Arbeitsrecht

Erfolglose Klage einer Chinesin wegen Einbürgerung

Aktenzeichen  M 25 K 20.680

Datum:
17.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 24155
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StAG § 8
AufenthG § 16, § 17
VwGO § 114

 

Leitsatz

Maßstab für die Ausübung des weiten Ermessens der Einbürgerungsbehörde ist primär das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Einbürgerung, was wesentlich bestimmt wird durch die ermessensteuernden Anwendungshinweise zum Staatsangehörigkeitsgesetz (VAH-StAG). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über die Klage konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 101 Abs. 2 VwGO.
Die Klage ist zulässig aber nicht begründet.
Der Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Neubescheidung ihres Einbürgerungsantrages nach § 8 StAG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Nach § 8 Abs. 1 StAG kann ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, auf seinen Antrag hin eingebürgert werden, wenn er handlungsfähig ist, weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, er eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat und er sich zu ernähren imstande ist.
Diese tatbestandlichen Voraussetzungen liegen bei der Klägerin vor, was zwischen den Parteien nicht streitig ist. Insbesondere hat die Klägerin ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
Allerdings handelt es sich bei § 8 StAG sich um eine Ermessensvorschrift, aus welcher sich kein unmittelbarer Anspruch auf Einbürgerung ergibt, sondern nur ein Anspruch auf eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung, die in den Grenzen des § 114 VwGO gerichtlich überprüfbar ist.
Maßstab für die Ausübung des weiten Ermessens der Einbürgerungsbehörde ist in erster Linie das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Einbürgerung. Persönliche Wünsche und wirtschaftliche Interessen des Einbürgerungsbewerbers sind dagegen nicht entscheidend (s. Nr. 8.0, 8.1.2 VAH-StAG). Das öffentliche Interesse wird im Wesentlichen bestimmt durch die ermessensteuernden Anwendungshinweise zum Staatsangehörigkeitsgesetz (VAH-StAG), insbesondere die Nrn. 8.1.2-8.1.3.9.2 und 8.2 VAH-StAG (BeckOK MigR/Schneider, 5. Ed. 1.7.2020, StAG § 8, Rn. 106-109).
Ermessensfehler bei der behördlichen Ermessensentscheidung, dass kein öffentliches Interesse an der Einbürgerung der Klägerin festgestellt werden konnte, sind nicht ersichtlich. Für eine Ermessenreduzierung auf Null bestehen darüber hinaus ebenfalls keine Anhaltspunkte.
Der Beklagte hat richtigerweise festgestellt, dass ein ausreichend langer rechtmäßiger Inlandsaufenthalt vorliegt (s. Nr. 8.1.2.2 und 8.1.2.3 VAH-StAG). Ebenso korrekterweise wurde der Klägerin entgegengehalten, dass sie nicht im Besitz eines für die Einbürgerung ausreichenden Aufenthaltstitels ist. Nr. 8.1.2.4 Satz 1 VAH-StAG statuiert, dass für die Einbürgerung ein in Nr. 10.1.1.2 VAH-StAG genannter Aufenthaltsstatus (Aufenthaltsrecht oder Aufenthaltstitel) erforderlich ist. Nr. 10.1.1.2 Satz 2 VAH-StAG regelt jedoch, dass Aufenthaltserlaubnisse für Aufenthaltszwecke nach § 17 AufenthG nicht ausreichend sind. Da die Klägerin „nur“ im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 17 AufenthG ist, ist sie nicht im Besitz eines für die Einbürgerung erforderlichen Aufenthaltstitels.
Eine Erleichterung von dieser Voraussetzung ergibt sich vorliegend nicht. Die Tatsache, dass die Klägerin die Adoptivtochter eines deutschen Staatsangehörigen ist, wurde bereits im Rahmen des erforderlichen Inlandsaufenthaltes berücksichtigt. Eine weitere Einbürgerungserleichterung basierend auf dieser Tatsache ist nicht vorgesehen (s. Nr. 8.1.3.3 VAH-StAG). Es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich – noch wurden sie vorgetragen – die auf ein besonderes öffentliches – nicht privates oder wirtschaftliches – Interesse an der Einbürgerung der Klägerin schließen lassen und zu einer Abweichung von dem Erfordernis der Aufenthaltserlaubnis führen könnten (Nr. 8.1.3.5 VAH-StAG).
Im Ergebnis waren weder die von dem Beklagten ausgewählten Ermessenskriterien – die so ausdrücklich in den Anwendungshinweisen zum Staatsangehörigkeitsgesetz genannt sind – noch die der Ablehnung zu Grunde liegenden Ermessenserwägungen fehlerhaft. Ebensowenig war der Beklagte durch den früheren Schriftverkehr im Jahr 2018 in seiner Entscheidung vorbestimmt. Zum einen kommt dem Schreiben vom 29. Oktober 2018 – in dem der Klägerin mitgeteilt wird, dass bisher kein ausreichend langer Inlandsaufenthalt vorliegt – keine Bindungswirkung zu und zum anderen war es dem Beklagten nicht möglich bereits abzusehen, welche Art Aufenthaltstitel die Klägerin in einem Jahr besitzen wird.
Dementsprechend ist der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig und die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubescheidung. Die Klage ist mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff ZPO.


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