Arbeitsrecht

Beamte, Widerruf, Besoldungsgruppe, Besoldung, Berufung, Vorbereitungsdienst, Popularklage, Laufbahn, Lebenszeit, Beamten, Probe, Vergleich, Alimentationsprinzip, Anspruch, auf Probe, unterschiedliche Behandlung, Beamte auf Widerruf

Aktenzeichen  Vf. 85-VII-20

Datum:
21.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 8551
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Die Übergangsregelung für Anwärter und Anwärterinnen in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf gemäß Art. 108 Abs. 8 des zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Bayerischen Besoldungsgesetzes ist mit der Bayerischen Verfassung vereinbar.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Gründe

I.
Gegenstand der Popularklage ist die Bestimmung des Art. 108 Abs. 8 Bayerisches Besoldungsgesetz (BayBesG) vom 5. August 2010 (GVBl S. 410, 764, BayRS 2032-1-1-F), das zuletzt durch § 3 des Gesetzes vom 23. Dezember 2020 (GVBl S. 683) geändert worden ist.
Die angegriffene Vorschrift lautet wie folgt:
„Art. 108 Sonstige Übergangsregelungen
(8) 1Anwärter und Anwärterinnen in Laufbahnen mit einem Eingangsamt der Besoldungsgruppen bis A 10, die sich am 31. Juli 2010 in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf befinden und ab dem 1. Januar 2011 in ein Beamtenverhältnis auf Probe berufen werden, erhalten ein Grundgehalt nach Anlage 3 mindestens in der Höhe, das sich unter Anwendung der §§ 27 bis 30 des Bundesbesoldungsgesetzes in der am 31. August 2006 geltenden Fassung ergibt. 2Ist das sich nach Satz 1 ergebende Grundgehalt höher als das nach Art. 30 und 31, wird dieses Grundgehalt solange gewährt, bis es betragsmäßig der Stufe entspricht, die durch Anwendung des Art. 30 Abs. 2 und 3 tatsächlich erreicht wird.“
1. Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) – sog. Föderalismusreform – wurde die bis dahin bestehende konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für die Besoldung und Versorgung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen (Art. 74 a Abs. 1 GG a. F.), aufgehoben; insoweit besteht seit 1. September 2006 eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder für ihre Landesbeamten. Nach Art. 125 a Abs. 1 GG galt das bisherige Bundesrecht – das Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) – fort; es konnte durch Landesrecht ersetzt werden. Von dieser Befugnis hat der bayerische Gesetzgeber mit dem Bayerischen Besoldungsgesetz vom 5. August 2010 (GVBl S. 410, 764) Gebrauch gemacht. Das Gesetz ist zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten. Art. 108 BayBesG gehört zu den Übergangsvorschriften, die die Überleitung des bisherigen Rechtszustands in die Bestimmungen des Bayerischen Besoldungsgesetzes sicherstellen sollen.
Nach der am 31. August 2006 geltenden Fassung des Bundesbesoldungsgesetzes wurde das in den Bundesbesoldungsordnungen A und B geregelte Grundgehalt der Beamten (und Soldaten) nach Stufen bemessen; das Aufsteigen in den Stufen bestimmte sich nach dem Besoldungsdienstalter und der Leistung (§ 27 Abs. 1 BBesG a. F.). Das Grundgehalt stieg bis zur fünften Stufe im Abstand von zwei Jahren, bis zur neunten Stufe im Abstand von drei Jahren und darüber hinaus im Abstand von vier Jahren (§ 27 Abs. 2 BBesG a. F.). Das Besoldungsdienstalter begann am Ersten des Monats, in dem der Beamte (oder Soldat) das 21. Lebensjahr vollendet hatte (§ 28 Abs. 1 BBesG a. F.).
Nach Art. 30 Abs. 1 BayBesG wird das Grundgehalt in Besoldungsgruppen der Besoldungsordnung A nach Stufen bemessen; bei der erstmaligen Begründung eines Beamtenverhältnisses mit Anspruch auf Grundbezüge (Diensteintritt) erfolgt die Zuordnung zur ersten mit einem Grundgehaltsbetrag ausgewiesenen Stufe der maßgeblichen Besoldungsgruppe (Anfangsstufe). Das Grundgehalt steigt gemäß Art. 30 Abs. 2 Satz 1 BayBesG bei einer Leistung, die den mit dem Amt verbundenen Mindestanforderungen entspricht, in regelmäßigen Zeitabständen in den Stufen bis zum Erreichen der letzten Stufe (Endstufe) an. Die Zeitabstände betragen bis zur Stufe 4 zwei Jahre, danach bis zur Stufe 8 drei Jahre und darüber hinaus vier Jahre.
2. Der Antragsteller ist Regierungsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) im Dienst des Freistaates Bayern. Vom 1. Oktober 2008 bis zum 3. September 2009 stand er in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf, das wegen endgültigen Nichtbestehens der für die Laufbahn als Steuerinspektor vorgeschriebenen Prüfung endete. Mit Urkunde vom 31. August 2010 wurde er mit Wirkung zum 1. Oktober 2010 unter Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Regierungsinspektoranwärter ernannt. Mit Wirkung zum 14. Oktober 2013 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Regierungsinspektor ernannt und erhielt ein Grundgehalt aus der ersten Stufe der Besoldungsgruppe A 9.
Der Antragsteller beantragte erfolglos, ihm den Vorbereitungsdienst für die Steuerverwaltung als sonstige für die Beamtentätigkeit förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeit mit der Wirkung einer fiktiven Vorverlegung des Dienstantritts (Art. 31 Abs. 2 BayBesG in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung) anzuerkennen. Er erstrebte sodann, sein Grundgehalt aus der Besoldungsstufe 7 der Besoldungsgruppe A 9 zu berechnen. Der Antrag wurde unter Hinweis darauf abgelehnt, dass Art. 108 Abs. 9 BayBesG a. F. (nunmehr Art. 108 Abs. 8 BayBesG) auf den Antragsteller keine Anwendung finde, weil er sich am 31. Juli 2010 noch nicht im Beamtenverhältnis auf Widerruf befunden habe. Eine verwaltungsgerichtliche Klage blieb erfolglos. Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 12. Juni 2018 ließ der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 15. Januar 2020 die Berufung nicht zu.
II.
Mit der am 23. September 2020 eingereichten Popularklage begehrt der Antragsteller, Art. 108 Abs. 8 BayBesG für mit den Art. 118, 95 Abs. 1 und Art. 101 BV unvereinbar zu erklären und den Gesetzgeber zu verpflichten, innerhalb eines Jahres eine verfassungskonforme Neuregelung zu treffen. Er geht dabei davon aus, dass in einer solchen Neuregelung nur der 31. Dezember 2010 ein verfassungskonformer Stichtag wäre.
Der Antragsteller ist der Auffassung, die Übergangsregelung des Art. 108 Abs. 8 BayBesG verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 (Rechtsstaatsprinzip), Art. 118 Abs. 1 (Gleichheitssatz), Art. 101 (Berufsfreiheit) und Art. 95 Abs. 1 BV (Alimentationsprinzip).
1. Das Gesetz sei mangels Einhaltung des Art. 83 Abs. 7 BV formell nicht verfassungskonform zustande gekommen; die Endfassung des heutigen Art. 108 Abs. 8 BayBesG sei den kommunalen Spitzenverbänden nicht zur Anhörung vorgelegt worden.
2. Der Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV verbiete einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss. Die Anforderungen seien dabei umso schärfer, je weniger die Unterscheidungsmerkmale für den Einzelnen verfügbar seien oder je mehr sie sich den in Art. 3 Abs. 3 GG benannten Merkmalen annäherten. Für die Wahl eines früheren Stichtags bei den Beamten auf Widerruf im Vergleich zu den übrigen Beamten gelte eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung. Der Einzelne habe weder darauf Einfluss, ob bestimmte Positionen an Beamte auf Widerruf, an Beamte auf Probe oder Beamte auf Lebenszeit vergeben würden noch darauf, ab welchem Zeitpunkt er in ein Beamtenverhältnis auf Probe berufen werde. Zudem wirke sich die Ungleichbehandlung auch auf das Freiheitsrecht des Art. 33 Abs. 5 GG aus. Es bestehe eine Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Widerrufsbeamten: Nur diejenigen profitierten von der Übergangsregelung, die vor dem 31. Juli 2010 eingestellt worden seien, nicht aber diejenigen, deren Einstellung vom 1. August bis 31. Dezember 2010 erfolgt sei. Beide Gruppen hätten aber an der gleichen, einmal jährlich stattfindenden Auswahlprüfung vom 12. Oktober 2009 teilgenommen. Der Gesetzgeber habe die unterschiedliche Behandlung nicht begründet. Bereits darin liege ein Verfassungsverstoß; denn nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Oktober 2018 (BVerfGE 149, 382) müsse der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren die Fortschreibung der Besoldungshöhe begründen. Haushaltspolitische Aspekte rechtfertigten nicht ausgerechnet den 31. Juli 2010 als Stichtag. Der Zweck des Art. 108 Abs. 8 BayBesG, eintretende Härten auszugleichen, werde durch die Aufspaltung innerhalb der Widerrufsbeamten und die unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu anderen Beamtengruppen verfehlt. Zudem beträfen die Regelungen in Art. 106 und 107 BayBesG auch Lehrkräfte der Besoldungsgruppen A 11 bis A 13, die nach Verkündung des Bayerischen Besoldungsgesetzes eingestellt worden seien. Ihnen werde Vertrauensschutz gewährt, obwohl sie am 5. August 2010 noch keine Besoldungsempfänger gewesen seien.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sei die Wahrung des Besitzstands einer Personengruppe ein zwingender Grund des Allgemeininteresses. Diesem hohen Rechtsgut trügen die unterschiedlichen Stichtage nicht ausreichend Rechnung. Eine Absenkung, die nur einen Teil der Beamtenschaft treffe, sei unzulässig. Im Vergleich zu den anderen Anwärtern und den anderen Beamtengruppen werde der Antragsteller wesentlich schlechter besoldet. Das besondere Treueverhältnis verpflichte Beamte nicht dazu, stärker als andere zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte beizutragen.
Änderungsanträge der Fraktionen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen hätten den Stichtag 31. Dezember 2010 auch für Anwärter und Anwärterinnen vorgeschlagen, um empfindliche Einkommenseinbußen zu vermeiden und den Vertrauensschutz zu gewährleisten.
3. Die Ungleichbehandlung verletze auch das in Art. 95 Abs. 1 BV verbürgte Alimentationsprinzip, das für Widerrufsbeamte und Lebenszeitbeamte in gleicher Weise gelte. Das Beamtenverhältnis auf Widerruf sei als Vorstufe auf das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gerichtet.
4. Auch gegen die in Art. 101 BV gewährleistete Berufsfreiheit werde verstoßen. Auf sie könnten sich auch Beamte berufen. Die Übergangsregelung tangiere jedenfalls die Berufsausübung. Auch Berufsausübungsregelungen müssten dem Gleichheitssatz entsprechen.
5. Art. 108 Abs. 8 BayBesG enthalte eine unzulässige Rückwirkung und verstoße daher gegen Art. 3 Abs. 1 BV.
III.
Der Bayerische Landtag und die Bayerische Staatsregierung haben sich am Verfahren beteiligt. Sie halten die Popularklage für unbegründet.
