Arbeitsrecht

Beamter; anderweitige Verwendung zur Vermeidung einer Versetzung in den Ruhestand; Datenübermittlung

Aktenzeichen  2 A 10076/22

Datum:
17.5.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz 2. Senat
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:OVGRLP:2022:0517.2A10076.22.00
Normen:
§ 26 Abs 1 S 3 BeamtStG
§ 26 Abs 2 BeamtStG
§ 26 Abs 2 S 1 BeamtStG
§ 26 Abs 3 BeamtStG
§ 50 BeamtStG
§ 50 S 3 BeamtStG
§ 50 S 4 BeamtStG
§ 112 BG RP
§ 112 Abs 1 BG RP
§ 118 BG RP
§ 118 S 2 BG RP
§ 1 VwVfG RP
§ 178 SGB 9
§ 178 Abs 2 SGB 9
§ 46 VwVfG RP
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

1. Bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung gemäß § 26 BeamtStG dürfen keine personenbezogenen Daten mitgeteilt werden, die ohne Weiteres eine Identifizierung des Beamten ermöglichen würden. Unzulässig ist zudem die Mitteilung medizinischer und damit sensibler (besonders gesicherter) personenbezogener Daten.(Rn.44)

2. Die angefragten Stellen können sich darauf beschränken, die an sie herangetragene Suchanfrage nach § 26 BeamtStG mit der Meldung einer (knapp gehaltenen) Fehlanzeige zu beantworten. Dies setzt allerdings voraus, dass bereits die Anfrage mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt, dass sich die Suche auch auf in absehbarer Zeit (d.h. innerhalb der nächsten sechs Monate ab dem Zugang der Anfrage) freiwerdende Dienstposten und auch auf geringerwertige Tätigkeiten erstreckt (Fortführung von OVG RP, Urteil vom 24. August 2020 2 A 10143/20.OVG , ZBR 2021, 140). (Rn.50)

Verfahrensgang

vorgehend VG Koblenz, 12. Juli 2021, 5 K 76/21.KO, Urteil

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 12. Juli 2021 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung in den Ruhestand.
Der im Jahr 1967 geborene Kläger stand zuletzt als Justizvollzugshauptsekretär (Besoldungsgruppe A 8 LBesG) im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit im Dienst des Beklagten und war bei der Justizvollzugsanstalt A. eingesetzt. Seit dem 19. Oktober 2018 ist er wegen einer psychischen Störung sowie einer entzündlichen rheumatischen Gelenkerkrankung als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannt.
Im Jahr 2016 war der Kläger an insgesamt 61 Tagen, im Jahr 2017 an insgesamt 29 Tagen dienstunfähig erkrankt; seit dem 22. Oktober 2018 verrichtete er durchgehend krankheitsbedingt keinen Dienst mehr. Im Jahr 2019 wurde der Kläger durch die Zentrale Medizinische Untersuchungsstelle (ZMU) wegen einer beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand untersucht. Die ZMU hielt zunächst weitere medizinische Maßnahmen für erforderlich und ging von einer Dienstunfähigkeit bis etwa Oktober des Jahres 2019 aus. Ein stationärer Aufenthalt des Klägers brachte in der Folgezeit keine Besserung, sodass er weiterhin ununterbrochen dienstunfähig erkrankt war. Daraufhin wurde der Kläger abermals – am 18. Juni 2020 – durch die ZMU untersucht.
In ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 26. Juni 2020 gelangte die ZMU zu dem Ergebnis, der Kläger sei den beruflichen Anforderungen eines Justizvollzugshauptsekretärs gesundheitlich nicht mehr gewachsen. Innerhalb der nächsten zwei Jahre sei keine Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit bei ihm zu erwarten. Nach Abheilung seiner akuten orthopädischen Symptomatik sei er jedoch in einem alternativen Tätigkeitsfeld, z.B. im Verwaltungsbereich, ohne Gefangenenkontakt, ohne Schichtdienst und ohne schwere Hebearbeiten, einsetzbar. Sitzende und stehende Tätigkeiten könnten im Wechsel ausgeführt werden; Dienstreisen könne der Kläger unternehmen. Für die Rückführung in den Dienst in einer anderen Verwendbarkeit sei ein Zeitfenster von etwa sechs bis acht Wochen anzunehmen. Zudem sei eine gestufte Wiedereingliederungsmaßnahme erforderlich, die mit 15 Wochenstunden beginnen könne. Die Stundenzahl solle sodann wöchentlich um fünf Stunden gesteigert werden. Die abschließende Feststellung zur Einsetzbarkeit könne gegebenenfalls nach Beendigung der Wiedereingliederungsmaßnahme getroffen werden.
In der Folgezeit leitete der Beklagte die Suche nach einem leidensgerechten Arbeitsplatz für den Kläger ein. In der Suchanfrage an die rheinland-pfälzischen Justizvollzugseinrichtungen vom 13. Juli 2020 führte er ebenso wie in der Suchanfrage an die Staatskanzlei, die Landesministerien, den Landtag sowie den Rechnungshof Rheinland-Pfalz vom 28. Juli 2020 unter anderem aus, es werde um Prüfung gebeten, ob für den Kläger eine dauerhafte bzw. temporäre Verwendungsmöglichkeit bestehe, wobei auch die Übertragung einer geringwertigeren Tätigkeit in Betracht komme. Ferner seien auch die in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzenden Stellen bei der Prüfung einer Verwendungsmöglichkeit zu berücksichtigen.
Die Schreiben vom 13. und 28. Juli 2020 enthalten jeweils eine tabellarische Aufstellung zu der Person des Klägers, in der es unter anderem heißt:
„Geburtsjahr: 1967
Geschlecht: männlich
Personenstand: dauernd getrennt lebend, 1 Kind“
Des Weiteren enthalten die Schreiben Angaben zu Wohnort (Postleitzahl, Ort), Schulabschluss (Sekundarabschluss I), Ausbildung (KFZ-Mechaniker, Industriekaufmann), Laufbahnprüfung (1996, ausreichend), Dienstbezeichnung (Justizvollzugshauptsekretär) und dienstlicher Verwendung (…) des Klägers.
Sämtlichen der angefragten Stellen wurde mitgeteilt, die ZMU gehe bei dem Kläger „von einer Rückführung in den Dienst in ca. 6 bis 8 Wochen“ aus, wobei sie alsdann eine stufenweise Wiedereingliederung empfehle. Das Datum der Stellungnahme der ZMU (26. Juni 2020) wurde in den Suchschreiben nicht mitgeteilt.
Im Schreiben vom 13. Juli 2020 an die Justizvollzugseinrichtungen des Landes wurde eine Rückmeldefrist bis zum 24. Juli 2020 gesetzt. Bei der Abfrage vom 28. Juli 2020, weitergeleitet mit Schreiben des Ministeriums der Justiz vom 29. Juli 2020, wurden die angefragten Stellen um eine Antwort binnen fünf Wochen bis zum 2. September 2020 gebeten.
Die Suche blieb bei den angeschriebenen Justizvollzugsanstalten und auch landesweit erfolglos. Unter dem 6. Oktober 2020 hörte der Beklagte den Kläger daher zur beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand an. Hiergegen machte der Kläger geltend, seiner Auffassung nach stünden Dienstposten zur Verfügung, auf denen er leidensgerecht eingesetzt werden könne. Der Beklagte habe zudem dialogische Bemühungen in Gestalt von Nachfragen bei den jeweiligen Stellen unterlassen.
Die erhobenen Einwendungen wies der Beklagte zurück und versetzte den Kläger mit Urkunde vom 10. Dezember 2020 zum Ende des Monats Dezember 2020 in den Ruhestand. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 16. Dezember 2020 Widerspruch, mit dem er seine bisherigen Ausführungen wiederholte und vertiefte. Zudem wies er darauf hin, dass der Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung nicht beteiligt worden seien.
Unter dem 8. Januar 2021 wurde der örtliche Personalrat um Zustimmung zu der beabsichtigten Ruhestandsversetzung gebeten, die dieser mit Schreiben vom 12. Januar 2021 erteilte. Zudem wurde mit E-Mail vom 11. Januar 2021 die Vertrauensperson der Schwerbehinderten angehört. Diese teilte mit Schreiben vom 14. Januar 2021 mit, dass der Ruhestandsversetzung aus zeitlichen Gründen nicht zugestimmt werden könne. In der Kürze der Zeit sei es nicht möglich, Erkenntnisse und Informationen einzuholen und ein Gespräch mit dem Kläger zu führen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2021 wies der Beklagte den Widerspruch mit der Maßgabe zurück, dass der Kläger mit Ablauf des Monats Januar 2021 in den Ruhestand versetzt werde. Entgegen der Auffassung des Klägers habe der Dienstherr keine Pflicht, Dienstposten „freizumachen“. Seiner Suchpflicht sei er ordnungsgemäß nachgekommen. Auf die Suchanfrage seien ausnahmslos eindeutige Mitteilungen der angefragten Stellen eingegangen, sodass es keiner weiteren Nachfragen oder dialogischer Bemühungen bedurft habe. Soweit der Kläger auf freie Stellen für Justizwachtmeister verweise, hätten auch diese Kontakte zu Gefangenen, was gesundheitlich für den Kläger ausgeschlossen sei. Schließlich sei die zunächst unterbliebene Beteiligung von Personalrat und Schwerbehindertenvertretung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden.
Mit der am 28. Januar 2021 erhobenen Klage hat der Kläger seine Ausführungen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vertieft und zudem ausgeführt, der Beklagte habe insbesondere bei der Suchabfrage seine Person als wenig attraktiv beschrieben. Die Anfragen hätten ersichtlich nur dem Zweck gedient, den Vorgaben der einschlägigen Bestimmungen und Judikate zu genügen. Dies sei jedoch nicht ausreichend. Aktuell bestünden sehr wohl Möglichkeiten, ihn anderweitig im Dienst des Beklagten leidensgerecht einzusetzen. Seine Versetzung in den Ruhestand erweise sich daher als rechtswidrig.
Der Kläger hat beantragt,
die Ruhestandsversetzung vom 10. Dezember 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2021 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, die Frage, ob dem Kläger ein Arbeitsplatz mit Verwaltungstätigkeiten zur Verfügung hätte gestellt werden können, sei unmittelbar nach Eingang des ärztlichen Gutachtens geprüft und verneint worden. Es bestehe keine generelle Verpflichtung des Dienstherrn, Organisationsänderungen vorzunehmen, um die Weiterverwendung eines Beamten zu ermöglichen. Auch habe er keine dialogischen Bemühungen unternehmen müssen; er dürfe sich vielmehr auf die Angaben der befragten Ressorts der Landesregierung verlassen.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 12. Juli 2021 stattgegeben und den Bescheid des Beklagten über die Ruhestandsversetzung vom 10. Dezember 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2021 aufgehoben. Zwar habe der Beklagte den Kläger zu Recht als dienstunfähig angesehen, weil dieser ausweislich des Gutachtens der ZMU vom 26. Juni 2020 polizeidienstunfähig sei und nicht die Aussicht bestehe, dass der Kläger innerhalb zweier Jahre seine volle Verwendungsfähigkeit wiedererlange. Allerdings sei der Beklagte seiner gesetzlichen Suchpflicht nach einem leidensgerechten Arbeitsplatz unter mehreren Gesichtspunkten nicht nachgekommen. Erstens genügten die beiden Suchschreiben nicht den Anforderungen an eine sachliche, den Personaldatenschutz wahrende Kurzbeschreibung des Klägers. Insbesondere habe als Personenstand nicht „dauernd getrennt lebend, 1 Kind“ mitgeteilt werden dürfen. Zudem sei bei lebensnaher Betrachtung nicht auszuschließen, dass durch eine solche Angabe die Reaktion der jeweiligen Stellen auf die Suchanfrage in abträglicher Weise mitbestimmt werde. Zweitens sei in den Suchschreiben nicht das Datum der Begutachtung der ZMU genannt, zugleich aber mitgeteilt worden, die ZMU gehe von einer Rückführung in den Dienst in ca. sechs bis acht Wochen aus. Daher sei jedenfalls zum Zeitpunkt der erbetenen Rückäußerung der Staatskanzlei und der übrigen Ressorts am 2. September 2020 davon auszugehen gewesen, dass der Kläger wieder dienstlich verwendbar gewesen sei, wenn auch unter Berücksichtigung einer stufenweisen Wiedereingliederung. Dies sei den angefragten Stellen aber nicht deutlich gemacht worden. Drittens habe die Antwort des seinerzeitigen Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demographie (MSAGD) vom 31. Juli 2020 Anlass zu einer Nachfrage geben müssen, da nicht erkennbar gewesen sei, ob sie sich auch auf dort in absehbarer Zeit freiwerdende Stellen beziehe. Zudem sei im Sommer 2020 eine Tätigkeit des Klägers bei den rheinland-pfälzischen Gesundheitsämtern zur Unterstützung in der Corona-Pandemie sehr naheliegend gewesen. Der Beklagte habe daher insoweit nachfragen, aber auch von sich aus eine Verwendung des Klägers in dem angesprochenen Tätigkeitsbereich in Betracht ziehen müssen.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, die gemachten Angaben zum Familienstand des Klägers entsprächen den im Rechtsverkehr und bei Bewerbungen üblichen Gepflogenheiten. Der Familienstand werde zudem in Personalbögen der Bediensteten erfasst, da er unter anderem zur Berechnung der Bezüge erforderlich sei. Nach Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz seien Stellen ausschließlich nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu besetzen; der Familienstand dürfe daher keine ausschlaggebende Rolle spielen und habe dies dementsprechend auch vorliegend nicht getan. Ungeachtet dessen seien durch diese Angabe auch positiv konnotierte Schlussfolgerungen denkbar. Was die Ausführungen der ZMU zu einer Rückführung in den Dienst anbelange, handele sich um eine Prognose, deren Eintritt nicht sicher gewesen sei. Allenfalls hätte das Nachschieben der neuerlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers vom 1. August 2020 mögliche negative Eindrücke bei den angefragten Stellen hervorrufen können. Dies sei vorliegend jedoch gerade unterblieben. Schließlich habe auch keine Tätigkeit des Klägers zur Unterstützung der Gesundheitsämter in Betracht gezogen werden müssen, da es sich hierbei seit deren Kommunalisierung im Jahr 1997 um Behörden der Landkreise und nicht des Landes Rheinland-Pfalz handele.
Der Beklagte beantragt,
die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 12. Juli 2021 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil, das er auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens für zutreffend hält. Im Übrigen wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Zwischenzeitlich sei die orthopädische Symptomatik abgeheilt, sodass zwar keine Polizeidienstfähigkeit bestehe, aber eine reine Verwaltungstätigkeit ausgeübt werden könne. Was die Suchschreiben anbelange, könne die – im Übrigen unzutreffende – Angabe des Personenstandes dazu führen, dass Rückschlüsse auf private Probleme und Konflikte gezogen würden, die ihrerseits negativ auf das allgemeine Dienstverhalten ausstrahlen könnten. Es entstehe ein „Negativimage“ in den Köpfen der für die Stellenbesetzung zuständigen Bediensteten, ohne dass dies zwangsläufig bei einer Absage ersichtlich sei. Soweit der Beklagte auf seine – des Klägers – auch im August/September 2020 fortbestehende Arbeitsunfähigkeit abstelle, könne dies nicht zu seinen Lasten ausgelegt werden, da er seinen beamtenrechtlichen Obliegenheiten entsprechend Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen hatte. Schließlich fehle es in Bezug auf die Antwort des MSAGD an dialogischen Bemühungen des Beklagten. Zum einen gehe aus der Fehlanzeige nicht hervor, ob auch in absehbarer Zeit freiwerdende Stellen in die Suche mit einbezogen worden seien. Zum anderen habe für ihn trotz der Kommunalisierung der Gesundheitsämter die Möglichkeit bestanden, dort eine Tätigkeit etwa im Wege der Abordnung auszuüben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die vorgelegten Verwaltungs- und Personalakten (3 Hefte), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Die Berufung hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen.
Der Bescheid des Beklagten vom 10. Dezember 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat den Kläger zu Recht wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt, nachdem er zuvor in nicht zu beanstandender Weise erfolglos nach einer anderweitigen Verwendung gesucht hat.
I. Die Zurruhesetzungsverfügung ist zunächst nicht wegen formeller Mängel rechtswidrig. Neben dem Personalrat, der mit Schreiben vom 12. Januar 2021 einer Ruhestandsversetzung des Klägers ausdrücklich zugestimmt hat, wurde auch die zuständige Schwerbehindertenvertretung formal beteiligt. Gemäß § 178 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen schwerbehinderten Menschen berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Das Gesetz schreibt dabei keine Form für die Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung vor, so dass die Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung durch E-Mail nicht zu beanstanden ist. Ob die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung, die erst wenige Tage vor Erlass des Widerspruchsbescheides erstmals über die beabsichtigte Ruhestandsversetzung des Klägers informiert wurde, auch in der Sache ordnungsgemäß erfolgt ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn auch eine gegebenenfalls mangelbehaftete Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung führt nach § 1 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – in Verbindung mit § 46 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – nicht zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme, wenn – wie hier – offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die Zurruhesetzungsverfügung wegen Dienstunfähigkeit ist eine der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegende gebundene Entscheidung, auf die der Rechtsgedanke des § 46 VwVfG Anwendung findet (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2010 – 2 B 39.10 –, juris Rn. 6; Beschluss vom 13. November 2019 – 2 C 24.18 –, juris Rn. 3; BayVGH, Beschluss vom 26. September 2016 – 6 ZB 16.249 –, juris Rn. 11; ausführlich VGH BW, Urteil vom 4. September 2018 – 4 S 142/18 –, juris Rn. 49 ff.).
II. Darüber hinaus ergeben sich auch keine Zweifel an der materiellen Rechtmäßigkeit der Zurruhesetzungsverfügung des Beklagten.
1. Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung einer Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit ist § 26 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG – in der ab dem 7. Dezember 2018 geltenden Fassung (Gesetz zur Änderung des Beamtenstatusgesetzes und des Bundesbeamtengesetzes sowie weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 29. November 2018, BGBl. I S. 2232) in Verbindung mit § 112 Landesbeamtengesetz – LBG – vom 20. Oktober 2010 (GVBl. S. 319), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2021 (GVBl. S. 637), da es für die Rechtmäßigkeit der Versetzung in den Ruhestand auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung – hier dem Erlass des Widerspruchsbescheides am 15. Januar 2021 – ankommt (OVG RP, Urteil vom 24. August 2020 – 2 A 10143/20.OVG –, juris Rn. 32; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 – 2 C 7.97 –, juris Rn. 16; Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris Rn. 13).
Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Da es sich bei dem Kläger um einen Beamten des allgemeinen Vollzugsdienstes bei Justizvollzugsanstalten handelt, sind an seine Dienstfähigkeit nicht nur die für jeden Beamten geltenden Anforderungen zu stellen, sondern zusätzlich die für diese Beamtengruppe gemäß § 118 Satz 2 in Verbindung mit § 112 Abs. 1 LBG erforderlichen besonderen gesundheitlichen Voraussetzungen zu erfüllen (Polizeidienstfähigkeit; vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 – 2 B 97.13 –, juris Rn. 8 ff.; OVG RP, Beschluss vom 24. Januar 2007 – 2 A 11350/06.OVG –, n.v.; Beschluss vom 8. April 2015 – 2 A 11012/14.OVG –, n.v.; Urteil vom 24. August 2020 – 2 A 10143/20.OVG –, juris Rn. 33).
Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht zunächst zutreffend festgestellt, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides zwar polizeidienstunfähig war, ihm allerdings die Ausübung einer reinen Verwaltungstätigkeit ohne Gefangenenkontakt und ohne schwere Hebearbeiten nach den Ausführungen der Zentrale Medizinische Untersuchungsstelle (ZMU) in ihrer Stellungnahme vom 26. Juni 2020 möglich gewesen wäre. Dieser Umstand wird von den Beteiligten im Berufungsverfahren auch nicht in Zweifel gezogen. Da auch der Senat keine Anhaltpunkte für die Fehlerhaftigkeit der medizinischen Feststellungen zu erkennen vermag, gelangt im Falle des Klägers – worauf dieVorinstanz ebenfalls zutreffend hingewiesen hat – das Rechtsregime des § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2, 3 BeamtStG (i.V.m. § 112 Abs. 2 Satz 1 LBG) zur Anwendung. Nach § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG wird ein Beamter dann nicht in den Ruhestand versetzt, wenn er anderweitig verwendbar ist (Änderung der Sollvorschrift in eine gesetzliche Verpflichtung durch Gesetz vom 29. November 2018, a.a.O., vgl. auch BR-Drucks. 378/18 S. 5, BT-Drucks. 19/4117, S. 11), d.h. ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann (§ 26 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG). Gemäß § 26 Abs. 3 BeamtStG kann unter Beibehaltung des übertragenen Amtes dem Beamten ohne seine Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 73.08 –, juris Rn. 19 [zu § 42 Abs. 3 des Bundesbeamtengesetzes a.F.]; BayVGH, Beschluss vom 2. Oktober 2014 – 3 ZB 12.1740 –, juris Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 24. Juli 2019 – 6 A 696/17 –, juris Rn. 33; HambOVG, Urteil vom 10. Februar 2022 – 5 Bf 203/18 –, juris Rn. 33; ferner auch Plog/Wiedow, BBG, § 44 Rn. 69 ff. [März 2019]).
Die vorgenannten Regelungen begründen die Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen, dem Beamten gesundheitlich möglichen und zumutbaren Verwendung (einschließlich der Verwendung nach § 26 Abs. 3 BeamtStG) von Amts wegen ernsthaft und gründlich zu suchen. Nur dieses Verständnis entspricht dem Ziel der Vorschrift, dienstunfähige Beamte nach Möglichkeit im aktiven Dienst zu halten. Ohne die so verstandene gesetzliche Suchpflicht könnte der Dienstherr über die Geltung des Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung“ nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien er sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Dies wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 73.08 –, juris Rn. 25; Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 –, juris Rn. 15, zu Art. 56 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes – BayBG –; ferner BayVGH, Beschluss vom 2. Oktober 2014 – 3 ZB 12.1740 –, juris Rn. 36). Das übereinstimmende Interesse aller Dienstherren an der vollen Nutzung der knappen personellen Ressourcen des öffentlichen Dienstes und an der Realisierung der von den Beamtinnen und Beamten eingegangenen Verpflichtung zur vollen Dienstleistung bis zum Erreichen der Altersgrenze rechtfertigt vielmehr diese Regelung. Die zuständigen Dienststellen müssen daher vor einer Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit als ultima ratio zunächst umfassend Möglichkeiten einer anderweitigen Verwendung prüfen (BR-Drucks. 780/06, S. 57 f. zu § 27 BeamtStG a.F.) und damit dem Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ in effektiver Weise zur Umsetzung verhelfen (zum Ganzen OVG RP, Urteil vom 24. August 2020 – 2 A 10143/20.OVG –, juris Rn. 37 f.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 73.08 –, juris Rn. 25; Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 –, juris Rn. 4; OVG RP, Urteile vom 21. Juni 2015 – 2 A 10321/14.OVG –, n.v.; und vom 3. April 2019 – 2 A 11600/18.OVG –; BayVGH, Beschluss vom 29. April 2014 – 3 CS 14.273 –, juris Rn. 28).
2. Die von dem Beklagten anhand der Schreiben vom 13. und 28. Juli 2020 durchgeführte Suche nach einer anderweitigen Verwendung genügt entgegen der Auffassung der Vorinstanz sowie des Klägers den inhaltlichen Anforderungen des § 26 BeamtStG.
In der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass die Suchanfrage eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten muss. Diese Kurzbeschreibung soll unter Wahrung des Personaldatenschutzes den angefragten Behörden die Einschätzung erlauben, ob der Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 –, juris Rn. 19; OVG RP, Urteil vom 24. August 2020 – 2 A 10143/20.OVG –, juris Rn. 38; OVG NRW, Urteil vom 4. November 2015 – 6 A 1364/14 –, juris Rn. 57; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Juli 2017 – OVG 4 B 3.16 –, juris Rn. 29). Die Suchpflicht darf sich dabei nicht auf die knappe Nachfrage beschränken, ob eine andere Behörde im Bereich des Dienstherrn bereit ist, den Beamten zu übernehmen. Vielmehr sind konkrete, ggf. auch dialogische Bemühungen erforderlich, den Beamten anderweitig zu verwenden. Zur Suchpflicht gehört etwa auch eine Nachfrage bei einer anderen Behörde, wenn diese eine Abfrage unbeantwortet lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 –, juris Rn. 4; BayVGH, Beschluss vom 29. April 2014 – 3 CS 14.273 –, juris Rn. 28).
Diesen vorstehend umschriebenen Anforderungen genügen die in wesentlichen Teilen wortgleichen Suchschreiben des Beklagten vom 13. Juli 2020 an die Justizvollzugseinrichtungen des Landes sowie vom 28. Juli 2020 an die Staatskanzlei, die Verwaltung des Landtags, den Rechnungshof sowie die Landesministerien.
a) Zunächst begegnen die Formulierungen zu dem Personenstand weder Bedenken mit Blick auf den Personaldatenschutz noch enthalten sie eine unsachliche oder negative Kurzbeschreibung des Klägers.
Dem Wortlaut des § 26 BeamtStG als der die Verwendungssuche regelnden Vorschrift lassen sich keine Einzelheiten und damit auch keine Einschränkungen dahingehend entnehmen, dass in der Anfrage des Dienstherrn nur bestimmte Informationen über den Beamten mitgeteilt werden dürften (vgl. allg. auch SächsOVG, Urteil vom 30. Oktober 2018 – 2 A 479/15 –, juris Rn. 21). Dies ist vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass in Vorbereitung der sich an die Suche möglicherweise anschließenden Abordnung oder Versetzung des Beamten die für die Übernahme notwendigen Personaldaten bei der neuen Beschäftigungsbehörde vorliegen müssen und in den Vorgang nach § 26 BeamtStG regelmäßig nur die Personalstellen der angefragten Behörden eingebunden sein werden. Dass Personalaktendaten für Zwecke der Personalverwaltung oder Personalwirtschaft verarbeitet werden müssen, liegt auch der gesetzgeberischen Wertung in § 50 Satz 4 BeamtStG zugrunde, wonach für diese Zwecke eine Einwilligung des Beamten nicht erforderlich ist.
Da die Suchanfrage aber in zeitlicher Hinsicht das Vorfeld einer sich möglicherweise anschließenden Abordnung oder Versetzung betrifft und – je nach Größe und Organisationsstruktur des Dienstherrn – einen gewissen Verbreitungsgrad erlangen kann, dürfen bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung gemäß § 26 BeamtStG keine personenbezogenen Daten mitgeteilt werden, die ohne Weiteres eine Identifizierung des Beamten ermöglichen würden. Hierzu zählen insbesondere Name, Anschrift, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Ausweis- und Versicherungsnummern, Geburtsdatum sowie auch Lichtbilder des Beamten. Demgegenüber ist die Angabe „dauernd getrennt lebend, 1 Kind“ ebenso wenig wie etwa die Angabe des Geburtsjahrgangs, des Geschlechts oder des Wohnortes ohne nähere Angabe von Straße und Hausnummer als solche geeignet, Rückschlüsse auf die Person des betroffenen Beamten zu ziehen.
Den Formulierungen des Beklagten in seinen Suchschreiben vom 13. und 28. Juli 2020 steht nach Auffassung des Senats auch nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung entgegen, wonach nur die für den Zweck der Suchanfrage erforderlichen persönlichen Daten mitgeteilt werden dürfen. In seiner von der Vorinstanz zitierten Entscheidung vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 – führt das Bundesverwaltungsgericht aus, die charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung des Beamten sei so zu verfassen, dass der „Anspruch des Beamten auf Personaldatenschutz“ gewahrt werde. Deshalb dürfe die Kurzbeschreibung keine Mitteilung persönlicher Daten des Beamten enthalten, die „nach dem geschilderten Zweck der Suchanfrage nicht erforderlich“ seien. Regelmäßig genüge es, die „konkreten Leistungseinschränkungen“ mitzuteilen. Eine „Offenbarung der Diagnose oder gar von detaillierten Krankheitsbefunden“ sei für den Zweck der Suchanfrage weder erforderlich noch unter datenschutzrechtlichen Aspekten zulässig (BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 –, juris Rn. 19). Zur Konkretisierung des Begriffes des Personaldatenschutzes verweist das Gericht sowohl auf § 50 BeamtStG, als auch – der dort zu entscheidende Fall betraf einen Beamten des Freistaates Bayern – auf Art. 60a Abs. 2 Satz 3 und Art. 100a Bayerisches Beamtengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1998, GVBl S. 702, – BayBG a.F. –. § 50 BeamtStG und Art. 100a BayBG a.F. betreffen Einzelfragen der Personalaktenführung und legen einerseits die Vertraulichkeit der Behandlung der Personalakte fest (§ 50 Satz 3 BeamtStG, Art. 100a Abs. 1 Satz 1 BayBG a.F.), lassen andererseits aber Ausnahmen „für Zwecke der Personalverwaltung oder Personalwirtschaft“ (§ 50 Satz 4 BeamtStG, Art. 100a Abs. 1 Satz 3 BayBG a.F.) und damit für Fälle zu, die die Begründung, Durchführung, Beendigung und Abwicklung des Dienstverhältnisses betreffen (vgl. Reich, Beamtenstatusgesetz, 3. Aufl. 2018, § 50 Rn. 5). Art. 60a Abs. 2 Satz 3 BayBG a.F. enthält zudem die Verpflichtung, dass die ärztliche Mitteilung über die Untersuchungsbefunde einer (amts-)ärztliche Untersuchung verschlossen zum Personalakt des Beamten zu nehmen ist. Mit Blick auf diese Ausführungen und sowie die in Bezug genommene Bestimmung des Art. 60a Abs. 2 Satz 3 BayBG a.F. über Mitteilungen aus Untersuchungsbefunden ist das Erforderlichkeitskriterium von datenschutzrechtlichen Aspekten überlagert. Nicht erforderlich und damit unzulässig ist daher insbesondere die Mitteilung medizinischer und damit sensibler (besonders gesicherter) personenbezogener Daten (vgl. ferner auch Art. 4 Nr. 15, Art. 9 Abs. 1 Datenschutz-Grundverordnung). Durch ein solches (datenschutzrechtlich geprägtes) Verständnis der Erforderlichkeit werden zugleich Unsicherheiten im Umgang mit weiteren (geläufigen) Angaben in Suchschreiben von Dienstherrn vermieden. So ist etwa die Angabe des Geschlechts oder des Geburtsjahres des Beamten in Suchschreiben (datenschutz)rechtlich nicht zu beanstanden und führt nicht zur Rechtswidrigkeit einer sich an die erfolglose Verwendungssuche anschließenden Ruhestandsversetzung. Gleichfalls kann der Beamte nicht verlangen, dass sein Familienstand verschwiegen wird, soweit diese Angabe zu Zwecken der Personalverwaltung oder Personalwirtschaft verarbeitet wird. Ein solcher Anspruch ergibt sich wegen § 50 Satz 4 BeamtStG weder aus dem einfachen Recht, noch unterfällt das Interesse am Verschweigen des Familienstandes dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 8. März 1988 – 1 BvL 9/85 u.a. –, juris Rn. 52).
Auch der weitere Vortrag des Klägers, wonach der von dem Beklagten mitgeteilte Status „dauernd getrennt lebend“ unzutreffend gewesen sei, verfängt nicht. Diese in den Suchschreiben vom 13. und 28. Juli 2020 enthaltene Aussage zum Familienstand stimmt mit den Angaben des Klägers überein, die dieser in seiner dem Landesamt für Finanzen am 5. Mai 2020 zugegangenen Erklärung zum Familienzuschlag (Bl. 194 der Personalakte) gemacht hat. Dass seine Ehe durch Beschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 29. Juli 2020 geschieden wurde und der Kläger dies seiner Dienststelle sodann am 4. September 2020 mitgeteilt hat (Bl. 199 der Personalakte), ändert nichts daran, dass sein Familienstand im Zeitpunkt der Erstellung der beiden Suchschreiben durch die Justizvollzugsanstalt zutreffend wiedergegeben wurde.
Schließlich ist die Angabe „dauernd getrennt lebend, 1 Kind“ auch nicht geeignet, ein “Negativimage“ über den Kläger bei den angefragten Stellen hervorzurufen; insbesondere ist der Kläger nicht „wenig attraktiv“ geschildert worden. Vielmehr entsprach die Beschreibung zum Familienstand den seinerzeitigen tatsächlichen Gegebenheiten und musste vom Beklagten nach den vorstehenden Ausführungen weder aus einfach-gesetzlichen noch aus verfassungsrechtlichen Gründen verschwiegen werden. Die Trennung von einem Partner ist in der Gesellschaft der Gegenwart auch nicht moralisch negativ konnotiert und lässt erst recht keine Rückschlüsse auf die dienstliche Leistungsfähigkeit oder das Sozialverhalten eines Beamten zu.
b) Auch die in den Suchanfragen enthaltenen Angaben zum Zeitpunkt der Rückführung des Klägers in den Dienst sind nicht zu beanstanden. Zwar trifft es zu, dass der Beklagte in den Suchschreiben nicht das Datum der Stellungnahme der ZMU (26. Juni 2020) mitgeteilt hat. Aus diesem Grund war es den angefragten Stellen nicht möglich, die amtsärztliche Prognose über eine Rückführung des Klägers in den Dienst in „ca. sechs bis acht Wochen“ zeitlich im Sinne eines Fristbeginns exakt einzuordnen. Mangels anderweitiger Informationen konnten die in dem zweiten Schritt angefragten Stellen für den Fristbeginn nur das Datum der zweiten Suchanfrage – den 28. Juli 2020 – heranziehen. Dies zugrunde gelegt hätten die angefragten Landesministerien und weiteren Stellen davon ausgehen müssen, dass nach Auffassung der ZMU frühestens sechs Wochen nach diesem Termin und damit am 8. September 2020 von einer wiedererlangten Dienstfähigkeit auszugehen wäre, wohingegen nach der Stellungnahme der ZMU ein Termin zwischen dem 7. und 21. August 2020 prognostiziert worden war (sechs bis acht Wochen nach dem 26. Juni 2020). Ob im Zeitpunkt der erbetenen Rückmeldung am 2. September 2020 vor diesem Hintergrund theoretisch eine Fehlvorstellung über den Rückführungszeitpunkt vorgelegen haben könnte, kann indes dahinstehen, da sich dieser Umstand nicht auf das Ergebnis der Verwendungssuche ausgewirkt hat. Zum einen waren die angefragten Stellen verpflichtet, auch nach absehbar freiwerdenden Beschäftigungsmöglichkeiten zu suchen, wobei in der Rechtsprechung ein Zeitraum von etwa 6 Monaten zugrunde gelegt wird. In diesem Zeitraum wäre aber unter Zugrundlegung der Prognose der ZMU und bei einem Fristbeginn Ende Juli 2020 in jedem Fall von einer wiedererlangten Dienstfähigkeit des Klägers auszugehen gewesen. Zum anderen ist mit einzustellen, dass sich die Prognose der ZMU in tatsächlicher Hinsicht nicht bewahrheitet hat und der Kläger durchgehend bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand zum 31. Januar 2021 dienstunfähig erkrankt war. In tatsächlicher Hinsicht ist es daher während des gesamten Zeitraums der Verwendungssuche nicht zu einem Auseinanderfallen zwischen real vorliegender und möglicherweise von den angefragten Stellen noch angenommener Dienstunfähigkeit gekommen.
c) Schließlich musste die Antwort des seinerzeitigen Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demographie (MSAGD) vom 31. Juli 2020 dem Beklagten auch nicht Anlass zu einer Nachfrage im Sinne der von der Rechtsprechung geforderten dialogischen Bemühungen geben. Was den Inhalt der mit Blick auf § 26 BeamtStG von der Rechtsprechung geforderten Bemühungen anbelangt, ist eine Pflicht zur Nachfrage seitens des Dienstherrn vielmehr nur dann anzunehmen, wenn eine andere Behörde die Abfrage unbeantwortet gelassen hat (BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 –, juris Rn. 4; Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 –, juris Rn. 22; OVG RP, Urteil vom 24. August 2020 – 2 A 10143/20.OVG –, juris Rn. 38; OVG Bln-Bbg, Urteil vom 21. Juli 2017 – 4 B 3.16 –, juris Rn. 29; NdsOVG, Urteil vom 9. März 2021 – 5 LC 174/18 –, juris Rn. 25; SaarlOVG, Beschluss vom 16. November 2015 – 1 A 56/15 –, juris Rn. 3 f.; BayVGH, Urteil vom 26. September 2019 – 3 BV 17.2302 –, juris Rn. 38). Von einer solchen Konstellation ist hier ersichtlich nicht auszugehen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz und des Klägers kommt eine Ausdehnung der Nachfragepflicht über den genannten Fall einer unterbliebenen Antwort hinaus vorliegend indes nicht in Betracht. Dies gilt sowohl mit Blick auf die Frage nach in absehbarer Zeit freiwerdenden Stellen (aa) als auch auf eine Unterstützungstätigkeit des Klägers bei den rheinland-pfälzischen Gesundheitsämtern (bb).
aa) Der Beklagte musste nicht bei dem MSAGD nachfragen, ob sich die Fehlanzeige vom 31. Juli 2020 auch auf absehbar freiwerdende Stellen bezieht. Nach der Rechtsprechung des Senats können sich die angefragten Stellen darauf beschränken, die an sie herangetragene Suchanfrage nach § 26 BeamtStG mit der Meldung einer (knapp gehaltenen) Fehlanzeige zu beantworten. Dies setzt allerdings voraus, dass bereits die Anfrage mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt, dass sich die Suche auch auf in absehbarer Zeit (d.h. innerhalb der nächsten sechs Monate ab dem Zugang der Anfrage) freiwerdende Dienstposten und auch auf geringerwertige Tätigkeiten erstreckt (OVG RP, Urteil vom 24. August 2020 – 2 A 10143/20.OVG –, juris Rn. 46; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 11. März 2022 – 1 A 2305/20 –, juris Rn. 24 f. m.w.N.).
So liegt der Fall hier, da der Beklagte auf beide der vorgenannten Aspekte in seinen Suchanfragen vom 13. und 28. Juli 2020 ausdrücklich hingewiesen hat. Daher war es ausreichend, dass das MSAGD in seiner E-Mail vom 31. Juli 2020 dem Beklagten mitgeteilt hat, es bestehe keine geeignete Verwendungsmöglichkeit für den Kläger.
bb) Auf die E-Mail des MSAGD vom 31. Juli 2020 musste sich der Beklagte aber auch nicht deswegen zu einer Nachfrage veranlasst sehen, weil im Sommer 2020 aufgrund der Corona-Pandemie Unterstützungskräfte für die rheinland-pfälzischen Gesundheitsämter gesucht wurden und sich das MSAGD zu diesem Zweck unter anderem an das Ministerium der Justiz gewandt hatte. Denn auch unter Berücksichtigung dieser Tatsache bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte in seinem Geschäftsbereich verfügbare Stellen ungeprüft gelassen hätte. Bei dem Einsatz in Gesundheitsämtern handelt es sich nicht um eine Tätigkeit „im Bereich desselben Dienstherrn“ im Sinne von § 26 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 BeamtStG. Durch das Landesgesetz über die Eingliederung der Gesundheitsämter in die Kreisverwaltungen vom 17. November 1995 (GVBl. S. 485) sind die zuvor in der Rechtsträgerschaft des beklagten Landes stehenden Gesundheitsämter in die Kreisverwaltungen eingegliedert und damit in Kommunalbehörden umgewandelt (kommunalisiert) worden.
Stellte man demgegenüber mit dem Kläger und der Vorinstanz allein auf den tatsächlich vorhandenen Bedarf an Unterstützungskräften ab, wäre letztlich in den Bereichen sämtlicher Dienstherrn – auch länderübergreifend und auf Bundesebene – nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten zu suchen. Ein solches Verständnis ließe sich mit dem eindeutigen Wortlaut des § 26 Abs. 2 und 3 BeamtStG nicht vereinbaren und würde zudem die Pflichten des Dienstherrn bei der Verwendungssuche überdehnen. Es hat vielmehr dabei zu verbleiben, dass die Suche zwar regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn erstreckt werden muss (BVerwG, Beschluss vom 16. April 2020 – 2 B 5.19 –, juris Rn. 43), eine dienstherrnübergreifende Suche aber nicht erforderlich ist (ebenso zu § 44 BBG: Plog/Wiedow, BBG, § 44 BBG Rn. 52 [März 2019]).
III. Aus den vorstehenden Gründen war der Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bzw. § 127 des Beamtenrechtsrahmengesetzes bezeichneten Art nicht vorliegen.
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 47, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG – auf 42.390,12 € festgesetzt. Maßgebend ist die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge der Besoldungsgruppe A 8 LBesO (in der – hier maßgeblichen – Endstufe monatlich 3.509,51 Euro) zzgl. der allgemeinen Stellenzulage (monatlich 23,00 €) nach Nr. 12 der Vorbemerkungen zur Landesbesoldungsordnung (vgl. OVG RP, Beschluss vom 1. Juli 2015 – 2 B 10497/15.OVG –, juris Rn. 28).


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