Arbeitsrecht

Berücksichtigung der Mehraufwendungen für Verpflegung als Werbungskosten

Aktenzeichen  6 K 1033/17

Datum:
3.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2019, 1576
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
FGO § 79a Abs. 3, Abs. 4, § 100 Abs. 1 S. 1
EStG § 9 Abs. 4a S. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016, jeweils vom 19.05.2016, in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 11.07.2017 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Recht den Abzug von Mehraufwendungen für die Verpflegung des Klägers als Werbungskosten abgelehnt, denn der Kläger hat keinen Nachweis dafür erbracht, dass er an einzelnen Tagen für jeweils mehr als acht Stunden ununterbrochen außerhalb seiner Wohnung und seiner ersten Tätigkeitsstätte, dem Zustellzentrum in P, beruflich tätig war.
I.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen sind nach den Regelungen in § 9 Abs. 4a EStG in der ab dem 01.01.2014 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013 (BGBl I 2013, 285; BStBl I 2013, 188, künftig -n.F.-) in bestimmten Fällen als Werbungskosten abziehbar: Wird der Steuerpflichtige außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), so ist zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale anzusetzen.
1. Nach § 9 Abs. 4a Sätze 2 und 3 EStG n.F. ist für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen einer beruflichen Tätigkeit von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte über eine bestimmte Dauer abwesend ist, ein nach der Dauer gestaffelter Pauschbetrag abzuziehen; bei einer Abwesenheit des Steuerpflichtigen von mehr als acht Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte beträgt die Pauschale 12 €, § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 3 EStG n.F.
2. Maßgebend für den Ansatz von Verpflegungsmehraufwendungen nach § 9 Abs. 4a Satz 2 EStG n.F. ist folglich, ob und wo der Steuerpflichtige eine erste Tätigkeitsstätte hat.
a) Erste Tätigkeitsstätte ist nach § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG n.F. die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, dem der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.
aa) Die Zuordnung im Sinne von § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG n.F. wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt, § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll, § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG n.F.
bb) Fehlt eine dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist nach § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG n.F. erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit. Bereits aus der Gesetzessystematik der quantitativen Anforderungen, die § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG n.F. an die Tätigkeit an einer betrieblichen Einrichtung stellt, wenn keine arbeitgeberseitige Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer Tätigkeitsstätte besteht, folgt, dass – im Umkehrschluss – bei Vorhandensein einer solchen dienst- bzw. arbeitsrechtlichen Zuordnung nicht der Schwerpunkt der Tätigkeit anhand quantitativer Merkmale maßgeblich ist (vgl. FG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2017 2 K 168/16, Rn. 41, juris; FG Hessen, Urteil vom 23.02.2017, 1 K 1824/15, Rn. 39, juris).
cc) Da § 9 Absatz 4 Satz 1 bis 3 EStG n.F. die Möglichkeit einer Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers zu einer bestimmten Tätigkeitsstätte vorsieht, kann der Arbeitgeber nach Auffassung der Finanzverwaltung dienst- oder arbeitsrechtlich nicht festlegen, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat (Negativfestlegung). Er kann allerdings (ggf. auch ausdrücklich) darauf verzichten, eine erste Tätigkeitsstätte dienst- oder arbeitsrechtlich festzulegen, oder ausdrücklich erklären, dass organisatorische Zuordnungen keine erste Tätigkeitsstätte begründen sollen. Auch in diesen Fällen hat die Prüfung, ob eine erste Tätigkeitsstätte gegeben ist, nach Ansicht der Verwaltung anhand der quantitativen Zuordnungskriterien nach § 9 Absatz 4 Satz 4 EStG n.F. zu erfolgen (vgl. BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl I 2014, 1412, Rn. 12, 25 ff.; vgl. FG Nürnberg, Urteil vom 08.07.2016 4 K 1836/15, Rn. 20, juris).
b) Das Konzept der ersten Tätigkeitsstätte nach dem ab 2014 geltenden Recht unterscheidet sich damit von der bis einschließlich 2013 maßgeblichen regelmäßigen Arbeitsstätte. Im Mittelpunkt der steuerlichen Neuregelungen des Reisekostenrechts steht die gesetzliche Definition der ersten Tätigkeitsstätte, welche die regelmäßige Arbeitsstätte ersetzt hat.
aa) Nach altem Recht war für die Prüfung zur Ermittlung der regelmäßigen Arbeitsstätte bzw. des Tätigkeitsmittelpunkts (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 2 i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG i.d.F. vom 08.10.2009, BGBl I 2009, 3366; s. zu den beiden Begriffen BFH, Urteil vom 19.01.2012 VI R 36/11, BStBl II 2012, 503, Rn. 8; BFH, Urteil vom 09.06.2011 VI R 36/10, BStBl II 2012, 36, Rn. 11) gemäß der Rechtsprechung des BFH entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befand. Dieser Mittelpunkt bestimmte sich nach den qualitativen Merkmalen der Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnahm oder wahrzunehmen hatte, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit (vgl. BFH, Urteil vom 19. 01.2012 VI R 36/11, BStBl II 2012, 503, Rn. 9; BFH, Urteil vom 09.06.2011 VI R 55/10, BStBl II 2012, 38, Rn. 12; BFH, Urteil vom 09.06.2011 VI R 36/10, BStBl II 2012, 36, Rn. 13; BFH, Urteil vom 09.06.2011 VI R 58/09, BStBl II 2012, 34, Rn. 12 ff.).