1. Der Bayerische Landtag verweist darauf, dass Art. 108 Abs. 8 BayBesG Anwärter betreffe, denen noch kein Amt verliehen worden sei und die keinen Anspruch auf Grundgehalt hätten. Dagegen beträfen Art. 106 und 107 BayBesG Personen, denen bereits ein Amt verliehen worden sei und denen deshalb ein Anspruch auf Grundgehalt zustehe. Auch die unterschiedliche Behandlung innerhalb der Widerrufsbeamten sei nicht verfassungswidrig. Der Gesetzgeber sei befugt, ein neues Besoldungssystem einzuführen und Stichtage für die Überleitung festzusetzen. Das Alimentationsprinzip führe nicht zu einem Anspruch auf Besoldung in bestimmter Höhe. Art. 108 Abs. 8 BayBesG greife auch nicht nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ein.
2. Die Bayerische Staatsregierung führt aus, dass mit dem Bayerischen Besoldungsgesetz das Besoldungsdienstalter des Bundesbesoldungsgesetzes durch den tatsächlichen Diensteintritt als Grundlage für den Einstieg in die und den Aufstieg in den Besoldungsstufen abgelöst worden sei. Art. 108 Abs. 8 BayBesG bewirke, dass sich übergangsweise der Stufeneinstieg und -aufstieg nach dem Besoldungsdienstalter richte.
Ein etwaiger Verstoß gegen Art. 83 Abs. 7 BV führe nicht zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes, da er die Vorbereitung, nicht das formelle Verfahren zum Erlass eines Gesetzes betreffe. Im Übrigen hätten sich die kommunalen Spitzenverbände während der Behandlung im Landtag einbringen können.
Beim Erlass besoldungsrechtlicher Vorschriften habe der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum, auch bei der Auswahl der Merkmale, die für eine Gleichbehandlung maßgebend sein sollten. Er sei insbesondere berechtigt, Stichtagsregelungen einzuführen, wobei hingenommen werde, dass jeder Stichtag unvermeidlich Härten mit sich bringe. Anknüpfungspunkt für den Stichtag 31. Juli 2010 sei die Tatsache, dass das Gesetz am 5. August 2010 verkündet worden sei. Eine Übergangsregelung habe nur für den Personenkreis geschaffen werden sollen, der sich bei Verkündung des Bayerischen Besoldungsgesetzes schon im Vorbereitungsdienst befand und somit zu Beginn der Ausbildung nicht mit einer Veränderung der Stufenfestsetzung rechnen musste. Anwärter und Anwärterinnen, die erst später in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen wurden, seien in der Lage gewesen, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Dass Änderungsanträge einen anderen Stichtag präferiert hätten, zeige nur eine andere, aber rechtlich nicht zwingende Regelung auf.
Art. 106 und 107 BayBesG beträfen vorhandene Besoldungsempfänger der Besoldungsgruppen A, R und C, die den Beamten auf Widerruf nicht vergleichbar seien. Letzteren sei noch kein Amt verliehen, sodass sie keinen Anspruch auf Grundgehalt hätten. Die in Art. 106 und 107 BayBesG genannten Personengruppen hätten dagegen bereits ein Amt und Anspruch auf ein nach Stufen gestaffeltes Grundgehalt.
Innerhalb der Widerrufsbeamten sei das Vertrauen der im Verkündungszeitpunkt des neuen Dienstrechts bereits vorhandenen Widerrufsbeamten als schutzwürdiger eingestuft worden.
Aus dem Alimentationsprinzip folge kein Anspruch auf Besoldung in einer bestimmten Höhe. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers schließe auch eine sachgerechte Herabsetzung der Besoldung für die Zukunft ein.
Ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit liege nicht vor, da die Stichtagsregelung sachlich gerechtfertigt sei.
Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot scheide aus. Eine echte Rückwirkung sei nicht gegeben, da das Bayerische Besoldungsgesetz erst bei Beamtenverhältnissen mit Anspruch auf Grundgehalt gelte, die ab dem 1. Januar 2011 begründet worden seien, und damit eine künftige Rechtsbeziehung gestalte. Eine unechte Rückwirkung sei grundsätzlich innerhalb der Grenzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zulässig. Es seien bereits keine Bestandsinteressen betroffen, da die Erwartung, das geltende Recht werde fortbestehen, keinen verfassungsrechtlichen Schutz genieße.
IV.
Die Popularklage ist zulässig.
1. Art. 108 Abs. 8 BayBesG ist als förmliches Landesgesetz tauglicher Prüfungsgegenstand.
Das Rechtsschutzinteresse an der Popularklage ist auch nicht entfallen, weil die Übergangsvorschrift bereits seit zehn Jahren in Kraft ist und es keine praktischen Anwendungsfälle mehr gäbe. Es ist vorstellbar, dass bei Feststellung der Verfassungswidrigkeit von Art. 108 Abs. 8 BayBesG eine neue Übergangsregelung mit Stichtag 31. Dezember 2010 in Kraft gesetzt würde.
2. Zu den prozessualen Voraussetzungen einer Popularklage gehört, dass der Antragsteller substanziiert angibt, aus welchen Gründen die angefochtene Rechtsvorschrift nach seiner Auffassung eine Grundrechtsnorm der Bayerischen Verfassung verletzt (Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG). Eine ausreichende Grundrechtsrüge liegt nicht schon dann vor, wenn ein Antragsteller lediglich behauptet, dass die angegriffene Rechtsvorschrift nach seiner Auffassung gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung verstößt. Der Verfassungsgerichtshof muss anhand von substanziiert bezeichneten Tatsachen und Vorgängen beurteilen können, ob der Schutzbereich der Grundrechtsnorm berührt ist. Die zur Überprüfung gestellten Tatsachen und Vorgänge müssen dies zumindest als möglich erscheinen lassen. Ist die geltend gemachte Verletzung einer Grundrechtsnorm nach Sachlage von vornherein ausgeschlossen, weil der Schutzbereich des angeblich verletzten Grundrechts durch die angefochtene Rechtsvorschrift nicht berührt wird, ist die Popularklage unzulässig (ständige Rechtsprechung; z. B. VerfGH vom 18.3.2020 BayVBl 2020, 372 Rn. 36).
