Arbeitsrecht

Entfernung aus dem Beamtenverhältnis – Vertreten reichsbürgertypischer Ansichten

Aktenzeichen  16a D 19.989

Datum:
28.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30890
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 11, Art. 14 Abs. 2 S. 1
BeamtStG § 33 Abs. 1 S. 3, § 34 Abs. 1 S. 3
StGB § 22, § 23, § 240

 

Leitsatz

1. Ein Beamter, der Gedankengut der sog. „Reichsbürgerbewegung“ teilt und vertritt und dessen Ansichten jedenfalls in wesentlichen Aspekten kongruent mit sogenannten reichsbürgertypischen Denkansätzen sind, legt mit seinen entsprechenden Äußerungen bewusst nach außen hin erkennbar ein Verhalten an den Tag, das mit der in Art. 33 Abs. 5 GG, § 33 Abs. 1 S. 3 BeamtStG verankerten, jedem Beamten obliegende Verfassungstreuepflicht nicht vereinbar ist. Das gilt auch dann, wenn der Beamte nicht Mitglied der sog. Reichsbürger bzw. Selbstverwalter ist. (Rn. 60 – 61) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Verstoß gegen die beamtenrechtliche Kernpflicht zur Verfassungstreue ist gegeben, wenn die Gesamtschau der dem Beamten vorgeworfenen Handlungen und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbilds eine innere Abkehr von den Fundamentalprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eindeutig erkennen lässt, da dieser davon ausgeht, dass weder die Bundesrepublik existiert noch eine Zwangsvollstreckung durch einen mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Gerichtsvollzieher als Organ der Gerichtsverfassung  oder eine Verurteilung durch ein Strafgericht – mangels Mitwirkung eines „staatlichen Richters“ im Sinne des Beamten – rechtswirksam erfolgen kann. (Rn. 74) (Rn. 77) (redaktioneller Leitsatz)
3.  Da sich der Zweck einer Disziplinarmaßnahme nicht darin erschöpft, den Beamten zu mahnen, sich künftig pflichtgemäß zu verhalten, sondern auch der Integrität des Berufsbeamtentums dient, rechtfertigt die Pensionierung des Beamten es nicht, allein wegen der fehlenden Wiederholungsgefahr von einer Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen. Vielmehr ist die Aufrechterhaltung der Integrität des Berufsbeamtentums als Zweck der Disziplinarmaßnahmen auch dort legitim, wo es sich um Maßnahmen gegen Ruhestandsbeamte handelt. (Rn. 94) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 19L DK 18.4035 2019-04-02 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) erkannt. Da der Beklagte in den Ruhestand getreten ist, bevor die Entscheidung über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unanfechtbar geworden ist, gilt die Entscheidung als Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BayDG).
Der Senat kommt bei der Bemessungsentscheidung zu dem Ergebnis, dass der Beklagte ein inner- und außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen hat (1.), das bei Abwägung aller disziplinarrechtlich relevanten Gesichtspunkte mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis/Aberkennung des Ruhegehalts zu ahnden ist (2.).
1. Die vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalte, die die Grundlage für die dem Beklagten in der Disziplinarklage zur Last gelegten Anschuldigungspunkte bilden, stehen zur Überzeugung des Senats fest.
1.1 Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts A* … vom 25. Juli 2017 hat sich der Beklagte einer versuchten Nötigung gemäß §§ 240, 22, 23 StGB schuldig gemacht hat (Strafurteil S. 8, IV.). Dem Beklagten konnte nachgewiesen werden, dass er unter Auswahl massiver Einschüchterungsmaßnahmen einem Hauptgerichtsvollzieher mit erheblichen Schadensersatzforderungen im Falle der Fortsetzung des Zwangsvollstreckungsverfahrens gedroht hat.
Diese tatsächlichen, nicht offenkundig unrichtigen Feststellungen sind für den Senat gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1, Art. 55 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayDG bindend. Im Übrigen hat der Beklagte den zur Verurteilung führenden Sachverhalt zumindest im Hinblick auf den objektiven Straftatbestand eingeräumt (Strafurteil S. 6 f.), auch wenn er ihn letztlich einer anderen rechtlichen Bewertung zuführt.
Ferner liegen dem Tatvorwurf mehrere, im Tatbestand im Einzelnen angeführte, zwischen Mai 2016 und Juli 2017 verfasste Schreiben und getätigte Äußerungen zugrunde. Der Beklagte stellt weder die Erstellung dieser Schreiben noch die Äußerungen oder das Innehaben und Vertreten der darin zum Ausdruck kommenden Ansichten in Abrede.
1.2 Der Beklagte hat durch das festgestellte Fehlverhalten gegen seine Grundpflicht verstoßen, sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinn des Grundgesetzes zu bekennen und für ihre Erhaltung einzutreten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG). Weiter hat er durch die Verwirklichung des der strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Sachverhalts dem Gebot der Achtung der Gesetze zuwidergehandelt und gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.
