Arbeitsrecht

Einstellung in einem Kloster ohne Beachtung der Mitarbeitervertretung

Aktenzeichen  2 MV 12/20

Datum:
17.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 47983
Gerichtsart:
Kirchliches Arbeitsgericht
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Kirchengerichte
Normen:
MAVO § 33, § 34 Abs. 2
SGB III § 95, § 96
KAGO § 52 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Ablehnung des von der Mitarbeitervertretung beantragten Erlasses einer einstweiligen Verfügung nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage: (Rn. 15 – 17)
2. Die Mitarbeitervertretung kann die Zustimmung zur Einstellung nicht nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 MAVO (hier: MAVO Eichstätt) mit der Begründung verweigern, der Dienstgeber müsse vor der Einstellung eines neuen Mitarbeiters erst die Kurzarbeit vorhandener Mitarbeiter – ganz oder teilweise – beenden oder unterbrechen. (Rn. 23 – 29)
3. Eine Verbotsnorm dahingehend, dass während einer angeordneten Kurzarbeit, für die die Bundesagentur für Arbeit den betroffenen Mitarbeitern Kurzarbeitergeld bewilligt hat, dem Dienstgeber die Einstellung eines neuen Mitarbeiters in den von Kurzarbeit betroffenen Bereichen untersagt wäre, lässt sich den sozialrechtlichen Vorschriften der §§ 95 ff. SGB III nicht entnehmen. (Rn. 30 – 33)

Tenor

1. Der Antrag der Verfügungsklägerin vom 13.11.2020 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird abgewiesen.
2. Die Verfügungsbeklagte hat die notwendigen Auslagen der Verfügungsklägerin im Verfahren 2 MV 12/20 einschließlich der Kosten der Beauftragung ihres Bevollmächtigten zu tragen.

Gründe

I.
Die Verfügungsklägerin (Klägerin) begehrt im Hauptsacheverfahren 2 MV 13/20 die Feststellung, dass die Verfügungsbeklagte (Beklagte) gegen die Bestimmungen des § 34 MAVO in Verbindung mit § 33 MAVO verstoßen hat, und zwar im Zusammenhang mit der Einstellung der Mitarbeiterin A.
Die Beklagte ist eine Kongregation in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie unterhält unter anderem das Kloster XY. Die Klägerin ist die dort gewählte Mitarbeitervertretung (MAV).
Die Parteien schlossen auf der Grundlage des § 5 der Anlage 5 zu den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR Caritas) eine Dienstvereinbarung über Kurzarbeit im Exerzitien-, Tagungs- und Gästehaus des Klosters XY vom 23.03.2020 mit einer vorgesehenen Mindestlaufzeit vom 01.04.2020 bis 30.09.2020 (vgl. Anlage K1 zum Schriftsatz der Klägerin vom 14.12.2020) sowie eine Dienstvereinbarung zur Fortführung von Kurzarbeit im Exerzitien-, Tagungs- und Gästehaus des Klosters XY vom 24.09.2020 mit einer vorgesehenen Laufzeit vom 01.10.2020 bis 31.01.2021 (vgl. Anlage K 2 zum Schriftsatz der Klägerin vom 14.12.2020).
Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 21.10.2020 (vgl. Anlage K 4 zum Schriftsatz der Klägerin vom 14.12.2020) der Klägerin u.a. mit, sie beabsichtige, Frau A. ab 01.11. 2020 als Hauswirtschaftliche Mitarbeiterin im Kloster XY in der Gemeinschaft St. Alf. unbefristet mit 15 Stunden/Woche zu beschäftigen, „Ersatzeinstellung für Reduzierung der TWAZ Frau B. und Stundenaufbau der Kongregation“, und bat um Zustimmung der Mitarbeitervertretung innerhalb von einer Woche.