Folglich waren nach Auffassung des BFH z.B. Polizeibeamte im Streifendienst grundsätzlich nicht an einer regelmäßigen Arbeitsstätte tätig, denn sie verbrachten den überwiegenden Teil der Arbeitszeit außerhalb der Dienststelle im Streifenwagen (vgl. BFH, Beschluss vom 09.11.2015, VI R 8/15, juris). Auch ein Postzusteller hatte nach der alten Rechtslage keine regelmäßige Arbeitsstätte. Denn eine solche stellten weder die Zustellbereiche, in denen er konkret die Post verteilte, noch das gesamte Verteilgebiet, das vom Zustellstützpunkt aus mit Post versorgt wurde, noch der Zustellstützpunkt dar, an dem der Zusteller arbeitstäglich vor Beginn der Zustellung die von ihm auszutragende Post sortierte bzw. nach Abschluss der Zustelltätigkeit die Abrechnung erledigte (FG München, Gerichtsbescheid vom 19.01.2015 6 K 806/14, juris).
bb) Nach der Neuregelung bestimmt sich die erste Tätigkeitsstätte nun vorrangig anhand von arbeits- bzw. dienstrechtlichen Festlegungen, der Gesetzgeber überlässt die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte in erster Linie den Arbeitsvertragsparteien (§ 9 Abs. 4 EStG n.F.; vgl. auch BTDrucks 17/10774, S. 15). Nur bei Fehlen einer Zuordnung durch den Arbeitgeber ist die erste Tätigkeitsstätte jetzt anhand der in § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG n.F. genannten, quantitativen Merkmale zu ermitteln (FG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2017 2 K 168/16, Rn. 30, juris). Als Folge ist damit die Prüfung zur Ermittlung der regelmäßigen Arbeitsstätte nach altem Recht, an welcher Arbeitsstätte der nach qualitativen Merkmalen zu bestimmende Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers liegt, obsolet geworden (FG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2017 2 K 168/16, Rn. 31, juris; FG Hamburg, Urteil vom 13.10.2016 6 K 20/16, Rn. 55 ff., juris; BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl I 2014, 1412, Rn. 8; Niermann, DB 2013, 1015 ff.).
cc) Der Gesetzgeber wollte durch die Abkehr von der qualitativen Beurteilung zur Steuervereinfachung beitragen und Rechtssicherheit schaffen. Es sollte nur noch eine „erste“ Tätigkeitsstätte je Dienstverhältnis geben, deren Bestimmung durch den Arbeitgeber oder anhand von quantitativen Elementen statt der vom BFH verwendeten qualitativen Elemente erfolgen sollte (BTDrucks 17/10774, S. 1, 9 f., 14 f.). Hierdurch sollte auch das Auseinanderfallen der arbeits- oder dienstrechtlichen von der steuerrechtlichen Einordnung bestimmter Zahlungen als Reisekosten verringert werden (BTDrucks 17/10774, S. 15).
c) Diese Neuregelung ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
Der Gesetzgeber geht dabei in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise typisierend davon aus, dass ein etwa beruflich veranlasster Mehraufwand für Verpflegung nicht anzuerkennen ist, solange sich der Arbeitnehmer am Betriebssitz oder an anderen ortsfesten betrieblichen Einrichtungen aufhält. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der Arbeitnehmer im Betriebsgebäude (bzw. auf dem Betriebsgelände) regelmäßig Einrichtungen vorfinden wird, an denen er sich vergleichsweise kostengünstig wird verpflegen können (BFH, Urteil vom 18.06.2009 VI R 61/06, BStBl II 2010, 564, Rn. 13; FG München, Urteil vom 09.02.2017 11 K 2508/16, Rn. 13, juris).
aa) Im Interesse der verfassungsrechtlich gebotenen Lastengleichheit (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.06.1991 2 BvR 1493/89, BStBl II 1991, 654, Rn. 105 ff.; BVerfG, Urteil vom 07.12.1999 2 BvR 301/98, BStBl II 2000, 162, Rn. 38) hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, die objektive finanzielle Leistungsfähigkeit nach dem Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den beruflichen Erwerbsaufwendungen andererseits zu bemessen (objektives Nettoprinzip; BVerfG, Beschluss vom 11.11.1998 2 BvL 10/95, BStBl II 1999, 502, Rn. 50; BVerfG, Urteil vom 07.12.1999 2 BvR 301/98, BStBl II 2000, 162, Rn. 39; BVerfG, Beschluss vom 04.12.2002 2 BvR 400/98, BStBl II 2003, 534, Rn. 52; vgl. ferner BFH, Urteil vom 11.05.2005 VI R 7/02, BStBl II 2005, 782, Rn. 11; BFH, Urteil vom 08.07.2010 VI R 10/08, BStBl II 2011, 32, Rn. 13).