1.2.1 Das dargestellte Verhalten des Beklagten ist mit der in Art. 33 Abs. 5 GG, § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verankerten, jedem Beamten obliegenden Verfassungstreuepflicht nicht vereinbar. Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wird in Art. 18 und Art. 21 GG erwähnt und durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts inhaltlich ausgefüllt. Darunter wird eine Ordnung verstanden, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition (BVerfG, U.v. 23.10.1952 – 1 BvB 1/51 – juris Ls. 2; BVerfG, U.v. 17.1.2017 – 2 BvB 1/13 – juris Ls. 3 und Rn. 535 ff.; v. Roetteken in: v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 21. Update Juli 2021, 2. Freiheitliche demokratische Grundordnung, § 7 VII.2. Rn. 117; Metzler-Müller in PdK Bund C-17, 8. Fassung 2020, § 33 BeamtStG 4.1). Die dem Beamten obliegende Verfassungstreuepflicht stellt eine beamtenrechtliche Kernpflicht dar und erfasst deshalb das gesamte Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb seines Dienstes (Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand: August 2020, MatR/II Rn. 106 m.w.N.). § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG bestimmt, dass der Beamte sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für ihre Erhaltung eintreten muss. Damit einher geht nicht nur das Verbot einer gegen die Verfassung gerichteten Verhaltensweise, sondern eine Pflicht zum aktiven Handeln. Bekenntnis bedeutet in diesem Zusammenhang eine nach außen erkennbare gefestigte Einstellung, die ein Eintreten für die Erhaltung der demokratischen Grundordnung ermöglicht. Es muss zumindest erwartet werden, dass sich ein Beamter eindeutig von allen Bestrebungen distanziert, die den Staat und seine freiheitlich-demokratische Grundordnung angreift und diffamiert (BVerwG, U.v. 17.11.2017 – 2 C 25.17 – juris Rn. 14 bis 17; BayVGH, U.v. 16.1.2019 – 16a D 15.2672 – juris 25; Zängl, a.a.O. MatR/II Rn. 102 m.w.N.). Allerdings können Disziplinarmaßnahmen in einem bestehenden Beamtenverhältnis nur dann ergriffen werden, wenn ein konkretes Dienstvergehen vorliegt. Hierfür reicht allein die „mangelnde Gewähr“ für ein jederzeitiges Eintreten des Beamten für die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht aus; erforderlich ist der Nachweis einer Verletzung dieser Dienstpflicht (BVerwG, U.v. 17.11.2017 a.a.O. Rn. 20 f.). Das bloße Haben einer Überzeugung oder die bloße Mitteilung, man habe eine solche, ist für die Annahme einer Verletzung der Treuepflicht grundsätzlich nicht ausreichend; vielmehr bedarf es einer Äußerung der verfassungsfeindlichen Gesinnung durch eine verfassungsfeindliche Handlung (Zängl, a.a.O. MatR/II Rn. 108). Ein Dienstvergehen besteht erst, wenn der Beamte aus seiner politischen Überzeugung Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten im Sinne seiner politischen Überzeugung zieht (BVerfG, B.v. 22.5.1975 – 2 BvL 13/73 – juris Rn. 45; B.v. 6.5.2008 – 2 BvR 337/08 – juris Rn. 31; BVerwG, U.v. 17.11.2017 – a.a.O. Rn. 21), die entsprechende politische Überzeugung also bewusst und erkennbar nach außen betätigt.
Gemessen hieran belegen die verfassten Schreiben und getätigten Äußerungen des Beklagten sowie sein zur strafrechtlichen Verurteilung führendes Verhalten seine verfassungsfeindliche Einstellung nach außen hin, die über das bloße „Besitzen“ einer Meinung und auch über eine alltägliche Meinungsäußerung oder ein kritisches Hinterfragen staatlichen Handelns hinausgeht. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Beklagte seine im Tatbestand aufgeführten Schreiben seinerzeit in dem Wissen verfasst und versandt sowie seine Äußerungen getätigt hat, dass sie mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht in Einklang stehen, dass er nach dem Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB) dadurch Zweifel bei anderen (Hauptgerichtsvollzieher, Vorgesetzten, Mitarbeiter im Amtsgericht und der Kreisverwaltungsbehörde) an der Handlungsbefugnis der deutschen Staatsorgane aufkommen lassen und die Bundesrepublik und ihre freiheitliche demokratische Grundordnung in diesem Sinne delegitimieren wollte, dass mindestens über einen Zeitraum zwischen Mai 2016 und Juli 2017 eine innere Abkehr des Beklagten von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sicher vorlag und dass die Schreiben und Äußerungen Ausdruck dieser inneren Abkehr sind. Mit den Schreiben, Äußerungen und der schließlich begangenen Straftat der versuchten Nötigung hat der Beklagte zugleich Folgerungen im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus seinen Überzeugungen gezogen.
Der Beklagte vertritt und teilt jedenfalls in wesentlichen Aspekten das Gedankengut der sog. „Reichsbürgerbewegung“; seine Ansichten sind – selbst nach eigener Einlassung (Berufungsbegründung v. 13.5.2019 S. 6) – kongruent mit sogenannten reichsbürgertypischen Denkansätzen, auch wenn er selbst bestreitet, Mitglied der sog. Reichsbürger bzw. Selbstverwalter zu sein (zur fehlenden Treuepflicht bei sog. Reichsbürgern vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2020 – 16b DC 20.1871 – juris Rn. 12; NdsOVG, U.v. 20.4.2021 – 3 LD 1/20 – juris; OVG NW, U.v. 21.4.2021 – 3d A 1595/20.BDG – juris; B.v. 22.3.2017 – 3d B 296/17.O – juris Rn. 7; OVG LSA, U.v. 15.3.2018 – 10 L 9/17 – juris Rn. 56 ff.). Er beantragte einen Staatsangehörigenausweis sowie EStA-Registerauszüge (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StAG), verwies auf die Haager Landkriegsordnung, verwendete Gebührenkataloge und AGBs, unterschrieb in kleinen und zusammenhängenden Buchstaben, bezeichnete den Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio als „Firma“, sprach von „Völkerrechtssubjekt Bundesstaat Bayern“ und beharrte auf Originalunterschriften auf Schriftstücken (Medienstaatsvertrag, Vollstreckungsauftrag) sowie seinem „staatlichen Richter“. Damit legte der Beklagte typische Verhaltensweisen (vgl. Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration, IMS v. 29.12.2016 – Az. IE4-2132-4-14 – VG-Akte Au 4 K 17.188 S. 32) von sog. Reichsbürgern und Selbstverwaltern an den Tag, die aus unterschiedlichen Motiven und mit differierenden Begründungen, unter anderem unter Berufung auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen, den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation absprechen oder sich gar in Gänze außerhalb der Rechtsordnung stehend definieren (diese Definition des Bundesamtes für Verfassungsschutz zugrunde legend auch BVerwG, B.v. 20.12.2019 – 2 WDB 5.19 – juris Rn. 11; NdsOVG, U.v. 20.4.2021 – 3 LD 1/20 – juris Rn. 93; SächsOVG, B.v. 3.12.2018 – 3 B 379/18 – juris Rn. 15; ähnlich BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519 – juris Rn. 13).
Mit seinen Äußerungen hat der Beklagte bewusst nach außen hin erkennbar gegenüber den Adressaten seiner schriftlichen und mündlichen Äußerungen ein Verhalten an den Tag gelegt, das mit der in Art. 33 Abs. 5 GG, § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verankerten, jedem Beamten obliegende Verfassungstreuepflicht nicht vereinbar ist.
1.2.1.1 Der Schluss, der Beklagte stelle die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Untergliederungen in Frage, ergibt sich insbesondere aus seinen Einlassungen gegenüber seinen Vorgesetzten bei einem Gespräch am 16. August 2016 (vgl. Aktenvermerk v. 16.8.2016 – Disziplinarakte S. 42). Damals gab der Beklagte an, er „hinterfrage (…) die Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland“. Daher habe er auch seine Staatsangehörigkeit feststellen lassen. Die Bezeichnung Staatsangehörigkeit „deutsch“ akzeptiere er nicht, da sich daraus nicht ergebe, dass die Bundesrepublik als Staat existiere. Er habe die Staatsangehörigkeit „Bayern“ von seinem Vater und Vorvätern geerbt und frage sich, ob Bayern nach dem 11. November 1918 weiter als Völkerrechtssubjekt bestehe und in welcher Form. Ob Bayern ein Freistaat sei, wisse er nicht. Der Rechtsstreit zu seinen Rundfunkgebühren sei für ihn die Möglichkeit, die staatliche Existenz der Bundesrepublik Deutschland zu hinterfragen, was sich heutzutage kaum jemand traue. Auch sei es seiner Meinung nach Aufgabe des Gerichtsvollziehers, die Rechtmäßigkeit einer jeden Zwangsvollstreckungsmaßnahme zu prüfen. In seinem Fall sei kein staatlicher Richter beteiligt gewesen. Er bestreite, dass es sich bei der Rundfunkbeitragsgebühr um eine öffentlich-rechtliche Forderung handle, da der Beitragsservice, der die Rundfunkbeiträge einzieht, eine Privatfirma sei, die nicht rechtsfähig sei. Er selbst habe keinen Vertrag mit dieser Firma geschlossen. Seiner Ansicht nach sei die Bundesrepublik Deutschland „kein Staat“, sondern eine Nichtregierungsorganisation und die Bundeskanzlerin auch nicht Kanzlerin, sondern Geschäftsführerin dieser Organisation. Er habe auch bereits die UNO angeschrieben, damit diese ihm mitteile, ob Deutschland ein Staat sei. Deutschland sei dort als NGO registriert, „nicht als Staat“. Auch hätten der Bundestag und der Bundespräsident seines Wissens Eintragungen im Handelsregister der USA vornehmen lassen, was nicht möglich sei, wenn die Bundesrepublik Deutschland ein Staat wäre. Zudem hätten Ministerien Umsatzsteuernummern. Weiter führte der Beklagte aus, dass er sich „wünsche“, dass die Bundesrepublik Deutschland ein uneingeschränktes Völkerrechtssubjekt und Mitglied der Weltvölkergemeinschaft sei (Schr. v. 7.10.2016), und der „Staat die volle Souveränität erhält“ (Sitzungsprotokoll v. 2.4.2019 S.3 – VG-Akte S. 32).
Mit seinen Ausführungen machte sich der Beklagte die Ideologie der „Reichsbürgerbewegung“ inhaltlich zu eigen und brachte unzweifelhaft zum Ausdruck, dass er die Grundlagen der Bundesrepublik Deutschland, nämlich deren Existenz als souveräner Staat, gerade nicht anerkennt, wie dies – bei allen Unterschieden im Detail – gemeinsames Charakteristikum des Personenkreises der „Reichsbürger“ ist. Eine Identifizierung des Beklagten mit der Bundesrepublik ohne innere Distanz, wie es die Treuepflicht erfordert, ist nicht zu erkennen.
1.2.1.2 Bereits am 28. Juni 2012 beantragte der Beklagte die Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises, der am 13. Juli 2012 von der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde erstellt und im Register Entscheidungen in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten (Register EStA) eingetragen wurde (Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft S. 47 ff.).
Die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises durch „Reichsbürger“ beruht darauf, dass in der „Reichsbürgerszene“ die Behauptung kursiert, das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in seiner Fassung vom 22. Juli 1913 sei unverändert gültig und daher müsse man, um der Staatenlosigkeit zu entgehen, nach den damaligen Gesetzen einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragen (vgl. OVG RhPf, U.v. 23.10.2019 – 7 A 10555/19 – juris Rn. 36). Auch der Beklagte hat ohne nachvollziehbaren Grund einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt und damit unter Berücksichtigung seiner weiteren Einlassungen im Rechtsverkehr zum Ausdruck gebracht, die Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland nicht anzuerkennen (vgl. NdsOVG, U.v. 20.4.2021 – 3 LD 1/20 – juris Rn. 106). Wenn er aber schon die Souveränität des Staates nicht anerkennt, so fehlt es an einer Grundlage, um die freiheitlich demokratische Grundordnung und das Gewalt- und Rechtsprechungsmonopol des Staates als verbindlich zu akzeptieren.
Seine weiteren reichsbürgertypischen Argumentationsmuster vermögen die Annahme einer Verletzung der Treuepflicht nicht zu entkräften, sondern verstärken diese vielmehr. So rekurriert der Beklagte etwa auf die unzutreffende reichsbürgertypische Ansicht, das Bundesverfassungsgericht (U.v. 31.7.1973 – 2 BvF 1/73 – juris) habe zum Grundlagenvertrag entschieden, das Deutsche Reich besitze nach wie vor Rechtsfähigkeit. In der Rechtsprechung und in der Literatur wurden diese Argumentationsmuster hinreichend widerlegt (vgl. z.B. FG Münster, U.v. 14.4.2015 – 1 K 3123/14F – juris Rn. 38; Caspar/Neubauer, LKV 2012, 529; Weber, jM 2021, 37 – juris; Köhler, WzS 2019, 103 bis 112 – juris; Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt: „Reichsbürger“, „Reichsregierungen“ und „Selbstverwalter, 2. Aufl. Okt. 2018, abrufbar unter https://mi.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MI/MI/3._Themen/Verfassungsschutz/Reichsb_Selbstverw_Neu-auflage.pdf S. 16 ff.; Amos: Die Staatsleugner, Stand: 22.11.2016, abrufbar unter https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/ideologie-reichsbuerger-deutschland-souveraenitaet-besatzung-staat-legitimation-rechtsextremismus/2/).
Die in der sog. „Reichsbürger-Bewegung“ weit verbreitete Behauptung, der Beitragsservice sei keine Behörde und könne deshalb keine „Selbsttitulierung“ vornehmen, trifft im Übrigen gleichfalls nicht zu. Der Bundesgerichtshof (B.v. 14.6.2017 – I ZB 87/16 – juris) hat den vom Beklagten zitierten Beschluss des Einzelrichters (LG Tübingen, B.v. 16.9.2016 – 5 T 232/16 – juris) aufgehoben und die Eigenschaft einer Vollstreckungsbehörde bejaht (vgl. auch LG Tübingen, B.v. 20.12.2018 – 5 T 246/17 – juris Rn. 12).
Ob gewisse rechtliche Vorschriften, gerichtliche oder verfassungsgerichtliche Entscheidungen für den juristischen Laien schwer nachvollziehbar sind, ist irrelevant. Auch das Anzweifeln der Rechtmäßigkeit der gegen ihn ausgeübten Vollstreckung der Rundfunkbeträge allein wird dem Beklagten nicht zum Vorwurf gemacht. Vielmehr folgt aus seinem Verhalten und seinen Äußerungen, dass ihn nicht die Frage umtreibt, ob er verpflichtet ist, öffentlich-rechtliche Rundfunkgebühren zu bezahlen, oder wie die Existenz der Bundesrepublik im geschichtlichen und juristischen Kontext zu erklären ist, sondern dass er davon ausgeht, dass weder die Bundesrepublik existiert noch eine Zwangsvollstreckung durch einen mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Gerichtsvollzieher als Organ der Gerichtsverfassung (Kissel/Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, 10. Aufl. 2021, § 154 Rn. 3) oder eine Verurteilung durch ein Strafgericht – mangels Mitwirkung eines „staatlichen Richters“ im Sinne des Beklagten – rechtswirksam erfolgen kann.
1.2.1.3 Mit seinen Angaben gegenüber seinen Vorgesetzten (vgl. Aktenvermerk v. 16.8.2016) brachte der Beklagte mehrfach deutlich zum Ausdruck, dass er Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung und der Legitimation eines Strafgerichts hat. Denn seiner Meinung nach müsse jeder ein ihn betreffendes Dokument mit Originalunterschrift des Verfassers erhalten, so zum Beispiel auch die Gefangenen die sie betreffenden Haftbefehle oder Strafurteile. Ausfertigungen genügten seiner Ansicht nach nicht für die Rechtmäßigkeit. Die Gerichte seien „nur entweder Schiedsgerichte“ oder „eine freiwillige Gerichtsbarkeit, die vertraglich zwischen den Parteien vereinbart“ sei, z.B. von den Strafgefangenen mit den Staatsanwälten und ihren Verteidigern, an die sie ihre Rechte abgetreten hätten. Die abgeurteilten Straftaten seien geschehen, deswegen habe er selbst keine Probleme damit, die Verurteilungen der Inhaftierten zu akzeptieren.
Mit dem Konzept der „Freiwilligkeit“ der Gerichtsbarkeit erkennt der Beklagte das staatliche Justizmonopol nicht an, insbesondere die Tatsache, dass der Staat gerade im Strafrecht als Ausfluss des staatlichen Gewalt- und Rechtsprechungsmonopols hoheitlich tätig wird und stellt damit das Rechtsstaatlichkeitsprinzip der Bundesrepublik Deutschland in Frage. Dies kommt besonders deutlich darin zum Ausdruck, dass er Verurteilungen (nur) deswegen anerkenne, weil die abgeurteilten Straftaten geschehen seien. Daraus zieht der Kläger berechtigt den Schluss, der Beklagte fühle sich nicht an die rechtskräftigen Strafurteile gebunden, sondern akzeptiere diese quasi aus einem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden heraus.
In der Praxis werden Betroffenen, die sie betreffenden Haftbefehl oder Strafurteile nicht mit Originalunterschrift des Richters, sondern Ausfertigungen übersandt bzw. überreicht. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Beklagte die Ansicht vertritt, dass sich die Strafgefangenen nicht wirksam im Strafvollzug befinden oder aber, dass sie sich freiwillig dorthin begeben haben. Durch diese vom Beklagten vertretene Ansicht gefährdet er in erheblichem Maße, insbesondere bei Indizienprozessen, die Akzeptanz der Freiheitsstrafe als schwerste vom Gesetz vorgesehene Form der Bestrafung durch die Strafgefangenen. Für das Ziel der Resozialisierung, auf das der Strafvollzug ausgerichtet ist, könnte dies erhebliche negative Folgen haben.
1.2.1.4 Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang auch die weiteren Äußerungen des Beklagten, mit denen er durch den Vorbehalt seines „staatlichen (Völkerrechtssubjekt Bundesstaat Bayern) Richters“ die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland, die Gewaltenteilung und das staatliche Justizmonopol durch die Bezeichnung der Gerichte als „freiwillige Gerichtsbarkeit“ in Abrede gestellt.
