Arbeitsrecht

Erfolglose Klage gegen die Mitteilung des Kontostandes zum Rentenversicherungsbeitrag

Aktenzeichen  M 12 K 15.5140

Datum:
10.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG BayVwVfG Art. 35
Satzung der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung vom 6.12.1996 (Bayer. Staatsanzeiger Nr. 51/52) idF vom 22.11.2011 (Bayer. Staatsanzeiger Nr. 48) § 19, § 21, § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Die Mitteilung eines Kontostandes zum Rentenversicherungsbeitrag stellt mangels Regelungswirkung keinen Verwaltungsakt iSd Art. 35 BayVwVfG dar. (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine zulässige Klage muss gegen den Festsetzungsbescheid gerichtet sein. (redaktioneller Leitsatz)
3 Für die Berechnung der Rentenpunkte ist nach § 32 Abs. 2 S. 2 der Satzung der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung der Tag des Zahlungseingangs maßgeblich. Dieser Zeitpunkt ist im Falle einer Satzungsänderung auch für die Frage maßgeblich, welche Fassung der Satzung anzuwenden ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Verfahrensgegenstand ist Nr. 3 des Bescheides der Beklagten vom 13. Oktober 2015 und zwar insoweit, als der Kontostand vor der Festsetzung 922,64 EUR betrug.
Die Klage ist bereits unzulässig. Die vom Kläger – einem Rechtsanwalt – erhobene Klage „gegen den Beitragsbescheid der BRASDV vom 13. Oktober 2015, soweit darin ein Rückstand in Höhe von 922,64 EUR behauptet worden ist“, ist dahingehend auszulegen, dass die Nr. 3 des Beitragsbescheides vom 13. Oktober 2015 aufzuheben ist (§ 88 VwGO).
Die so ausgelegte Anfechtungsklage ist unzulässig, weil es sich bei Nr. 3 des Bescheides vom 13. Oktober 2015 nicht um einen Verwaltungsakt gemäß Art. 35 BayVwVfG handelt. Es fehlt an einem Regelungsgehalt im Sinne dieser Vorschrift, weil die Nr. 3 des Beitragsbescheides vom 13. Oktober 2015 lediglich den Stand des laufenden Beitragskontos widergibt und keine eigene Regelung enthält. Denn mögliche rückständige Beiträge werden durch eine solche Kontostandsmitteilung nicht erneut festgesetzt, wie sich aus dem Wortlaut des Bescheides und dem Willen der Beklagten ergibt. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Satzung vom 6. Dezember 1996 (Bayer. Staatsanzeiger Nr.51/52) in der Fassung der 11. Änderungssatzung vom 22. November 2012 (Bayer. Staatsanzeiger Nr.48; im Folgenden: Satzung). § 42 Abs. 1 der Satzung regelt, dass die Versorgungsanstalt ihre öffentlich-rechtlichen Forderungen durch Leistungsbescheid geltend macht (die nicht angefochtenen Nr. 1 und 2 des Beitragsbescheides vom 13.10.2015). Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 der Satzung werden alle Beitragsnachforderungen oder Beitragserstattungen für die Vergangenheit am Ende des auf die Bekanntgabe des Beitragsbescheids folgenden Kalendermonats fällig. § 46 der Satzung normiert schließlich, dass rückständige Beiträge nach Maßgabe des § 27 VersoG vollstreckt werden. Rückständige Beiträge werden daher nicht nochmals festgesetzt; gegen die Vollstreckung können Einwendungen nach Maßgabe des Art. 21 VwZVG erhoben werden.
Wenn die Klage gem. § 88 VwGO so auszulegen wäre, dass festgestellt werden soll, dass der Kläger zur Bezahlung des Betrags von 922,64 EUR nicht verpflichtet ist (Feststellungsklage), wäre die Feststellungsklage unzulässig. Bei dem Betrag von 922,64 EUR handelt es sich um rückständige Beiträge aus dem Jahr 2014, die mit bestandskräftigen Festsetzungsbescheiden festgesetzt wurden und mit Anfechtungsklagen unter Wahrung der Klagefrist des § 74 VwGO angefochten werden konnten. Dies kann nicht mit einer (fristlosen) Feststellungsklage unterlaufen werden, § 43 Abs. 2 VwGO (BVerwGE 77,207/211; Eyermann, VwGO, Kommentar, 14. Auflage, § 43, Rn.42).
Selbst wenn man von der Zulässigkeit der Klage ausgeht, so ist sie unbegründet. Nr. 3 des Bescheides vom 13. Oktober 2015 ist, soweit sie angefochten ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
Bei dem angefochtenen Betrag von 922,64 EUR handelt es sich um vom Kläger nicht bezahlte Pflichtbeiträge für das Jahr 2014 in Höhe von 917,64 EUR zuzüglich einer Mahngebühr von 5 EUR.
Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Beiträgen für Pflichtmitglieder durch Leistungsbescheid sind die Vorschriften der §§ 42, 18 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1, 19, 21 und 22 der Satzung. Danach sind von den Pflichtmitgliedern (Personen, die Mitglied der Rechtsanwalts- oder Steuerberaterkammer sind) Pflichtbeiträge zu entrichten, die als Beitragssatz aus dem monatlichen oder täglichen beitragspflichtigen Einkommen durch Leistungsbescheid erhoben werden.
Mit bestandskräftigem Beitragsbescheid vom 3. Januar 2014 (Bl. 233 BA) wurde der Beitrag des Klägers ab Januar 2014 auf vorläufig 757,20 EUR/Monat festgesetzt, § 21 Abs. 2 der Satzung. Mit ebenfalls bestandskräftigem Beitragsbescheid vom 22. Januar 2015 (Bl. 280 BA) hat die Beklagte die Beiträge des Klägers für das Jahr 2014 im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2014 auf 707,47 EUR/Monat festgesetzt, § 21 Abs.1 der Satzung. Insgesamt ergibt dies Pflichtbeiträge im Jahr 2014 in Höhe von 8.489,64 EUR (Bl. 280 BA). Grund für die Neufestsetzung der Beiträge durch Bescheid vom 22. Januar 2015 war die Vorlage des Steuerbescheides für das Jahr 2012 (Bl. 275 BA), in dem Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 44.919 EUR ausgewiesen sind, § 21 Abs. 1 der Satzung.
Rechtsgrundlage für die festgesetzte Mahngebühr und den Säumniszuschlag ist § 22 Abs. 2 Satz 1 der Satzung. Danach kann eine Mahngebühr in Höhe von 5 EUR erhoben werden, wenn Beiträge nicht rechtzeitig entrichtet und angemahnt werden. Für Beiträge, die länger als drei Monate fällig sind, kann ein Säumniszuschlag von 1 v. H. für jeden Kalendermonat seit deren Fälligkeit erhoben werden.
Zu den festgesetzten Pflichtbeiträgen wurde mit Mahnung des Zahlungsrückstands von 2.271,60 EUR vom 20. August 2014 eine Mahngebühr in Höhe von 5 EUR festgesetzt (Bl. 239 BA) und in der Vollstreckungsanordnung für den rückständigen Pflichtbeitrag von 3.033,80 EUR wurde ein Säumniszuschlag in Höhe von 30 EUR festgesetzt (1% des Beitragsrückstands; Bl. 240 BA). Insgesamt ergeben sich daher zu zahlende Pflichtbeiträge (8.489,64 EUR) zuzüglich Mahngebühr (5 EUR) und Säumniszuschlag (30 EUR) für den Kläger von 8.524,64 EUR (Bl. 302 BA), §§ 19, 21, 22 der Satzung.
Auf die obengenannten bestandskräftig festgesetzten Pflichtbeträge hat der Kläger im Jahr 2014 keine laufenden regelmäßigen monatlichen Zahlungen entrichtet; aufgrund von Pfändungen wurden Zahlungen von Banken in Höhe 3028,80 EUR (28.3.2014), 3000 EUR (1.10.2014) sowie 1578,20 EUR geleistet (14.11.2014; Bl. 240, 254, 257, 302 BA). Insgesamt wurden im Jahr 2014 für den Kläger 7.607 EUR Beiträge entrichtet, so dass sich ein Rückstand von 917,22 EUR ergibt. Dies entspricht auch dem vom Kläger gegenüber der Beklagten nicht angezweifelten Kontoauszug vom 17. November 2015 für das Jahr 2014 (Bl. 302 BA).
Mit Schreiben vom 20. April 2015 wurde der Rückstand von 917,64 EUR beim Kläger angemahnt (Bl. 281 BA). Zu dem Rückstand von 917, 22 EUR zuzüglich eines Monatsbeitrags von 699,99 EUR (insgesamt 1.617,63 EUR) wurde mit Schreiben vom 20. Mai 2015 eine Mahngebühr von 5 EUR festgesetzt, § 22 Abs. 1 Satz 1 der Satzung (Bl. 282 BA), so dass sich ein Rückstand für das Jahr 2014 von 922,64 EUR ergibt. Dieser Rückstand ist im Bescheid vom 13. Oktober 2015 auf Seite 2 unter Nr. 3 ausgewiesen.
Der Vortrag des Klägers, mit Ablauf des Jahres 2014 habe die Beklagte ihr Berechnungsmodell geändert, so dass für die Zahlung der Rentenbeiträge nur „obskure“ Rentenpunkte erworben werden könnten, die Beklagte die Nachzahlung auf die für das Jahr 2014 rechts-und bestandskräftig festgesetzten Einzahlungen gar nicht korrekt verbuchen könne und sie die 922,64 EUR offensichtlich anderweitig verbuchen wolle, ändert am festgestellten Ergebnis nichts. Gem. § 32 Abs. 1 der Satzung bemisst sich das jährliche Ruhegeld nach Prozentsätzen der für die Zeit bis zum Ende der Beitragspflicht entrichteten Beiträge und der wirksam geleisteten Mehrzahlungen (Bewertung). Gem. § 32 Abs. 2 Satz 1 der Satzung ist die Höhe des Bewertungsprozentsatzes abhängig vom Lebensalter, in dem die Einzahlung geleistet wurde, sowie von dem für den Geburtsjahrgang geltenden Verrentungssatz; maßgebend ist der Tag des Zahlungseingangs, § 32 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 der Satzung. Zutreffend ist, dass sich die Berechnung des Ruhegeldes gem. § 32 Abs. 1 der Satzung vom 6. Dezember 1996 (Bayer. Staatsanzeiger Nr.51/52) in der Fassung der 12. Änderungssatzung vom 25. November 2014 (Bayer. Staatsanzeiger Nr.50; im Folgenden Satzung 2015) zum 1. Januar 2015 geändert hat und nunmehr individuell erreichte Rentenpunkte (§ 32 Abs. 5 der Satzung 2015) und der Rentenbemessungsfaktor (§ 32 Abs. 6 der Satzung 2015) berücksichtigt werden. Die Zahl der Rentenpunkte ergibt sich aus der Multiplikation der von dem Mitglied entrichteten Beiträge und freiwilligen Mehrzahlungen mit dem jeweils zutreffenden Bewertungsprozentsatz, § 32 Abs. 2 Satz 1 der Satzung 2015. Die Höhe des Bewertungsprozentsatzes hängt vom Geburtsjahr und Lebensalter ab, in dem die Einzahlung geleistet wurde; auch hier ist aber maßgebend der Tag des Zahlungseingangs, § 32 Abs. 2 Satz 2 der Satzung 2015. Der Kläger hätte es daher selbst in der Hand gehabt, das von ihm nicht gewünschte Ergebnis (die Behandlung des Beitrags nach dem ab 1. Januar 2015 geltenden Finanzierungssystem) zu vermeiden, indem er den Beitrag von 917,64 EUR noch im Jahr 2014 bezahlt hätte.
Der Einwand des Klägers, die Beklagte habe dadurch auf die Geltendmachung des ausstehenden Beitrags verzichtet, weil sie in den Jahresmitteilungen vom 8. Januar 2015 (Bl. 261 BA) und vom 3. Januar 2016 (Bl. 31 der Gerichtsakte) für das Jahr 2014 nur Beiträge in Höhe von 7.572 EUR ausgewiesen hat, greift nicht durch. Wie sich schon aus den Überschriften der Jahresmitteilungen ergibt, handelt es sich um eine Zahlungsübersicht mit Berechnung der monatlichen Rentenanwartschaft aufgrund der Einzahlungen, ab dem Jahr 2015 im Anwartschaftsdeckungsverfahren. Insofern gibt eine Jahresmitteilung wieder, welche Beiträge vom Mitglied während der Mitgliedsjahre eingezahlt wurden und der Rentenberechnung zugrunde gelegt werden, denn insoweit ist der Zeitpunkt der Einzahlung maßgeblich (vgl. obige Ausführungen). Keinesfalls ergibt sich daraus, dass die Beklagte auf die Geltendmachung noch ausstehender und durch Bescheid bestandskräftig festgestellter Beiträge verzichtet hat. Die Jahresmitteilungen 2015 und 2016 sind eine bloße Information über die für die Jahre 1993 bis 2014 bzw. 2015 geleisteten jährlichen Beiträge ohne weiteren Regelungscharakter oder gar Verzicht auf noch ausstehende Beiträge.
Nach alledem war die Klage abzuweisen. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 922,64 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.


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