Arbeitsrecht

Erfolglose Erinnerung gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts im asylgerichtlichen Verfahren

Aktenzeichen  M 11 M 18.31518

Datum:
10.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 31746
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 30 Abs. 1, Abs. 2
VwGO § 151, § 162 Abs. 2 S. 1, § 165

 

Leitsatz

Besondere Umstände des Einzelfalls, die gemäß § 30 Abs. 2 RVG eine Reduzierung des Gegenstandswerts aus Billigkeitsgründen rechtfertigen, bestehen nicht schon dann, wenn die Geltendmachung eines bestimmten Klageanspruchs nach der Klageart bzw. dem Streitgegenstand einen geringeren oder höheren Arbeitsaufwand erfordert als eine „gewöhnliche“ auf eine Sachentscheidung gerichtete Asylklage, sondern nur dann, wenn aufgrund – hier nicht vorliegender – konkret-individueller Gegebenheiten des Falles eine Abweichung gerechtfertigt ist (Anschluss an VG Lüneburg BeckRS 2017, 117735). (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26. März 2018 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die Beklagte war im Klageverfahren M 11 K 16.32322 – einer auf Entscheidung des Bundesamtes gerichteten Untätigkeitsklage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wurde – durch Urteil der Einzelrichterin vom 23. Dezember 2016 verpflichtet worden, über den streitgegenständlichen Asylantrag vom 23. Mai 2014 bis spätestens drei Monate nach Rechtskraft des Urteils zu entscheiden. Die Kosten des Verfahrens waren der Beklagten auferlegt worden.
Mit Schreiben vom 17. März 2018 beantragt der Bevollmächtigte des Klägers Kostenfestsetzung und machte auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 5.000 EUR eine Verfahrensgebühr in Höhe von 393,90 EUR, eine Terminsgebühr in Höhe von 363,60 EUR und eine Postpauschale in Höhe von 20 EUR zzgl. Mehrwertsteuer geltend.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26. März 2018 (dem Bundesamt zugestellt am 28.3.2018) wurden die entstandenen notwendigen Aufwendungen antragsgemäß auf 925,22 EUR festgesetzt.
Die Beklagte beantragte gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss mit Schriftsatz vom 5. April 2018 die Entscheidung des Gerichts.
Außerdem wurde unter Bezug auf die allgemeinen Prozesserklärungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. Februar 2016 und 24. März 2016 beantragt, den Gegenstandswert aus Billigkeitsgründen mit der Hälfte des Regelstreitwerts nach § 30 Abs. 1 RVG festzusetzen.
Zur Begründung wurde geltend gemacht, das auf die Fortsetzung des Asylverfahrens gerichtete Klage Ziel einer Untätigkeitsklage sei nach Bedeutung und Aufwand nicht mit einer Sachentscheidung vergleichbar und der Gegenstandswert nach § 30 Abs. 1 RVG unbillig. Der Arbeitsaufwand im Asylverfahren dürfe nicht berücksichtigt werden. Zudem sei eine Terminsgebühr nicht entstanden. In einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben sei, könne die Terminsgebühr nur entstehen, wenn auch tatsächlich verhandelt worden sei und der Rechtsanwalt bei der Verhandlung anwesend gewesen sei.
Die Kostenbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 6. April 2018 dem Gericht zur Entscheidung vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem und im Verfahren M 11 K 16.32322 verwiesen.
II.
Die nach §§ 165, 151 VwGO zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist unbegründet.
Dem Kostenfestsetzungsbeschluss wurde zutreffend der Gegenstandswert nach § 30 Abs. 1 RVG zugrunde gelegt.
Eine abweichende Festsetzung des Gegenstandswerts aus Billigkeitsgründen gemäß § 30 Abs. 2 RVG ist nicht veranlasst. „Besondere Umstände des Einzelfalls“ im Sinne dieser Vorschrift bestehen nicht schon dann, wenn die Geltendmachung eines bestimmten Klageanspruchs nach der Klageart bzw. dem Streitgegenstand einen geringeren oder höheren Arbeitsaufwand erfordert als eine „gewöhnliche“ auf eine Sachentscheidung gerichtete Asylklage, sondern nur dann, wenn aufgrund – hier nicht vorliegender – konkret-individueller Gegebenheiten des Falles eine Abweichung gerechtfertigt ist (vgl. VG Lüneburg, B.v. 11.7.2017 – 5 A 26/17 – juris Rn. 4 m.w.N. zum Meinungsstand; im Ergebnis ebenso für eine Anfechtungsklage gegen die Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris Rn. 44; für eine Klage auf Auskunft nach § 24 Abs. 4 AsylG BVerwG, B.v. 16.3.2016 – 1 B 19/16 – juris Rn. 12).
Zutreffend wurde bei der Kostenfestsetzung auch die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV zum RVG als Teil der nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO erstattungsfähigen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts berücksichtigt. Nach Nr. 3104 VV zum RVG entsteht die Gebühr auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Diese Voraussetzungen liegen vor, da in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (§ 101 Abs. 1 VwGO), nach Maßgabe von § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtsgebühren fallen im Erinnerungsverfahren unabhängig von § 83 b AsylG nicht an.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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