bb) Für beruflich bedingte Verpflegungsmehraufwendungen hat der Gesetzgeber in § 9 Abs. 4a EStG n.F. indes eine Vorschrift geschaffen, die als Einschränkung des objektiven Nettoprinzips wirkt, indem sie die Berücksichtigung solcher Mehraufwendungen auf Auswärtstätigkeiten beschränkt. Jedoch kann der Gesetzgeber dieses Prinzip beim Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen und sich generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen (BVerfG, Beschluss vom 04.12.2002 2 BvR 400/98, BStBl II 2003, 534, Rn. 53; vgl. ferner BFH, Urteil vom 11.05.2005 VI R 7/02, BStBl II 2005, 782, Rn. 11; BFH, Urteil vom 08.07.2010 VI R 10/08, BStBl II 2011, 32, Rn. 14). Allerdings muss sich die nähere Ausgestaltung der gesetzgeberischen Grundentscheidung für eine steuerliche Abziehbarkeit der Aufwendungen für die Erwerbstätigkeit in ihrer Umsetzung als hinreichend folgerichtig erweisen; Ausnahmen hiervon bedürfen eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes (BVerfG, Beschluss vom 04.12.2002 2 BvR 400/98, BStBl II 2003, 534, Rn. 51; BFH, Urteil vom 11.05.2005 VI R 7/02, BStBl II 2005, 782, Rn. 11).
cc) Eine besondere Typisierungskompetenz des Gesetzgebers ergibt sich unter dem Gesichtspunkt gemischt veranlasster Aufwendungen. Dabei ist allerdings nicht die tatbestandliche Qualifikation von Aufwendungen nach Maßgabe der einfachgesetzlichen Grundregeln des § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 und § 12 Nr. 1 EStG maßgeblich, sondern vielmehr eine darüberhinausgehende Bewertung multikausaler und multifinaler Wertungszusammenhänge (BVerfG, Urteil vom 09.12.2008 2 BvL 1/07, Rn. 71 f.; BFH, Urteil vom 08.07.2010 VI R 10/08, BStBl II 2011, 32, Rn. 15). In besonderer Weise gilt dies für Mehraufwendungen für die Verpflegung (BFH, Urteil vom 08.07.2010 VI R 10/08, BStBl II 2011, 32, Rn. 16).
Aufwendungen für die eigene Verpflegung betreffen grundsätzlich die einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Privatsphäre (BFH, Urteil vom 08.07.2010 VI R 10/08, BStBl II 2011, 32, Rn. 16; BTDrucks 17/10774, S. 15). Soweit Aufwendungen für die Ernährung beruflich veranlasst sind, sind sie nach § 9 Abs. 4a EStG n.F. grundsätzlich nicht abziehbar, weil solcher Aufwand in erster Linie der Befriedigung eines persönlichen Grundbedürfnisses entspricht (vgl. BFH, Urteil vom 08.07.2010 VI R 10/08, BStBl II 2011, 32, Rn. 16 zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 EStG a.F.). Im Falle einer beruflichen Tätigkeit außerhalb der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte (Auswärtstätigkeit) geht der Gesetzgeber bei den daraus bedingten Verpflegungsmehraufwendungen hingegen in § 9 Abs. 4a Satz 2 EStG n.F. davon aus, dass in diesen Fällen die Verpflegungsmehrkosten typischerweise beruflich veranlasst sind (vgl. BFH, Urteil vom 08.07.2010 VI R 10/08, BStBl II 2011, 32, Rn. 16 zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 EStG a.F.), unterstellt damit aber gleichzeitig typisierend, dass der Steuerpflichtige an seiner ersten Tätigkeitsstätte regelmäßig eine Verpflegungssituation vorfindet, die keinen beruflich veranlassten Mehraufwand verursacht.
dd) Mit dieser Typisierung bewegt sich der Gesetzgeber nach Auffassung des Gerichts innerhalb der Grenzen seines Beurteilungs- und Gestaltungsermessens. Die Ausnahmevorschrift ist folgerichtig. Im Regelfall kann sich der Steuerpflichtige bei einer immer gleichen ersten Tätigkeitsstätte auf die Verpflegungssituation am Beschäftigungsort einstellen, die Höhe der Kosten beeinflussen und damit einen „Mehr“-Aufwand minimieren oder sogar vermeiden. Denn die Tatsache, dass dem Arbeitnehmer bekannt ist, an welcher Tätigkeitsstätte er regelmäßig seinen Dienst beginnt, erlaubt es ihm, sich jedenfalls bis zum Zeitpunkt, in dem er die erste Tätigkeitsstätte verlässt, immer auf die gleiche Tätigkeitsstätte und eine kostengünstige Verpflegungssituation einzustellen (vgl. dazu BFH, Urteil vom 18.06.2009 VI R 61/06, BStBl II 2010, 564, Rn. 13). Folglich stellt sich § 9 Abs. 4a EStG n.F. als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip dar; die Begrenzung ist sachlich gerechtfertigt.
d) Eine dauerhafte Zuordnung einer ersten Tätigkeitsstätte durch den Arbeitgeber kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen.
So kann der Arbeitsort bereits im Arbeitsvertrag schriftlich festgelegt sein, oder er ergibt sich zweifelsfrei aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder der (mündlichen) Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers. Die Finanzverwaltung sieht dabei auch Einsatzpläne als hinreichend an (BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl I 2014, 1412, Rn. 10). Der Hinweis im Arbeitsvertrag auf eine Versetzungsmöglichkeit des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber spricht dabei für eine Zuordnung zu einer konkreten, ersten Tätigkeitsstätte (vgl. auch Isenhardt, DB 2014, 1316). Denn eine Versetzung ist nur erforderlich, wenn zuvor eine feste Zuordnung erfolgt ist.
