Arbeitsrecht

Erinnerung gegen Kostenfestsetzung im Fall des Anwaltswechsels

Aktenzeichen  3 E 17/22 MD

Datum:
11.3.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Magdeburg 3. Kammer
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:VGMAGDE:2022:0311.3E17.22MD.00
Normen:
§ 92 Abs 2 S 2 ZPO
§ 92 Abs 2 S 2 ZPO
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

Sofern nach einen Anwaltswechsel, der nach einer Erhöhung der anwaltlichen Gebühren erfolgt, nur die Erstattung der Gebühren des neuen Anwaltes beantragt wird, sind die höheren Gebühren des neuen Rechtsanwaltes zur Erstattung festzusetzen.(Rn.3)

Tenor

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Gerichtsgebühren werden nicht erhoben.

Gründe

Die Erinnerung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Einen Anspruch auf Kürzung der festgesetzten zu erstattenden Kosten hat die Erinnerungsführern nicht.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind gemäß § 162 Abs. 1 VwGO u. a. die zur zweckentsprechenden Verteidigung notwendigen Auslagen der Beteiligten erstattungsfähig. Dazu zählen nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch die – stets als erstattungsfähig anzusehenden – Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Gerichtsverfahren. Gegenstand des Erstattungsantrages der Erinnerungsgegner sind (allein) die Gebühren und Auslagen ihrer (aktuell) im Rubrum aufgeführten Verfahrensbevollmächtigten und nicht diejenigen ihres vorherigen Prozessbevollmächtigten. Bei der Berechnung der Gebühren und Auslagen der aktuellen Verfahrensbevollmächtigten der Erinnerungsgegner ist der Kostenbeamte des Gerichts zutreffend von der nach der Gesetzesänderung zum 01.01.2021 in Kraft getretenen Höhe der Rechtsanwaltsgebühren ausgegangen. Denn nach der Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG ist für die Vergütung des Rechtsanwaltes das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung (derselben) Angelegenheit vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt worden ist. Daraus folgt bei einer Beauftragung nach einer Gesetzesänderung die Anwendung des neuen Rechts für die anwaltliche Vergütung. Seit dem 01.01.2021 gelten für die Vergütung des Rechtsanwaltes neue Gebührensätze. Dass die Erinnerungsgegner ihren aktuellen Verfahrensbevollmächtigten vor dem 01.01.2021 den Auftrag zur Wahrnehmung des Mandats erteilt haben, ist nicht ersichtlich, vielmehr datiert die von den Erinnerungsgegnern unterzeichnete und zu den Gerichtsakten gereichte Vollmacht vom 02.03.2021.
Zwar regelt § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG nicht den prozessualen Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber dem im Verfahren unterlegenen Beteiligten, sondern zunächst nur die Höhe des Vergütungsanspruchs des Rechtsanwaltes gegen seinen Mandanten. Das ändert aber nichts daran, dass sich die Frage des anzuwendenden Rechts für den Vergütungsanspruch des Verfahrensbevollmächtigten gegen den eigenen Mandaten – als möglicher Gegenstand eines Kostenerstattungsanspruchs gegen die Gegenseite – zunächst einmal gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG nach den seit dem 01.01.2021 geltenden Gebührensätzen richtet. Das Kostenfestsetzungsrecht kennt aber keine Regelung, wonach für die Vergütung des Verfahrensbevollmächtigten, wenn er „quasi in die Fußstapfen des Vorgängers“ tritt, auch für seine Vergütung auf den Zeitpunkt der Klageerhebung (Zeitpunkt des Tätigwerdens des „Vorgängers“) abzustellen ist (OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 26.07.2011 – OVG 1 K 118.08 -, juris, Rdnr. 8).
Aber auch aus den für die Bemessung des Kostenerstattungsanspruchs heranziehbaren Bestimmungen – insbesondere aus § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO – ergibt sich keine Kürzung des Kostenerstattungsanspruchs des Erinnerungsgegners. Nach der genannten Regelung, die entsprechend § 173 VwGO auch im Verwaltungsprozess anwendbar ist, sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. Die Argumentation der Erinnerungsführerin, nach § 92 Abs. 2 Satz 2 ZPO dürften keine höheren Gebühren und Auslagen zur Erstattung gebracht werden, als sie infolge der Beauftragung des vorherigen Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsgegner entstanden seien, weil der erstbeauftragte Rechtsanwalt den vorliegenden Anwaltswechsel zu vertreten habe und sich der Erinnerungsgegner dies zurechnen lassen müsse (§ 173 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO), ist nicht überzeugend. Der Erinnerungsführer übersieht dabei, dass die Erinnerungsgegner hier Kosten „mehrerer Rechtsanwälte“ gar nicht zur Erstattung gebracht haben. § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist deswegen schon tatbestandlich nicht anwendbar. Die Kosten für die seinerzeitige Tätigkeit des erstbeauftragten Rechtsanwaltes tragen entweder der Erinnerungsgegner selbst oder der genannte Rechtsanwalt hat mit der Beendigung des Mandats eine Vergütung gegenüber den Erinnerungsgegnerin gar nicht geltend gemacht. Wenn wie in einem solchen Falle, in dem „doppelte“ Kosten für den Mandanten überhaupt nicht entstehen oder „doppelte“ Kosten nicht zur Erstattung gebracht werden, kommt es auf die Frage der Notwendigkeit des Anwaltswechsels im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht an (OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 26.07.2011 – OVG 1 K 118.08 -, juris, Rdnr. 9).
§ 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist hier auch nicht von seinem Grundgedanken her oder sonst in irgendeiner Weise entsprechend anwendbar. Nachdem die Erinnerungsgegner Kosten für die Inanspruchnahme der noch unter Geltung der niedrigeren Gebührensätze beauftragten (ersten) Rechtsanwaltes gar nicht zur Erstattung gebracht haben bzw. bringen, können sie kostenerstattungsrechtlich nicht schlechter behandelt werden, als wenn sie ihre Klage vor der Rechtsänderung, d.h. unter Geltung der alten Gebührensätze, selbst bzw. persönlich erhoben hätte und sich erst im Verlaufe des weiteren Gerichtsverfahrens – unter zwischenzeitlicher Geltung der neuen Gebührensätze – eines Rechtsanwaltes bedient hätten. In einem solchen Falle würde man den Erinnerungsgegnern ebenfalls nicht entgegenhalten können, Kostenerstattung nur in Höhe der alten Gebührensätze beanspruchen zu können, weil sie ihren Verfahrensbevollmächtigten nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt, nämlich noch unter Geltung der alten Gebührensätze, beauftragt haben; derart weit reicht nämlich der das Kostenrecht beherrschende Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten nicht. Ein solches Verlangen würde auch der hinter § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO stehenden gesetzgeberischen Wertung zuwiderlaufen, wonach es den Beteiligten erleichtert werden soll, sich in jeder Lage des Verfahrens eines qualifizierten Rechtsvertreters ihrer Wahl zu bedienen (§ 67 Abs. 2 VwGO), um den Verwaltungsrechtsschutz wirksamer zu gestalten OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 26.07.2011 – OVG 1 K 118.08 -, juris, Rdnr. 10 m. w. N.).
Zur weiteren Begründung verweist das Gericht entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO auf die zutreffenden Gründe des Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 25.11.2021 sowie seines Aktenvermerks vom 11.01.2022 und stellt fest, dass es ihnen jeweils in vollem Umfang folgt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben