Aktenzeichen 3 ZB 14.2301
Leitsatz
Die Entziehung der einem Beamten nebenamtlich übertragenen sog. Hausdienstgeschäfte liegt im Organisationsermessen des Dienstherrn und ist beamtenrechtlich ausgestaltet, so dass es keiner Kündigung eines Arbeitsverhältnisses bedarf. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 1 K 14.948 2014-09-02 Urt VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 31.020,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensfehler) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i. S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat den mit der Leistungsklage verfolgten „Ausgleichs“- bzw. Schadensersatzanspruch abgewiesen, weil dem Kläger wegen der im Zusammenhang mit seiner Umsetzung in den Pfortendienst erfolgten Entziehung der ihm zuvor zu seiner hauptamtlichen Tätigkeit als Hausmeister nebenamtlich übertragenen sog. Hausdienstgeschäfte kein (allenfalls denkbarer) Schadensersatzanspruch wegen Fürsorgepflichtverletzung zustehe. Es fehle an der insoweit erforderlichen (schuldhaften) Verletzung der Fürsorgepflicht durch den Beklagten. Die Umsetzung entspreche dem weit gehenden Organisationsermessen des Dienstherrn. Die Entziehung der Hausdienstgeschäfte sei ebenso wenig zu beanstanden. Dem Dienstherrn bleibe es aufgrund seines Organisationsermessens unbenommen, die nebenamtliche Übertragung von Aufgaben wieder aufzuheben. Die nebenamtliche Übertragung von Tätigkeiten unterliege keinem Bestandsschutz. Im Übrigen habe der Präsident des Oberlandesgerichts vorliegend die Entziehung der Hausdienstgeschäfte nachvollziehbar damit gerechtfertigt, dass deren Übertragung an die Hausmeistertätigkeit des Klägers geknüpft gewesen sei und an dieser Verknüpfung auch festgehalten werden solle. Entgegen der Ansicht des Klägervertreters sei die Übertragung der Hausdienstgeschäfte auch nicht aufgrund (arbeits-)vertraglicher Vereinbarung, sondern durch einseitige Anordnung des Beklagten (im Einverständnis des Klägers) erfolgt. Der Abschluss eines infolge korrespondierender Willenserklärungen der Beteiligten zustande gekommenen Vertrags habe vom Kläger nicht dargelegt werden können. Im Übrigen habe der Beklagte durch die im Schreiben vom 17. Juni 1999 enthaltene Bezugnahme auf die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 10. Oktober 1986 bezüglich der Vergütung für die Nebenbeschäftigung mit Hausdienstgeschäften (im Krankheitsfalle) deutlich gemacht, dass die Übertragung der Tätigkeiten nicht auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages erfolgen solle.
Der Kläger hält an seinem erstinstanzlichen Sachvortrag fest, dass die Beschäftigung des Klägers zum einen beamtenrechtlich zum anderen privatrechtlich organisiert gewesen sei. In Bezug auf die sog. Hausdienstgeschäfte bestehe eine arbeitsrechtliche Komponente. Dies zeige sich an dem Umstand, dass die darauf entfallende Vergütung sozialversicherungspflichtig gewesen sei. Er rügt, dass das Verwaltungsgericht „auf den Rechtscharakter des insoweit verschiedenen Kriterien unterliegenden Beschäftigungsverhältnisses insgesamt“ mit seiner Begründung nicht eingegangen sei. Eine Umsetzung sei nur in Bezug auf die beamtenrechtliche Komponente des Mischverhältnisses möglich, der arbeitsrechtliche Teil unterliege den Regelungen des allgemeinen Vertragsrechts, das bedeute dem Prinzip von Angebot und Annahme. Im Urteil sei die Frage ungeprüft geblieben, in wie weit die arbeitsrechtliche Komponente der Gesamtbeschäftigung des Klägers einer ordnungsgemäßen Kündigung bedurft hätte. Eine solche Kündigung sei vom Beklagten nicht vorgetragen worden und ergebe sich auch nicht aus den Umständen des Falles in konkludenter Art.
Damit kann der Kläger nicht durchdringen. Ihm wurde noch als Justizaushelfer die Erledigung der Hausdienstgeschäfte mit Wirkung vom 1. Januar 1998 mit Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts vom 9. Februar 1997 (richtig 1998, Bl. 64 der Personalakte) übertragen. Diese Übertragung wurde nach seiner Ernennung zum Beamten auf Probe gemäß Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts vom 17. Juni 1999 (Bl. 114 der Personalakte) fortgesetzt. In beiden Schreiben geschah diese Übertragung einseitig unter Festsetzung der außerhalb der regulären Dienstzeit zu leistenden Arbeitszeit, die auf monatlich 60 Stunden festgesetzt, also gerade nicht vertraglich vereinbart worden war. Die Vergütung war ebenfalls festgesetzt und nicht vereinbart worden. Dementsprechend sind den Personalakten auch keine Willenserklärungen des Klägers zu entnehmen, die als Annahme eines Vertragsangebots verstanden werden könnten. Arbeitsverträge im öffentlichen Dienst wären indes stets schriftlich zu schließen gewesen (vgl. § 2 Abs. 2 TV-L, entsprechend der früheren Regelung im BAT). Beide genannte Schreiben beziehen sich ausdrücklich auf die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 10. Oktober 1986 (StAnz Nr. 42, zuletzt geändert durch FMBek vom 20. Mai 1994 StAnz Nr. 22). In dieser mit Vergütung für die als Nebenbeschäftigung übertragenen Hausdienstgeschäfte überschriebenen Bekanntmachung heißt es in Ziffer 1:
„Die Besorgung von Hausarbeiten auf Dienstgrundstücken und die Bedienung von Sammelheizungen in Dienstgebäuden können ausnahmsweise einzelnen Beamten – in der Regel Beamten des einfachen Dienstes – als Nebenbeschäftigung gegen Vergütung übertragen werden, wenn die Arbeiten bei voller Auslastung des Beamten im Hauptamt nicht zu den Dienstobliegenheiten gehören und auf andere Weise eine geeignete Arbeitskraft nicht gewonnen werden kann. Die Übertragung der genannten Arbeiten als Nebenbeschäftigung ist auf besonders begründete Ausnahmefälle zu beschränken. Sie darf nicht in Form eines Arbeitsvertrages erfolgen. Satz 1 gilt nicht für Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst.“
Wegen des ausdrücklichen Vertragsformverbots in Satz 3 kommt eine Auslegung der o. g. Übertragungsschreiben als Vertragsangebot, das vom Kläger hätte angenommen werden können, nicht in Betracht. Der vom Kläger nahegelegte Schluss, dass aus einer Sozialversicherungspflichtigkeit von Nebeneinkünften auf einen Arbeitsvertrag geschlossen werden könne, ist in keiner Weise substantiiert worden, obwohl dies im Hinblick auf die Einwände des Landesamts für Finanzen – Dienststelle Ansbach – im Schriftsatz vom 30. September 2013 an das Arbeitsgericht Nürnberg (Bl. 50 f. der VG-Akte AN 1 K 13.02089) zweifellos geboten gewesen wäre. Ein Arbeitsverhältnis liegt in Bezug auf die Hausdienstgeschäfte – wie schon im Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 11. November 2013 ausgeführt – nicht vor.
2. Soweit der Kläger den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend macht, fehlt es an der gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erforderlichen Darlegung, warum die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweisen soll. Dazu verhält sich die Begründung des Zulassungsantrags überhaupt nicht.
3. Einen Verfahrensmangel hat der Kläger ebenfalls nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt. Die erhobenen Aufklärungsrügen (§ 86 Abs.1 VwGO) hätten die Darlegung vorausgesetzt, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zur Verfügung gestanden hätten, weshalb sich die unterbliebene Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gebracht hätte und inwiefern das angefochtene Urteil darauf beruhen kann. Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Unterlassen des Stellens von Beweisanträgen, zu kompensieren (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 75).
Wenn der Kläger vorträgt, das Verwaltungsgericht sei seiner Aufklärungspflicht hinsichtlich der Rechtsnatur des Beschäftigungsverhältnisses nicht nachgegangen, es habe die Sozialversicherungsakten nicht beigezogen, obwohl die Bewertung des Zustandekommens des „Gesamtvertrags“ einer Beweisaufnahme zugänglich gewesen wäre, bezeichnet er keinerlei dem Beweis zugängliche Tatsachen, sondern setzt seine materiell-rechtliche Auffassung, ein Arbeitsvertrag liege vor, an die Stelle der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Übertragung der Hausdienstgeschäfte habe nicht auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags erfolgen sollen. Der Einwand, das Verwaltungsgericht habe nicht geprüft, ob und inwieweit die Übertragung vom 17. Juni 1999 unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung des Finanzministeriums vom 10. Oktober 1986 bezüglich der Vergütung für die Nebenbeschäftigung ein zivilrechtliches Angebot darstelle, welches der Kläger ausdrücklich oder konkludent angenommen habe, bezeichnet keinen Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift, sondern erschöpft sich in der erneuten Behauptung des klägerischen Rechtsstandpunkts.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).