Gegenüber dem Hauptgerichtsvollzieher gab der Beklagte an (Schr. v. 2.5.2016), er gewähre Einblicke in seine Vermögensverhältnisse nur nach einem Urteil seines „staatlichen (Völkerrechtssubjekt Bundesstaat Bayern) Richters“. Er unterwerfe sich in dieser Angelegenheit keiner „freiwilligen Gerichtsbarkeit“. Zudem forderte er den Gerichtsvollzieher auf, den Auftrag des „staatlichen Richters“, eine Vollstreckung durchzuführen sowie dessen Bestallungsurkunde einzusehen. Gegenüber dem Direktor des Amtsgerichts N* … beantragte der Beklagte „zu beschließen, wer mein staatlicher Richter ist“ (Schr. v. 17./22.5.2016). Gegenüber seinen Vorgesetzten gab er am 16. August 2016 ebenfalls an, dass in seinem Fall (der Beitreibung einer rundfunkrechtlichen Gebührenforderung) „kein staatlicher Richter“ beteiligt gewesen sei. Er wolle eine eidesstattliche Versicherung des zuständigen Richters, dass dieser der für ihn zuständige „staatliche“ Richter sei. In seinem Schreiben vom 7. Oktober 2016 an das Amtsgericht N* … verlangte er zu prüfen, ob dieses Gericht nach Völkerrecht, den Haager Friedensverträgen, dem Kriegsrecht und dem Siegerrecht für ihn zuständig sei. Dabei sei der genaue Status seiner Staatsangehörigkeit festzustellen. Da ihm eine Staatsangehörigkeit vom Bundesverwaltungsamt bescheinigt werde, habe er auch Anspruch auf einen staatlichen Richter. Er agiere somit im Rechtskreis der Staatlichkeit. Somit habe er das Recht etwaige freiwillige oder Sondergerichtsbarkeiten abzulehnen. Mit seinem Schreiben vom 21. November 2016 wiederholte der Beklagte seine Absicht, er wolle auf Grundlage des Völkerrechtes, der Haager Friedensverträge, des Kriegsrechtes, des Siegerrechtes und der Gesetze der Bundesrepublik Deutschland seinen Status erfahren und wissen, welchem Völkerrechtssubjekt er angehöre. Er sei bei seiner Geburt in das Völkerrechtssubjekt seiner Vorfahren „(RuStAG 1913)“ – Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in seiner Fassung vom 22. Juli 1913 – hineingeboren worden. In seiner Klageschrift (v. 6.2.2017 im waffenrechtlichen Verfahren Au 4 K 17.188) führte er sodann aus, dass das Völkerrechtssubjekt zu seiner Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 (Ru) StAG der „Bundesstaat Bayern“ sein müsste.
Auch damit kommt zum Ausdruck, dass der Beklagte die bestehende Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland, die Gewaltenteilung und das staatliche Justizmonopol nicht akzeptiert, sondern die Vollstreckungshandlungen des Hauptgerichtsvollziehers als Organ der Gerichtsverfassung und die strafrechtliche Würdigung seines Verhaltens unter den Vorbehalt eines aus seiner Sicht „staatlichen Richters“ stellt. Seinen Einlassungen nach zu schließen – z.B. „staatliche (Völkerrechtssubjekt Bundesstaat Bayern) Richter“ (vgl. Schr. v. 2.5.2016) – wären nur solche Richter gesetzlich legitimiert, die vom „Bundesstaat Bayern“ bestellt wurden. Ohne ausreichenden Nachweis einer entsprechenden Bestallungsurkunde geht er lediglich von einer „freiwilligen Gerichtsbarkeit“ (Schr. v. 2.5.2016; Vermerk v. 16.8.2016) aus, der er – mangels vertraglicher Vereinbarung – nicht verpflichtet gewesen sei.
1.2.1.5 Seine Einlassungen, für ihn sei die Bundesrepublik Deutschland ein souveräner Staat (Schr. v. 7.10.2016), „er lehne keinen Richter ab“ (Schr. v. 7.10.2016) und „sein Gedankengut sei Recht und Gesetz“ (Klageschrift v. 6.2.2017) wertet der Senat als reine Schutzbehauptung. Sie erklären nicht, warum sich der Beklagte trotz seines vermeintlichen Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung (vgl. Klageerwiderung v. 3.9.2018 und Berufungsbegründung v. 13.5.2019) bewusst des typischerweise von den sog. Reichsbürgern vertretenen Gedankenguts bediente und deren staatsnegierende Einstellung wiederholt zum Inhalt seiner Ausführungen machte.