Die Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte durch die Arbeitsvertragsparteien hat neben den steuerlichen Folgen auch sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen auf die gesetzliche Unfallversicherung. Ein Unfall des Arbeitnehmers auf dem Weg von seiner Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII als Wegeunfall versichert. Verunfallt der Arbeitnehmer indes auf einer beruflich veranlassten Fahrt im Rahmen einer Auswärtstätigkeit, handelt es sich dagegen um einen Arbeitsunfall i. S. von § 8 Abs. 1 SGB VII. Für die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung ist diese Unterscheidung zwar ohne Bedeutung, aber beitragsrechtlich bestehen Unterschiede bei der Aufstellung des Gefahrentarifs und der Berechnung von Beitragszuschlägen und -nachlässen. Arbeitsunfälle sind bei der Berechnung der Beitragszuschläge zu berücksichtigen, während Wegeunfälle gem. § 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII unberücksichtigt bleiben (Isenhardt, DB 2014, 1317).
II.
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind beim Kläger in den Jahr 2015 und 2016 keine Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen. Denn für den Kläger bestand in den Streitjahren kraft Zuordnung durch den Dienstherrn in Verbindung mit der Tätigkeit, die der Kläger an der Dienststelle ausübte, am Zustellstützpunkt P eine erste Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 EStG n.F.
1. Der Zustellstützpunkt ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung.
2. Der Kläger war diesem dauerhaft zugeordnet.
a) Zwar behauptet der Kläger, er sei von seinem Arbeitgeber keiner ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet worden. Einen entsprechenden Nachweis hat er jedoch nicht erbracht – das Schreiben, dass er im Einspruchsverfahren vorgelegt hat, stammt nicht vom Arbeitgeber. Vielmehr trägt der Kläger selbst vor, der Arbeitgeber stelle keine entsprechende Bescheinigung aus.
b) Angesichts der dargestellten Tatsachen ist jedoch eine wenigstens auf mündlicher Basis erfolgte dauerhafte Zuordnung des Klägers zum Zustellpunkt P als erster Tätigkeitsstätte im Unternehmen des Arbeitgebers gegeben.
aa) Freilich ergibt sich eine entsprechende Zuordnung nicht aus einem Arbeitsvertrag. Der Kläger hat weder den Arbeitsvertrag von 1977 noch sonstige Unterlagen seines Arbeitgebers aus späteren Jahren vorgelegt. Als Beamter der Deutschen Post gelten allerdings die beamtenrechtlichen Grundsätze für ihn, so die Regelungen über die Versetzung, Abordnung und Umsetzung.
Nach den beamtenrechtlichen Grundsätzen ist einem Beamten ein konkret-funktionelles Amt zu übertragen, Art. 33 Abs. 5 GG (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.06.2006 2 C 26/05, Rn. 9, juris). Das gilt auch für Beamte in den Nachfolgeunternehmen der Deutschen Post, Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG, § 8 PostPersRG, § 18 BBesG (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.02.2002 1 D 10.01, Rn. 26, juris; BVerwG, Urteil vom 22.06.2006 2 C 26/05, Rn. 15, juris; BAG, Beschluss vom 10.10.2012 7 ABR 42/11, Rn. 27, juris).
Nach den beamtenrechtlichen Regelungen hatte der Arbeitgeber das Recht, den Kläger zu versetzen. Die Versetzung ist ein beamtenrechtliches Instrument für Personalentwicklung und -steuerung. Sie ist in § 28 BBG gesetzlich geregelt und stellt einen Verwaltungsakt, also eine Maßnahme des Dienstvorgesetzten, die auf eine Außenwirkung gerichtet ist, dar. Unter Versetzung im Sinne von § 28 BBG ist die auf Dauer angelegte Übertragung eines anderen Amtes im funktionellen Sinn bei einer anderen Behörde desselben oder eines anderen Dienstherrn zu verstehen. Bei Beamten der Postnachfolgeunternehmen tritt an die Stelle des neuen funktionellen Amtes der neue Aufgabenbereich und an die Stelle des Dienststellen- bzw. Behördenwechsels der Betriebswechsel (BVerwG, Beschluss vom 15.11.2006 6 P 1/06, Rn. 18, juris). Bereits aus diesen Regelungen und den oben dargelegten Grundsätzen ist eine grundsätzliche Zuordnung durch den Arbeitgeber zu einer ersten Tätigkeitsstätte ersichtlich.
Der konkrete Einsatz des Klägers am Zustellpunkt P geht auf eine Versetzung zurück. Die Zuordnung beruht folglich auf einer die beamtenrechtlichen Regelungen ausfüllenden Weisung des Arbeitgebers. Die zunächst erfolgte Zuordnung wurde durch die Versetzung geändert, so dass im Zeitpunkt der Versetzung P erste Tätigkeitsstätte wurde.
bb) Eine Zuordnung ergibt sich ferner aus den konkreten Arbeitsabläufen innerhalb des Zustellstützpunkts. Wie der Kläger vorträgt, beginnt und beendet er dort an jedem Arbeitstag seine Tätigkeit. Der Kläger ist seit vielen Jahren in derselben Poststelle zuständig. Die Abläufe dort sind darauf abgestellt, dass er immer dort beginnt. Der Tagesbeginn in dem Zustellstützpunkt ist notwendig; er kann nicht an einem anderen Ort beginnen. Er ist fest in die verschiedenen Pläne, die 12-Wochen-Einsatzpläne für jeden Zustellbezirk und in die Saisonpläne, eingebunden. Bei seiner Zustellroute ist er nach Dienstplan stetig in seinem Stammbezirk beschäftigt.
