Arbeitsrecht

beamtenrechtliche Beihilfe, medizinische Kräftigungstherapie, Überschreitung der GOÄ-Schwellenwerte, hier nicht gerechtfertigt, erhöhter Zeitaufwand/personeller Aufwand durch Begleitung des Patienten während der medizinischen Kräftigungstherapie nicht berücksichtigungsfähig, da bereits immanenter Gegenstand der Leistung

Aktenzeichen  W 1 K 22.297

Datum:
12.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 8968
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBhV § 6
GOÄ § 5 Abs. 2
GOÄ § 12 Abs. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten zu, die Aufwendungen aus der Rechnung vom 16. Juni 2021 in der Fassung vom 19. Juli 2021 in voller Höhe als beihilfefähig anzuerkennen. Der Bescheid vom 25. Juni 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2022 erweist sich vielmehr als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Nach § 6 Abs. 3 BBhV (in der insoweit maßgeblichen Fassung vom 1.12.2020) sind grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen beihilfefähig. Andere Aufwendungen sind ausnahmsweise beihilfefähig, soweit diese Verordnung die Beihilfefähigkeit vorsieht, was vorliegend nicht der Fall ist. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 BBhV sind Aufwendungen für ärztliche Leistungen wirtschaftlich angemessen, wenn sie sich innerhalb des in der einschlägigen Gebührenordnung vorgesehenen Gebührenrahmens halten. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 der hier einschlägigen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühr, soweit in den Abs. 3-5 nichts anderes bestimmt ist, nach dem einfachen bis 3,5 fachen des Gebührensatzes. § 5 Abs. 2 GOÄ bestimmt, dass innerhalb des Gebührenrahmens die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistungen sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen sind. Die Schwierigkeit der einzelnen Leistung kann auch durch die Schwierigkeit des Krankheitsfalles begründet sein; dies gilt nicht für die in Abs. 3 genannten Leistungen. Bemessungskriterien, die bereits in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt worden sind, haben hierbei außer Betracht zu bleiben. In der Regel darf eine Gebühr nur zwischen dem einfachen und dem 2,3fachen des Gebührensatzes bemessen werden; ein Überschreiten des 2,3fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen. § 5 Abs. 3 GOÄ regelt weiter, dass sich Gebühren für die in den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses genannten Leistungen nach dem einfachen bis 2,5fachen des Gebührensatzes bemessen. Abs. 2 Satz 4 gilt mit der Maßgabe, dass an die Stelle des 2,3fachen des Gebührensatzes das 1,8fache des Gebührensatzes tritt. Nach § 12 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GOÄ gilt weiter, dass dann, wenn eine berechnete Gebühr nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 das 2,3fache des Gebührensatzes überschreitet, dies auf die einzelne Leistung bezogen für den Zahlungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu begründen ist; das gilt bei den in § 5 Abs. 3 genannten Leistungen, wenn das 1,8fache des Gebührensatzes überschritten wird. Auf Verlangen ist die Begründung näher zu erläutern.
Die Annahme von „Besonderheiten“ der Bemessungskriterien im Sinne des zweiten Halbsatzes des § 5 Abs. 2 Satz 4 GOÄ, die ein Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigen, steht nicht im Ermessen des Arztes, sondern ist rechtlich voll nachprüfbar. Sie hat nach dem sachlichen Zusammenhang der Vorschrift den Charakter einer Ausnahme und setzt voraus, dass Besonderheiten gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten, abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle, aufgetreten sind. Dies ergibt sich auch aus § 5 Abs. 2 Satz 3 GOÄ. Hiernach haben Bemessungskriterien, die bereits in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt worden sind, bei der Gebührenhöhe außer Betracht zu bleiben. Denn grundsätzlich ist ein bestimmter Schwierigkeitsgrad oder Zeitaufwand bereits in die Bewertung der einzelnen Leistung einbezogen (Hessischer Verwaltungsgerichtshof, B.v. 25.05.2021 – 1 A 1145/18.Z – juris). Dem Ausnahmecharakter des Überschreitens des Schwellenwertes widerspräche es, wenn schon eine vom Arzt allgemein oder häufig, jedenfalls nicht nur bei einzelnen Patienten wegen in ihrer Person liegender Schwierigkeiten, angewandte Verfahrensweise bei der Ausführung einer im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistung als eine das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigende Besonderheit angesehen würde. Diese Betrachtungsweise ergibt sich aus der Gegenüberstellung der „in der Regel“ einzuhaltenden Spanne zwischen dem einfachen Gebührensatz und dem Schwellenwert einerseits mit dem zulässigen Überschreiten dieses Wertes wegen Besonderheiten der Bemessungskriterien andererseits (§ 5 Abs. 2 Satz 4 GOÄ) sowie aus der Anordnung einer schriftlichen Begründung des Überschreitens des Schwellenwertes, die auf Verlangen näher zu erläutern ist (§ 12 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GOÄ). Für eine nähere Erläuterung ist sinnvoll nur Raum, wenn Besonderheiten gerade des vorliegenden Einzelfalles darzustellen sind; könnte schon eine bestimmte, vom Einzelfall unabhängige Art der Ausführung der im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistung das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigen, so wäre dies mit einem kurzen Hinweis auf die angewandte Ausführungsart abschließend dargelegt. Es ist davon auszugehen, dass die in der Regel einzuhaltende Spanne zwischen dem einfachen und dem 2,3-fachen Gebührensatz vom Verordnungsgeber nicht nur für einfache oder höchstens durchschnittlich schwierige und aufwendige Behandlungsfälle, sondern für die große Mehrzahl aller Behandlungsfälle zur Verfügung gestellt ist und in diesem Rahmen auch die Mehrzahl der schwierigeren und aufwendigeren Behandlungsfälle abdeckt. Auch soweit es üblich geworden sein und hingenommen werden sollte, dass Ärzte überwiegend ohne Rücksicht auf den Einzelfall den Schwellenwert ansetzen, ändert dies nichts an der Rechtslage, insbesondere nicht daran, dass auch die Mehrzahl schwierigerer und aufwendigerer Behandlungsfälle im Rahmen der Regelspanne abzugelten ist (vgl. zum Ganzen grundlegend: BVerwG, U.v. 17.02.1994 – 2 C 10/92 – juris).
2. Im vorliegenden Falle wurden für jede einzelne Einheit der beim Kläger durchgeführten sog. medizinischen Kräftigungstherapie (MKT) die Gebührenziffern 506, 558 und 846 abgerechnet. Die Gebührenziffern 506 sowie 558 befinden sich im Abschnitt E – physikalisch-medizinische Leistungen – der Anlage zur GOÄ, sodass der sog. Schwellenwert, ab dem eine berechnete Gebühr gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 GOÄ verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu begründen ist, nach § 5 Abs. 3 Satz 2 GOÄ beim 1,8fachen des Gebührensatzes liegt, während dieser Schwellenwert für die Ziffer 846 beim 2,3fachen des Gebührensatzes liegt, § 5 Abs. 2 Satz 4 1. Hs. GOÄ. Die genannten Schwellenwerte wurden für jede der drei Gebührenziffern in jeder Therapieeinheit der MKT überschritten, indem jeweils der Maximalsatz des 2,5fachen für die Gebührenziffern 506 und 558, § 5 Abs. 3 Satz 1 GOÄ, sowie der Maximalsatz des 3,5fachen für die Gebührenziffer 846, § 5 Abs. 1 Satz 1 GOÄ, in Ansatz gebracht wurde.
Zur Begründung für die vorgenannten Schwellenwertüberschreitungen hat der behandelnde Arzt in der Rechnung vom 16. Juni 2021 und ohne diesbezügliche Abweichungen auch in der (anderweitig) korrigierten Rechnung vom 19. Juli 2021 bei jeder Therapieeinheit und dort auch bei jeder der vorgenannten drei Gebührenziffern auf einen „erhöhten apparativen und zeitlichen Aufwand“ abgestellt. Im Schreiben des Abrechnungszentrums vom 20. Juli 2021 wurde dieser Begründungsansatz aufgegriffen und dargelegt, dass beim Kläger aufgrund seiner Diagnosen ein apparativer und zeitlicher Mehraufwand vorgelegen habe, wodurch die Behandlung aufwendiger als üblich gewesen sei. Mit Schreiben vom 22. November 2021 hat der behandelnde Arzt sodann dargelegt, dass beim Kläger eine orthopädische Erkrankung im Bereich der Wirbelsäule vorliege, aufgrund der eine medizinische Kräftigungstherapie indiziert gewesen und durchgeführt worden sei. Ein Alleintraining des Klägers sei an den notwendigen apparativen Maßnahmen nicht möglich und es entstehe ein erhöhter Zeitaufwand wegen Begleitung an mehrgelenkigen Übungen. Ein dafür fachlich qualifizierter Therapeut müsse die Übungen persönlich begleiten und die entsprechenden Geräte bedienen, was die Erhöhung des Steigerungssatzes notwendig mache. Mit abermaligem Schreiben des behandelnden Arztes vom 28. März 2022 wies dieser schließlich darauf hin, dass beim Kläger stark einschränkende Erkrankungen vorliegen: Hohlrundrücken, HWS/BWS-Syndrom, Osteochondrose der LWS mit ausgeprägten Schmerzen, Schulter-Arm-Syndrom rechts, chronisches HWS-Syndrom mit Schwindelanfällen, muskuläre Dysbalancen. Aufgrund dieser einschränkenden Diagnosen und den Corona-Maßnahmen habe das Training in Form eines Einzeltrainings intensiv begleitet werden müssen, was einen deutlich erhöhten personellen Aufwand erfordert habe, wie bereits im Schreiben vom 22. November 2021 sowie im Kostenvoranschlag beschrieben.
3. Dies zugrunde gelegt stellt der behandelnde Arzt zur Begründung für die Schwellenwertüberschreitungen im Kern darauf ab, dass beim Kläger bei der Durchführung der medizinischen Kräftigungstherapie ein erhöhter Zeitaufwand/personeller Aufwand dadurch vorhanden war, dass er aufgrund seiner medizinischen Diagnosen durch einen fachlich qualifizierten Therapeuten habe intensiv begleitet werden müssen. Diese Begründung rechtfertigt die Schwellenwertüberschreitungen jedoch nicht, da darin keine gemäß § 5 Abs. 2 Satz 4 2. Hs. GOÄ erforderliche Besonderheit der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien liegt. Vielmehr handelt es sich insoweit um ein Bemessungskriterium, das bereits in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt wurde, sodass es bei der Bestimmung der Gebührenhöhe außer Betracht zu bleiben hat und erst recht keine Schwellenwertüberschreitung zu rechtfertigen vermag, § 5 Abs. 2 Satz 3 GOÄ (vgl. auch Dr. B., Kommentar zur GOÄ, Bd. 1, § 12 Rn. 3.2).
Die abgerechneten Gebührenziffern 506, 558 und 846 bilden vorliegend gebührenrechtlich in ihrer Gesamtheit die beim Kläger durchgeführte sog. medizinische Kräftigungstherapie bzw. medizinische Trainingstherapie ab. Diese stellt ein umfassendes Konzept zur Behandlung qualifizierter Beschwerden u.a. des Stütz- und Bewegungsapparates dar. Die Abrechnung der medizinischen Kräftigungstherapie als gezieltes körperliches Training unter ärztlicher Aufsicht zur Behandlung von Erkrankungen war jahrelang Gegenstand gebührenrechtlicher Auseinandersetzungen. Im Hinblick auf diese besondere Problematik hatte sich der Ausschuss Gebührenordnung der Bundesärztekammer ausführlich mit der gebührenrechtlichen Fragestellung einer sachgerechten Abrechnung der Leistungen im Zusammenhang mit der medizinischen Trainingstherapie befasst und Abrechnungsempfehlungen beschlossen. Der Vorstand der Bundesärztekammer hat die diesbezüglichen Beschlüsse des Ausschusses Gebührenordnung der Bundesärztekammer zur Analogbewertung bestätigt.
Gemäß diesem Beschluss sind die Nrn. 846 analog, 558 analog und 506 pro Sitzung jeweils einmal berechnungsfähig. Eine Behandlungsserie kann maximal bis zu 25 Sitzungen umfassen. Die Durchführung jeder einzelnen Sitzung muss unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Unter den Begriff medizinischen Trainingstherapie mit Sequenztrainingsgeräten fallen beispielsweise sporttherapeutische Trainingskonzepte wie die MedX-Therapie, die medizinische Kräftigungstherapie der Gesellschaft für medizinische Kräftigungstherapie sowie das Trainingskonzept des Forschungs- und Präventionszentrums Köln. Wie bei allen Methoden der physikalischen und rehabilitativen Medizin ist die Durchführung therapeutischer, aber auch diagnostischer Leistungsbestandteile teilweise delegationsfähig an speziell geschultes medizinisches Personal. Allerdings müssen Therapieplanung und Ergebniskontrolle zwingend durch einen Arzt erfolgen; während der therapeutischen Sitzung ist eine ärztliche Aufsicht zu gewährleisten. Fitness- und Krafttrainingsmethoden, die, auch wenn sie an identischen Trainingsgeräten mit gesundheitsfördernder Zielsetzung durchgeführt werden, nicht den Anforderungen der ärztlich geleiteten medizinischen Trainingstherapie entsprechen, sind nicht als nach GOÄ abrechnungsfähige ärztliche Leistung anzuerkennen (vgl. zum Ganzen: Dr. B., Kommentar zur GOÄ, Bd. 1, zu Geb.Ziffer 558; https://www.aerzteblatt.de/archiv/30113/Bekanntmachungen-Beschluesse-des-Gebuehrenordnungsausschusses-der-Bundesaerztekammer).
Entsprechend der vom Kläger mit Schreiben vom 1. Februar 2021 vorgelegten Vereinbarung mit dem behandelnden Arzt sollte bei diesem explizit eine solche medizinische Kräftigungstherapie durchgeführt und nach der vorgenannten Empfehlung der Gebührenordnungskommission der Bundesärztekammer vom 14. Dezember 2001 zur Abrechnung der medizinischen Trainingstherapie in Rechnung gestellt werden (insbesondere über die Ziffern 506, 558 und 846).
Aus alldem ergibt sich, dass die beim Kläger durchgeführte medizinische Kräftigungstherapie überhaupt nur dann als ärztliche Leistung abrechnungs- und in der Folge über die beamtenrechtliche Beihilfe erstattungsfähig ist, wenn jede einzelne Therapieeinheit entweder selbst durch einen Arzt durchgeführt wird oder aber wenn die durchgeführten Leistungsbestandteile an speziell geschultes medizinisches Personal delegiert werden und während der Sitzung eine ärztliche Aufsicht gewährleistet ist. Somit ist die Durchführung der einzelnen Teilleistungen der medizinischen Kräftigungstherapie durch speziell geschulte Therapeuten Grundvoraussetzung und zwingend notwendiger Bestandteil einer solchen Therapie – gerade auch in Abgrenzung zu kommerziellen Muskelkräftigungsangeboten – und damit auch bereits in der Leistungsbeschreibung im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 3 GOÄ berücksichtigt, was es umgekehrt ausschließt, diesen Umstand als Begründung für die Erhöhung des Steigerungssatzes über den Schwellenwert hinaus heranzuziehen. Mit anderen Worten rechtfertigt die intensive Begleitung des Klägers im Rahmen der medizinischen Kräftigungstherapie durch einen speziell geschulten Therapeuten nicht die geltend gemachte Schwellenwertüberschreitung, sondern rechtfertigt allein deren Abrechnung nach der GOÄ und ihre Beihilfefähigkeit als solche. Im Gegenteil wäre umgekehrt in Erwägung zu ziehen, dass eine durch den Arzt in der Durchführung delegierte Leistung – wie vorliegend – entsprechend dem Sinngehalt des Gebührenrahmens nur im unteren und mittleren Bereich der Regelspanne (welche – maximal – bis zum 2,3fachen bzw. 1,8fachen reicht) anzusetzen wäre (vgl. Dr. B., Kommentar zur GOÄ, Bd. 1, § 5 Rn. 13).
Vorstehende Ausführungen werden – worauf die Beklagte zutreffend verwiesen hat – auch durch die Leitlinien der Gesellschaft für medizinische Kräftigungstherapie vom 26. April 2021 bestätigt. Hierbei handelt es sich keineswegs um „Quellen zweifelhafter Qualität“, wie die Klägerbevollmächtigte meint, sondern um Aussagen der einschlägigen Fachgesellschaft, die sich u.a. gerade der Qualitätssicherung der medizinischen Leistung annimmt, die vom Kläger hier in Anspruch genommen wurde, und die explizit auch in dem vorgenannten Beschluss des Gebührenordnungsausschusses der Bundesärztekammer genannt wird. In diesen Leitlinien wird klar hervorgehoben, dass eine Therapiemethode nur dann als medizinische Kräftigungstherapie definiert werden kann, wenn eine Reihe von Kriterien der Struktur- und Prozessqualität erfüllt sind, wozu – neben der ärztlichen Leitung des Behandlungsbereichs und der Therapie – ausdrücklich auch die 1 zu 1-Überwachung durch einen zertifizierten Therapeuten gehört. Darüber hinaus wird ausgeführt, dass jede medizinische Kräftigungstherapie neben der spezifischen Kräftigung der Wirbelsäulenextensoren ein begleitendes Training der Rumpf- und Stützmuskulatur umfasst. Auch diesbezüglich wird eine individuelle Überwachung durch einen Therapeuten gefordert (https://www.gmkt.info/leitlinien/). Wenn aber – wie bereits oben ausgeführt – die Einzelüberwachung ein zwingendes immanentes Merkmal für das Vorliegen einer medizinischen Kräftigungstherapie ist, so kann diese nicht zur Begründung für eine Schwellenwerterhöhung herangezogen.
Auch Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der hier abgerechneten Gebührenziffern 508, 558 sowie 846 legen es nahe, dass die für die Schwellenwertüberschreitung begründend herangezogene intensive einzelne Begleitung durch einen qualifizierten Therapeuten bereits in den jeweiligen Leistungsbeschreibungen berücksichtigt worden ist und daher im hiesigen Zusammenhang keine Berücksichtigung finden kann. Denn so lautet die Leistungsbeschreibung der Gebührenziffer 506: Krankengymnastische Ganzbehandlung als Einzelbehandlung – einschließlich der erforderlichen Massage(n). Eine solche krankengymnastische Behandlung setzt nach dem allgemein bekannten Leitbild als Leistungsinhalt die ständige Anwesenheit, Kontrolle und Anleitung durch einen entsprechend qualifizierten Therapeuten voraus, was hier nochmals in besonderer Weise zum Ausdruck kommt, indem die krankengymnastische Behandlung explizit als Einzelbehandlung beschrieben wird, was gerade erfordert, dass sich der Behandler individuell um einen Patienten kümmert, zumal auch eine weitere – finanziell geringer dotierte – Gebührenziffer für Krankengymnastik in Gruppen existiert (vgl. GOÄ-Ziffer 509). Auch die Gebührenziffer 846 mit der Leistungsbeschreibung: Übende Verfahren (z.B. autogenes Training) in Einzelbehandlung, Dauer mindestens 20 Minuten, setzt bereits nach ihrem Wortlaut explizit eine individuelle Behandlung des Patienten voraus. Letzteres gilt aber auch für die Gebührenziffer 558: Apparative isokinetische Muskelfunktionstherapie. Denn auch bei dieser Leistung handelt es sich um eine ärztliche Leistung nach der GOÄ, die – im Abschnitt E: physikalisch-medizinische Leistungen enthalten – zwar grundsätzlich unter ärztlicher Aufsicht an einen geschulten Therapeuten delegiert werden kann, die jedoch dadurch nicht ihren Charakter als ärztliche Behandlungsleistung verliert, welche stets die Durchführung durch einen Arzt oder – im Falle der Delegation – zumindest durch einen geschulten Therapeuten beinhaltet, gerade in Abgrenzung zu anderweitigen unspezifischen Fitness- und Kräftigungsmethoden oder Leistungen von Fitnessstudios, bei denen die persönliche Begleitung naturgemäß stärker in den Hintergrund treten kann. Vielmehr wäre es umgekehrt bei der hier vorgenommenen Abrechnung einer ärztlichen Leistung systemfremd, einen erhöhten Zeitaufwand/personellen Aufwand mit der Begründung anzunehmen, dass die Leistung durch einen Arzt oder Therapeuten begleitet bzw. erbracht wurde.
Nichts Abweichendes ergibt sich schließlich daraus, dass der Kläger hat vortragen lassen, dass die MedX-Therapie nicht zwingend mit einem Einzeltrainer absolviert werden müsse. Üblich sei eine Einweisung an den MedX-Geräten, wobei die Trainingseinheiten dann durchaus allein absolviert werden könnten und bei Bedarf ein Therapeut hinzugezogen werden könne. Denn angesichts der vorstehenden Ausführungen, dass es sich bei der individuellen Begleitung des Patienten während der medizinischen Kräftigungstherapie um eine grundlegende Voraussetzung handelt, die überhaupt erst deren Abrechenbarkeit als ärztliche Leistung ermöglicht, kann es nicht darauf ankommen, dass von dieser Voraussetzung in der Praxis – gegebenenfalls – Abstriche gemacht werden. Eine derartige Handhabung würde vielmehr den Aufwand gegenüber der erforderlichen Begleitung herabsetzen und nicht umgekehrt dazu führen, dass die tatsächlich durchgeführte Begleitung einen Mehraufwand darstellt.
4. Unabhängig von vorstehenden Ausführungen lässt sich den vom behandelnden Arzt gegebenen Begründungen keine Besonderheit der in § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ genannten Bemessungskriterien entnehmen, welche ein Überschreiten des bei der einzelnen Leistung jeweils maßgeblichen Schwellenwertes rechtfertigen würde, § 5 Abs. 2 Satz 4 2. Hs. GOÄ. Es ist in diesem Zusammenhang nochmals zu betonen, dass es sich um aufgetretene Besonderheiten gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten handeln muss, abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle (vgl. BVerwG, a.a.O.), und dies zudem verständlich und nachvollziehbar zu begründen ist, § 12 Abs. 3 Satz 1 GOÄ.
So hat der behandelnde Arzt Dr. B. es nicht vermocht, nachvollziehbar zu begründen und zu erläutern, warum gerade im Falle des Klägers eine intensive Begleitung durch einen Therapeuten abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle nötig gewesen sein soll. Im Schreiben vom 22. November 2021 wird ein solches Erfordernis durch Dr. B. schlicht behauptet, während in den Schreiben vom 20. Juli 2021 sowie vom 28. März 2022 in pauschaler Weise ein Zusammenhang mit den beim Kläger bestehenden Diagnosen hergestellt wird, ohne allerdings – auch nicht in knapper Form – darzulegen, aus welchem Grunde die bestehenden medizinischen Diagnosen betreffend den Stütz- und Bewegungsapparat gerade beim Kläger abweichend von der Mehrzahl der Behandlungsfälle ein Alleintraining ausgeschlossen und so einen erhöhten Aufwand verursacht haben. Es wird durch Dr. B. auch nicht einmal behauptet, dass bei der Mehrzahl der Patienten keine Begleitung durch einen Therapeuten durchgeführt wird. In diesem Zusammenhang ist in besonderer Weise zu beachten, dass die medizinische Kräftigungstherapie gerade ein Konzept zur Behandlung von – auch beim Kläger diagnostizierten – qualifizierten Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates darstellt (vgl. Dr. B., Kommentar zur GOÄ, Bd. 1, zu Ziffer 558; https://www.gmkt.info/leitlinien/#toggle-id-3; http://www.gesundheits-lexikon.com/Therapie/Physikalische-Therapie/Medizinische-Kraeftigungstherapie-MKT-.html), sodass insoweit die Notwendigkeit bestanden hätte darzulegen, welche Besonderheiten den Kläger aus der Masse der Patienten, die regelhaft ebenfalls wegen Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates mit einer medizinischen Kräftigungstherapie behandelt werden, herausgehoben haben, sodass sich gerade bei ihm ein erhöhter Begleitungsaufwand ergeben hat. So wurde überdies auch nicht etwa nachvollziehbar dargelegt, dass beim Kläger aufgrund seiner medizinischen Diagnosen eine besondere Schwierigkeit der Leistungserbringung vorgelegen hat. Derartiges lässt sich weder der Rechnung noch den vorgelegten Erläuterungsschreiben plausibel entnehmen. In der Gesamtschau bleiben die Ausführungen des behandelnden Arztes trotz dessen mehrfacher Erläuterungsversuche letztlich äußerst vage und unsubstantiiert und werden den Anforderungen des § 5 Abs. 4 Satz 2 2. Hs., § 12 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GOÄ nicht gerecht.