Der Antragsteller setzt sich zwar nicht konkret mit den Gründen für den Erlass der Übergangsregelung auseinander. Nach seinem Vortrag erscheint es aber jedenfalls möglich, dass die vom Gesetzgeber vorgenommene Unterscheidung zwischen Beamten auf Widerruf einerseits und Beamten auf Probe oder auf Lebenszeit andererseits oder die Festlegung des Stichtags für die Widerrufsbeamten auf einen Zeitpunkt vor dem 31. Dezember 2010 gegen den Gleichheitssatz verstoßen.
Ist die Popularklage zulässig, erstreckt der Verfassungsgerichtshof seine Prüfung auf alle in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung, selbst wenn sie nicht als verletzt bezeichnet worden sind oder wenn sie keine Grundrechte verbürgen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 13.9.2011 VerfGHE 64, 159/169).
V.
Die Popularklage ist unbegründet.
1. Art. 108 Abs. 8 BayBesG ist nicht wegen Verstoßes gegen Art. 83 Abs. 7 Satz 1 BV nichtig.
Der Verfassungsgerichtshof hat bisher offengelassen, ob ein Verstoß gegen das als Soll-Bestimmung ausgestaltete Verfassungsgebot der Anhörung der kommunalen Spitzenverbände den parlamentarischen Zustimmungs- bzw. Gesetzesbeschluss unwirksam macht oder nur eine (u. U. mit einer Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG geltend zu machende) Rechtsverletzung der betreffenden Verbände darstellt (VerfGH vom 25.9.2015 VerfGHE 68, 198 Rn. 120; vom 12.6.2017 – Vf. 4-VII-13 – Rn. 81). Die Frage muss auch im vorliegenden Fall nicht entschieden werden. Die Bestimmung dient dem prozeduralen Schutz des kommunalen Selbstverwaltungsrechts (Wollenschläger in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 83 Rn. 86), indem sie den kommunalen Spitzenverbänden ermöglicht, Sichtweise und Argumente der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften in Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Dieser Zweck erfordert aber nicht, dass die kommunalen Spitzenverbände zu Ergänzungen oder Änderungen eines Gesetzentwurfs im Gesetzgebungsverfahren stets erneut anzuhören wären. Der ursprüngliche Gesetzentwurf zum Neuen Dienstrecht in Bayern vom 26. Januar 2010 (LT-Drs. 16/3200) enthielt in Art. 109 Abs. 1 BayBesG bereits die Regelung der Überleitungszulage und wurde im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens nicht grundlegend modifiziert. Auch nach § 174 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag (BayLTGeschO) sollen nur bei grundlegenden Veränderungen von Gesetzesinitiativen und zustimmungsbedürftigen Rechtsverordnungen in der parlamentarischen Beratung die kommunalen Spitzenverbände vor der Endberatung erneut Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme erhalten.
2. Art. 108 Abs. 8 BayBesG verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV).
a) Der Gleichheitssatz untersagt dem Normgeber, gleich liegende Sachverhalte, die aus der Natur der Sache und unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit eine gleichartige Regelung erfordern, ungleich zu behandeln; dagegen ist wesentlich Ungleiches nach seiner Eigenart verschieden zu regeln. Der Gleichheitssatz verlangt keine schematische Gleichbehandlung, sondern lässt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. Er verbietet Willkür. Der Gesetzgeber handelt nicht schon dann willkürlich, wenn er unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat. Es bleibt vielmehr dem Ermessen des Gesetzgebers überlassen zu entscheiden, in welcher Weise dem allgemeinen Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen ist. Nur wenn die äußersten Grenzen dieses Ermessens überschritten sind, wenn für die getroffene Regelung jeder sachlich einleuchtende Grund fehlt, ist der Gleichheitssatz verletzt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 19.7.2016 VerfGHE 69, 207 Rn. 40).
Die Anwendung des Gleichheitssatzes beruht auf einem Vergleich von Lebensverhältnissen, die nie in allen, sondern immer nur in einzelnen Elementen gleich sind. Es liegt im Ermessen des an das Willkürverbot gebundenen Gesetzgebers zu entscheiden, welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse dafür maßgebend sind, dass diese im Recht gleich oder verschieden behandelt werden. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Berührt die nach dem Gleichheitssatz zu beurteilende Regelung zugleich andere grundrechtlich verbürgte Positionen oder Verfassungsnormen, so sind dem Gestaltungsraum des Gesetzgebers engere Grenzen gezogen (VerfGH vom 15.4.1987 VerfGHE 40, 45/50 f.). Hierzu zählen auch die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit (vgl. StGH Baden-Württemberg vom 17.6.2014 – 1 VB 15/13 – juris Rn. 376) und die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums nach Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV, soweit die persönliche Rechtsstellung des Beamten betroffen ist (VerfGH vom 24.10.2004 VerfGHE 57, 129/135). Sachgründe, die für eine Differenzierung stets erforderlich sind, müssen dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sein. Für das Maß der Differenzierung muss zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung ein innerer Zusammenhang bestehen, der als Unterscheidungsgesichtspunkt hinreichendes Gewicht besitzt (BVerfG vom 21.6.2011 BVerfGE 129, 49/68 f.).
b) Bei dem Erlass besoldungsrechtlicher Vorschriften hat der Gesetzgeber eine verhältnismäßig weite Gestaltungsfreiheit, innerhalb derer er das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf (BVerfG vom 16.10.2018 BVerfGE 149, 382 Rn. 18).
c) Nach diesen Maßstäben liegt kein Verfassungsverstoß vor.