Auch aus der Tätigkeitsbeschreibung des Klägers, z.B. der täglichen, vom Kläger zwingend zu erledigenden Sortierarbeit im Zustellstützpunkt und der anschließend dort beginnenden Zustellrunde einschließlich der Rückkehr zur Dienststelle zwecks Erledigung der erforderlichen Nacharbeiten ergibt sich, dass entsprechende (und auch in mündlicher Form ausreichende) Weisungen bzw. Abreden im Sinne von § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. bestehen, nach denen der Kläger dem Zustellstützpunkt dauerhaft zugeordnet ist, dort bestimmten Aufgaben nachzugehen hat und dort auch tatsächlich tätig wird (vgl. FG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2017 2 K 168/16, Rn. 39, juris, zu einem Polizisten im Streifendienst).
Aufgrund dessen stellt der Zustellstützpunkt nach Auffassung des Gerichts eine erste Tätigkeitsstätte dar (vgl. auch FG Münster, Urteil vom 14.07.2017 6 K 3009/15 E, Rn. 25, juris).
cc) Auf die Frage, ob der Kläger in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet tätig wurde, kommt es hingegen nach § 9 Abs. 4a EStG n.F. nicht an.
Der Begriff des weiträumigen Tätigkeitsgebiets wird gesetzlich nicht definiert. Es handelt sich nach allgemeiner Meinung um ein größeres, räumlich geschlossenes festgelegtes Gebiet, auf dem der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung ausüben soll (FG Hamburg, Urteil vom 30.08.2016 2 K 218/15, Rn. 35, juris; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 9 EStG, Rn. 485 mit zahlreichen Nachweisen zur früheren Rechtsprechung; Meyer/Fricke/Baez u.a. in Meyer/Fricke/Baez u.a., Reisekosten im öffentlichen Dienst, cc) Weiträumiges Tätigkeitsgebiet, Rn. 41; Schönfeld/Plenker in Schönfeld/Plenker, Lexikon für das Lohnbüro 2018, 2018, c) Fahrten zum und innerhalb eines weiträumigen Tätigkeitsgebiets; Fuhrmann in Korn, Einkommensteuergesetz, § 9, Rn. 109.7). Als weiträumiges Tätigkeitsgebiet kommen z.B. Häfen, Forstgebiete oder Briefzustellbezirke in Betracht (vgl. BTDrucks 17/10774, 13; FG Hamburg, Urteil vom 30.08.2016 2 K 218/15, Rn. 35, juris; BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl I 2014, 1412, Rn. 41; Krüger in Schmidt, EStG, 37 Aufl. 2018, § 9 Rn. 216).
Bei der Berücksichtigung beruflich veranlasster Fahrten, bei der das weiträumige Tätigkeitsgebiet in § 9 Abs. 1 Nr. 4a Satz 3 EStG n.F. ausdrücklich genannt ist, ist Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat. Das gilt etwa für Monteure bzw. Außendienstmitarbeiter, Seeleute, Lotsen, Waldarbeiter (BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl I 2014, 1412, Rn. 37, 41; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 9 EStG, Rn. 481; vgl. ferner BT Drucks 17/10774, 13; FG Hamburg, Urteil vom 30.08.2016 2 K 218/15, Rn. 35, juris). Arbeitnehmer, die einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet sind, aber außerhalb derselben tätig werden, üben keine Tätigkeit in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, sondern eine Auswärtstätigkeit aus (§ 9 Abs. 4a Satz 2 EStG n.F.; ferner Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 9 EStG, Rn. 481). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Rn. 44 des BMF-Schreibens vom 24.10.2014. Darin wird lediglich verdeutlicht, dass bei Arbeitnehmern, die in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet tätig sind, Mehraufwendungen gleichwohl nach § 9 Abs. 4a Satz 2 EStG n.F. berücksichtigt werden, obwohl dort von Auswärtstätigkeit und nicht weiträumigem Tätigkeitsgebiet die Rede ist. Zwar werden Arbeitnehmer mit weiträumigem Tätigkeitsgebiet auswärtig i.S.d. § 9 Abs. 4a EStG n.F. tätig. Das bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass jeder, der auswärtig beruflich tätig ist, in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet tätig wird. Diese Schnittmenge besteht gerade nicht. Maßgeblich für ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet ist, ob eine Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte erfolgt ist.
Demnach ist ein weitreichendes Tätigkeitsgebiet gegeben, wenn keine erste Tätigkeitsstätte nach den Regeln des § 9 Abs. 4 EStG n.F. vorliegt und der Arbeitgeber durch dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegungen bzw. durch Absprachen und Weisungen bestimmt, dass der Arbeitnehmer zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufsuchen soll (FG Hamburg, Urteil vom 30.08.2016 2 K 218/15, Rn. 35, juris; BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl I 2014, 1412 Rn. 40; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 9 EStG, Rn. 482).