Auch mit seinen weiteren Einwänden vermag der Beklagte nicht durchzudringen. Sein Vortrag, er forsche und suche lediglich nach der Wahrheit, stelle Fragen, bekomme aber keine Antworten und hinterfrage nur die Handlungen der Behörden, um Rechtssicherheit zu erlangen, vermag die Treuepflichtverletzung nicht in Zweifel zu ziehen. Vor dem oben aufgezeigten Hintergrund sind auch diese Beteuerungen des Beklagten als rein formelhafte Lippenbekenntnisse zu bewerten. Sein Verhalten kann nicht zu seinen Gunsten als Suche nach Rechtsstaatlichkeit und rechtsstaatlicher Legitimation ausgelegt werden. Denn seine Schreiben und Äußerungen gehen über kritische Fragen weit hinaus. Mit behördlichen Auskünften und gerichtlichen Entscheidungen gab sich der Beklagte mitnichten zufrieden. Dies zeigt sich eindrucksvoll nicht nur in der Kommunikation zur Staatsangehörigkeit mit Gemeinde, Landrat, dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration und dem Verwaltungsgericht A* …, sondern auch in seinen redundanten Ausführungen hinsichtlich des „staatlichen Richters“. Mit seiner Herangehensweise, die ihm gegebenen Auskünfte ohne einen rechtlichen Diskurs (gegebenenfalls unter zur Hilfenahme fundierter rechtlicher/rechtswissenschaftlicher Beratung) immer weiter zu hinterfragen und teilweise abstruse Nachweise, wie die Bestallungsurkunde „seines staatlichen (Völkerrechtssubjekt Bundesstaat Bayern) Richters“ oder „eine eidesstattliche Versicherung des zuständigen Richters, dass dieser der für ihn zuständige `staatliche Richter´ sei“ (Aktenvermerk v. 16.8.2016), zu verlangen, wird deutlich, dass es ihm nicht daran gelegen ist, sich ernsthaft mit der Rechtslage auseinanderzusetzen. Vor diesem Hintergrund ging es dem Beklagten augenscheinlich nicht darum, sich mit seinen ihm zur Last gelegten Schreiben und Äußerungen (nur) mit rechtsstaatlichen Mitteln gegen die Vollstreckung der Rundfunkbeiträge zur Wehr zu setzen. Seine Rechtsschutzziele verfolgte er davon unabhängig, indem er gegen die Eintragungsanordnung Widerspruch einlegte (vgl. dazu AG N* …, B.v. 28.6.2016 – 1 M 305/16 – Ermittlungsakte Staatsanwaltschaft S. 23 f.), sich verwaltungsgerichtlich gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarten und Ablieferungsanordnung wandte (Az. Au 4 K 17.188), die gerichtliche Klärung der genauen Bezeichnung des Völkerrechtssubjekts zu seiner Staatsangehörigkeit begehrte (Az. Au 1 K 17.209) und hinsichtlich seiner strafrechtlichen Verurteilung den Rechtsweg ausschöpfte und das Bundesverfassungsgericht anrief. Schließlich zeigt die Begehung der Straftat, die im Wesentlichen auf seiner dem Staat gegenüber bestehenden ablehnenden Haltung beruhte, dass er durch sein Verhalten die legitime Grenze einer „kritischen Haltung“ gegenüber staatlichem Handeln bei weitem überschritten hat.
Nach all dem sieht der Senat einen Verstoß gegen die beamtenrechtliche Kernpflicht zur Verfassungstreue seit Mai 2016 als erwiesen an. Die Gesamtschau der vorgeworfenen Handlungen und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbilds des Beklagten lässt eine innere Abkehr von den Fundamentalprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eindeutig erkennen.
1.2.1.6 Dieser Pflichtenverstoß ist innerdienstlicher Art. Ein Verstoß gegen die politische Treuepflicht, die als beamtenrechtliche Kernpflicht (etwa BVerwG, U.v. 12.3.1986 – 1 D 103.84 – juris Rn. 32; BayVGH, U.v. 16.1.2019 – 16a D 15.2672 – juris Rn. 27) schon wegen ihrer Unteilbarkeit nicht auf den dienstlichen Raum beschränkt ist, sondern auch das außerdienstliche Verhalten des Beamten betrifft, ist also wegen ihrer Dienstbezogenheit stets als Vergehen innerhalb des Dienstes zu werten. Demnach spielt keine Rolle, ob die pflichtwidrige Handlung am Dienstort und während der Dienstzeit oder – wie im vorliegenden Fall – außerhalb geschehen ist; die besonderen Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG für die Qualifizierung eines außerhalb des Dienstes gezeigten Verhaltens als Dienstvergehen müssen nicht vorliegen (etwa BVerwG, U.v. 29.10.1981 – 1 D 50.80 – juris Rn. 56).
1.2.2 Hinzu kommt – wie vom Beklagten in seiner Berufungsbegründung vom 13. Mai 2019 selbst eingeräumt – als (außerdienstliche) Pflichtverletzung die strafrechtliche Verurteilung wegen versuchter Nötigung, durch die der Beklagte sowohl gegen die ihm nach § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten als auch das Gebot der Achtung der Gesetze verstoßen hat. Das der strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegende Verhalten des Beklagten außerhalb seines Dienstes erfüllt die qualifizierenden Merkmale des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Nach dieser Vorschrift ist das strafrechtlich geahndete, außerdienstliche Verhalten des Beklagten (hier: versuchte Nötigung) nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maß geeignet ist, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (vgl. Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juni 2021, Bd. 2, § 47 BeamtStG Rn. 66 bis 74).
Die dargestellten Kriterien erfüllt die strafrechtlich geahndete versuchte Nötigung. Dieses außerdienstliche Verhalten ist geeignet, sich unmittelbar und in erheblicher Weise auf das Vertrauen des Dienstherrn sowie der Öffentlichkeit in die Dienstausübung des Beklagten als Justizvollzugsbeamter auszuwirken. Begeht ein Beamter, dessen Aufgabe gerade auch in der Beaufsichtigung und Resozialisierung von Straftätern besteht, selber Straftaten, ist damit nicht nur seine persönliche Autorität beeinträchtigt, sondern es besteht darüber hinaus die Gefahr, dass der Strafvollzug als Institution ihre Glaubwürdigkeit einbüßen kann.
1.2.3 Mit seinem Verhalten hat der Beklagte ein schweres Dienstvergehen im Sinn von § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeamtStG verwirklicht. Der inner- und der außerdienstliche Pflichtenverstoß sind nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens gleichzeitig verfolgt worden und führen zu einer Ahndung durch eine einheitliche Disziplinarmaßnahme (BVerwG, B.v. 6.6.2013 – 2 B 50.12 – juris Rn. 14). Die Verletzung der politischen Treuepflicht als Kernpflicht trifft mit der strafrechtlich geahndeten versuchten Nötigung als außerdienstliche Verfehlung zusammen, mit der sie das hier zur disziplinarrechtlichen Beurteilung anstehende Dienstvergehen bildet. Beide Verfehlungen stehen in einem „inneren Zusammenhang“ (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 8.9.2004 – 1 D 18.03 – juris Rn. 42 – 44; U.v. 25.08.2009 – 1 D 1.08 – juris Rn. 61).
2. Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Unter diesen Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 11 BayDG – auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbilds und seiner bisherigen Diensterfüllung – zu Recht auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme erkannt. Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 13 BDG (U.v. 29.5.2008 – 2 C 59.07 – juris; U.v. 11.5.2016 – 16a D 13.1540 – juris Rn. 61; U.v. 18.1.2017 – 16a D 14.1992 – juris Rn. 34).
2.1 Das maßgebliche Kriterium dafür, welche Disziplinarmaßnahme in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu verhängen ist, bildet die Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung (Art. 14 Abs. 1 Satz 1, 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 11 BayDG). Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder aufgrund seines Fehlverhaltens sei eine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung eingetreten (BVerwG, U.v. 20.10.2005 – 2 C 12.04; U.v. 24.5.2007 – 2 C 28.06 – jeweils juris.) Im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastender und entlastender Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zu seinem Verschulden stehen (vgl. BVerwG, B.v. 11.2.2014 – 2 B 37.12 – juris Rn. 18).
Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich dabei zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 16; B.v. 25.5.2012 – 2 B 133.11 – juris Rn. 9 m.w. N.). Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der „Tatbegehung“. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es – etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation – davon abweicht (BVerwG, U.v. 29.5.2008 a.a.O. Rn. 14). Der Gesichtspunkt „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, den Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und die konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U.v. 29.5.2008, a.a.O. Rn. 15). Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BayVGH, U.v. 28.9.2016 – 16a D 14.991 – juris Rn. 53).
2.2 Vor diesem rechtlichen Hintergrund ergibt sich im vorliegenden Fall, dass die die festgestellte Verfassungsuntreue die Verhängung der Höchstmaßnahme erfordert (2.2.1). Es liegen keine Milderungsgründe vor, die ein Absehen von der Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen könnten (2.2.2). Sie ist nicht unverhältnismäßig (2.2.3).
2.2.1 Im Hinblick auf die vom Beklagten verwirklichte Straftat (hier versuchter Nötigung nach §§ 240, 22, 23 StGB), dessen Strafrahmen die Verhängung einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zulässt, ist grundsätzlich die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens möglich, also bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Die Verhängung der Höchstmaßnahme ist jedoch allein schon im Hinblick auf den Vorwurf der festgestellten Verfassungsuntreue gerechtfertigt. Das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) gehört zu den zentralen beamtenrechtlichen Grundpflichten und ist im Interesse des Vertrauens der Öffentlichkeit in den demokratischen Rechtsstaat von den für ihn tätigen Beamten, gerade auch von Justizvollzugsbeamte besonders zu beachten. Die Grundlagen des Beamtenverhältnisses lassen es nicht zu, Personen mit der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt zu betrauen, die die freiheitliche demokratische Verfassungsordnung ablehnen (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2017 – 2 C 25.17 – juris Rn. 91).
Der Beklagte hat sich aktiv nach außen gegen die staatliche Ordnung im Sinne des Grundgesetzes gewandt, zu deren Wahrung und Verteidigung er sich als Beamter gerade verpflichtet hat. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend hervorgehoben hat (UA S. 31) verstieß der Beklagte in äußerst schwerwiegender Weise gegen seine dienstliche Kernpflicht.
Erschwerend kommt hinzu, dass er als Justizvollzugsbeamter die Sicherheit und Ordnung des Justizvollzugs und die Resozialisierungsziele zu gewährleisten hat. Wenn der Justizvollzugsbeamte einerseits von Amts wegen an der Strafvollstreckung mitzuwirken und dazu beizutragen hat, dass verurteilte Straftäter ihre Haftstrafe verbüßen, er aber andererseits den staatlichen Gerichten die Legitimation abspricht und erklärt, dass er Strafurteile lediglich akzeptiere, Haftbefehle oder Strafurteile zur Wirksamkeit jedoch mit Originalunterschrift des Richters versehen sein müssten, erschüttert dies das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die ordnungsgemäße Amtsausübung des Beklagten und der Beamtenschaft insgesamt in äußerst gravierender Weise. Im hochsicherheitsrelevanten Bereich einer Justizvollzugsanstalt ist der Dienstherr in besonderer Weise auf ein unbedingtes Vertrauen in das Pflichtbewusstsein, die Zuverlässigkeit und die Verfassungstreue seiner Beamten angewiesen. Auch Kollegen müssten sich im kritischen Bereich des Strafvollzugs auf den Beklagten verlassen können. Ansonsten drohten Gefahren für Kollegen, Mithäftlinge und die Allgemeinheit. Wenn ein Beamter nicht für die freiheitliche demokratische Grundordnung einsteht und Strafurteile (womöglich) nicht akzeptiert, stellt dies ein unbeherrschbares Risiko für die Sicherheit der Allgemeinheit und die Sicherheit des Strafvollzugs dar. Durch ein entsprechendes Verhalten werden Resozialisierungsbemühungen konterkariert und der Zweck des Strafvollzugs ignoriert.
Erschwerend wirkt sich weiterhin aus, dass es nicht dabei geblieben ist, sog. reichsbürgertypische Ansichten zu vertreten, sondern der Beklagte auch nicht vor der Begehung einer Straftat zurückgeschreckt ist. Seine ideologischen Einstellungen waren nicht nur theoretischer Natur. Vielmehr machte er sich seine treupflichtwidrigen Vorstellungen argumentativ zu Nutze mit dem Ziel, sich mit Nötigungsmitteln hoheitlicher Gewalt zu entziehen. Die demnach bestehende Erforderlichkeit, den Beklagten wegen des langjährigen Verstoßes gegen die politische Treuepflicht aus dem Dienst zu entfernen, wird daher durch die Pflichtverletzung, die sich in der strafrechtlichen Verurteilung wegen versuchter Nötigung dokumentiert hat, verstärkt. Damit hat der Beklagte gezeigt, dass er sich auch im außerdienstlichen Verhalten nicht jederzeit an die Anforderungen hält, die gerade von ihm als Justizvollzugsbeamten erwartet werden, der für die Inhaftierten als Vorbild wirken soll.
2.2.2 Anerkannte oder in ihrem Gewicht vergleichbare Milderungsgründe, die im Ergebnis zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führen würden, vermag der Senat vorliegend nicht zu erkennen.
2.2.2.1 Zwar ist zu Gunsten des Beklagten festzustellen, dass er disziplinarisch nicht vorbelastet ist und seine Tätigkeit als Justizvollzugsbeamter ohne Beanstandungen ausgeübt hat. Bei der Schwere des vom Beklagten begangenen Dienstvergehens, aufgrund dessen er sich als Beamter untragbar gemacht hat, können weder die guten dienstlichen Leistungen noch die Tatsache, dass er straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist, zur Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Diese Umstände stellen das normale Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar und sind nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens derart abzumildern, dass bei einem Beamten, der das in ihn gesetzte Vertrauen von Grund auf erschüttert hat, von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte (BayVGH, U.v. 29.7.2015 – 16b D 14.1328 – juris Rn. 40; BVerwG, B.v. 5.4.2013 – 2 B 79.11 – juris Rn. 27).
2.2.2.2 Seinen Verfehlungen liegt kein einmaliges, persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen zu Grunde. Die Bejahung dieses Milderungsgrunds setzt voraus, dass der Beamte ohne hinreichende Überlegung, also quasi spontan oder kurzschlussartig gehandelt hat. Die dargestellten, schriftlich dokumentierten Äußerungen sog. reichsbürgertypischer Ansichten wurden jedoch über einen längeren Zeitraum nach außen vertreten. Die Annahme eines spontanen Augenblicksversagens erscheint daher abwegig.
2.2.2.3 Dass der Beklagte zwischenzeitlich (mit Ablauf des 1.7.2020) in den Ruhestand versetzt wurde und nunmehr keine schädigenden Handlungen mehr vornehmen könne und nicht mehr im Fokus der Öffentlichkeit stehe, führt nicht zu einem mildernden Umstand (vgl. BayVGH, B.v. 21.10.2020 – 16a D 19.8 – BeckRS 2020, 32712 Rn. 91). Da sich der Zweck einer Disziplinarmaßnahme nicht darin erschöpft, den Beamten zu mahnen, sich künftig pflichtgemäß zu verhalten, sondern auch der Integrität des Berufsbeamtentums dient, rechtfertigt die Pensionierung des Beamten es nicht, allein wegen der fehlenden Wiederholungsgefahr von einer Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen. Vielmehr ist die Aufrechterhaltung der Integrität des Berufsbeamtentums als Zweck der Disziplinarmaßnahmen auch dort legitim, wo es sich um Maßnahmen gegen Ruhestandsbeamte handelt. Dabei sind neben der Pflichtenmahnung auch die Gesichtspunkte der Generalprävention und der gerechten Gleichbehandlung der Ruhestandsbeamten mit den aktiven Beamten von Bedeutung. In Anbetracht dessen, dass das Beamtenverhältnis in der Regel „auf Lebenszeit“ begründet ist, wird ein Beamter durch seinen Eintritt in den Ruhestand nicht zu einer völlig außerhalb der Beamtenschaft stehenden Person und muss auch als Ruhestandsbeamter für Dienstvergehen einstehen, die er während des aktiven Beamtenverhältnisses begangen hat (BVerwG, U.v. 11.4.2000 – 1 D 1.99 – juris Rn. 28; U.v. 23.1.1973 – 1 D 25.72 – BVerwGE 46, 64-69).
Die umfassende Würdigung aller vorgenannten, den Beklagten be- und entlastenden Umstände führt bei prognostischer Beurteilung zu der Bewertung des Senats, dass der Dienstherr und die Allgemeinheit dem Beklagten nach dem von ihm begangenen schweren Dienstvergehen kein Vertrauen mehr in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen können. Der Beklagte hat gegen die Pflicht zur Verfassungstreue verstoßen, deren strikte Einhaltung für die Aufrechterhaltung des Rechtsstaats auch in den Augen der Allgemeinheit von zentraler Bedeutung ist. Der Beklagte ist als Beamter untragbar geworden. Er hat außerdem aufgrund der Intensität seines Verhaltens das Vertrauen irreparabel zerstört, dass er in einer kritischen Situation – wenn der Staat in besonderer Weise auf seine Verfassungstreue angewiesen wäre – aktiv für den Bestand der Bundesrepublik und ihrer freiheitlichen demokratischen Grundordnung eintreten würde.
2.2.3 Die Disziplinarmaßnahme entspricht schließlich auch dem aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) folgenden Verhältnismäßigkeitsgebot. Der Beklagte hat ein besonders schweres Fehlverhalten gezeigt. Er hat die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört. Seine Entfernung aus dem Dienst ist die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Der Senat verkennt nicht, dass der Beklagte durch die Aberkennung des Ruhegehalts existentiell betroffen sein kann. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht jedoch auf den schuldhaften Pflichtverletzungen durch den Beklagten und ist ihm als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BayVGH, U.v. 5.2.2014 – 16a D 12.2494 – juris Rn. 55). Der Beklagte ist in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB VI). Aufgrund seines Amtseides, seiner Belehrung über die Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst und seiner unterschriebenen Erklärung vom 1. September 1986 (Personalakte S. 15) musste dem Beklagten bewusst gewesen sein, dass er die Verfassung einschließlich der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und die Gesetze zu befolgen und zu verteidigen hatte und er bei einem Verstoß gegen diese Dienst- und Treuepflichten mit einer Entfernung aus dem Dienst zu rechnen hatte.
Nach Abwägung aller be- und entlastenden Umstände ist deshalb nach Überzeugung des Senats die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. Aberkennung des Ruhegehalts angemessen und geboten.
Nach alldem war die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.
Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i.V.m. § 116 Abs. 1 VwGO).


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben