Arbeitsrecht

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Aktenzeichen  2 MV 12/21

Datum:
22.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 50619
Gerichtsart:
Kirchliches Arbeitsgericht
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Kirchengerichte
Normen:

 

Leitsatz

1. Das Zustimmungsrecht der betroffenen Mitarbeitervertretung(en) aus § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO bei der Regelung einer Einrichtung nach § 1a Abs. 2 MAVO kann durch Erlass einer einstweiligen Verfügung nach § 52 KAGO gesichert werden (hier: im Falle der beabsichtigten Aufspaltung einer Einrichtung in drei neue Einrichtungen).
2. Hinweis: Im Hauptsacheverfahren 2 MV 13/21 wurde die von der Mitarbeitervertretung verweigerte Zustimmung durch Urteil des Kirchlichen Arbeitsgerichts vom 28. Juni 2021 ersetzt.

Tenor

1. Der Verfügungsbeklagten wird im Wege einstweiliger Verfügung aufgegeben, die Neuregelung der Einrichtung B durch Spaltung in die drei Einrichtungen „B1“, „B2“ und „B3“ zu unterlassen, solange nicht die Verfügungsklägerin ihre Zustimmung zu dieser Neuregelung erteilt oder diese Zustimmung vom Kirchlichen Arbeitsgericht ersetzt wird.
2. Die Verfügungsbeklagte hat die notwendigen Auslagen der Verfügungsklägerin im Verfahren 2 MV 12/21 einschließlich der Kosten der Beauftragung ihres Bevollmächtigten zu tragen.

Gründe

I.
(2) Die Verfügungsbeklagte, eine kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts, ist Träger von Einrichtungen für Menschen mit Behinderung an über dreißig Standorten in drei bayerischen Regierungsbezirken. Sie beschäftigt etwa 4.400 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. In den Einrichtungen bzw. Regionen der Beklagten bestehen mehrere Mitarbeitervertretungen. Es ist auch eine Gesamtmitarbeitervertretung gebildet. Die Verfügungsklägerin ist die für die Einrichtung B gewählte Mitarbeitervertretung (MAV). In dieser Einrichtung findet die Mitarbeitervertretungsordnung für die Diözese Augsburg (im Folgenden: MAVO Augsburg) Anwendung.
(3) Die Verfügungsbeklagte beabsichtigt eine Umstrukturierung im Bereich der bisherigen sog. Gesamteinrichtung B, die im Rahmen eines Organisationsentwicklungsprozesses im Jahr 2013 in der jetzigen Form gebildet worden ist. Sie informierte die Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 10.12.2020 (vgl. Anlage K 2 zur Antragsschrift vom 26.02.2021), dass zum 01.03.2021 drei neue sog. Gesamteinrichtungen gebildet werden sollten, nämlich Einrichtung „B1“, Einrichtung „B2“ und Einrichtung „B3“, und dass im Zuge der Aufspaltung der bisherigen Gesamteinrichtung B auch drei neue Mitarbeitervertretungen entstünden. Gleichzeitig bat die Verfügungsbeklagte die Verfügungsklägerin um Rückmeldung bis spätestens 11.01.2021, ob sie den geschilderten Veränderungen nach § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO zustimme.
(4) Die Verfügungsklägerin teilte der Verfügungsbeklagten per E-Mail bzw. mit Schreiben vom 11.01.2021 (vgl. Anlage K 3 zur Antragsschrift vom 26.02.2021) mit, dass sie mit Beschluss vom 14.12.2020 der angedachten Umstrukturierung nicht zustimme.
(5) Am 18.01.2021 fand ein Einigungsgespräch zwischen den Parteien statt, bei dem keine Einigung erzielt wurde. In einem von der Dienstgeberseite erstellten Protokoll (vgl. Anlage K 4 zur Antragsschrift vom 26.02.2021) ist unter anderem festgehalten: „Es wird vereinbart, dass die Rückmeldungsfrist gem. § 33 Abs. 3 MAVO von 3 Tagen auf 1 Woche und 1 Tag verlängert wird – d.h. eine Rückmeldung der MAV bis einschließlich 26.01.2021. Für die Dienstgeberseite ist es auch in Ordnung, wenn nach dieser Verlängerung die Frist erneut verlängert wird.“ In einem von der Mitarbeitervertretung erstellten Protokoll (vgl. Anlage K 5 zur Antragsschrift vom 26.02.2021) ist festgehalten: „Nach Abschluss des Einigungsgespräches und daran anschließendem Dienstgebergespräch über oben angeführte Punkte, teilte Herr A. [= der MAV-Vorsitzende] nochmal mit, dass die MAV Einrichtung B weiterhin die Zustimmung zur Umstrukturierung verweigert.“
(6) Als Anhang zu einer E-Mail vom 26.01.2021 übersandte die Verfügungsklägerin ihre Anmerkung zum Einigungsgespräch an die Dienstgeberseite (vgl. Anlage K 7 zur Antragsschrift vom 26.02.2021; diese Anmerkung trägt in der beim Kirchlichen Arbeitsgericht eingereichten Anlage K 7 das offenbar falsche Datum 09.02.2021, bei dem es sich um das Datum des Ausdrucks handeln dürfte). Darin heißt es im Abschnitt „Zum Einigungsvorschlag der MAV Einrichtung B“ u.a.: „Es soll, wie bereits derzeit, nur eine (1) Mitarbeitervertretung für die drei geplanten Fachbereiche (B1 bis B3) in der Gesamteinrichtung B geben. […] Die MAV hat die Zustimmung zur geplanten Umstrukturierung weiterhin verweigert.“
(7) Per E-Mail vom 08.02.2021 (vgl. Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 11.03.2021) teilte Herr T. von der Dienstgeberseite dem Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung u.a. mit, die Erklärung vom 26.01.2021 zum Protokoll vom 18.01.2021 stelle keine formelle Zustimmungsverweigerung gemäß § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO dar. Im Rahmen des Einigungsgesprächs am 18.01.2021 sei ebenfalls formal nicht die Zustimmung zu der geplanten Neuregelung der MAV Einrichtung B verweigert worden. Selbst wenn eine fristgerechte Zustimmungsverweigerung erfolgt wäre, wäre diese offenkundig, d.h. auf den ersten Blick, erkennbar unbeachtlich.
(8) Im Hauptsacheverfahren 2 MV 13/21 kündigt die Verfügungsklägerin (Klägerin) in ihrer Klage vom 26.02.2021 an, sie beantrage,
– die Beklagte zu verurteilen, das Zustimmungsverfahren nach §§ 33 Abs. 1 bis 4, 36 Abs. 1 Nr. 13 in Verbindung mit § 1a Abs. 2 MAVO für die Neuregelung der Einrichtung B durch Spaltung in die drei Einrichtungen „B1“, „B2“ und „B3“ ordnungsgemäß durchzuführen und abzuschließen, bis die Zustimmung der Klägerin erteilt ist oder vom Kirchlichen Arbeitsgericht ersetzt worden ist oder die Beklagte von der beabsichtigten Maßnahme Abstand nimmt;
– die Beklagte zu verurteilen, die von ihr im Schreiben vom 10.12.2020 beschriebene Umstrukturierung der Gesamteinrichtung B so lange zu unterlassen, bis das Zustimmungsverfahren zur (Neu-)Regelung der Einrichtung nach §§ 33 Abs. 1 bis 4, 36 Abs. 1 Nr. 13 in Verbindung mit § 1a Abs. 2 MAVO abschließend durchgeführt und die Zustimmung vom Kirchlichen Arbeitsgericht ersetzt worden ist.
(9) Im Hauptsacheverfahren 2 MV 13/21 ist der Beklagten mit Beschluss vom 26.02.2021 eine Frist zur Klageerwiderung bis Freitag, den 26. März 2021 gesetzt worden.
(10) Im vorliegenden Verfahren 2 MV 12/20 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung macht die Verfügungsklägerin geltend, die Verfügungsbeklagte habe, obwohl die Verfügungsklägerin ihre nach § 36 Abs. 1 Nr. 13 in Verbindung mit
§ 1a Abs. 2 MAVO erforderliche Zustimmung verweigert habe, das nach § 33 Abs. 4 MAVO vorgeschriebene Zustimmungsersetzungsverfahren nicht eingeleitet, sondern bereits mit der organisatorischen Umsetzung der Neuregelung begonnen. Die Verfügungsklägerin habe diesbezüglich einen Unterlassungsanspruch, der durch einstweilige Verfügung nach § 52 KAGO gesichert werden könne.
(11) An dem Einigungsgespräch am 18.01.2021 hätten alle Mitglieder der Verfügungsklägerin teilgenommen. Die vom MAV-Vorsitzenden erklärte Ablehnung habe der Willensbildung im Einigungsgespräch entsprochen und sei insoweit eben dann von der Verfügungsklägerin beschlossen worden. Eine explizit schriftliche Beschlussfassung sei hier nach der MAVO nicht erforderlich. Das Ergebnis der Beschlussfassung sei vielmehr im Protokoll festzuhalten, was gemäß dem als Anlage K 5 vorgelegten Protokoll geschehen sei.
(12) Soweit die Verfügungsbeklagte anführe, dass es sich bei der Frist in § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist handele, sei darauf hingewiesen, dass es rechtsmissbräuchlich und gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit sei, eine verlängerte Frist zuzusagen und sich sodann aber auf die kürzere Frist zu berufen. Wenn ein kirchlicher Arbeitgeber schon von sich aus und mit Rücksicht auf Dienstpläne und Arbeit, insbesondere unter den jetzigen Corona-Bedingungen, eine Frist zur Rückmeldung setze, sollte er sich daran auch festhalten lassen.
(13) Der Verfügungsanspruch ergebe sich daraus, dass die Zustimmung der Mitarbeitervertretung Wirksamkeitsvoraussetzung für die Neuregelung von Einrichtungen sei. Der Dienstgeber könne die Maßnahme einseitig nicht rechtswirksam vornehmen. Ein Verfügungsgrund sei ebenfalls gegeben. Bei einem offensichtlich mitbestimmungswidrigen Verhalten des Dienstgebers seien schon geringfügige Beeinträchtigungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ausreichend. Die Umsetzung der Neuregelung schaffe organisatorische Fakten, die sich nachträglich nur schwer rückgängig machen ließen. Es ergäben sich bereits zum 01.03.2021 neue ungeklärte Beteiligungsstrukturen sowie neue Ansprechpartner vor Ort. Dies gelte gleichermaßen für die mitbestimmungsrechtliche Interessenwahrnehmung. Die faktische Umsetzung erschwere auch die im März 2021 anstehende MAV-Wahl. Unzählige Wahlanfechtungsklagen seien hier vorprogrammiert.
(14) Die Verfügungsklägerin vertritt den Standpunkt, im vorliegenden Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung sei die Beauftragung eines Bevollmächtigten zur Wahrung ihrer Rechte gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO notwendig.
(15) Die Verfügungsklägerin beantragt,
1.der Verfügungsbeklagten im Rahmen einer einstweiligen Verfügung nach § 52 KAGO zu untersagen, die Neuregelung der Einrichtung B durch Aufspaltung in die drei Einrichtungen „B1“, „B2“ und „B3“ zu unterlassen, solange die Verfügungsklägerin der Neuregelung nicht zugestimmt hat oder die Zustimmung der Verfügungsklägerin nicht gerichtlich ersetzt worden ist;
2.die Verfügungsbeklagte zu verurteilen, die notwendigen Auslagen der Verfügungsklägerin einschließlich der Kosten der Beauftragung ihres Bevollmächtigten zu tragen.
(16) Die Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
(17) Die Verfügungsbeklagte meint, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei unbegründet. Das Beteiligungsverfahren (Zustimmungsverfahren nach § 1a in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO) sei im Hinblick auf die Neuregelung der Einrichtung B in Gestalt einer Aufspaltung dieser Einrichtung in drei Einrichtungen ordnungsgemäß durchgeführt worden. Es mangele daher bereits an einem Verfügungsanspruch.
(18) Die Verfügungsbeklagte macht geltend, die Verfügungsklägerin habe weder im Einigungsgespräch am 18.01.2021 noch im Anschluss daran gegenüber der Verfügungsbeklagten die Zustimmung zur beabsichtigten Maßnahme ordnungsgemäß verweigert. Nach den Protokollen beider Seiten sei die angebliche Zustimmungsverweigerung im Rahmen des Einigungsgesprächs und in Anwesenheit der Dienstgebervertreter erfolgt. Die Protokolle enthielten keine Angaben zu einer etwaigen Beschlussfassung der Mitarbeitervertretung über die Zustimmungsverweigerung. Eine solche habe es auch nicht gegeben.
(19) Die Verfügungsbeklagte habe der Verfügungsklägerin in der E-Mail vom 08.02.2021 (vgl. Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 11.03.2021) erläutert, dass aus Sicht des Dienstgebers die Mitarbeitervertretung nicht – wie von der MAVO vorgesehen – nach Abschluss des Einigungsgesprächs ihre Zustimmung zu der Umstrukturierung nach § 1a in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO ordnungsgemäß binnen der Frist verweigert habe und damit die Zustimmungsfiktion eingetreten sei. Zwischen dem Einigungsgespräch am 18.01.2021 und dem 26.01.2021 habe keine Sitzung der Verfügungsklägerin stattgefunden. Die nächste MAV-Sitzung habe erst am 01.02.2021 stattgefunden.
(20) Das als Anlage K 5 vorgelegte Protokoll der Mitarbeiterseite zum Einigungsgespräch sei der Verfügungsbeklagten nicht bis zum 26.01.2021, sondern frühestens am 23.02.2021 zugegangen. Die Übersendung eines solchen Protokolls wäre auch nicht als Kundgabe der Zustimmungsverweigerung auszulegen. Ein Protokoll stelle weder eine Wissens- noch eine Willenserklärung dar. Auch die als Anlage K 7 vorgelegte E-Mail der Verfügungsklägerin vom 26.01.2021 könne nicht als Erklärung der Zustimmungsverweigerung ausgelegt werden. Diese als E-Mail-Anhang übersandte Anmerkung zu dem von der Dienstgeberseite erstellten Protokoll des Einigungsgesprächs, die tatsächlich am 26.01.2021 bei der Verfügungsbeklagten eingegangen sei, beziehe sich auf angebliche Fehler des Protokolls und enthalte darüber hinaus keine eigenständige Erklärung. Die Verfügungsbeklagte habe die Übersendung dieses Schreibens nicht als Zustimmungsverweigerung nach § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO verstehen können.
(21) Die Zustimmung der Mitarbeitervertretung gelte somit als erteilt. Die Maßnahme könne umgesetzt werden. Die Verfügungsklägerin besitze seit 01.03.2021 ein Übergangsmandat.
(22) Sollte das Gericht in der Übersendung der „Anmerkung zum Protokoll Einigungsgespräch“ eine wirksame Zustimmungsverweigerung erkennen, sei darauf hinzuweisen, dass die Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO von drei Tagen nach Abschluss der Verhandlungen im Hinblick auf § 55 MAVO nicht von Dienstgeber und Mitarbeitervertretung verlängert werden könne.
(23) Wegen der Einzelheiten des hier nur knapp dargestellten Sach- und Streitstandes und der Rechtsausführungen der Parteien wird auf die Schriftsätze der Verfügungsklägerin vom 26.02.2021, vom 09.03.2021 und vom 17.03.2021, auf die Schriftsätze der Verfügungsbeklagten vom 11.03.2021 und vom 18.03.2021 sowie auf sämtliche eingereichten Unterlagen, insbesondere auf die eidesstattliche Versicherung des MAV-Vorsitzenden vom 01.03.2021, Bezug genommen.
II.
(24) Der auf § 52 der Kirchlichen Arbeitsgerichtsordnung (KAGO) gestützte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat Erfolg.
(25) 1. Auf Antrag kann, auch schon vor der Erhebung der Klage, eine einstweilige Verfügung in Bezug auf den Streitgegenstand getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass in dem Zeitraum bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens die Verwirklichung eines Rechtes des Klägers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder wenn die Regelung eines vorläufigen Zustandes in einem streitigen Rechtsverhältnis erforderlich ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden (§ 52 Abs. 1 KAGO).
(26) Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung der beisitzenden Richter (vgl. § 52 Abs. 2 KAGO).
(27) 2. Das Kirchliche Arbeitsgericht hält den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung für geboten.
(28) a) Nach § 1a Abs. 2 Satz 1 MAVO Augsburg (in der seit 01.05.2018 geltenden Fassung) kann der Rechtsträger [hier: die Verfügungsbeklagte] mit Zustimmung betroffener Mitarbeitervertretungen [hier: der Verfügungsklägerin] regeln, „was als Einrichtung gilt“. Will der Rechtsträger – wie im vorliegenden Fall – eine Einrichtung aufspalten, bedarf es hierfür der Zustimmung der bisherigen Mitarbeitervertretung (vgl. Thiel/Fuhrmann/Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 36, Rn. 177).
(29) In den Angelegenheiten der §§ 34 bis 36 sowie des § 18 Abs. 2 und 4 MAVO Augsburg kann der Dienstgeber gemäß § 33 Abs. 1 MAVO Augsburg die von ihm beabsichtigte Maßnahme oder Entscheidung nur mit Zustimmung der Mitarbeitervertretung treffen. Dabei hat er das in § 33 Abs. 2 bis 5 MAVO Augsburg im Einzelnen geregelte Verfahren einzuhalten.
(30) Auch aus § 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 1 MAVO Augsburg ergibt sich, dass die Regelung einer Einrichtung nach § 1a Abs. 2 MAVO Augsburg der Zustimmung der Mitarbeitervertretung bedarf. Die Mitarbeitervertretung kann die Zustimmung nur verweigern, wenn die Regelung missbräuchlich erfolgt (§ 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 2 MAVO Augsburg). Hat die Mitarbeitervertretung die Zustimmung verweigert, so kann der Dienstgeber in diesem Fall nach § 33 Abs. 4 MAVO Augsburg das Kirchliche Arbeitsgericht anrufen (Zustimmungsersetzungsverfahren). Das Recht des Dienstgebers, vorläufige Regelungen zu treffen, ist in den Fällen des § 1a Abs. 2 MAVO Augsburg nach § 33 Abs. 5 Satz 3 MAVO Augsburg ausgeschlossen.
(31) Im Unterschied zu den paritätischen Mitbestimmungsrechten nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 bis 12 MAVO Augsburg stellt sich damit das nach § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg eingeräumte Mitbestimmungsrecht als ein auf die Missbrauchskontrolle beschränktes Zustimmungsverweigerungsrecht dar (vgl. Thiel/Fuhrmann/Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 36, Rn. 181). Im Streitfall ist vom Kirchlichen Arbeitsgericht im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 33 Abs. 4 MAVO Augsburg zu prüfen, ob die Regelung missbräuchlich erfolgt (zur gerichtlichen Missbrauchskontrolle vgl. Thiel/Fuhrmann/Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 36, Rn. 189 ff. – mit weiteren Nachweisen).
(32) b) Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kommt das Kirchliche Arbeitsgericht zu dem – vorläufigen – Ergebnis, dass die Zustimmung der Mitarbeitervertretung nicht nach § 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO Augsburg als erteilt gilt und das Zustimmungsverfahren noch nicht beendet ist.
(33) aa) Die von der Verfügungsbeklagten mit Schreiben vom 10.12.2020 (vgl. Anlage K 2 zur Antragsschrift vom 26.02.2021) über die beabsichtigte Umstrukturierung unterrichtete und um Zustimmung gebetene Verfügungsklägerin hat innerhalb des von der Verfügungsbeklagten vorgesehenen Zeitrahmens bis 11.01.2021, nämlich mit Stellungnahme vom 11.01.2011 (vgl. Anlage K 3 zur Antragsschrift vom 26.02.2021), der Verfügungsbeklagten mitgeteilt, dass sie mit Beschluss vom 14.12.2020 der angedachten Umstrukturierung nicht zustimme, und dies auf etwa drei Seiten in Textform erläutert.
(34) Die Entscheidung („Definitionsmacht“), ob die von der Mitarbeitervertretung vorgebrachten Gründe für ihre Zustimmungsverweigerung unter dem Gesichtspunkt des § 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 2 MAVO Augsburg ausreichend sind oder nicht, liegt nicht bei dem Dienstgeber, sondern bei dem im Wege des Zustimmungsersetzungsverfahrens zuständigen Kirchlichen Arbeitsgericht (vgl. auch das Urteil des hiesigen Kirchlichen Arbeitsgerichts vom 22. Februar 2021 – 2 MV 13/20 – zu § 34 Abs. 2 MAVO). Dieses hat im Streitfall darüber zu entscheiden, ob die Regelung missbräuchlich erfolgt.
(35) Offenbar hat auch die Verfügungsbeklagte angenommen, dass die Verfügungsklägerin Einwendungen im Sinne des § 33 Abs. 2 MAVO Augsburg erhoben hat, denn am 18.01.2021, einem Montag, hat die in § 33 Abs. 3 MAVO Augsburg vorgesehene Verhandlung stattgefunden. Bei diesem Einigungsgespräch ist keine Einigung erzielt worden.
(36) bb) § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg sieht vor, dass die Mitarbeitervertretung innerhalb von drei Tagen nach Abschluss der Verhandlung – also des Einigungsgesprächs – erklärt, ob sie die Zustimmung erteilt oder verweigert. Äußert sie sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt die Zustimmung als erteilt (§ 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO Augsburg).
(37) Die Drei-Tages-Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg endete hier mit Ablauf des 21.01.2021 (vgl. §§ 186, 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB). Anders als in § 33 Abs. 2 Satz 3 ist in § 33 Abs. 3 MAVO Augsburg keine Verlängerung der Frist für die Äußerung der Mitarbeitervertretung vorgesehen. Gemäß § 55 MAVO Augsburg kann durch anderweitige Regelungen oder Vereinbarung das Mitarbeitervertretungsrecht nicht abweichend von dieser Ordnung geregelt werden. Selbst wenn man daraus den Schluss zieht, dass es Dienstgeber und Mitarbeitervertretung verwehrt ist, eine Verlängerung der Drei-Tages-Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg zu vereinbaren, kann sich die Verfügungsbeklagte mit Rücksicht auf den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 26 Abs. 1 Satz 1 MAVO Augsburg) hierauf nicht berufen. Schon bei der Unterrichtung nach § 33 Abs. 2 Satz 1 MAVO Augsburg mit Schreiben vom 10.12.2020 (vgl. Anlage K 2 zur Antragsschrift vom 26.02.2021) ist die Verfügungsbeklagte von der Wochenfrist des § 33 Abs. 2 Satz 2 MAVO Augsburg abgewichen und hat die Frist nicht etwa auf Antrag der Mitarbeitervertretung (vgl. dazu § 33 Abs. 2 Satz 3 MAVO Augsburg) verlängert, sondern einseitig von vornherein um Rückmeldung bis spätestens 11.01.2021 gebeten. Diese Rückmeldung ist auch erfolgt, nämlich mit Stellungnahme vom 11.01.2011 (vgl. Anlage K 3 zur Antragsschrift vom 26.02.2021). Damals hat die Verfügungsbeklagte nicht etwa argumentiert, dass die Wochenfrist des § 33 Abs. 2 Satz 2 MAVO Augsburg längst abgelaufen sei, sondern zum Einigungsgespräch am 18.01.2021 eingeladen. Die Verfügungsklägerin durfte daher im Lichte des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 26 Abs. 1 Satz 1 MAVO Augsburg) davon ausgehen, dass die Verfügungsbeklagte (auch) die in dem von der Dienstgeberseite erstellten Protokoll festgehaltene Verlängerung der „Rückmeldungsfrist gem. § 33 Abs. 3 MAVO von 3 Tagen auf 1 Woche und 1 Tag […] bis einschließlich 26.01.2021“ als verbindlich ansehen und sich gegenüber der Verfügungsklägerin nicht – in treuwidriger Weise – auf eine Versäumung der Drei-Tages-Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg berufen würde.
(38) Im vorliegenden Fall könnte die Zustimmung daher allenfalls dann als erteilt angesehen werden, wenn die Verfügungsklägerin nicht innerhalb der von der Verfügungsbeklagten so genannten „Rückmeldungsfrist“ bis 26.01.2021 erklärt hat, ob sie die Zustimmung erteilt oder verweigert (so die Formulierung in § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg). Die Verfügungsbeklagte muss sich mit Rücksicht auf den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 26 Abs. 1 Satz 1 MAVO Augsburg) an dieser sog. „Rückmeldungsfrist“ festhalten lassen.
(39) cc) Ob der in der Kommentarliteratur zur MAVO vertretenen Auffassung zu folgen ist, wonach eine objektiv rechtsmissbräuchliche Regelung dessen, was als Einrichtung gilt, bei fehlender oder nicht fristwahrender Zustimmungsverweigerung der Mitarbeitervertretung ohnehin einer gesetzlichen Zustimmungsfiktion nicht zugänglich ist (vgl. dazu Thiel/Fuhrmann/ Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 36, Rn. 182 – im Hinblick auf die Urteile des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs vom 27. April 2012 – M 01/12 – und vom 20. Februar 2015 – M 11/2014 -), ist gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren 2 MV 13/21 zu klären und mag hier offen bleiben.
(40) Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nimmt das Kirchliche Arbeitsgericht nämlich an, dass die Verfügungsklägerin „fristgerecht“ – also innerhalb der sog. „Rückmeldungsfrist“ bis 26.01.2021 – gegenüber der Verfügungsbeklagten erklärt hat, dass sie die Zustimmung verweigert.
(41) Der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung vertritt nach § 14 Abs. 1 Satz 5 MAVO Augsburg die Mitarbeitervertretung im Rahmen der von ihr gefassten Beschlüsse (vgl. im Betriebsverfassungsrecht die entsprechende Vorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Über die Frage, ob die Zustimmung nach § 1a Abs. 2 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg erteilt oder verweigert wird, entscheidet der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung nicht allein, sondern die Mitarbeitervertretung als Gremium, in der Regel durch Beschluss in einer Sitzung (vgl. § 14 Abs. 4, 5 MAVO Augsburg), unter bestimmten Voraussetzungen durch Beschluss im Umlaufverfahren (vgl. § 14 Abs. 9 MAVO Augsburg). Die Erklärung nach § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO hat der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung als deren Sprecher gegenüber dem Dienstgeber abzugeben.
(42) Die Verfügungsklägerin hat zur Glaubhaftmachung (vgl. § 52 Abs. 2 KAGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 936, 294 ZPO) eine eidesstattliche Versicherung ihres Vorsitzenden vom 01.03.2021 vorgelegt, wonach er nach Abschluss des Dienstgebergesprächs am 18.01.2021 Herrn T. [von der Dienstgeberseite] nochmals mitgeteilt habe, dass die MAV weiterhin die Zustimmung zur Umstrukturierung verweigere. Der E-Mail vom 26.01.2021, die der Vorsitzende der Verfügungsklägerin – am letzten Tag der sog. „Rückmeldungsfrist“ – an Herrn T. und an den Vorstandsvorsitzenden der Verfügungsbeklagten übersandt hat (vgl. Anlage K 7 zur Antragsschrift vom 26.02.2021), war ein Anhang „Anmerkung MAV Einigungsgespräch.doc“ mit offenbar falschem Datum 09.02.2021 beigefügt (vgl. Anlage K 7 zur Antragsschrift vom 26.02.2021), in der es im Abschnitt „Zum Einigungsvorschlag der MAV Einrichtung B“ u.a. heißt: „Es soll, wie bereits derzeit, nur eine (1) Mitarbeitervertretung für die drei geplanten Fachbereiche („B1“ bis „B3“) in der Gesamteinrichtung B geben. […] Die MAV hat die Zustimmung zur geplanten Umstrukturierung weiterhin verweigert.“
(43) Jedenfalls diesem Anhang zur E-Mail vom 26.01.2021 (vgl. Anlage K 7 zur Antragsschrift vom 26.02.2021) ist die Erklärung zu entnehmen, dass die Verfügungsklägerin die Zustimmung zur beabsichtigten Neuregelung der Einrichtungen auch nach Durchführung des Einigungsgesprächs nicht erteilt, sondern weiterhin verweigert. Eine bestimmte Form für diese Erklärung schreibt § 33 Abs. 3 MAVO Augsburg nicht vor. Die E-Mail ist am letzten Tag der sog. „Rückmeldefrist“ übermittelt worden, was dafür spricht, dass damit eine Erklärung abgegeben werden sollte, ob die Zustimmung erteilt oder verweigert wird. Vor dem Hintergrund des vorangegangenen erfolglosen Einigungsgesprächs kann die Erklärung nicht anders als eine Zustimmungsverweigerung verstanden werden. Hätte der Vorsitzende der Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten – wohl zu deren größter Überraschung – mitteilen wollen, dass die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur beabsichtigten Neuregelung nun doch erteile, so hätte er sich anders äußern müssen und anders geäußert als in der E-Mail vom 26.01.2021 geschehen.
(44) Die Zustimmungsverweigerung ist auch nicht offenkundig unbeachtlich. § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg schreibt nicht vor, dass die Erklärung, ob die Zustimmung verweigert wird oder nicht, mit Gründen zu versehen sei. Im Übrigen sind die Argumente der Verfügungsklägerin für die Verfügungsbeklagte aus dem Schreiben der Verfügungsklägerin vom 11.01. 2021, aus dem Einigungsgespräch vom 18.01.2021 und aus der im Anhang zur E-Mail vom 26.01.2021 übersandten Anmerkung ersichtlich. Ob die Zustimmung zu Recht verweigert worden ist, weil die beabsichtigte Regelung missbräuchlich ist, oder eben nicht, hat im Streitfall nicht der Dienstgeber, sondern das Kirchliche Arbeitsgericht im Verfahren nach § 33 Abs. 4 MAVO Augsburg zu entscheiden.
(45) dd) Es mag hier offen bleiben, ob die Erklärung des Vorsitzenden der Verfügungsklägerin, dass die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur Umstrukturierung weiterhin verweigere, durch einen Beschluss der Mitarbeitervertretung gedeckt ist. Diese Frage kann gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren 2 MV 13/21 geklärt werden.
(46) Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erscheint es zur Abwendung der Zustimmungsfiktion des § 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO Augsburg ausreichend, wenn der Vorsitzende als Sprecher der Mitarbeitervertretung rechtzeitig gegenüber dem Dienstgeber erklärt, dass die Mitarbeitervertretung die Zustimmung verweigert (vgl. auch den Wortlaut des § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg). Gibt ein Betriebsratsvorsitzender, dessen Stellung nach § 26 Abs. 2 BetrVG mit der des MAV-Vorsitzenden nach § 14 Abs. 1 Satz 5 und Satz 6 MAVO Augsburg vergleichbar ist, für den Betriebsrat eine Erklärung ab, so spricht eine – allerdings jederzeit widerlegbare – Vermutung dafür, dass der Betriebsrat einen entsprechenden Beschluss gefasst hat (vgl. Bundesarbeitsgericht 17. Februar 1981 – 1 AZR 290/78 -). Dementsprechend wird der Dienstgeber regelmäßig davon auszugehen haben, dass die Erklärung des Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung – egal, ob dieser die Erteilung der Zustimmung oder deren Verweigerung erklärt – vom Willen der Mitarbeitervertretung als Gremium getragen ist. Im Falle der erklärten Zustimmungsverweigerung kann er dann, wenn er nicht von der beabsichtigten Maßnahme Abstand nehmen will, das Kirchliche Arbeitsgericht nach § 33 Abs. 4 MAVO Augsburg anrufen. Sollte sich im weiteren Verlauf ausnahmsweise herausstellen, dass die Mitarbeitervertretung entgegen der Erklärung ihres Vorsitzenden die Zustimmung nicht verweigern wollte oder will, kann sie diese Zustimmung (gegebenenfalls erneut) beschließen und dem Dienstgeber oder dem Kirchlichen Arbeitsgericht mitteilen mit der Folge, dass ein bereits nach § 33 Abs. 4 MAVO Augsburg eingeleitetes Zustimmungsersetzungsverfahren ohne Weiteres nach § 41 Abs. 1 Alt. 2 KAGO für erledigt erklärt werden kann.
(47) Sofern man für die Wirksamkeit der Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung einen förmlichen Beschluss des Gremiums unter Beachtung der Regularien des § 14 Abs. 3 bis 6 MAVO Augsburg verlangt, dürfte auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum staatlichen Betriebsverfassungsrecht verwertbar sein, wonach eine Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden nachträglich durch die Mehrheit des Betriebsrats ausdrücklich oder stillschweigend gebilligt werden kann (vgl. etwa Bundesarbeitsgericht 15. Dezember 1961 – 1 AZR 207/59 -; Bundesarbeitsgericht 10. Oktober 2007 – 7 ABR 51/06 -). In dem Entschluss der Verfügungsklägerin, das vorliegende Verfahren 2 MV12/21 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und das Hauptsacheverfahren 2 MV 13/21 einzuleiten, kommt derzeit mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass die Mitarbeitervertretung als Gremium die Erklärung ihres Vorsitzenden billigt, wonach die Zustimmung zur Umstrukturierung und Aufspaltung der Einrichtung B verweigert wird.
(48) ee) Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nimmt das Kirchliche Arbeitsgericht nach alledem an, dass das Zustimmungsverfahren im Zusammenhang mit der Regelung, „was als Einrichtung gilt“ (vgl. § 1a Abs. 2 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg), noch nicht abgeschlossen ist, insbesondere nicht durch Zustimmungsfiktion nach § 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO Augsburg.
(49) c) Die Verfügungsklägerin hat einen Verfügungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte, dass diese die Neuregelung der Einrichtung B durch Aufspaltung in die drei Einrichtungen „B1“, „B2“ und „B3“ so lange unterlässt, bis die Verfügungsklägerin ihre Zustimmung zu dieser Neuregelung erteilt oder diese Zustimmung vom Kirchlichen Arbeitsgericht ersetzt wird.
(50) § 1a Abs. 2 und § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg (in der seit 01.05.2018 geltenden Fassung) weisen nämlich der Mitarbeitervertretung ein subjektives Recht auf Beteiligung in Form der Zustimmung zu (vgl. § 28 Abs. 1 MAVO Augsburg) mit der Folge, dass die Mitarbeitervertretung vom Dienstgeber die Einhaltung des in § 33 Abs. 1 bis 5 MAVO Augsburg detailliert geregelten Verfahrensablaufs verlangen kann (vgl. auch Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 25. November 2016 – M 06/2016 -).
(51) Dass ein Unterlassungsanspruch für den Fall, dass der Dienstgeber das vorgesehene Zustimmungsverfahren nicht einhält, in der MAVO Augsburg nicht ausdrücklich normiert ist, steht nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs kann sich dieser Anspruch aus § 33 MAVO ergeben. Die Zuweisung eines subjektiven Rechts in §§ 1a Abs. 2, 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg (in der seit 01.05.2018 geltenden Fassung) gebietet es zugleich, dass die Mitarbeitervertretung bei dessen Verletzung nicht rechtlos gestellt ist, und die Mitarbeitervertretung kann grundsätzlich verlangen, dass der Dienstgeber die Maßnahme oder Entscheidung erst trifft, wenn die Zustimmung der Mitarbeitervertretung erteilt oder kirchenarbeitsgerichtlich ersetzt ist (vgl. Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 31. August 2012 – M 15/11 -; Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 25. November 2016 – M 06/ 2016 -).
(52) d) Es besteht auch ein Verfügungsgrund im Sinne des § 52 Abs. 1 KAGO, weil die Gefahr besteht, dass in dem Zeitraum bis zur rechtskräftigen Beendigung des Hauptsacheverfahrens 2 MV 13/21 die Verwirklichung des Zustimmungsrechts der Verfügungsklägerin vereitelt oder wesentlich erschwert sein könnte, indem die Verfügungsbeklagte erst einmal durch die faktische Durchführung der Umstrukturierung und Aufspaltung „vollendete Tatsachen“ schafft, die im Falle eines Obsiegens der Verfügungsklägerin im Hauptsacheverfahren nur schwer rückgängig zu machen sind und in der Zwischenzeit zu Irrungen und Wirrungen sowohl bei der vertrauensvollen Zusammenarbeit von Dienstgeber und Mitarbeitervertretung als auch für die von der Verfügungsklägerin vertretenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen führen.
(53) Für die Stellung der Verfügungsklägerin nach den Mitarbeitervertretungswahlen im März 2021 macht es auch einen Unterschied, ob sie zunächst als für die volle Wahlperiode gewählte Mitarbeitervertretung handeln kann oder ob sie als „Auslaufmodell“ anzusehen ist und nur noch das Übergangsmandat nach § 13d MAVO Augsburg wahrnehmen darf.
(54) Schließlich könnte nach der hier durchgeführten summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Klage im Hauptsacheverfahren durchaus Erfolg haben.
(55) e) Ein effektiver Rechtsschutz der Verfügungsklägerin erfordert daher, ihr aus § 1a Abs. 2 und § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg folgendes Beteiligungsrecht auf Zustimmung bei Regelungen, „was als Einrichtung gilt“, durch das in Ziff. 1 der Entscheidungsformel enthaltene Unterlassungsgebot gegenüber der Verfügungsbeklagten zu sichern.
(56) Im Falle, dass die Verfügungsbeklagte von der beabsichtigten Umstrukturierung und Aufspaltung der Einrichtung B Abstand nimmt (vgl. § 33 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 MAVO Augsburg), bedarf es keines Unterlassungsgebots mehr.
III.
(57) Der Ausspruch über die Erstattung der notwendigen Auslagen und der Kosten der Vertretung der Verfügungsklägerin im Verfahren 2 MV 12/20 ergeht hier entsprechend § 12 Abs. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 KAGO durch den Vorsitzenden, der über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne Hinzuziehung der beisitzenden Richter entscheidet.
(58) Materiellrechtlich richtet sich die Entscheidung nach der Regelung über die Kosten der Mitarbeitervertretung in § 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO Augsburg. Danach trägt der Dienstgeber die durch die Tätigkeit der Mitarbeitervertretung entstehenden und für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Kosten einschließlich der Reisekosten im Rahmen der für den Dienstgeber bestehenden Bestimmungen (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 1 MAVO Augsburg). Zu den erforderlichen Kosten gehören auch die Kosten der Beauftragung eines Bevollmächtigten in Verfahren vor den kirchlichen Gerichten für Arbeitssachen, soweit die Bevollmächtigung zur Wahrung der Rechte des Bevollmächtigenden notwendig ist (§ 17 Abs. 1 Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO Augsburg).
(59) Diese Notwendigkeit ist im vorliegenden Fall zu bejahen.
(60) Zwar fehlt es der Verfügungsklägerin nicht an jeglicher Prozesserfahrung vor dem hiesigen Kirchlichen Arbeitsgericht. Im vorliegenden Verfahren 2 MV 12/21 (und auch im Verfahren 2 MV 13/21) treten allerdings neue Rechtsfragen auf, die nach der gesetzlichen Neuregelung von § 1a Abs. 2 und § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg (in der seit 01.05.2018 geltenden Fassung) noch nicht kirchenarbeitsgerichtlich geklärt sind. Daher erscheint es notwendig (und auch zweckmäßig), wenn die Verfügungsklägerin für das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung einen Rechtsanwalt beauftragt und bevollmächtigt. Hinzu kommt, dass sich die Verfügungsbeklagte nicht von ihrer Rechtsabteilung, sondern von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht einer auswärtigen, überörtlich tätigen Rechtsanwaltskanzlei vertreten lässt.
(61) Nach alledem hat die Verfügungsbeklagte die notwendigen Auslagen der Verfügungsklägerin im Verfahren 2 MV 12/21 einschließlich der Kosten der Beauftragung ihres Bevollmächtigten zu tragen.
IV.
(62) Durch den vorliegenden, im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 52 KAGO ergangenen Beschluss wird das Urteil im Hauptsacheverfahren 2 MV 13/21, für das die aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnene Überzeugung des Kirchlichen Arbeitsgerichts maßgeblich ist (vgl. § 43 Abs. 1 KAGO), nicht vorweggenommen.


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