aa) Das Bayerische Besoldungsgesetz beruht auf einem Gesetzentwurf vom 26. Januar 2010 (LT-Drs. 16/3200). Der Entwurf enthielt mit dem späteren Gesetz gleichlautende Übergangsvorschriften in Art. 103, 104, 106 Abs. 1 und 2 sowie Art. 109 BayBesG, allerdings ohne eine dem Art. 108 Abs. 8 BayBesG entsprechende Regelung. Die letztere Bestimmung wurde (ursprünglich als Art. 108 Abs. 9 BayBesG) aufgrund von Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes vom 24. Juni 2010 (LT-Drs. 16/5368 S. 12) eingefügt. Im Gesetzentwurf ist zur allgemeinen Überleitungsregelung des Art. 103 BayBesG ausgeführt, die neue gesetzliche Grundlage solle aus Gründen der Rechtseinheit und -klarheit nicht nur bei der Neubegründung von Dienstverhältnissen, sondern auch für die bereits bestehenden Dienstverhältnisse Gültigkeit haben. Deshalb würden die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes vorhandenen Besoldungsempfänger und Besoldungsempfängerinnen mit ihrem Status in das neue Recht überführt (LT-Drs. 16/3200 S. 438). Zum Beamte und Beamtinnen der Besoldungsordnung A betreffenden Art. 106 Abs. 1 BayBesG heißt es, die nach Satz 2 erfolgende betragsmäßige Überleitung solle sicherstellen, dass sich niemand durch die neue Zuordnung verschlechtere; das bisherige Besoldungsdienstalter des § 28 BBesG, das nicht in das neue Recht übernommen werde, spiele für die Zuordnung keine Rolle (LT-Drs. 16/3200 S. 440). Zu den sonstigen Übergangsregelungen in Art. 109 des Entwurfs (der dem jetzigen Art. 108 BayBesG entspricht) wird ausgeführt, durch die Neukonzeption der Besoldung der bayerischen Beamten, Beamtinnen, Richter und Richterinnen werde im Regelfall für die vorhandenen Bezügeempfänger und Bezügeempfängerinnen keine Verschlechterung ihres besoldungsmäßigen Rechtsstands eintreten; sofern sich im Einzelfall dennoch eine Verringerung gegenüber den am 31. Dezember 2010 zugestandenen Bezügen ergebe, die nicht auf einer Veränderung der Tatbestandsseite beruhe, stelle die Besitzstandsregelung in den Sätzen 1 und 2 des Absatzes 1 sicher, dass zum Zeitpunkt des Übergangs in das neue Recht keine finanziellen Nachteile entstünden (LT-Drs. 16/3200 S. 443 f.).
bb) Die fehlende Begründung speziell zu Art. 108 Abs. 8 BayBesG im Gesetzgebungsverfahren führt nicht zur Verfassungswidrigkeit der Bestimmung.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs können in besonderen Fällen prozedurale Anforderungen an den Gesetzgeber in Form von Begründungs-, Überprüfungs- und Beobachtungspflichten in Betracht kommen. Dies ist der Fall, wenn Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte, die staatliche Leistungen betreffen, keine quantifizierbaren Vorgaben zur Umsetzung der sich aus ihnen ergebenden Gestaltungsdirektiven enthalten. Dann bedarf es einer verfahrensmäßigen Absicherung, damit der materielle Gehalt der verfassungsrechtlichen Regelung zum Tragen kommt (vgl. VerfGH vom 28.11.2007 VerfGHE 60, 184/219 ff.; vom 19.7.2016 VerfGHE 69, 207 Rn. 33). Prozeduraler Grundrechtsschutz ist insbesondere dort geboten, wo die Grundrechte ihre materielle Schutzfunktion nicht hinlänglich erfüllen können. Das ist etwa der Fall, wenn ein Grundrecht keine materiellen Maßstäbe für bestimmte grundrechtsrelevante staatliche Maßnahmen zu liefern vermag und folglich auch die Ergebniskontrolle am Maßstab des Grundrechts ausfällt. Ferner kommt es dazu, wenn eine Ergebniskontrolle an materiellen Maßstäben zwar noch denkbar ist, aber erst zu einem Zeitpunkt stattfinden kann, in dem etwaige Grundrechtsverletzungen nicht mehr korrigierbar sind. In beiden Fällen ist es erforderlich, den Grundrechtsschutz in den Prozess der Entscheidungsfindung vorzuverlagern und nicht erst auf das Entscheidungsergebnis zu beziehen (VerfGHE 60, 184/219 f.). Zum kommunalen Finanzausgleich hat der Verfassungsgerichtshof insoweit ausgeführt, dass bei einem derartigen, der eigentlichen legislatorischen Beschlussfassung vorausgehenden Verfahren sich zum einen der Gesetzgeber konkret und unmittelbar in Form eines nachvollziehbaren Zahlenwerks die finanziellen Auswirkungen und Folgen seiner Entscheidung vor Augen halte, was die Gefahr einer verfassungswidrigen Unterschreitung der angemessenen Finanzausstattung erheblich mindere. Zum anderen werde eine verfassungsgerichtliche Kontrolle insoweit ermöglicht, als überprüft werden könne, ob die vom Gesetzgeber bei seiner Entscheidung zugrunde gelegten Zahlen, Feststellungen, Bewertungen und Prognosen im Rahmen seines (weiten) Ermessens- und Beurteilungsspielraums lägen (VerfGHE 60, 184/221).
