Aktenzeichen M 8 M 17.3464
Leitsatz
Die Anfertigung von Fotokopien aus den Behördenakten für den eigenen Gebrauch der Behörde zu ihrer Rechtsverteidigung sind grundsätzlich nicht für erstattungsfähig anzuerkennen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Mit seinem Antrag auf Korrektur des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 23. November 2016 begehrt der Erinnerungsführer die Berücksichtigung von Kopierkosten in Höhe von 37,10 €.
Mit ihrer Klage in der Hauptsache (M 8 K 12.4134) begehrte die Erinnerungsgegnerin unter Aufhebung des Bescheids vom 8. August 2012 die Verpflichtung des Erinnerungsführers, den denkmalschützerischen Aufwand der Erinnerungsgegnerin für den Umbau des Anwesens …straße 18 nach §§ 7i, 11b und 10f EStG über den bereits anerkannten Betrag hinaus in Höhe von weiteren 384.141,37 € anzuerkennen.
Mit Urteil vom 23. März 2015 gab das erkennende Gericht der Klage in Höhe von 229.298,45 € statt, und wies die Klage im Übrigen ab.
Mit Beschluss vom 18. Januar 2017 (2 ZB 15.936) ließ der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Erinnerungsführers zu. Mit Beschluss vom 1. März 2017 (2 ZB 15.936) lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung der Erinnerungsgegnerin ab.
Mit Urteil vom 6. April 2017 (2 B 17.142) änderte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Urteil des erkennenden Gerichts ab, gab der Klage bezüglich 180.087,78 € statt, wies die Klage im Übrigen ab und wies die Berufung des Erinnerungsführers im Übrigen zurück.
Mit Beschluss vom 12. Juni 2018 (4 B 40.17) wurden die Beschwerden der beiden Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs durch das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 21. April 2015 bat die Kostenbeamtin des erkennenden Gerichts (Kostenbeamtin) den Erinnerungsführer seine außergerichtlichen Parteiaufwendungen zum Zwecke des Kostenausgleichs innerhalb einer Woche einzureichen.
Mit Schriftsatz vom 30. April 2015 machte der Erinnerungsführer insbesondere für die Herstellung von Ablichtungen 37,10 € gemäß Nummer 7000, Anlage 1 RAVG geltend.
Mit Schriftsatz vom 18. Mai 2015 wiesen die Bevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin darauf hin, dass die angesetzten Kopierkosten nicht erstattungsfähig seien, da sie zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache nicht geboten gewesen seien.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23. November 2016 wurden die der Erinnerungsgegnerin durch den Erinnerungsführer noch zu erstattenden Aufwendungen auf 2.641,63 € festgesetzt. Die geltend gemachten Kopierkosten in Höhe von 37,10 € gemäß § 7 Abs. 2 JVEG wurden nicht als erstattungsfähig festgesetzt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich hierbei um keine im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen handele. Die Anzahl der kopierten Seiten lasse vermuten, dass der Erinnerungsführer ein komplettes Duplikat seiner eigenen Behördenakte für den Eigengebrauch angefertigt habe. Die dabei entstandenen Kosten seien grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Eine ausnahmsweise Erstattung komme mangels Vortrags oder Ersichtlichkeit der Notwendigkeit der Kopien nicht in Betracht.
Mit Schriftsatz vom 30. November 2016 bat der Erinnerungsführer um Korrektur des Kostenfestsetzungsbeschlusses und antragsgemäße Berücksichtigung der Ablichtungskosten sowie ggf. Vorlage zur Entscheidung durch das Gericht.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die nach § 99 VwGO zwingend vorzulegende Behördenakte das auf das jeweilige postalisch definierte Anwesen bezogene Archiv des gesamten angesammelten Wissens der Bayerischen Denkmalfachbehörde sei. Auf Inhalt, Kenntnis und zumeist jederzeitige Verfügbarkeit – auch für parallel fortgeführte denkmalfachliche, fördertechnische und steuerrechtliche Verfahren – sei die Denkmalfachbehörde auf Dauer angewiesen. Etwaigen Gefahren des Aktenverlusts müsse mit hoher Verlässlichkeit entgegengewirkt werden. Daher sei die Vervielfältigung der Orts- bzw. Objektakten zwecks Anlage einer Sicherungskopie alternativlos. Es liege hier ein Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung vor.
Mit Schreiben vom 19. Dezember 2016 forderte die Kostenbeamtin den Erinnerungsführer zur Mitteilung auf, ob im konkreten Fall parallel zum Gerichtsverfahren auf das Objekt bezogene denkmalfachliche, fördertechnische oder steuerrechtliche Verfahren weiterzuführen gewesen seien.
Mit Schriftsatz vom 23. Januar 2017 vertiefte der Erinnerungsführer seine Argumentation. Er wies insbesondere darauf hin, dass ein Zugriff auf die Behördenakte u.a. durch weitere Anträge auf Erteilung von Grundlagenbescheinigungen, durch neue Anträge auf Erteilung von Zuwendungen, durch Beteiligung des Landesamts für Denkmalpflege als Trägerin öffentlicher Belange oder durch Anfragen in Petitionsverfahren und von Abgeordneten erforderlich werden könne. Es sei nicht zielführend, wenn während des gerichtlichen Verfahrens ständig Anträge auf Rückleitung der Akten gestellt werden müssten. Die Prozedur dauere einseitig im besten Fall bereits eine Kalenderwoche, was dem Anspruch, Dienstleistungseinrichtung zu sein, nicht entspreche. Es sei ausgeschlossen, dass die zentrale bayerische Denkmalfachbehörde bekennen müsste, momentan keine Auskünfte erteilen zu können, weil die Akten sich bei einem Gericht befänden.
Die Kostenbeamtin half der Erinnerung nicht ab, da keine ausnahmsweise Anerkennung von Kopierkosten als erstattungsfähig angezeigt sei. Die Behörde nehme zudem mit der Anfertigung einer Sicherungskopie vor dem Versand der Originalakte an das Gericht eine ihr als Behörde allein obliegende Verpflichtung zur Aktensicherung wahr, welche sie nicht befuge, hierfür einen Aufwendungsersatz geltend zu machen. Im Übrigen sei erwähnt, dass im vorherrschenden Zeitalter der Digitalisierung zur Datensicherung durchaus auch Maßnahmen gewählt werden könnten, die keine Kopierkosten aufwerfen. Die Kostenbeamtin legte dem Gericht die Akten zur Entscheidung vor.
Das Gericht räumte den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme ein.
Mit Schriftsatz vom 7. August 2017 vertiefte der Erinnerungsführer seine Ausführungen weiter. Eine Digitalisierung der Akten finde derzeit weder statt noch sei dies grundsätzlich technisch wie personell leistbar.
Mit Schriftsatz vom 7. September 2017 teilten die Bevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin mit, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23. November 2016 nicht zu beanstanden sei; den dort erfolgten Ausführungen zu den Kopierkosten sei zu folgen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im Verfahren M 8 K 12.4134 sowie der Behördenakten Bezug genommen.
II.
Über die Erinnerung hat vorliegend die Kammer und nicht der Berichterstatter zu entscheiden, da das vorbereitende Verfahren im Sinne des § 87a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) abgeschlossen ist (vgl. BVerwG, B.v. 29.12.2004 – 9 KSt 6/04 – juris Rn. 3).
Die Entscheidung ergeht nach vorheriger Anhörung der Beteiligten und ohne mündliche Verhandlung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 165 Rn. 6).
Die zulässige Erinnerung gemäß § 165 VwGO i.V.m. § 151 VwGO („Entscheidung des Gerichts“) hat keinen Erfolg, da sie unbegründet ist. Die abgelehnte Festsetzung von Kopierkosten in Höhe von 37,10 € im streitgegenständlichen Kostenfestsetzungsbeschluss – nur insoweit erfolgte eine Anfechtung – erfolgte zu Recht. Die diesbezügliche Begründung Im Kostenfestsetzungsbeschluss ist zutreffend.
Gemäß § 162 Abs. 1 VwGO sind (erstattungsfähige) Kosten – neben den Gerichtskosten – die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. In der Verwaltungsgerichtsordnung fehlt eine nähere Festlegung, welche Aufwendungen im Einzelfall erstattungsfähig sind (vgl. BVerwG, B.v. 29.12.2004 – 9 KSt 6/04 – juris Rn. 6). Die Notwendigkeit beurteilt sich danach, was aus der ex ante-Sicht eines verständigen Beteiligten mit Rücksicht auf die Bedeutung und Schwierigkeit der Angelegenheit erforderlich war (vgl. BVerwG, U.v. 6.12.1963 – VII C 14/63 – NJW 1964, 686; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 162 Rn. 5 m.w.N.).
Es entspricht dabei der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur, die Anfertigung von Fotokopien aus den Behördenakten für den eigenen Gebrauch der Behörde zu ihrer Rechtsverteidigung nicht für erstattungsfähig anzuerkennen (vgl. VGH BW, B.v. 11.3.1994 – 4 S 317/94 – juris Rn. 9; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 162 Rn. 14 m.w.N.; VG Frankfurt, B.v. 7.11.2011 – 7 O 4656/10.F – juris Rn. 2 m.w.N. auch zur Gegenmeinung). Dieser Auffassung folgt das erkennende Gericht. Die Vorlage der Behördenakten bei Gericht gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO stellt keine spezifische Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungshandlung der Behörde dar. Es gehört zum allgemeinen Verwaltungsaufwand, eine Behördenakte anzulegen und sie bei Bedarf in einem gerichtlichen Verfahren vorzulegen (vgl. HessVGH, B.v. 8.10.1987 – 3 S 2317/87 – juris Rn. 9). Die Kosten für Ablichtungen aus den eigenen, dem Gericht vorgelegten Behördenakten stellen daher allgemeine, nicht erstattungsfähige Bürounkosten dar (vgl. VGH BW, B.v. 11.3.1994 – 4 S 317/94 – juris Rn. 9).
Die Gegenmeinung bejaht eine Erstattungsfähigkeit von Fotokopierkosten der Behörde im Übrigen auch nur dann, wenn diese für das sachdienliche Betreiben des Verfahrens auf eine Zweitakte angewiesen ist, also insbesondere wenn der Inhalt der Behördenakten der Verwaltung stets präsent sein muss. In einfach gelagerten Fällen wird der Prozess jedoch von der Verwaltung häufig ohne erneute Einsicht in die Verwaltungsvorgänge geführt werden können. Außerdem besteht jederzeit die Möglichkeit, die Verwaltungsvorgänge kurzfristig vom Gericht zurückzufordern (vgl. VG Potsdam, B.v. 18. 2.2004 – 5 K 165/03 – juris Rn. 2 ff. m.w.N.).
Dass ein solcher Ausnahmefall hier vorliegt, hat der Erinnerungsführer nicht substantiiert vorgetragen. Trotz Aufforderung durch die Kostenbeamtin hat der Erinnerungsführer nicht dazu Stellung bezogen, warum im konkreten Fall die Behördenakte ständig präsent sein habe müssen. Für das Gericht sind solche Gründe auch nicht ersichtlich. Mit dem allgemein gehaltenen Vortrag, die Behördenakte habe als Ausfluss der Dienstleistungsfunktion des Landesamts für Denkmalpflege, z.B. für Akteneinsichtsgesuche von Abgeordneten, permanent verfügbar zu sein, da eine Bearbeitung eines Rücksendegesuchs durch das Gericht zu zeitintensiv sei, kann der Erinnerungsführer nicht überzeugen. Dringliche Anträge könnten – so sie als solche bezeichnet und begründet sind – durch das Gericht zeitnah geprüft werden; durch geeignete Maßnahmen – z.B. durch den Einsatz von Boten – könnte derartigen Anträgen auch unverzüglich nachgekommen werden. Für das Gericht ist nicht ersichtlich, warum dieses Verfahren für das Landesamt für Denkmalpflege – im Gegensatz z.B. zur ständigen Gerichtspraxis mit der Lokalbaukommission der Landeshauptstadt München – nicht angemessen sein soll.
Soweit der Erinnerungsführer schließlich die Gefahr des Verlustes der Behördenakte durch die Übersendung der Akte an das Gericht verweist, ist festzustellen, dass es sich hierbei um ein allgemeines Risiko im Rahmen der gesetzlichen Vorlageverpflichtung des § 99 Abs. 1 VwGO handelt, welches hinzunehmen ist. Wie der Erinnerungsführer selbst vorträgt, geht das Gericht äußerst sorgfältig mit den ihm anvertrauten Behördenakten um, sodass das Risiko eines Verlustes oder einer Beschädigung äußerst gering ist. Im Übrigen betrifft ein derartiges Risiko nicht nur die Sphäre des Gerichts, sondern auch die Behörde selbst. Die Kosten für die Anfertigung einer Sicherungskopie zur Verbeugung jener generellen Gefahren stellen also allgemeine, nicht durch eine Rechtverteidigung veranlasste und damit nicht erstattungsfähige Verwaltungs- bzw. Bürounkosten dar.
Der Beschluss ist gemäß § 146 Abs. 3 VwGO unanfechtbar, da der Wert des Beschwerdegegenstands mit 37,10 € 200,00 € nicht übersteigt.