Der Hinweis im BMF-Schreiben, das im Übrigen das Gericht nicht bindet, und den Gesetzgebungsgründen hinsichtlich eines weitreichenden Tätigkeitsgebiets in Bezug auf Zusteller bedeutet zudem nicht, dass jeder Zusteller in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet arbeitet. Vielmehr besteht lediglich die grundsätzliche Möglichkeit, dass ein Postzusteller in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet tätig ist, so z.B. wenn er keiner ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet ist (vgl. das Beispiel eines in dem Fall selbständigen Paketzustellers BMF-Schreiben vom 23.12.2014, DB 2015, 161, Rn. 7, Bsp. 9). Dementsprechend heißt es im BMF-Schreiben vom 24.10.2014, dass Zusteller „in der Regel“ in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet tätig werden (Rn. 41). Durch die Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte scheidet ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet aber aus.
Im Streitfall liegt demnach zwar eine Auswärtstätigkeit vor, und die Abwesenheit von der ersten Tätigkeitsstätte führt zu Verpflegungsmehraufwendungen. Aufgrund der Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte scheidet aber eine Berücksichtigung der Fahrtzeiten zum Zustellstützpunkt aus, denn auf dieser Strecke wird der Kläger nicht beruflich tätig.
Auch der Vergleich des Bevollmächtigten mit einem LKW-Fahrer überzeugt nicht. Das BMF-Schreiben vom 24.10.2014 bezieht sich (ebenso wie der Prozessbevollmächtigte in der Klagebegründung) hinsichtlich der LKW-Fahrer auf den Fall, dass keine Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte erfolgt ist und die quantitativen Kriterien des § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG n.F. Anwendung finden (Rn. 26, 28, 37). Vorliegend wiesen aber Einsatzpläne etc. den Zusteller wie dargelegt einer konkreten Dienststelle zu.
Das Gericht geht daher davon aus, dass eine erste Tätigkeitsstätte zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber durch den Arbeitsvertrag und die diesen ausfüllenden Absprachen und Weisungen i.S.v. § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. ausreichend festgelegt worden ist.
c) An diesem Tätigkeitsort ist der Kläger zudem in einem für die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte hinreichendem Umfang tätig geworden.
aa) Zu der Frage, welche Anforderungen an die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Falle seiner Zuordnung zu einer ortsfesten, betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers zu stellen sind, um eine erste Tätigkeitsstätte zu begründen, werden unterschiedliche Auffassungen vertreten (s. im Einzelnen FG Hamburg, Urteil vom 13.10.2016 6 K 20/16, Rn. 58 ff., juris; FG Hessen, Urteil vom 23.02.2017 1 K 1824/15, Rn. 37 f., juris; FG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2017 2 K 168/16, Rn. 32 ff., juris). Diese Auffassungen verdeutlichen, dass nach § 9 Abs. 4 EStG in der ab 2014 geltenden Fassung bei Vorliegen einer dauerhaften arbeits- oder dienstrechtlichen Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer betrieblichen Einrichtung das konkrete Gewicht der an dieser Einrichtung ausgeübten Tätigkeit zugunsten der arbeitgeberseitigen Zuordnung in den Hintergrund tritt.
bb) Welche Art der Tätigkeit ein Arbeitnehmer jedenfalls erbringen muss, damit eine Zuordnung an diese Tätigkeitsstätte überhaupt möglich ist, kann im Streitfall dahinstehen. Denn nach allen Meinungen (s. im Einzelnen FG Hamburg, Urteil vom 13.10.2016 6 K 20/16, Rn. 58 ff., juris; FG Hessen, Urteil vom 23.02.2017 1 K 1824/15, Rn. 37 f., juris; FG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2017 2 K 168/16, Rn. 32 ff., juris) hat der Kläger vorliegend im Zustellstützpunkt in hinreichendem Umfang seine eigentliche Berufstätigkeit ausgeübt.
So verrichtet der Kläger dort jeweils vor und nach der arbeitstäglichen Zustellrunde in deutlichem Zeitumfang seine Route vor- und nachbereitende Arbeiten; er selbst kam dabei auf eine Zeitdauer von ca. 2,5 bis 3 Stunden. Aus Sicht des Gerichts handelt es sich um Arbeiten, die inhaltlich dasselbe Gewicht wie die Zustellung der Post beim Adressaten selbst haben (a.A. FG München, Gerichtsbescheid vom 19.01.2015 6 K 806/14, juris). Denn sie sind für die Zustellung elementar; ohne die Sortierarbeiten und das Stecken auf die eigene Route wäre eine Zustellung nicht möglich bzw. erheblich erschwert. Es handelt sich um zwingende Vor- und Nacharbeiten. Jedenfalls genügen diese Arbeiten für die Annahme einer tatsächlichen Tätigkeit an der ersten Tätigkeitsstätte (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 13.10.2016 6 K 20/16, Rn. 61, juris für eine Co-Pilotin).
Auch wenn es sich bei den an der Dienststelle zu erledigenden Aufgaben im Vergleich zu der Tätigkeit, die der Kläger außerhalb des Zustellstützpunkts auf der Zustellroute ausübt, um untergeordnete Tätigkeiten handeln sollte, wird der Kläger dort dennoch täglich und fortdauernd tätig. Die beschriebenen Tätigkeiten an der Dienststelle weisen jedenfalls einen ergänzenden, inhaltlichen Bezug zum Zustelldienst auf der Route auf und erschöpfen sich nicht in rein organisatorischen Erledigungen wie etwa der Abgabe von Stunden- oder Krankenzetteln.
Soweit eine Literaturmeinung in diesem Zusammenhang auf das objektive Nettoprinzip hinweist (Bergkemper, FR 2013, 1017 f.; Kreft in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 9 EStG, Rn. 9a), wurde bereits dargestellt, dass die Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 4a EStG n.F. bei der hier erfolgten Auslegung, nach der die erste Tätigkeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 4 EStG n.F. regelmäßig angefahren wird und dort diverse Arbeiten verrichtet werden, nicht gegen das objektive Nettoprinzip verstößt. Denn die Abwesenheit von der ersten Tätigkeitsstätte wird weiterhin bei den Verpflegungsmehraufwendungen berücksichtigt.
d) Die Zuordnung war auch dauerhaft.
aa) Nach § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG n.F. ist dabei von einer Dauerhaftigkeit der Zuordnung auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Der Begriff der dauerhaften Zuordnung erfordert also eine Prognoseentscheidung zu Beginn der Zuordnung (vgl. Krüger in Schmidt, EStG, 37. Aufl. 2018, § 9 Rn. 303; Niermann, DB 2013, 1017), bei der die Arbeitsvertragsparteien von einer gewissen zeitlichen Länge der Betriebszugehörigkeit ausgehen (FG Hamburg, Urteil vom 30.08.2016 2 K 218/15, Rn. 30, juris).
bb) Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Zuordnung des Klägers zum Zustellstützpunt aufgrund einer zeitlich befristeten Abordnung oder Versetzung und damit nicht dauerhaft erfolgt ist. Der Kläger war fest in die Organisationsstrukturen der Tätigkeitsstätte eingebunden. Zudem ist zu bedenken, dass der Kläger tatsächlich seit vielen Jahren ununterbrochen als Postzusteller stets in derselben Tätigkeitsstätte tätig wurde, so dass auch in diesem Fall von einer unbefristeten Zuweisung auszugehen ist.
cc) Der Vorbehalt, den Kläger versetzen zu können, ändert nichts daran, dass die Versetzung nach P nach der Tatsachenlage nicht befristet wurde und damit dauerhaft war (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 13.10.2016 6 K 20/16, Rn. 53, juris; FG Hessen, Urteil vom 23.02.2017 1 K 1824/15, Rn. 35, juris; Eisgruber in Kirchhof, 17. Aufl. 2018, § 19 EStG, Rn. 79).
e) Nicht erkennbar ist, dass der Arbeitgeber die betriebliche Einrichtung, die dem Arbeitnehmer zugeordnet wurde, nicht als erste Tätigkeitsstätte hätte qualifizieren wollen, wie der Kläger meint. Für diese im Rahmen des Werbungskostenabzugs begünstigende Tatsache trägt er die Feststellungslast. Dies folgt auch aus dem Gesetzeswortlaut, nach dem von einer dauerhaften Zuordnung auszugehen ist, wenn der Arbeitnehmer unbefristet an einer Tätigkeitsstätte tätig werden soll.
Das Gegenteil hat der Kläger nicht bewiesen oder auch nur glaubhaft gemacht. Vielmehr beschränkt er sich auf die bloße Behauptung, dass eine Zuordnung nicht erfolgt sei. Auf eine solche Äußerung des Arbeitgebers kann aber nicht verzichtet werden. Denn wie dargelegt, spielen bei der Entscheidung des Arbeitgebers, eine Zuordnung vorzunehmen oder zu unterlassen auch andere Gesichtspunkte eine Rolle, wie z.B. haftungsrechtliche. Zudem spricht der Hinweis der Zustellbasisleitung auf die Nachfrage des Klägers nach einer Bescheinigung dafür, dass auch diese nur die tatsächlichen Arbeitszeiten als relevant ansah und folglich von einer Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte ausging.
Der klägerische Hinweis auf die große Zahl an Zustellern und den immensen Aufwand, den eine Bestätigung durch den Arbeitgeber für diesen hätte, überzeugt nicht. Im Zustellstützpunkt P sind nach Angaben des Klägers gut dreißig Zusteller beschäftigt. Der Aufwand, eine entsprechende Bestätigung auszustellen, ist für den Arbeitgeber daher überschaubar. Dass sich die Deutsche Post dennoch – angeblich – weigert, eine solche Bescheinigung auszustellen, könnte auch darin begründet liegen, dass eine solche Bescheinigung aus anderen Gründen nicht gewollt ist.
Hinzu kommen im Streitfall die vorliegenden zahlreichen Hinweise auf eine jedenfalls mündlich erfolgte Zuordnung.
f) Die Tatsache, dass der Arbeitgeber die Zuordnungsentscheidung im Streitfall bereits vor Inkrafttreten des § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. am 01.01.2014 getroffen hat, hindert die Einordnung des Zustellstützpunkts als erste Tätigkeitsstätte nicht. Der Gesetzgeber hat keine Übergangsregelung in der Weise getroffen, dass arbeitsvertragliche Festlegungen eines Arbeitsortes aus der Zeit vor Inkrafttreten des Gesetzes von der Anwendung auszunehmen wären. Hierzu bestand unter Vertrauensschutzgesichtspunkten auch kein Anlass, weil die Steuerpflichtigen und ihre Arbeitgeber in der Zeit zwischen Verkündung und Inkrafttreten des Gesetzes ausreichend Gelegenheit hatten, im Bedarfsfall entsprechend geänderte Vereinbarungen zu treffen (FG Hamburg, Urteil vom 13.10.2016 6 K 20/16, Rn. 49, juris; FG Hessen, Urteil vom 23.02.2017 1 K 1824/15, Rn. 34, juris; vgl. auch Isenhardt, DB 2014, 1316).
g) Auch ist für die Anwendung der Bestimmung nicht erforderlich, dass dem Arbeitgeber die steuerliche Auswirkung der Zuordnung bewusst ist. Der mit der Versetzung vereinbarte Arbeitsort ist regelmäßig und auch ohne einen entsprechenden Willen des Arbeitgebers als eine – eine erste Tätigkeitsstätte begründende – Zuordnungsentscheidung zu werten (FG Hamburg, Urteil vom 13.10.2016 6 K 20/16, Rn. 50, juris; FG Hessen, Urteil vom 23.02.2017 1 K 1824/15, Rn. 34, juris).
3. Auf die in § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG n.F. genannten quantitativen Gesichtspunkte kommt es danach entgegen der Auffassung des Klägers nicht mehr an (Vgl. FG Hessen, Urteil vom 23.02.2017 1 K 1824/15, Rn. 43, juris). Denn nur, wenn der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte kraft dauerhafter Zuordnung im Sinne von § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG n.F. hat, ist auf die in § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG n.F. genannten, quantitativen Merkmale abzustellen (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 13.10.2016 6 K 20/16, Rn. 66, juris; FG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2017 2 K 168/16, Rn. 36, juris; auch Isenhardt, DB 2014, 1317).
Da der Kläger einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet ist, ist diese nach § 9 Abs. 4a EStG n.F. maßgeblich für die Ermittlung und den Abzug von Aufwendungen für Mehraufwendungen des Klägers für Verpflegung. Der Kläger wurde im Streitfall bis zum Arbeitsbeginn nicht außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte und seinem Wohnort tätig, so dass insoweit keine Verpflegungsmehraufwendungen nach Reisekostengrundsätzen berücksichtigt werden können. Erst mit Verlassen des Zustellstützpunkts können entsprechende Mehraufwendungen geltend gemacht werden. Wegen nicht vorgetragener, geschweige denn belegter Abwesenheit von seiner Wohnung und von der ersten Tätigkeitsstätte von mehr als 8 Stunden an einem Kalendertag sind vorliegend keine Verpflegungsmehraufwendungen zu berücksichtigen.
III.
Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gegenüber anderen Postzustellern, bei denen die Sachverhaltskonstellation zwar identisch ist, das Finanzamt aber davon ausging und ggf. noch ausgeht, dass sie keine erste Tätigkeitsstätte haben, und auch nach 2014 noch entsprechend Verpflegungsmehraufwendungen berücksichtigt wurden, ist nicht gegeben.
Denn nach den dargestellten Grundsätzen wäre eine solche Berücksichtigung fehlerhaft erfolgt: Soweit einzelne Postzusteller tatsächlich trotz gleicher Sachverhalte anders (günstiger) behandelt worden sein sollten, wäre darin eine gesetzeswidrige Begünstigung zu sehen, auf deren entsprechende Anwendung der Kläger auch unter Berücksichtigung von § 85 AO und Art. 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch hätte („keine Gleichheit im Unrecht“, st. Rspr., vgl. dazu BFH, Urteil vom 20.06.1989 VIII R 82/86, BStBl II 1989, 836, Rn. 33; BFH, Urteil vom 11.01.2006 II R 12/04, BStBl II 2006, 615, Rn. 11; BFH, Beschluss vom 26.09.2007 V B 8/06, BStBl II 2008, 405, Rn. 20; BFH, Urteil vom 04.07.2012 II R 38/10, BStBl II 2012, 782, Rn. 58; BFH, Beschluss vom 22.09.2016 IV R 35/13, BStBl II 2017, 116, Rn. 26; BFH, Urteil vom 17.05.2017 V R 52/15, Rn. 37, juris; zuletzt FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.01.2018 5 K 500/17, Rn. 36, juris; FG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02.02.2018 4 V 150/17, Rn. 17, juris). Verwaltung und Gerichte sind auch dann nicht befugt, ein Gesetz allgemein oder im Einzelfall falsch anzuwenden, wenn eine Norm in zahlreichen Fällen („massenhaft“) und über einen längeren Zeitraum hinweg nicht richtig befolgt wird. Die Verwaltung ist unter keinen Umständen berechtigt, ein verfassungsrechtlich wirksames formelles Gesetz nicht in der gebotenen Weise anzuwenden. Würde man einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis den Vorrang vor dem Grundsatz der Gesetzesbindung der vollziehenden Gewalt einräumen, so käme dies einer Auflösung des Rechtsstaats gleich (vgl. BFH, Urteil vom 20.06.1989 VIII R 82/86, BStBl II 1989, 836, Rn. 33; BFH, Urteil vom 05.12.1963 IV 375/60 U, BStBl III 1964, 146, Rn. 10). Eine fehlerhafte Rechtsanwendung bei anderen Steuerpflichtigen begründet damit keinen grundsätzlichen Anspruch auf eine entsprechende rechtswidrige Anwendung in eigener Sache. (FG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02.02.2018 4 V 150/17, Rn. 17, juris).
Nach alldem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.


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