Dies deckt sich auch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Nach dessen Auffassung ist der Gesetzgeber insbesondere gehalten, bereits im Gesetzgebungsverfahren die Fortschreibung der Besoldungshöhe zu begründen. Die Ermittlung und Abwägung der berücksichtigten und berücksichtigungsfähigen Bestimmungsfaktoren für den verfassungsrechtlich gebotenen Umfang der Anpassung der Besoldung müsse sich in einer entsprechenden Darlegung und Begründung des Gesetzgebers im Gesetzgebungsverfahren niederschlagen. Eine bloße Begründbarkeit genüge nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Prozeduralisierung. Der mit der Ausgleichsfunktion der Prozeduralisierung angestrebte Rationalisierungsgewinn könne – auch mit Blick auf die Ermöglichung von Rechtsschutz – effektiv nur erreicht werden, wenn die erforderlichen Sachverhaltsermittlungen vorab erfolgten und dann in der Gesetzesbegründung dokumentiert würden. Die Prozeduralisierung ziele auf die Herstellung von Entscheidungen und nicht auf ihre Darstellung, das heißt nachträgliche Begründung (BVerfG vom 5.5.2015 BVerfGE 139, 64 Rn. 129 f.). Auch könne eine Einschränkung des Grundsatzes der amtsangemessenen Alimentierung aus rein finanziellen Gründen zur Bewältigung einer der in Art. 109 Abs. 3 Satz 2 GG genannten Ausnahmesituationen nur in Ansatz gebracht werden, wenn die betreffende gesetzgeberische Maßnahme ausweislich einer aussagekräftigen Begründung in den Gesetzgebungsmaterialien Teil eines schlüssigen und umfassenden Konzepts der Haushaltskonsolidierung sei (BVerfGE 139, 64 Rn. 127; BVerfG vom 16.10.2018 BVerfGE 149, 382 Rn. 19).
Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich jedoch keine Pflicht zur Begründung der Übergangsvorschrift des Art. 108 Abs. 8 BayBesG. Weder geht es um die Darlegung der für die Höhe der Besoldung maßgeblichen Kriterien noch um ein Konzept zur Haushaltskonsolidierung. Auch wenn man in der Neukonzeption der Besoldung als solcher ein begründungspflichtiges Gesamtkonzept sehen würde, bestünde ein Bedürfnis, zur Verwirklichung des materiellen Grundrechtsschutzes die vom Gesetzgeber bei seiner Entscheidung zugrunde gelegten Zahlen, Feststellungen, Bewertungen und Prognosen anzugeben, nur hinsichtlich der Höhe der in den einzelnen Besoldungsstufen festgelegten Bezüge.
cc) Art. 108 Abs. 8 BayBesG unterscheidet auch nicht ohne sachlichen Grund zwischen Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst einerseits und Beamten auf Probe oder auf Lebenszeit andererseits.
Mit der Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Probe, auf Lebenszeit und auf Zeit wird gleichzeitig ein Amt verliehen. Zwischen Beamten auf Widerruf einerseits und Beamten auf Probe und auf Lebenszeit andererseits besteht der Unterschied, dass den ersteren im Gegensatz zu den letzteren kein Amt übertragen ist (§ 8 Abs. 3 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG). Ihr Beamtenverhältnis dient insbesondere der Ableistung eines Vorbereitungsdienstes (§ 4 Abs. 4 a BeamtStG). Während Beamte auf Probe oder auf Lebenszeit grundsätzlich auf Dauer eingestellt sind, steht bei Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst nicht fest, ob sie später in den Staatsdienst aufgenommen werden; es ist weder klar, ob sie die Abschlussprüfung bestehen, noch, ob sie danach in den Staatsdienst übernommen werden. Ihr Beamtenverhältnis ist ferner zeitlich beschränkt (§ 22 Abs. 4 BeamtStG). Der Umstand, dass Beamte auf Probe und auf Lebenszeit bereits auf Dauer im Staatsdienst tätig sind, legt es nahe, ihnen Bestandsschutz zu gewähren, wenn Änderungen im Besoldungsrecht für sie zu Nachteilen führen. Dies geschieht durch Art. 106 BayBesG. Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst haben dagegen noch kein Amt inne und können auch nicht sicher davon ausgehen, ein solches zu erhalten. Sie sind deshalb im Hinblick auf einen Bestandsschutz bei Änderungen im Besoldungsrecht nicht in gleicher Weise schutzwürdig. Bei den bereits auf Probe oder auf Lebenszeit ernannten Beamten bezieht sich das Vertrauen auf den Fortbestand der ihnen bereits zustehenden Bezüge, bei den Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst auf die Höhe der im Fall einer unsicheren künftigen Einstellung zu erwartenden Bezüge. Es ist danach sachlich gerechtfertigt, wenn den Beamten auf Probe oder auf Lebenszeit anknüpfend an diesen Unterschied ein weitergehender Vertrauensschutz gewährt wird als den Anwärtern und Anwärterinnen.
Diese Unterscheidung trifft auch auf die vom Antragsteller angeführte Gruppe der Lehrer und Lehrerinnen zu, die im September 2010 eingestellt wurden: Sie erhalten Bestandsschutz nach Art. 106 BayBesG, wenn und weil sie am 1. Januar 2011 bereits ein Amt übertragen bekommen hatten. Für am 1. Januar 2011 vorhandene Beamte auf Widerruf gilt Art. 108 Abs. 1 BayBesG. Eine andere Frage ist es, ob Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst bei Einstellung nach erfolgreicher Ableistung des Vorbereitungsdienstes – also bei Begründung eines neuen Beamtenverhältnisses mit erstmaliger Verleihung eines Amts – ein Grundgehalt nach den bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Bestimmungen oder nach den ab 1. Januar 2011 geltenden erhalten.
Aus der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Juni 2014 (EuZW 2014, 749) ergibt sich nichts anderes: Sie bezieht sich auf den Bestandsschutz bei Bestandsbeamten und die Zulässigkeit von Übergangsregelungen, die einen Einkommensverlust bei der Überleitung in ein neues Besoldungssystem – nämlich wie im vorliegenden Fall von dem des Bundesbesoldungsgesetzes alter Fassung in ein neues, bei dem der stufenweise Anstieg des Grundgehalts nur noch vom Dienstalter abhängt – verhindern, indem das bisherige Grundgehalt weitergezahlt wird. Aus ihr lässt sich daher nicht ableiten, dass Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst in gleicher Weise behandelt werden müssten.
dd) Auch die Unterscheidung zwischen Beamten auf Widerruf, die sich am 31. Juli 2010 im Vorbereitungsdienst befanden, und solchen, deren Beamtenverhältnis erst später begründet wurde, erfolgt nicht ohne sachlichen Grund.
Anwärter und Anwärterinnen, deren Beamtenverhältnis nach dem 31. Juli 2010 begründet wurde, konnten im Unterschied zu solchen, deren Beamtenverhältnis vor diesem Zeitpunkt begründet wurde, nicht mehr darauf vertrauen, dass sich ihre künftigen Bezüge als Probe- oder Lebenszeitbeamte weiterhin nach der übergangsweise fortgeltenden Rechtslage bestimmen und nicht durch eine Neuregelung verringert werden würden. Denn bei Beginn ihres Beamtenverhältnisses war das neue Besoldungsrecht bereits vom Landtag beschlossen (Beschluss vom 14.7.2010, LT-Drs. 16/5500) und wurde kurz darauf verkündet. Das Vertrauen des Bürgers in den Bestand des geltenden Rechts ist in aller Regel nur solange geschützt, bis der Gesetzgeber ein in die Vergangenheit zurückwirkendes Gesetz beschließt (vgl. BVerfG vom 22.6.1971 BVerfGE 31, 222/227; vom 24.3.1998 BVerfGE 97, 378/389; vom 10.10.2012 BVerfGE 132, 302 Rn. 57). Wer ab 1. August 2010 ins Beamtenverhältnis aufgenommen wurde, konnte bereits absehen, dass nach wenigen Monaten andere Regelungen für die Bezüge gelten würden.
Auch dass eine andere Regelung – nämlich der Stichtag 31. Dezember 2010 – möglich gewesen wäre, führt nicht dazu, dass die getroffene Regelung verfassungswidrig wäre. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu entscheiden, ob der Gesetzgeber jeweils die bestmögliche und gerechteste Lösung getroffen hat; er kann nicht seine eigenen Abwägungen und Überlegungen an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 21.6.2011 VerfGHE 64, 89/93).
ee) Auf die Regelung in Nr. 30.1.5 der Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Besoldungsrecht und Nebengebieten (BayVwVBes) über die Zuordnung zu einer Grundgehaltsstufe im Falle einer Wiedereinstellung nach einer Entlassung kommt es im Rahmen der Popularklage schon deshalb nicht an, da es sich nicht um eine gesetzliche Bestimmung handelt, sondern um eine verwaltungsinterne Regelung, und der Vollzug einer Norm nicht Gegenstand einer Popularklage sein kann (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 24.4.2007 BayVBl. 2007, 557/558; vom 5.3.2020 BayVBl 2020, 513 Rn. 52).
3. Auch nach den Grundsätzen des im Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV enthaltenen Rückwirkungsverbots war kein weitergehender Vertrauensschutz für die Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst geboten.
a) Das Rechtsstaatsprinzip schützt den Einzelnen vor einer Verschlechterung der Rechtslage, wenn er in schutzwürdiger Weise auf den Fortbestand der bisherigen Regelung vertrauen durfte. Durch das rechtsstaatliche Gebot des Vertrauensschutzes sind der Rückwirkung von Normen Grenzen gezogen. Dabei ist zwischen der echten Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen) und der unechten Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung) zu unterscheiden. Eine echte Rückwirkung liegt in einer Anordnung des Gesetzgebers, eine für den Bürger nachteilige Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum gelten. Dadurch knüpft die Norm an abgeschlossene Tatbestände nachträglich andere, ungünstigere Rechtsfolgen als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Demgegenüber betrifft die unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm. Die Rechtsfolgen eines Gesetzes treten erst nach Verkündung der Norm, also mit Wirkung für die Zukunft ein; deren Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor Verkündung „ins Werk gesetzt“ wurden. Eine unechte Rückwirkung knüpft den Eintritt der Rechtsfolgen der später geschaffenen Norm an Gegebenheiten aus der Zeit vor deren Verkündung an. Sie liegt typischerweise dann vor, wenn eine Rechtsposition nachträglich durch Vorschriften verschlechtert wird, die auf aus der Vergangenheit stammende, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte angewandt werden (VerfGH vom 17.5.2006 VerfGHE 59, 63/77; vom 28.6.2013 VerfGHE 66, 101/116).
Während die echte Rückwirkung einer besonderen Rechtfertigung bedarf, ist die unechte Rückwirkung grundsätzlich zulässig. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes geht nicht so weit, den Bürger für die Zukunft vor jeder nachteiligen Änderung einer bisher gewährten Rechtsposition zu bewahren. Auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte darf der Normgeber deshalb mit Wirkung für die Zukunft grundsätzlich einwirken. Aus dem Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes ergeben sich zwar auch in Fällen einer unechten Rückwirkung verfassungsrechtliche Grenzen für belastende Vorschriften. Das Vertrauen des Einzelnen auf den Fortbestand einer Regelung ist aber weit weniger geschützt als bei einer echten Rückwirkung. Es ist die Bedeutung des Anliegens des Normgebers für das Wohl der Allgemeinheit gegen das Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand der Rechtslage abzuwägen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGHE 64, 159/175; VerfGHE 66, 101/117).