Die Klägerin teilte per E-Mail vom 23.10.2020 (vgl. Anlage K 4 zum Schriftsatz der Klägerin vom 14.12.2020) dem Verwaltungsleiter der Beklagten mit, sie könne der Personaleinstellung von Frau A. aus folgenden Gründen nicht zustimmen:
„Frau A. wird im Hauswirtschaftlichen Dienst beschäftigt, allerdings befindet sich der Hauswirtschaftliche Dienst des Tagungshauses in Kurzarbeit. Es gilt, Kurzarbeit zu vermeiden und diese Mitarbeiter gegeben falls auf dieser Stelle zu besetzten.“
Der Verwaltungsleiter der Beklagten teilte der MAV-Vorsitzenden per E-Mail vom 28.10.2020 mit:
„… nachdem im Sinne der MAVO keine Widerspruchsgründe gegen eine Einstellung gegeben sind, haben wir die Bewerberin zum 1.11.2020 eingestellt.“
Die Verfügungsklägerin (Klägerin) sieht in der ohne ihre Zustimmung erfolgten Einstellung von Frau A. einen Verstoß gegen § 34 MAVO in Verbindung mit § 33 MAVO.
Die Klägerin vertritt den Standpunkt, sie habe sich in ihrer Nichtzustimmung auf § 34 Abs. 2 Nr. 1 MAVO berufen, und zwar bezogen auf „sonstiges geltendes Recht“. Mit der Einstellung der Mitarbeiterin A. verstoße die Beklagte gegen die Regelungen zur Kurzarbeit in § 95 SGB III, insbesondere gegen das Erfordernis des vorübergehenden erheblichen Arbeitsausfalls in § 96 SGB III, aber auch gegen das korrespondierende Einstellungs- und Beschäftigungsverbot, welches von § 34 Abs. 2 MAVO ebenfalls erfasst werde. Die Beklagte habe vor einer (Neu-)Einstellung zunächst die Kurzarbeit der vorhandenen Mitarbeiter – ganz oder teilweise – zu beenden oder zu unterbrechen. Dies folge letztlich nicht nur aus den Regelungen zur Kurzarbeit, sondern auch aus den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten des Dienstgebers.
Da die Kurzarbeit nach der derzeitigen Dienstvereinbarung vom 24.09.2020 bis zum 31.01.2021 befristet sei, stelle die Klägerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, damit sich ihr Klagebegehren nicht durch Zeitablauf erledige.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
1.der Verfügungsbeklagten im Rahmen einer einstweiligen Verfügung nach § 52 KAGO zu untersagen, die Mitarbeiterin Frau A. in der Einrichtung bis zum ordnungsgemäßen Abschluss des Zustimmungsverfahrens zur Einstellung zu beschäftigen;
2.festzustellen, dass die Bevollmächtigung der Kanzlei C. in diesem Verfahren vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht zur Wahrung der Rechte der Verfügungsklägerin notwendig und zweckmäßig ist.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
die Anträge der Verfügungsklägerin zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte (Beklagte) meint, es bestehe kein Verfügungsanspruch. Die Klägerin habe keinen Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 34 MAVO vorgetragen. Gegen ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung werde nur dann im Sinne des § 34 MAVO verstoßen, wenn die Einstellung zwingendes staatliches Recht oder sonstiges geltendes Recht verletze. Eine solche Rechtsverletzung durch die Einstellung von Frau A. sei jedoch nicht erkennbar. Selbst wenn die Einstellung nicht mit den Vorschriften zu Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld vereinbar wäre, würde die Einstellung als solche nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Die §§ 95 ff. SGB III sähen ein Beschäftigungsverbot nicht vor.
Die Beklagte macht im Hauptsacheverfahren 2 MV 13/20 geltend, die Zustimmung der Klägerin zur Einstellung von Frau A. gelte als erteilt. Jedenfalls sei die Zustimmung vom Kirchlichen Arbeitsgericht zu ersetzen.
Wegen der Einzelheiten des hier nur knapp dargestellten Sach- und Streitstandes und der Rechtsausführungen der Parteien wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 13.11.2020 und vom 14.12.2020, auf den Schriftsatz der Beklagten vom 03.12.2020 sowie auf sämtliche eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
II.
Der auf § 52 der Kirchlichen Arbeitsgerichtsordnung (KAGO) gestützte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat keinen Erfolg.
1. Auf Antrag kann, auch schon vor der Erhebung der Klage, eine einstweilige Verfügung in Bezug auf den Streitgegenstand getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass in dem Zeitraum bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens die Verwirklichung eines Rechtes des Klägers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder wenn die Regelung eines vorläufigen Zustandes in einem streitigen Rechtsverhältnis erforderlich ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden (§ 52 Abs. 1 KAGO).
Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung der beisitzenden Richter (vgl. § 52 Abs. 2 KAGO).
2. Das Kirchliche Arbeitsgericht hält den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung nicht für geboten.
a) Beide Parteien beziehen sich auf die Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO), ohne dass sie sich dazu äußern, welche diözesane oder sonstige Mitarbeitervertretungsordnung denn im konkreten Fall Anwendung finden soll.
Das Kirchliche Arbeitsgericht geht davon aus, dass die Mitarbeitervertretungsordnung für die Diözese Eichstätt (im Folgenden kurz: MAVO Eichstätt) einschlägig ist. Das Kloster XY liegt jedenfalls in dieser Diözese. Ohnehin dürfte die Rechtslage auch nach anderen auf der sog. Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung (Rahmen-MAVO) beruhenden Mitarbeitervertretungsordnungen zu beurteilen sein wie folgt.
b) In den Angelegenheiten der §§ 34 bis 36 sowie des § 18 Absätze 2 und 4 MAVO Eichstätt kann der Dienstgeber gemäß § 33 Abs. 1 MAVO Eichstätt die von ihm beabsichtigte Maßnahme oder Entscheidung nur mit Zustimmung der Mitarbeitervertretung treffen. Dabei hat er das in § 33 Abs. 2 bis 5 MAVO Eichstätt im Einzelnen geregelte Verfahren einzuhalten.
Einstellungen und Anstellungen bedürfen gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 MAVO Eichstätt der Zustimmung der Mitarbeitervertretung. Eine Einstellung liegt vor, wenn eine Person in die Einrichtung eingegliedert wird, um zusammen mit den dort beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den arbeitstechnischen Zweck der Einrichtung durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 MAVO Eichstätt).
Die Mitarbeitervertretung kann die Zustimmung gemäß § 34 Abs. 2 MAVO Eichstätt nur verweigern, wenn
1.die Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Rechtsverordnung, kircheneigene Ordnungen oder sonstiges geltendes Recht verstößt,
2.durch bestimmte Tatsachen der Verdacht begründet wird, dass die Bewerberin oder der Bewerber durch ihr oder sein Verhalten den Arbeitsfrieden in der Einrichtung in einer Weise stören wird, die insgesamt für die Einrichtung unzuträglich ist oder
3.der Dienstgeber eine Person, die ihm zur Arbeitsleistung überlassen wird im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, länger als sechs Monate beschäftigen will. Mehrere Beschäftigungen eines Leiharbeitnehmers bei demselben Dienstgeber werden zusammengerechnet.
Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich, dass sie sich bezüglich der Einstellung der Mitarbeiterin A. auf den Zustimmungsverweigerungsgrund des § 34 Abs. 2 Nr. 1 MAVO Eichstätt berufen wollte bzw. beruft.
c) Im Falle einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts der Klägerin kommt der von ihr mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geltend gemachte Unterlassungsanspruch durchaus in Betracht. Dieser kann auch einen Verfügungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des § 52 KAGO abgeben.
Dass ein solcher Unterlassungsanspruch in der MAVO nicht ausdrücklich normiert ist, steht nicht entgegen. Wie der Kirchliche Arbeitsgerichtshof bereits im Urteil vom 31.08.2012 – M 15/11 – erkannt hat, kann sich dieser aus § 33 MAVO ergeben. Die Zuweisung eines subjektiven Rechts in § 34 Abs. 1 MAVO gebietet es zugleich, dass die Mitarbeitervertretung bei dessen Verletzung nicht rechtlos gestellt ist, und die Mitarbeitervertretung kann grundsätzlich verlangen, dass der Dienstgeber die Maßnahme oder Entscheidung erst trifft, wenn die Zustimmung der Mitarbeitervertretung erteilt oder kirchenarbeitsgerichtlich ersetzt ist (vgl. auch Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 25. November 2016 – M 06/2016 -).
Nach dem weltlichen Betriebsverfassungsrecht mag dies im Regelungsbereich von § 99 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) anders zu beurteilen sein. Eine dem § 101 BetrVG entsprechende Vorschrift enthält die MAVO Eichstätt jedoch nicht.
d) Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist durchaus fraglich, ob die von der Klägerin zur Begründung der Zustimmungsverweigerung angeführten Umstände vom Regelungsbereich des § 34 Abs. 2 Nr. 1 MAVO Eichstätt erfasst sind.
Die Mitarbeitervertretung kann die Zustimmung zur Einstellung nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 MAVO Eichstätt nämlich nur dann verweigern, wenn die Einstellung selbst gegen ein Gesetz, eine Rechtsverordnung, kircheneigene Ordnungen oder sonstiges geltendes Recht verstößt. Die durch die Einstellung angeblich verletzte Norm muss die Einstellung als solche untersagen. Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 34 Abs. 2 Nr. 1 MAVO Eichstätt ist also lediglich dann gegeben, wenn der Zweck einer Verbotsnorm nur dadurch erreicht werden kann, dass die Einstellung insgesamt unterbleibt (vgl. Jüngst in Thiel/Fuhrmann/Jüngst, MAVO – Kommentar zur Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung, 8. Aufl. 2019, § 34, Rn. 68; vgl. ferner Bundesarbeitsgericht 14. Dezember 2004 – 1 ABR 54/03 – sowie Bundesarbeitsgericht 30. September 2014 – 1 ABR 79/12 -, jeweils zu § 99 BetrVG).
Die Vorschriften der §§ 95 ff. des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) regeln die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld (erheblicher Arbeitsausfall, betriebliche Voraussetzungen, persönliche Voraussetzungen, Anzeige des Arbeitsausfalls bei der Agentur für Arbeit). Eine Verbotsnorm dahingehend, dass während einer angeordneten Kurzarbeit, für die die Bundesagentur den betroffenen Mitarbeitern Kurzarbeitergeld bewilligt hat, dem Dienstgeber die Einstellung neuer Mitarbeiter in den von Kurzarbeit betroffenen Bereichen untersagt wäre, ist diesen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere dem § 96 Abs. 4 Satz 2 SGB III über den vermeidbaren Arbeitsausfall nicht zu entnehmen. Vielmehr können Arbeitnehmer, die aus zwingenden Gründen eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, ihrerseits die persönlichen Voraussetzungen des Bezugs von Kurzarbeitergeld erfüllen (vgl. § 98 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) SGB III).
Eine etwaige individualrechtliche Nebenpflicht des Dienstgebers aus § 241 Abs. 2 in Verbindung mit § 611a BGB dahingehend, dass er statt einer Neueinstellung die Kurzarbeit von Bestandsmitarbeitern beenden müsste, kann nicht als eine Verbotsnorm im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 1 MAVO Eichstätt angesehen werden. Die Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis kann allenfalls individualrechtliche Schadensersatzansprüche nach § 280 BGB zur Folge haben, begründet jedoch kein Zustimmungsverweigerungsrecht der Mitarbeitervertretung nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 MAVO Eichstätt.
Soweit die Verfügungsklägerin der Sache nach geltend machen möchte, es bestehe die Besorgnis, dass infolge der Einstellung der Mitarbeiterin A. bereits in der Einrichtung beschäftigte – in Kurzarbeit befindliche – Mitarbeiter einen Nachteil erleiden könnten, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt wäre, ist darauf hinzuweisen, dass § 34 Abs. 2 MAVO Eichstätt keinen dem § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG entsprechenden Zustimmungsverweigerungsgrund vorsieht (vgl. auch Jüngst in Thiel/Fuhrmann/ Jüngst, MAVO – Kommentar zur Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung, 8. Aufl. 2019, § 34, Rn. 74).
Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist schließlich kein Verstoß gegen § 5 der Anlage 5 zu den AVR Caritas und auch kein Verfahrensmangel im Mitbestimmungsverfahren nach § 33 MAVO Eichstätt offensichtlich. Falls die von der Klägerin vorgebrachten Umstände nicht als beachtliche Einwendungen im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 1 MAVO Eichstätt eingeordnet (subsumiert) werden können, würde die Zustimmung nach § 33 Abs. 2 Satz 2 MAVO Eichstätt als erteilt gelten (vgl. Jüngst in Thiel/Fuhrmann/ Jüngst, MAVO – Kommentar zur Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung, 8. Aufl. 2019, § 33, Rn. 52 ff. – mit weiteren Nachweisen) mit der Folge, dass die weitere Durchführung des in § 33 Abs. 2 bis 5 MAVO Eichstätt vorgesehenen Verfahrens entbehrlich wäre. All dies ist letztlich im Hauptsacheverfahren 2 MV 13/20 zu klären.
e) Mangels Vorliegens eines Verfügungsanspruchs kann somit dahin stehen, ob ein Verfügungsgrund im Sinne des § 52 KAGO vorliegt oder nicht.
Die Klägerin wird durch die Abweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung keineswegs rechtlos gestellt. Im Hauptsacheverfahren 2 MV 13/20 kann – unabhängig davon, ob die Kurzarbeit mit Ablauf des 31.01.2021 endet oder nicht – nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage darüber entschieden werden, ob die Beklagte das Mitbestimmungsrecht aus § 34 in Verbindung mit § 33 MAVO Eichstätt im Zusammenhang mit der Einstellung der Mitarbeiterin A. verletzt hat und ob ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 1 MAVO Eichstätt vorgelegen hat.
III.
Der Ausspruch über die Erstattung der notwendigen Auslagen und der Kosten der Vertretung der Verfügungsklägerin im Verfahren 2 MV 12/20 ergeht hier entsprechend § 12 Abs. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 KAGO durch den Vorsitzenden, der über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne Hinzuziehung der beisitzenden Richter entscheidet.
Materiellrechtlich richtet sich die Entscheidung nach der Regelung über die Kosten der Mitarbeitervertretung in § 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO Eichstätt. Danach trägt der Dienstgeber die durch die Tätigkeit der Mitarbeitervertretung entstehenden und für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Kosten einschließlich der Reisekosten im Rahmen der für den Dienstgeber bestehenden Bestimmungen (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 1 MAVO Eichstätt). Zu den erforderlichen Kosten gehören auch die Kosten der Beauftragung eines Bevollmächtigten in Verfahren vor den kirchlichen Gerichten für Arbeitssachen, soweit die Bevollmächtigung zur Wahrung der Rechte des Bevollmächtigenden notwendig ist (§ 17 Abs. 1 Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO Eichstätt).
Diese Notwendigkeit ist im vorliegenden Fall zu bejahen.
Bei der Verfügungsklägerin handelt es sich um eine Mitarbeitervertretung, die – soweit ersichtlich – bisher noch nicht „prozesserfahren“ ist. Im Hinblick darauf, dass die Frage, ob eine Zustimmungsverweigerung nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 MAVO auf die Vorschriften über das Kurzarbeitergeld in §§ 95 ff. SGB III gestützt werden kann, von den kirchlichen Gerichten für Arbeitssachen offenbar noch nicht entschieden ist, erscheint es notwendig (und auch zweckmäßig), wenn die Verfügungsklägerin für das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, in dem diese Frage für das Vorliegen eines Verfügungsanspruchs eine Rolle spielt, einen Rechtsanwalt beauftragt und bevollmächtigt. Hinzu kommt, dass sich die Verfügungsbeklagte von einer Rechtsanwaltskanzlei für Arbeitsrecht vertreten lässt.
Nach alledem hat die Verfügungsbeklagte die notwendigen Auslagen der Verfügungsklägerin im Verfahren 2 MV 12/20 einschließlich der Kosten der Beauftragung ihres Bevollmächtigten zu tragen.
IV.
Durch den vorliegenden, im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 52 KAGO ergangenen Beschluss wird das Urteil in der Hauptsache, für das die aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnene Überzeugung des Kirchlichen Arbeitsgerichts maßgeblich ist (vgl. § 43 Abs. 1 KAGO), nicht vorweggenommen.


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