Arbeitsrecht

Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des VG bzgl. Umverteilung von Asylbewerbern

Aktenzeichen  W 1 S 16.30053

Datum:
3.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 52 Nr. 2 S. 3, § 80 Abs. 5 S. 1, § 83 S. 1
GVG GVG § 17a Abs. 2 S. 1
AGVwGO Art. 1 Abs. 2 Nr. 3
AsylG AsylG § 75 S. 1
BayVwVfG BayVwVfG Art. 41 Abs. 1, Art. 43

 

Leitsatz

1 Für die Bestimmung des örtlich zuständigen Verwaltungsgerichts kommt es allein auf die Wirksamkeit der Aufenthaltsbestimmung und den damit sofort vollziehbar zugewiesenen Aufenthaltsort an, soweit diese Verfügung nicht nichtig ist bzw. widerrufen oder zurückgenommen wurde (vgl. BVerwG BeckRS 1997, 31249658). Hingegen ist nicht maßgeblich, dass die Zuweisungsverfügung noch nicht unanfechtbar geworden ist. Auch die Rechtmäßigkeit der Zuweisungsverfügung ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts unerheblich. (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei der Bestimmung des örtlich zuständigen Verwaltungsgerichts ist allein maßgeblich, wo der Ausländer auf der Grundlage der zuletzt durch die Ausländerbehörde getroffenen Entscheidung nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat (vgl. VG Hamburg BeckRS 2010, 49736). Eine materielle Prüfung der Aufenthaltsentscheidung bereits bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts widerspricht dem Bedürfnis nach einer schnellen und sicheren Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg erklärt sich für örtlich unzuständig.
II.
Der Rechtsstreit wird an das örtlich zuständige Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth verwiesen.

Gründe

Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg ist örtlich unzuständig. Der Rechtsstreit ist deshalb von Amts wegen gemäß § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das örtlich zuständige Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth zu verweisen.
Die örtliche Zuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth, über die die Rechtsbehelfsbelehrung des angegriffenen Zuweisungsbescheides zutreffend belehrt, folgt aus § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO i. V. m. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 AGVwGO. Danach ist in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat. Im Zeitpunkt der Antragstellung am 18. Januar 2016 hatten die Antragsteller ihren Aufenthalt nach dem kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Zuweisungsbescheid der Regierung von Oberfranken vom 8. Januar 2016 ab diesem Zeitpunkt in der Ankunfts- und Rückführungseinrichtung II Bayern (ARE II), Erlenweg 4, 96050 Bamberg, und mithin im Zuständigkeitsbereich des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth zu nehmen. Die örtliche Zuständigkeit im Sofortverfahren folgt gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO der Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache.
Für die Bestimmung des örtlich zuständigen Verwaltungsgerichts ist hingegen nicht maßgeblich, dass die Zuweisungsverfügung in Ziffer 1 des Bescheides vom 8. Januar 2016 mit der Aufenthaltsbestimmung für Bamberg noch nicht unanfechtbar geworden ist. Auch die Rechtmäßigkeit der Zuweisungsverfügung ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts unerheblich. Es kommt vielmehr allein auf die hier gegebene Wirksamkeit der Aufenthaltsbestimmung und den damit sofort vollziehbar zugewiesenen Aufenthaltsort an, soweit diese Verfügung nicht nichtig ist bzw. widerrufen oder zurückgenommen wurde (BVerwG, B. v. 28.7.1997 – 9 AV 3/97 – juris). Die Zuweisungsverfügung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides ist als Verwaltungsakt mit ihrer Bekanntgabe – hier durch Aushändigung an die Antragsteller – gemäß Art. 41 Abs. 1, Art. 43 BayVwVfG wirksam geworden. Sie ist des Weiteren kraft Gesetzes sofort vollziehbar (§ 75 Abs. 1 AsylG), weshalb ihre Rechtswirkungen – unabhängig davon, ob man der Vollziehbarkeitstheorie, der vermittelnden Auffassung oder gar der Wirksamkeitstheorie zu § 80 Abs. 1 VwGO folgen will – nicht durch die Klageerhebung suspendiert sind. Die innere, d. h. materiell-rechtliche Wirksamkeit der Verfügung ist auch nicht durch eine Befristung oder Bedingung aufgeschoben bzw. aufgelöst. Bei der in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides enthaltenen Fristbestimmung von einer Woche nach Aushändigung des Bescheides handelt es sich nicht um eine die innere Wirksamkeit betreffende Frist, sondern um die Erfüllungsfrist der Zwangsmittelandrohung nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG, was aus der Formulierung „spätestens“ sowie dem systematischen Zusammenhang mit der Androhung des unmittelbaren Zwangs in Ziffer 3 des Bescheides folgt, die auf die Fristbestimmung in Ziffer 2 Bezug nimmt.
Aus den vorstehenden Überlegungen folgt auch, dass der tatsächliche Aufenthaltsort bzw. Wohnsitz des Ausländers oder der gewünschte Aufenthaltsort nicht maßgeblich sind. Eine materielle Prüfung der Aufenthaltsentscheidung bereits bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts widerspricht zudem dem Bedürfnis nach einer schnellen und sicheren Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts. § 52 Nr. 2 Satz 3 1. Halbsatz VwGO knüpft ausdrücklich daran an, wo der Ausländer auf der Grundlage der zuletzt durch die Ausländerbehörde getroffenen Entscheidung nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat (VG Hamburg, B. v. 4.6.2010 – 19 E 1074/10 – juris). Würde die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit hingegen an die Unanfechtbarkeit der Zuweisungsverfügung anknüpfen, so könnte der Ausländer allein durch deren Anfechtung und die beliebige Wahl eines anderen Aufenthaltsortes bzw. Wohnsitzes vor Klageerhebung die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts beeinflussen.
Von einer vorherigen Anhörung der Beteiligten wurde im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Hinblick auf dessen Eilbedürftigkeit abgesehen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt gemäß § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17b Abs. 2 GVG der Endentscheidung des Verwaltungsgerichts Bayreuth vorbehalten.


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