b) Nach diesen Grundsätzen liegt allenfalls eine unechte Rückwirkung im dargelegten Sinn vor. Dass Anwärter und Anwärterinnen, deren Beamtenverhältnis auf Widerruf erst nach dem 31. Juli 2010 begonnen hat, keinen Ausgleich dafür erhalten, dass ihre Bezüge im späteren Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Lebenszeit aufgrund der am 1. Januar 2011 in Kraft tretenden Neuregelung der Besoldung geringer ausfallen als nach dem bisherigen Rechtszustand, stellt eine lediglich für die Zeit ab Inkrafttreten des Bayerischen Besoldungsgesetzes wirkende Neuregelung dar. In bereits abgeschlossene Tatbestände greift die Regelung nicht ein, weil sie nur für künftige Beamtenverhältnisse gilt. Allerdings legt sie für Sachverhalte, deren Grundlage in der Vergangenheit gelegt wurde – hier die Besoldung in einem Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Lebenszeit nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes, der bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits begonnen hatte -, abweichende Rechtsfolgen fest. Es kann dahinstehen, ob der Umstand, dass sich jemand im Vorbereitungsdienst für eine bestimmte Laufbahn befindet, angesichts der Unsicherheit einer künftigen Einstellung ein schutzwürdiges Vertrauen oder eine bloße Erwartung in die Höhe und die Berechnung eines künftigen Anfangsgehalts begründet. Denn auch im ersteren Fall wäre die Regelung zulässig.
c) Der Normgeber kann nach den Verfassungsgrundsätzen des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sein, eine Übergangsregelung vorzusehen, wenn neue Bestimmungen in noch nicht abgeschlossene Sachverhalte eingreifen, insbesondere zur Wahrung des Besitzstands, der vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes bestanden hat (vgl. VerfGH vom 13.1.2000 VerfGHE 53, 1/11 f.; vom 15.7.2004 VerfGHE 57, 84/105). Dabei steht ihm allerdings ein weiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Zwischen der sofortigen, übergangslosen Inkraftsetzung des neuen Rechts und seiner Überleitung für die Zukunft sind vielfache Abstufungen denkbar. Der verfassungsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt dabei nur, ob der Gesetzgeber bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze der Zumutbarkeit überschritten hat (VerfGH vom 23.10.1991 VerfGHE 44, 109/120; ebenso BVerfG vom 8.6.1988 BVerfGE 78, 249/285).
Schutzwürdig erscheint dabei das Vertrauen der Personen, die sich bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits in einem Beamtenverhältnis befanden. Sie durften grundsätzlich erwarten, dass durch eine Neuregelung des Besoldungsrechts ihre Bezüge nicht verringert würden. Dem tragen Art. 106 und 108 Abs. 1 BayBesG Rechnung. Als schutzwürdig angesehen werden können zudem Personen, die zur Zeit des Landtagsbeschlusses über die Neuregelung am 14. Juli 2010 ihren Vorbereitungsdienst bereits angetreten hatten und nach dessen Ableistung im Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Lebenszeit eingestellt wurden. Anwärter und Anwärterinnen, deren Beamtenverhältnis erst nach dem 31. Juli 2010 begründet worden war, konnten dagegen nicht mehr darauf vertrauen, dass sich ihre künftigen Bezüge als Probe- oder Lebenszeitbeamte weiterhin nach der übergangsweise fortgeltenden Rechtslage bestimmen und nicht durch die Neuregelung verringert werden würden. Wer ab 1. August 2010 ins Beamtenverhältnis aufgenommen wurde, konnte bereits absehen, dass nach wenigen Monaten andere Regelungen für die Bezüge gelten würden. Es war deshalb verfassungsrechtlich nicht geboten, auch für diese Personen einen Vertrauensschutz vorzusehen (vgl. BVerfGE 132, 302 Rn. 57 und oben unter 2. c) dd)).
4. Art. 108 Abs. 8 BayBesG verletzt nicht die als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit in Art. 101 BV geschützte Berufsfreiheit.
a) Art. 101 BV schützt auch die Berufsfreiheit (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGHE 66, 101/118). Insoweit kann für die Zulässigkeit von Einschränkungen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG herangezogen werden. Nach der Drei-Stufen-Theorie des Bundesverfassungsgerichts ist zunächst zwischen objektiven und subjektiven Berufszulassungsregelungen sowie bloßen Berufsausübungsregelungen zu unterscheiden. Vorschriften über die Berufsausübung können wegen ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen nur dann als Eingriff in die Freiheit der Berufswahl beurteilt werden, wenn die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage wären, den gewählten Beruf auszuüben. Eine bloße Regelung der Berufsausübung ist zulässig, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist, wenn die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sind und wenn die durch sie bewirkte Beschränkung der Berufsausübung den Betroffenen zumutbar ist (vgl. VerfGHE 66, 101/118 f.). Berufsausübungsregelungen müssen zudem den allgemeinen Gleichheitssatz beachten (BVerfG vom 24.1.2012 BVerfGE 130, 131/142). Werden durch eine Berufsausübungsregelung, die im Ganzen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, innerhalb der betroffenen Berufsgruppe nicht nur einzelne, aus dem Rahmen fallende Sonderfälle, sondern bestimmte, wenn auch zahlenmäßig begrenzte gruppentypische Fälle ohne zureichende sachliche Gründe wesentlich stärker belastet, dann kann Art. 101 BV verletzt sein (VerfGH vom 4.7.2001 VerfGHE 54, 47/55).
b) Nach diesen Maßstäben liegt eine Regelung der Berufsausübung vor. Der Zugang zu Beamtenverhältnissen auf Probe und auf Lebenszeit wird durch die fehlende Überleitungsregelung nicht eingeschränkt. Wie oben ausgeführt, ist die Unterscheidung zwischen Beamten auf Probe oder auf Lebenszeit einerseits und Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst andererseits sowie innerhalb der Gruppe der Widerrufsbeamten durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
5. Aus den gleichen Gründen ist auch kein unzulässiger Eingriff in das in Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV geschützte grundrechtsähnliche Recht auf angemessene Alimentation (vgl. VerfGH vom 30.6.2020 BayVBl 2020, 701 Rn. 28 f.) gegeben.
VI.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben