TV-L anfielen, sodass die Tätigkeit insgesamt dieses tarifliche Heraushebungsmerkmal erfülle.
Mit den von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidungen vom 09. September 2020 (4 AZR 195/20 und 4 AZR 196/20) hat das Bundesarbeitsgericht Klagen von Beschäftigten in Serviceeinheiten bei einem Amtsgericht auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a Teil II Abschnitt 12.1 der Entgeltordnung zum TV-L stattgegeben und in Fortführung der Entscheidung vom 28. Februar 2018 (4 AZR 816/18) zur Begründung seiner Auffassung, dass die gesamte Tätigkeit der Serviceeinheit an dem Amtsgericht einen Arbeitsvorgang ausmache, darauf abgestellt, dass die Tarifvertragsparteien die Tätigkeit als Beschäftigte in einer Serviceeinheit zum Tätigkeitsmerkmal erhoben und damit klargestellt hätten, dass alle in dieser Funktion auszuübenden Tätigkeiten insgesamt einheitlich zu bewerten und als ein Arbeitsvorgang anzusehen seien, soweit sie nicht für bestimmte Tätigkeiten spezielle Tätigkeitsmerkmale geschaffen hätten (BAG 09. September 2020 – 4 AZR 195/20 und 4 AZR 196/20 – jeweils Rn. 41). Diese Auslegung entspräche dem in den tariflichen Bestimmungen zum Ausdruck gekommenen Willen der Tarifvertragsparteien (BAG 09. September 2020 – 4 AZR 195/20 und 4 AZR 196/20 – jeweils Rn. 44 ff.). Sowohl das dort beklagte Land als auch die Tarifgemeinschaft der Länder haben gegen die beiden am 18. Januar 2021 zugestellten Urteile am 18. Februar 2021 Verfassungsbeschwerde gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG eingelegt (1 BvR 382/21). Zur Begründung machen sie geltend, das Bundesarbeitsgericht greife mit diesen Entscheidungen in den sachlichen Schutzbereich von Art. 9 Abs. 3 GG ein, weil es durch seine Auslegung des § 12 TV-L in Verbindung mit der Entgeltordnung Anlage A zum TV-L den Inhalt des Verhandlungsergebnisses der Tarifvertragsparteien verändere und diese durch eine eigene, im Wege der Rechtsfortbildung geschaffene Regelung ersetze. Auch sei der sachliche Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 3 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 1, 20 Abs. 2 und 3 GG betroffen, weil das Bundesarbeitsgericht bei der Auslegung des Tarifvertrages die sich spezifisch im Bereich der Tarifautonomie aus Art. 9 Abs. 3 GG ergebenden Grenzen zulässiger Auslegung überschritten habe.
Das beklagte Land hat unter Hinweis auf die eingelegten Verfassungsbeschwerden die Aussetzung des vorliegenden Rechtsstreits bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts beantragt. Es beruft sich dazu auf die Aussetzungsentscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Juni 2021 (4 AZR 324/20 (A)) und des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 13. Juli 2021 (5 Sa 350/20 E) sowie zuletzt auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Dezember 2021 im Rechtsbeschwerdeverfahren 9 AZB 32/21.
Das Arbeitsgericht hat auf diesen Antrag den bereits anberaumten Gütetermin aufgehoben und – soweit vorliegend von Bedeutung – den Rechtsstreit mit Beschluss vom 21. Januar 2021 „bis zu einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Sache 4 AZR 324/20, spätestens jedoch bis zum 31. Januar 2023“ in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO ausgesetzt (Bl. 128 bis 132 Vor- und Rückseite d. A.). Die vom Bundesverfassungsgericht zu prüfende Frage zur Abgrenzung des Arbeitsvorgangs sei für die hiesige Fallkonstellation vorgreiflich. Je nach Votum aus Karlsruhe könne sich auch eine andere Bewertung der einzelnen Tätigkeiten einer Geschäftsstellenmitarbeiterin ergeben. Für eine Aussetzung spreche auch, dass die Klägerin auch keinen Rechtsverlust durch Zeitablauf wie Verfall der Forderungen oder Verjährung zu befürchten habe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin auf die Differenzvergütung dringend angewiesen sei. Der arbeitsgerichtliche Beschleunigungsgrundsatz (§ 9 ArbGG) stehe der Aussetzung nicht entgegen, da eine besondere Dringlichkeit im Eingruppierungsstreit im öffentlichen Dienst nicht bestehe. Bei einem Obsiegen würde die Klägerin selbst in einem langen Prozess im Nachhinein schadlos gestellt werden. Die Verfahrensdauer stehe auch deshalb einer Aussetzungsentscheidung nicht entgegen, da entsprechend der Entscheidung des LAG Sachsen-Anhalt vom 13. Juli 2021 im Berufungsverfahren 5 Sa 350/20 E spätestens im Berufungsverfahren vom Landesarbeitsgericht ausgesetzt werden würde. Im Übrigen würde durch die Vielzahl der Verfahren eine grundlose, bedenkliche und zu verhindernde Belastung der Gerichte drohen. Hinzukomme, dass die Gefahr widerstreitender Entscheidungen bestünde. Entgegen des obiter dictums in der Entscheidung der erkennenden Kammer vom 05. August 2021 (3 Ta 45/21), sei es auch nicht angezeigt, das Verfahren bis zur Entscheidungsreife zu fördern, um vorab zu prüfen, ob es auf die Fragestellung, die Kern der Verfassungsbeschwerde sei, entscheidend ankomme oder die Klage ohnehin unbegründet sei. Der vorliegende Rechtsstreit sei nahezu identisch mit vielen Verfahren, die bereits weiter gefördert worden seien oder in der zweiten Instanz anhängig seien. Im derzeitigen Verfahrensstadium seien keine anderen Gründe ersichtlich, die unabhängig von der Abgrenzung des Arbeitsvorgangs zur Erfolglosigkeit der Klage führen könnten. Eine erstinstanzliche Entscheidung abzuwarten, um die Schlüssigkeit der Klage abzuwarten, dürfe danach nicht angezeigt sein. Zudem bestehe bei einer Aussetzung des Rechtsstreits zugunsten der Klägerin die Möglichkeit, dass das Verfahren in erster Instanz rechtskräftig entschieden werden wird.
Gegen den ihr am 01. Februar 2022 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit dem am 15. Februar 2022 per beA bei dem Arbeitsgericht Magdeburg eingegangenen Schriftsatz vom 14. Februar 2022 sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, dass eine Aussetzung bereits in der ersten Instanz unangemessen sei. Eine umfassende Interessenabwägung spräche vorliegend gegen eine solche Aussetzung. Hinzuträte, dass sich eine etwaige Verfassungswidrigkeit der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 09. September 2020 (4 AZR 195/20 und 4 AZR 196/20) nicht erschließe.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 07. März 2022 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nicht genug betont werden könne, dass bei einer Abweisung der Verfassungsbeschwerden nicht davon ausgegangen werden könne, dass das arbeitsgerichtliche Verfahren durch mehrere Instanzen verfolgt werden würde. Dies ergäbe sich im Übrigen auch aus der Einlassung des Landgerichtspräsidenten von Magdeburg sowie Aussagen anderer Behördenzuständiger. Dem Einwand der Klägerin, dass die erste Instanz abgeschlossen werden müsse, sei mit dem Einwand zu begegnen, dass der Aussetzungsentscheidung die „(berechtigte) Annahme zugrunde liegt, dass der klägerische Tatsachenvortrag schlüssig ist und im Kern unstreitig bleibt. Sollte die Klägerseite mehr Aufklärung des Sachverhalts einfordern, so würde eine weitere Aufklärung aller Voraussicht nach allenfalls Sachverhalt zum Nachteil der Klägerseite zutage fördern.“
Die Klägerin hat im Beschwerdeverfahren noch ergänzend geltend gemacht, dass das beklagte Land entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts bislang in keinem Verfahren – auch nicht im vorliegenden – vorbehaltlich der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts – ein Anerkenntnis erklärt hätte. Zudem trage das beklagte Land mit unterschiedlichen Prozessbevollmächtigten zum Teil unterschiedliche Argumente gegen die Höhergruppierungsbegehren vor.
Das beklagte Land verteidigt die angefochtene Entscheidung, ohne sich bislang jedoch in der Sache zu dem Höhergruppierungsbegehren der Klägerin geäußert zu haben.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen beider Instanzen ergänzend Bezug genommen.
B. Die sofortige Beschwerde hat Erfolg.
I. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist das nach § 252, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsmittel und gemäß § 78 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 569 Abs. 1 und 2 ZPO form- und fristgerecht innerhalb der Zwei-Wochenfrist bei dem Arbeitsgericht eingelegt worden.
II. Sie ist auch begründet. Der angefochtene Beschluss des Arbeitsgerichts Magdeburg ist aufzuheben. Das Arbeitsgericht hat sein Ermessen nicht ausreichend ausgeübt. Darin liegt ein zur Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung führender Ermessensfehler. Dem Arbeitsgericht sind deshalb die erforderlichen Anordnungen gemäß § 572 Abs. 3 ZPO zu übertragen.
1. Nach § 148 Abs. 1 ZPO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei. Die Aussetzung der Verhandlung setzt damit Vorgreiflichkeit der in dem anderen Rechtsstreit oder dem Verwaltungsverfahren zu treffenden Entscheidung im Sinne einer (zumindest teilweise) präjudiziellen Bedeutung voraus. Vorgreiflichkeit ist insbesondere gegeben, wenn in einem anderen Rechtsstreit eine Entscheidung ergeht, die für das auszusetzende Verfahren materielle Rechtskraft entfaltet oder Gestaltungs- bzw. Interventionswirkung erzeugt. Der Umstand, dass in dem anderen Verfahren über eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, von deren Beantwortung die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ganz oder teilweise abhängt, rechtfertigt die Aussetzung der Verhandlung nicht. Anderenfalls würde das aus dem Justizgewährleistungsanspruch folgende grundsätzliche Recht der Prozessparteien auf Entscheidung ihres Rechtsstreits in seinem Kern beeinträchtigt. Eine Aussetzung allein aus Zweckmäßigkeitsgründen sieht das Gesetz nicht vor (vgl. zum Ganzen: BAG 28. Juni 2021 – 4 AZR 324/20 (A) – nv., Rn. 7; BAG 10. September 2020 – 6 AZR 136/19 (A), Rn. 35; BGH 27. Juni 2019 – IX ZB 5/19, Rn. 7 mwN).
2. Wenn eine solche Vorgreiflichkeit nicht besteht, kann § 148 Abs. 1 ZPO über seinen Wortlaut hinaus auf vergleichbare Fallgestaltungen entsprechend angewendet werden.
a) Dies gilt nicht nur, um eine Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV vorzunehmen (vgl. nur: BAG 30. Januar 2019 – 10 AZR 299/18 (A), Rn. 114), selbst wenn die Vorlage an den Gerichtshof in einem anderen Rechtsstreit erfolgt ist (BAG 20. Mai 2010 – 6 AZR 481/09 (A), Rn. 7 ff.), sondern auch, wenn bezogen auf die streitentscheidende Norm ein Normenkontrollverfahren oder eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist. Die entsprechende Anwendung des § 148 Abs. 1 ZPO ist bei einer Vorlage an den Gerichtshof durch eine gleichartige Interessenlage gerechtfertigt. Die Vorschrift will nach einhelliger Auffassung eine doppelte Prüfung derselben Frage in mehreren Verfahren verhindern. Das dient der Prozesswirtschaftlichkeit und der Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen (BAG 10. September 2020 – 6 AZR 136/19 (A), Rn. 38; BAG 20. Mai 2010 – 6 AZR 481/09 (A), Rn. 9). Die entsprechende Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO ist durch die Einfügung von § 148 Abs. 2 ZPO nicht ausgeschlossen (BAG 10. September 2020 – 6 AZR 136/19 (A), Rn. 39 ff.).
b) Jedoch kommt eine gleichsam automatische Aussetzung der Verhandlung in Parallelverfahren nicht in Betracht. Zu berücksichtigen ist, dass Vorlagen an den Europäischen Gerichtshof oder Normenkontrollverfahren durch die Fachgerichte eingeleitet werden, während demgegenüber die Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG als außerordentlicher Rechtsbehelf durch die unterlegene Partei eingelegt wird. Anderenfalls könnte die unterlegene Partei durch die bloße Einlegung der Verfassungsbeschwerde in einem durch die Fachgerichtsbarkeit bereits letztinstanzlich entschiedenen Verfahren die Aussetzung in zahlreichen Parallelverfahren herbeiführen. Eine solche Wirkung kann der Verfassungsbeschwerde, die die Rechtskraft des angegriffenen Urteils nicht hemmt (BVerfG 18. Januar 1996 – 1 BvR 2116/94, zu B der Gründe), nicht beigemessen werden (BAG 10. September 2020 – 6 AZR 136/19 (A), Rn. 43).
c) Andererseits kann bei parallel gelagerten Fällen eine einzelne Verfassungsbeschwerde ausreichen, um eine umfassende Klärung der verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht zu ermöglichen. Das ist der Fall, wenn weitere zu erwartende Verfassungsbeschwerden nicht zu einer Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage für das Bundesverfassungsgericht führen und das Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht beschleunigen würden. Zahlreiche weitere Verfassungsbeschwerden in Parallelverfahren würden im Gegenteil nur zu einer unnötigen Belastung des Bundesverfassungsgerichts führen und könnten im Extremfall die Funktionsfähigkeit des Verfahrens der Verfassungsbeschwerde, das auch dem Ziel dient, das objektive Verfassungsrecht zu wahren, auszulegen und fortzubilden (BVerfG 13. April 2010 – 1 BvR 216/07, Rn. 35; BAG 10. September 2020 – 6 AZR 136/19 (A), Rn. 44), gefährden (zum Gedanken der Schonung der Ressourcen des höherrangigen Gerichts vgl. BGH 24. Januar 2012 – VIII ZR 158/11, Rn. 9).
d) In diesem Spannungsfeld ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren eine Aussetzung in entsprechender Anwendung des § 148 Abs. 1 ZPO nur möglich, wenn in Abwägung zwischen der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen und dem Beschleunigungsgebot des § 9 Abs. 1 ArbGG eine Aussetzung unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien angemessen erscheint. Dies ist bei der nach § 148 Abs. 1 ZPO vorzunehmenden Ermessenausübung anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BAG 10. September 2020 – 6 AZR 136/19 (A), Rn. 44; BAG 16. April 2014 – 10 AZB 6/14, Rn. 5). Zur Vermeidung einer überlangen Verfahrensdauer bedarf es einer Einschätzung der Gesamtdauer des Verfahrens (vgl. BVerfG 5. August 2013 – 1 BvR 2965/10, Rn. 20; BAG 10. September 2020 – 6 AZR 136/19 (A), Rn. 45). Die Angemessenheit der Verfahrensdauer ist stets im Lichte der aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 19 Abs. 4 GG sowie Art. 6 Abs. 1 EMRK folgenden Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, zu beurteilen (BAG 10. September 2020 – 6 AZR 136/19 (A), Rn. 45; BGH 13. Februar 2014 – III ZR 311/13, Rn. 27 mwN). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gibt dabei allerdings ebenso wenig wie das Bundesverfassungsgericht feste Fristen vor, sondern stellt auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls ab (BAG 10. September 2020 – 6 AZR 136/19 (A), Rn. 45; BAG 13. Dezember 2017 – 5 AZA 84/17 – Rn. 6).
3. Nach diesen Grundsätzen ist die Vorgreiflichkeit nicht gegeben, weil es sich bei den Verfahren, deren Entscheidung mit der Verfassungsbeschwerde angriffen wird, um unabhängige Rechtsstreitigkeiten handelt und lediglich die zu entscheidenden Rechtsfragen parallel gelagert sind.
4. Die Aussetzung in entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO kann jedoch nicht mit der vom Arbeitsgericht gegebenen Begründung gerechtfertigt werden. Das Arbeitsgericht hat sein Ermessen noch nicht ausreichend ausgeübt. Das führt zur Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung an das Arbeitsgericht.
a) Im Beschwerdeverfahren kann die Entscheidung des Arbeitsgerichts über die Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO nur darauf überprüft werden, ob ein Aussetzungsgrund im Sinne der Vorgreiflichkeit des anderen Rechtsstreits vorliegt und ob das Arbeitsgericht bei der Ausübung seines Ermessens dessen Grenzen eingehalten hat und auch sonst keine Ermessensfehler gegeben sind (LAG Berlin-Brandenburg 25. November 2020 – 21 Ta 1223/20, Rn. 19; BGH 25. Juli 2019 – I ZB 82/18, Rn. 39 mwN). Dabei ist die materiell-rechtliche Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch das erstinstanzliche Gericht nicht zu überprüfen. Deren Überprüfung bleibt einem etwaigen späteren Rechtsmittelverfahren gegen die Sachentscheidung vorbehalten (BAG 26. Oktober 2009 – 3 AZB 24/09, Rn. 9; LAG Berlin-Brandenburg 25. November 2020 – 21 Ta 1223/20, Rn. 19; BGH 25. Juli 2019 – I ZB 82/18, Rn. 38). Dies gilt jedenfalls, soweit das Arbeitsgericht die Sach- und Rechtslage nicht offensichtlich verkannt hat (vgl. BAG 26. Oktober 2009 – 3 AZB 24/09, Rn. 9; LAG Berlin-Brandenburg 25. November 2020 – 21 Ta 1223/20, Rn. 19).
b) Bei einer fehlerhaften Ermessensausübung darf das Beschwerdegericht die Aussetzungsentscheidung lediglich aufheben. Dies gilt auch dann, wenn das erstinstanzliche Gericht sein Ermessen nicht oder nur ungenügend ausgeübt hat. Darin liegt ein zur Aufhebung der Aussetzungsentscheidung führender Ermessensfehler (LAG Berlin-Brandenburg 25. November 2020 – 21 Ta 1223/20, Rn. 19; BGH 25. Juli 2019 – I ZB 82/18 – Rn. 39 mwN). Das Beschwerdegericht darf sein Ermessen nicht an die Stelle des dem erstinstanzlichen Gericht eingeräumten Ermessens setzen (Hessisches LAG 31. Mai 2021 – 15 Ta 34/21, Rn. 21; Zöller/Greger, ZPO 33. Auflage § 252 Rn. 3). Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Ermessen auf null reduziert ist (LAG Berlin-Brandenburg 25. November 2020 – 21 Ta 1223/20, Rn. 19; BGH 25. Juli 2019 – I ZB 82/18 – Rn. 39 mwN).
c) Nach diesen Grundsätzen ist der angefochtene Beschluss in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses abzuändern und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Arbeitsgericht nach § 572 Abs. 3 ZPO zurückzuverweisen. Das Ermessen ist nicht auf null reduziert.
aa) Die Zurückverweisung ist zunächst schon deshalb erforderlich, da das Arbeitsgericht die Entscheidungserheblichkeit prüfen muss. Dazu genügt es entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts und des beklagten Landes nicht, auf die Verfassungsbeschwerde zu verweisen. Eine Entscheidungserheblichkeit besteht nur, soweit die Klage begründet ist. Ist sie hingegen schon aus anderen Gründen abzuweisen, kommt es auf die Verfassungsbeschwerde schon nicht an. Deshalb kommt eine Aussetzung in der Regel erst in Betracht, wenn das Verfahren „ausgeschrieben“ ist (LAG Berlin-Brandenburg 25. November 2020 – 21 Ta 1223/20, Rn. 24; so auch: LAG Sachsen-Anhalt vom 23. August 2021 – 6 Ta 54/21).
bb) Vorliegend stützt das Arbeitsgericht seine Ermessensentscheidung im Wesentlichen auf eine abstrakte, vom zu entscheidenden Fall losgelöste Interessenabwägung, ohne die Begründetheit der Klage zu prüfen.
(1) Im Streitfall liegt lediglich die Klageschrift vor. Das beklagte Land hat zu der Klage weder schriftsätzlich noch mündlich Stellung genommen. Selbst eine Erörterung der Sach- und Rechtslage in einem Gütetermin ist nicht erfolgt. Es hat nicht einmal ein Gütetermin stattgefunden. Der Rechtsstreit ist nicht ansatzweise ausgeschrieben.
(2) Soweit das Arbeitsgericht gemeint hat, dass im derzeitigen Verfahrensstadium keine anderen Gründe ersichtlich seien, die unabhängig von der Abgrenzung des Arbeitsvorgangs zur Erfolglosigkeit der Klage führen könnten, kann nicht festgestellt werden, dass es von der Schlüssigkeit der Klage ausgeht. Das folgt schon daraus, dass das Arbeitsgericht weiter ausführt, es dürfe nicht angezeigt sein, eine erstinstanzliche Entscheidung abzuwarten, um die Schlüssigkeit der Klage abzuwarten.
(3) Dem steht auch nicht entgegen, dass das Arbeitsgericht in der Nichtabhilfeentscheidung ausgeführt hat, dem Argument der Klägerin, dass die erste Instanz abgeschlossen werden müsse, sei mit dem Einwand zu begegnen, dass der Aussetzungsentscheidung die „(berechtigte) Annahme zugrunde liegt, dass der klägerische Tatsachenvortrag schlüssig ist und im Kern unstreitig bleibt.“ Hier ist nicht erkennbar, dass das Arbeitsgericht tatsächlich eine Prüfung vorgenommen hat. Diese müsste zwar nicht wie in einem Urteil dargestellt werden. Voraussetzung ist aber in jedem Fall zunächst die klare, unmissverständliche Erklärung, dass die Klage schlüssig ist (vgl. zu einer solchen kurzen Feststellung: BAG 20. Dezember 2021 – 9 AZB 32/21).
(4) Aber auch bei Unterstellung der Schlüssigkeit der Klage muss entweder eine Stellungnahme des beklagten Landes vorliegen, aus der hervorgeht, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt unstreitig ist oder die Tatsachen, die die Annahme der Begründetheit der Klage rechtfertigen, müssen festgestellt sein. Andernfalls kommt es auf den Ausgang der Verfassungsbeschwerden nicht an. Das Arbeitsgericht selbst meint dann auch, dass für den Fall, dass die Klägerin mehr Aufklärung des Sachverhalts einfordere, eine weitere Aufklärung aller Voraussicht nach allenfalls Sachverhalt zu ihrem Nachteil zutage fördern würde. Eben dies spricht gegen seine Auffassung, dass die Sache nicht ausgeschrieben sein müsse. Der Klägerin ist es zudem, auch im Hinblick auf den arbeitsgerichtlichen Beschleunigungsgrundsatz (§ 9 Abs. 5 ArbGG), nicht zuzumuten, über einen längeren Zeitraum zuzuwarten, um dann vom Arbeitsgericht zu erfahren, dass ihr Vortrag unschlüssig ist oder es einer möglicherweise umfangreichen und langwierigen Beweisaufnahme bedarf. Das verstößt gegen das Gebot der Vermeidung einer überlangen Verfahrensdauer (vgl. BVerfG 5. August 2013 – 1 BvR 2965/10, Rn. 20; BAG 10. September 2020 – 6 AZR 136/19 (A), Rn. 45).
(5) Es ist deshalb auch nicht nachvollziehbar, auf welcher Tatsachengrundlage das Arbeitsgericht angenommen hat, dass bei einer Erfolglosigkeit der Verfassungsbeschwerden nicht davon ausgegangen werden könne, dass das arbeitsgerichtliche Verfahren durch mehrere Instanzen verfolgt werden würde. Soweit das Arbeitsgericht gemeint hat, dies ergäbe sich aus der Einlassung des Landgerichtspräsidenten von Magdeburg sowie Aussagen anderer Behördenzuständiger, kann weder nach den Entscheidungen des Arbeitsgerichts noch nach Aktenlage festgestellt werden, auf welche konkreten Einlassungen und Erklärungen das Arbeitsgericht diese Annahme stützt. Insoweit ist nach den der erkennenden Kammer vorliegenden Erkenntnissen das Gegenteil der Fall. Der auch vom Arbeitsgericht zitierten Entscheidung der erkennenden Kammer vom 05. August 2021 (3 Ta 45/21) lag gerade ein Fall des Landgerichts Magdeburg zugrunde, in dem sich der Landgerichtspräsident als Bevollmächtigter des beklagten Landes neben dem Bestreiten von Tatsachen nicht darauf beschränkt hat, abweichend von den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts geltend zu machen, dass die von der Klägerin auszuübenden Tätigkeiten zu einem großen Arbeitsvorgang zusammenzufassen seien, sondern darüber hinaus auch die Ansicht vertreten hat, dass die Tätigkeiten jedenfalls nicht als „schwierig“ im tariflichen Sinne anzusehen seien. Träfe dies zu, wäre die dortige Klage schon aus diesem Grunde abzuweisen, ohne dass es auf die Verfassungsbeschwerde ankäme. Zudem geht es vorliegend um eine Geschäftsstellenmitarbeiterin einer Staatsanwaltschaft, für die Erklärungen des Landgerichtspräsidenten von Magdeburg ohnehin ohne Belang sind. Für die Staatsanwaltschaft Magdeburg ist ebenfalls nicht erkennbar, dass für diese Erklärungen des Inhalts abgegeben worden wären, dass dem Klagebegehren bei Erfolglosigkeit der Verfassungsbeschwerden auch ohne gerichtliche Entscheidung entsprochen werden würde. Eine solche Erklärung enthält vorliegend keine der Stellungnahmen des beklagten Landes. Hinzukommt, dass der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 23. August 2021 (6 Ta 54/21) ein Fall der Stendaler Staatsanwaltschaft zugrunde lag, die geltend gemacht hat, dass es bereits an hinreichendem Sachvortrag zur Tätigkeit der dortigen Klägerin mangele, um daraus Arbeitsvorgänge bestimmen zu können, die dann ihrerseits einen Schluss auf die Erfüllung der beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale zuließen. Zudem läge nicht nur ein einheitlicher Arbeitsvorgang vor, sondern mehrere, so dass auch zum zeitlichen Umfang der einzelnen Tätigkeiten durch die Klägerin vorzutragen sei. Insoweit ist auch festzustellen, dass sich das beklagte Land in dem Verfahren, das Gegenstand der Entscheidung der 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts vom 23. August 2022 (6 Ta 54/21) war, von demselben Prozessbevollmächtigten vertreten lässt wie im vorliegenden Verfahren.
(6) Worauf sich danach die Annahme des Arbeitsgerichts stützt, dass bei einer Aussetzung des Rechtsstreits zugunsten der Klägerin die Möglichkeit bestehe, dass das Verfahren in erster Instanz rechtskräftig entschieden werden würde, kann danach ohne konkrete Feststellungen des Arbeitsgerichts und deren Offenlegung in der Entscheidung nicht nachvollzogen werden (vgl. Hessisches LAG 31. Mai 2021 – 15 Ta 34/21, Rn. 13). Zudem lässt sich das beklagte Land in den diversen Verfahren durch unterschiedliche Prozessbevollmächtigte vertreten, die – mit Ausnahme der Aussetzungsanträge – ein einheitliches Vorgehen nicht erkennen lassen. Bislang sind der erkennenden Kammer auch keine Vereinbarungen über Musterverfahren bekannt. Solches macht das beklagte Land in seinen Stellungnahmen im vorliegenden Verfahren auch nicht geltend.
(7) Auch die Aussetzungsentscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Juni 2021 (4 AZR 324/20 (A)) und des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 13. Juli 2021 (5 Sa 350/20 E) streiten nicht für die Auffassung des Arbeitsgerichts und des beklagten Landes. Beide Verfahren sind ausgeschrieben. Es ist auch nicht ansatzweise erkennbar, dass das Bundesarbeitsgericht und das Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt nicht von der Begründetheit der Klagen ausgingen.
(8) Entgegen der Auffassung des beklagten Landes folgt auch aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Dezember 2021 im Rechtsbeschwerdeverfahren 9 AZB 32/21 nichts anderes. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht das noch in erster Instanz anhängige Verfahren durch die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung des Landesarbeitsgerichts bis zum 31. Dezember 2022 ausgesetzt. Unter der Randnummer 10 hat es aber, anders als das Arbeitsgericht im vorliegenden Verfahren, ausdrücklich festgestellt, dass die Fragen, die zugleich Gegenstand der bei dem Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerde seien, auch im zu entscheidenden Fall entscheidungserheblich seien, wenn auch nicht erkennbar ist, in welchem Verfahrensstadium und auf welcher Tatsachengrundlage die Entscheidung ergangen ist.
cc) Nach alledem spricht viel dafür, dass eine Aussetzung des Rechtsstreits noch nicht erfolgen kann. Im Hinblick auf die noch nicht ausdrücklich festgestellten Tatsachen zu den vom Arbeitsgericht nicht näher konkretisierten Erklärungen des Präsidenten des Landgerichts M… und anderer „Behördenzuständiger“ erscheint jedoch eine erneute Aussetzungsentscheidung nicht gänzlich ausgeschlossen, sodass das Ermessen vorliegend nicht auf null reduziert ist. Das Arbeitsgericht hat danach im Rahmen seiner erneuten Entscheidung sein Ermessen unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände auszuüben und die seiner Entscheidung zugrundeliegenden Erwägungen in seinem Beschluss offen zu legen (Hessisches LAG 31. Mai 2021 – 15 Ta 34/21, Rn. 13).
III. Die Entscheidung bedurfte keiner mündlichen Verhandlung (§ 128 Abs. 4 ZPO) und hatte gemäß § 78 Satz 3 ArbGG i. V. m. § 572 Abs. 4 ZPO durch Beschluss des Vorsitzenden ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter zu ergehen.
IV. Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu ergehen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind Kosten des Rechtsstreits, die unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens nach §§ 91 ff ZPO von der in der Sache unterlegenen Partei zu tragen sind (Hessisches LAG 31. Mai 2021 – 15 Ta 34/21, Rn. 21; LAG Düsseldorf 12. August 2016 – 4 Ta 488/16, Rn. 33; LAG Mecklenburg-Vorpommern 17. März 2017 – 5 Ta 8/17, Rn. 30; BGH 25. Juli 2019 – I ZB 82/18, Rn. 46; BGH 12. Dezember 2005 – II ZB 30/04, Rn. 12).
V. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht ersichtlich. Es liegt aus den dargestellten Gründen insbesondere auch keine Divergenz zu der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Dezember 2021 (9 AZB 32/21) vor.


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