Arbeitsrecht

Bloße Notenangabe eines Arbeitszeugnisses für Vollstreckung nicht hinreichend bestimmt

Aktenzeichen  2 Ta 50/16

Datum:
3.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO ZPO § 91, § 97 Abs. 2, § 888, § 891
ArbGG ArbGG § 72 Abs. 2, § 78 S. 2, S. 3
GewO GewO § 109

 

Leitsatz

Die Vereinbarung der Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses mit einer “guten” Leistungs- und Gesamtbeurteilung hat nur hinsichtlich der Erteilung, nicht aber hinsichtlich der “guten” Bewertung einen vollstreckbaren Inhalt. (amtlicher Leitsatz)

Verfahrensgang

2 Ca 992/15 2016-02-08 Bes ARBGBAYREUTH ArbG Bayreuth

Tenor

LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG
2 Ta 50/16
Beschluss
Datum: 03.05.2016
2 Ca 992/15 (Arbeitsgericht Bayreuth)
Rechtsvorschriften:
Leitsatz:
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 08.02.2016 – 2 Ca 992/15 – aufgehoben.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens.
3.Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.600,- € festgesetzt.

Gründe

I. Mit gerichtlich festgestelltem Vergleich vom 16.11.2015 verpflichtete sich der Beklagte in Ziffer 7, dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen mit der Leistungs- und Gesamtbeurteilung „gut“ und dabei die Formulierungsvorschläge des Klägers wohlwollend zu prüfen und zu berücksichtigen.
Die vollstreckbare Ausfertigung dieses Beschlusses ist dem Beklagten am 19.12.2015 zugestellt worden. Mit Schreiben an seine Prozessbevollmächtigten vom 19.11.2015 und vom 22.12.2015 forderte der Klägervertreter den Beklagten zur Erfüllung des Zeugniserteilungsanspruches auf.
Mit Antragsschrift vom 15.01.2016 beantragte der Kläger, den Beklagten durch Verhängung eines Zwangsgeldes, ersatzweise Zwangshaft, anzuhalten, dem Kläger ein qualifiziertes Zeugnis mit der Leistungs- und Gesamtbeurteilung „gut“ zu erteilen. Innerhalb der bis zum 03.02.2016 gesetzten Stellungnahmefrist äußerte sich der Beklagte nicht. Mit Beschluss vom 08.02.2016 setzte das Arbeitsgericht daher zur Erzwingung der Verpflichtung des Beklagten aus Ziffer 7 des zwischen den Parteien am 16.11.2015 geschlossenen Vergleiches ein Zwangsgeld ersatzweise Zwangshaft fest. Wegen der Einzelheiten des Tenors und der Begründung des Beschlusses wird auf Bl. 41 bis 43 d. A. verwiesen. Dieser Beschluss wurde dem Beklagtenvertreter am 11.02.2016 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 25.02.2016, eingegangen beim Arbeitsgericht Bayreuth am selben Tage, legte der Beklagtenvertreter gegen den Beschluss vom 08.02.2016 sofortige Beschwerde ein, da das Zeugnis am 15.01.2016 erstellt und dem Kläger mit Schreiben vom 15.01.2016 zugestellt worden sei. Die Ansprüche seien daher vor Erlass des Beschlusses vom 08.02.2016 bereits erfüllt gewesen.
Mit Schriftsatz vom 02.03.2016 bestätigte der Klägervertreter die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses (Bl. 57 d. A.). Der Zeugniserteilungsanspruch sei gleichwohl nicht erfüllt, da das Zeugnis keine Beurteilung „gut“ enthalte.
Dieser Auffassung schloss sich das Arbeitsgericht Bayreuth mit Nichtabhilfebeschluss vom 16.03.2016 an und legte das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur weiteren Veranlassung vor. Wegen der Einzelheiten des Nichtabhilfebeschlusses wird auf Bl. 60/61 d. A. verwiesen.
II. 1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft, §§ 62 Abs. 2 ArbGG, 793 ZPO, sowie form- und fristgerecht eingereicht worden, §§ 78 Satz 1 ArbGG, 569 ZPO.
2. Die Beschwerde führt zur Aufhebung des ergangenen Zwangsgeldbeschlusses vom 08.02.2016. Soweit mit dem Zwangsgeldbeschluss die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses erreicht werden sollte, fehlt mittlerweile das Rechtsschutzbedürfnis. Soweit die Erteilung einer Leistungs- und Gesamtbeurteilung „gut“ erzwungen werden soll, ist Ziffer 7 des Vergleiches vom 16.11.2015 nicht vollstreckbar.
a) Nach Auffassung der erkennenden Kammer ist ein Titel, der darauf gerichtet ist, dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis entsprechend Schulnote „gut“ zu erteilen, nicht bestimmt genug, um Grundlage einer Zwangsvollstreckung zu sein (LAG Köln, 04.07.2013 – 4 Ta 155/13; HWK-Gäntgen, 7. Auflage 2016, § 109 GewO Rd. Nr. 54; Erfurter Kommentar Müller-Glöge, 16. Auflage 2016, § 109 GewO Rd. Nr. 76 a). Ob das erteilte Zeugnis eine „gute“ Leistungs- und Gesamtbeurteilung enthält, ist im Erkenntnisverfahren zu prüfen. Konkrete der Vollstreckung zugängliche Formulierungen, die den Inhalt des Zeugnisses festlegen würden, enthält Ziffer 7 des Vergleiches nicht.
b) Hinsichtlich der Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses hat Ziffer 7 des Vergleichs allerdings einen vollstreckbaren Inhalt. Was ein qualifiziertes Zeugnis zu enthalten hat, legt nämlich das Gesetz selbst in § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO fest. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 15.01.2016 ein qualifiziertes Zeugnis übermittelt. Es enthält Ausführungen zur Leistung und zum Verhalten des Klägers im Arbeitsverhältnis. Der Zeugniserteilungsanspruch ist daher erfüllt. Da die Festsetzung eines Zwangsgeldes im Verfahren nach § 888 ZPO der Erzwingung einer unvertretbaren Handlung dient und es sich hierbei nicht um eine Sanktion für eine Handlungsweise in der Vergangenheit handelt, ist bei Erfüllung der vorzunehmenden Handlung im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens ein bereits ergangener Zwangsgeldbeschluss jedoch wieder aufzuheben (LAG Nürnberg, 14.01.2015 – 2 Ta 169/14 -; 26.08.2015 – 4 Ta 99/15 ).
3. Die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens fallen dem Kläger zu Last (§§ 891 Satz 3, 91 ZPO). § 97 Abs. 2 ZPO kommt im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung. Zwar hat der Beklagte den Erfüllungseinwand erst im Beschwerdeverfahren vorgebracht. Wie der Nichtabhilfebeschluss zeigt hätte aber auch das rechtzeitige Vorbringen nicht zur Zurückweisung des Zwangsgeldantrags in erster Instanz geführt.
4. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, § 78 Satz 3 ArbGG.
5. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren war in Höhe des Hauptsachewertes für den Zeugniserteilungsanspruch, also in Höhe eines Monatsgehalts festzusetzen.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Da die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen, ist die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, § 78 Satz 2 ArbGG.


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