Ebenso vage und floskelhaft bleiben die Darlegungen in der Rechnung sowie im Schreiben vom 20. Juli 2021, wonach beim Kläger aufgrund seiner Diagnosen ein apparativer und zeitlicher Mehraufwand bestanden habe. Worin ein solcher Mehraufwand in der Person des Klägers konkret gelegen haben soll, wurde von Dr. B. nicht ansatzweise erläutert, worüber auch nicht hinweghilft, dass nach obergerichtlicher Rechtsprechung für ausreichend erachtet wird, das Vorliegen von Umständen, die das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigen können, stichwortartig nachvollziehbar zu machen. Denn auch insoweit muss die Begründung jedenfalls geeignet sein, das Vorliegen solcher Umstände nachvollziehbar zu machen (vgl. OVG Niedersachsen, B.v. 12.8.2009 – 5 LA 368/08 – juris), was vorliegend nicht der Fall ist. Insbesondere ist weder nachvollziehbar vorgetragen worden noch anderweitig ersichtlich, dass das Training im Falle des Klägers länger als üblich gedauert hätte bzw. worin ein apparativer Mehraufwand konkret gelegen haben soll. Es ist insoweit auch nicht Aufgabe der Beihilfestelle, sondern des Beihilfeberechtigten, sich um eine entsprechende Begründung zu bemühen (vgl. Dr. B., Kommentar zur GOÄ, Bd. 1, § 12 Rn. 3.5, Rn. 4), zumal sowohl im Ausgangsbescheid als auch im Widerspruchsbescheid auf die mangelnde individuelle patientenbezogene Begründung hingewiesen wurde.
Soweit der behandelnde Arzt schließlich mit Schreiben vom 28. März 2022 – erstmals – darauf hingewiesen hat, dass (neben den einschränkenden Diagnosen) auch aufgrund der Corona-Maßnahmen das Training in Form eines Einzeltrainings intensiv habe begleitet werden müssen, was einen deutlich erhöhten personellen Aufwand erfordert habe, so drängt sich in diesem Zusammenhang geradezu auf, dass es sich insoweit nicht um eine patientenspezifische Besonderheit beim Kläger abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle gehandelt hat. Vielmehr trifft diese Argumentation während der Corona-Pandemie auf ausnahmslos jeden Patienten zu, sodass dieses Argument nicht für eine Schwellenwerterhöhung herangezogen werden kann. Darüber hinaus wird aber auch insoweit nicht nachvollziehbar erläutert, was der behandelnde Arzt mit dem vielsagenden Schlagwort „Corona-Maßnahmen“ konkret meint und inwiefern dadurch ein konkreter Mehraufwand entstanden ist. Ein solcher ist hier jedenfalls bereits aufgrund des grundsätzlichen Erfordernisses einer individuellen Begleitung des Trainings als Grundvoraussetzung einer jeden medizinischen Kräftigungstherapie (vgl. oben) nicht gegeben. Abschließend ist zu diesem Gesichtspunkt anzumerken, dass ein Mehraufwand durch „Corona-Maßnahmen“ hier auch deshalb wenig nachvollziehbar erscheint, da dieses Argument zuvor weder Gegenstand der Rechnung noch der vorherigen Erläuterungsschreiben gewesen ist und nunmehr mehr als neun Monate nach der Abrechnung der Leistungen erstmals ins Feld geführt wird.
5. Nur ergänzend ist anzumerken, dass gegen eine patientenspezifische Besonderheit in der Person des Klägers abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle letztlich auch die vom Kläger mit Schreiben vom 1. Februar 2021 vorgelegte Vereinbarung mit dem behandelnden Arzt spricht, in der die hier streitigen Schwellenwertüberschreitungen offensichtlich bereits standardmäßig im Rahmen eines Formblatts hinterlegt sind und sich Dr. B. die Übernahme dieser Gebührensätze unabhängig von der Erstattung durch den Kostenträger jeweils schriftlich bestätigen lässt. Es handelt sich vor dem Hintergrund, dass in dem Schreiben keine persönliche Anrede des Patienten verwendet wird und lediglich der Name des jeweiligen Patienten einzutragen ist, bei lebensnaher Betrachtung nicht um eine individuelle Vereinbarung mit dem Kläger, sondern vielmehr um einen Vertrag, wie er offenbar in sämtlichen Fällen der durch Dr. B. durchgeführten medizinischen Kräftigungstherapien zur Anwendung gelangt.
6. Soweit der Kläger vorgetragen hat, die Beklagte habe es entgegen Ziffer 6.3.5 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Bundesbeihilfeverordnung vom 26. Juni 2017 unterlassen, ein erforderliches Gutachten einzuholen, so vermag auch dies der Klage hier nicht zum Erfolg zu verhelfen, da sich der vom Kläger begehrte Anspruch auf eine höhere Beihilfeleistung – unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen – selbst im Falle einer Verletzung dieser Verwaltungsvorschrift nicht herleiten lässt. Darüber hinaus ist für den behaupteten Verfahrensfehler hier nichts ersichtlich. Die genannte Verwaltungsvorschrift bezieht sich auf § 12 Abs. 3 Satz 2 GOÄ, wonach die Festsetzungsstelle bei bestehenden Zweifeln, ob die in der Begründung dargelegten Umstände den Umfang der Überschreitung des Schwellenwertes rechtfertigen, diese in Antragsteller bitten soll, die Begründung durch den/die Arzt/Ärztin erläutern zu lassen. Werden die Zweifel nicht ausgeräumt, so ist mit Einverständniserklärung der beihilfeberechtigten Person eine Stellungnahme der zuständigen Ärztekammer oder eines/r medizinischen Gutachters/in einzuholen. Der vom Kläger behauptete Verfahrensfehler liegt hier bereits deshalb nicht vor, da die Verwaltungsvorschrift keine Vorgaben dazu enthält, in welchen Konstellationen die Festsetzungsstelle die dort angesprochenen Zweifel hegen muss, was vor dem Hintergrund der Vielgestaltigkeit der in der Praxis vorkommenden Sachverhalte und der Vorschrift des § 24 Abs. 1 Satz 2 1. Hs. VwVfG auch wenig praktikabel erschiene. Vorliegend ist jedenfalls zu konstatieren, dass die zuständige Festsetzungsstelle derartige Zweifel offensichtlich nicht gehegt hat, da sie die erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 Satz 4 2. Hs., § 12 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GOÄ nicht als erfüllt angesehen hat, sodass sie auch nicht aus Gleichheitsgründen gehalten war, ein Gutachten zu beauftragen. Unabhängig davon beziehen sich die Zweifel dem Wortlaut der Verwaltungsvorschrift nach lediglich auf den „Umfang“ der Überschreitung des Schwellenwertes, nicht jedoch auf die Rechtfertigung als solche, mithin, ob eine solche überhaupt gerechtfertigt ist. Schließlich können sich die dort angesprochenen Zweifel nach Sinn und Zweck der Regelung allenfalls auf medizinische Zweifelsfragen beziehen, zu denen ein medizinischer Gutachter auch nur fundierte Aussagen treffen könnte. Vorliegend hat sich die Festsetzungsstelle jedoch lediglich mit der Rechtsfrage auseinandergesetzt, ob die vorliegende ärztliche Begründung die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 4 2. Hs., § 12 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GOÄ erfüllt.
7. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ergibt sich schließlich auch nicht aus einer von der Beklagten abgegebenen Zusicherung gemäß § 38 VwVfG im Rahmen ihres Schreibens vom 04.02.2021 bzw. dem Informationsblatt über ärztliche Leistungen B-Mitglieder. Dem Inhalt des Schreibens der Beihilfestelle vom 4. Februar 2021 ist an keiner Stelle eine Zusicherung dahingehend zu entnehmen, dass die im Rahmen des vorgelegten Vertrages zwischen dem Kläger und Dr. B. vereinbarten und über dem Schwellenwert liegenden Steigerungsfaktoren von der Beihilfestelle künftig im Rahmen einer Beihilfefestsetzung als beihilfefähig anerkannt und erstattet werden. Vielmehr wurde in dem Schreiben lediglich mitgeteilt, dass die Aufwendungen für medizinische Kräftigungstherapie anerkannt werden, wenn bestimmte in dem Schreiben aufgelistete Voraussetzungen vorliegen, welche Gebührenziffern hierfür abrechenbar sind und dass diese Leistungen bis zum 2,3fachen Satz der GOÄ erstattungsfähig sind. Ein erhöhter Steigungsfaktor könne erst bei Vorlage der Rechnung mit entsprechender Begründung anerkannt werden. Für die Anerkennung müsse eine patientenbezogene Begründung angegeben werden. Betreffend die Schwellenwertüberschreitungen ergibt sich somit bereits klar aus dem Wortlaut des Schreibens, dass damit lediglich die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine etwaige Beihilfefähigkeit von über dem Schwellenwert liegenden Abrechnungssätzen mitgeteilt werden und insoweit erkennbar auf die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 2 GOÄ abgestellt wird, während an keiner Stelle des Schreibens zum Ausdruck kommt, dass dem Kläger individuell und mit Rechtsbindungswillen zugesichert wird, dass die im Rahmen der Vereinbarung mit Dr. B. festgelegten erhöhten Steigerungsätze von der Beihilfestelle übernommen werden. Insbesondere ergibt sich eine solche Zusicherung nicht aus dem Fehlen einer ablehnenden Aussage zu den über dem Schwellenwert liegenden Steigerungsfaktoren.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch die Bezugnahme auf das Informationsblatt „Ärztliche Leistungen B-Mitglieder“ im Schreiben vom 4. Februar 2021 – unabhängig von der Frage des Rechtscharakters (insbesondere des Rechtsbindungswillens) sowie der Schriftform dieses Dokuments. Denn darin wird bereits unter der vorliegend einschlägigen Überschrift „Einreichen eines Kostenvoranschlags“ ausdrücklich klargestellt, dass es im Falle eines Kostenvoranschlags nicht möglich sei, die genaue Kostenübernahme vorab festzulegen. Grund hierfür sei, dass die Umstände der Behandlung darüber entscheiden, ob eine Leistung erstattungsfähig sei oder nicht. Es sei daher zu beachten, dass trotz Vorlage eines konkret erscheinenden Kostenvoranschlags lediglich eine allgemeine Information erfolgen könne. Die konkrete Erstattungsleistung könne erst festgesetzt werden, wenn die endgültige Rechnung geprüft worden sei. Diese Problematik besteht auch und gerade bei der Frage von die Überschreitung des Schwellenwerts rechtfertigenden Besonderheiten bei den Bemessungskriterien, welche sich naturgemäß erst durch einen erhöhten Zeitaufwand, eine erhöhte Schwierigkeit oder besondere Umstände bei der Ausführung der Leistung selbst ergeben können. Soweit sich der Kläger auf das in dem Informationsblatt genannte „Beispiel für eine nachvollziehbare Begründung“ beruft („Besonders zeitintensive Untersuchung aufgrund mehrerer gleichzeitig bestehende Erkrankungen, siehe Diagnosen“), so könnte sich eine Zusicherung – wenn man eine solche daraus herleiten wollte – allenfalls dann ergeben, wenn das verwendete Beispiel im Einzelfall tatsächlich wörtlich Verwendung gefunden hätte, was vorliegend jedoch ersichtlich nicht der Fall ist. Eine in dem Beispielsfall genannte „besonders zeitintensive Untersuchung“ steht vorliegend erkennbar nicht inmitten. Zudem lässt der Kläger – worauf die Beklagte zu Recht hinweist – den Kontext, in dem das o.g. Beispiel genannt wurde, außer Acht. Denn unmittelbar zuvor wird als Voraussetzung für eine Anerkennung von über dem Schwellenwert liegender Abrechnungssätze gefordert, dass die Arztpraxis das Überschreiten für jede einzelne Leistung in der Rechnung verständlich, nachvollziehbar und einzelfallbezogen begründen müsse. Diese schriftliche Begründung müsse die Arztpraxis daher speziell auf die Person des Patienten abstimmen und formulieren. Diese weiteren Voraussetzungen wurden im vorliegenden Falle – wie oben eingehend dargelegt – jedoch nicht erfüllt. Auf die entsprechenden obigen Ausführungen wird vollumfänglich verwiesen.
8. Schließlich greift auch die klägerische Argumentation eines Verfahrensfehlers, wonach die Rechnung vom 16. Juni 2021 zurückgezogen und durch die Rechnung vom 19. Juli 2021 ersetzt worden sei, zu der kein Beihilfebescheid vorliege bzw. über die nicht im Widerspruch entschieden worden sei, nicht durch. Das Gericht vermag insoweit keinen Verfahrensfehler zu erkennen. Der Kläger hat vielmehr der Beihilfestelle zunächst die Rechnung vom 16. Juni 2021 zur Erstattung vorgelegt, die darüber mit Bescheid vom 25. Juni 2021 entschieden hat. Während des Laufs des Widerspruchsverfahrens hat der Kläger sodann die – lediglich geringfügig und nicht die vorliegend streitgegenständlichen Gebührenziffern betreffend – geänderte Rechnung kommentarlos bei der Beihilfestelle eingereicht, die in der Folge hiervon Kenntnis genommen und diese auch zum Gegenstand ihrer Überprüfung im Widerspruchsverfahren gemacht hat, wie sich den Ausführungen auf Seite 3 des Widerspruchsbescheides eindeutig entnehmen lässt. Woraus sich bei dieser Sachlage überdies eine subjektive Rechtsverletzung des Klägers ergeben sollte – zumal die abgeänderte Rechnung – wie bereits ausgeführt – in den hier maßgeblichen streitgegenständlichen Gebührenziffern unverändert geblieben ist und im Rechnungsgesamtbetrag sogar verringert wurde – oder wie sich aus dem vom Kläger behaupteten Verfahrensfehler der von ihm begehrte Anspruch auf höhere Beihilfeleistungen ergeben sollte, erschließt sich dem Gericht nicht.
Der Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 14. April 2022, 9:25 Uhr, ist nach der Niederlegung des Tenors in der Geschäftsstelle bei Gericht eingegangen und war daher nicht mehr, jedenfalls nicht zwingend, zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2000 – 6 ZB 00.657 – juris). Überdies enthält der Schriftsatz keine neuen Gesichtspunkte, sondern wiederholt lediglich bereits zuvor schriftsätzlich oder in der mündlichen Verhandlung dargelegten Vortrag, der vollständig in der vorstehenden Entscheidungsgründen gewürdigt wurde.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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